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    jommelli Top 50 Rezensent

    Aktiv seit: 25. August 2010
    "Hilfreich"-Bewertungen: 2534
    197 Rezensionen
    Judith or The Regeneration of Manasseh (Oratorium, 1888) Judith or The Regeneration of Manasseh (Oratorium, 1888) (SACD)
    18.03.2020
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Rundherum geglückte Ersteinspielung

    Von C.H. Parrys 1888 in Birmingham uraufgeführtem Oratorium „Judith“ ist heutzutage allenfalls das schöne Solo „Long since in Egypt`s plentious land“ bekannt, das seinen Weg in die britischen Kirchengesangbücher fand. Umso interessanter ist es, nun endlich zum ersten Mal das ganze Werk kennenlernen zu dürfen.
    In einer Zeit, in der Wagner bereits die traditionelle Harmonik und Instrumentationslehre gehörig umgekrempelt hatte und junge Komponisten wie Hugo Wolf, Debussy oder Mahler den Weg in die musikalische Moderne beschritten, mutet das vorliegende Opus beim ersten Hören fast schon anachronistisch an: Neben Mendelssohns Elias steht in Parrys zumeist diatonischem, kontrapunkt- und sequenzgesättigtem neobarocken Melos besonders Händel Pate. Doch neben vielen Déja-Entendus blitzt immer wieder ein sehr individueller Stil durch, der mit seiner Verbindung von repräsentativem Pomp und melancholischer Noblesse einer der wichtigsten Wegbereiter für Elgar war, der übrigens bei der Uraufführung an der Violine mitwirkte. Doch es wäre falsch, Parry nur als Vorläufer Elgars oder Epigonen abzutun, wie dies G.B. Shaw in bissiger Weise tat. Seine Musik ist bei aller bewussten Rückwärtsgewandtheit hoch individuell und vor allem handwerklich allerbestens gemacht. Parry- ein konservatives Genie? Das wäre vielleicht etwas zu hoch gegriffen, aber hörenswert ist „Judith“ allemal, besonders wenn die Aufnahme so geglückt ist wie in der vorliegenden Studioproduktion. Sarah Fox begeistert in der durchaus opernhaft angelegten Titelrolle mit jugendlich-strahlendem Sopran, die anderen drei Solisten machen einen guten Job, singen aber nicht in derselben Klasse. Chor und Orchester musizieren engagiert und präzise, man merkt allen Beteiligten die freudige Spannung einer Weltersteinspielung positiv an. Wie fast immer bei Chandos kann man für Klang und Beiheftgestaltung Bestnoten vergeben. Klare Kaufempfehlung für alle Freunde anspruchsvoller Chormusik. Ganz besonders die Liebhaber einer sehr speziellen spätviktorianischen „Englishness“ werden hier voll auf ihre Kosten kommen!

    Benedetto Marcello (Lyrische Oper in 3 Akten) Benedetto Marcello (Lyrische Oper in 3 Akten) (CD)
    24.01.2020
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Hörenswerte Weltpremiere

    Lange 18 Jahre hat es gedauert, bis der Mitschnitt der 2002 bei den Musiktagen Bad Urach uraufgeführten (!) vorletzten Oper von J. Raff auf CD veröffentlicht werden konnte. Dies ist trotz der erheblichen Zeitverzögerung sehr zu begrüßen, da es von keiner der anderen fünf Opern Raffs Gesamtaufnahmen gibt und die vorliegende Weltpremiere mithin als exemplarisch gelten darf.
    „Benedetto Marcello“ ist mit einer Spielzeit von ca. 80 Minuten (ohne Ouverture und instrumentale Zwischenspiele) und nur vier Darstellern bei reduziertem Orchester eher eine leichtgewichtige Oper. Der vom Komponisten selbst verfasste, teils recht hölzerne Text handelt von einer auf historischen Begebenheiten beruhenden, aber weitgehend fiktiven Vierecksgeschichte zwischen den Komponisten B. Marcello (Bariton) und J.A. Hasse (Tenor) sowie ihren späteren Ehefrauen Faustina Bordoni (völlig unhistorisch als Koloratursopran besetzt) und Rosana Scalfi (Mezzo). Nach einigen Wirrungen und einem (natürlich völlig frei erfundenen) Duell zwischen den beiden Maestri findet jeder Topf seinen Deckel und alles endet in Wohlgefallen. Musikalisch sind die drei kurzen Akte zwar durchkomponiert, enthalten aber trotzdem klar erkennbare Einzelnummern. Der insgesamt lockere, teilweise regelrecht duftige Konversationston mit seinen zahlreichen Allusionen an ein durch die Brille einer späteren Zeit betrachtetes Rokoko erinnert oft an entsprechende Klangwelten, die man von R. Strauß her kennt und liebt - oder in ihrer pastellfarben-idealisierten Überzeichnung nicht ausstehen kann. Alles ist perfekt gemacht, die Stimmen virtuos geführt, Raffs melodische Begabung unzweifelhaft, die Instrumentierung delikat- doch auf die Dauer fehlen einfach Dramatik und wirkliche innere Konflikte der insgesamt recht schablonenhaft gestalteten Protagonisten.
    Natürlich darf man das 1877 entstandene Werk nicht mit etwa zeitgleich komponierten Meisterwerken wie Götterdämmerung, Aida oder Carmen vergleichen. Raff beruft sich ganz bewusst auf eine wie aus der Zeit gefallene Klangwelt, die eher an die 1830ger-40ger Jahre erinnert und bei der neben Rossini und Mendelssohn vor allem Nicolai oder Lortzing Pate stehen. Diese ästhetische Entscheidung ist vor allem angesichts der totalen Übermachtsstellung Wagners bewundernswert mutig- genutzt hat sie Raff nichts. Die hier eingespielte Premiere erfolgte erst 120 Jahre nach seinem Tode. Die Operngeschichte wird man sicherlich nicht umschreiben müssen, aber der Hörer kann dankbar sein, einmal eine hervorragend komponierte deutsche Oper jenseits des Bayreuther Titanen kennenlernen zu dürfen. Nach der Uraufführung 2002 wurde es wieder still um „Bendetto Marcello“, was schade ist, da sich das Werk gerade auf kleineren Bühnen gut realisieren ließe und sicherlich Anklang fände- vorausgesetzt man hat so kompetente Kräfte wie damals in Bad Urach zur Verfügung! Die nahezu nebengeräuschfreie Liveeinspielung ist klanglich und musikalisch sehr gut bis ausgezeichnet geraten, wobei ich den mir bis dato unbekannten lyrischen Tenor J. Kalpers besonders herausragend fand. Klare Kaufempfehlung für die Cd-Version, die zwei liebevoll gestaltete Beihefte mit ausführlichem Kommentar und vollständigen Libretto enthält. Es bleibt nur zu hoffen, dass man in den nächsten Jahren auch noch einmal andere Opern Raffs kennenlernen darf.


    Carmen Carmen (CD)
    02.01.2020
    Booklet:
    1 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    1 von 5

