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    Magnolia

    Aktiv seit: 05. November 2023
    "Hilfreich"-Bewertungen: 10
    215 Rezensionen
    The Surf House Lucy Clarke
    The Surf House (Buch)
    04.04.2025

    So gar nicht paradiesisch

    Bea als Aussteigerin zu bezeichnen, trifft es nicht. Sie hat spontan, im wahrsten Sinne des Wortes von jetzt auf gleich, ihre Modelkarriere beendet. In Marokko steht sie vor der Kamera und trotzdem sie so gut wie nichts zu sich nimmt, ist das sündteure Kleid so eng, dass sie damit nicht sitzen kann. Sie hat dieses Leben so satt, sie steigt aus und findet sich in den Gassen Marrakeschs wieder. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, sie wird überfallen, Rucksack und Papiere sind weg.
    Eine schicksalhafte Begegnung führt sie direkt hinein in ein Surfparadies. War es Zufall? War es Schicksal? Bea lernt die Besitzer des Surf House kennen, sie findet hier Arbeit, sie lernt surfen – hat das Leben genau diesen magischen Ort für sie vorgesehen? Das Leben kann so leicht sein, es hat ihr viel zu bieten, wäre da nicht der Überfall zuvor, denn sie wird erpresst.
    Der Thriller beginnt direkt gemächlich, je weiter ich dann lese, desto mehr offenbart sich mir. Die anfangs eher oberflächlich wirkende, austauschbare Story, die ich so immer wieder lese, wird intensiver, es wird beklemmend, es wird zunehmend gefährlich. Ich lese von Savannah, deren Bruder Seth sich im Surf House einmietet. Er sucht seit geraumer Zeit nach ihr, ihre Spur verliert sich in dieser Gegend. Da sind Marnie und Ped, die sich hier ihren Lebenstraum erfüllt haben. Aiden scheint hier auch fest verwurzelt zu sein und da ist noch Momo, ein Polizist, der so gar nicht durchschaubar ist. Die so vielschichtigen Charaktere lernt Bea besser kennen, nicht zu jedem findet sie Zugang. Mehr noch, sie ist dem ein oder anderen regelrecht ein Dorn im Auge, andere dagegen vermitteln ihr das Gefühl der Zugehörigkeit.
    Lucy Clarke versteht es, die Spannung kontinuierlich zu steigern, sie vermittelt von allen hier, die sich in und um dieses Surf House bewegen, ein durchaus schlüssiges Bild, das sich mir einprägt. So bin ich schon mal voreingenommen gewissen Personen gegenüber, andere sehe ich sehr wohlwollend. Mit Seths Auftauchen dann spürt man eine Bedrohung, die sich nicht mehr aufhalten lässt, die Stimmung kippt. Nicht nur am Haus sind Risse zu sehen, auch die Idylle scheint am Bröckeln zu sein. Die Story entwickelt sich mehr und mehr zu einem Sog, den ich mich nicht entziehen konnte und es auch nicht wollte. Geheimnisse, Lügen, falsche Entscheidungen sind es, die letztendlich die ganze Dramatik offenbaren, das drastische Ende dann habe so nicht vermutet. Ein Thriller, der es in sich hat, den ich gerne gelesen habe.
    Die tausend Farben von Paris Catherine Durand
    Die tausend Farben von Paris (Buch)
    30.03.2025

