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    JAW-Records Top 50 Rezensent

    Aktiv seit: 08. März 2011
    "Hilfreich"-Bewertungen: 3403
    271 Rezensionen
    Jean Martinon - Chicago Symphony Orchestra, the Complete Recordings Jean Martinon - Chicago Symphony Orchestra, the Complete Recordings (CD)
    23.03.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Sehnlichst erwartet – Träume erfüllt!

    Auf diese CD-Veröffentlichung warte ich eigentlich seit dem letzten Jahrtausend … ;-)

    Jean Martinon und das Chicago Symphony Orchestra … was fällt mir dazu ein: das schwere Erbe der Nachfolge Reiners, geniale Schallplatten, viel Musik des 20ten Jahrhunderts, aber auch Schumanns Sinfonien, unüberbietbare(!) Aufführungen von Mahlers 3ter und 10ter und Hindemiths op.50 (alles live auf Rundfunkbändern, von denen die zwei Mahler hauseigen auf CD erschienen waren) - zudem böser Streit (Fraktionen im Orchester), Pressemacht (Martinon wurde wie schon 15 Jahre zuvor Kubelik durch unfaire Presse zermürbt) und eine akustische Eselei sondergleichen mit Langzeitfolgen (die Zerstörung der Akustik der Orchestra Hall bei dem Umbau des Saals in der Sommerpause 1966. Solti veranlasste in den frühen 80zigern einen "Rückumbau", der eine Teilverbesserung ergab) …

    ZU DEN AUFNAHMEN

    Bei der ersten Einspielung Martinons (CD 1) mit dem CSO ein Jahr nach der letzten Reiner-Platte wurde das Aufnahmegespann Mohr / Layton abgelöst von Habig / Keville, was sofort ein anderes Klangkonzept zeitigt. Wo bei den Reiner Einspielungen auf subtile Weise viel Nähe und Intimität zu den Instrumentengruppen und Solisten favorisiert wurde, hört man hier auf der ersten Martinon-LP eher die heute gebräuchlichere Klangphilosophie, die mehr vom Saaleindruck (der Zuhörer im Konzert) wiedergeben möchte. Auf dieser Platte ist das gut sehr überzeugend gelungen.

    Einige der weiteren Martinon / CSO Aufnahmen mit dem Aufnahmeteam Scott / Goodman, welche die Mehrzahl der Produktionen betreut haben, zeigen aber wieder eine andere Aufnahmephilosophie: mehr das Isolieren von Klangereignissen, das Heranholen von Instrumentengruppen, was manchmal ein etwas inhomogenes Klangbild ergibt.
    Aber im Vergleich zu Decca darf man loben, dass alle RCA-Aufnahmen nie kalt oder steril klingen und immer die natürliche Farbigkeit des Orchesters zu hören ist. Und im Vergleich zu den DG-Aufnahmen der 70ziger Jahre klingt das CSO auch wirklich nach CSO - und nicht nach „Mickymouse“… Die DG hatte damals kein glückliches Händchen, ein Bigsound-Orchester gut einzufangen. Auch klingen die Aufnahmen der DG mit Guilini und Barenboim leider eher stumpf, besonders die in der Orchestra Hall aufgenommen.

    CD 1
    Ravel: Daphnis et Chloé: Suite No. 2
    Roussel: Bacchus et Ariade, Suite No. 2

    Eine traumhafte Platte, noch in der Orchestra Hall mit der hervorragenden Akustik von dem Umbau aufgenommen. Der Ravel ist ein Klangrausch, der etwas herbere, aber ebenso klanglich-sinnliche faszinierende Roussel war 1964 eine wichtige Bereicherung des Katalogs. Bis heute finde ich diese Aufnahme unerreicht – ebenso wie auf jeden Fall in orchesterklanglicher Hinsicht den Ravel. In dieser ersten Martinon-Platte steckt noch einiger „Reiner“ drin – im besten Sinne.

    Die Überspielung ist ausgezeichnet und sticht alle vorhergehenden „Versuche“ (z.T. LP-Transfers Haydn House, aber auch die an sich guten Locked in the Vault Reissues) klar aus - auch die Ravel / Martinon / CSO High Performance CD der RCA (siehe bei CD 8 mehr dazu), wo Daphnis als Dreingabe angehängt war.

    CD 2
    Varese: Arcana
    Martin: Konzert für sieben Bläser, Pauken, Schlagwerk und Streicher

    Diese Platte ist neben der Ravel / Roussel LP (CD 1) die einzige, die noch in der guten Orchestra Hall Akustik vor dem Umbau aufgenommen wurde. Arcana (mit viel Schlagwerk) ist hier ein Klangspektakel ohnegleichen. Hochinteressant ist natürlich der Vergleich mit der genau 30 Jahre später entstandenen Einspielung – im selben Raum (der mittlerweile wieder annähernd „rückumgebaut“ wurde) mit dem CSO aufgenommen. Wo es bei Martinon hochexpressive Ausbrüche gibt, lässt Boulez in 10% breiterem Tempo die klanglichen Ereignisse sich einfach entfalten. Beides hat etwas, wobei ich die zupackende Sichtweise von Martinon bevorzuge. Und der Klang der Aufnahme? Also 30 Jahre liegen da für meine Ohren nicht zwischen …

    Der Frank Martin ist eine ganz andere leichter zugängliche Welt. Wunderbare Soli der Firstchairs des CSO, sehr gut aufgenommen (Scott / Goodman / Keville). Für mich in beiden Stücken eine Referenzaufnahme, sowohl musikalisch als auch aufnahmetechnisch - wohl für alle Zeiten.

    CD 3
    Nielsen: Sinfonie No. 4, Op. 29 "Das Unauslöschliche"
    Nielsen: Helios Ouvertüre, Op. 17

    Was für eine Platte! Intensiver, leuchtender, tiefer und visionärer wird man die beiden großartigen Stücke von Nielsen wohl nie mehr hören! Was für eine Platte …
    Die neue CD-Überspielung überzeugt vollkommen. Ende 1966 schon in der umgebauten Orchestra Hall mit nun sehr trockener Akustik aufgenommen, hat bei Nielsen dieses Trockene und extrem Präsente auch eine starke Faszination. Die ungeheure physische Präsenz (Gewalt klingt ja nach grob, was nicht passt) erscheint nicht nur in dem „durchgeknallten“ Solo für zwei Paukisten des letzten Satzes wie ein Naturereignis. Aber auch die Intensität und atemberaubend irrwitzige Klanglichkeit der Streicher, herrliche Soli (Ray Still!) …
    Als ob das „Unauslöschliche“ den Hörer nicht schon genug gepackt hätte, dann noch die romantischere Helios Ouvertüre mit einem Sonnenaufgang, wie man sich ihn edler und majestätischer nicht träumen lassen kann – auch dank der Kontrabässe, des großen Horn-Unisono und besonders Adolph Herseth und seiner Trompetengruppe. Alles zum niederknien … Das Mastering - hier von Richard King – der Aufnahme des Produzenten Scott und Technikers Goodman lässt keinerlei Wünsche offen! Die beiden die innerhalb der letzten 20 Jahre erhältlichen CD-VÖs (ASIN B000026GJ7 + ASIN B000EHQ8BO) waren zwar OK, sind dem aktuellen Mastering aber weit unterlegen. ABER: Dennoch nicht weggeben – wegen der 1ten Nielsen mit Previn / LSO und der 2ten Nielsen mit Gould / CSO. Letztere ist die Referenzaufnahme der 2ten!
    Diese Platte gibt übrigens am besten den Eindruck wieder, den viele der unten angesprochenen leider nur zum Teil veröffentlichten Live-Mitschnitte bieten.

    CD 4
    Bizet: L'Arlésienne Suite No. 1
    Lalo: Le roi d'Ys - Ouvertüre
    Bizet: L'Arlésienne Suite No. 2
    Massenet: Thaïs (mit Staryk)

    Bizets zwei L Arlésienne Suiten sind bei Martinon großgestige vitale Musik. Auch wenn natürlich fein und phantasievoll gespielt wird, so ist der Ansatz oft auch sehr zupackend. Manch einer würde das wohl von einem französischen Dirigenten anders erwarten. Aber Martinon erfüllt solche Erwartungen nie – und warum sollte er auch …
    Es ist auch eine Platte der Soli: Oboe, Flöten und Flöten-Solo mit Harfe, Saxophon - Streicher mit Dämpfer, unerhörte Töne in den Mittelstimmen …
    Höhepunkt ist für mich die Ouvertüre von Lalo, Tuba-Töne, Cello-Solo, Oboe, Trompeten-Stakkatoketten, Posaunen ... aber natürlich nicht nur wegen des unglaublichen Thrills der Virtuosität und Kraft, sondern auch wegen der sich wunderbar aufschwingenden Musik!

    Alle Stücke dieser Platte sind April und Mai 1967 im Medinah Tempe aufgenommen – außer der Meditation mit dem damaligen Konzertmeister Stephen Staryk Dezember 1966 in der trockenen Orchestra Hall. Der Unterscheid fällt auf dieser CD deutlich auf – ein gutes Zeichen …

    Es hat wieder das Team Scott / Goodman aufgenommen. Das Mastering zeigt relativ deutliches Grundrauschen und leichten quasi LP-Verzerrungen im ff - vielleicht wurde eine für die Bänder nicht ganz exakt passende Abspielmaschine oder Bandkopien verwendet?) stammt aus Japan (wohl für die VÖ von Tower Records von 2004) und ist akzeptabel. Ausnahme: Der Lalo ist viel besser gelungen - und dieses Mastering ist von Andreas K. Meyer. Abspielmaschine beim Bizet hin oder her – das Mastering dieser CD ist eindeutig bisher das beste vorhandene. Besonders die Haydn House LP-Überspielung hat sich damit nun erübrigt. Die Tower Records CD klingt tatsächlich sehr ähnlich, aber etwas flacher.

    CD 5
    Bartók: Der wunderbare Mandarin
    Hindemith: Nobilissima Visione

    Beide Stücke in Aufnahmen für alle Zeiten … Natürlich gibt es einige ausgezeichnete „Der wunderbare Mandarin“ Einspielungen … aber diese hier zu hörende extreme Klanglichkeit ist unüberbietbar. Da kommt auch Solti mit dem CSO viele Jahre später nicht ganz heran, schon wegen des weniger sinnlicheren Klangs der Decca-Aufnahme.
    Von Hindemiths Nobilissima Visione gibt es noch viel weniger nennenswerte Platten – am ehesten wohl seine eigene mit dem Philharmonia Orchestra London. Auch hier ist es einfach ein Fest, das CSO mit diesem stiefmütterlich behandelten Meisterwerk hören zu können.
    Martinon versteht beide Stücke vollkommen. Alles stimmt perfekt: Proportionen, Balance, Tempi, Ausdruck …

    Aufnahmen aus dem Medinah Temple vom April und Oktober 1967. Die Sache mit dem Mastering von Hsi-Ling Chang ist dasselbe wie bei der CD 8: Es ist kaum zu glauben, dass das hier so gut klingende Mastering bei der High Qualitiy Ausgabe von vor 10 Jahren so verdorben wurde. Auch die japanische „RCA RED SEAL Vintage Collection“ Ausgabe klingt nicht so gut wie die CD in der Martinon-Box.

    CD 6
    Martinon: Sinfonie No. 4, Op. 53 "Altitudes"
    Mennin: Sinfonie No. 7 "Variation-symphony"

    Der Komponist Jean Martinon ist ebenso wie Peter Mennin für „normale“ Ohren „gut zu hören“. Gemäßigte Moderne, bei Martinon in der 4ten Sinfonie mit einem spirituellen Anspruch: Die „Altidudes“ benannte dreisätzige (letzte) Sinfonie Martinons war eine Auftragskomposition des CSO und steht inhaltlich für „den geistigen Aufstieg, den Aufstieg der Seele in eine unermessliche Unendlichkeit“ (Zitat aus dem Textheft).
    Die Aufnahmen von 1967 aus dem Medinah Temple sind gut eingefangen.
    Der Digital-Transfer ist ausgezeichnet. Die LP hatte in den mit bekannten Pressungen nicht diese räumliche Weite. Ob das alles bei der LP verschluckte feine Informationen sind oder ob da doch ein wenig nachgeholfen wurde? Jedenfalls klingt es … Den semiprofessionellen LP-Transfer des Labels Haydn House kann man nun getrost völlig vergessen.

    CD 7
    Weber: Klarinettenkonzert No. 1 f-moll, Op. 73 (Benny Goodman, Klarinette)
    Weber: Klarinettenkonzert No. 2 Es-Dur, Op. 74 (Benny Goodman, Klarinette)

    Eine Interpretation durch Martinon, die eine gute Balance zwischen den romantischen und klassischen Anteilen der Kompositionen Webers herstellt, in den schnellen Sätzen mit einer Tendenz zum Strengeren. Die zwei Konzerte sind (wenn es kein Druckfehler ist) exakt im Abstand von einem Jahr aufgenommen worden (Mai 1967 und Mai 1968). Das Klangbild ist heller und klarer als bei der RCA CD-VÖ von 1987. Dennoch kann man auf diese alte CD-Ausgabe nicht weggeben, da dort noch das Nielsen Klarinettenkonzert mit Morton Gould / CSO (ebenso mit Goodman als Solisten) mit drauf ist. Also zumindest als Verehrer des Orchesters oder Goodmans …

    Leider ist für mich Benny Goodman die Schwachstelle der an sich sehr schönen Einspielung. Mein persönlicher Eindruck hat nichts damit zu tun, dass der Meister des Swing sich auch aufs klassische gleis bewegte. Ich bin prinzipiell gegen jegliche Einordnung oder klassifizierende Wertung. Mein “Unwohlsein” macht sich auch nicht am Musikalischen (er konnte sicher mit den Stücken etwas anfangen), sondern allein am Klanglichen fest. Sein eher spitzer, heller und in Grunde „abgedrückter“ Ton passt so wenig zu diesem Orchester, dass es zwei völlig verschiedene Klangliche Welten ergibt. Die Aufnahme „klassischer“ Musik mit Benny Goodman war übrigens keine Eintagsfliege oder Laune von Goodman (vielleicht eher schon eine Marotte), sondern er hat diese Auseinandersetzung sehr ernsthaft und permanent betrieben. Zeugnis davon geben Aufnahmen von (und mit!) Bartok, Mozart, Brahms, Weber, Nielsen …

    CD 8
    Ravel: Rapsodie espagnole
    Ravel: Alborada del gracioso
    Ravel: Ma mère l'Oye
    Ravel: Introduction and Allegro for Harp, Flute, Clarinet, and Strings (mit Druzinsky, Peck und Brody)

    Ravel ist der am prominentest vertretene Komponist aller Martinon-Aufnahmen in Chicago, wobei sich der Dirigent selbst durchaus nicht zuallererst mit dem französischen Repertoire identifizierte. Bei der „Rapsodie espagnole“ und der „Alborada del gracioso“ drängt sich natürlich der Vergleich mit der ein paar Jahre früher entstandenen Einspielung mit Fritz Reiner und quasi denselben Musikern auf (Reiner hat allerdings in der Orchestra Hall und Martinon im Medinah Temple aufgenommen) und – man ahnt es – der alte Reiner hat bei allem Unterschieden des Musizierens und der generell divergenten Auffassung von „Französischem“ die Nase vorn. Seine Aufnahme klingt nicht ganz so aufnahmetechnisch weit aufgelöst, aber der Unterschied ist sehr gering. Aber die Frische des Musizierens, die Farbigkeit, das rhythmische Leben, die Phantasie, die Freiheit in den Tempi: Hier lässt Reiner in allen Punkten Martinon doch hinter sich … Ich freue mich aber dennoch sehr, dass es beide Einspielungen gibt, schon wegen dieser vielen Ausnahmemusiker, die damals das CSO ausmachten.

    Wunderbar, wie auf dieser Martinon-CD die hervorragende gelungene Aufnahme in allen Feinheiten erklingt! In diesem Detailreichtum und unverfärbter Natürlichkeit habe ich die großartige Einspielung von „Ma mere l Oye“ oder Introduction et allegro“ noch nie hören können. Diese beiden Stücke sind für mich in diesen Interpretationen absolute erste Wahl – „Ma mere“ direkt neben Monteux und Munch.

    Die XRCD von JVC (ASIN: B002GZM3FC) ist eine Alternative für „Feinsthörer“: Sie klingt an manchen Stellen noch „standfester“, ist aber nicht so weit im Panorama (somit vielleicht noch genauer am Original) und nicht so sehr präsent wie die hervorragend gelungene neue Überspielung. Bei der XRCD kommt alles ein kleines bisschen mehr verhangen aus der Tiefe des Raums. Wer es nicht allzu klar auf dem Präsentierteller mag, hat in dieser kostspieligen japanischen Ausgabe von 2009 eine echte Alternative. Ich höre, dass sie deutlich anders klingt, aber nicht würde ihr nicht das Prädikat „besser“ geben.

    Die HP-Ausgabe (ASIN: B00004TCPS) der amerikanischen RCA von 2000 kann beiden anderen CD-Transfers nicht das Wasser reichen. Eine schockierende Erkenntnis bietet diese CD im Direktvergleich mit der hier neuen aber: Beide verwenden das Remastering von Hsi-Ling Chang, was vom Höreindruck her wahrlich nicht zu glauben ist! Ein schlagender Beweis dafür, dass NACH dem Mastering noch jede Menge manipuliert wird, also – wie bei der Ausgabe von 2000 – an gut Gelungenem wieder weggenommen werden kann …!

    CD 9
    Bizet: Sinfonie C-Dur
    Mendelssohn: Ein Sommernachtstraum (Ouvertüre Scherzo Notturno Hochzeitsmarsch)

    Wie wichtig ist diese CD-Veröffentlichung! Bis jetzt gab es den Mendelssohn mit Martinon und dem CSO nur in eine an sich gut gelungene semi-professionelle Überspielung durch Haydn House. Das Problem war aber bei allen Transfers dieser CD von Schallplatten (eben nicht von originalen Bändern) die Verzerrungen im Hochzeitsmarsch und beim Bizet schon ab dem Scherzo und im Finale.

    Man mag bei Martinon in der Ouvertüre des Sommernachtstraums das Allegro als zu steif, eckig und hart empfinden oder überhaupt in den vier Sätzen die weit ausladende romantische Attitüde vermissen. Aber das war eben seine sehr konzentrierte und streng gefasste Art des Musizierens. Andererseits: In welcher anderen Aufnahme ist je solche eine Qualität des Streicherspiels erreicht worden? Wo ist solch eine Fülle von phantastischen Soli zu hören (z.B. die Flöte am Ende des Scherzos), wo klingt das Notturno schon so schlicht und dennoch tief? Wo klingen die Trompeten im Hochzeitsmarsch so auffahrend und festlich, das tiefe Blech so klar und kräftig ohne die Musik schwer zu machen?

    Die C-Dur Sinfonie von Bizet ist einfach nur herrlich! Straff, quirlig witzig, mit einer unglaublich kontrollierten und einheitlichen Bogentechnik der Streicher im Finale. Es gibt ein paar wirklich erfüllende Einspielungen des Werks – z.B. vom ganz späten Stokowski. In speziellen Punkten wird diese Aufnahme hier meines Erachtens aber für alle Zeiten unerreicht bleiben.

    Die Überspielungen auf CD ist bei beiden Stücken sehr gut gelungen. So gut war weder der Mendelssohn noch der Bizet bis jetzt in der Martinon-Aufnahme je zu hören!

    CD 10 - Bonus:
    Casadesus: Konzert für Klavier und Orchester, Op. 37 (1969) (mit Orchestre National de L'O.R.T.F.)
    Paganini-Stokowski: Moto perpetuo
    Ravel: Pavane pour une infante défunte
    Ravel: La Valse
    Ravel: Boléro

    Diese letzte CD ist natürlich ein Highlight für den Chicago-Enthusiasten. Aber DAS liegt natürlich nicht an dem Klavierkonzert von Casadesus mit dem Orchestre National de ORTF. Für mich ist es erschütternd, wie nach ein paar Stunden CSO ein Orchester auch bzw. eher nicht klingen kann… Zugegebenermaßen aber auch nicht grade geschickt aufgenommen. Aus welch unerfindlichem Grund diese Aufnahme in die Box übernommen wurde? Wahrscheinlich nur, weil es halt eine Columbia-Aufnahme ist - wo Martinon ansonsten später doch nur noch für die EMI Aufgenommen hat.
    Hier sind drei Stücke von Ravel versammelt, die auf CD (außer wieder in Semiprofessionellen LP-Überspielungen) zu haben waren. Die „Pavane“ und „La Valse“ waren auf zwei der Sonder-LPs „Chicago Marathon“ der RCA in den Siebzigern in den USA zu bekommen, der Bolero nur auf einer Ravel „Greatest Hits“ (LSC 5002) mit verschiedenen Interpreten veröffentlicht.

    Martinon nimmt die Pavane in ruhig fließendem und flexiblem Tempo und gibt den Solisten alle Freiheit sich zu entfalten. Fritz Reiner hat ein paar Jahr zuvor eher das gleichmäßig ernst Schreitende des Stücks betont. Ein interessanter Vergleich, was die Musiker aus beiden Ansichten machen – nicht nur wegen des Unterschieds des Hornsolos von Farkas und des jungen Clevenger. Reiner gibt dem Stück mehr Geschlossenheit, bei Martinon ist es rhapsodischer. Eine gute Aufnahme aus dem Medinah temple.

    La Valse ist in dieser eigentlich unveröffentlichten Einspielung eine wichtige Bereicherung des CSO-Katalogs. Martinon nimmt das Stück (trotz seiner manchmal etwas eckigen oder ruppigen Art) für seine Verhältnisse ungewöhnlich „französisch“ (oder wienerisch?) – wirklich als einen Valse, wenn auch am Ende sehr schnell und expressiv-exzessiv. Wie ein Trompeter ein ganzes Orchester dieses Klangvolumens(!) dominieren und anführen kann – samt Crescendi, Decrescendi, Rubati usw. Dieser expressiv wagemutige Principal mit Stahlnerven namens Herseth wird wohl DIE Ausnahmeerscheinung unter Trompetern bleiben.
    Geht’s noch abgedrehter? JA! Bei Reiner (live – natürlich auch mit dem CSO!) geht am Ende in La Valse die Welt unter – oder eben zumindest die Gesellschaft des 19ten Jahrhunderts - und ich befürchte heute noch beim Hören, dass angesichts des Ausbruchs klanglicher Brutalität (was ist schon der Sacre dagegen*g*?) am Ende die Orchestra Hall hätte einstürzen können … Martinon machte seine Einspielung übrigens im Medinah Temple.

    Der Bolero, den Reiner ja nicht aufgenommen hatte, ist auch ein Zeugnis der souveränen Orchesterkunst des CSO im März 1966 – noch in der „guten“ Akustik der Orchestra Hall aufgenommen. Das Tempo ist leicht nach vorne gerichtet (mal mehr, mal weniger - das schwankt vom Empfinden her), 13:45 min Spielzeit ist außergewöhnlich zügig. Der Bolero wiegt hier weniger wie in viele Aufführungen / Einspielungen sonst, aber er swingt ungemein. Martinon gibt der „Orchesterstudie ohne Musik“ (zwei Zitate Ravels zu einer Aussage zusammengefasst) spanisches Temperament, gegen Ende (noch weit vor der Modulation!) eine erregte freudige Erwartung (ansonsten gibt’s ja oft fatalistische Galeeren-Stimmung) – und das Ganze mit einer gewissen modernen Kühle und spanischen Strenge. Für mich ist das DIE Aufnahme des Bolero schlechthin – trotz der zwei schönen Münch/BSO-Einspielungen und ein zwei anderer. Martinon schafft es, dass man das Stück ernst nimmt – auch emotional.

    Diese „CSO-Nachlässe“ sind allesamt Masterings aus Japan. Die dazugehörende originale CD habe ich allerdings nicht gehört. Ich glaube mich auch an eine gemischte Ravel CD zu erinnern … Das Mastering könnte - zumindest bei Bolero - vielleicht noch einen Tick besser sein. Aber das ist schon „Jammern auf höchstem Niveau“ …

    Und da ist auf CD 10 noch meine absolute Lieblingsaufnahme der „unveröffentlichten“ Stücke mit Martinon, welche auch auf einer „Chicago Marathon“ Platte enthalten war und die Russ Oppenheim als LP-Transfer ganz ordentlich auf CD gebracht hat:
    Das „Moto perpetuo“ von Paganini in der Bearbeitung von Friederick Stock. Auf der aktuellen hier besprochenen CD-VÖ hört man endlich die subtil-hintergründige Bläser-“Begleitung“ (eine Bezugnahme auf den Finalsatz der „Eroica“ - eine Idee Stocks) in allen Schattierungen. Das „Wunder“ leisten natürlich die hohe Streicher – das müssen sie einfach hören! … An den hellen Klang der Streicher, durch die Überspielung leider etwas „weiß“ geraten (da steckt im Originalband bestimmt noch mehr Farbe drin), muss ich mich allerdings erst noch gewöhnen: die mit bekannte Platte und CD-Ausgabe (ROCD 0039) klang deutlich gedeckter, aber dafür ging manches in den Bläsern verloren.
    Zu Stock jetzt etwas mehr:

    EINE KLEINE EHRUNG DES ZWEITEN DIRGENTEN DES CSO - FREDERICK STOCK

    Geigenhimmel, sprühender Witz und Glück pur ist die Bearbeitung des „Moto Perpetuo“ von Paganini durch Frederick Stock (1872-1942), den Chefdirigenten für 37 Jahre beim CSO (1905-1942). Diesem großen Dirigenten und auch Komponisten (in etwa Brahms-Nachfolge, aber nicht epigonal) ist nicht genug zu danken. Er hat den Boden für das Weltklasse-CSO bereitet, hat anscheinend damals schon der Vorgängergeneration von Herseth, Still und all den anderen großartigen Musikern von den Mitte Fünfzigern bis etwa zur Jahrtausendwende das außergewöhnliche Feuer mit Vision mitgegeben.
    Die etwa 10 CDs umfassende Sammlung seiner Aufnahmen bei Columbia und RCA wären es wert, auch in einer kleinen Box geehrt zu werden. Schubert „Große C-Dur“, Brahms 3te, Beethoven 4tes und 5tes (mit Schnabel), Mozart 38te und 40te, Tschaikowsky 5te, Nussknackersuite und Violinkonzert (mit Milstein – sensationell!), Chausson Sinfonie, Saint-Saens Cellokonzert (mit Piatigorsky), Strauss Zarathustra und dritter Satz Aus Italien, Dohnányi Suite, Bach „St Anna“ Präludium und Fuge BWV552 und h-moll Suite (mit Liegl) – und kürzere Kompositionen von Bach, Enesco, Glasunow, Goldmark, Sibelius, Wagner, Walton u. a. und ein sinfonischer Walzer des Dirigenten.
    Ob sich Sony (die das alles ja in ihren Archiven hat) dazu ermuntern lässt?

