4 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
16. Juni 2020
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
3,0 von 5
Gulda spielt Mozart mit Abbado
Es ist ja erst rund 40!Jahre her - Ich sehe noch den enormen PR-Aufwand der Deutschen Grammophon in damals florierenden Schallplatten-Läden und Klassik-Abteilungen der Kaufhäuser Berlins, als mit der 1970er LP-Produktion noch plakativ geklotzt wurde:
Erste Konzertaufnahmen des DGG-Etiketts mit Gulda und Abbado, gerade frisch mit den Wiener Philharmonikern ... welch ein Aufwand um Marktanteile - alles so schön gelb hier! Tja, passati.
Die Aufnahmen klangen im Vergleich zu den etwa zeitgleichen aus London mit Brendel und Marriner, die entspannt konzertant-flüssig und kammermusikalisch transparent aufspielten, vor allem weniger akustisch frei und über-erarbeitet, zuviele Köche unter Karajans Chefkoch Hermanns verdarben den akustisch monochromen Brei.
Pianistisch ist alles untadelig, Gulda souveräner, wenn auch weniger flexibel als Brendel, jedoch wie er gewitzt phrasiert und passioniert artikuliert - Er kann seinen Mozart, wenn auch gebremst durch die orchestrale Begleitung unter Abbado, und der kann hörbar Mozart (noch)nicht, wie immer schön die Wiener auch versiert aufspielen.
Man vergleiche die ersten Eröffnungs-Allegri KV-466/67, die unter Abbado gestelzt und zu langsam gewichtig aufschreiten so wie die Andante-Sätze, und die bei Marriner und seiner St.Martin-Akademie völlig unprätentiös und natürlich aufsingen und schwingen, jeweils um Minuten bewegter. Immerhin sind dann auch die Wiener bei den End-Allegri recht spritzig und auf mozartisch-flexiblen Spielniveau, wie Gulda, der's kann. Und rund zehn Jahre später folgten dann die doch eher spielfreudigen Aufnahmen unter Harnoncourt.