Eine musikalische Sensation
Über Inszenierungen kann man bekanntlich trefflich streiten. Über Dmitri Tcherniakovs Inszenierung eigentlich nicht, da sich alle zumindest bezüglich des ersten Aktes einig sein dürften: Seine Regie beginnt völlig abstrus mit einer ausgedachten Geschichte, die zur Ouvertüre gespielt wird - wenn Wagner das sähe, würde er sich im Grabe umdrehen. Diese Bodenlosigkeit wird nur noch durch das Bühnenbild des ersten Aktes übertroffen, anstatt zweier Schiffe wird der Zuseher mit einem Hafenkiosk mit Klappstühlen als Schauplatz des ersten Aufeinandertreffens Dalands mit dem Holländer gequält. Soweit so furchtbar. Der 2. Akt zeigt aber eine tolle ungewohnte Dramatik zwischen Senta und dem Spinnerinnenchor (der hier nicht spinnt, sondern in einer Chorprobe ist), das ist hervorragend heraus gearbeitet, wird aber noch vom Finale getoppt, in dem man die Dramatik zwischen dem Holländer und Senta in jeder einzelnen Stelle seines Körpers spürt. Auch diese fantastische Dramatik gehört zur Regiearbeit, das hat Tscherniakov hervorragend gemacht.
Musikalisch ist das Werk aber durchweg der Wahnsinn, daher gebe ich die vollen 5 Sterne. Am Dirigentenpult regiert und dirigiert Oksana Lyniv das Festspielorchester mit hoher Genauigkeit und bietet ein fulminantes Klangerlebnis der Spitzenklasse. Die Sängerbesetzung ist durchweg grandios. Besonders gefallen hat mir Eric Cutler, der einen sehr dynamischen, modernen und omnipräsenten Erik gibt, der absolut höhensicher und erergiegeladen auftritt. Auch der Holländer John Lundgren ist eine Traumbesetzung, er singt sehr verständlich und trotzdem absolut sicher in den Tiefen. Übertroffen werden die beiden nur noch von der von Asmik Gregorian verkörperten jugendlichen Senta mit ihrem lyrischen, wunderschönen Sopran, die absolut sehens- und hörenswert mutig und furchtlos selbst noch die letzten Höhen dem Holländer entgegenschmettert, als gäbe es kein Morgen mehr. Das hat man so lange nicht mehr erlebt. Zum Schluss gibt es für alle Darsteller samt Chor frenetischen Applaus, der sich noch in neue Sphären hochschraubt, als Asmik Gregorian endlich vor den Vorhang tritt und von dem begeisterten Publikum gefeiert wird. Diese Aufnahme ist ein Muss für jeden Musikliebhaber!