    BOOKLET UND BOX

    Das Booklet birgt einen deutschsprachig fünfseitigen Text von Christoph Schlüren. Nicht uninspiriert oder platt, mit ein paar Einsichten, aber insgesamt nicht wirklich erhellend. Natürlich hatte Martinon durchaus Probleme mit dem Orchester in Chicago. Dann gab es da wie schon erwähnt den Umbau der Orchestra Hall …
    Die Auflistung der CDs am Ende des 43seitigen Heftes ist wie immer bei Sony sehr gewissenhaft genau.

    Die CDs kommen in der (mittlerweile erfreulicherweise ja schon gewohnten) originalen Cover-Art daher, stabil genug und auch gut zu entnehmen. Allerdings vermisse ich bei solchen VÖs immer die originalen Plattentexte. Auf den Einzel-CD Ausgaben sind sie meistens sehr gut von Stefan Lerche ins Deutsche übertragen.

    Die CD-Transfers sind allesamt wie schon beschrieben sehr gut.

    Die etwa 4 cm dicke Box sieht ansprechend aus (wobei ich auf jeden Fall ein anderes Foto genommen hätte!) und ist stabil.

    KAUFEMPFEHLUNG??? Was für eine Frage . . .

    - - - - - - - - - - -

    NACHTRAG – PLÄDOYER UND AUFRUF

    Nochmals eingehender zu den schon erwähnten Live-Mitschnitten mit dem CSO durch den Rundfunks von Chicago (heute WFMT), die zum allergrößten Teil immer noch unveröffentlicht in den Archiven langsam ihren Geist aufgeben, wenn sie niemand liebevoll digitalisiert. Tonbänder haben nur eine begrenzte Lebensdauer (Kopiereffekte, Rückbau der Magnetisierung, dadurch immer höheres Grundrauschen und schwächere Höhen).

    Diese Bänder bergen das Großartigste (und das meine ich hier in musikalisch-KLANGLICHER Hinsicht), was Mikrophone je vor die Membran bekommen haben. Aber wer könnte eine Restaurierung / Digitalisierung bewerkstelligen? Von 1986 bis 2008 hat das Orchester mit Hilfe von Stiftungen usw. 22 Doppel-CDs (also insgesamt 44 Scheiben) und zwei Boxen mit 12 und 10 CDs aus den Rundfunkarchiven von Frederick Stock bis Pierre Boulez veröffentlicht. Bei diesen 66 CDS scheint es zu bleiben, denn mit der Gründung des hauseigenen Labels CSO-Resound, welches aktuelle Einspielungen des Orchesters herausgibt, sind alle historischen VÖs eingestellt.
    Also keine weiteren Kubelik, Reiner, Stokowski, Gould, Hoffman, Martinon, Guilini, Leinsdorf, Solti, Barenboim, Levine, Boulez, Sargent, Ansermet, Rosbaud und vieler anderer mehr … Schade, denn es gäbe noch einige Sternstunden zu heben – was hier nicht nur einmalige Dirigentenleistungen beinhaltet, sondern dazu ein glückliches Zusammentreffen unüberbietbarer orchestraler Möglichkeiten, traumhaft eingefangen von den Tontechnikern des WFMT Radiosenders von Chicago.

    Ich kann nicht mehr tun, als den langsamen Verfall eines bedeutenden „akustischen Weltkulturerbes“ anzumahnen…! Das ist nicht übertrieben, denn es dreht sich hier nicht nur um ein Zugänglichmachen von guten Interpretationen unter vielen anderen guten Interpretationen von klassischen Stücken woanders auf der Welt, sondern um eine im Grunde bis heute nicht in den Raum gestellte Frage:

    Was ist (auch physiologisch-physikalisch!) an klanglicher „Perfektion“ (und somit auch an Klarheit, harmonischem Verständnis und elementarer Expressivität) überhaupt für ein Sinfonieorchester überhaupt MÖGLICH!? Meines Erachtens hat das Chicago Symphony Orchestra (besonders in Konzerten der 50ziger bis 80ziger Jahre) die menschenmögliche Antwort gegeben ...
    Wenn Sie diese Box (z.B. dem Nielsen) hier in diesem Sinne hören (und unter diesem Aspekt Aufnahmen vergleichen), dann ahnen oder verstehen Sie vielleicht, was ich mit der Fragestellung meine …
    Max Goberman dirigiert 45 Haydn-Symphonien Max Goberman dirigiert 45 Haydn-Symphonien (CD)
    15.03.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    wiederzuentdecken

    Diese Besprechung gilt dem fragmentarischen Haydn Sinfonien Zyklus mit Max Gobernman und dem Wiener Staatsopernorchester. Wirlkich mit diesem Orchester? Entgegen der Behauptung im Textheft ist das vielleicht so nicht ganz richtig. Es gab in 50zigern udn 60zigern die seltsamsten Bezeichnungnen für Aufnahmeorchester in Österreich (und nicht nur dort) - aus rechtlichen Gründen. Es könnte sich hier auch um Mitglieder der Wiener SINFONIKER handeln - also vielleicht nichts mit "verdeckten" PHILHARMONIKERN)

    Diese Rezension ist mal etwas ganz anderes: eine „Gemeinschaftsarbeit“!
    Ich verwende in Auszügen die phantastische Rezension von John Fowler, die ich flüchtig (mit dessen freundlicher Zustimmung) ins Deutsche übersetzt habe - sowohl zum Teil gekürzt, als auch geringfügig von mir erweitert:

    HINTERGRUND

    In den frühen Jahren der LP ('50er und 60er Jahre) gab es vier abgebrochene Versuche, komplette Haydn-Zyklen aufzunehmen:
    - Jonathan Sternberg mit der Wiener Staatsoper (Mono-Aufnahmen) auf dem Label Haydn Society – erweitert mit Dirigaten von Heiller, Mogens-Wöldike, Litschauer, Swarowsky und Baltzer.
    - Hermann Scherchen mit der Wiener Staatsoper (meist mono, einige Stereo) für Ultraphon und Westminster.
    - Leslie Jones mit dem Little Orchester of London (stereo) für Pye und Nonesuch.
    - Max Goberman mit der Wiener Staatsoper (stereo) für "The Library of Recorded Masterworks".

    Die ersten drei sind kommerzielle Unternehmen, aber Max Gobermans Projekt war eine „Liebesmüh“: Er finanzierte die Haydn Sinfonie Projekt aus eigener Tasche.
    "Library of Recorded Masterworks" LPs wurden im Abonnement verkauft, was etwas Geld einbrachte, aber Goberman glich dann privat den finanziellen Fehlbetrag aus.
    Er konnte sich das leisten, weil er einer der gefragtesten Dirigenten am Broadway (siehe "West Side Story" Originalbesetzung CD) war - mit sehr gutem Einkommen.

    Nach drei Jahren Arbeit - Goberman hatte fast die Hälfte der Sinfonien geschafft - starb er im Jahr 1962 an einem schweren Herzinfarkt. Er war erst 52 Jahre alt. 45 Sinfonien und drei Ouvertüren wurden bis dahin aufgenommen:
    Symphonies 1-6, 7-9 (Morgen, Mittag und Abend), 10 bis 17, 19, 20, 21, 22 (Philosoph), 23, 24, 26 (Beweinung Christi), 27, 32, 34, 35, 37, 40, 41, 48 (Maria Theresia), 49 (La Passione), 51, 52, 55 (Schulmeister), 56, 57, 60 (Il Distratto), 65, 92 (Oxford), 96 (Miracle) und 98
    + Symphonies A und B (Hob 107 + 108)
    + Ouvertüren zu "L'infedelta delusa", "Lo Speziale" und "Acide et Galalea"

    In den späten 60er Jahren erwarb Columbia Records (USA) die Rechte an "The Library of Recorded Masterworks", und kündigte die Absicht an, das Haydn Sinfonie Projekt auf dem Niedrigpreis (Sub)Label Odyssey zu vollenden.
    Charles Mackerras und das London Symphony Orchestra wurden für die verbleibenden Arbeiten rekrutiert, aber nur weitere 18 Sinfonien wurden aufgenommen, bevor das Projekt eingestellt wurde.
    Das Cover-Design der Odyssey LPs wurde für die Gestaltung dieser hier besprochenen Box von Sony verwendet. Leider sind die 18 Sinfonien mit dem Dirigenten Mackerras nicht mit in die Box einbezogen. Schade, denn so war das ja damals von Columbia geplant.

    - Die erste Gesamtaufnahme von 106 Haydn Sinfonien wurde von 1969 bis 1972 von Antal Dorati mit der Philharmonia Hungaria aufgezeichnet und auf Decca Records veröffentlicht. (Auf CD in zwei Ausgaben bei Amazon erhältlich). Es ist eine sehr gute und fundierte Einspielung mit wissenschaftlichen Anmerkungen. Wie sich wohl eine vollendete Ausgabe mit Goberman / Mackerras daran gemessen hätte?
    Dorati hat einen Vorteil gegenüber neueren Gesamteinspielungen: einen Anhang mit zwei Versionen der Sinfonien 22 und 63, vier Finale für die 53te, und zwei Finalsätzen für die 103er (derzeit nur in der Dorati Box erhältlich).
    Es gäbe übrigens noch einen zweiten etwa zeitgleich entstandenen Zyklus von Ernst Maerzendorfer mit dem Wiener Kammerorchester, der noch nicht auf CD veröffentlicht ist.

    In jüngerer Zeit gibt es „komplette“ Einspielungen mit Adam Fischer (auf Brilliant, sehr empfehlenswert!) und Dennis Russell Davies (m.E. nur eingeschränkt empfehlenswert, u.a. wegen der Verwendung von zweifelhaften Ausgaben, z.B. bei der 48ten …).

    Die in den Fischer und Davies Boxen enthalten Broschüren sind nicht so detailliert wie die in der Dorati Box.

    Eine CD-Box aller 106 Sinfonien, welche auf Originalinstrumenten gespielt werden, gibt es noch nicht:
    - Der verstorbene Christopher Hogwood kam mit der Academy of Ancient Music der Vollendung mit 81 Sinfonien am nächsten.
    - Roy Goodman hat mit der Hanover Band 62 Sinfonien geschafft.
    - Bei Derek Solomons mit L'Estro Armonico waren es mindestens 30 Sinfonien für CBS, von denen nur wenige auf CD erschienen sind.
    - Trevor Pinnock zeichnete mit dem English Concert 22 frühe Sinfonien auf.
    - Thomas Fey produziert mit den Nürnberger Symphonikern eine fortlaufende Serie für Hänssler (55 Sinfonien in 15 Jahren) mit modernen Instrumenten, welche aber im Stil der damaligen Zeit gespielt werden.

    Dorati, Fischer, Hogwood, Pinnock und Solomons sind übrigens auf YouTube zu hören.

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    KLANGQUALITÄT UND VERPACKUNG

    14 CDs in Mini-LP Hüllen, aber nicht als richtige original Cover. Leider gibt es auf den CD-Rückseiten auch keine näheren Hinweise zu Spielzeiten oder Aufnahmedaten.

    Es gibt ein kleines 36-seitiges Booklet mit fünf Seiten deutschem Text über Max Goberman und Trackauflistung der CDs mit Spielzeiten, aber wiederum als Aufnahmedaten nur die pauschale Angabe „Wien 1960-1962“ und natürlich nichts zu den Sinfonien selbst. Bei den LPs gab es Texte von HC Robbins Landon. Ein Tipp: Beim englischen Wikipedia gibt es Informationen zu allen Sinfonien.

    Leider sind einige der 3-Spur-Masterbänder verloren gegangen, bevor Sony die Columbia mit ihren Ton-Archiven übernahm. Die Übertragung auf CD wurde für Sony von Andreas K. Meyer betreut, welcher in der Vergangenheit Qualitätsarbeit beim Remastern erbracht hat. Wo keine originalen Masterbänder vorhanden waren, griff man auf die bestmöglichen Kopien oder auch Schallplatten zurück. Das Ergebnis kann sich hören lassen! Sind wir froh, dass das in solch guten Qualität möglich war!
    Es ist nur Schade, dass nicht dokumentiert ist, welche CD von welcher Quelle stammt. Das finde ich ein echtes Manko. EMI, DG und auch die ebenfalls bei Sony beheimatete RCA machen das deutlich besser – naja, auch nicht in allen Ausgaben …

    Anfang der 60er Jahre Stereo bedeutet deutliche Ortbarkeit und klare Platzierung der einzelnen Instrumente. Das Klangerlebnis ist auf Nähe ausgerichtet, nicht auf "Konzertsaal Realismus".

    Erste und zweite Geigen sind auf den gegenüberliegenden Seiten des Orchesters plaziert - so wie sie es bei Haydn auch historisch korrekt sein sollten!

    In den 1960er Jahren war es durch einflussreiche Dirigenten wie Bernstein, Karajan und Solti ansonsten eigentlich üblich geworden, die hohen Streicher (1te und 2te Violinen) auf der linken Seite – also historisch und "sinnhaft" falsch - kompakt zusammenzusetzen. Grundsätzlich wurde so das Orchester auf zwei Streichergruppen reduziert - links die hohen und rechts die tiefen.
    Jedoch: die älteren Dirigenten Otto Klemperer und Bruno Walter hielten an der althergebrachten (eben korrekten) Spielweise bei ihren Stereoaufnahmen fest. Max Goberman folgte ihrem Beispiel. Dorati und Fischer verwenden (leider) wieder den modernen Sitzplan mit allen Geigen auf der linken Seite.

    Bei Gobermans Aufführungen der frühen Sinfonien ist das Orchester etwas kleiner wie es bei den mittleren Sinfonien verwendet wird. Auch wenn es für heutige Maßstäbe bestimmt zu groß war, so erscheint es witzigerweise doch „kleiner“ als bei Fischer - was auch durchaus daran liegen kann, dass bei Fischer mehr Raum mitklingt, welcher ja auch immer mehr Klang schafft.

    Übrigens ist von den leider nur wenigen hier eingespielten späten Sinfonien die 98te hervorragend, die anderen sehr gut.

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    Neben dem Haydn Sinfonien-Projekt aus Wien gäbe es als Entdeckung für den CD-Markt noch das (ebenfalls unvollendete) Projekt Gobermans, die gesamten Konzerte von Vivaldi aufzunehmen: 75 wurden mit der "New York Sinfonietta" aufgezeichnet – ebenso sehr gelungen Bachs Brandenburgische Konzerte.
    DAs alles ebenfalls in dem Dreijahreszeitraum von 1960 bis 1962.
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    FAZIT

    Wer eine anregende Alternative der früheren Sinfonien Haydns zu Adam Fischers Zyklus haben oder einfach die selten gespielten Werke kennenlernen möchte, der kann guten Gewissens den Preis von ca. 2.-€ pro CD ausgeben. Es erwartet sie ein sehr lebendiges, manchmal erstaunlich sprechendes und differenziertes Musizieren!
    Schwedische Streichquartette Schwedische Streichquartette (CD)
    13.03.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    unbekannt und einfach großartig!

    Diese 5CD-Box des schwedischen Label Caprice stammt aus dem jahr 1991. Es ist nur 2014 wieder neu bei Amazon angelegt. Hier zuerst der Inhalt der CDs:

    1. CD:
    Barkel Quartet
    - Stenhammar Qu #3
    - Bäck Qu #2
    (+ Beethoven, Haydn - Auschnitte)
    2. CD:
    Garaguly Quartet
    - Stenhammar Qu #5
    - Atterberg #2
    - Larsson Miniaturen
    - Rosenberg #4
    3. CD:
    Kyndel Quartet
    - Berwald Qu Es-Dur
    - Wirén #2
    - Berg Lyrische Suite
    (+ Beethoven Castegren - Ausschnitte)
    4. CD:
    Ivan Ericson Quartet
    - Berwald Qu a-moll + Koch Qu #2
    Grünfarb Quartet
    - Stenhammar Qu #4
    5. CD:
    Skane Quartet
    - Berwald Qu a-moll
    Hälsingborg Quartet
    - Fernström Qu #6
    Göteborg Qu
    - Hallnäs Qu #1
    + Galli Quintet + Kjellström Quartet + Föllinger-Hedberg Quartet

    Zuerst muss ich bekennen, das ich durchaus "sverigefil" (hab ich bei Google nicht gefunden) bin. Kraus, Berwald, Stenhammar, Alfvén, Atterberg, Rosenberg und manch andere sind mir genauso vertraut und nah wie Mozart, Schumann, Brahms oder Zemlinsky. Die Streichquartette von Berwald und Stenhammar (besonders die drei hier eingespielten!) stelle ist denen von Beethoven direkt an die Seite!
    Die interpretierenden Ensembles sind alle sehr individuell und unterschiedlich - sowohl in Technik, Spieltradition und Klang. Mir gefällt das sehr, weil es einen persönlichen Stil repräsentiert, den es heute so nicht mehr gibt. Die spieltechnische "Klasse" ist auch unterschiedlich und reicht von sehr beachtlich (manchmal mit hörbaren kleineren Problemen) bis zu phänomenal.

    Die CD-Transfers sind allesamt sehr gut geraten, die Aufnahmequalität (alles in mono) ist in großteil gut bis sehr gut. Ein paar Nummern klingen durchaus sehr historisch - kein Wunder bei der breiten zeitspanne, über die diese Aufnahmen entstanden. Ich habe den Eindruck, dass hier beste Arbeit geleistet wurde.

    Jede CD hat ein Textheft und die Gesamt-Box zudem eine 92-seitige schwedisch- und englischsprachige Dokumentation von Carl-Gunnar Ahlén über die Geschichte des Steichquartetts in Schweden. Die Box sieht edel aus und ist stabil gefertigt.

    Eine unbedingte Kaufempfehlung für Menschen, die gerne Musik entdecken, Schätze aus vergangenen Tagen lieben und sich dabei heute und jetzt von ganz besonderen historischen Aufnahmen in der Seele berühren lassen wollen.

    P.S.:
    Wer tiefer in die sechs Streichquartette Stenhammars eintauchen möchte, dem sei die Analyse von Signe Rotter "Studien zu den Streichquartetten von Wilhlem Stenhammar" (Bärenreiten 440 Seiten - ISBN 3-7618-1571-9) ans Herz gelegt.
    Bert Brecht / Kurt Weill - Complete Recordings Bert Brecht / Kurt Weill - Complete Recordings (CD)
    12.03.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    wenig Neues, aber akzeptable Digital-Transfers

    Diese 10-CD-Box bringt historische Aufnahmen auf den Markt, die auch großteils in "offiziellen" Ausgaben erhältlich sind.
    Die Deigroschenoper, Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, Happy End und Die sieben Todsünden mit Lotte Lenya und dem Dirigenten Brückner-Rüggeberg liegen bei SONY mehrfach vor, besonders in den letzten Ausgaben in deutlicher besserer Qualität als hier, aber die besprochene VÖ von Documents schlägt sich dennoch wacker: Der Klang ist zwar schärfer und nicht so differneziert, aber es klingt nichts deutlich beschnitten oder mit Artefakten (akustisch unangenehme Digitalisierungs-Effekte) versehen, was bei früheren Documents-Ausgaben oft der Fall war.

    Die Aufnahmen frühen aus den 30igern klingen sehr ordentlich, die kleine Dreigroschen-Suite mit Klemperer (es sind aber nur ein paar Nummern!) sogar sensationell!

    Lady in the Dark ist meines Wissens in dieser Aufführung noch nicht veröffentlicht (aber meiner Meinung nach auch entbehrlich - die Konkurenz mit Rise Stevens ist doch erdrückend), innteressant und rar dagegen die Aufführung des Ja-Sager mit Siegfried Kohler.
    auch hier ist ein sehr guter Digital-Transfer gelungen!
    Ansosten gibts noch Auszüge aus Down in the Valley - wobei ich mit dieser Aufführung bis jetzt nicht warm wurde - und Lieder und mehr aus den 40zigern, u.a. mit Maurice Abravanel als Dirigent.

    MEIN FAZIT:

    Hochinteressant für denjenigen, der den Theaterkomponisten Kurt Weill noch nicht umfassend kennt und mittels hochkarätiger und berühmter älterer Aufnahmen (das meiste in Mono) da einsteigen möchte - und das in ordentlicher Qualität zu einem Spottpreis

    Interessant für den, der von den alten Einspielungen (vor Brückner-Rüggeberg) noch wenig oder nichts hat oder die drei Aufführungen, die sonst nicht zu bekommen sind, kaufen möchte.

    Wem es DAS wert ist, der kann die Box auch einzig wegen der 10-12 Minuten Klemperer kaufen. Die Überspielung der vier Nummern Dreigroschenmusik ist senationell gut :-)

    Wer nun den ganzen Brückner-Rüggeberg und die Teldec-Dreigroschenoper (in der neu remasterten Ausgabe!) schon hat, der kann getrost verzichten :-)
    Günter Wand - The Radio Recordings Günter Wand - The Radio Recordings (CD)
    12.03.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    vielseitiges Dokument mit Live-Aufnahmen Günther Wands

    Wand ein "ehrlicher Musiker" (Toscaninis höchstes Lob für Musiker) und das kommt in dieser Box besonders gut rüber. Alle Werke sind ernsthaft erarbeitet, unbedingt solide, überzeugend und viele auch mit großem Esprit ausgeführt.

    Zudem gibt es einige Programmraritäten, denen solch ein solch hohes Aufführungsniveau nur gut tut bzw. lebenswichtig für sie sind (z.B. Braunfels oder Fortner). Natürlich gibt es auch das eine oder andere eher Durchschnittliche, wenn man den Maßstab von Sternstunden anlegt. Aber es sind auch einge große Solisten zu hören. Und es ist - im Gegensatz zu manch anderen Wand-Boxen, von denen es ja einige gibt - die große Bandbreite seines Repertoires ersichtlich und ganz besonders die Bedeutung, welche er den Aufführungen von neuerer Musik zugemessen hat. Man bedenke dabei, dass er 1912 geboren ist - also "Zeitgenössisches" für ihn etwas anderes Bedeutete als für uns heute.

    Die Überspielungen der Aufnahmen aus den 80zigern klingen zumeist ausgezeichnet, die der früheren Rundfunkproduktionen manchmal etwas belegt. Ich persönlich fände ein leichten Rauschen bei älteren Produktionen oder Mitschnitten keineswegs störend. An den Höhen zu manipulieren, nimmt immer etwas Information - zumindest Raum und somit Atmosphäre - weg und schadet letztlich der musikalischen Aussage. Aber hier bewegt sich das alles in akzeptablem Rahmen.

    Freuen wir uns an der Box, die Wand als Universalmusiker und nicht nur den "Spezialisten" für Bruckner zeigt, als der er heute gern gesehen (und m.E. auch überschätzt) wird.
    Symphonien Nr.1-9 Symphonien Nr.1-9 (CD)
    12.03.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Bedeutendes Dokument der Mahler-Rezeption - und mehr ...

    Kubelik, Abravanel und Bernstein (und Solti, über den es viel zu sagen gäbe, und Haitink, den ich trotz des phantastischen Mahler Traditionsorchester Concertgebouw summa summarum nicht so bedeutsam finde) arbeiteten gleichzeitig an den ersten kompletten Mahler Sinfonie-Zyklen für die Schallplatte.

    Was besonders die Zyklen von Kubelik und Abravanel auszeichnet ist das ganz besondere Flair, dass die Orchester die Sinfonien Mahlers in dieser Zeit Großteils erst entdeckt haben. So ergeben sich unwiederbringliche Momente eines „ersten Erlebnisses“. Besonders beglückend empfinde ich das oft bei Abravanel.

    Beim tschechischen Rafael Kubelik mit dem Bayerischen Rundfunk Orchester schimmert tatsächlich ab und zu durchaus das böhmische Element der Musik durch, was aber keineswegs verharmlosend wirkt. Im Gegenteil, dadurch wirkt die Musik manchmal noch verstörender. Kubelik wird oft das diskreditierende Prädikat "musikantisch" angehängt, was dessen Ansatz seiner tiefen Mahlerinterpretation keineswegs gerecht wird. Geistige Durchdringung, eher straffe Tempi, Meidung des Extremen und keine Sentimentalität. Manchmal kann das auch etwas stromlinienförmig wirken … Das engagierte Orchester bleibt leider aus klanglichen und technischen Gründen in komplexen Stellen bisweilen die letzte Klarheit der Musik schuldig (z.B. in der Neunten). Besonders beeindruckend ist mir die 1te, 2te, 4te, 5te und 7te in Erinnerung.