    Interessant- nicht weniger, aber auch nicht mehr

    Eine Sängerin, die man aus der Matthäuspassion und Händelopern kennt als Carmen- kann das gutgehen? Ja, das funktioniert bei Magdalena Kozena erstaunlich gut! Die aus der alte-Musik-Szene herkommende Mezzosopranistin verkörpert in dieser Studioaufnahme von 2012, der mehrere Liveauftritte vorangingen, eine eiskalt kalkulierende femme fatale, fast ohne jegliche Sentimentalität und ohne stimmlichen Hüftschwung. Klar, direkt, beeindruckend. Jonas Kaufmann`s Don José hingegen ist überaus emotional gestaltet und –trotz einiger deutlich hörbarer Drücker-strahlend in der Höhe. Wenig später geriet er leider in eine stimmliche Krise, was diese CD als Dokument seines Zenits umso wichtiger macht. Kostas Smorginas hingegen klingt als Escamillo weder stolz noch draufgängerisch, sondern routiniert und manchmal sogar etwas müde und resigniert, was den Gesamteindruck dieser Aufnahme sehr schmälert, zumal sich sein „Französisch“ auch für meine laienhaften Ohren ziemlich gruselig anhört. Dieses große Defizit wird durch die jugendlich-klare Gerda Kühmeier als Micaela und die hervorragend besetzten kleinen Partie nicht wirklich wettgemacht.
    Simon Rattle wählt oft forsche, aber nie überhetzte Tempi und klare, meist scharfe Konturen und Kontraste, was dem Werk insgesamt sehr guttut. Leider ist die Aufnahme aber sehr basslastig geraten und die Berliner klingen nicht so brillant, wie man das von diesem Nobelklangkörper erwarten könnte. Wie ich auf amazon.co.uk erfahren habe, liegt das wohl daran, dass die Einspielung als SACD produziert wurde, aber als solche nur in Japan erhältlich ist und die uns zugängliche Stereoversion einfach nicht sauber genug bearbeitet wurde. Das ist ein großes Manko. Ebenso das Fehlen eines Librettos. Da Rattle lobenswerterweise die Originalfassung mit gesprochenen Dialogen gewählt hat, hätte der nicht-frankophone Hörer hier gern eine Übersetzung gehabt, denn im Netz (und in meiner Partitur) findet man nur die spätere Fassung mit den nachkomponierten Rezitativen.
    Insgesamt ist diese „Carmen“ sicherlich keine Aufnahme für die Ewigkeit, aber eine interessante und über weite Strecken durchaus hörenswerte alternative Annäherung an Bizets Meisterwerk. Insgesamt schwankt meine Bewertung zwischen drei und vier Sternen, rutscht aber wegen der problematischen Tontechnik und des lausigen Booklets (von wegen „Deluxe“-Edition!) in die tiefere Kategorie.
    Advents- & Weihnachtskantaten Advents- & Weihnachtskantaten (CD)
    15.12.2019
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Ausgezeichnete Interpretation

    Die vier hier erstmals eingespielten Kantaten verzichten anders als viele andere Werke zur Advents-und Weihnachtszeit ganz auf Trompeten und Pauken und zeichnen sich trotz einzelner dramatischer Momente insgesamt eher durch einen weichen und lyrischen Charakter aus. Satztechnisch erweist sich Homilius als ein von Bach bestens ausgebildeter Schüler, allerdings ohne die geniale Wucht und Originalität seines Lehrers auch nur andeutungsweise zu erreichen. Man könnte Homilius als ein Genie der Verbindlichkeit bezeichnen. Diese Kantaten singen sich trotz hoher Anforderungen gut, klingen auf Anhieb schön und transportieren bestens den Geist eines aufgeklärten protestantischen Christentums, was aber wohl leider zu wenig ist, um in heutiger Zeit ein größeres Publikum erreichen oder sich dauerhaft im kirchenmusikalischen Repertoire halten zu können. Interpretatorisch lässt die neue CPO-Edition nichts zu wünschen übrig. Michael Alexander Willens und sein glasklar singendes und spielendes Ensemble erweisen sich- wieder einmal- als berufene Sachwalter für diese hörenswerten Ausgrabungen des 18. Jahrhunderts. Besonders eindrucksvoll fand ich den Tenor Georg Poplutz, der drei große Arien mit makelloser Ausdruckskraft und Textverständlichkeit vorträgt. Insgesamt sicher keine Scheibe für die einsame Insel, aber ein für musikhistorisch interessierte Hörer wichtiger und anschaffenswerter Mosaikstein im Kosmos protestantischer Kirchenmusik der Generation nach Bach.
    Faust ("Margarethe" / Deluxe-Ausgabe im Buch) Faust ("Margarethe" / Deluxe-Ausgabe im Buch) (CD)
    15.12.2019
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Hörenswerte Alternative

    Gounod´s Faust zählte bislang zu den Opern, auf die ich gut und gern verzichten konnte. Doch die Tatsache, dass sich ein ausgewiesener Alte-Musik-Spezialist wie C. Rousset diesem Stück widmete, machte mich dann doch neugierig. Und tatsächlich funktionieren historische Instrumente (nur 15 Violinen- wie bei Rameau!) mit ihrem zarteren, aber auch schärferen Klang hier fabelhaft: Erst durch diese neu gewonnene Durchsichtigkeit konnte ich den sonst meist als belanglos und unoriginell wahrgenommenen Orchestersatz wertschätzen. Ebenfalls sehr günstig wirkt die Erstaufnahme der „Urfassung“ von 1859 (nicht wirklich alle Quellen dazu lassen sich 100% genau rekonstruieren), die gesprochene Dialoge und kurze Melodramen statt der später nachkomponierten Rezitative enthält. Dadurch nimmt man das Werk deutlich als Vertreter der im Vergleich zur Grand Opéra leichtgewichtigeren Gattung der Opéra-comique wahr. Für diese sehr verdienstvolle Edition wurden auch zahlreiche Varianten zum ersten Mal eingespielt, dafür fehlen naturgemäß etliche Nummern, die man aus der späteren Version kennt, u.a. die brillante nachkomponierte Ballettmusik. Leider sucht man in dem sonst wie immer bei den Bru-Zane-Editionen sehr liebevoll gestalteten Beibüchern vergeblich eine vergleichende Übersicht der verschiedenen Fassungen (1859, 1864, 1869) und ihrer instrumentatorischen Details, die einen direkten Vergleich ermöglichen würden.
    Was die Sänger anbelangt ist mein Urteil leider nicht durchweg positiv. Der größte Pluspunkt ist der strahlende, lyrische Tenor von Benjamin Bernheim in der Titelrolle. Schöner kann man den Faust kaum singen. Sehr problematisch finde ich die Besetzung der Marguerite mit der 52-jährigen Veronique Gens, der man zwar Professionalität und Erfahrung, aber eben auch zahlreiche altersbedingte stimmliche Schwächen anhört. Obwohl die Wahl dieser eher dunkel timbrierten, reifen Stimme genau mit Gounod`s angeblichen Wünschen begründet wird, hätte ich eine Besetzung mit einer jugendlicheren und schlankeren Stimme für diese Rolle als wesentlich angemessener empfunden.
    Nicht optimal wirkt auf mich auch der sehr gut geführte, helle und schlanke Bariton von A. Foster-Williams, der allerdings in der Tiefe schwächelt und die Abgründigkeit des Mephisto, wie sie viele „schwarze“ Bässe eindrucksvoll verkörpert haben, vermissen lässt. Die kleineren Rollen sind ordentlich, aber unspektakulär besetzt, wobei mir J. Mars als Siebel mit ihrem starken Tremolo zu fraulich klang.
    Klangtechnisch hat mich bei dieser mit zahlreichen Nebengeräuschen durchsetzten Liveaufnahme sehr gestört, dass die Singstimmen stark nach vorne gezogen wurden, wodurch der wunderbar filigrane Orchestersatz manchmal zu stark in den Hintergrund gerät- und gerade das luftige Spiel der „Talents lyriques“ ist neben Bernheim der Hauptgrund, weswegen man diese Einspielung kaufen sollte.
    So ersetzt die vorliegende Edition mit ihren Stärken und Schwächen die zahlreichen Aufnahmen der späteren Fassung nicht, beleuchtet das populäre Erfolgsstück aber in erfreulicher neuer Art und Weise. Man darf gespannt sein, wann sich C. Rousset Bizet´s Carmen vornehmen wird.
    Samson HWV 57 Samson HWV 57 (CD)
    03.12.2019
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Sehr empfehlenswert, aber nicht perfekt