    Das Paris der 1950er Jahre in all seiner Vielfalt

    Catherine Durand entführt mich ins Frankreich der 1950er Jahre, direkt hinein ins Künstlerviertel von Paris. Hier begegne ich dem ehemaligen US-Soldaten Jack, der für seine Bilder lebt, auch wenn er mehr schlecht als recht davon leben kann - er ist Maler aus Leidenschaft. Frank ist ebenfalls US-Amerikaner, wenngleich er nie gedient hat. Er ist ein großartiger Sänger, Karten zu seinen Shows im Lido sind heißbegehrt. Der Zufall führt ihn zu der bezaubernden Amelie in ihr Blumengeschäft, er ist sofort von ihr angetan, sie jedoch zeigt ihm eher die kühle Schulter. Wäre noch Rose, die stets mit ihrem Fotoapparat unterwegs ist, um genau die Momente einzufangen, die ihre Bilder so besonders machen. Gerade hat sie Jack im Visier – ihre Blicke treffen sich, es ist der Beginn von etwas Wunderbarem. Die Autorin erzählt von einem Paris, wie man es sich vorstellt, ihre Protagonisten haben sich, jeder auf seine ureigene Weise, der Kunst verschrieben, aber ihre „tausend Farben von Paris“ sind noch sehr viel mehr als Liebe, Kunst und Leidenschaft.
    Bis hierher spürt man die Leichtigkeit des Seins. Vier junge Leute in der Stadt der Liebe, die jeden Moment genießen. Sie verlieben sich – was braucht man mehr? Nun, diese Nachkriegsjahre sind nicht nur unbeschwert, man spürt schon auch, dass hier noch mehr im Gange ist.
    Gleich mal wird es mysteriös. Ein Toter wird aus dem Wasser gezogen, er liegt nun am Ufer der Seine. Der herbeigerufene Polizist scheint etwas gefunden zu haben, er führt ein Telefonat…
    Dunkle Kräfte treiben im Verborgenen ihr anrüchiges Handwerk. Von Spionage ist die Rede und wenn es sein muss, schrecken finstere Gestalten auch vor Mord nicht zurück. Jack kommt durch das G.I.-Bill-Programm für ein Jahr nach Paris, will jedoch verständlicherweise hier nicht mehr weg. Von diesem Programm, das den US-Soldaten den Start in ihr neues Leben erleichtern soll, habe ich noch nie gehört. Auch vieles andere, das die Autorin gekonnt in ihre …tausend Farben… verwoben hat, war mir unbekannt, obwohl es den Tatsachen entspricht. Sie hat ihre Figuren gut getroffen, Jack etwa ist der Inbegriff des armen Malers, der jeden Moment voll auskostet und auch wenn der Erfolg ausbleibt, so schlängelt er sich gut gelaunt sich durch seine Tage.
    Die politischen Verhältnisse von damals sind mit dem kulturellen Leben bestens verflochten, Orte werden beschrieben, alles ist historisch verbürgt und gut recherchiert, das Buch ist so viel mehr als „nur“ ein Roman, in dem die Liebe eine Rolle spielt, das Buch vermittelt viel Wissen – und das auf sehr unterhaltsame Weise.
    Das Nachwort dann klärt nochmal über die Fakten auf, Kriegsverbrecher und Geheimdienste, die sich durch unsere Geschichte ziehen, werden hier beim Namen genannt, die letzten Seiten bilden den informativen Abschluss zu diesem so lesenswerten Buch, das in den „…tausend Farben von Paris“ erstrahlt.
    Elbnächte. Die Lichter über St. Pauli Henrike Engel
    Elbnächte. Die Lichter über St. Pauli (Buch)
    30.03.2025