    Leonard Bernstein hatte mit dem NYP ein Orchester mit starker Mahler-Tradition (Walter, Mitropoulos - der Komponist war ja selbst kurzzeitig Chef des Vorläuferorchesters), das aber nicht immer auf der (eigentlich vorhandenen eigenen) Höhe spielt. Bernsteins Ansatz war von Anfang an sehr extrovertiert und eher extrem in der Emotionalität, wobei das meiste hier noch in Form und Ausdruck stimmig ist (was im späteren Zyklus für die DG oftmals nicht mehr der Fall ist). In dem ersten Zyklus liegt er in den Spielzeiten ca. 10 % über Kubelik und Abravanel, im digitalen Zyklus sind es bis zu 20% - was nicht an langsamer gespeilten schnellen Passagen liegt! Manchmal öffnet Bernstein eine Welt bei Mahler, die so noch nicht zu hören war. Außergewöhnlich gut sind m.E. - ebenfalls wie bei Kubelik - die 1te, 2te, 4te, 5te und 7te gelungen.

    ABRAVANEL mit UTAH S.O.

    Maurice Abravanel (sephardischer Jude, in der Schweiz aufgewachsen, Studium bei Kurt Weill) ging Mitte der dreißiger Jahre in die USA und arbeitete von 1947 bis 1979 als Chefdirigent beim Utah Symphony Orchestra. Er machte aus dem guten Provinzorchester ein weltweit beachtetes Spitzenorchester. Der Klang ist deutlich kleiner als bei Amerikas „Big Five“, der Streicherapparat klingt auf den Aufnahmen nach „weniger“, die Blechbläser haben nicht die Ausgewogenheit des CSO, auch die Intonation ist nicht immer 100% (bei sehr geschultem Ohr), aber die Farbigkeit ist groß und die Klarheit außerordentlich! Zudem folgen die Musiker leidenschaftlich ihrem Dirigenten, artikulieren äußerst bewusst und genau. Das Orchester spielt oftmals disziplinierter als NYP und hat – ich spreche das offen aus, ohne abwerten zu wollen – klanglich eine andere Klasse als das damalige Orchester des BR, auch wenn es eine Menge Patzer und „Krummer“ gibt (z.B. in der Durchführung des Kopfsatzes der 7ten).

    Vielleicht macht das besondere dieser Aufnahmen aus, dass Abravanel die Musiker so sehr mit seiner Vision von Mahler inspiriert und mitnimmt. Das ist eine Qualität des Erlebens, das heute bei keinem der bekannten Orchester mehr möglich ist. Zu sehr ist Mahler im Konzertbetrieb angekommen – und das ist durchaus auch in einem pauschalen Sinn gemeint.
    Schon die Zyklen der zweiten Generation (Tennstedt, Abbado, Inbal, Rattle, zweiter – eigentlich dritter wenn man den TV-Zyklus mitrechnet - Bernstein) und folgende (Ozawa, Chailly, Gielen, Bertini, Maazel, Boulez, Zinman, Gerviev) geben Mahler zu viel „Selbstverständlichkeit“.
    Bei Abbado (und auch Tennstedt) gibt es gute Ausnahmen – ein Sonderfall, ungewohnt und faszinierend, ist der „Fast-Zyklus“ von Kyrill Kondrashin, bei dem leider die 2te und 8te fehlen.

    Abravanels Mahler hat Größe und Vision, ist klar strukturiert, die Tempi sind eher straff, die Steigerungen wohl kalkuliert, aber dennoch klingt alles lebendig und nichts „abgezirkelt“. Abravanel betont etwas das „klassische“ dieser Sinfonien und nimmt ihnen dennoch nichts weg. Er erfasst das Ganze und verliert sich bei aller Genauigkeit nie im Detail (im Gegensatz zu Bernstein manchmal). Abravanel hat immer den geistigen Inhalt der Werke vor Augen – nicht gedacht, sondern gefühlt. Das glaube ich zumindest bei den Einspielungen gut fühlen zu können.

    Nicht genug loben kann man die Aufnahmetechniker und den Produzenten Seymour Solomon. Es ist großartig, was sie in dem hervorragenden (heute Abravanel Hall benannten) Konzertsaal an klanglicher Schönheit eingefangen haben. Viel direkter Klang (was heute leider so vielen Aufnahmen abgeht), und auch dennoch perfekte Raumanteile. Ich empfinde das nicht als flach, sondern als wunderbar durchsichtig. Es wird nicht so sehr das gewaltige, der verschmolzene Klangrausch favorisiert, dafür aber auch im Fortissimo äußerste Klarheit - was dem Konzept von Abravanel sehr entgegenkommt!

    Besonders möchte ich von der Abravanel-Einspielung – schon wieder(!) - die 2te, 4te, 5te und 7te hervorheben … aber hier auch durchaus die Achte (es war die erste Einspielung von 1963). Die 1te ist sehr gut und die 3te, 6te, 9te und besonders die 10te bieten ein beachtliches Gegengewicht zu Kubelik und Bernstein. Dazu muss ich sagen, dass es natürlich unvergleichliche Einzeleinspielungen all dieser Sinfonien gibt, aber hier möchte ich nur drei bedeutende der fünf frühen ZYKLEN beleuchten.

    DIGITAL-TRANSFERS

    Der Digital-Transfer der hier vorliegenden 10 CD Edition von „Musical Concepts“ ist schlicht hervorragend! Der damalige Aufnahmetechniker Ed Friedner hat den Analog-to-Digital Transfer selbst vorgenommen. Also keine Scheu beim Kauf, dass es keine Veröffentlichung des Labels Vanguard ist! Ich habe ein paar der Sinfonien in den Vanguard-Ausgaben von Anfang und von Ende der 90ziger, welche durchaus nicht besser klingen!

    Ein TIPP: Die Aufnahmen ruhig ein klein wenig lauter als moderate Zimmerlautstärke hören. So gewinnen sie den ganzen Raumklang und die wunderbaren Einspielung verlieren alles „flache“.

    AUSSTATTUNG

    Die Ausstattung dieser äußerst preiswerten Box ist mehr als spartanisch: Ein Faltblatt mit Tracknummern (die Sätze sind an strukturellen Schlüsselstellen extra abrufbar), Gesangssolisten der 2ten, 3ten und 4ten (nicht für die 8te) und Produzentenangaben – sonst nichts. Die Gesamtspielzeit der Sinfonien ist nicht angegeben – und wo die Sätze mehrere Tracks haben muss man sich auch die Gesamtzeit des jeweiligen Satzes zusammenzählen. Da die Aufnahmejahre pauschal mit 1963-1974 abgegeben sind, gebe ich hier die Jahreszahlen der einzelnen Sinfonien an:
    1te = 1974,
    2te = 1967,
    3te = 1969,
    4te = 1968,
    5te = 1974,
    6te = 1974,
    7te = 1966,
    8te = 3.12.1963,
    9te = 1969,
    10te (Adagio) = 1974 (letzte Aufnahme).

    Die schmale Box (Mahlers Sinfonien auf 2 cm - wie platzsparend!) ist sehr stabil, die CDs sitzen in Papierhüllen mit Klarsichtfenstern und einer Lasche. Hierzu noch ein Tipp: Legen Sie die Hüllen so in die Box, dass die Laschen links sitzen. Wenn Sie diese oben platzieren, dann wird es eng beim Schließen der Box!

    FAZIT

    In einer amerikanischen Amazon-Besprechung hat zur Abaravanel-Aufnahme jemand (die einzige 1-Stern-Rezension von einigen 4- und 5-Sternen) geschrieben, man solle sich das Geld sparen und besonders die Zeit nicht mit verstimmten Bläsern zubringen …
    Die Intonationskritik ist ganz streng genommen nicht ganz falsch, aber unter diesem Maßstab ist es genauso überflüssig, seine Zeit mit den mulmigen Klängen des Bayerischen Rundfunk Orchesters oder manchmal einfach schlampig spielenden New Yorkern zu verschwenden. Dann bleibt wirklich von den hier erwähnten Zyklen nur noch Chicago (mit Solti, Levine oder Abbado) oder vielleicht Philadelphia oder das LSO…

    Musikalische Ausführung ist nie perfekt – und das zu akzeptieren bedeutet etwas Grundsätzliches im Leben anzuerkennen: Wir Menschen und unsere Werke sind unvollkommen…

    In diesem Sinne spreche ich der hier rezensierten Aufnahme eine unbedingte Kaufempfehlung für Kenner der Musik Mahlers aus - und für solche, die in gewisser Weise ihr erstes Aha-Erlebnis nochmals erleben möchten. Aber an auch alle, die diese Musik mit dem Herzen entdecken möchten, einen schmalen Geldbeutel haben und sich auf eine schmale Box freuen …

    P.S.:
    Hier hat ein anderer Rezensent als Überschrift geschrieben: "amerikanischer Mahler" - ist es das wirklich? Von einem 1933 aus Deutschland geflohenen Juden, der das Glück weniger Emigranten hatte, wirklich in der "Neuen Welt" Fuß zu fassen? Mit einem ordentlichen Anteil deutscher Musiker im Orchester? Auch wenn es bestimmt nicht abwertend gemeint war, so ist die Aussage dennoch nicht hilfreich für ein Verständnis dessen, was Musik ist oder sein kann. Mal abgesehen davon - was ist denn "amerikanisch" in der sogenannten "klassischen" Musik (auch so ein Begriff, der außerhalb der klassichen Epoche sinnlos erscheint)? Ich halte Bernstein Solti und Abbado auch nicht für besser, sondern einfach "anders" ...
    The Decca Sound - The Mono Years 1944-1956 The Decca Sound - The Mono Years 1944-1956 (CD)
    02.03.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Ein Würfel voller Leben und Überraschungen!

    Nach den zwei doch sehr hinsichtlich der „VÖ-Wichtigkeit" durchwachsenen Stereo-Ausgaben der Decca-Aufnahmen hier nun eine herrausragend gelungene Mono-Ausgabe der frühen HiFi-Aufnahmen – wesentlich klüger als die „Misch-Boxen“ der DG oder von Mercury (letztere könnten doch auch ihrem Material auch eine ganz phantastische Mono-Box zaubern!).

    „Klassikfreund“ hat in seiner Rezension schon einiges zu dieser Box gesagt und ich kann ihm durchweg nur beipflichten und möchte den Platz hier für anderes freihalten - ich musste die Besprechung leider sowieso kürzen! Eine Tatsache ist nicht ganz korrekt dargestellt (auch wenn es so auf den CDs steht): es sind eigentlich keine „Bonus-Tracks“, mit denen die CDs auf ordentliche Spiellänge aufgefüllt sind, sondern meist eine zweite komplette oder fast vollständige Platte. Das Cover der entsprechenden LP ist auch klein auf der Rückseite der Hülle abgedruckt. Eine sehr gute Idee!

    Hier mehr zu den einzelnen Aufnahmen:

    Ich füge hier die INTERPRETEN bei der Titelnennung hinzu, welche hier auf der deutschen Seite von Amazon leider nicht stehen.
    Zudem erwähne ich besondere Einspielungen von heute weniger bekannten Interpreten und vermerke Randnotizen zu Aufnahmen.
    Zudem vergleiche ich einige Aufnahmen mit bisher veröffentlichten CD-Überspielungen. Es ist nämlich ein großer Teil der Platten durchaus schon mal auf CD erschienen.

    CD1: Stravinsky: Petrouchka; Le Sacre du printemps (L’Orchestre de la Suisse Romande (OSR) /Ansermet)
    Die erste LP von Decca und somit ein würdiger Einstieg für die Mono-Box. Ansermet war sehr an der Aufnahmetechnik interessiert. Umwerfend ist der Vergleich mit der Decca-Aufnahme (in der „russischen“ Ansermet-Box aus Italien) von 1946 (also nur drei Jahre früher!). Es klingt, als ob Jahrzehnte dazwischen liegen! Die 49ziger-Aufnahme klingt schon fast überpräsent und scharf in den Höhen, jedenfalls unglaublich klar. Bei Petruschka und dem Sacre ist bewundernswert, wie Ansermet den Gehalt und das Besondere der Werke unglaublich farbig und phantasievoll herausarbeitet – trotz gewisser Beschränkungen des Orchesters.

    CD2: Roussel: Le Festin de l'araignée; Petite Suite pour orchestre; Ravel: Le Tombeau de Couperin; Valses nobles et sentimentales (OSR/Ansermet)
    Eine Überraschung für Ansermet-Verehrer: Die Aufnahmen von Tombeau (nur in der späteren Stereo) und Valses nobles (überhaupt nicht) sind nicht in der „französischen Ansermet-Box aus Italien! Die Roussel Einspielungen sind nach wie vor vom Esprit her unerreicht. Beim „Festmahl der Spinne“ gibt’s da nur noch gleichwertig den inoffiziellen Mitschnitt mit Toscanini.

    CD3: Rachmaninov: The Isle of the Dead*; Dukas: La Péri*; Debussy: 6 Épigraphes antiques; Jeux (Paris Conservatoire Orchestra(PCO)*/OSR/Ansermet)
    Nochmal eine Überraschung: Die Aufnahmen von Jeux (nur in der späteren Stereo) und La Peri (ohne die Fanfare) sind ebenfalls nicht in der „französischen Ansermet-Box aus Italien, sondern nur spätere Stereo-Versionen, die beide nicht mehr so traumhaft atmosphärisch sind wie die Mono. Wie bei Roussel halte ich hier diese Einspielung von La Peri und Jeux vom Treffen der Aussage der Musik her unübertroffen.

    Alle Aufnahmen mit Ansermet zeigen den Dirigenten im besten Licht. Danke dafür, denn so kann man das Besondere an seiner Kunst klar erfassen und sich begeistern lassen. Manche seiner Stereo Einspielungen wirken nicht mehr so inspiriert und das „dünne“ der Orchester, mit denen er meist arbeitete, kommt stärker zum Tragen. Die Doubletten mit der Italienischen Ansermet „Gesamtausgabe“ macht klar, wie gut letztere im Klang ist. Hie Monos klingen hier minimal anders, aber beide ausgaben machen viel Freude zu hören und es wird klar, wie gut die DECCA 1948-1954 tatsächlich schon aufnahm.

    CD4: Albéniz: Iberia*; Turina: Danzas fantásticas*; Poulenc: Les Biches – Suite (PCO/Argenta* + Desomière)
    Ataúlfo Argenta feuert das Pariser Orchester zu faszinierend feurigem und intensivem Spiel des spanischen Programms an. Ich hätte nie geglaubt, dass ein Dirigent mit diesen Ensemble tatsächlich den drei Sätzen Albéniz von Fritz Reiner etwas entgegen setzen kann – aber hier ist eine ganz andere Version, die sich trotz deutlich dünneren Orchesters musikalisch nicht zu verstecken braucht. Der deutlich direkter aufgenommene Poulenc („Les Biches“ sind wohl nicht sein bestes Stück, trotz schönen Strawinskys im letzten Satz) mit Désormière bietet auch Abwechslung und Stimmung.

    CD5: Haydn: Sinfonien 101 “Die Uhr” & 88; Beethoven: Kaiserkonzert* (Backhaus/Wiener Philharmoniker (WP)/Krauss*/Münchinger)
    Die zwei Haydn Sinfonien mit Münchinger habe ich nicht für die Box bestellt … Das ist mir zu eckig, zu direkt, zu flach, zu wenig Leichtigkeit und Esprit, zuwenig schwer-leicht, zuwenig Abstufung in den Taktteilen. Mag sein, dass manches an der doch sehr direkten Aufnahmetechnik ohne räumliche Tiefe liegt. Es tut ziemlich bald im Ohr weh… Wie dem auch sei - es ist keinesfalls „mein“ Haydn … Das Klavierkonzert Nr.5 von Beethoven mit Backhaus und Clemens Krauss ist da kein Vergleich in der Lebendigkeit und klingt in dem neuen Remastering klarer als in der Eloquence-Ausgabe.

    CD6: Baranovič: Lebkuchenherz – Ballet Suite; Lhotka: Der Teufel im Dorf – Suite* (Belgrade Philharmonic Orchestra/Baranovič Orchestra of the National Opera House, Zagreb/Lhotka*)
    Auch völlig unbekanntes Repertoire birgt die Box – oder haben sie schon mal ein Wort von den beiden Komponisten gehört? Die Ballettsuite „Lebkuchenherz“ ist volkstümliche Musik etwa im Stile (nicht ganz der Modernität) von Khatchaturian, sehr farbig instrumentiert. „Der Teufel im Dorf“ ist grotesker und klingt noch etwas frischer (sowohl von der Aufnahme als auch von der Komposition her). Wenn man die Platte auch nicht unbedingt kennen muss, so ist es teilweise sehr schöne Musik und bedeutet eine „Osterweiterung“ der Kenntnisse… *g*

    CD7: Bartók: Konzert für Orchester; Pijper: Sinfonie 3; Diepenbrock: Marsyas ou la Source enchantée – Suite (excerpt) (Concertgebouw Orchestra (COA) /van Beinum)
    Es gibt ja zu Glück mehrere Ansätze der Interpretation, was das Musikleben so reich macht. Was Beinum betrifft, so habe ich unter diesem Gesichtspunkt noch nie eine Aufnahme von ihm gehört, die nicht zumindest(!) stimmig und sauber ausgearbeitet war. Die meisten seiner Platten sind aber weit überdurchschnittlich bis herausragend – so auch diese hier!
    Bartoks Konzert für Orchester ist noch eine Schellacküberspielung (1948), was man hie und da an minimalen Oberflächengeräuschen hört. Aber es ist gut aufgenommen (m.E. viel angenehmer als der Haydn mit Münchinger von 1954 auf CD5) und eine superbe und ernste Aufführung! Glühende Intensität mit einer ganz leicht romantischen Betonung auf „große Musik“, die das vielschichtige und auch schmerzliche Werk durchaus vertragen kann. Pijper ist wohl in dieser Einspielung konkurrenzlos und Diepenbrock eine von den beiden besten. Beide Werke sind hörenswert (der jüngere Pijper deutlich moderner) und sind für Monoaufnahmen quasi ideal aufgenommen. Der D-Transfer unterscheidet sich kaum von der gleichen Zusammenstellung auf der 5CD-Box von Decca „Eduard van Beinum Decca Recordings 1948-1953“.

    CD8: Bliss: A Colour Symphony; Introduction & Allegro; Violin Concerto (Campoli/London Philharmonic Orchestra (LPO)/Bliss)
    Bliss war nicht nur ein interessanter Komponist (allerdings nicht auf so stark wie sein Zeitgenosse William Walton), sondern durchaus auch ein versierter Dirigent, der einige Aufnahmen (auch anderer Komponisten, z.B. Elgar) gemacht hat. Campoli ist fast nicht mehr bekannt, war aber ein ausgezeichneter Geiger mit eher kleinem, aber sehr schönem Ton und charakteristischem Spiel.
    Das Violinkonzert von Bliss ist trotz seiner Längen (38 Minuten) gut zu hören, eine schöne Mischung von Romantik und leicht neueren Anklängen, für den Solisten gespickt mit Vertracktem. Die Aufführung ist hervorragend! Der CD-Transfer des Labels Beulah (2009) war sehr gut, die Decca-Ausgabe hier hat ein wenig die Nase vorn.
    Die „Colour Symphony“ gibt es in einigen Einspielungen. Ich habe als Vergleich nur die Naxos-CD mit Loyd-Jones und diese kann der Monoeinspielung mit dem Komponisten als Dirigent weder in interpretatorischer noch aufnahmetechnischer Hinsicht (zu viel Hall und zu blasse klangliche Konturen) standhalten. So wage ich zu behaupten, dass hier ein maßstabsetzende Produktion vorliegt – wenn auch schon 60 Jahre alt … *g*

    CD9: Tchaikovsky: Suite 3 in G; Prokofiev: Die Liebe zu den drei Orangen – Suite; Lieutenant Kijé – Suite (PCO/Boult)
    Boult noch in seiner “feurigen” und unberechenbaren Zeit. Die dritte Suite von Tschaikowsky gibt es auch in einer Aufnahme von 1974 mit dem LPO. Auch wenn die Stereoversion melancholischer, stimmungsvoll und vom Orchesterspiel besser (ausgezeichnet) ist: Mit dem Pariser Orchester hat die Suite etwas weniger Bedeutungsschwangeres, dafür viel Dramatik, Tänzerisches, Leichtigkeit, generell Zauber und Abwechslung - und trifft somit vielleicht noch mehr den Kern der Musik.
    Auch die Prokofieff-Einspielungen sind gut und z.T. sehr stürmisch, wenn man nicht zu hohe Ansprüche an das Orchester stellt.

    CD10: Vaughan Williams: Job; The Wasps - Suite (LPO/Boult)
    Job und The Wasps war zuletzt bei Australian Eloquence veröffentlicht. Ich kenne diesen CD-Transfer nicht, aber meiner Erfahrung nach wird er etwas härter klingen, da die Aufnahme für Decca-Verhältnisse eher räumlich und weich klingt. Eine wunderbare und berührende Einspielung von Job, kaum besser vorstellbar. Das gelingt nur, wenn der Dirigent ganz und gar an das Werk glaubt. Von der Aufnahme her ein der besten Mono-Platten Decca.

    CD11: Britten: Sinfonia da Requiem*; Diversions for piano (left hand) and orchestra
    Four Sea Interludes & Passacaglia; Young Person’s Guide to the Orchestra; (Katchen/Danish Radio Symphony Orchestra (DRSO)*/London Symphony Orchestra/COA/Britten*Van Beinum)
    Erstaunlich, wie der hervorragende Dirigent Benjamin Britten in seiner „Sinfonia da Requiem“ das Dänische Orchester zum Klingen bringt! Und es ist eine stark berührende Aufnahme geworden …
    Eine in jeder Hinsicht großartige Einspielung von den Sea Interludes (incl. Passacaglia) und von Young Person´s Guide durch Edvard van Beinum – ja, eine der allerbesten überhaupt! Bisher gab es nur inoffizielle CD-VÖs, von denen die Haydn House CD (auch im Vergleich mit der Ausgabe hier) sehr gelungen war. Eine Platte für die Insel - wenn man Musik von der Insel mag …

    CD12: Homage to Fritz Kreisler; Lalo: Symphonie espagnole* (Campoli/Gritton LPO/van Beinum*)
    Die Kreisler-Platte zeigt so ziemlich alles, was der Geiger Alfredo Campoli drauf hatte. Wen „Technik“ interessiert, der höre sich nur mal die Leichtigkeit und die traumwandlerische Intonation Im Caprice a-moll oder die Bogentechnik in La Chasse an. Aber es ist auch eine Platte voller eigenständiger, manchmal auch eigenwilliger Musikalität. Campolis Ton ist nicht sehr strahlend, aber einfach schön und über alle Lagen ausgeglichen.
    Die „Symphonie espagnole“ mit Eduard von Beinum war schon in der 5CD Box des Dirigenten von Decca veröffentlicht. Der Klang unterscheidet sich nicht wesentlich. Eine sehr gut stringente Aufführung.

    CD13: Elgar: Violin Concerto*; Butterworth: Shropshire Lad – Rhapsody; The Banks of Green Willow; Bax: Tintagel; Holst: The Perfect Fool – Ballet Suite (Campoli*/LPO/Boult)
    Das Elgar Violinkonzert war vor einigen Jahren in einem akzeptablen Transfer beim Label Beulah erschienen. Eine schlanke wohltuend strenge, ernste und dennoch nicht steife Interpretation. Natürlich gibt es bei diesem Werk einige Vergleichseinspielungen, aber Campoli kann sich gut behaupten. Sein warmer melancholischer Ton passt gut.zum Werk und in Boult hat er einen umsichtigen und leidenschaftlichen Partner.
    Boult at his best - vitaler und mitreißender habe ich Sir Adrian Boult nie gehört! Die Aufnahmen von Butterworth, Bax und Holst gab es „inoffiziell“ in recht gutem Transfer von dem Label „Locked in the Vault“, das Lani Spar bis zu seinem Wechsel zu Labels wie M&A als Remasterer betrieb. Die aktuelle Decca-Remstering ist aber aus verständlichen Gründen (Originalbänder) deutlich besser.

    CD14: Walton: Façade – An Entertainment; Façade – Suites 1 & 2*; Lambert: Horoscope – Ballet Suite*
    (Sitwell/Pears/LSO*/Collins/Irving*)
    Façade mit Anthony Collins ist großartig, auch die Suiten mit Irving möchte ich nicht missen. Na – ich mag das Stück auch sehr … Die Decca-Überspielung von 2001 (zusammen mit der Britten Serenade mit Boyd Neel und Pears) ist deutlich belegter und schärfer im Klang. Hier in der Box klingt die Platte ganz offen. Zu Collins habe ich ja einiges bei der nächsten Platte geschrieben …
    Irving dirigiert das Stück ganz anders (die Suiten ohne „Sprecher“), eine interessante Alternative. Auch die Komposition von Labert ist hörenswert.

