Günter Raphael: Symphonien Nr.2-5 auf 3 CDs

Eine überfällige Wiederentdeckung

Wie andere Künstler geriet auch Günter Raphael während der NS-Zeit in das Spannungsfeld von Diktatur und Rassenwahn. Sein Werk wurde zwischen 1933 und 1945 zwar nicht als „entartet“ gebrandmarkt (dafür ist es zu sehr in die deutsche Musiktradition eingebettet), aber die jüdische Herkunft väterlicherseits machte ihn zur unerwünschten Person. Die Nachwelt hat viel an Günter Raphael gutzumachen, wobei zu betonen ist, dass seine Musik eigentlich keiner moralischen Rechtfertigung bedarf – sie ist eigenständig und überzeugend genug, hochexpressiv zwischen spätromantischem Überschwang und Aufbruch in die Moderne vermittelnd. Das fand z. B. auch Wilhelm Furtwängler, der 1926 Raphaels 1. Sinfonie zur Uraufführung brachte und den Komponisten als eines „der besten Talente der jüngeren deutschen Generation“ bezeichnete. Zusammen mit der „Christine Raphael Stiftung“ veröffentlichen wir nun die Sinfonien 2-5 und die großangelegte Chorsymphonie „Von der großen Weisheit“ nach Laotse in Aufnahmen verschiedener Rundfunkanstalten. Die Sinfonien 2 und 3 sind neue Aufnahmen vom MDR, die 4. und 5. Sinfonie sind historische Aufnahmen mit Sergiu Celibidache (SFB, 1950) und Hans Schmidt-Isserstedt (NDR, 1960). Die Laotse-Symphonie dirigierte Michael Gielen 1965 in München.

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A Long-Overdue Rediscovery

Like other artists of his times, Günter Raphael was caught in the field of tension produced by dictatorship and racial madness during the Nazi period. Although his music was not branded as »degenerate« between 1933 and 1945 (it was too firmly rooted in the German music tradition for such a label), his Jewish heritage on his father’s side made him persona non grata. Posterity owes a lot to Günter Raphael in the way of reparations, but it should also be emphasized that his music really has no need of a morally correct justification: it is independent and convincing enough in its own right, while its highly expressive quality mediates between late-romantic exuberance and the new surge toward modernism. Wilhelm Furtwängler, who premiered Raphael’s first symphony in 1926 and described the composer as one »of the best talents of the younger German generation,« was one of those who shared this view. Together with the Christine Raphael Foundation we are now releasing his second to fifth symphonies and the magnificent choral symphony Von der großen Weisheit (Of the Great Wisdom) after Lao-tse in recordings by various radio networks. The Symphonies Nos. 2 and 3 are presented in new recordings by the MDR, and the Symphonies Nos. 5 and 6 are historic recordings with Hans Schmidt-Isserstedt (NDR, 1960) and Sergiu Celibidache (SFB, 1950). Michael Gielen conducted the Lao-tse symphony in Munich in 1965.

Rezensionen

Crescendo 06 / 10: »Raphael war ein begnadeter sinfonischer Regisseur und exzellenter Orchestrator, der eine höchst eigentümliche Entwicklung von der Fortsetzung der seriösen deutschen Tradition zur dissonanteren klassischen Moderne durchlief. Am intensivsten und fesselndsten erscheinen mir die mittleren Phasen der 3. und 4. Sinfonie. Die musikalisch großartigste Aufführung ist unter Celibidache eingefangen, die Neuaufnahmen können sich hören lassen. Die Laotse-Chorsinfonie enthält in den scharfen Konturen von ›Weg mit scheinheiligem Wissen‹ die vielleicht packendste, authentischste Musik dieses großen Vergessenen, der nun endlich wiederentdeckt werden kann.«
Die Tonkunst 10 / 10: »Insgesamt kann zur Anschaffung dieser Box nur geraten werden.«