    Spannend, nervenaufreibend, lesenswert

    Der erste Band der „Elbnächte“ erzählt von drei Menschen, deren Leben komplett unterschiedlich verlaufen ist und wenn da nicht für sie alle ein entscheidendes Momentum gewesen wäre, hätten sie sich nie getroffen. So aber hat das Schicksal sie auf verschlungenen Pfaden zusammengeführt.
    Louise, die mit ihrem Ehemann ein luxuriöses Leben führt, steht von jetzt auf gleich vor den Scherben ihrer Ehe. Ihr Mann ist verschwunden, Geld scheint keines mehr da zu sein und Louise wird aus der Suite, in der sie bis soeben feudal residiert hat, hinauskomplimentiert.
    Ella entstammt einer kinderreichen Familie, sie wurde vor nunmehr sieben Jahren regelrecht verkauft und fristet seitdem ihr deprimierendes Leben als Prostituierte. Heimlich hat sie etwas Geld beiseite gelegt und nun will sie nur noch weg.
    Wäre da noch Paul. Er war Polizist, er war gut in seinem Job, aber seit er während eines Einsatzes einen Arm verloren hat, ist er zum Innendienst verdammt, was ihm so gar nicht behagt. Er quittiert den Polizeidienst und hält sich mit Arbeiten auf dem Schlachthof über Wasser.
    Es ist Sommer auf St. Pauli, wir schreiben das Jahr 1913. Ein Juwelier wird ermordet aufgefunden, ein Straßenjunge wird als sein Mörder gejagt, ein zufällig gefundenes Papier lenkt ihre Schritte in eine heruntergekommene Bar, eine Kinderbande treibt ihr Unwesen, es ist was los auf St. Pauli.
    „Elbnächte“ ist eines dieser Bücher, die mich eher zufällig gefunden, die mich aber dann nicht mehr losgelassen haben. Kaum hatte ich die ersten Seiten gelesen, war ich von den umtriebigen Protagonisten und deren Leben gefangen. Ella etwa, die Protagonistin mit Herz, wie sie beschrieben wird, hat mich gleich für sich eingenommen. Sie nimmt kurzerhand den Mops mit, der im Hurenhaus ein eintöniges Dasein fristet und auf den so schönen Namen Pincipessa hört. Er ist von nun an Ellas ständiger Begleiter und erobert mit seinen kurzen Stummelbeinchen jedes Herz im Sturm. Auch Louise konnte ich viel abgewinnen, ihr mondänes Leben ist vorbei, sie lässt sich jedoch nicht unterkriegen und krempelt die Ärmel hoch. Die Barbesitzerin wider Willen hat einen gefährlichen Weg vor sich, bevor sie hinter dem Tresen stehen kann. Und Paul, der bei dem Unfall beinahe draufgegangen wäre, jagt seitdem den Kopf hinter der Kinderbande.
    Bald werden sie mit Hamburgs Unterwelt konfrontiert, in der es auch mal etwas mehr an krimineller Energie bedarf. Sie kämpfen für Gerechtigkeit auch mal mit nicht ganz sauberen Methoden, sie werden mit nicht nur einem Mord konfrontiert, auch Erpressung, Vertuschung und Beschattung ist Thema, es geht ganz schön zur Sache. Die Story ist durchweg spannend, ja nervenaufreibend. Ich fiebere mit, jede einzelne Figur hat ihre Stärken und auch so manche Schwäche, allesamt sind sie glaubhaft angelegt.
    Der Auftaktband der „Elbnächte“ war ein großes, ein spannendes und sehr kurzweiliges Lesevergnügen und natürlich möchte ich wissen, wie es mit Louise, Ella und Paul weitergeht, ich freu mich schon auf Band zwei.
    Vor hundert Sommern Katharina Fuchs
    Vor hundert Sommern (Buch)
    26.03.2025