    Obwohl Samson eines der bekanntesten Oratorien Händels ist, gab es bislang nur Harry Christophers 23 Jahre alte Einspielung als ungekürzte Studioaufnahme mit historischen Instrumenten. Bei allen Qualitäten dieser Produktion wurde es nun doch allmählich Zeit für eine neue Annäherung an Händels Meisterwerk- und das ist John Butt mit seiner vorzüglichen Crew eindrucksvoll gelungen. Butt versucht eine möglichst werkgetreue Fassung der Uraufführung 1743 zu rekonstruieren, was aber nur teilweise überzeugt. Zunächst fasziniert die aufnahmetechnische und akustische Qualität, die der von Christophers um vieles überlegen ist. Allerdings hört man dadurch auch minimalste Unebenheiten in der Interpretation gnadenlos deutlich heraus. In England wurde besonders bejubelt, dass Butt den sehr klein besetzten Chor in der Sopranlinie durch 9 Knabenstimmen verstärken ließ, was auf Händels authentische Praxis zurückgeht. Dadurch bekommt das hohe Register tatsächlich eine besondere Strahlkraft, die bei Christophers so nicht zu hören ist. Allerdings stellt die Mischung von Knaben- und Frauenstimmen, die z.B. vom Dresdner Kreuzchor schon länger praktiziert wird, keine epochale Änderung der Hörgewohnheiten dar, macht hier aber einen exzellenten Eindruck. In einer zweiten, nur zum kostenpflichtigen Download bereitgestellten Version lässt Butt die Chöre sogar nur solistisch singen, wofür es auch eindeutige Quellen gibt. Es ist sehr schade, um nicht zu sagen schäbig, dass nicht wenigstens einige Beispiele hiervon auf der letzten, kurzen CD mit beigegeben wurden oder man als Käufer der Scheiben einen freien Zugang im Internet erhält. Genauso befremdlich ist es, dass das berühmteste Stück, nämlich der u.a. bei Churchills Trauerfeier gespielte Trauermarsch, nicht mit aufgenommen wurde. Auch wenn man inzwischen weiß, dass dieses Stück 1743 nicht erklang, hätte man es gern als Anhang mit dabei gehabt, genauso wie den nur von Christophers eingespielten alternativen Schlusschor. Ansonsten gibt es nur einige kleine Änderungen in Seccorezitativen und eine belanglose Transposition einer Arie um einen Ton nach unten, mithin also keine größeren Überraschungen.
    Was die Wahl der Solisten anbelangt, präsentiert sich der neue Samson zwiespältig. Die heikle Titelrolle wird von Joshua Ellicott mit schlankem und etwas zur Schärfe neigenden Tenor durchaus eindrucksvoll verkörpert, wobei das berühmte „Total eclipse“ extrem sensibel und zart gelingt. Insgesamt fand ich aber den baritonalen und stimmlich extrem modulationsfähigen Thomas Randle in der Rolle des gebrochenen Helden viel überzeugender. Während Sophie Bevan als intrigante Dalila nicht an die makellose Lynda Russel von 1996 herankommt, macht ihre Schwester Mary als 2. Sopran einen viel besseren Job als damals Lynne Dawson mit ihrem flackerigen Timbre. Catherine Wyn-Rodgers hat mir persönlich auch besser als Jess Dandy mit ihrem recht schweren und zum Tremolo neigenden Alt gefallen. Instrumental agiert das Dunedin Consort auf höchstem Niveau, wobei es sehr schade ist, dass man auf eine Theorbe als Continuoinstrument völlig verzichtet hat.
    Insgesamt gelingt John Butt aber der dramatischere, unmittelbarere Zugang zu Händels Partitur, auch wenn diese Neueinspielung die alte Referenzaufnahme keineswegs ersetzt, sondern als Ergänzung sehr sinnvoll macht. Den rundherum perfekten Samson muss man sich also b.a.w. noch im Kopf selbst zusammenstellen. Trotzdem: Kaufempfehlung für alle Handelians!

    La Fiera di Venezia La Fiera di Venezia (CD)
    02.09.2019
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Ein Feuerwerk an Einfällen

    Leopold Mozarts böses Verdikt einer „dummen welschen Kinderey“ mag auf die 2016 (ebenfalls bei DHM unter Werner Erhardt) veröffentlichte „Scuola di Gelosi“ zutreffen, nicht aber auf die vorliegende Oper des erst 21-jährigen Salieri, die völlig zu Recht seine internationale Karriere begründete. Der junge, aber keineswegs unerfahrene und mit drei Opern in Wien schon lokal hervorgetretene Komponist brennt hier ein wahres Feuerwerk von raffinierten, unterhaltsamen und virtuosen musikalischen Einfällen ab, wobei auch das herrlich überdrehte, witzige Libretto einem Menschen des 21. Jahrhunderts Spaß machen kann. An vielen Stellen wird einem wieder einmal klar, wie wichtig Salieri als Vorbild Mozarts war und wie viele gute Ideen er als Erster hatte.
    Anders als 2016 steht W. Erhardt bei dieser Kompilation mehrerer Livemitschnitte ein ausgezeichnetes Sängerensemble zur Verfügung, wobei Dilyara Idrisova mit makellosem Koloratursopran in der an der erhabenen Klangsprache der Opera seria orientierten Rolle der Calloandra als prima inter pares herausragt. Extrem unglücklich bin ich schon wieder mit dem Mann am Hammerklavier, der jedes Rezitativ mit viel zu langen, pseudovirtuosen Ein- und Überleitungen zum Miniaturklavierkonzert zu verwandeln versucht, was auf Dauer nicht zu ertragen ist. Offenbar ist Herrn Massimiliano Toni nicht klar, was Recitativo secco bedeutet, nämlich ein „trockener“, unspektakulärer Dienst am Wort und kein eitles Getrillere und Arpeggiobrausen. Daumen nach unten für diese Geschmacklosigkeit, die man schon vor Jahren überwunden zu haben glaubte und die der Dirigent nicht hätte dulden sollen.
    Das Orchester spielt akkurat und beherzt, aber nicht immer delikat, manchmal wäre ein etwas weniger ruppiger Zugriff passender gewesen. Zu loben sind die beiden Beihefte mit vollständigem Libretto und Übersetzungen auf Deutsch und Englisch. Leider sind die Texte wieder wie 2016 ohne Tracknummern abgedruckt bzw. die Tracks haben keine Seitenzahlenvermerke, so dass es nahezu unmöglich ist, ein bestimmtes Stück rasch aufzufinden. Warum eine so renommierte Firma wie die DHM hier zum wiederholten Male derart schlampt, bleibt mir unerklärlich.
    Insgesamt vervollständigt diese hörenswerte Aufnahme aber das immer noch recht rudimentäre Salieribild um einen weiteren wichtigen Mosaikstein und kann zum Kauf empfohlen werden.
    Wiener Sängerknaben - Strauss forever Wiener Sängerknaben - Strauss forever (CD)
    23.07.2019
    Booklet:
    1 von 5
    Gesamteindruck:
    2 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    1 von 5

    Billige Präsentation ohne Texte

    So schön und authentisch die "Wiener" hier auch singen- von den Worten versteht man leider fast nichts, da der Chor ziemlich im Hintergrund des sehr dominanten Orchesters steht. Teilweise übertönen die Instrumente, besonders die kleine Trommel, die Stimmen. Nun bringt die renommierte DGG ein Hochpreisprodukt heraus und verzichtet dann auf den Abdruck der Texte! Das ist mehr als billig, geradezu schäbig. Da kann man gleich downloaden und die Idee einer hochwertigen CD ist endgültig auf dem Misthaufen der Schallplattengeschichte gelandet. Mehr als stimmungsvolle Caféhaus-Hintergrundmusik vermittelt diese CD leider nicht. Daher nur eine niedrige Bewertung für die äußerst mäßige Tonmeisterleistung und inakzeptable Beiheftgestaltung.
    Sonaten für Flöte & Klavier op.2 Nr.2, op.50 & op.64 Sonaten für Flöte & Klavier op.2 Nr.2, op.50 & op.64 (CD)
    30.06.2019
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Großartige Neueinspielung auf historischen Instrumenten!

    Eigentlich kein dezidierter Freund der Duoformation Flöte-Klavier, hat mich diese Cd gleich auf mehrfache Weise begeistert. Zunächst einmal ist da die überragende kompositorische Qualität der drei Sonaten (die erste vom erst 14-jährigen Wunderkind geschrieben und den Stücken, die sein Lehrmeister Mozart im selben Alter komponiert hat, in nichts nachstehend) sowie des großen Rondos. Hummel gelingt das Kunststück, sowohl extrem virtuos als auch unterhaltend und musikalisch tiefgründig zu sein. Bessere Werke in dieser Besetzung habe ich selten gehört.
    Dann überzeugen D. Seel und C. Hammer mit einem atemberaubend musikantischen und brillanten Zugriff, der keine Sekunde lang auch nur irgendeine Ahnung von Langeweile aufkommen lässt. Und last but not least ist da der individuelle, seelenvolle Klang der beiden historischen Instrumente von Ziegler und Graf, die in dem äußerst karg gestalteten Beiheft (einziger Kritikpunkt an dieser sonst makellosen Edition) leider nicht abgebildet oder näher beschrieben werden. Im Menuett der A-Dur-Sonate jedenfalls findet ein spezieller Dämpfer Verwendung, der das Fortepiano fast wie eine Ziehharmonika klingen lässt, was eine faszinierende und so noch nie gehörte Klangfarbe ergibt. Insgesamt handelt es sich hier um eine der erfreulichsten Neueinspielungen im Genre klassischer bzw. frühromantischer Kammermusik der letzten Zeit. Unbedingte Kaufempfehlung!
    Richard Wagner Tony Palmer
    Richard Wagner (DVD)
    29.05.2019
    Bild:
    3 von 5
    Extras:
    1 von 5
    Ton:
    3 von 5

