3 von 5
blackbird
Top 50 Rezensent
-
Alter:
45 bis 54
-
Geschlecht:
Männlich:
07. Januar 2016
Gesamteindruck:
3,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
3,0 von 5
Portrait wird dem künstlerischen Rang der Sängerin nicht gerecht
Offensichtlich hat Frau Grümmer zu wenig Solomaterial (Arien-Recitals etc.) hinterlassen, um davon ein 10 (!) CDs umfassendes Portrait der Sängerin zu erstellen. Also hat man sich im Wesentlichen darauf beschränkt, Opern-Gesamteinspielungen oder Aufführungsmitschnitte auszugsweise zu präsentieren, womit man allerdings für meinen Geschmack zu wenig Elisabeth Grümmer zu hören bekommt, dafür aber viel zu viel "Drumherum". Die ersten beiden Discs mit Ausschnitten aus Werken von Mozart und Richard Strauss scheinen mir in dieser Hinsicht noch am besten gelungen. CD 3 bringt Highlights aus Wagners LOHENGRIN aus Bayreuth 1959. Hier hat man allerdings die Gelegenheit, die großartige Ortrud der Belgierin Rita Gorr kennenzulernen. Dass die Grümmer eine zauberhafte Elsa singt, ist keine Überraschung. Auf CD 4 wird ein großer Querschnitt durch Wagners TANNHÄUSER zu Gehör gebracht. Eine Aufnahme aus dem Berlin von 1960, die Hallen-Arie als Zugabe von 1953, ebenfalls aus Berlin. Es wird deutlich, dass die Grümmer zu den Sängerinnen gehörte, denen das Gebet viel mehr in der Stimme lag als die Hallen-Arie. Bei den MEISTERSINGER-Ausschnitten aus den Jahren 1956, 1959 und 1960 hört man viel Wagnermusik, aber herzlich wenig Grümmer; die Partie der Eva ist einfach zu unergiebig, um daraus ein Portrait zu erstellen. Ähnlich verhält es sich mit Agathe und Gretel, die auf der 6. CD zu hören sind. Warum man das Wenige, das aus dem FREISCHÜTZ zu hören ist, auch noch aus 2 verschiedenen Aufnahmen entnommen hat (Keilberth, 1958 und Furtwängler, 1954) ist mir völlig schleierhaft, zumal die Furtwängler-Interpretation ohnehin konkurrenzlos ist (in der Grümmer-Diskografie!). Die 7. CD enthält Ausschnitte aus französischen, russischen und italienischen Opern, aufgenommen zwischen 1946 und 1958 - da wird es fast international, leider ist alles in deutscher Sprache gesungen, und das war's dann mit der Internationalität. Ich stelle mir vor, was die Stimme der Grümmer mit ihrem zart-anmutigen Silberklang aus dem Lied von der Weide aus Verdis OTELLO hätte machen können, wenn... ja wenn... Die CD Nr. 8 beglückt den Hörer mit allerlei Liedgut von Beethoven, Schubert, Mozart, Schumann, Grieg u.a. Und hier bewegt man sich dann auch auf ungewohntem Terrain, denn man bekommt nicht gerade das zu hören, was man angesichts der genannten Komponisten erwartet. Der "Schwetzinger Liederabend" von 1958 enthält Lieder von Mozart, Schubert, Brahms und Wolf - wobei Applaus und sonstige Geräusche konsequent eliminiert wurden, falls es sich wirklich um einen Liederabend (live!) gehandelt haben sollte - oder doch vielleicht nur um einen sogenannten "Liederabend"(?) Sakrales von Haydn, Brahms und Bach wird auf der 10. CD zu Gehör gebracht, aufgenommen in den Jahren 1954 - 1961. Und leider ist, (nicht zu guter Letzt), sondern einfach am Ende der CD noch ein Ausschnitt aus Verdis MESSA DA REQUIEM aus dem Jahr 1952 unter Ferenc Fricsay in das Portrait aufgenommen worden. Weiß der Geier, wer der Grümmer den Sopranpart in diesem heiklen Werk angeboten / zugetraut / zugemutet hat... Das klingt schon fast nach Offenbarungseid einer völlig überforderten Stimme. Insgesamt eine CD-Sammlung zu einem hochanständigen Preis, von deren Kauf ich nicht abraten würde, obwohl man nicht Grümmer pur und nicht immer Grümmer at her best zu hören bekommt.