    Claras Geschichte

    Ihre Großtante Clara hat Katharina Fuchs zu ihrem Generationenroman „Vor hundert Sommern“ inspiriert. Dies verrät die Autorin zum Schluss dieses lesenswerten Buches ihren Lesern. Clara war die Schwägerin ihrer Großmutter Anna, beide sind sie reale Personen, andere Figuren dagegen sind fiktiv.
    Wir sind im Berlin der 1920er Jahre, die vielzitierten Goldenen Zwanziger Jahre gingen an Clara und den ihren eher spurlos vorüber. Sie lebt beengt mit ihren Eltern und Geschwistern, sie trägt mit Flaschenspülen für eine Brauerei zum Lebensunterhalt der Familie bei. Eine Arbeit, die schlecht bezahlt wird und wenn die Frauen, die diesen Knochenjob tagein, tagaus erledigen, nicht spuren, werden sie kurzerhand entlassen, die nächsten Arbeiterinnen warten schon.
    Hundert Jahre später sind es Lena und ihre Mutter Anja, die die Wohnung von Elisabeth, Anjas Mutter, in Berlin Charlottenburg ausräumen. Elisabeth hat sich entschlossen, die Wohnung aufzugeben, da sie mit ihren 94 Jahren zwar geistig fit, körperlich aber doch angeschlagen ist. Sie lebt nun in Hamburg in einem Pflegeheim in Anjas Nähe. Bei der Wohnungsauflösung entdecken sie alte Briefe und Fotos, auch eine Schusswaffe fischen sie aus ihrem Versteck. Weiß Elisabeth etwas darüber? Es muss wohl zu Claras Nachlass gehören, denn diese Wohnung war einst ihre.
    Elisabeth erinnert sich, erzählt von Clara, um dann im nächsten Kapitel nahtlos in ihre Zeit überzugehen. Die beiden Zeitebenen verbinden sich hier aufs Beste. Das Buch ist spannend erzählt, es ist unterhaltsam, die kurzen Kapitel sind mit Orts- und Zeitangabe und mit Namen übertitelt. So hat man stets den Überblick. Vom Gestern zum Heute wechseln sich die Erzählstränge ab, jeder für sich ist interessant. Tief tauche ich ein in die Geschichte, durchlebe die gesellschaftlichen, die wirtschaftlichen und die politischen Verhältnisse sowohl in unserer als auch zu Claras Zeit. Bald haben die Nationalsozialisten das Sagen, ihre Schreckensherrschaft macht vor keiner Familie halt. Der Antisemitismus greift auch heute wieder um sich, Katharina Fuchs thematisiert dies neben der Familiengeschichte wie viele andere Themen, die uns auf den Nägeln brennen wie etwa den Nahost-Konflikt, die Erstarkung Rechter Parteien, Mobbing und den Klimawandel, Social Media und veganes Leben, um nur einiges zu benennen. Es sind Themen, die uns beschäftigen, die gut in die Geschichte eingebunden sind, jedoch überfrachten sie die Erzählung doch sehr. Hier wäre weniger mehr gewesen.
    Nun, Elisabeth ist es, die ihr Schweigen bricht, die von der Vergangenheit erzählt. Man merkt, wie schwer es ihr fällt, sich nochmal alles zu vergegenwärtigen, die Erinnerungen sind zu schmerzlich. Lena fordert von ihrer Oma alles ein, nachdem sie Briefe gefunden und gelesen hat. Sie drängt sie regelrecht, meint an Anrecht auf ihre Vergangenheit zu haben. Und assoziiert dabei ihre Ängste mit ihrer Unkenntnis über ihre jüdischen Vorfahren. Gerade diese Sequenzen sind es, die das Anspruchsdenken der jungen Generation – auch wenn es einige wenige sind - widerspiegeln. Hier musste ich mit dem Lesen pausieren, um ein wenig Abstand zu der ansonsten lesenswerten Geschichte zu bekommen.
    Claras Geschichte hat mich komplett abgeholt, auch zolle ich Elisabeth Respekt, dass sie trotz qualvoller Rückblicke dem Wunsch ihrer Familie entsprochen hat. Schlussendlich bewerte ich mit 3 ½ Sternen, die ich aufrunden werde.
    Stromlinien Rebekka Frank
    Stromlinien (Buch)
    26.03.2025