    Ambitioniert, aber misslungen

    Die Verfilmung des Lebens Richard Wagners durch Tony Palmer 1983 war die bislang ambitionierteste Unternehmung zu diesem Thema. Natürlich muss in knapp acht Stunden Film vieles aus diesem an Höhen und Tiefen überreichen Lebensweg weggelassen oder zugespitzt werden. Ich erinnere mich, als Teenager die damaligen Fernsehfolgen mit Interesse, aber ohne nachhaltigen Gesamteindruck gesehen zu haben und war nun sehr gespannt, das Opus nach über 30 Jahren nochmals zu erleben.
    Mit der Hauptfigur, Richard Burton, steht und fällt dieses Projekt. Burton spielt den großen Komponisten mit der hölzernen Eindimensionalität eines viktorianischen Unteroffiziers. Man ist aus zahllosen Quellen über das geschmeidige, quecksilbrige Wesen Wagners, das sich in ungebremsten Redefluss, starker Mimik und Motorik sowie ausgeprägtem, teils überdrehtem Humor manifestierte, bestens unterrichtet. Nichts, aber auch rein gar nichts davon verkörpert der damals 57-jährige, stets militärisch barsch und humorlos auftretende Burton, der Wagner über eine Periode von 40 Jahren darzustellen versucht, was allein schon aus physischen Gründen nicht funktionieren kann. Während dank Maske und Kostüm der alternde Wagner noch einigermaßen glaubhaft wirkt, scheitert die Darstellung des jungen Revolutionärs völlig.
    Ludwig II und die großen Frauenrollen werden relativ überzeugend dargestellt, wohingegen andere Figuren völlig aus den Fugen geraten. So war z.B. König Friedrich August II. kein seniler Greis, sondern zu Wagners Kapellmeisterzeit ein gutaussehender Endvierziger. Karl Ritter, der –obwohl psychisch labil- von Wagner als Freund hochgeschätzt wurde, war kein Volltrottel, der sich öffentlich von ihm als Pavian beschimpfen lassen musste und die Szene in der Wagner Meyerbeer im Foyer der Pariser Oper persönlich beleidigt (Meyerbeer wurde in dem berüchtigten antisemitischen Pamphlet nicht einmal namentlich genannt!) ist genauso frei erfunden wie der am Esstisch geäußerte Vorschlag an Otto Wesendonck, man möge sich seine Frau „teilen“. Natürlich wird die Beziehung zu Mathilde wirkungsvoll als vollkommen sexualisiert dargestellt, obwohl es keineswegs erwiesen ist, wie nah sich die beiden wirklich kamen. Dass das komplizierte Verhältnis zu Liszt und zu Nietzsche völlig an der Oberfläche bleibt, verwundert da genauso wenig wie die Karikierung von Wagners Entourage als Haufen spießiger und inkompetenter Hanswurste und Ignoranten.
    Visuell gelingen einige starke Szenen, obwohl das Muster „der Meister tiefsinnend in schöner Landschaft“ überstrapaziert wird und die Grenzen zum Kitsch oft genug überschritten werden. Dass sich Palmer dabei der Musik Wagners in völlig unchronologischer Folge bedient, ist mir besonders aufgestoßen. Was sollen Tristan- oder Parsifalklänge zur Untermalung von Ereignissen der 1840ger oder frühen 1850ger- Jahre? Hier verkommen „schöne Stellen“ zu sentimentalen Hintergrundklängen. Das hat Wagner, obwohl seine Ästhetik Techniken der späteren Filmmusik vorwegnahm, nicht verdient.
    Die Bildqualität der DVD ist akzeptabel, aber mit ihren vielen Unschärfen und einem ziemlich ins bräunliche tendierenden Grundton keinesfalls brillant. Doch ein Remastering auf Bluray würde die zahllosen Unzulänglichkeiten, Oberflächlichkeiten und Geschichtsverzerrungen dieses ambitionierten, aber letztlich grandios gescheiterten Machwerks nicht mildern.
    Wer über Wagners Leben wirklich fundiert informiert sein möchte, lese Martin Gregor-Dellins (übrigens ungefähr zur selben Zeit entstandene) zeitlos gültige große Biographie.
    L'Ange de Nisida L'Ange de Nisida (CD)
    04.05.2019
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Nur bedingt überzeugend

    Für den Donizettifreund ist es höchst interessant, mit dem in jahrelanger musikwissenschaftlicher Kleinarbeit liebevoll rekonstruierten „Ange de Nisida“ die Vorgängerversion von „La Favorite“ kennenlernen zu dürfen, die in der Handlung nahezu deckungsgleich ist und naturgemäß viel der später verwendeten Musik enthält. Durch eine große, sehr italienisch beeinflusste Buffopartie und die Besetzung der weiblichen Hauptrolle mit einem hohen Sopran enthält „L´Ange“ genug neue Aspekte, die eine Wiederbelebung rechtfertigen, auch wenn man viele Stellen schon kennt und einzelne Teile, wie z.B. die merkwürdig unproportionierte Ouverture aus vereinzelt überliefertem Notenmaterial im Stile Donizettis nachkomponiert wurden, was generell ein fragwürdiges Unterfangen ist. Ungeachtet dieser grundlegenden Problematik ist jedoch leider die Titelrolle, mit der diese Oper steht und fällt, mit Joyce El-Khoury alles andere als optimal besetzt. Die vormals so strahlende Sängerin hat den Zenit ihres Könnens offenbar überschritten und wartet nun mit viel wackliger Intonation, unglücklichen Lagewechseln und gepressten und scharfen Spitzentönen auf. Die männlichen Mitstreiter, allen voran der exzellente Tenor D. Junghoo-Kim, sind wesentlich überzeugender besetzt. Nicht begeistert war ich von dem recht pauschal und stumpf klingenden Orchester der Royal Opera und den vielen, teils starken Nebengeräuschen dieser klanglich nicht sehr brillanten Liveaufnahme. Leider ist es dem sonst so temperamentvollen Sir Mark Elder diesmal nicht gelungen, den Funken überspringen zu lassen, auch wenn das Publikum begeistert applaudiert. Vielleicht hätte man als Zuhörer vor Ort einen günstigeren Gesamteindruck gehabt. So bleibt ein zwiespältiger Gesamteindruck zurück und ich bin froh, dass es wenigstens von „La Favorite“ mehrere überzeugende Gesamteinspielungen gibt.
    Olympie (Deluxe-Ausgabe im Buch) Olympie (Deluxe-Ausgabe im Buch) (CD)
    04.05.2019
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Exemplarische Neueinspielung

    Von Spontinis 1819 in Paris uraufgeführten Olympie, die dann später in Berlin und erneut wieder in Paris in teils stark unterschiedlichen Versionen neu einstudiert wurde, existierte bislang nur eine über 30 Jahre alte Einspielung unter G. Albrecht, die zwar mit großen Namen aufwarten, künstlerisch aber keineswegs überzeugen konnte.
    Umso erfreulicher ist es, dass die überaus verdienstvollen Editoren des Palazzetto Bru Zane nun eine mitreißende Neueinspielung auf historischen Instrumenten vorlegen konnten. J. Rohrer und seiner Crew gelingt das Kunststück, das große und anspruchsvolle Werk mit einem Maximum an Präzision und Energie klanglich völlig neu erstehen zu lassen. Die erstklassigen und im Gegensatz zu der alten Einspielung äußerst stilsicher agierenden Solisten passen sich dabei bestens in das homogene und klangschöne Gesamtensemble ein. Dass es sich offenbar um einen Livemitschnitt handelt, kann man nur gelegentlich an minimalen Unsauberkeiten und winzigen Nebengeräuschen wahrnehmen. Hört man die knapp 135 Minuten, die wie im Fluge vergehen, konzentriert an, wird klar, wie stark der Einfluss Spontinis auf Auber, Berlioz und besonders den frühen Wagner (Rienzi wäre ohne Spontinis Vorbild undenkbar) war. Wie immer bei den Editionen des „Centre de musique romantique francaise“ exemplarisch fällt das liebevoll gestaltete 165-seitige „Beibuch“ aus, das höchsten musikwissenschaftlichen Ansprüchen genügt.
    Leider gibt es einen nicht unwesentlichen Wermutstropfen bei dem sonst so runden Gesamteindruck: Das Werk wurde auch hier wieder stark gekürzt. Zwar nicht so drastisch wie unter Albrecht, aber immerhin fielen sämtliche Balletteinlagen und der große Triumphmarsch mit Chören im Finale dem Rotstift zum Opfer. Sieht man sich die Noten an, fragt man sich, was die Verantwortlichen nur geritten hat, auf so viel grandiose Musik einfach zu verzichten. Hier wurde eine einmalige Chance vertan, denn so bald dürfte sich Olympie in dieser Qualität nicht mehr realisieren lassen. Ein Schicksal, das Spontinis Oper übrigens mit Wagners Rienzi teilt.
    Aus diesem Grund 1 Stern Abzug, sonst sollte diese beeindruckende Aufnahme im Schrank des Opernfreundes und Raritätensammlers nicht fehlen!
    Einweihungskantaten für Hamburg & Altona Einweihungskantaten für Hamburg & Altona (CD)
    26.04.2019
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Weitere Mosaiksteine zum Telemannbild