    CD15: Elgar: Introduction & Allegro for Strings; Serenade for strings in E minor; Falstaff – Symphonic Study*; Vaughan Williams: Fantasia on a theme by Thomas Tallis Fantasia on “Greensleeves”
    (New Symphony Orchestra of London (NSOL)/LSO*/Collins)
    Anthony Collins ist ein fast vergessener Dirigent, der ganz großartige Aufnahmen hinterlassen hat. Die meisten sind monaural bei Decca, von den wenigen in Stereo ein paar auch bei EMI entstanden. Unsterblich ist der Sibelius-Zyklus (hier für 2015 als Wiederveröffentlichung angekündigt), aber auch die Elgar und Vaughan-Williams Einspielungen (beide liegen hier vor) rangieren für mich neben einigen anderen ganz oben unter den allerbesten wie z.B. Barbirolli. Anthony Collins Interpretationen sind hier wie auch bei Sibelius und anderem geprägt von Formgefühl, absoluter Klarheit, perfekten Temporelationen, Disziplin (es gibt nichts Übertriebenes oder Ausuferndes), traumwandlerischer Musikalität und großer Intensität. Eigentlich ein englischer Karajan, wenn man mal nur dessen beste Eigenschaften nimmt *g*. Ein großartiger Dirigent, eine äußerst empfehlenswerte Platte!
    Die Transfers bzw. die Aufnahmen der Streichermusiken (vielleicht auch letzteres) sind ein wenig scharf im Klang, aber akzeptabel. Die Elgar Serenade ist seltsam schwach ausgesteuert, was aber schon bei einer früheren Lizenz-Überspielung (von Belart) der Fall war. Ich habe mir deshalb selbst einen Master angefertigt, bei dem die Höhen minimal zurückgenommen (aber nicht gekappt) sind. Alles bewegt sich aber durchaus im tolerablen Bereich. Falstaff ist aber aufnahmetechnisch ausgezeichnet.

    CD16: Mozart: Piano Quartette 1&2*; Horn Quintett Es-Dur° (Curzon*/Brain°/Amadeus Quartet)
    Diese CD war mal in der “Historic”-Reihe der Decca veröffentlicht. Die neue Überspielung klingt noch etwas klarer, aber der Unterschied ist nicht groß. Ernste, stimmige Aufführungen, besonders interessant finde ich den jungen Dennis Brain (naja – er wurde ja leider eh nicht alt…) mit seiner späteren Aufnahme des Hornquintetts zu vergleichen.

    CD17: Brahms: Klavierkonzert No. 1; Beethoven: Sinfonie No. 4* (Curzon/COA/Van Beinum/Krips*)
    Der Pianist Clifford Curzon hat das Brahms erste Klavierkonzert bei Decca dreimal aufgenommen (1946 mit Jorda, 1953 mit Beinum und 1962 mit Szell). Mit dem Dirigenten Eduard van Beinum entstand eine sehr runde und reife Einspielung. Die beiden Interpreten scheinen sich im musikalischen Ansatz sehr ähnlich zu sein und so entstand eine beachtliche Verschmelzung von Klavier und Orchester, was die Aufnahmetechnik nochmal unterstreicht. Es gibt sicher spektakulärere Aufnahmen vom Brahms Ersten, diese hier ist klassisch beherrscht und dennoch mit dem Herz am rechten Fleck. Es war die Zeit, wo auch noch ein paar „Krumme“ im Klavierpart stehen bleiben durften (Kopfsatz).
    Ernst heiter, straff und äußerst vital mit viel rhythmischer Frische – so höre ich die Beethoven Vierte mit Krips und dem Concertgebouw Orchestra. Da ist noch mehr Energie dahinter wie in der schönen späteren Einspielung mit dem LSO. Ausgezeichnet aufgenommen. Ausgewogen, runde mit klaren Höhen und dem richtigen Maß ab Raumakustik.

    CD18: Honegger: Sinfonie Nr. 3; Chant de joie; Beck: Violakonzert°; Reichel: Klavierkonzert° (PCO/Denzler/OSR/Meylan°)
    Honeggers Dritte sehr lebendig und kraftvoll-expressiv musiziert, mit vielen Akzenten. Allerdings lassen mittlerweile die Einspielungen von Ansermet, Baudo und Karajan der Aufnahme mit Denzler kaum eine Chance.
    Der Schweizer Komponist Conrad Beck hat in seinem Bratschenkonzert seinen Ton in etwa so zwischen Hindemith und Honegger gefunden, allerdings sehr moderat. Der langsame Satz ist vielleicht etwas langatmig geraten. Bernhard Reichel stammt aus der französischen Schweiz und pflegt (zumindest in diesem Concertino für Klavier und Orchester) ebenfalls leisere Töne. Beide Komponisten strapazieren ein wenig die Verarbeitung der Motivik. Etwas mehr Substanz an Einfällen (so wie sie im Finale bei Reichel aufblitzt) würde die Stücke kurzweiliger machen. Die Aufführungen sind solide.

    CD19: Beethoven: Violinkonzert*; Haydn: Sinfonie Nr. 102 (Elman*/LPO/Solti)
    Mischa Elman und Georg Solti mit dem Beethoven Violinkonzert: kein unbedingtes Muss – weder wegen des Dirigenten noch des Geigers. Am meisten überzeugt mich das Orchesterspiel, aber deshalb hört man ja nicht dieses Violinkonzert in erster Linie …
    Die Haydn 102 erscheint mir in der Einleitung auch ein wenig blass. An der Aufnahmetechnik liegt es nicht – die ist ausgezeichnet. Das Allegro des Hauptsatzes (wie auch das Finale) ist dann stürmisch und vorwärts. Das war 1951 sicherlich ein neuer Ansatz, da die meisten Haydn-Aufnahmen doch deutlich moderater sind. Heute erscheint mir diese Sichtweise aber doch etwas eindimensional. Auch den langsamen Satz habe ich schon „sprechender“ gehört, aber stimmungsvoll ist er geraten. Das Menuetto ist weder so recht geistreich noch rustikal. In späteren Jahren hat das Solti persönlicher und überzeugender gestaltet.

    CD20: Brahms: Violinkonzert*; Elizalde: Violinkonzert°; Rodrigo: Concierto de estio for violin† (Ferras/WP*/Schuricht*/LSO°/Poulet°/PCO†/Enesco†)
    Der Geiger Christian Ferras ist heute nicht mehr so sehr bekannt. Besonders das Beethoven Konzert mit Sargent (EMI Stereo) ist mir bestens in Erinnerung. Schön, dass er in die Box aufgenommen wurde. Bei Brahms mit Schuricht hatte ich ehrlich gesagt etwas höhere Erwartungen, aber die Konzerte von Elizalde und Rodrigo manchen mir dafür umso mehr Freude. Die Aufnahme des Konzerts des phillipinisch-spanischen Komponisten Federico Elizalde (Jazz, Bandleader, Komponist, Rundfunkmanager u.a.!) ist eine der ganz wenigen in der Box, die noch von einer Schellackquelle (1947) stammt, was aber nicht stört. Ein hörenswertes Konzert, gespickt mit einigen technischen Finessen für den Geiger. Ferras spielt mit Hingabe und Lust, er hat das rhapsodische und freie dieser Musik im Blut.
    Joaquin Rodrigos Violinkonzert ist strenger gearbeitet und etwas spröd im Kopfsatz. Dafür gibt es einen fließenden langsamen Satz (Siciliana) und ein sprühendes Finale (Rondino), bei dem nochmal etwas „spanischer Strawinsky“ zu hören ist. Beide Konzerte sind eine Repertoirebereicherung, besonders wenn so überzeugend musiziert wie bei Christian Ferras.

    21: J. Strauss II: “Kadetten-Ball” – Ballet Suite (arr. Dorati)*; Gluck & Grétry: Ballet Suiten (NSOL/Fistoulari* NSOL/Irving)
    Der Ukrainische Dirigent Anatoli Fistoulari war ein herausragender Ballet-Dirigent aber auch ein kompetenter Begleiter vieler Instrumentalisten. Es war also naheliegend, dass ihm die Aufnahme der großen Ballettsuite „Kadetten-Ball“ (ein Arrangement von Strauß-Stücken durch den ungarischen Dirigenten Antal Dorati) anvertraut wurde. Tatsächlich lässt Fistoulari hier meist nicht so sehr Wiener Gelassenheit sondern vielmehr ungarisches Temperament hören, was aber ebenso stimmig überzeugt. Eine wunderbare Platte, die Doratis eigene Einspielung (bei Mercury) in den Schatten stellt. Der Vergleich mit meiner LP-Ausgabe (eine französische Ace of Clubs ACL 150) zeigt einerseits, wie gut die CD-Überspielung her ist - aber auch, dass die LP immer noch ein Stück mehr Leben birgt.
    Auch Robert Irving war ein ausgezeichneter Ballettdirigent. Die zwei Suiten von Gluck und Grétry haben natürlich nichts mit heutigen Aufführungsgepflogenheiten zu tun, sind aber nichts desto trotz wunderbares Musizieren voller Leben, Stimmung und Phantasie. Es sind ja auch Ballett-Arrangements von Felix Mottl und Constant Lambert. Eine sehr schöne CD der leichteren Muse.

    CD22: Tchaikovsky: Nussknacker & Dörnröschen* Suites (PCO/Fistoulari/Désormière*)
    Es wäre eine rundum glücklich machende Aufnahme vom Nussknacker, wenn das Paris Conservatoire Orchestre nicht so zwirnsdünn klingen würde. Phantasie und Freiheit, ideale Tempi, auch federnder Rhythmus – aber eben nicht wirklich Klang. Die „2. Suite“ ist ein Arrangement von Fistoulari.

    CD23: Brahms: Cellosonaten 1 u 2; Bach: Viola da gamba Sonate G-Dur (arr. für Cello) (Fournier/Backhaus)

    CD24:Schubert: Arpeggione Sonate a-moll*; Schumann: Fantasiestücke; Drei Romanzen; Cellokonzert (Gendron/Françaix*/OSR/Ansermet)

    CD25 & 26: Bloch: Quartette 1-4 (Griller Quartet)

    CD27: Beethoven: Hammerklavier Sonate; “Eroica Variations”; “Les Adieux” Sonate (Gulda)

    CD28:Haydn: Quartett Es-Dur, Op.64/6; Boccherini: Quartett D-Dur, Op.6/1; Schumann: Quartett No.2 in F-Dur, Op.41/2; Verdi: Quartett e-moll (Quartetto Italiano)

    CD29: Sibelius: 4 Legenden op.22; Karelia Suite (DRSO/Jensen)
    Eine der Aufnahmen, die die letzten Jahre nur inoffiziell zu haben waren (z.B. bei Haydn House). Sie ist eine echte Bereicherung der wenigen Gesamtaufnahmen des Zyklus und überragt für mich die besten (von Ormandy) . Die Aufnahme klingt hervorragend, ist superb gespielt und wunderbar dirigiert. Natürlich hat das Orchester nicht den Klang der großen amerikanischen Orchester mir ihren unglaublichen Holzbläsern, aber es ist alles da, was man sich bei einer tollen Aufführung wünscht – besonders alles an Leidenschaft und Intensität. Thomas Jensen versteht und liebt die Musik – und die Musiker setzen alles erfüllt, farbig und punktgenau um. Es macht mich sprachlos, welche Farben und welch starke Aussage mit großem Bewusstsein und der wahren Perfektion der Umsetzung (nämlich als glasklar artikulierte Klangsprache) schon in dem ersten Teil der Lemminkainen-Suite möglich sind. Jensen erzählt eine Geschichte mit aller möglichen Phantasie. Dann ein sehr dichter Schwan, ebenfalls wieder mit überraschend guten Streichern und einem großen Englischhorn-Solisten – herber im Ton als Laurence Thorstenberg oder andere Größen aus USA, aber mit großem Bewusstsein für die Sprache des Stücks.
    Der dritte Satz ist noch dunkler und expressiver als der Schwan – bedrückend und in den Blechbläsern in die Seele schneidend. Lemminainen zieht heimwärts in äußerst vitaler aber auch entspannter quirliger Volkstümlichkeit mit ganz ausgesuchten Farben im Schlagwerk und Holzbläsern ist eine Erlösung nach den beiden „beutelnden“ Sätzen davor… Auch wenn es ein paar kompositorisch schwächere Momente im op.22 geben mag. Seit dieser Einspielung habe ich verstanden, dass Sibelius hier nochmals (neben Kullervo op.7) quasi eine Sinfonie (in vier Sätzen) geschrieben hat, was ich bei den beiden guten Ormandy-Aufnahmen und auch anderen so nicht erkennen konnte. Das empfinde ich als Geschenk aus den Händen von Thomas Jensen und dem wunderbaren Orchester. Eine traumhafte Platte!
    Der zweite und dritte Satz der Karelia-Suite ist auf der australischen Doppel-CD mit der 5ten, 6ten und 7ten Sibelius mit Anthony Collins beigefügt. In der Box klingt sie allerdings noch etwas besser.

    CD30: Beethoven: Sinfonie Nr. 9 “Choral” (WP/Kleiber)
    Die Neunte Beethoven war vor vielen Jahren in einer Kleiber 6CD-Box veröffentlicht.

    CD31: Beethoven: Sinfonie Nr. 6 “Pastorale”; Wagner: Tristan & Parsifal* (LPO/Kleiber/Krauss*)
    Auch die Sechste Beethoven (von 1948) war in dieser Kleiber 6CD-Box veröffentlicht. Bei der Sechsten hat man in den leisen Passagen etwas das Rauschen des Trägers (noch kein Tonband) verringert. Ein herrlich heiter luftiger Kopfsatz (bei dem Anhand eines ungenauen Anschlusses nach der ersten Platte bei ca. 4:30 min hörbar ist, dass es sich um einen Schellack-Transfer handelt), eine entspannte verträumte und dennoch klare Szene am Bach (wieder mit einem seltsamen Plattenwechsel), ein rustikal zügiger Tanz, ein wirklich dramatisches Gewitter und ein differenzierter hymnischer Schlusssatz. Bei Erich Kleiber besticht die Selbstverständlichkeit des Musizierens und die Genauigkeit, die eine große Klarheit ergibt. Der Ansatz des Musizierens war dem des Sohnes Carlos doch sehr ähnlich… Eigentlich schade, dass die Quelle stellenweise eine Fülle an kleineren Mängeln (samt Verzerrungen usw.) aufweist. Ich schätze die deutlichen Anschluss-Ungenauigkeiten stammen wohl von dem damaligen Transfer auf Tonband. Da würde heute viel exakter gearbeitet. Ob man da die originalen Schellacks für den aktuellen CD-Transfer hätte heranziehen können? Aber vielleicht sind die ja bei dem alten Transfer vernichtet worden…
    11 Monate später wohl wieder eine originale Bandaufnahme bei Clemens Krauss, der Wagners Tristan Vorspiel und Liebenstod und den Karfreitagszauber aus Parsifal (was für ein unglaublich erfülltes breites Tempo!) dirigiert. Wie bei der 5CD Box mit Richard Strauss (Decca 2014) zeigt der kaum mehr beachtete Dirigent auch hier wieder ganz große berührende Kunst – auch wie er den speziellen Klang der Wiener zu nutzen weiß. Wie das fließt und doch nicht eilt, Schönheit des Klangs, Intensität und unendliche Schwermut ohne Schwere der Musik. Es hat auch etwas von impressionistischem Zauber. Einfach großartig!

    CD32: Bruckner: Sinfonie Nr. 3; Wagner: Tannhäuser - Overtüre & Venusbergmusik WP/Knappertsbusch
    Diese Bruckner Dritte wurde vor 10 Jahren in Lizenz vom Label Testament veröffentlicht. Heute betrachten wir die damals gebräuchlichen Fassungen wieder etwas entspannter. Bruckner ist mittlerweile in allen Fassungen im Konzertleben angekommen. Knappertsbuschs mit einem höchst persönlichen Dirigat – und das WPO liebt ihn und kann seinen ebenfalls ganz persönlichen Ton pflegen.

    CD33: Nielsen: Quartett Nr. 4 F-Dur; Vagn Holmboe: Quartett Nr. 3; Sibelius: Quartett D-Dur* (Koppel Quartet/Griller Quartet *)
    Erfreulich, dass diese drei Quartette hier zu hören sind. So ist wie in einigem der Box nicht nur Interpreten der Vergangenheit eine Referenz erwiesen, sondern auch unbekannteren Stücken und sogar äußerst selten gespielten Komponisten.

    CD34: Bizet: Jeux d'enfants; Jolie Fille de Perth – Suite; Chabrier: Suite Patorale; Ode à la musique; Debussy: Damoiselle élue (PCO/Lindenberg/Fournet)

    CD35: Rachmaninoff: Klavierkonzert Nr. 3*; Khachaturian: Klavierkonzert Des-Dur Lympany (NSOL/Collins* LPO/Fistoulari)
    Auch diese Einspielung war mal vor einigen Jahren als Doppel-CD mit Moura Lympany in einer ordentlichen Überspielung von Decca auf dem Markt. Dieser Transfer hier klingt noch etwas besser, wobei immer noch deutlich zu hören ist, dass bei der Aufnahme des Khatchaturian das Band nicht (mehr) einwandfrei in den Hören ist. Beide Aufnahmen sind äußerst überzeugend (von allen Beteiligten), zudem hat diese Khatchaturian-Aufnahme ja nur wenig Konkurrenz. Bei Rachmaninoff finde das Abschneiden im Vergleich ganz besonders überraschend, weil das Konzert nun ja wirklich oft aufgenommen wurde – in vielen herausragenden Einspielungen. An der Klasse dieser Aufführung ist wieder mal Anthony Collins entscheidend beteiligt.

    CD36: Mozart: Serenade 4*; Sinfonien 28 & 29 (NSO*/OSR/Maag)

    CD37: Granados: Goyescas; El pelele (Magaloff)

    CD38: Lalo: Namouna - Suites 1 & 2; Fauré: Ballade; 4 Nocturnes; Françaix: Concertino for piano and orchestra (Long/LPO/Martinon)
    Vor kurzem von Eloquence Australia veröffentlicht.

    CD39-41: Handel: Concerti grossi, op.6; Water Music (Boyd Neel String Orchestra (BNSO)/Neel)
    Schön, dass die Planer der Decca-Box den Mut gefasst haben, die Concerti grossi insgesamt zu veröffentlichen! Die Aufnahmen sind allemal des Hörens wert. Wie sagt der Dirigent Adam Fischer in etwa: „nicht ob Auf- oder Abstrich, ob historische oder heutige Instrumente: Für wahrhaftiges, spannendes und ehrliches Musizieren ist wichtig, dass es eine Vorstellung von der Musik gibt, die alle mit Überzeugung zu verwirklichen suchen“.

    CD42: Rachmaninoff: Cellosonate; Kodály: Cellosonate; Reger: Suite Nr. 2; Bach: Cello Suite No. 3 – Bourrées (Nelsova/Balsam)

    CD43: Shostakovich: Klavierquintett; Bloch: Klavierquintett Nr. 1 (Quintetto Chigiano)

    CD44: Boccherini: Klavierquintett A-Dur & d-moll; Brahms: Klavierquintett (Quintetto Chigiano)

    CD45: Paganini: Violinkonzerte Nr. 1 & 2 (Ricci/LSO/Collins)
    Nochmals Collins als Begleiter, hier des wunderbaren mit Geigers Ruggerio Ricci. Das zweite Violinkonzert ist maßstabsetzend - nach wie vor! Solist und Dirigent halten eine perfekte Waage zwischen starkem Ausdruck und selbst disziplinierender Strenge. So erschöpfen sich die Konzerte nicht in schönen Stellen und Virtuosität. Natürlich werden sie deshalb nicht zu einem Beethoven oder Brahmskonzert, aber durchaus ernstzunehmender Musik. Die Konzerte waren schon einmal in einer Ruggerio Ricci 5CD-Box von Decca veröffentlicht. Die Überspielung der aktuellen Box klingt noch etwas präsenter und voller.

    CD46: Mozart: Sinfonien 25 & 38*; Rossini: 5 Overtüren (LSO/Solti*/Gamba)

    CD47: Bartók: Musik für Streicher, Schlagzeug und Celesta; Kodály: Háry János – Suite; Haydn: Sinfonie N3. 100 "Military" (LPO/Solti)

    CD48: Beethoven: Archduke Trio; Brahms: Piano Trio Nr. 1 (Trio di Trieste)

    CD49: Prokofieff: Sinfonie Nr. 5; Sibelius: Sinfonie Nr. 5 (DRSO/Tuxen)

    CD50: Nielsen: Sinfonie Nr. 5; Flöten & Klarinetten* Konzert (DRSO/Jensen/Wöldike*)

    CD51: Smetana: Streichquartett Nr. 1; Kodály: Quartett Nr. 2; Schubert: Quartett Nr. 13, D804 (Végh Quartett)

    CD52: Mozart: Divertimento, K334; Divertimento K247 (Vienna Octet)

    CD53: Mendelssohn: Oktett; Brahms: Klarinettenquintett (Vienna Oktett)

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    TEXTHEFT und BOX

    Das 185-seitigeTextheft besteht neben den vorbildlichen Informationen zu den Aufnahmen und einigen Fotos von ausführenden Künstlern gibt es 10 Seiten “Rundgang“ zu diesen Künstlern und - für mich persönlich besonders erfreulich - einen siebenseitigen sehr informativen liebvollen Essay über die Entwicklung der Aufnahmetechnik und der Firma Decca. Ein vorbildliches Textheft mit einer Panne: Nur bei der 3erCD (Nr.39-41) Händel mit Neel wurde die Gesamtspielzeit und CD-Nummer angegeben, ansonsten gibt es diese Angaben nicht. Aber es gibt einen Komponisten-Index, was bei einer Box dieses Umfangs sehr sinnvoll ist!

    Die CD-Hüllen sind stabil (nicht so fest wie bei den Sony/RCA Ausgaben mit originaler Cover-Art). Die Spielzeiten hätten auf den Rückseiten vielleicht noch Platz gefunden. Schön ist, dass eine kleinere Abbildung der Hülle der anderen Platte, die ganz oder zum Großteil zur Auffüllung der CD verwendet wurde, auf der Rückseite mit abgebildet ist. Die Box ist sehr stabil gefertigt und hat einen Klappdeckel.

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    FAZIT

    Eine unbedingte Kaufempfehlung! Äußerst selten hat solch eine Sammelbox eine Trefferquote von zwei Drittel bis drei Viertel an hervorragenden Aufnahmen! Zudem kann man hier wirklich eine Phase er Schallplattengeschichte mit deren wichtigsten Interpreten nachvollziehen. Ein wirklich gelungener Wurf!

    Vielleicht lässt sich Decca ja zu einer weiteren Mono-Box anregen bzw. zur Wiederveröffentlichung weiterer Schätze in Mono in dieser Aufmachung als Einzel-CDs…
    Georg Solti - Soltissimo 2 Georg Solti - Soltissimo 2 (CD)
    26.02.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Solti in deutlich verbesserten CD-Transfers

    Wer das Glück hatte, hier in Deutschland, Österreich oder sonst wo in Europa in einem der Gastpielkonzerte des Chicago Symphony Orchestra mit Sir Georg Solti gewesen zu sein, der wird diese Erlebnisse nie vergessen - besonders bei Aufführungen der 70ziger und frühen 80ziger. Ohne Soltis Arbeit schmälern zu wollen, liegt ein Löwenanteil davon beim Orchester. Aber vielleicht wäre das eine ohne das andere nicht möglich gewesen:
    Der "physische" Dirigent Solti und das klang- und kraft-sinnliche CSO zeigten, dass aus hochsinnlich feinsten Farb- und Intonationswundern und aberwitzig wilden-lustvoll-wüsten Klangattacken eine große Tiefe und Spiritualität der Musik entstehen kann!
    Ein wenig davon ist in diesen hier veröffentlichten Aufnahmen der ersten 10 Jahre Soltis beim CSO zu spüren. Auch wenn die Aufnahmen zumeist nicht ganz an den (Klang)Zauber der Reiner-Aufnahmen mit Chicago (1954 bis 1963!) heranreichen, so sind sie doch den meisten danach entstandenen Aufnahmen vorzuziehen - ebenso den zeitgleich produzierten DG-Aufnahmen. Die Emi-Aufnahmen sind allerdings ebenbürtig...
    Nun etwas näher:
    „Soltissimo 2“ enthält alle ausnahmelos zwischen 1970 und 1979 entstanden (natürlich ananlogen) Orchester Einspielungen Soltis bei Decca (selbstverständlich ohne der "RCA-Ausflug" des Verdi-Requiems). Bei den 52 CDs sind die Opern nicht dabei, allerdings im Booklet im Anhang alle mit Besetzung und Aufnahmedaten aufgeführt. Auf einer 53ten CD spricht Solti über seine (erste) Beethoven-Zyklus-Aufnahme, die 4 DVDs sind in der 4 DVD-Box Solti mit CSO enthalten - also da gibts nichts Neues.
    Alle CDs sind in originaler Zusammenstellung in den Covers der Erstveröffentlichung (in Deutschland wurden z.T. andere Cover verwendet). Im Booklet finden sich alle wichtigen Aufnahmedetails. Das ist nicht unwichtig, denn die Rückseitenbedruckung der Hüllen ist in manchen Fällen nicht vorhanden und ansonsten durch die Verkleinerung von LP nur mit Lupe zu lesen. Deutschen Text gibt es im umgangreichen Booklet keinen, aber eine Einführung auf Englisch. Nicht alle Angaben / Daten sind korrekt – z.B. die Aufnahme der Schönberg-Variationen wird mit 1997 anstelle 1977 angegeben.
    Die Reihenfolge der Sortierung ist nicht ganz einsichtig: Nicht alphabetisch, aber auch nicht chronologisch (was beides ziemlich gut machbar gewesen wäre). Ich dachte schon mal an die Reihenfolge der VÖs, aber das kann eigentlich auch nicht sein. Egal … man kann es sich ja selbst alphabetisch in die sehr stabile und wertige Box einsortieren.
    Die Papierhüllen sind stabil, aber nicht „störrisch“. Die CDs sind nochmals in einer Cellophan-Hülle und diese Verpackung scheint dauerhaft zu halten – auch was die Leimung betrifft.
    Nun zum Wichtigsten – dem 96 kHz 24 Bit Transfer:
    Digitalaufnahmen unterliegen nicht so sehr dem Wohl und Weh des Remasterings. Ganz anders sieht es mit Analogaufnahmen aus – und um solche handelt es sich ja ausschließlich bei „Soltissimo 2“. Als Vergleich hatte ich ein paar LPs zur Verfügung (englische und USA-Pressungen) und alle CSO-Aufnahmen in früheren Transfers. Mein Höreindruck:
    Grob mindestens ein Drittel, vielleicht sogar zwei Drittel der Transfers macht die Anschaffung dieser Box unumgänglich für Verehrer von Soltis Kunst und ganz besonders der Kunst des CSO! Die Beethoven-Sinfonien klingen endlich wieder nicht stumpf und scharf, etwas Raumklang ist zu hören (bin geneigt zu sagen: original und nicht hinzugefügt). Die Frequenzbalance ist durchweg linearer als bei den europäischen Transfers. Dadurch klingen die Aufnahmen zwar etwas „kühler“, aber auch ohne das Bass-Gewummer und in die Tiefe mit einer Definition des Aufnahmelokalität. DAS fehlt vielen der greifbaren Transfers. Der Raum macht auch „oben auf“, was ein schönes Klangbild ergibt. Besonders positiv fielen mit beim ersten Vergleichs-Reinhören die Mahler 8te, Berlioz Fantastique, die R.Strauss-CD, alle Beethovensinfonien (und da ganz besonders die 1,7 und 9), Tschaikowsky 5te, Debussy-CD, und die vier Brahmssinfonien auf. In den genannten CDs sind die Verbesserungen schon auf der ersten Höreindruck gravierend!
    Da die Solti-Aufnahmen von Anfang an auf CD auch immer X-mal verschieden zusammengestellt und mit vielen Covers versehen wurden, ist es schön, die ursprünglichen Platten nun auf CD hören zu können.
    Fazit:
    Eine wichtige sehr gelungene Wiederveröffentlichung, besonders da die 70ziger wohl das bedeutendste Jahrzehnt in Soltis Schallplatten-Historie war…!