    Vergangenheitsbewältigungen

    Das erste Mal, als Enna und Jale mit ihrer Oma Ehmi auf die Gefängnisinsel Hahnöfersand gekommen sind, waren sie fünf Jahre alt. Zwölf Jahre sind seitdem vergangen und nun zählen sie die Tage, die Stunden und auch die Minuten, denn bald ist es so weit. Ihre Mutter Alea wird aus der Haft entlassen. Enna wartet auf sie, aber niemand kommt. Und als ob dies nicht schon schlimm genug wäre, ist Jale schon in der Nacht aus dem Haus gegangen, auch sie ist nirgendwo zu sehen. Ihr Handy ist aus, Ennas Nachrichten an sie gehen ins Leere.
    Enna und Jale, die beiden so unterschiedlichen Zwillingsmädchen, leben im Einklang mit der Natur. „Schon früh waren wir wie Ebbe und Flut. Jale wusste immer, wann wir uns zurückziehen, wann wir leise, still und ruhig sein sollten. Ich hingegen konnte gut vorpreschen…“ denkt Enna. Und genau diese Eigenschaft hilft ihr, nicht locker zu lassen. Sie ist mit der Sturmhöhe, dem alten Boot der Familie, unterwegs auf der Suche nach Mutter und Schwester, streift durch das Alte Land, die Gegend hier mit ihren Apfelbäumen, das Obstanbaugebiet, das anschaulich beschrieben ist.
    Rebekka Frank erzählt auf drei Zeitebenen eine Familiengeschichte, von 1923 über 1984 bis heute, bis zu Jahr 2023. Für die jetzt 17jährigen Zwillinge Enna und Jale wäre es wichtig gewesen zu wissen, was damals geschah, warum ihre Mutter seit 38 Jahren im Gefängnis sitzt. Ihre Oma Ehmi schweigt beharrlich, sie ist überhaupt sehr wortkarg. Als dann Alea und Jale an dem Tag, der eigentlich ein freudiger sein sollte, spurlos verschwinden, stößt Enna bei ihren Nachforschungen auf Geheimnisse, die über Generationen schlummern, die all die Jahre verschwiegen wurden und deren Ausmaße sich erst nach und nach offenbaren.
    Das Nachwort gibt Aufschluss auf die Fakten und die fiktiven Anteile dieses sehr lesenswerten Buches. Enna und Jale sind fiktiv wie auch Alea, Oma Ehmi und deren Zwillingsschwester Greetje. Sie sind sie gut getroffen und auch den Nebenfiguren nehme ich ihre Charaktereigenschaften ab. Schiffsunglücke aus vergangenen Zeiten werden in das Geschehen gut eingebunden, was das Drama um die Familie, das bis heute nachwirkt, nochmal versinnbildlichen.
    „Stromlinien“ hat mich innehalten lassen, sowohl die Handlung und der so intensive Erzählstil als auch die hier agierenden Personen, allen voran Enna, haben mich ans Buch gefesselt. Die einzelnen Erzählstränge bewegen sich aufeinander zu, bis alles klar wird, bis alles sichtbar ist. Ein starkes Buch, ein lesenswertes Buch.
    Die Hausboot-Detektei - Tödliche Blüten Amy Achterop
    Die Hausboot-Detektei - Tödliche Blüten (Buch)
    26.03.2025

    Die Fahndung nach den Tulpenmördern

    Miss Universe ist tot. Und nicht nur sie, mindestens sechshundert weitere ihrer Art hat es erwischt. Sie liegen leblos am Boden - eine Katastrophe! Dieses Schlachtfeld hat nur eine einzige überlebt. Der kleine Mann mit dem kugeligen Bäuchlein – Zacharias Muis – ist am Boden zerstört. Zwanzig Jahre hat es gedauert, bis er Miss Universe offiziell vorstellen konnte. Tiefschwarz ist sie, eine Schönheit mit goldenen Streifen. Dieses tiefe Schwarz ist zuvor noch keinem Züchter gelungen und nun ruft er nach der Polizei. Sehr ärgerlich, dass der Polizist, dem er diese Metzelei gerade meldet, nur mühsam einen Lachanfall zurückhalten kann.
    Zum nunmehr fünften Mal bin ich sozusagen Zaungast, als die Detektive der Hausboot-Detektei wiederum ermitteln. Da die Polizei nichts tun will, bleibt Zacharias gar nichts anderes übrig, als die Aufklärung des Massakers in private Hände zu geben. Was liegt da näher, als die vier mittlerweile etablierten Privatdetektive mit dem Fall zu beauftragen, die ihren Sitz auf der Lakshmi, ihrem Hausboot, haben.
    Viel ist los auf dem Keukenhof, in dessen Beeten sich das Drama um die zerstörten Tulpen abgespielt hat. Waren es mutwillig ausgesetzte Wühlmäuse, war es ein Anschlag eines Konkurrenten oder spielt ein verlorener Ehering eine Rolle? Lange tappen sie im Dunkeln, auch wird ein weißer Kastenwagen und zu allem Überfluss auch noch ein buntbemalter Bus gesichtet. Als dann auch noch eine Gärtnerin verschwindet, muss dringend Undercover ermittelt werden. Kommissar Zufall dann ist es, der irgendwann in diesem verzwickten Fall Licht ins Dunkle bringt.
    Auch dieser fünfte Fall sorgt für viel Aufregung, dazwischen hat natürlich der Neufundländer, der schlichtweg „Hund“ gerufen wird und zum Hausboot einfach dazugehört, seinen Auftritt. Auch die Sorge um Fru Gunilla, Jans Eichhörnchen, setzt den Detektiven gewaltig zu. Nur gut, dass sie seit neustem im Besitz der Kusche sind – ein leicht verbeulter Multivan, den sie von einem Nachbarn als Honorar erhalten haben. Die „Tödlichen Blüten“ sind – wie schon die Vorgängerbände – ein wiederum witzig-spritziges Lesevergnügen. Ein Wohlfühl-Krimi, der so dann und wann zum Schmunzeln einlädt.
    Peggy Rebecca Godfrey
    Peggy (Buch)
    26.03.2025