    Die beiden hier vorgestellten umfangreichen Gelegenheitswerke (1744 und 1745 komponiert) weisen den Mittsechziger Telemann einmal mehr als routinierten und erfahrenen Meister seines Fachs aus, der den damals noch relativ modernen galanten Stil perfekt beherrscht, allerdings in einigen teils sehr langen Dacapo-Arien eine gewisse Eintönigkeit nicht vermeiden kann. Beide Stücke kommen was Raffinesse und Inspiration anbelangt, nicht an die großartigen, ja oftmals genialen Alterswerke aus den beiden folgenden Jahrzehnten heran (man höre z.B. die von denselben Interpreten bei CPO eingespielte Altonaer Kantate „Die dicken Wolken scheiden sich“ an), wobei die prächtig besetzte Christianeums-Kantate eindeutig das attraktivere Werk ist. So fand ich auch die beigegebene, nur vierminütige 1758 komponierte lateinische Ode, die schon frühklassischen und in seiner witzigen Prägnanz fast Haydn´schen Geist ausstrahlt, das kompositorisch originellste Werk.
    Die Interpretation durch die vier guten, aber keineswegs herausragenden Gesangssolisten (das Timbre des Countertenors z.B. erschien mir sehr grell, wohingegen der Bass eher blass wirkt) und das insgesamt sehr durchsichtig, manchmal aber auch etwas scharf intonierende „barockwerk Hamburg“ wird diesen sehr zeit-und ortsgebundenen Kompositionen vollkommen gerecht. Insgesamt stellt die CD einen wichtigen Mosaikstein für das immer noch bruchstückhafte Telemann-Bild dar.

    Das Weltgericht (Oratorium) Das Weltgericht (Oratorium) (CD)
    07.03.2019
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Zu Recht vergessen

    Die Begeisterung des Vorrezensenten kann ich leider überhaupt nicht teilen. Das um 1820 bekannteste Oratorium in deutscher Sprache hat auf mich einen sehr vorhersehbaren Eindruck gemacht: Harmonieprogressionen wie aus dem Lehrbuch und eine meist homophone, diatonische Klangsprache, die nur durch schematische Schulfugen aufgelockert wird, über die Richard Wagner keineswegs grundlos ein vernichtendes Urteil gefällt hat.
    Alles ist handwerklich bestens gemacht, lässt sich gut singen und klingt schön. Doch Originalität, eine unverwechselbare persönliche Note oder gar geniale Züge habe ich bei diesem „Weltgericht“ nirgends finden können. Im Biedermeier hatte solch eine wohlproportionierte Musik sicher ihre Berechtigung, aber zwischen den Meisterwerken Haydns und Mendelssohns stehend wirkt Schneiders weder eindeutig als klassisch noch als romantisch zu bezeichnende Klangsprache ziemlich kleinmeisterlich. Selbst in Momenten höchster Dramatik bleibt der Komponist verbindlich und auch wenn man das Werk noch nie gehört hat, weiß immer man ziemlich genau nach Beginn, wie ein Stück als nächstes weitergeht.
    Die Interpretation durch Gewandhauschor und die auf Originalinstrumenten spielende Camerata Lipsiensis (auch wenn dies im Beiheft nicht erwähnt wird und eine Nennung der Musiker fehlt) ist hingegen vorzüglich. Anscheinend (auch das wird nirgends erwähnt) fand die relativ nebengeräuscharme Liveaufnahme im Gewandhaus statt, wobei ich aber eher den Eindruck einer ziemlich überakustischen Kirche hatte. Die guten Solisten sind stark nach vorn gezogen, der Chor ziemlich weit hinten und klingt leider manchmal recht verwaschen, was auf Kosten der Textverständlichkeit geht.
    Insgesamt schwankt meiner Bewertung zwischen drei und vier Sternen, passt aber wegen der ausgezeichneten Interpreten besser in die höhere Kategorie.
    Als Dokument einer in Deutschland in der Breite so schon lang nicht mehr bestehenden bürgerlichen Chorkultur ist diese Ersteinspielung durchaus wertvoll, ich persönlich glaube aber nicht an eine „Wiederauferstehung“ des völlig zu Recht vergessenen Komponisten Friedrich Schneider.
    Ein Kommentar
    Anonym
    12.03.2019

    Irgendetwas stimmt mit Ihrem Abspielgerät nicht

    Ich kann nämlich nicht erkennen, dass die Solisten derart vor dem Chor plaziert wären, dass der Chor angeblich unverständlich sei! Sie hatten das Gleiche schon in der schönen Grazer Aufnahme von Herzogenbergs beeindruckenden "Columbus" moniert, und dort trifft es auch gar nicht zu, - vollkommen klar und richtig plazierte Chöre ergänzen die dramaturgisch passend plazierten Solisten. Ich schrieb darüber.
    Ich würde mal einen Vergleich mit anderen Abspielgeräten versuchen, da gibt es manchmal gravierende Unterschiede!!!

    U.a. vielleicht auch deswegen könnte Ihr Urteil über Schneiders Musik meines Erachtens ganz verkehrt liegen, denn die Musik ist alles andere als vorhersehbar oder simpel artig. Ich finde das Stück sogar ganz modern und ein echtes Parallelstück zu Weber, Marschner und Schumann, die leider auch manchmal verkannt werden, obwohl Weber die Wolfsschluchtszene schrieb und Marschner fast nur wie in der Wolfschluchtszene komponierte, und auch Schumanns Musik - trotz Faust, Manfred, Peri, Genoveva, Sängers Fluch, Edenhall, Page und Königstochter - wird mit allzu smarter mädchenhafter Gänse-Blümchenromantik verwechselt.

    Da ist noch ein Bewußtsein zu erwecken.
    Der blutige und sterbende Jesus  (Oratorium Passionale 1705/1729) Der blutige und sterbende Jesus (Oratorium Passionale 1705/1729) (CD)
    03.03.2019
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Empfehlenswerte Repertoireerweiterung!

    Reinhard Keisers Passionsoratorium auf C.F. Hunolds Text aus dem Jahre 1705 stellt den Prototyp der dramatisierten Passion ohne Evangelist dar, die dann in der berühmten (und ebenfalls von Keiser erstmals vertonten) Version von B.H. Brockes ihren Höhepunkt fand. Sehr erfreulich ist es, dass das ältere Werk, das erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt wurde, nun in einer vorzüglichen Studioaufnahme vorliegt. Naturgemäß flossen in die Komposition stark opernhafte Elemente mit ein, was vor über 300 Jahren für Empörung sorgte, für den heutigen Hörer aber sehr abwechslungsreich ist. Leider hält der Komponist die dramatische Kraft, die den ersten knapp einstündigen Teil durchzieht, im zweiten, fast 20 Minuten länger dauernden Teil nicht mehr durch. Trotz so mancher Durststrecke und einiger regelrecht langweiliger Nummern gibt es insgesamt aber genug interessante, stellenweise sogar geniale Musik zu entdecken und wieder einmal hört man deutlich, wie viel Händels Melos (bis hin zu fast wörtlichen Zitaten) dem älteren Kollegen verdankt. Ob sich dieses qualitativ doch sehr heterogene Werk aber im kirchenmusikalischen Repertoire als Alternative zu den Bachpassionen und neben Händels und Telemanns großartigen Brockes-Passionen durchzusetzen vermag, bleibt zu bezweifeln.
    Die Interpretation ist bei hervorragendem Raumklang größtenteils gelungen, es gibt aber auch Kritikpunkte: Unverständlich ist mir, wieso B. Klapproth bis auf ganz wenige Ausnahmen nur das sehr präsente Cembalo als Generalbassinstrument verwendet. Gerade im 2. Teil mit seinen vielen Continuopassagen stellt sich klanglich schnell eine ziemliche Eintönigkeit ein, die man durch stärkere Verwendung der Orgel und vor allem von Saiteninstrumenten wie Laute oder Theorbe hätte vermeiden können. Die Gesangssolisten, besonders die beiden Sopranistinnen, sind vorzüglich, doch mit dem sehr manieriert deklamierenden D. Wörner als Jesus konnte ich mich nur schwer anfreunden. Eigens erwähnenswert ist das umfangreiche und höchsten musikwissenschaftlichen Ansprüchen genügende Beiheft. Insgesamt schwankt meine Bewertung zwischen vier und fünf Sternen, verdient aber vor allem wegen des hohen diskographischen Wertes die Spitzenbewertung. Ein schöner Auftakt der musikalischen Passionszeit!