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    Über ein JA bei "hilfreich" freue ich mich, wenn Ihnen meine Solti-CSO Besprechung eine Hilfe ist
    Pierre Boulez - The Complete Columbia Album Collection Pierre Boulez - The Complete Columbia Album Collection (CD)
    24.02.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    spezielles Programm und natürliches Musizieren

    Vorneweg: Die Bewertung hätte auch mit drei Sternen ausfallen können. Es handelt sich ja um eine Box mit 67 CDs und meines Erachtens ist „nur“ ein Drittel, jedenfalls weniger als die Hälfte weit überdurchschnittlich oder herausragend. In Worten könnte das heißen:

    „Eine sehr gute Box, aber kein unbedingtes Muss. 10 bis 15 der CDs sollte man allerdings unbedingt kennen. Diese gibt es aber (bis auf eine) auch als Einzelausgaben“

    Übrigens musste ich die Rezension kürzen: Die nichtbesprochenen CDs bewerte ich durchweg ** oder *** Sternen.

    Portraits von Musikersolisten und Dirigenten in umfangreichen Boxen sind eine große Mode der Klassik-Labels geworden. Meist liegt dabei die Präferenz der Stückeauswahl (bzw. was die Damen und Herren halt eingespielt haben) auf einem klassisch-romantischen Repertoire. Bei den gesamten Columbia-Aufnahmen von Boulez (allesamt Studio-Produktionen) fehlt das fast alles bis zur frühen Moderne – abgesehen von Händel(!), Beethoven, Wagner und Mahler (letztere beiden - oder alle? - als Wegbereiter): ein französischer Schwerpunkt (Berlioz Debussy Ravel Dukas Messiaen Boulez), die „Zweite Wiener Schule“ (Schönberg Berg Webern) und einzelne Komponisten de 20ten Jahrhunderts (de Falla Skrjabin Strawinsky Bartok Carter Berio). Also neunzehn Komponisten, die zum großen Teil noch in Bezug zueinander stehen:
    Diese Box ist eine beeindruckende Dokumentation des konsequenten Wegs des Dirigenten Boulez von 1966 bis 1989. Somit sind diese 67 CDs mit Sicherheit nicht etwas für jedermann. Wer aber tiefere Einsicht in Zusammenhänge und Entwicklung der Musik vom 19ten ins 20zigste Jahrhundert, in „neuere“ (nun - es sind im Grunde ja allesamt auch schon wieder Klassiker!) französische und russische Musik gewinnen möchte, der erhält mit der Boulez-Box wohl das Hochkarätigste, das als Kompilation wohl möglich ist.
    Und an die Verehrer des Dirigenten: Ich bin kein absoluter Boulez-Spezialist, aber von dem was ich kenne (und das ist manches) übertreffen die Doubletten die Ersteinspielungen nur selten. Aufnahmetechnisch klingt bei DG und Erato manches anders, aber nicht umwerfend besser. Und dabei ist Columbia nicht immer die Sache optimal gelungen. Offen gestanden ist mir in einigen Aufnahmen das Orchester - auch wenn es natürlich klingen mag – zu „weit weg“.

    DISC 1-2: ****
    Berg: Wozzeck, Op. 7 From the drama by George Buchner (Gesamtaufnahme)
    Walter Berry ist als Wozzeck ganz außerordentlich und sehr berührend. Auch Isabel Strauss als Marie kann überzeugen, trotz kleiner Probleme mit Spitzentönen. Das Originalband ist etwas übersteuert – jedenfalls sind leichte Verzerrungen in manchen Forte zu hören. Das Klangbild ist trocken und somit sehr detailreich, aber auch etwas flach mir eher wenig Dynamik. Aufnahme mit der Opera National de Paris.

    DISC 6:***
    Berlioz: Lelio, ou Le Retour a la vie, Op. 14b
    Ebenso wie bei der Symphonie fantastique ist mir vieles zu „brav“, wobei es natürlich angesichts der Unbekanntheit nicht so sehr ohrenfällig ist. Das Stück ist für nicht frankophile Hörer vielleicht doch etwas zu abseitig im Thema und in der Konstruktion. Das was an musikaisch faszinierendem in dem Stück steckt, findet sich ja auch in Fausts Verdammnis oder Romeo et Juliette.

    DISC 8:*****
    Berg: Chamber Concerto for Violin, Piano & 13 Wind Instruments
    Berg: Three Pieces for Orchestra, Op. 6
    Berg: Altenberg Lieder, Op. 4
    Die Altenberg-Lieder waren in dieser tollen Aufnahme mit Halina Lukomska meines Wissens auf CD noch nicht veröffentlicht. Deren hypernervös „kranke“ Art, die Lieder zu Interpretieren, ist nicht „schön“, passt aber genau. Beide frühen Versionen ziehe ich den späteren vor. Die drei Orchesterstücke op.6 und das Kammerkonzert klangen auf CD auch noch nicht so gut wie in dieser neuen Überspielung. Alle Einspielungen sind mit dem BBC S.O.

    DISC 10:****
    Stravinsky: Le sacre du printemps (1947 version)
    Eine berühmte Einspielung. Unaufgeregtes Dirigat zum Nutzen größter Klarheit und Kraftentfaltung des Cleveland Orchestra. Diesmal auch eine ausgezeichnete Aufnahmetechnik (1969). Ideal in der Balance von Durchsichtigkeit, Detailfreudigkeit und dennoch homogenen Orchesterklangs. Viele heutige Aufnahmen können dagegen einpacken …

    DISC 11:***
    Mahler: Das klagende Lied
    Die erste Einspielung von Mahlers genialem Frühwerk (mit 20 Jahren geschrieben) mit dem ersten Satz “Waldmärchen”. Wie die meisten nachfolgenden Aufnahmen ein „Bastard“, da für den zweiten und dritten Teil die überarbeitete Fassung und nicht die Erstfassung (als der erste Teil noch dazugehörte) verwendet wurde. Da ich das „klagende Lied“ in dieser Einspielung kennengelernt habe, fällt mir Kritik nicht leicht. Dennoch meine ich, dass bezüglich der Erstfassung Nagano und besonders van Zweden (und in der gemischten Fassung Rhoshdestwensky und Tilson Thomas) der Boulez-Aufnahme längst der Rang abgelaufen haben. Die etwas dumpfe CBS-Aufnahme wirkt trotz manch inspirierter Momente und schönen Stimmungen etwas statisch und unfrisch. Dennoch ist die Aufnahme eine hörenswerte Alternative. Es spielt das LSO.

    DISC 12:
    Beethoven: Symphony No. 5 in C Minor, Op. 67 **
    Beethoven: Cantata - "Calm Sea and Prosperous Voyage", Op. 112 **
    Mahler: Symphony No. 10 – Adagio ****
    Der Kopfsatz der Fünften ist geradezu kurios breit im Tempo. Wenns nicht so sauber zusammen wäre, hätte ich bei den ersten Tönen auf einen späten Klemperer getippt. Auch beim Scherzo im Schicksalsmotiv und im Finale. Irgendwie muss ich da an Glenn Goulds Mozart denken: Kann es sein, dass ein Musiker eine Aufnahme macht um schwache Seiten aufzuzeigen? Tickten die Uhren von Klemperers New Philharmonia Orchestra anders? Oder war dieser doch einfach solide und eher brave Beethoven mit viel dickem Klang einfach Boulez damalige Sicht?
    „Meeresstille und glückliche Überfahrt“ ist da interessanter, natürlich auch, weil es so wenig Einspielungen gibt. Ein freudig gelöst tänzerisches Gefühl stellt sich im zweiten Teil aber auch nicht ein…
    Der Adagio Kopfsatz aus der Zehnten Mahler war original natürlich mit „Das klagende Lied“ gekoppelt. Hier zeigt Boulez sich von einer sehr intensiven Seite. Die Doppel-LP mit quasi dem ersten und letzten Werk Mahlers fand ich eine sehr spannende Idee.

    DISC 13-15:***
    Debussy: Pelléas Et Mélisande Drame lyrique en 5 actes (Album Version)
    Eine berühmte Einspielung – und wie manch andere von Boulez durchaus auch umstritten. Aber es ist hier wie anderorts eine Frage der Zielsetzung. Wer den großen Gefühlsausbruch rein auf der Herzensebene in Interpretationen sucht, wird bei dem Franzosen mit der ausgewogenen Mischung aus Geist, Intellekt und Sinnlichkeit kaum je irgendwo fündig werden. Feuer, Intensität, Klarheit, Härte, Kraft, Expressivität – ja … aber bei „Pelleas et Mélisande“ eine grundabgründig trüb-verhangene Melancholie – nein. So erklärt sich auch die Wahl der Sänger (für die Boulez in seinem Sinne bestimmt eine glückliche Hand hat) und die eher „kühle“ Aufnahmetechnik (bestimmt auch im Sinne des Dirigenten). Orchester des Royal Opera House, Covent Garden.

    DISC 19:***
    Stravinsky: Pétrouchka: Scenes burlesques en quatre tableaux (1911 version)
    Mit dem NYP. Gut gespielt, klangschön, exakt, gute Soli, auch gut aufgenommen. Aber da fehlt mir doch das Bildhafte, Plakative, das Groteske, der Witz – und somit auch das anrührende der Geschichte. Wie so manches in der Box für mein Empfinden zu herzlos … Aber bei Boulez ist das vielleicht auch meist kalkulierte Absicht.

    DISC 20:*****
    Bartók: The Miraculous Mandarin, Op. 19
    Bartók: Dance Suite (Sz 77)
    Eine der besten Aufnahmen mit Boulez: mal wieder Feuer im Orchester. Neben den Gesamteinspielungen von “Der wunderbare Mandarin” mit Dorati und Ormandy hat sie nur Konkurrenz in seiner neueren Aufnahme mit dem CSO. Letztere ist aber trotz des ausgezeichneten CSO m.E. nicht so packend wie die mit dem NYP.

    DISC 21:**
    Ravel: Concerto in G Major for Piano and Orchestra (Ormandy / Philadelphia Orch.)
    Ravel: Piano Concerto for the Left Hand in D Major
    Diese CD hat zwei Dirigenten, denn im dreisätzigen G-Dur Konzert leitet Eugene Ormandy das Philadelphia Orchestra. Eine gute Aufführung in orchestraler Hinsicht, wunderbare Soli. Der Pianist Philippe Entremont mit eher hartem und hellem Ton steuert nicht allzuviel bei, das mich berührt. Boulez leitet im Konzert für die linke Hand das Cleveland Orchestra. Mit dieser Interpretation kann ich wenig anfangen, auch vom Solisten phasenweise ein Buchstabieren (womit ich nicht das Tempo meine). Vielleicht habe ich auch das Stück nicht verstanden …

    DISC 22:***
    Berlioz: Benvenuto Cellini (Excerpt)
    Berlioz: Les Troyens (Excerpt)
    Berlioz: Beatrice et Benedict (Excerpts)
    Berlioz: Le Carnaval Romain, Op. 9 - Overture caractéristique - Concert Overture
    Auch wenn es Alternativen gibt, die deutlich mehr Thrill haben (Beatrice: Munch Davis - Orage aus Troyens: Munch - Benvenuto Carnaval: Munch, Bernstein) eine gute Platte mit dem NYP. Schade, dass die Columbia selten aufnahmetechnisch auf der Höhe der ein paar Jahre früher entstandenen RCA-Aufnahmen war.

    DISC 24:
    Ravel: Une Barque sur L'Océan ***
    Ravel: Valses Nobles et Sentimentales **
    Ravel: Le Tombeau de Couperin **
    “Une Barque” bewegt sich auf einem ziemlich lautstarken „Ocean“. Die Valses lassen trotz schöner Stellen (dank der Solisten) meist das Feine vermissen, der Anfang ist einfach zu grob. Der Oboist der NYP Harold Gomberg spielt in „Le Tombeau“ sicherlich wunderbar, aber leider ist er nicht genügend prominent von den Columbia-Technikern in Szene gesetzt worden. Auch das Dirigat von Boulez ist dabei wenig hilfreich – begleiten scheint hier nicht so sehr seine Sache zu sein…

    DISC 25:***
    Boulez: le marteau sans maître
    Boulez: Livre pour Cordes
    Es ist für mich eine interessante Erfahrung, dass mir das kammermusikalisch postserielle “Le marteau sans maitre” mehr sagt als das orchestrale “Livre pour Cordes”. In den neun Sätzen von „le marteau“ ist eine innere Verbindung, ein Zusammenhang spürbar, auch wenn man nicht analytisch hört. Erfreulicherweise eine Aufnahme ohne viel Raumklang, sehr intim gehalten.

    DISC 26:** (für Tristan gute *** Sterne)
    Wagner: Vorspiel zum 1. Akt Die Meistersinger von Nürnberg
    Wagner: Tannhäuser Overtüre
    Wagner: Faust Overtüre
    Wagner: Vorspiel zum 1. Akt und Isoldes Liebestod Tristan und Isolde
    Eine angesichts der erdrückenden Konkurrenz eine eher überflüssige Einspielung – vom Tristan-Vorspiel mal abgesehen... Was bleibt sonst hängen? Im Tannhäuser ein genial intensives Streichertremolo in den letzten Akkorden - und die Lust der New Yorker, Wagner zu spielen.

    DISC 27:*****
    Bartók: Concerto for Orchestra
    Ein sehr gut dirigiertes, gespieltes und aufgenommenes Orchesterkonzert, ganz nah am Besonderen der Aufführungen von Reiner und Bernstein… Das was Boulez hier zusätzlich hörbar macht (zumeist in den Mittel- oder Nebenstimmen) ist manchmal bereichernd, hie und da aber nur ein Nachverfolgen einer Linie, der diese Bedeutung vielleicht nicht zugedacht war. Bestechend wie noch der letzte Rest des Fugatos im letzten Satz ausgeleuchtet ist. Interessant finde ich auch, dass Boulez große Zusammenhänge manchmal „anders“ hört / empfindet als meine beiden absoluten Favoriten. In dem exzeptionell guten Orchesterspiel (unglaubliche Streicher, habe ich selten so sauber und diszipliniert bei NYP gehört!) und seiner Klarheit aber durchaus im Kreis der allerbesten Einspielungen.

    DISC 28:***
    Ravel: La Valse
    Ravel: Menuet Antique
    Ravel: Ma Mère L'oye
    Ravel: Boléro
    Dieser „La Valse“ lässt es ruhig, ja gemütlich angehen. Das letztlich Katastrophale des Musik zeigt sich bei Boulez höchstens in der Lautstärke des NYP, aber nicht wie bei Munch, Reiner (live mit dem CSO – unglaublich!) und wenigen anderen in grellen Farben, der Bewegung und dem unaufhaltsamen Sog.
    Schon erstaunlich, dass der Franzose Boulez Ravel (gerade in seinen weniger bekannten Stücken „Une barque sur l´océan“ und hier im „Menuet Antique“) manchmal regelrecht „schreien“ lässt. Ist aber auch gut und heilsam zu hören, dass „Tradition“ eben nicht alles ist. Hätte ich mir bei Boulez auch denken können. Manchmal wünsche ich mir halt, dass meine Seele beim Hören mehr lächeln würde.
    Vom vollständigen „Ma Mere l´Oye“ gibt es wenig Einspielungen – für mich ganz vorne an die von Monteux mit dem LSO. Stellenweile kann auch Boulez zaubern und der Klang der NYP ist grundverschieden zu dem des LSO. Insofern ist die diese Einspielung eine Bereicherung der Höreinsichten. Monteux erreicht eine große Geschlossenheit des zauberhaften Werks und leichte tänzerische Abschnitte. Da kommt Boulez nicht ganz mit. Der Boléro kommt ganz ohne „Tricks“ aus, die sowieso zumeist das Stück dann nicht tragen oder durchgehalten werden (Accelerando, rhythmische Extravaganzen, Drücker usw.). Beeindruckend die Konzentration und Kondition der NYP. Ein sehr gutes Orchesterspiel der NYP, nicht ganz so zwingend wie beim Orchesterkonzert Bartóks.

    DISC 29-30:***
    Schönberg: Gurre-Lieder
    Von der Interpretationsanlage eine gelungene Mischung aus Romantik und Moderne, dem seltsamen Konstrukt (was keineswegs abwertend gemeint ist!) Schönbergs sehr adäquat. Eine intensive und dennoch etwas kühle und kluge Disposition. Dazu passt gut das eher helle klare Timbre von Jess Thomas als Waldemar und auch Marita Napier als Tove. Beide singen im Bewusstsein „Teil des Ganzen“ zu sein. Die Aufnahme ist technisch gut gelungen - quasi mit Boulez Ohr gehört. Details werden nicht effekthascherisch herangeholt, was zumeist auf Kosten des Überblicks geht. Wie viele der Columbia-Aufnahmen mit Boulez wird akustisch eisern eine mittlere Entfernung eingehalten. Dafür kann man dankbar sein, denn Boulez hört immer und überall die Entwicklung der Musik, die Thematik, die musikalische Bedeutung der Harmonik.
    Wer das zweistündige Werk zuallererst als Erlösungsdrama, als Ausdruck reinster (erweiterter) Romantik liebt (was durchaus bezwingend überzeugend möglich ist bzw. war – siehe die zwei Aufführungen Stokowskis von 1932!), dem wird Boulez wohl etwas zu distanziert bleiben. Aufnahme mit dem BBC S.O.

    DISC 31:****
    Handel: Water Music: Suite No.1 in F Major for Orchestra, HWV 348
    Es ist schon erstaunlich, diese Wassermusik mit Boulez zuhören. Erstens natürlich wegen des Repertoires und zweitens wegen der Aufführungspraxis aus vergangenen Zeiten. Auch Willem van Otterloo und Eduard van Beinum (um nur zwei Einspielungen mit dem Concertgebouw zu nennen) hatten in ihren Einspielungen den 50ziger Jahre diesen Ansatz (es gab ja im Grunde auch noch keinen anderen), aber um wie viel scharfkantiger und schlanker.
    Boulez lässt die NYP voll und ganz ausspielen – und ich bin ihm dankbar dafür! Es ist kein romantischer Händel, aber durch und durch natürlich, schlicht, warm, voller Phantasie der Solisten. Kein Tempo wird gehetzt, kein Rhythmus absichtlich geschärft, keine modernes (oder historisches) Profil aufgesetzt. Harold Gomberg (Oboe), John Corigliano (Horn), der Flötist (John Wummer?) – alle dürfen sich in ihren Soli frei entfalten.
    Es ist eine Wassermusik mit großem Klang und Emphase geworden. Wie wenn Boulez es genossen hätte einmal ganz einfach musizieren zu können. Ich sehe diese Platte als ein Dokument Boulez von einer Seite, die ausnahmslos in all seinen Einspielungen zu finden ist: Tue als Dirigent nicht wider die Musik, packe keine eigenen Dinge hinein, lasse die Musik von selbst sprechen. Und da bei Händel kein kühler Kopf gefragt ist, keine verzwickte Verästelung mit Motiven und Ebenen der Vielstimmigkeit usw. vorhanden ist, kann sich dieses Credo auf schöne und natürliche Weise entfalten. Auf jeden Fall eine der besten Platten der Wassermusik in dieser Art des Musizierens!

    DISC 32:****
    Stravinksy: The Firebird
    Stravinsky: The Song of the Nightingale
    Eine der lebendigsten Boulez-Aufnahmen. Das Lied der Nachtigall sei den Menschen mit schwächerem Herz oder Nerven empfohlen, die bei Reiner sonst gefährdet sein könnten *g*. Die „Diva NYP“ (ähnlich den WPO je nach Dirigent und Stimmung in sehr unterschiedlicher Form) konnte ausgezeichnet spielen. Bei Boulez ist das erfreulich oft der Fall!

    DISC 33:****
    Ravel: Daphnis et Chloé
    Eine der interessantesten Gesamteinspielungen des (vielleicht nicht nur umfangmäßig) größten Werks Ravels. Den beiden Munch Aufnahmen und Monteux an Charme, Raffinesse und französischer Farbigkeit (was man sich darunter halt so aus der Tradition vorstellt) unterlegen, dafür aber sehr modern, feurig und virtuos im Orchester. Hier erscheint Daphnis et Cloé zeitweise als französisches Gegenstück zu den Balletten Strawinskys. Orchester und Chor sind ordentlich aufgenommen. Aufnahme mit der NYP.

    DISC 34:****
    Berio: Nones
    Berio: Allelujah II
    Berio: Concerto for Two Pianos
    Boulez einziger “Ausflug” zur RCA. Berio ist als Original-Komponist nicht mein Fall (aber durchaus als Ver- und Bearbeiter!). Dennoch kann ich sagen, dass die Aufführungen mit dem LSO und dem BBC S.O. stimmig, intensiv und hervorragend gespielt und zudem gut aufgenommen sind.

    DISC 35-36:****
    Schoenberg: Moses und Aaron
    Für mich eine Ergänzungsalternative zu der grandiosen glühenden und spirituellen Einspielung mit Herbert Kegel. Bei Boulez klingen viele Farben anders – wegen des anderen Orchesters und Boulez Bestrebung, alles klar hörbar zu machen. Kegel dunkelt bewusst manche Stimmen ab, um eine Linie zu betonen. Natürlich bietet diese Oper (eigentlich kein passendes Wort) auch für die Protagonisten viele Möglichkeiten der Gestaltung. Beide Einspielungen überzeugen völlig. Bei Boulez spricht Günter Reich (Moses) und singt Richard Cassilly (Aaron). Das BBC S.O. spielt wieder mal vorzüglich für den umsichtigen Dirigenten.

    DISC 37:****
    Falla: El sombrero de tres picos
    Falla: Concerto for Harpsichord, Flute, Oboe, Clarinet, Violin and Cello
    Wieder eine Platte mit eher selten eingespielten Stücken. Besonders das sehr kammermusikalische Cembalokonzert wird kaum gespielt. Die Musiker um Igor Kipnis (Cembalo) zeigen das Stück in seiner ganzen spröden Schönheit. Die Mezzosopranistin Jan DeGaetani hat im Dreispitz nicht viel zu tun, dafür die Bläsersolisten der NYP umso mehr. Eine stimmige Aufnahme, die durchaus den Witz des Stückes Zeit. Wohl die beste US-Einspielung des gesamten Balletts.

    DISC 38:***
    Bartók: Bluebeard's Castle, Op. 11 (Sz 48)
    Leider kein optimaler Digital-Transfer. Hier wurde zuviel Wert darauf gelegt, das Grundrauschen der Aufnahme ganz zu entfernen. Dadurch entstehen in ganz leisen Passagen sogar leichte digitale Artefakte. Die Aufnahme selbst ist sehr gut. Siegmund Nimsgern als Blaubart und Tatiana Troyanos als Judith überzeugen, das BBC S.O. spielt hervorragend. Die Aufnahme hat einigen Raumklang, was man als Gestaltungsmittel klaustrophobischer Stimmung sehen kann. Eine sehr gute Interpretation, die aber doch manche Konkurrenz hat: Süsskind, Kertesz, Solti, Dorati … für mein Empfinden mit mehr innerer Spannung.


    DISC 39:***
    Dukas: La Péri
    Roussel: Symphony No. 3 in G minor, Op. 42
    Zwei große Werke, die selten eingespielt wurden. Von den offiziellen Aufnahmen der Dritten von Roussel mit amerikanischen Orchestern ist die mit Bernstein (1961) wohl die am meisten packende. Ebenfalls mit NYP lässt es Boulez wieder auf seine Weise etwas „cooler“ angehen. Auch wenn die Musik das „verträgt“, so reißt die Bernstein-Einspielung einfach mehr mit und die Musik gewinnt bei ihm an Farbe und Ausdruck. Allerdings stellt ein Livemittschnitt von 1967 mit Charles Munch und dem CSO Boulez und Bernstein weit in den Schatten (10 CDs: CSO CD00-10).
    Von Dukas „la Peri“ gibt es noch weniger Aufnahmen (einige von der kurzen Einleitungsfanfare). Ganz vorne sehe ich Ansermet mit einer wahrlich hymnischen Fanfare und einem sehr stimmungsvollen Ballett. Boulez ist mit der NYP aber wohl in puncto Orchesterfarben und Wohlklang die Referenzeinspielung gelungen.

