Solti in deutlich verbesserten CD-Transfers
Wer das Glück hatte, hier in Deutschland, Österreich oder sonst wo in Europa in einem der Gastpielkonzerte des Chicago Symphony Orchestra mit Sir Georg Solti gewesen zu sein, der wird diese Erlebnisse nie vergessen - besonders bei Aufführungen der 70ziger und frühen 80ziger. Ohne Soltis Arbeit schmälern zu wollen, liegt ein Löwenanteil davon beim Orchester. Aber vielleicht wäre das eine ohne das andere nicht möglich gewesen:
Der "physische" Dirigent Solti und das klang- und kraft-sinnliche CSO zeigten, dass aus hochsinnlich feinsten Farb- und Intonationswundern und aberwitzig wilden-lustvoll-wüsten Klangattacken eine große Tiefe und Spiritualität der Musik entstehen kann!
Ein wenig davon ist in diesen hier veröffentlichten Aufnahmen der ersten 10 Jahre Soltis beim CSO zu spüren. Auch wenn die Aufnahmen zumeist nicht ganz an den (Klang)Zauber der Reiner-Aufnahmen mit Chicago (1954 bis 1963!) heranreichen, so sind sie doch den meisten danach entstandenen Aufnahmen vorzuziehen - ebenso den zeitgleich produzierten DG-Aufnahmen. Die Emi-Aufnahmen sind allerdings ebenbürtig...
Nun etwas näher:
„Soltissimo 2“ enthält alle ausnahmelos zwischen 1970 und 1979 entstanden (natürlich ananlogen) Orchester Einspielungen Soltis bei Decca (selbstverständlich ohne der "RCA-Ausflug" des Verdi-Requiems). Bei den 52 CDs sind die Opern nicht dabei, allerdings im Booklet im Anhang alle mit Besetzung und Aufnahmedaten aufgeführt. Auf einer 53ten CD spricht Solti über seine (erste) Beethoven-Zyklus-Aufnahme, die 4 DVDs sind in der 4 DVD-Box Solti mit CSO enthalten - also da gibts nichts Neues.
Alle CDs sind in originaler Zusammenstellung in den Covers der Erstveröffentlichung (in Deutschland wurden z.T. andere Cover verwendet). Im Booklet finden sich alle wichtigen Aufnahmedetails. Das ist nicht unwichtig, denn die Rückseitenbedruckung der Hüllen ist in manchen Fällen nicht vorhanden und ansonsten durch die Verkleinerung von LP nur mit Lupe zu lesen. Deutschen Text gibt es im umgangreichen Booklet keinen, aber eine Einführung auf Englisch. Nicht alle Angaben / Daten sind korrekt – z.B. die Aufnahme der Schönberg-Variationen wird mit 1997 anstelle 1977 angegeben.
Die Reihenfolge der Sortierung ist nicht ganz einsichtig: Nicht alphabetisch, aber auch nicht chronologisch (was beides ziemlich gut machbar gewesen wäre). Ich dachte schon mal an die Reihenfolge der VÖs, aber das kann eigentlich auch nicht sein. Egal … man kann es sich ja selbst alphabetisch in die sehr stabile und wertige Box einsortieren.
Die Papierhüllen sind stabil, aber nicht „störrisch“. Die CDs sind nochmals in einer Cellophan-Hülle und diese Verpackung scheint dauerhaft zu halten – auch was die Leimung betrifft.
Nun zum Wichtigsten – dem 96 kHz 24 Bit Transfer:
Digitalaufnahmen unterliegen nicht so sehr dem Wohl und Weh des Remasterings. Ganz anders sieht es mit Analogaufnahmen aus – und um solche handelt es sich ja ausschließlich bei „Soltissimo 2“. Als Vergleich hatte ich ein paar LPs zur Verfügung (englische und USA-Pressungen) und alle CSO-Aufnahmen in früheren Transfers. Mein Höreindruck:
Grob mindestens ein Drittel, vielleicht sogar zwei Drittel der Transfers macht die Anschaffung dieser Box unumgänglich für Verehrer von Soltis Kunst und ganz besonders der Kunst des CSO! Die Beethoven-Sinfonien klingen endlich wieder nicht stumpf und scharf, etwas Raumklang ist zu hören (bin geneigt zu sagen: original und nicht hinzugefügt). Die Frequenzbalance ist durchweg linearer als bei den europäischen Transfers. Dadurch klingen die Aufnahmen zwar etwas „kühler“, aber auch ohne das Bass-Gewummer und in die Tiefe mit einer Definition des Aufnahmelokalität. DAS fehlt vielen der greifbaren Transfers. Der Raum macht auch „oben auf“, was ein schönes Klangbild ergibt. Besonders positiv fielen mit beim ersten Vergleichs-Reinhören die Mahler 8te, Berlioz Fantastique, die R.Strauss-CD, alle Beethovensinfonien (und da ganz besonders die 1,7 und 9), Tschaikowsky 5te, Debussy-CD, und die vier Brahmssinfonien auf. In den genannten CDs sind die Verbesserungen schon auf der ersten Höreindruck gravierend!
Da die Solti-Aufnahmen von Anfang an auf CD auch immer X-mal verschieden zusammengestellt und mit vielen Covers versehen wurden, ist es schön, die ursprünglichen Platten nun auf CD hören zu können.
Fazit:
Eine wichtige sehr gelungene Wiederveröffentlichung, besonders da die 70ziger wohl das bedeutendste Jahrzehnt in Soltis Schallplatten-Historie war…!
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Über ein JA bei "hilfreich" freue ich mich, wenn Ihnen meine Solti-CSO Besprechung eine Hilfe ist