    Lohengrin Lohengrin (CD)
    01.03.2019
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    1 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Trotz großartiger Hauptrollen nur bedingt empfehlenswert

    Da ich mit meinen bisherigen Lohengrin-Aufnahmen (Abbado, Solti, Barenboim) nicht mehr wirklich glücklich war, habe ich mir aufgrund der teilweise hymnischen Rezensionen diesen nun genau 60 Jahre alten Bayreuthmitschnitt besorgt.
    Insgesamt kann ich die Einschätzung als Referenzaufnahme leider nicht teilen. Doch zunächst zum Positiven: Tatsächlich sind Konya und Grümmer ein Traumpaar: Wagnergesang auf allerhöchsten Niveau, besser kann man diese Partien nicht darstellen. Und dass man beide zusammen in einer Aufführung erleben darf, ist ein kleines Wunder- allein deswegen lohnt sich die Anschaffung der Box.
    Doch das wars dann auch schon fast. Das Dirigat von Matacic ist, was die Tempi anbelangt, untadelig aber nicht unbedingt besonders leidenschaftlich. In Sachen Präzision hapert es manchmal, so geraten die heiklen Chöre im 1. Akt fast zum völligen Desaster. Den großen Männerchor im 2. Akt hat man anscheinend dann lieber vorsorglich gleich brutal gekürzt, was eigentlich überhaupt nicht zulässig ist.
    Franz Crass singt einen sehr hell-baritonalen, fast jugendlich wirkenden König, was reizvoll ist, aber nicht unbedingt zu dieser Rolle passt. Das Sekundarierpaar hingegen fällt stark ab, obwohl beide Darsteller über kraftvolle, gut geführte Stimmen verfügen. Bei Rita Gorr hat mich vor allem das exzessive Vibrato, das manchmal fast zum Tremolo wird, gestört, während Blancs starker Akzent mir das Anhören seiner Partie nahezu unmöglich gemacht hat.
    Der größte Pferdefuß dieser Aufnahme ist aber die Technik: Während die Sänger stark nach vorn gezogen sind und man jedes kleinste Detail gnadenlos hört (umso grandioser ist die Leistung des Primarierpaars) versinkt das durch die Bayreuher Verhältnisse sowieso schon gedämpfte Orchester völlig im Off. Wesentliche Details des genialen und innovativen Orchestersatzes sind nur verwaschen oder überhaupt nicht hörbar. Nebengeräusche und Huster (man könnte den Eindruck haben, diese Aufführung fand zur stärksten Erkältungszeit statt) krachen wie Schrapnellschüsse und in einigen Szenen tritt die überaus aktive Souffleuse fast schon als gleichwertiges Ensemblemitglied auf. Auf Kopfhörer sollte man daher lieber verzichten.
    Fazit: Als Ergänzung zu anderen Aufnahmen mag dieser Mitschnitt durchaus sinnvoll sein, als Referenzaufnahme kann ich ihn persönlich aber nicht empfehlen. Hier zeigt sich wieder wie in den meisten Fällen das alte Wagner-Dilemma: Die perfekte Aufnahme gibt es wohl nicht. Hätte Abbado P. Seiffert, der Konya kaum nachsteht, zur Verfügung gehabt, wäre es diese wohl gewesen. Mit einem stimmlich überforderten S. Jerusalem bleibt das allerdings nur ein schöner Traum. Bei Kempe (der oft als non plus ultra bezeichnet wird und den ich nur von Youtube her kenne) überzeugt mich Jess Tomas überhaupt nicht. So muss man sich den interpretatorisch und klanglich idealen Lohengrin wohl noch bis auf weiteres im Kopf selbst zusammenstellen.
    Xerxes Xerxes (CD)
    26.12.2018
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Neue Referenzaufnahme

    Der vorliegenden Neuaufnahme von „Serse“ kommt das Verdienst zu, die Titelrolle erstmalig mit einem männlichen Sopran besetzt zu haben, wobei die Partie des Arsamene von einer Frau als Hosenrolle gesungen wird, wie dies von Händel ursprünglich beabsichtigt war. Mit Franco Fagioli, dessen Timbre innerhalb der letzten zwei Jahre etwas nachgedunkelt ist, konnte man den aufgrund seiner immer noch exorbitanten stimmlichen und gestalterischen Möglichkeiten derzeit wohl am besten für die Caffarelli-Rolle geeigneten Countertenor besetzen- auch wenn ich an manchen Stellen das Gefühl hatte, dass der Superstar insgesamt etwas über den Zenit seines Könnens gelangt ist. Das macht sich vor allem am teilweise exzessiven Gebrauch des Vibratos, einer etwas forcierten Bruststimme, sowie merkwürdig gurgelnden Trillern und manchmal etwas matten Spitzentönen bemerkbar. Doch gelingen immer noch viele Momente, die gesanglich unübertroffen sind. Ebenfalls reife Künstlerinnen, denen man viel Erfahrung aber eben auch etwas vorgerücktes Alter anhört, sind Vivica Genaux als Arsamene und Inga Kalna als Romilda. Insgesamt überwiegt aber der positive Gesamteindruck, den die drei Hauptrollen hinterlassen. Die beiden kleineren weiblichen Rollen sind mit den strahlenden Stimmen von Francesca Aspromonte als Atalanta und Delphine Galou als Amastre optimal besetzt, während mir der sehr virile, aber etwas dumpfe Bass von Andrea Mastroni nicht besonders gefallen hat.
    Insgesamt schwankt meine Bewertung der sängerischen Leistung zwischen 4 und 5 Sternen. Den letztendlichen Ausschlag für die Spitzenbewertung gibt dann das Ensemble Pomo d´Oro unter M. Emylyanichev am Cembalo mit seiner kraftvollen, aber nie manierierten und zugleich sehr sensiblen Begleitung, sowohl bei Arien als auch bei Rezitativen. Mithin darf dieser neue "Serse" als Referenzaufnahme betrachtet werden.
    Semiramide Semiramide (CD)
    15.12.2018
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Insgesamt enttäuschend