    DISC 40:*****
    Bartók: The Wooden Prince, Op. 13 (Sz 60)
    Wieder eine kochkarätige Einspielung mit der NYP. Eine wunderbare Alternative zu Dorati und zu Boulez Aufnahme mit dem CSO, die ich allerdings trotz „DG-Klang“ auch nicht missen möchte.

    DISC 41:*****
    Varese: Amériques
    Varese: Ionisation
    Varese: Arcana
    Zu Recht ein “Klassiker“ mit der NYP. Interessant ist ein Vergleich mit Boulez neuerer Einspielung bei der DG mit dem CSO. Und Arcana natürlich in der unglaublichen Einspielung mit Martinon und dem CSO.

    DISC 42:** (für die zwei erwähnten Nuits Lieder gute *** Sterne)
    Berlioz: Les Nuits d'été, Op. 7
    Berlioz: La Mort de Cléopâtre
    Etwas Pech für Boulez, dass es „Les Nuit d´été“ in so viel zauberhaften Einspielungen gibt: Los Angeles mit Munch, Steeber mit Mitropoulos, Price mit Reiner, Danco mit Johnson, Crespin mit Ansermet und die Einspielung von „La Mort de Cléopâtre“ von Tourel mit Bernstein. Dankenswert ist, dass Boulez bei den „Nuits“ die Erstfassung für Tenor und Mezzosopran verwendet. Das wirft ein ganz ungewohntes Licht auf den Zyklus: mehr kommunikativ als monologisierend. BBC S.O. Die Einspielung ist in „Le Spectre de la rose“ und „Sur les lagunes“ (beide mit Yvonne Minton) herausragend, der Rest ist (besonders die Nummern mit Stuart Burrows) nicht so berührend bzw. schwächer. Leider ist auch die Intonation von Minton nicht immer makellos.
    „La Mort de Cléopâtre“ ist mit Bernstein und Tourel einfach wesentlich passender. Da bleibt Boulez und auch Minton trotz expressiver und voller Stimme zu blass.

    DISC 44:***
    Schoenberg: Pierrot Lunaire, Op. 21
    Eine Aufführung, die mehr auf Linie und den großen Zusammenhang als das Detail aus ist – der Eindruck ist ein wenig pauschal (mag auch mit an der Aufnahme mit viel Raumklang liegen). Yvonne Minton singt, wo Helga Pilarczyk (mit Boulez) und besonders Jeanne Héricard (mit Rosbaud – wundervoll bizarre Traum- und Nachtstimmungen) agieren mit der Stimme. Beides ist möglich: bei ersterem wird die Musik und Struktur betont, bei zweiterem der Inhalt und Kern des Stücks. Für mich (der ich wahrlich kein Fanatiker der Reihe bin) ist die Héricard/Rosbaud Aufnahme tatsächlich etwas für die Insel.

    DISC 45:***
    Wagner: Das Liebesmahl der Apostel
    Wagner: Sigfried Idyll
    Sicherlich singen die Männer des Westminster Choirs sehr gut. Aber das allein genügt für das Chorwerk des dreißigjährigen Wagner nicht. Eine gut deutsche Aussprache (unterschiede von e und ä) gehört ebenso dazu wie die Annäherung an die „Tannhäuser-Religiosität“. Wenn das Stück nicht innerlich glaubhaft vorgetragen wird, dann ist es überflüssig und wirkt peinlich. Bei Boulez herrscht der punktierte Rhythmus vor, der das sicherlich nicht allzu meisterliche Glaubensstück (ok, der sehr späte Orchestereinsatz hat etwas) anfangs stellenweise eher zu einem Marsch mutieren lässt. Nach wie vor ist die absolute Referenz die Aufnahme mit Wyn Morris (gekoppelt mit einer grandiosen Aufführung des späten Meisterwerks – musikalisch versteht sich – von Bruckners Helgoland). „Das Liebesmahl der Apostel“ nimmt bei Morris 20% mehr Zeit in Anspruch als bei Boulez.
    Die Originalfassung des „Siegfried Idyll“ mit der NYP ist m.E. besser gelungen. Schön, dass Boulez diese Fassung gewählt hat. Es ist eine Freude den großartigen Musikern mal ganz kammermusikalisch zuhören zu können.

    DISC 46-47:*****
    Webern: Passacaglia for Orchestra, Op. 1
    Webern: Entflieht auf leichten Kähnen, Op. 2
    Webern: Six Pieces for Orchestra, Op. 6
    Webern: Zwei Lieder für mittlere Stimme und acht Instrumente, Op. 8
    Webern: Five Pieces for Orchestra, Op. 10
    Webern: Vier Lieder für Sopran und Orchester, Op. 13
    Webern: Sechs Lieder für Singstimme und vier Instrumente, Op. 14 nach Gedichten von Georg Trakl
    Webern: Fünf geistliche Lieder für Sopran und fünf Instrumente, Op. 15
    Webern: Fünf Canons nach lateinischen Texten für Sopran, Klarinette und Baßklarinette, Op. 16
    Webern: Drei Volkstexte für Singstimme und drei Instrumente, Op. 17
    Webern: Drei Lieder für Singstimme, Es-Klarinette und Gitarre, Op. 18
    Webern: Zwei Lieder für gemischten Chor und fünf Instrumente, Op. 19
    Webern: Symphony for Chamber Orchestra, Op. 21
    Webern: Quartet for Clarinet, Tenor Saxophone, Violin and Piano, Op. 22
    Webern: Concerto for Flute, Oboe, Clarinet, Horn, Trumpet,Trombone, Violin, Viola and Piano, Op. 24
    Webern: Das Augenlicht für gemischten Chor und Orchester, Op. 26, Worte von Hildegard Jone
    Webern: Cantata No. 1, Op. 29
    Webern: Variations for Orchestra, Op. 30 (1940)
    Webern: Cantata No. 2, Op. 31
    Webern: Fünf Sätze für Streichquartett, Op. 5
    Webern: Fuga No. 2 (Ricercata) a 6 voci from Musikalisches Opfer, BWV 1079, No. 5
    Zu Recht ebenfalls ein „Klassiker“ und trotz der erweiterten Neueinspielung bei DG unverzichtbar! Mehr gibt es dazu gar nicht zu sagen – eine ganz wichtige Doppel-LP.

    DISC 48:*****
    Schoenberg: Verklärte Nacht Op. 4 (Version for String Orchestra (1943)
    Berg: Three Pieces from "Lyric Suite"
    Boulez Einspielung der Streichorchesterumsetzungen der beiden kammermusikalischen Stücke von Schönberg (Streichsextett) und Berg (Streichquartett) sind hervorragend gelungen - für mich eine der allerbesten Platten dieser Gesamtausgabe von Sony! Eine durchglühte Interpretation der Verklärten Nacht, die sich vor den zu Recht berühmten Produktion von Mitropoulos/NYP (Studio von 1958, Stereo) und Reiner/CSO (auf CSO-CD96A-2) und Klemperer/Concertgebouw (beide Live) nicht verstecken müssen. Bei Berg ist die Einspielung quasi konkurrenzlos … Die weitgefächerte Aufnahme mit schön eingefangenem Raumklang unterstreicht das Sinfonische dieser Musik.

    DISC 50:****
    Berg: Lulu - Suite
    Berg: Der Wein
    Wieder eine ausgezeichnete Aufnahme. Der Wein (mit Jessye Norman) ist in dieser vorliegenden deutschen Fassung ziemlich konkurrenzlos. In der französischen Fassung (die ich zur Stimmung des ganzen Werks passender finde) klingt Leinsdorf/BSO mit Phillis Curtin feiner und kammermusikalischer. Der Franzose Boulez hat hier eine sehr deutsche Auslegung vorgelegt…
    Die Lulu-Suite sollte man wohl noch mit Ormandy/Philadelphia und Dorati/LSO kennen, aber Boulez hat eine gute Balance zwischen klarer Disposition und Expressivität gefunden.

    DISC 52:
    Schoenberg: A Survivor from Warsaw, Op. 46
    Schoenberg: Variations for Orchestra, Op. 31 ****
    Schoenberg: Five Pieces for Orchestra, Op. 16 ****
    Schoenberg: Accompaniment to a Cinematographic Scene, Op. 34
    Die Orchestervariationen und die Fünf Stücke für Orchester sind großartig gelungen.

    DISC 54:***
    Schoenberg: Serenade, Op. 24
    Schoenberg: Lied der Waldtaube
    Schoenberg: Ode to Napoleon Buonaparte, Op. 41
    Die zweite Aufnahme der Serenade mit Boulez (1970) mit dem Ensemble Intercontemporain (die erste von 1961 ist bei Adès). Sehr stimmig, geradezu „klassisch“. Bei Leon Kirchner (1966) und besonders Mitropoulos (1949, wann endlich mal auf ordentlich CD?) ist die Musik zudem abgründig.
    Jessye Norman singt im Lied der Waldtaube sehr schön und fügt sich gut in die Kammermusikversion ein.

    DISC 57:****
    Boulez: Eclat
    Boulez: Multiples
    Boulez: Rituel (In Memory of Bruno Maderna)
    Durchaus Musik für die Sinne. In Éclat die vielen abgestuften Farben der Saiten und des Schlagwerks. In „Rituel“ mit dem BBC S.O. fasziniert das Sparsame und Strenge, eine Trauermusik. Alle Titel sind sehr gut aufgenommen.

    DISC 61:***
    Berg: Concerto for Violin and Orchestra (To the Memory of an Angel) ****
    Berg: Three Pieces for Orchestra, Op. 6 **
    Ein klar und natürlich musiziertes Violinkonzert. Diesbezüglich passen Zuckerman und Boulez perfekt zusammen. Hier empfinde ich das als Vorteil, denn so oft geht vor lauter Emotionen und „Absichten“ in diesem Stück die Disposition verloren.
    Die Drei Orchesterstücke op.6 habe ich in der ersten Einspielung mit Boulez kennengelernt und identifiziere das Stück mit diese Aufnahme. Die Platte von 1984 ist deutlich anders in der Anlage. Das Präludium ist ca. 20% zügiger und das ganze visionäre „nachmahlerianische“ Werk wirkt deutlich glatter. Leider.

    DISC 62:****
    Boulez: Le Marteau Sans Maître
    Boulez: II Notations Pour Piano
    Boulez: III Structures Pour Deux Pianos, Livre II
    „Le Marteau“ klingt in diesem (ausnahmsweise) Livemittschnitt deutlich ansprechender als in der frühen Studioaufnahme, welche deutlich in den Höhen gekappt (CD-Transfer?) und etwas verhallt ist. Auch die anderen beiden Stücke sind ausgezeichnet aufgenommen. Die Musik selbst hat sich mir noch nicht erschlossen. Die vier Sterne gelten einfach der ausgezeichneten Umsetzung der Musik.

    DISC 67:****
    Scriabin: Symphony No. 4, Le Poeme de l'extase, Op. 54
    Bartók: Four Pieces, Op. 12 (Sz 51)
    Bartók: Three Village Scenes (Sz 79)
    Stravinsky: Suite No. 1 pour petit orchestre
    Stravinsky: Suite No. 2 pour petit orchestra
    Das „Poème de l´extase“ zählt zu den besten Aufnahmen des Werks und die Vier Stücke op.12 Bartoks haben in dieser Qualität nur Konkurrenz von Ormandy. Bei Skrjabin und Bartok spielt das NYP.

    - - - - -

    EIN FAZIT

    Was kann man nun insgesamt zu der Box sagen? Die Hälfte der Aufnahmen sind überdurchschnittlich und ein Drittel oder Viertel wirklich ausgezeichnet. Bei den Platten, die mich nicht so ganz befriedigen, vermisse ich tendenziell zumeist am stärksten den rhythmischen Esprit und Mut mehr als die absolute Kontrolle zu wagen. Diese meine „Einschätzung“ ist natürlich rein subjektiv.
    Das, was die Stärke der meisten dieser Aufnahmen ausmacht (hervorragende amerikanische Orchester, klare Disposition), ist im Vergleich auch ihr Manko. Neben z.B. Reiner/CSO, ja öfters auch Bernstein/NYP und Munch/BSO kann Boulez oft nicht bestehen.
    Boulez ist ein großer Diener der Werke, aber der Hörer (also ich zumindest) möchte doch gern auch ein Quäntchen der Künstlerpersönlichkeit des Dirigenten in einer Aufführung / Aufnahme mitbekommen.

    Die Remasterings sind allesamt gut, wobei ich (wie schon bei Bernstein) Sony nicht so recht über den Weg traue, ob nicht doch hie und da etwas Raumklang hinzugefügt wird… Was leider immer wieder mal dem sehr aufmerksamen Ohr auffällt, sind nicht wirklich sauber ausgeführte Schnitte.

    Die Box ist sehr stabil, die Optik ist ansprechend. Das Booklet enthält alle wichtigen Angaben zu den Aufnahmen (natürlich nicht die originalen Plattentexte) und ein Komponistenregister, was bei solch einer umfangreichen Box wichtig ist. Sieben Seiten Einführungstext sind natürlich nicht viel. Besonders bez. des Verständnisses und der Neugierde an den zeitgenössischen Kompositionen rächt sich die Sparsamkeit am Text.

    Mal abgesehen von Verehrern Boulez, die nicht schon alles haben oder auf neuere CD-Transfers aus sind: Aufgeschlossene Hörer mit Lust auf Entdeckungen finden genauso etwas wie Freunde französischer und russischer Musik und der zweiten Wiener Schule. Bei einem Preis von etwas mehr als zwei Euro pro CD ist es wohl eher die Frage, wie groß die Schnittmenge mit eigenen Interessen ist – und ob die Box letztlich mehr Platz wegnimmt oder einspart, wenn man Doubletten abstoßen kann und möchte … *g*
    Motetten "Pange lingua" Motetten "Pange lingua" (CD)
    12.02.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    berührende Umsetzung neuer Einsichten

    Vor noch gar nicht allzulanger Zeit (also ein paar Jahrzehnten ;-)) war ich froh, dass immer mehr Motetten und andere geistliche Werke Bruckners überhaupt auf Tonträger erschienen sind - allerdings ausschließlich die lateinischsprachigen und so gut wie nichts von den weltlichen. Heute ist der interessierte Hörer in der Lage viele hochwertige Interpretationen mit verschiedenen Ansätzen zu vergleichen - sowohl in der Art zu singen als auch der Besetzung. So gibt es z.B. mittlerweile eine englische Einspielung, in der einige Motetten nicht in gemischter Besetzung aufgeführt wurden, sondern in Alt und Sopran mit Knabenstimmen. Dann gibt es ein zwei CDs, bei denen deutlich hörbar ein kleinerer Chor singt.

    Diese Aufnahme hier mit dem Dirigenten Philipp von Steinaecker und der Musica Saeculorum habe ich gekauft, weil mir die Einspielung der ersten Sinfonie von Bruckner mit diesem Dirigenten außerordentlich gut gefallen hat und mich auch der Ansatz des Musizierens (intimeres Klangbild, Behandlung der Streicher, alles auch von der Aufnahmetechnik unterstützt) überzeugt hat.

    Diese CD hier mit einigen bekannten Motetten (aber nicht nur!), die vom ganz frühen bis zum ganz späten Bruckner chronologisch angeordnet sind, hat meine mich Vermutung nicht enttäuscht:

    Es singt ein kleiner Chor (4 Sopr, 4 Alt, 4 Ten, 4 Bass - außer Thomas Volle nur englischsprachige Namen) mit einem intimen Kangbild (ebenso und sehr gut - ohne viel Hall, aber dennoch homogen - aufgenommen). Außer der guten Intonation (mit ein paar wenigen "Einbrüchen / Rückungen", die aber alle mitmachen - also vielleicht Aufnahmeschnitte?) hört man, dass jeder weiß, WAS er singt. Die Vision Steinäckers, die sich auch schon in dieser Art bei der ersten Sinfonie zeigte, ist wunderbar umgesetzt:

    Bruckners Musik erscheint als ganz lebendige Klangrede, sehr differenziert, fein, mit vielen unbekannten Farben - auch durch die kleine Besetzung. Manche Motetten (z.B. Tota pulchra es, Os justi, Chrstus factus est) berühren zutiefst - so wie ich es bist jetzt noch nie erfahren habe...

    Die Werke (Liveaufnahme):
    1. Pange Lingua (1. Fassung) - 2. Asperges Me - 3. Dir Herr, Dir Will Ich Mich Ergeben - 4. In Jener Letzten Der Mächte - 5. Totenlied Wab 47 - 6. Totenlied Wab 48 - 7. Ave Maria Totenlied Wab 47 - 8. Pange Lingua (Phyrgisch) - 9. Locus Iste - 10. Tota Pulchra Es - 11. Os Iusti - 12. Christus Factus Est - 13. Salvum Fac Populum Tuum - 14. Virga Jesse Floruit - 15. Vexilla Regis
    Ein Kommentar
    Anonym
    25.03.2024
    Der Verfasser der Rezension spricht von "weltlichen" Werken. Auf dieser CD gibt es aber keine weltlichen Werke, sondern ausschließlich geistliche. Auch die vertonten deutschen Texte sind Motetten!

    Lateinische und deutsche geistliche Werke.

    Janos Starker - Mercury Years Janos Starker - Mercury Years (CD)
    11.02.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    eine klangliche Verbesserung

    Die 5 CDs plus eine Doppel-CD (Bach Cellosuiten) von Janos Starker Aufnahmen bei Mercury sind schon seit vielen Jahren in konventionellen Jewelcases und europäischer Überspielung auf dem Markt. Der CD-Transfer der originalen Bänder hat mich nie so ganz und gar überzeugt (übrigens auch nicht bei den von mir sehr geschätzen monauralen Kubelik Aufnahmen mit dem CSO). Da ich mit Korea-Boxen in dem ominösen 002kr-Verfahren schon gute Erfahrungen gemacht habe (Soltissimo2 und zwei Boxen mit Westminster-Aufnahmen) wagte ich hier auch die schön und sehr stabil aufgemachte kleine Starker Box. Ich habe den Kauf nicht bereut, da einige der Überspielungen deutlich klarer und unverschleierter rüberkommen als in den europäischen Überspielungen.

    Janos Starker pflegte ja einen sehr obertonreichen und manchmal sehr hellen klaren Klang. Gerade letztere Eigenschaften gingen bei den älteren Überspielungen ein wenig im Grundrauschen und einer gewissen klanglichen Diffusität verloren. Bei Casals oder Fournier würde das nicht so sehr stören, bei Starker nimmt es doch etwas vom Wesentlichen seines Musizierens weg. Manche Einspielung klingt in der Korea-Box deutlich frischer.

    Die Einspielungen selbst sind allesamt "Klassiker" und berühmt geworden: Die Bach-Suiten und zwei Sonaten, Brahms und Mendelssohn Sonaten (mit dem Pianisten Sebök), das Dvorak-Konzert, Bruch Kol Nidrei und die Rokkoko-Variationen von Tschaikowsky (alle mit Dorati / LSO), die Schumann Lalo und Saint-Saens Konzerte mit (Skrowaczewsky und Dorati / LSO), die CD mit italienischen Sonaten, und die CD mit Chopin Mendelssohn Martinu Debussy Bartok und Weiner (mit Sebök am Klavier).

    Das Spiel Starkers ist ein wenig Geschmackssache (wie so viel an Interpretation von Musik). Wer sich bei Casals, Fournier, Navarra, Du Pré oder Rostropowitsch (die natürlich auch alle sehr verschieden sind) zuhause fühlt, dem wird Starker vielleicht ein wenig sachlich nüchtern und grade erscheinen. Machen Sie sich aber die Mühe mehrmals zu hören, denn Starker ist Meister der feinen Nuancen und durchaus leidenschaftlich beim Musizieren. Wenn man "Plakativeres" gewöhnt ist, dann müssen sich die Ohren - wie bei einem gedämpften Licht die Augen - erst einmal gewöhnen, um die Details wahrzunehmen.

    Die Aufnahmen sind alle in sehr gut bis ausgezeichnet klingendem Stereo, die CDs stecken in stabilen Papphüllen samt zusätzlicher Cellophan-Folie wie zu japanischen LP-Zeiten, das Booklet ist in englisch verfasst.

    Die paar sündhaft teuren SACD-VÖs von Mercury kenne ich leider nicht. Meine Erfahrung mit diesem Format sagt mir aber, dass das noch positive Überraschugnen geben könnte. Deshalb mal vorsichtshalber vier Sterne und nicht fünf.
    Symphonien Nr. 1-4 Symphonien Nr. 1-4 (CD)
    10.02.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    eine höchst empfehlenswerte Bereicherung!

    Der Name Hans Gál ist dem Musikliebhaber kaum bekannt – am ehesten noch als Verfasser der bekannten Brahmsbiographie (1961) und Herausgeber dessen Sinfonien. Doch Gál hat neben vielem anderen ebenfalls vier Sinfonien geschrieben. Und diese weisen in ihrer oft herbstlichen, unkünstlichen und doch so kunstvollen konzentrierten Schlichtheit gewisse Parallelen zu Brahms Werken auf.

    Auffällig ist in allen Sinfonien, dass Gál alle äußerne Extreme vermeidet, sowohl in Tempi, Lautstärke und Orchesteraufwand. Aber jede Sinfonie und jeder Satz hat ein eigenes Profil, eine Aussage, Stimmung. Der Kopfsatz der Ersten ist wie ein großer gesprochener Satz, der in den letzten Tönen sein ganz natürliches rhetorisches Ende findet.
    Der Dirigent Kenneth Woods trifft in seiner Interpretation diese herzliche, feine eher stille und doch auch humorvolle Tonsprache ganz genau.

    Ich kenne auch die Einspielung der zweiten Sinfonie mit dem von mir sehr geschätzten Dirigenten Thomas Zehetmair, dessen Ansatz „intellektueller“ ist und der das Adagio deutlich breiter nimmt. Auch wenn Kenneths Aufnahme unspektakulärer ist (was bei Gál eh nicht zu holen ist), so finde ich sein Dirigat noch konsistenter und dieses Werk noch in sich geschlossener als bei Zehetmair, der mehr detailverliebt ist.

    Das „Orchestra of the Swan“ klingt für den Hörer, der die großen Londoner Orchester im Ohr hat (Holzbläser), nicht unbedingt sehr englisch. Aber die Besetzung des Ensembles ist auch kleiner und die Homogenität des Klangkörpers sehr gut. In der „Sinfonia concertante“ (Sinfonie Nr. 4) fügen sich die Solisten (Querflöte, Klarinette, Violine, Cello) von Klang und Bewusstsein perfekt ins Ganze ein: kein „Konzert“, sondern eine Sinfonie, die etwas vom heiteren späten Richard Strauss hat, mit beigesteuerten „Gedanken“ der Solisten.

    Der Klang der Aufnahmen des Labels Avie (dort sind ja auch die Gál Produktionen mit Zehetmair veröffentlicht) ist ausgezeichnet. Die Doppel-CD ist eine höchst empfehlenswerte Bereicherung des bekannten Repertoires an Sinfonien.
    Symphonien Nr.1-11 Symphonien Nr.1-11 (CD)
    09.02.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    für Hörer, die schon Feuer gefangen haben

    Manche Rezensenten setzen oft nur ihren persönlichen Geschmack als Maß der Dinge (natürlich oft "rationalisiert") und haben nicht die Fähigkeit zur Differenzierung. Die Stärken bzw Schwächen von Werk und Interpretation zu unterscheiden ist auch tatsächlich nicht so leicht - besonders bei unbekannteren Werken. Wer nicht gerade eine Partitur lesend hören kann, dem bleibt nichts anders übrig als gerade bei selten gespielten Stücken möglichst viele Interpretationen zu vergleichen - und dann vielleicht irgendwann mal Werk und Interpretation trennen zu können ...

    Mein Weg zu Raff führte über die Aufnahme der Sinf. Nr.5 "Lenore" mit Bernhard Herrman / LPO bei Unicorn. Seit dem WEISS ich, dass ich mit diesem Sinfoniker nur Geduld haben muss, bis Stück für Stück eine wirkliche Sternstunde der Interpretation die eine und andere Sinfonie erlöst. Auch wenn dann nicht alle Werke die Qualität der Fünften (die keinerlei Vergleich zu scheuen braucht!) haben - hörenswert ist Raff allemal!

    Stadlmair ist definitiv NICHT das Beste, was zu erwarten ist!
    Aber diese Gesamtausgabe der Sinfonien ist etwas für den "fortgeschrittenen Liebhaber" dieser Musik, der weiß, dass er hier nur ein "informatives Zwischenstadium" erwarten kann. So gesehen ist diese Einspielung doch sehr hochwertig. Die eine oder andere der früheren Einzeleinspielungen bei Tudor ist stimmiger oder trifft die Stimmung besser, aber in der Summe gesehen ist, besonders was die Orchesterleistng und Qualität der Aufnahme angeht, die neue Tudor-Einspielung mit Stadlmair vorzuziehen. Zumindest in der preiswerten Gesamtausgabe...

    Zum Kennenlernen und Feuerfangen (!!!) würde ich unbedingt Bernhard Herrman mit der Fünften empfehlen (derzeit nur noch gebraucht zu bekommen)! Aber: wer erbarmt sich endlich einer remasterten Neuauflage der wunderbaren Unicorn-Aufnahmen??? Beim Erwerb einer gebrauchten CD von Unicorn empfehle ich diese gleich inspizieren, ob sie noch silbern ist. Viele Unicorn CDs werden mit der Zeit golden und sind dann irgendwann nicht mehr abspielbar!