    Roman-Biographie mit Höhen und Tiefen

    „Ich bin dir Tochter zweier Dynastien, ich gelte als reicher als der Rest der Stadt, übertroffen nur von unserem Nachbarn Rockefeller.“ Schon die ersten Zeilen offenbaren die Welt, in der sie hineingeboren wurde. Peggy Guggenheim. Ihr Name steht für Glamour. Die Kunstsammlerin entstammt einer der wohlhabendsten Industriellenfamilie Amerikas, ihr Vater kam beim Untergang der Titanic ums Leben, zu ihren beiden Schwestern hatte sie immer Kontakt. Bei ihrer Volljährigkeit im Jahre 1919 erhielt sie eine für damalige Verhältnisse stattliche Summe, die sie unabhängig machte. Schon zwei Jahre später ging sie nach Paris, sie bewegte sich in Künstlerkreisen, heiratete Laurence Vail, bekam mit ihm zwei Kinder, ließ sich scheiden, heiratete ein zweites Mal.
    Die Roman-Biographie wird aus Peggys Perspektive präsentiert. Sie muss viele Schicksalsschläge verkraften, schon der Tod ihres Vaters setzt ihr schwer zu. Als Jugendliche ist sie eine Rebellin, viel Raum wird der Ehe mit dem gewalttätigen Laurence eingeräumt, ihre Begegnungen mit den Berühmtheiten ihrer Zeit sind eher wie nebenbei erwähnt, hier hätte ich mir mehr Einblick und mehr Tiefe gewünscht. Sie gilt als Sammlerin und Mäzenin der Kunstwelt, ihre schillernde Persönlichkeit habe ich weitgehend vermisst.
    Unterteilt ist das Buch in Alte Meister, Surrealismus und Modernismus, die Nachbemerkung von Leslie Jamison klärt darüber auf, dass Rebecca Godfrey ihre „Peggy“ nicht mehr vollenden konnte, sie mit ihrer Freundin Leslie viele Gespräche geführt und viel Material hinterlassen hat, um das Buch beenden zu können.
    Ich bin etwas zwiegespalten, habe Peggy dank des einnehmenden Schreibstils gerne gelesen, bin aber dennoch der Person Peggy Guggenheim nicht nahe gekommen. Vaters Untergang mit der Titanic und das Familienleben sind gut eingefangen, der Ehe mit Laurence konnte ich zwar nichts abgewinnen, sie war dennoch lebendig und fassbar geschildert, wenngleich diese acht Jahre kürzer hätten erzählt werden können. Die Kunstsammlerin dagegen war eher oberflächlich gehalten, was ich sehr schade finde. Denn neben der privaten Peggy hätte ich von der Kunstmäzenin und ihrem schillerndem Umfeld mehr wissen wollen. Zunächst hat mich das Buch direkt eingesaugt, ich war fasziniert von der ganz jungen Peggy, auch war ich auf ihre Jahre in Paris neugierig. Es war dann zu viel Nebensächliches, die große weite Kunstwelt mit all ihren heute noch bekannten Persönlichkeiten war eher eine uninspirierte Aneinanderreihung dessen.
    Der Wolf im dunklen Wald Sia Piontek
    Der Wolf im dunklen Wald (Buch)
    19.03.2025