    Ich hatte mir die neue Semiramide vor allem gekauft, da ich dachte, wegen der hohen Laufzeit von fast vier 4 Stunden auf 4 Cds hier Musik vorzufinden, die auf der bislang einzigen ungekürzten Gesamtaufnahme unter Ion Marin (DGG) doch noch nicht eingespielt worden sei. Doch das ist leider nicht der Fall, die längere Spielzeit ergibt sich einzig aus Mark Elders insgesamt überraschenderweise recht ruhigen Tempi. So hat sich trotz sehr hohen Niveaus die Begeisterung, die mir sein Dirigat des Originalklangorchesters OAE bei seinen Donizetti-Opern auf Opera rara verschafft hat, hier irgendwie nicht eingestellt, was wohl auch an dem recht stumpfen, leicht topfigen Raumklang liegt, der jede Brillanz vermissen lässt.
    Die Titelrolle wird von der hochbegabten russischen Koloratursopranistin Albina Shagimuratova zwar technisch höchst eindrucksvoll verkörpert, doch passt die sehr jugendlich wirkende Stimme und das deutlich slawisch gefärbte Timbre nicht wirklich zu der ursprünglich von Isabella Colbran gesungenen Partie. Da Cheryl Studer in der alten DGG-Aufnahme auch keine optimale Besetzung war, würde ich einzig in diesem Punkt die vorliegende Neueinspielung bevorzugen. Im Vergleich zu der strahlenden jungen Jennifer Larmore wirkt Daniella Barcellona als Arsace oft merkwürdig angestrengt und benutzt zu viel Vibrato, was der gleichzeitig martialischen und zärtlichen Klangfarbe entgegenwirkt, die man bei dieser horrend schweren, noch im Geiste des Kastratengesangs konzipierten Partie braucht. Genau denselben Eindruck hatte ich auch, als ich sie dieses Jahr live in München gehört habe. (Bei dieser Aufführung durfte man übrigens Joyce DiDonato als perfekte Semiramide bestaunen) Völlig überfordert mit der äußerst heiklen Rolle des Idreno ist Barry Banks, der anscheinend in letzter Minute eingesprungen ist, was man auch deutlich hört. Mirco Palazzi als Assur macht einen ausgezeichneten Job und ist Samuel Ramey ebenbürtig.
    Insgesamt macht diese in England hymnisch rezensierte neue Semiramide die ältere Gesamtaufnahme keineswegs überflüssig, sondern kann nur als (m.E. überflüssige) Variante im CD-Schrank empfohlen werden. Nach wie vor bleibt die mittlerweile fast 25 Jahre alte DGG-Einspielung Referenz, wenn man das Werk ohne Kürzungen hören will, sonst ist natürlich die Sutherland-Horne-Version von 1966 der Klassiker schlechthin.
    Ein Kommentar
    Anonym
    03.08.2019

    Weitere Alternativen

    Ich schließe mich ihrer Rezension inhaltlich an, möchte aber darauf hinweisen, dass es noch mindestens eine weitere ungekürzte Aufnahme gibt: Penda, Pizzolato, Regazzo, Kunde; Fogliani (Naxos). Diese ist zwar live, die Gesangsleistungen sind der Opera rara-Aufnahme aber vorzuziehen und Fogliani dirigiert weniger lethargisch.
    Weihnachtsoratorium "Il Verbo in Carne" Weihnachtsoratorium "Il Verbo in Carne" (CD)
    13.12.2018
    Booklet:
    1 von 5
    Gesamteindruck:
    2 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    1 von 5

    Verstümmeltes Weihnachtsoratorium

    Das vollständige, über zwei Stunden dauernde Oratorium Porporas wurde vor genau 2 Jahren in Hamburg aufgeführt. Bei der vorliegenden CD handelt es sich um 66 Minuten Highlights, was die CD auf ihrer Rückseite verschweigt. Erst am Ende des Beiheftes steht, dass man hoffe, irgendwann einmal eine Gesamteinspielung vorlegen zu können. Ebenfalls im Kleingedruckten erfährt man, dass es sich um eine Liveaufnahme des besagten Konzertes handelt, was man deutlich an Nebengeräuschen und kleineren Unsauberkeiten und Spannungen in den Singstimmen merkt.
    Dazu kommt, dass von den fünf aufgenommenen Arien vier von Terry Wey gesungen werden, R. Invernizzi darf gerade mal eine singen, der Tenor keine und Nuria Rial, die an dem Konzert laut Internet als zweiter Sopran auch teilnahm, wird ganz übergangen. War sie vielleicht an dem Abend indisponiert?
    Ich habe mich über diese Veröffentlichungspolitik sehr geärgert, da ich davon ausging, hier eine vollständige Studioaufnahme zu erhalten. Welche Gründe Sony dazu bewogen, hier eine fast reine Terry Wey-Cd vorzulegen, entziehen sich meiner Kenntnis. Wey ist ohne Frage ein exzellenter Countertenor und das gute Drittel der gesamten Komposition, das man zu hören bekommt, ist großartig und wunderschön, aber deswegen habe ich mir die Aufnahme nicht bestellt.
    Ich hätte es besser gefunden, gar keine, als eine derart verstümmelte „Weltpremiere“ vorzulegen. Daher kann ich trotz hoher musikalischer Qualität leider keine gute Bewertung vergeben. Sehr ärgerlich, so etwas hätte Sony nicht passieren dürfen!



    Missa C-Dur Missa C-Dur (CD)
    12.12.2018
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Gediegene kirchliche Gebrauchsmusik

    Warum G. A. Ristori in der heutigen Rezeption hinter anderen Komponisten der Dresdner Hofkapelle weit zurücksteht, macht die vorliegende, sehr verdienstvolle Aufnahme recht deutlich klar. Ristoris Musik besitzt weder die eigenwillige Kraft von Zelenkas Individualstil, noch die weltläufige Eleganz von Hasse, sondern weist bei aller gediegenen, oft kontrapunktischen Satzart nur wenig Originalität, geschweige denn eine wirklich unverwechselbare persönliche Note auf. Die drei vorliegenden Werke sind mit ihrer sparsamen, auf die sonst für Dresden so typischen Blechbläser verzichtenden Instrumentation (Streicher und meist colla parte geführte Oboen) und dem Verzicht auf virtuose Arien zwar bestens für den täglichen kirchenmusikalischen Gebrauch auf hohem Niveau geeignet, aber für den Hörer des 21. Jahrhunderts nicht unbedingt sonderlich attraktiv. Während die kurze Messe und das Miserere den Text teils sehr subtil vertonen, kommt bei der langen Litanei mit ihren endlosen Wiederholungen schnell ziemliche Eintönigkeit auf. Man höre sich zum Vergleich nur einmal Zelenkas aufregende Vertonung derselben Vorlage an! Die Interpretation durch Sächsisches Vocalensemble und die vorzügliche Batzdorfer Hofkapelle unterstreicht den zurückhaltenden, oft introvertierten Charakter von Ristoris Musik bestens, wobei mir persönlich das etwas scharfe Timbre der Solosopranistin nicht besonders angenehm erschien.
    Insgesamt also sicher keine Scheibe für die einsame Insel, aber ein für musikhistorisch interessierte Hörer anschaffenswerter Mosaikstein im Kosmos „Dresdner Hofkapelle“.
    Flavio Crispo (Oper in 3 Akten) Flavio Crispo (Oper in 3 Akten) (CD)
    10.12.2018
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Überzeugende Weltpremiere

    Für alte-Musik-Fans ist es sehr erfreulich, dass die 2016 mit fast 300-jähriger Verspätung erfolgte Uraufführung von Heinichens „Flavio Crispo“ nun auf Cd vorliegt. Trotz stärkerer Kürzungen dauert die Aufnahme, die übrigens auf 3 CDs und nicht wie bei JPC angekündigt auf 2 Scheiben untergebracht ist, deutlich über 3 Stunden. Rein musikalisch handelt es sich bei der wegen Kastraten-Intrigen niemals aufgeführten Opera seria keineswegs um ein Meisterwerk, sondern ein prächtiges Stück höfischer Gebrauchs- und Unterhaltungsmusik im damals hochmodernen galanten Stil, in dem sich alle reizvollen Eigenheiten des meistens leichtgewichtigen und heiteren Heinichen-Idioms zuhauf finden. Auf die Dauer vermisst man aber bei den offenbar schnell geschriebenen, meistens in Dur stehenden und oftmals unisono geführten Dacapo-Arien doch sehr einen größeren kompositorischen Tiefgang, was ein Anhören des Werkes am Stück nicht empfehlenswert erscheinen lässt.
    Die klanglich vorzügliche Liveaufnahme überzeugt hingegen in allen Belangen: Die sieben Vokalsolisten präsentieren sich trotz minimaler Abstriche bei einigen Details und geringfügiger stimmlicher Ermüdung im letzten Akt bestens disponiert, wobei besonders der mir bislang völlig unbekannte Countertenor L. Marziotte in der für Senesino konzipierten Titelrolle herausragt. Eine reine Freude ist es, dem v.a. im Bereich der Holzbläser und Naturhörner prachtvollen Spiel des Ensembels "Il Gusto Barocco" zuzuhören, das einen überzeugenden Eindruck der für die damals weltberühmte Dresdner Hofkapelle geschriebenen Partitur vermittelt.
    Bei der Gestaltung des Beiheftes hätte ich mir mehr Sorgfalt gewünscht. So fehlt in der Personenübersicht vor der Inhaltsangabe die weibliche Hauptrolle, Elena, und man weiß zu Beginn nicht so recht, wer diese wichtige Person eigentlich ist, was ihre Einordnung in den Gesamtkontext erschwert. Der Bösewicht Massenzio hingegen wird in der Rollenliste fälschlich als „Massimiliano“ bezeichnet.
    Insgesamt ist CPO mit dieser Aufnahme eine ausgezeichnete Weltpremiere gelungen, die nachdrücklich zum Kauf empfohlen werden kann!
    Raffaele Pe - Giulio Cesare, a Baroque Hero Raffaele Pe - Giulio Cesare, a Baroque Hero (CD)
    01.12.2018
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Großartiger Sänger in unterdurchscnittlichem Umfeld