    Auch ganz ordentlich ist die Dritte und Vierte mit Wetton bei Hyperion. Der hat zumindest auch ein sehr gutes Orchester ...
    Oberst Chabert (in deutscher Sprache) Oberst Chabert (in deutscher Sprache) (CD)
    28.01.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    eine maßstabsetzende Aufführung

    Die knapp eine Stunde und fünfundvierzig Minuten lange Oper "Oberst Chabert" von Hermann Wolfgang von Waltershausen (1882-1954) ist gerade 2011 für den CD-Markt und somit den Musikliebhaber wiedererschlossen worden. Kaum einer kannte diesen Dreiakter, in dem so wenig Protagonisten auftreten.
    Dabei ist die Handlung klar und das Libretto auch sprachlich schnörkellos. Die Musik geht absolut auf Text und Handlung ein, setzt kaum auf Arien, dafür auf psychologische Logik und schlüssige Dramatik.
    Allein beim Schluss hätte ich mir eine Abwandlung des Stoffs gewünscht (wie sie vielleicht Zemlinsky vorgenommen hätte). Da hätte aus der konsequenten auf "Tod und Verderben" ausgelegten Story ein noch vielschichtigeres Entwicklungspsychogramm werden können. Aber das ist ja nur meine Phantasie ...

    Die Wiederveröffentlichung der vorliegenden Aufführung vom 14.3.1956 mit dem idealistischen und visionären Dirigenten Charles F. Adler (u.a. auch Gründer von SPA-Records) und dem Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester übertrifft die Neuaufnahme mit dem Dirigenten Lacombe m.E. entscheidend. Hier ein paar Gründe für meine Behauptung:

    Die romantisch-klanglichen Aspekte (erinnern stellenweise auch mal an R. Strauss) der Komposition treten durch das eher "dünne" Orchester und die Klarheit des Dirigats in den Hintergrund, was die eher moderneren Züge hervorhebt.

    Otto Wiener, Gertraud Hopf, Julius Patzak und Franz Fuchs singen absolut klar
    und wortverständlich. Jeder überzeugt in seiner Rolle und erfüllt sie vollkommen mit jeweils seinen stimmlichen Möglichkeiten.

    Die monaurale Aufnahmetechnik unterstützt durch ein sehr direktes Klangbild die Ausrichtung am Wort. Ein (hier auch gar nicht vorhandenes) Textheft mitzulesen erübrigt sich...

    Der Digitaltransfer ist ausgezeichnet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine offizielle VÖ durch den ORF wesentlich besser klingen könnte.

    Fazit:

    unbedingt empfehlenswert für Menschen mit Lust auf eine neue Oper, die zwischen Romantik und Moderne steht - und natürlich alle Verehrer von Ch.F. Adler, Wiener und Patzak.
    Symphonie Nr.10 Symphonie Nr.10 (CD)
    27.01.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Auseinandersetzung mit Leben und Tod: "die Zehnte"

    Testament hat hier 2011 eine ganz großartige Veröffentlichung mit 3 CDS herausgebracht (SBT3 1457):
    Berthold Goldschmidt dirigiert Mahlers 10te Sinfonie in zwei Stufen der Aufführungsversion von Deryck Cooke.
    1.CD: Gesprächskonzert 1960 (1.Teil), der Diskurs um die 10te - mit Deryck Cooke als Sprecher und am Klavier und Goldschmidt als Dirigent des Philharmonia Orch.
    2.CD: Gesprächskonzert 1960 (2.Teil), eine Aufführung (mit kürzeren Auslassungen von Stellen, die noch nicht fertiggestellt waren) mit Goldschmidt und abermals dem Philharmonia Orchestra. Dieses Band wurde Alma Mahler vorgespielt und aufgrund des Hörens der unvollständigen Aufführung stimmte die Witwe des Komponisten öffentlichen Aufführungen der 10ten in Cookes Version zu!
    3.CD: eine komplette Konzert-Aufführung mit dem LSO von 1964.

    Berthold Goldschmidt (selbst Komponist) war entscheidend(!) daran beteiligt, dass die Cooke-Version so überhaupt entstanden ist.

    Auch wenn es in den beiden Aufführungen (besonders bei der 1964 im Finale) kleine "Live-Schwachstellen" und Fehler geben mag und die beiden folgenden Überarbeitungen der Cooke-Version noch wirklich etwas "gebracht" haben:
    Außer einer Live-Aufnahme mit Martinon und dem CSO kenne ich letztlich keine Aufführung / Einspielung, die so erfühlt, intensiv, klar und überzeugend ist wie die zwei vorliegenden Goldschmidts. Besonders stark finde ich die fragmentarische Version mit dem Philharmonia Orch auf CD2.

    Der Monoklang ist sehr ordentlich: eine Rundfunkproduktion - natürlich hier unter Verwendung der Originalbänder der BBC.

    - - - - -

    Hier eine kleine Übersicht über Aufnahmen der ZEHNTEN in ein paar exemplarischen Einspielungen:

    Fassung von Wheeler (die Version ist älter als die Cookes. Vielleicht wäre es der Mühe wert, die mal öfters aufzuführen um zu sehen, ob das eine Alternative zu Cooke ergäbe?)
    - Olson / Colorado MahlerFest Orchestra (unglaublich viel Patzer im Orchester, aber sehr stimmungsvoll, extrem trocken im Klang)
    - Olson / Polish RSO (viel versierter und sicherer, aber auch etwas kühler und relativ hallig im Klang)

    Prozess zur ersten Fassung von Cooke:
    - Goldschmidt / Philharmonia Orch.

    Fassung von Cooke (1.Fassung):
    - Goldschmidt / LSO (so wahrhaftig die Musik gespürt)
    - Ormandy / Philadelphia (immer noch sehr gut)
    - Martinon / CSO (ein Traum! sehr streng in Tempo und Zielstrebigkeit, aber was für eine Intensität im Orchesterspiel!)

    Fassung von Cooke (revidierte, 2.Fassung)
    - Morris / New Philharmonie Orch. (ein "Klassiker", leider immer noch nicht offiziell auf CD veröffentlicht!)
    - Wigglesworth / BBC National Orch. of Wales (erstaunlich gute Aufführung!)

    Fassung von Cooke (revidiert von C. und D. Matthews) - schön, das bei Rattle die Mitarbeit von Berthold Goldschmidt angeführt ist!
    - Rattle / Berliner Philh. (ich finde diese Aufführung in den beiden Scherzi sehr gelungen, in den anderen Sätzen
    sind die "Neuerungen" schlüssig und gut zu hören, das Dirigat selbst finde ich da nicht ganz überzeugend -
    besonders im Finale geht Rattle "die Luft aus" - ein wenig schade ... Die Berliner spielen gut für Rattle
    - Harding / RSO Frankfurt (live-Mitschnitt, sehr frei und stimmig)

    Fassung von Carpenter
    - Litton / Dallas S. O. (leider noch ohne Konkurrenz. Diese Fassung wird erst wirklich leben, wenn mehrere Interpreten sich dran versuchen - immer wieder ...)

    Fassung von Mazetti (die Version ist jünger als die Cookes und ist m.E. nicht so überzeugend)
    - Slatkin / Saint Louis S. O.

    Fassung von Samale Mazzuca (ebenfalls jünger als Cooke, m.E. interessanter als Mazetti):
    - Sieghart / Arnheim Philh. Orch.

    Fassung für Klavier-Solo von Stevenson / White:
    - Christopher White, Flügel

    - - - - - -

    Mit der "Zehnten" habe ich mich immer wieder beschäftigt. Das Werk steht mir seit dem Kennenlernen von ca. 40 Jahren sehr nahe. Die Cooke-Aufführungsversion halte ich für die lebenstüchtigste. Wahrscheinlich ist sie das auch deshalb, weil sie mittlerweile so oft gespielt wird. Das ergibt eine Eigendynamik, eigene Tradition und erleichtert den Dirigenten viel.

    - - - - -

    Meine sehr subjektiven Gedanken nach 40 Jahren Bekanntschaft mit der "Zehnten":

    Die "Zehnte" zeigt mir, dass ein Werk wichtiger sein kann als der Komponist selbst.
    Zur "Geburt" brauchte es:
    - den Schöpfer (Mahler)
    - einen weiteren demütigen und stilsicheren Komponisten für Intuitiv-Heikles (Goldschmidt). Es gibt ja weiße Flecken, besonders im Harmonischen und in Kontrapunkten.
    - und einen genialen "Nachspürer" mit Geduld und Bescheidenheit, der den langwierigen zähen Prozess des Material Sichtens und interpretieren (allein das eine Großtat!) der z.B. Entscheidung über Belassen oder etwas Hinzufügen aushielt und das Ganze von A bis Z durchzuhalten und abzuschließen (Cooke).

    Cooke und Goldschmidt haben der Sinfonie Mahlers einen eigenen Charakter in Farben und auch Harmonik gegeben. Der teilweise ausgedünnte, kühl blockartige, sehr durchsichtige und durchaus eigenwillige Orchestersatz lässt hie und da an Kompositionen 20 oder 40 Jahre später denken. Dieser passt aber gut zu Mahlers teilweise experimenteller Schreibweise - z.B. mit extrem häufigen Taktwechseln im zweiten Satz, dem rhythmisch differenzierten Umgang mit minimalen Motiven ...

    Eine sehr mutiges Projekt, bei dem demütige Bescheidenheit und peinlich genaues Abwägen keinen Widerspruch zu höchster Kreativität darstellen. Es gab ja unzählige Entscheidungen über Harmonisierungen, Auffüllungen, Verdopplungen, Motivik, Gegenstimmen und Instrumentierung zu treffen. Besseres als Cookes und Goldschmidts Arbeit hätte dem Werk unter diesen Umständen passieren können. So ist die "Zehnte" besonders deutlich ein Werk des 20ten Jahrhunderts geworden ...

    - - - - - -

    Noch mehr:

    Die "Zehnte" hat wie das "Lied von der Erde" und die Neunte auch das Thema der "Vollendung" des Lebens: in dem "Lied von der Erde" im ewig währenden Lebenszyklus der Natur, in der Neunten in der Auflösung bis ins Nichts - und die Zehnte zeigt, dass man auch "unvollendet" in Frieden gehen kann...
    Das ist schon offensichtlich die Absicht Mahlers beim Komponieren gewesen, aber durch die Nicht-Vollendung der Komposition erfährt das Thema nochmal eine neue Dimension.

    Also ein metaphysischer Aspekt: der des Gedenkens an Verstorbene, der Möglichkeit des Weiterlebens dessen menschlichen Wesens in anderen und der Kreislauf des "Stirb und Werde". In der Zweiten heißt es „es geht Dir nichts verloren“ – und daran denke ich auch bei der Geschichte der „Zehnten“:
    Eine Komposition, die der Komponist nicht mehr vollenden kann, erfährt ihre Geburt durch zwei andere Musiker, die an das Stück (und natürlich den Komponisten) glauben und dem Werk einen Teil ihres Lebens widmen und sich ganz und gar darin einfühlen, um es aufführbar zu machen.

    Ohne Cooke, Goldschmidt, Wheeler und die anderen Visionäre wäre die "Zehnte" vor der Geburt schon gestorben.
    So kann sie aber in tausenden von Ohren real gehört oder nur in der Vorstellung bei diesen Menschen wirken.

    Wenn ich an Verstorbene "denke", dann spüre ich sie in dem, was ich an ihnen als Menschlichstes und Stärkstes erlebt habe. Dazu mussten sie aber an mir wirken können, ich es an ihnen erleben können. Deshalb ist es so wichtig, dass Musik nicht nur GESCHRIEBEN, sondern auch GEHÖRT werden kann und gehört wird ...

    Dank den"Geburtshelfern" Cooke, Goldschmidt, Wheeler und anderen ist das mit der „Zehnten“ möglich, die Gustav Mahler „gezeugt“ hat.
    Beethoven: Complete Symphonies Beethoven: Complete Symphonies (CD)
    22.01.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Aaron Z. Snyders Nöte - oder die heutigen Möglichkeiten der Restaurationstechniken

    Vor ein paar Jahren habe ich schon einmal den Beethoven Sinfonien-Zyklus von 1939 mit Toscanini besprochen - ebenfalls beim Label Music&Arts, ebenfalls von Aaron Z. Snyder remastert. Das war die Ausgabe von 2007; und nun schon wieder eine weitere, nur sechs Jahre später (2013)? Haben sich die technischen Möglichkeiten der Restauration in diesem Zeitraum so rasant entwickelt/verbessert?

    Ich behaupte mal, dass der Grund für das neuerliche Remastering nicht neue Quellen (defintiv!) oder verbesserte Technik ist. Es ist wohl eher so, dass die Möglichkeiten der Aufbereitung von alten Aufnahmen mittlerweile so differenziert ist, dass mittels der feinsten Frequenzweicheneinstellungen und ausgeklügeltsten Rauschunterdrückungssysteme verschiedene klangliche "Philosophien" umgesetzt werden können: z.B. ein möglichst getreue Wiedergabe der Quellen mit allen "Zutaten" wie Rauschen Knistern Verzerrungen, um ja nichts am gespeicherten Klang zu verändern (so wie das Label PEARL das vor 20 Jahren konsequent praktiziert hat) - oder eine Wiedergabe, die möglichst den sinnlichen Eindruck des Hörens befriedigt und dafür mit allen erdenklichen technischen und physiologischen Tricks arbeitet. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich jedes Remastering - heute mehr denn je, denn die Möglichkeiten der Manipulation im feinsten Bereich sind sehr mannigfaltig geworden.

    Nun zur vorliegenden Aufnahme:

    Im Remastering von 2007 stand die Philosophie eines runden sehr fülligen farbigen Klangs (auch im Piano) im Vordergrund - meinen Ohren nach mit einer gewissen Kompression und auch deutlicherer Rauschunterdrückung in "Leerstellen" bzw. Passagen mit wenig Obertönen bzw. hohen Frequenzen: eine Lösung, die sehr geschmackvoll und befriedigend erreicht wurde. Der Ausgangspegel ist sehr hoch, quasi ein Remastering, das quasi sehr fürs Hören im Auto geeignet ist (was keine Kritik sein soll).

    Im Remastering von 2013 hat sich Snyder wieder mehr auf den originalen Rundfunkklang besonnen. Minimalste Oberfläche ist nun durchgängig ohne Farbveränderung zu hören (was mir persönlich sympatischer ist, denn auf EINE Farbe hört man sich schnell ein) und das Klangbild ist wieder minimal schärfer und leicht enger (ganz so wie viele M&A klingen) als 2007.
    Alles Unterschiedliche und Kritische bewegt sich aber im minimalen Bereich. Bei beiden Remasterings wurde durchaus mit Höhenabsenkungen zur Rauschminimierung gearbeitet, Artefakte (deutliche Verfärbungen, Farbveränderungen und klanglich "tote" Stellen) treten aber kaum auf. Alles in beiden Versionen ist gut zu hören!

    Welche Version nun besser ist? Das lässt sich objektiv nicht sagen, es ist tatsächlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Wer die akustische Illusion einer „heutigen“ Aufnahme haben möchte, ist vieleicht mit der 2007 besser bedient - wer ein möglichst unverfälschtes Klangbild haben möchte, der sollte zur 2013 greifen. Beides macht Freude zu hören und man kann nicht dankbar genug sein, dass ein Hörvergleich dieses wunderbaren Live-Zyklus auf solch einem Niveau möglich ist!

    Meinem Verständnis nach könnte es für die allermeisten Remasterings nur noch eine wesentliche Verbesserung geben: Die Verwendung eines wesentlich höheren Datenmenge/Frequenzbandes (40000 Hz), was der Farbigkeit, die Attacke und das Leuchten des Klangs stärkt und die Möglichkeiten der Bearbeitung des Trägerrauschens erweitert. Die Japaner haben da schon manches mit SACD-VÖs vorgemacht.

    Auch für diese Ausgabe von 2013 gibt es von mir eine uneingeschränkte Kaufempfehlung! Insgesamt ist es bewundernswert, mit welch "heiligem Ernst" Remasterer wie Aaron Z. Snyder ihre Arbeit tun...
    Klavierkonzert Nr.2 Klavierkonzert Nr.2 (CD)
    19.01.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Eine wunderbar stimmige Aufnahme! ... und etwas über die RCA-Aufnahmen

    Diesmal möchte ich Sagittarius, dessen Rezensionen ich oft gut verstehe und derem Inhalt zustimme, entschieden widersprechen.

    Erstmal zu "Technischen": Am Anfang gibt es nach dem Hornsolo (es ist natürlich EIN Solohorn - vielleicht noch Philip Farkas, der 1960 das Orchester verließ), wenn das Klavier einsetzt, eine kleine Intonationstrübung bzw. Schwebung im Unisono. Der Hornist selbst kann das kaum hören, das Klavier ist einfach zu weit weg und der Pianist kann an der Intonation natürlich auch nichts drehen.
    Also ist es eine Sache des Dirigenten bzw des Aufnahmeleiters. Der Moment der Aufnahme des Takes, das Abhören des Takes, die Entscheidung darüber, welcher der alternativen Takes verwendet wird, wenn mehrere vorhanden sind.

    Ich vermute, dass - wenn schon Richard Mohr und Erich Leinsdorf nichts dazu gesagt haben - Fritz Reiner spätestens bei der Auswahl der Takes diese kleine Unstimmigkeit nicht hätte stehen lassen (wenn sie denn überhaupt vorgekommen wäre). Allerdings gibt es auch bei Reiner-Aufnahmen ganz bewusst in Kauf genommene "Schwächen" - z.B. in Ravels Rhapsodie Espagnole die beiden deutlich nicht synchronen Klarinetten im ersten Satz.

    Allerdings ist das auch schon das einzige, das überhaupt hier "kritisiert" werden kann. Wer sich dran stören mag, kann es gleich nach ein paar Sekunden für drei Sekunden tun ...

    Ansonsten hört man hier eine der allerbesten Aufnahmen dieses Konzertes. Ich habe bestimmt 20 Einspielungen des B-Dur-Konzertes und auchte auch schon deshalb auf die vielen möglichen Aspekte der Einspielungen.

    In der vorliegenden Studio-Aufnahme sind das ganz Besondere die Intensität in Verbindung mit klanglicher Perfektion, die Synergie der Aufnahmetechnik, die Orchestersoli (eins schöner wie das andere: Horn, Oboe, Cello), das ruhig-lyrisch kraftvollen Dirigat und Orchesterspiel (absolut stimmig von der Aufnahmetechnik Mohr/Layton unterstützt - von wegen "grobkörnig"...) - und natürlich ein Sviatoslav Richter in Hochform. Alles passt zusammen ...

    Für mich gibt es in dieser Kombination der Aspekte kaum noch Einspielungen, am ehesten die anderen beiden Chicago-Aufnahmen mit Reiner: die mit Gilels, die natürlich anders, nämlich drängender in der Anlage ist, und gleichwertig dazu die Einspielung mit Cliburn. Dieser gibt dem Stück vielleicht weniger zusätzliches starkes persönliches "Extra-Profil".
    Aber genau das war auch Reiners Vorstellung der Interpretation: Die Musik soll einfach von alleine sprechen können- und die "Interpreten" nur alles dazu tun, dass das in möglichster Klarheit und Stimmigkeit mit klanglicher Phantasie geschehen kann ...

    Schön, das Menschen Musik so unterschiedlich wahrnehmen - so geht der "Gesprächsstoff" darüber nie aus ... :-)

    Also VON MIR eine unbedingte Kaufempfehlung für die Richter/ Leinsdorf-Aufnahme des Brahms 2ten !
    Svjatoslav Richter -  The Complete Album Collection Svjatoslav Richter - The Complete Album Collection (CD)
    16.01.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Unerhörtes . . .

    Eine wichtige Veröffentlichung, die bei mir Begeisterung, aber auch gemischte Gefühle hervorruft...

    1.CD Brahms Klavierkonzert Nr.2 mit dem CSO und Leinsdorf.
    Nach wie vor wunderbar lyrisch, kraft- und phantasievoll von Richter mit wunderbaren Soli Im Orchester - und eine sehr aufschlussreiche Alternative zur der ein gutes halbes Jahr später entstandenen Aufnahme mit Reiner und Gilels. Was mir bei dem Wiederhören der Richter/Leinsdorf-Aufnhame nach längerer Zeit aufgefallen ist: Eigentlich klingt sie nicht nach einer Layton-Aufnahme - seltsam... Sehr gut, aber ich habe den Klangeindruck einer größeren Entfernung als bei den Reiner-Aufnahmen. Das wirft für mich die Frage auf, wieweit Reiner im Studio nochmal den Aufnahmeklang beeinflusst hat. Er war ja sehr am Endprodukt interessiert. Ein paar interessante Worte dazu sehen im Begleitbüchlein des großen Reiner-Box von Sony.

    --- 2.-10.CD sind MONAURAL, kein Platten-Equipment, sondern Livemitschnitte aus der Carnegie-Hall, mit einfachem Equipment aufgenommen.

    2.+3.CD Beethoven-Sonaten op.2/3, 14/1, 26 + op.54, 57 und Zugaben Schubert, Schumann, Chopin
    (19.Oktober 1960 Carnegie-Hall)
    Kurz einhören muss man sich schon in das doch enge Frequenzband dieser monauralen Bänder - vielleicht hätte man etwas Rauschen wagen können (aber die Beschneidungen sind akzeptabel - und das Husten weniger störend)...
    Was einem da aber aus dem Lautsprecher an Lebendigkeit, Ausdruckwillen, Gestaltung, Klangschönheit und Natürlichkeit entgegenkommt, macht einfach staunen ... Schon allein diese Mittschnitte rechtfertigen m.E. den ersten Satz meiner Rezension. Denn was nützt die VÖ eines möglichst umfangreichen Repertoires bei Decca und DG, wenn sich hier in diesen 18 CDs der RCA/Sony der Pianist von seiner himmelstürmendsten Seite zeigt?
    Ob die Pausen zwischen den Sonaten tatsächlich so kurz waren? Es klingt eigentlich nicht geschnitten und ist auch stimmig vom Fluss ... Was für einen Geist und welche Kraft Richter da besaß. Es gibt sowieso in diesen ganzen Mitschnitten immer wieder stellen, wo man denkt: "Jetzt zerlegt Richter den Flügel..."
    Spannend ist natürlich zudem der Vergleich mit der ein dreiviertel Jahr zuvor entstandenen Studioaufnahme von drei Beethoven-Sonaten. So sehr ich diese schätze und sie auch durch pianistische Raffinesse dem Mitschnitt überlegen ist - um wieviel freier, wagemutiger und existenzieller ist doch letzterer ... samt Fußschlagzeug-Einsatz... ;-)

    4.+5.CD reines Prokofieff-Konzert (23.Oktober 1960 Carnegie-Hall)
    Dieser Transfer klingt etwas offener (also besser) als der des Konzerts vom 19.Oktober.

    6.+7.CD Haydn Sonate Nr.50, Schumann 3 Noveletten, Debussy Suite Bergamasque und ausgewählte Images und Préludes (25.Oktober 1960 Carnegie-Hall)
    Beim Debussy stört die Unruhe (Husten u.a.) im Saal doch ein wenig. Hm, also das Publikum bei Michael Nuber (siehe meine eigenen CDs: JAW-Records – hier bei Amazon) ist schon wesentlich besser erzogen… ;-)

    8.+9..CD Beethoven op.10/3, Schumann (wie 23.10), Rachmaninoff 13 Preludes, Chopin, Debussy, Prokofieff
    (28.Oktober 1960 Carnegie-Hall)

    10.CD Schumann C-Dur Fantasie, Skrjabin 5te Sonate, Rachmaninoff, Ravel, Chopin
    (30.Oktober 1960 Carnegie-Hall)

    --- 11.+12.CD in hervorragendem Stereo - Studioaufnahmen

    11.CD Beethoven Klavierkonzert Nr.1 mit Munch BSO + Klaviersonate op.54
    Die armen Remasterer... aber sie haben es gut hinbekommen. der so störende Brumm (auf der XRCD verdirbt er einem wahrlich das Hören) im ersten Satz taucht nur in der Stelle mit dem Liegeton (ging wohl nicht anders wegen der Klangfarbe des Horns) und danach nochmal auf. Dieser Transfer ist wesentlich offener und voller im Klangbild als die VÖ bei BMG "classic library". Die Aufführung eh zu recht berühmt.

    12.CD Beethoven Klaviersonaten op.57 + 26 (RCA Studioaufnahme, Layton)
    Hervorragend gelungenes Remastering! zwei wundervolle Stereo-Aufnahmen!

    --- 13.+16.CD Obwohl aus der Zeit wie die bei Columbia veröffentlichten Mitschnitte, klingen diese viel offener, präsenter (vielleicht etwas zu direkt abgenommen) – also die vier RCA-Platten sind klanglich wesentlich besser als die neun Columbia-Mitschnitte. CD15+16 kann man durchaus als Stereo bezeichnen, für meine Ohren (mit Kopfhörertest) die CD13+14 aber keineswegs. Für mich klingt das nach ausreinem Mono, auch wenn LSC auf den Hüllen und Stereo auf den CDs steht.

