Gigantisches für Liebhaber
Havergal Brian liebte es gigantisch: 32 Sinfonien, laut Guiness-Buch die längste Sinfonie, Riesenchor und -orchester, 10 Kinder mit zwei Frauen, 96 Jahre auf diesem Planeten - das macht ihm so leicht keiner nach. Die meisten Werke schrieb er erst im Greisenalter. Bei der vorliegenden Sinfonie kratzte er auch schon an der 50. Genau wie Mahlers 8. ist auch die "Gothic" eigentlich keine Sinfonie. Sie ist eine Sinfonie von 40 Minuten und eine Kantate, ein Te Deum, von 70 Minuten. Bisher gab es nur eine handvoll Aufführungen. Die letzte wohl 2010 in der Royal Albert Hall mit 930(!) Musikern. Und da sind wir schon beim Punkt: Ein solch großer Sänger- und Orchesterapparat lässt sich kaum stringent leiten. Für die Chöre braucht man Präfekten. Die Musik ist zwar für eine große Halle, eine gothische Kathedrale, komponiert, hat aber auch klare Einsatzmomente.
Die Slowaken unter Ondrej Lenárd musizieren toll. Die Chöre meistern die Höhen klar und scheinbar mühelos. Da bewährt sich der Einsatz von Kinderchören. Die Solisten kommen in der Aufnahme gut zur Geltung. Im Konzert dürfte das schwierig sein. Auch an den Orchestern gibt es keine Abstriche. Die Tontechnik hat es geschafft, den großen Kirchenklang für den Hörer erlebbar zu machen.
Der Sinfonie-Teil ist stilistisch breit gefächert. Von Blech und Schlagwerk über ein intimes Violinsolo bis zu Jazzelementen. Die Kantate changiert zwischen Gregorianik und Carmina Burana. Beide Teile haben m.E. keine thematische Verbindung.
Schwächen gibt es in den Tempi und im Zusammenspiel. Das ist aber der Gigantomanie geschuldet.
Das Booklet ist etwas dürftig. Wer mehr erfahren will, sollte sich im Netz bei der britischen Brian-Gesellschaft kundig machen. Einen Repertoirewert hat das Stück nicht, da es kaum aufführbar ist.
Mir gefällt die Musik mit ihrem Abwechslungsreichtum. Mit der halben Mannschaft würde es wahrscheinlich besser klingen.