    Bereits bei den ansonsten eher mittelmäßigen Einspielungen von Gasparinis „Bajazet“ und Vincis „Didone“ ist mir Raffaele Pé, über dessen Alter das Internet spontan nichts preisgibt, als einziger Sänger bzw. Darsteller von internationalem Format deutlich aufgefallen. Der äußerst günstige Eindruck setzt sich auch auf der neuen CD - dem ersten Soloalbum des Countertenors mit größerer Orchesterbegleitung- fort. Seine klare und doch volle Altstimme reicht mühelos bis in die mittlere Sopranlage, ohne dass der Sänger von dieser Gabe irgendwelchen vordergründig eitlen Gebrauch machen muss- alles fließt scheinbar mühelos und selbstverständlich zur richtigen Zeit aus der Kehle, wobei Pé alle Register von sensiblem Schmachten bis hin zu stählerner Attacke eindrucksvoll zu ziehen weiß. Schön ist es, dass auf der CD neben knapp 30 Minuten altbekannten und dutzendfach eingespielten Händel-Schlachtrössern (muss es wirklich immer so viel Händel sein?) 40 Minuten Ersteinspielungen bislang unedierter Cäsar-Arien des nahezu ganzen 18. Jahrhunderts zu finden sind, worunter sich einige Stücke befinden, die das Zeug haben, zur Arie für die einsame Insel zu werden, so z.B. Giacomellis herrliches „Bella tel dico amore“. Fünf Sterne also für die künstlerische Leistung, aber mindestens ein Stern Abzug für das fade, dünne und blecherne Spiel des nicht auf internationalem Niveau musizierenden Originalklangensembles und besonders für die unglückliche Klangregie: Pé ist stark nach vorne gezogen, wobei die Instrumente in einem viel zu halligen und verwaschenen Off verschwinden. Eine solch unterdurchschnittliche Tonmeister-Leistung ist eigentlich eines Qualitätslabels wie „Glossa“ unwürdig. Trotzdem überwiegen der positive Eindruck den der Sänger, den man schon jetzt unter die Top 10 des Countertenorgesangs zählen darf, hinterlässt und das kluge Konzept des Albums, so dass eine klare Kaufempfehlung für alle Freunde alter Musik ausgesprochen werden kann.
    Jakub Jozef Orlinski - Anima Sacra Jakub Jozef Orlinski - Anima Sacra (CD)
    09.11.2018
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Spektakulär!

    Das vorliegende erste Solo-Album des jungen Countertenors ist darum so besonders, da der Sänger auf äußerlich virtuose Bravourarien verzichtet und sich ganz der subtilen, aber keineswegs weniger anspruchsvollen Kunst der Sakralmusik des Settecento widmet, die freilich auch an manchen Stellen opernhafte Züge tragen kann. Was Orlinski hier an technischer Perfektion und sensibelster Gestaltungskunst leistet, ist auch ohne wilde Koloraturketten und große Sprünge schlichtweg spektakulär. Seine klare und doch volle Altstimme reicht mühelos bis in die mittlere Sopranlage, ohne dass der Sänger von dieser Gabe irgendwelchen vordergründig eitlen Gebrauch machen muss- alles fließt scheinbar mühelos und selbstverständlich zur exakt richtigen Zeit aus der Kehle. Es ist bemerkenswert, dass die Produzenten den Mut hatten, ein derart anspruchsvolles und eher für Kenner alter Musik zugängliches Programm zu veröffentlichen, doch das künstlerische und klangliche Ergebnis spricht für sich und verweist die jüngsten Alben namhafterer Countertenöre wie Fagioli und Sabadus auf die Plätze. Ob es die richtige Entscheidung des auch als Breakdancers arbeitenden Sängers war, sich in einem Album mit geistlicher Musik mit freien Oberkörper (der freilich ähnlich makellos wie seine Stimme erscheint) ablichten zu lassen, bleibe dahingestellt. Musikalisch jedenfalls ist diese CD ein Ereignis der Extraklasse und dürfte die bereits sehr positiv angelaufene Karriere Orlinskis weiter voranbringen. Fünf Sterne auch für die sensible und temperamentvolle Begleitung des Originalklangensembles.

    Stadtsingechor zu Halle - Gott ist unsre Zuversicht Stadtsingechor zu Halle - Gott ist unsre Zuversicht (CD)
    02.11.2018
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    2 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    1 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Befremdlich

    So schön es ist, wenn sich junge Menschen in unserer Zeit für Musik begeistern und engagieren, so befremdlich wirkt das klangliche Ergebnis der Cd. Drei essentielle Dinge beim Chorgesang geraten hier völlig aus den Fugen: Die Textverständlichkeit, die einheitliche Vokalfärbung sowie- besonders unangenehm hörbar- die Intonation. Einige Töne und Klänge geraten so schief, dass man sich fragt, wie die Toningenieure solch ein Ergebnis passieren lassen konnten. Der Stadtsingechor zu Halle, immerhin einer der ältesten Knabenchöre Deutschlands, hatte es im Vergleich mit Thomanern und Kruzianern schon immer etwas schwer, doch wenn das Endergebnis einer Studioaufnahme nicht über das Niveau eines mittelmäßigen Schulchors hinauskommt, ist etwas grundlegend schief. Es ist nur zu hoffen, dass man in puncto Stimm- und Klangbildung in Halle bald einen Neuanfang wagt.
    Valer Sabadus - Caro Gemello (Farinelli & Metastasio) Valer Sabadus - Caro Gemello (Farinelli & Metastasio) (CD)
    22.10.2018
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Problematisch

    Seit mehreren Jahren verfolge ich den Werdegang des sympathischen, mit mittlerweile 32 Jahren immer noch relativ jungen Countertenors intensiv, habe ihn mehrmals live gehört und besitze die meisten seiner Cds. Doch seit seinem spektakulären Wechsel zum Major-Label Sony stelle ich mit Sorge fest, dass sich die früher so einmalige Stimme stark verändert hat: Zunächst einmal ist die helle und klare genuine Sopranlage, die man z.B. auf der Oehms-Cd „Hasse reloaded“ bestaunen konnte, einer deutlich abgedunkelten Mezzo-Tessitura gewichen. Das eigentlich wäre noch kein Problem, wenn der Sänger sich diesem natürlichen Absinken des Timbres stellen und auf Arien in Sopranlage sowie koloraturgespickte hochvirtuose Schaustücke verzichten würde, wie es z.B. M.E. Cencic in letzter Zeit wohlweislich und erfolgreich getan hat. Und dies ist leider bei der vorliegenden Farinelli-Cd nicht der Fall. Hier stellt sich auch wieder die Frage an die Produzenten, warum es immer wieder der mythische Farinelli als Ideengeber sein muss und man auch hier nicht auf das allzu oft gesungene „Alto giove“ verzichten konnte. Davon unabhängig klingt die Stimme bereits ab Tönen im Bereich von f2-fis2 relativ angestrengt, das gis2 als Spitzenton ist schon nicht mehr wirklich souverän verfügbar. Doch auch das tiefe Register klingt merkwürdig hohl und dünn, wie man in der Ruggiero-Arie von Hasse hören kann. Die früher so bewundernswerte Leichtigkeit bei Koloraturen und die für einen Countertenor erstaunliche dynamische Bandbreite sind immer noch vorhanden, haben aber deutlich nachgelassen. Bei einigen der längeren Arien stellt sich manchmal sogar eine gewisse Eintönigkeit ein.
    Sieht man sich den Tourneeplan des Künstlers an, kann einem fast schwindlig werden. Mein persönliches Gefühl ist, dass sich Sabadus der gnadenlosen Vermarktungsmaschinerie, die mit einer internationalen Karriere einhergeht und prominenten Kollegen wie Jaroussky oder Fagioli alles andere als gutgetan hat, besser entziehen und seiner Stimme mehr Schonung und Pflege angedeihen lassen sollte. Dann kann Valer Sabadus das bleiben, was er momentan noch ist: Einer der weltbesten Vertreter seines Stimmfachs.
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