    13.-14.CD Haydn, Chopin, Rachmaninoff, Ravel, Prokofieff
    (26.Dezember 1960 Carnegie Hall)

    15.-16.CD Haydn, Chopin, Rachmaninoff, Ravel, Prokofieff, Debussy
    (28.Dezember 1960 Mosque Theatre)

    17.+18.CD Brahms Sonate Nr.1, Liszt, Schubert + Beethoven Klavierkonzert Nr.1 (Eschenbach und Schleswig Holstein Festival Orch.) u.a.
    (1977 Aldeburgh, 1988 Flensburg)
    Was soll ich sagen – ich mag einfach den JUNGEN Richter … Die Solo-Stücke sind sehr gut, mit Klangsinn und Übersicht… aber mir fehlt etwas ... vielleicht das Feuer, wie ich es bei ihm weiß?
    Das Beethoven-Konzert Nr.1 ist auch interessant – aber leider nur in der Einsicht, wie ein starres, fades Dirigat (es gibt noch sonst Gutes von Eschenbach als Dirigent!) und Orchesterspiel auch den Pianisten bremst. Es ist kaum zu glauben, dass hier derselbe Pianist spielt wie bei Munch mit Boston … Auch aufnahmetechnisch hat Layton das besser gemacht …

    FAZIT:

    Die Box ist bezüglich der Carnegie-Hall-Konzerte der Columbia (9 CDs) kein Ohrenschmaus für HiFi-Verwöhnte: Mono, mit engem Frequenzband (kaum Bässe, enge Höhen) und manchmal unruhigem Publikum. Bei langem Hören im Klangbild durchaus etwas anstrengend. Vielleicht das, was sich mancher unter „historischer Aufnahme“ vorstellt – allerdings ohne Rauschen und Oberflächengeräusche, nun, es sind ja auch Tonbänder, die man vielleicht besser etwas weniger gefiltert hätte. Aber ich kenne ja nicht dem „originalen“ Klang…
    Musikalisch sind diese Konzerte allerdings einmalig – Richter war nie besser …

    Ansprechend sind die vier RCA-VÖs der zwei 60ziger Konzerte.

    Dann natürlich die 3 Studio-LPs – ein absolutes MUSS!

    Das „Neuere“ (letzte 2 CDs) ist für mich nicht zwingend …

    Was mir nun nach dem Durchhören hängebleibt ist die etwas bedrückende Frage, ob die neun Columbia-CDs (also fünf Live-Konzerte) nicht hätten noch besser remastert werden können?

    Wenn jemand das beschriebene Klangbild der neun Columbia-CDs nicht schreckt – dann gebe ich ihm eine unbedingte Kaufempfehlung!

    ach ja - wie können hier mehrere Menschen schon eine Woche vor der Veröffentlichung des Box Bewertungssterne abgeben???
    Fritz Reiner - The Reiner Sound Fritz Reiner - The Reiner Sound (SACD)
    11.01.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    einmalig, großartig - und unbedingt diese Überspielung!

    Die Rhapsodie Espagnole und die Pavane von Ravel - und die Toteninsel von
    Rachmaninoff: Alle diese drei "Klassiker" des 20ten Jahrhunderts sind hier in einmaligen Aufführungen zu hören. Besonders im Fall der Toteninsel meines Erachtens nicht erreicht und unüberbietbar in Intensität und Unbedingtheit des Musizieres. Es wird viel mehr als "musiziert" und "dirigiert" - es IST alles DIE MUSIK SELBST!
    Wer den Rückschluss zieht, Fritz Reiner anhand seines menschlich zweifelhaften Verhaltens Orchestermitgliedern gegenüber musikalisch als gefühlarm oder kalt einzuschätzen, liegt völlig falsch. Der Rachmaninoff (und viele andere Aufnahmen) beweist klar das Gegenteil.

    Nun zum Technischen - und das ist das besondere dieser Ausgabe:

    Living Stereo auf SACD, veröffentlicht von Analog Productions:
    Kaum zu glauben - aber es geht doch tatsächlich immer noch ein kleines bisschen besser!

    Hier ein paar Gedanken, die zum allgemeinen Verständnis wichtig sind:

    Im Gegensatz zu den meisten Tonaufnahmen leben die Reiner-Chicago-Platten ABSOLUT vom Klang. Hier gibt es keinen Weihrauch oder Mystifiziertes wie bei vielen großen Dirigenten wie Furtwängler, Karajan, Klemperer usw. Es gibt auch keine "Alleinstellungsmerkmale" wie bei manchen Maestri wie Celibidache, manchmal auch Klemperer und Karajan (Geschwindigkeit, Balance, andere Eigenmächtigkeiten usw.).

    Bei Reiner zählt AUSSCHLIESSLICH das HÖREN und somit die Leistung und der Klang des Orchesters. Hier lebt die Partitur, die Musik ist essenziell quasi in der Architektur der Klänge. DAS ist das Besondere der Chicago-RCA-Aufnahmen mit Reiner. Deshalb ist hier auch die bestmöglichste Überspielung wichtiger als sonst. Das ist wohl auch der tiefere "Sinn", dass diese Aufnahmen glücklicherweise so exzeptionell gut aufgenommen sind.

    Die vorliegende Überspielung ist zwar kostspielig, aber sie ist ihr Geld wert. Im Vergleich zu den XRCDs sind die paar bereits erschienenen Living Stereo von Analog Productions etwa subjektive 5% besser. Erstere klingen auch ausgezeichnet, wenn auch mit etwas Rumpeln und etwas engerem Streicherklang.

    Im Vergleich zu den BMG-SACDs sind die Living Stereo von Analog Productions subjektive 15% besser. Klarer definiert, präsenter und ohne Hinzufügung von fremdem Raumklang.

    Musikalisch wie klanglich (und das ist - hier wie hier ausgeführt - ja dasselbe) ist jeglicher Schleier zwischen Musik und Hören weggezogen, den ansonsten die meisten CDs haben.
    Leutnant Kije-Suite op.60 Leutnant Kije-Suite op.60 (SACD)
    11.01.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    wegweisend und einmalig - wie auch diese Überspielung!

    Die Leutnant Kije Suite von Prokofieff und das Lied der Nachtigall von Strawinsky: Wiederum zwei Aufnahmen von Werken 20ten Jahrhunderts in einmaligen Aufführungen. Beide mit unüberbietbarer rhythmischer Rafinesse, einem magischen Klangsinn (z.B. der Solisten Adolph Herseth Trompete, Ray Still Oboe u.a. !), untrüglichem Sinn für Balance und Proportionen - und Virtuosität, die nur dem Werk dient. Keinerlei Mätzchen, keine Effekte - nur die purer Musik ...

    Nun zum Technischen - und das ist das besondere dieser Ausgabe:

    Living Stereo auf SACD, veröffentlicht von Analog Productions:
    Kaum zu glauben - aber es geht doch tatsächlich immer noch ein kleines bisschen besser!

    Hier ein paar Gedanken, die zum allgemeinen Verständnis wichtig sind:

    Im Gegensatz zu den meisten Tonaufnahmen leben die Reiner-Chicago-Platten ABSOLUT vom Klang. Hier gibt es keinen Weihrauch oder Mystifiziertes wie bei vielen großen Dirigenten wie Furtwängler, Karajan, Klemperer usw. Es gibt auch keine "Alleinstellungsmerkmale" wie bei manchen Maestri wie Celibidache, manchmal auch Klemperer und Karajan (Geschwindigkeit, Balance, andere Eigenmächtigkeiten usw.).

    Bei Reiner zählt AUSSCHLIESSLICH das HÖREN und somit die Leistung und der Klang des Orchesters. Hier lebt die Partitur, die Musik ist essenziell quasi in der Architektur der Klänge. DAS ist das Besondere der Chicago-RCA-Aufnahmen mit Reiner. Deshalb ist hier auch die bestmöglichste Überspielung wichtiger als sonst. Das ist wohl auch der tiefere "Sinn", dass diese Aufnahmen glücklicherweise so exzeptionell gut aufgenommen sind.

    Die vorliegende Überspielung ist zwar kostspielig, aber sie ist ihr Geld wert. Im Vergleich zu den XRCDs sind die paar bereits erschienenen Living Stereo von Analog Productions etwa subjektive 5% besser. Erstere klingen auch ausgezeichnet, wenn auch mit etwas Rumpeln und etwas engerem Streicherklang.

    Im Vergleich zu den BMG-SACDs sind die Living Stereo von Analog Productions subjektive 15% besser. Klarer definiert, präsenter und ohne Hinzufügung von fremdem Raumklang.

    Musikalisch wie klanglich (und das ist - hier wie hier ausgeführt - ja dasselbe) ist jeglicher Schleier zwischen Musik und Hören weggezogen, den ansonsten die meisten CDs haben.

    Eine unbedingte Kaufempfehlung!
    Symphonie Nr.9 (4-sätzige Version) Symphonie Nr.9 (4-sätzige Version) (CD)
    05.01.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Nein - zumindest NOCH nicht ...

    Ob nun Wildner einen Rezensenten hier "kalt lässt" oder ob ich schreibe, dass das Packende bei Rattles Einspielung zum Großteil dem engagierten Spiel des BPO geschuldet ist - es sind alles ganz Subjektive Wahrnehmungen von Interpretationen...
    Interessanter und "diskussionswürdiger" finde ich die Frage des Umgangs mit dem Finale der Neunten Bruckner.

    Vorher aber noch MEIN subjektiver Satz zu dieser Aufführung hier - und dabei greife ich mal nur das Kritische heraus:
    Mir klingt diese Neunte etwas zu irdisch-sinnlich: ein wollüstiges Schwelgen in den möglichen schönen oder schaurigen Orchesterklängen. Quasi etwas zuviel Wagner ... Klar können die Berliner damit Punkten. Ich bevorzuge da doch mehr das "Metaphysische", manchmal Emotionslose, Kalte, Verstummende und gerade dadurch eine menschlich-unfassbare Welt Öffnende eines Guilini mit Chicago oder Klemperer mit Philharmonia Orchestra - oder das wirklich "Katholische" und Herzergreifende von Keilberth.
    Was das vollendete Finale angeht, so hat - was die Interpretation (nicht die Fassung) anbetrifft – Kurt Eichhorn den Maßstab gesetzt. Und damit zum Wesentlichen dieser Besprechung – dem umstrittenen Finale:

    GRUNDSÄTZLICHES ZUM FINALE

    Ich freue mich sehr, dass durch die Aktivitäten verschiedener Musikwissenschaftler, Komponisten und Dirigenten - also auch Einspielungen wie dieser - ein neues Bewusstsein in Sachen Bruckner 9te (bzw. die Bedeutung dessen Finales) mittlerweile "Früchte trägt". Seit hundert und mehr Jahren werden ein paar unvollendete Werke der Musikgeschichte einfach als "fertig" bezeichnet und auch so behandelt - und manchmal werden dabei zudem die ausgesprochenen Wünsche und Absichten der Komponisten grob missachtet…

    Nun ein paar Fakten:

    Im Falle der letzten Bruckner-Sinfonie gibt es kein vom Komponisten fertiggestelltes Finale, leider noch nicht einmal als durchgehende Skizze. Es ist nicht ganz geklärt, wie weit Bruckner mit seinem Finale gediehen ist. Die Spekulationen reichen von einem gut ausgearbeiteten klaren Particell bzw. Partitur bis in die Coda hinein bis zur Vermutung einer im Grunde fertiggestellten Komposition. Was feststeht ist, dass viele Notenblätter von Bruckners Arbeit am Finale von Souvenirjägern quasi an dessen Totenbett geraubt wurden. Einiges davon ist über die letzten Jahrzehnte wieder aufgetaucht. Es kann also durchaus sein, dass noch mehr Material dazu auftaucht und irgendwann der Punkt erreicht ist, dass die Komposition (mit Vorbehalten) wie die Mahler 10te als schlüssige Aufführungsversion (im Sinne von Deryck Cooke) fertiggestellt werden kann. Eine vollendete Neunte aus den Händen Bruckners werden wir nie hören, bestenfalls eine mehr oder wenige ausgearbeitete Arbeitspartitur.

    Der momentane Stand erlaubt schon halbwegs schlüssige Varianten bis in die Reprise des Satzes hinein, von der Krone der Werks, der alles entscheidenden Coda, gibt es außer mündlichen Anmerkungen allerdings nach wie vor keine Note.

    Nebenbei bemerkt: Auch die ersten drei Sätze sind nicht "vollendet", da Bruckner nach Fertigstellung des Werks das Gesamte nochmals durchgesehen, revidiert und vielleicht Wesentliches geändert hätte!

    a) Bruckners "Neunte" ist ohne Finale ein unvollendeter Torso! Wer behauptet die Neunte sei in ihrer Dreisätzigkeit vollkommen, redet sich die Sache schön ...
    b) Eine seriöse vollständige Aufführungsversion kann nicht erstellt werden, besonders da für die letzten ca. 7 Minuten jegliches Notenmaterial fehlt.

    Wie nun in der Praxis mit den Fakten umgehen? Die Möglichkeiten:

    1. Die Neunte dreisätzig aufführen mit eindeutigen Informationen zur Rezeption und Konzeption des Werks im Programmheft bzw. CD-Textheft. So wird zumindest die Dimension der Werks angesprochen, die Illusion einer dreisätzig vollendeten Neunten findet ein Ende und dennoch ist die Frage der Qualität der Skizzen nicht berührt. Eine Variante für Dirigenten, die vom Final-Entwurf nicht wirklich überzeugt sind.

    2. Eine Aufführung als Werkstattkonzert, so wie Harnoncourt es getan und es auf CD festgehalten ist. Dabei wird nur das vorhandene authentische Material Bruckners verwendet. Der Zuhörer bekommt genauen Einblick in den Stand der Forschung und kann sich von den Fragmenten faszinieren und seine Phantasie anregen lassen.

    3. Eine „normale“ Aufführung mit der Exposition des Finales. Die Exposition benötigt nur wenige Retuschen, da sie vollständig in Bruckner Arbeitsprozess vorliegt. So bekommt der Hörer einen Eindruck von der Idee des Finales mit den Hauptthemen in einer quasi „abgebrochenen“ Aufführung.

    4. Eine Aufführung mit Hilfe fremder Hand bis zum Reprise erweitertem Finale. Das erfordert aber ein paar frei hinzugefügte Takte und es existieren schon zwei sehr befriedigende Fassungen. Auch wenn hier stark das Reich der Spekulation betreten wird, so bekommt der Hörer doch einen großen Eindruck des Finales, je nach dem zwei Drittel bis drei Viertel des Satzes.

    5. Eine Aufführung mit einer der Versionen des „vervollständigten“ Finales durch Musikwissenschaftler / Komponisten. Das letzte Viertel ist allerdings frei komponiert, im besten Falle nach den mündlichen Angaben bzw. die wenigen Noten über die Themenverarbeitung der Coda. So verlockend es ist, im Konzert oder auf CD vier abgeschlossene Sätze zu hören: Es ist genauso eine Illusion wie die einer „vollendeten“ dreisätzigen Version.

    Ich persönlich präferiere die Varianten zwei bis vier. Die erste bietet keine Vision fürs Ohr und die letzte zu wenig Bruckner. Eine sechste Variante wäre Bruckner „letzter Wille, falls das Werk unvollendet bliebe“: die Aufführung der Exposition mit abschließendem Te Deum oder nur dem Te Deum als Abschluss der Sinfonie. Allerdings war Bruckner stark Pragmatiker (aber nur was das Aufführen angeht!) und es stellt sich die Frage, ob er mit diesem „Notbeschluss“ (von dem man nicht weiß, ob er überhaupt greift) eher die Aufführung der Sinfonie ermöglichen wollte als dem Werk zu einem stimmigen Abschluss zu verhelfen. Außer der offensichtlichen Widmung an den lieben Gott ist den beiden so unterschiedlichen Werken wohl nichts gemein.

    ZUR INTERPRETATION DES FINALES DURCH RATTLE UND DIE FASSUNG VON „SPCM“

    Wie schon in den ersten drei Sätzen gibt es hier viel pralle Sinnesfreude, mir persönlich zu wenig Spiritualität. Jaja, das ist ganz dünnes Eis … aber wie etwas über musikalische Empfindung in Worten sagen? Andererseits bringen die Berliner im Gegensatz zu den anderen Einspielungen mit Finale ordentlich Sehnen und Fleisch auf das durchaus vorhandene Knochengerüst. Die zu verbindende erste größere Lücke nach der Exposition zum Übergang zur Fuge ist m.E. noch nicht ganz glücklich gelöst – zuviel rauf und runter. Dafür ist die frei erfundene Codaschichtung eine durchaus zündende Idee – aber noch längst nicht fertig! Nochmal ein zwei geniale Anläufe (durch weitere Mitarbeiter?), dann könnte es vielleicht überzeugen, auch wenn es kein Bruckner ist. Und: ist das denn wichtig? Dazu ganz am Schluss mehr.

    FAZIT:
    Es ist nicht Bruckner Neunte wie sie sein könnte - - auch wenn man das Arbeitsstadium für bare Münze nimmt. Es ist auch bezüglich der Komposition des Finales in den Übergängen und der Coda hoffentlich noch nicht das letzte Wort gesprochen. Ein paar neu aufgefundene Skizzenblätter könnten da viel bewegen!

    Ausblick …

    Eine verwegene These: Vielleicht ist ja die zehnte Mahler (dort m.E. genial durch Cooke gelungen!) und neunte Bruckner nur und NUR dann richtig zu Ende geschrieben, wenn ein Komponist oder Musikwissenschaftler unserer Zeit Hand daran legt – in einer gewagten Modernität, die Bruckners Rahmen sprengt und dennoch seine Spiritualität trifft! Denn es stellt sich tatsächlich die Frage, was nach dem letzten Höhepunkt des dritten Satzes Bruckner in den Schichtungen der Coda noch hätte schreiben können oder geschrieben hat bzw. im Kopf hatte?
    Dreht es sich denn um die Autorenschaft eines Komponisten oder um das Eigenleben und die Aussage eines visionären Stücks, um das der Komponist gerungen hat?
    Bis jetzt ist die Antwort Gottes zu alldem im Falle Bruckner ein Schweigen …
    Klavierwerke Klavierwerke (CD)
    05.01.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Romantisch, aber nicht romantisierend

    Schon die ersten paar Akkorde lassen erkennen, dass hier eine Musikerin mit Klangsinn und Visionen am Flügel (kein Cembalo!) sitzt. Jegliche Aufmerksamkeit auf sogenanntes historisch informiertes Spiel oder ebensolchen Klang (was auch nicht zu finden wäre) überlagert sofort der große Zauber, den Marcelle Meyer der Musik von Jean-Philippe Rameau entlockt: große Linien, frei schwebende Rhythmen, feine wohlüberlegte Arbeit mit der Dynamik, der helle klare und doch nicht scharfe Klavierklang (sehr nah abgenommen, sodass man sogar in den zumeist 1953-Aufnahmen leicht das Schlagen der Mechanik hört). Und immer bleibt dabei die Musik letztlich im Feinen und Leichten. Die unterschwellige Melancholie kann sich ganz natürlich aus den Werken heraus entfalten, Nichts wirkt aufgesetzt oder unangemessen. Die große Kunst von Marcelle Meyer ist, dass sie bei all ihrer Brillanz und Souveränität ganz zugunsten der meist zarten Kleinode Rameaus zurücktritt – egal ob im Lyrischen oder subtil Virtuosen.

    Die Doppel-CD von Erato (Warner) ist wohl optimal überspielt, zumindest entscheidend besser als in älteren Ausgaben (anscheinend wurde dieser Digital-Transfer auch in der 17-CD Box verwendet, die ich aber nicht kenne). Ansonsten in der Gestaltung das Übliche aus dem „EMI-Umfeld“: Ohne Lupe geht da bezüglich Aufnahmedaten für ältere Menschen gar nichts mehr. Und ein kurzer aber schöner Text über Marcelle Meyer von Jean-Charles Hoffelé.

    Für Menschen, die leise, nachdenkliche und doch ätherisch leichte Klaviermusik mögen, eine fast unverzichtbare CD. Ein ideales Verhältnis von innerer und äußerer Bewegung. Das Klangbild ist trotz mono eigentlich nicht als historisch zu bezeichnen, Oberflächengeräusche sind nur in der letzten knapp 30 Minuten auf der 2ten CD auszumachen, da 1946 die Master noch nicht Tonbänder waren. Die Gesamtspielzeit beträgt 2 Stunden 30 Minuten.
    Ein Kommentar
    Anonym
    07.03.2016

    Warum nicht...

    Warum nicht 5 von 5 Sternen, wenn doch die Einschätzung so eindeutig ausfällt ? Bei mir hätte Marcelle Meyer allein wegen dieser Aufnahmen 6 von fünf !
    Der Kreidekreis Der Kreidekreis (CD)
    05.01.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Wiederveröffentlichung einer maßstabsetzenden Einspielung

    Schon allein das Unterfangen, Zemlinkys Kreidekreis aufzunehmen, hat 5 Sterne verdient - aber auch die Leistung der Sänger, die Umsicht des Dirigenten, das Orchester und besonders die Aufnahmetechnik. Die Sänger passen absolut in ihre Rollen und sind äußerst wortverständlich - insgesamt eine absolut hochkarätige Besetzung. Bei dieser Aufführung scheint jeder zu wissen, um was es geht.

    Diese letzte vollendete Oper Zemlinskys ist wieder eine musikalische Überraschung des so vielseitigen Komponisten, der trotz wachsendem Bekanntheitsgrad immer noch in seiner Bedeutung unterschätzt wird. Zemlinsky hat eine große Entwicklung von der Brahms-Nachfolge bis zu einer ganz individuellen Moderne gefunden. Andere Komponisten würden bei solch einem „Chamäleonismus“ ihr ureigenstes Persönliches verlieren – nicht so Zemlinksy.

    Im Kreisekreis beschreitet er wieder neue kompositorische Wege: einen ganz anderen Stil, den man von ihm bis dahin noch nicht gehört hat. Alle Opern Zemlinskys haben einen starken Plot und sind dramaturgisch sehr gut angelegt. Unter der Geschichte selbst liegen immer noch ein zwei weitere Ebenen …

    Wenn Schreker in seiner Anwendung von Psychologie heute eher verquast wirkt (wenn auch manche Stoffe interessant sind) und Strauss in seiner „mozartschen“ Genialität mit menschlicher Tiefe aller Art glänzt, so regt Zemlinsky immer der Geist und die Gedanken an.

    Lassen Sie sich in unbekannte Gefilde der Oper entführen…!
    Bilder einer Ausstellung (Orch.Fass.) Bilder einer Ausstellung (Orch.Fass.) (SACD)
    05.01.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    überragend!

    Living Stereo auf SACD, veröffentlicht von Analog Productions:
    Kaum zu glauben - aber es geht doch tatsächlich immer noch ein kleines bisschen besser!

    Hier ein paar Gedanken, die zum allgemeinen Verständnis wichtig sind:

    Im Gegensatz zu den meisten Tonaufnahmen leben die Reiner-Chicago-Platten ABSOLUT vom Klang. Hier gibt es keinen Weihrauch oder Mystifiziertes wie bei vielen großen Dirigenten wie Furtwängler, Karajan, Klemperer usw. Es gibt auch keine "Alleinstellungsmerkmale" wie bei manchen Maestri wie Celibidache, manchmal auch Klemperer und Karajan (Geschwindigkeit, Balance, andere Eigenmächtigkeiten usw.).

    Bei Reiner zählt AUSSCHLIESSLICH das HÖREN und somit die Leistung und der Klang des Orchesters. Hier lebt die Partitur, die Musik ist essenziell quasi in der Architektur der Klänge. DAS ist das Besondere der Chicago-RCA-Aufnahmen mit Reiner. Deshalb ist hier auch die bestmöglichste Überspielung wichtiger als sonst. Das ist wohl auch der tiefere "Sinn", dass diese Aufnahmen glücklicherweise so exzeptionell gut aufgenommen sind.

    Die vorliegende Überspielung ist zwar kostspielig, aber sie ist ihr Geld wert. Im Vergleich zu den XRCDs sind die paar bereits erschienenen Living Stereo von Analog Productions etwa subjektive 5% besser. Erstere klingen auch ausgezeichnet, wenn auch mit etwas Rumpeln und etwas engerem Streicherklang.

    Im Vergleich zu den BMG-SACDs sind die Living Stereo von Analog Productions subjektive 15% besser. Klarer definiert, präsenter und ohne Hinzufügung von fremdem Raumklang.

    Eine unbedingte Kaufempfehlung!
    Fontane di Roma Fontane di Roma (SACD)
    05.01.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    überragend!

    Living Stereo auf SACD, veröffentlicht von Analog Productions:
    Kaum zu glauben - aber es geht doch tatsächlich immer noch ein kleines bisschen besser!

    Hier ein paar Gedanken, die zum allgemeinen Verständnis wichtig sind:

    Im Gegensatz zu den meisten Tonaufnahmen leben die Reiner-Chicago-Platten ABSOLUT vom Klang. Hier gibt es keinen Weihrauch oder Mystifiziertes wie bei vielen großen Dirigenten wie Furtwängler, Karajan, Klemperer usw. Es gibt auch keine "Alleinstellungsmerkmale" wie bei manchen Maestri wie Celibidache, manchmal auch Klemperer und Karajan (Geschwindigkeit, Balance, andere Eigenmächtigkeiten usw.).

    Bei Reiner zählt AUSSCHLIESSLICH das HÖREN und somit die Leistung und der Klang des Orchesters. Hier lebt die Partitur, die Musik ist essenziell quasi in der Architektur der Klänge. DAS ist das Besondere der Chicago-RCA-Aufnahmen mit Reiner. Deshalb ist hier auch die bestmöglichste Überspielung wichtiger als sonst. Das ist wohl auch der tiefere "Sinn", dass diese Aufnahmen glücklicherweise so exzeptionell gut aufgenommen sind.

    Die vorliegende Überspielung ist zwar kostspielig, aber sie ist ihr Geld wert. Im Vergleich zu den XRCDs sind die paar bereits erschienenen Living Stereo von Analog Productions etwa subjektive 5% besser. Erstere klingen auch ausgezeichnet, wenn auch mit etwas Rumpeln und etwas engerem Streicherklang.

    Im Vergleich zu den BMG-SACDs sind die Living Stereo von Analog Productions subjektive 15% besser. Klarer definiert, präsenter und ohne Hinzufügung von fremdem Raumklang.

    Eine unbedingte Kaufempfehlung!
    126 bis 150 von 271 Rezensionen
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