    Fesselnde Story

    Der zweite Carla-Seidel-Krimi ist für mich der erste, was aber nicht weiter schlimm ist, denn auch ohne Vorkenntnisse bin ich gut in die Story gestartet. Dieser Kriminalroman enthält sehr viel Privates von Carla und ihrer Tochter Lana, es sind sozusagen zwei Geschichten, die sich ineinander vermengen.
    Um gleich mal beim privaten Teil zu bleiben: Lanas achtzehnter Geburtstag steht an, was zur Folge hat, dass sie nun entscheiden kann, ob sie ihren Vater wieder in ihr Leben lässt. Denn seit geraumer Zeit hat Carla ein Kontaktverbot für sie und Lana erwirkt. Die Vorgeschichte möchte ich nicht vorwegnehmen, sie wird im Buch sichtbar.
    Und nun zum Mordfall. Am Rande einer Jagdgesellschaft wird ein mit mehreren Messerstichen ermordeter Mann aufgefunden. Wie sich herausstellt, muss da jemand mit sehr viel Aggressivität vorgegangen sein, denn schon der erste Stich war tödlich.
    Ausgerechnet die Nacht zuvor haben Lana und Fabian von Boenning auf einem Hochsitz verbracht. War es Zufall, dass danach die männliche Leiche gefunden wurde? Weiß Fabian, für den Lana schwärmt, mehr? Carla nimmt die Ermittlungen auf, ihrer Tochter bleibt dies natürlich nicht verborgen. Ein zweiter Mord geschieht und wie es aussieht, haben diese beiden Fälle miteinander zu tun.
    Das Buch lebt von den beiden Hauptfiguren Carla und Lana, ihre privaten Momente sind durchwirkt von Carlas Arbeit. Nun, beide sind sie in die Ermittlungen involviert, Carla sowieso und Lana schon allein wegen Fabian, um den sie sich sorgt. Die kriminalistischen Anteile überwiegen schon, wenngleich sehr viel Privates mit hineinschwingt.
    Carla ist eine exzellente Ermittlerin mit Weitblick, die gelernt hat, auf ihr Bauchgefühl zu hören und die zuweilen haarscharf am üblichen polizeilichen Prozedere vorbeischrammt. Sie ist eine starke Frau mit durchaus schwachen Momenten, die oftmals mit sich selber hadert, die auch mal über die Stränge schlägt, dabei aber nie ihre Tochter vernachlässigt, auch wenn dies die hochsensible Lana es gelegentlich anders sieht.
    Die so unterschiedlichen Charaktere sind gut herausgearbeitet, das ganze Szenario, die Stimmung und die Örtlichkeiten sind schlüssig, das Motiv für all die Taten habe ich lange nicht gesehen und war mir dann doch ein Stück weit zu abgefahren. Die Ereignisse überschlagen sich zum Schluss regelrecht, die Story davor mitsamt der Aufklärungsarbeit wird im Vergleich dazu direkt gemächlich aufgebaut, wobei die Spannung und der Unterhaltungswert schon da waren. Kurzum - ich habe den „Wolf im dunklen Wald“ gerne und innerhalb kürzester Zeit gelesen, bin auch soweit zufrieden, das Ende dann war Action pur.
    Haus Waldesruh David Krems
    Haus Waldesruh (Buch)
    12.03.2025

    Geheimnisumwittert

    Ins Haus seines Onkels – es ist ein abgelegenes Landhaus in der Steiermark - hat Marco seine ehemaligen Klassenkameraden Anna, Ferdinand und Lea eingeladen. Fünfzehn Jahre sind seit ihrer Matura vergangen und nun trudeln sie nach und nach ein, auch gesellt sich Frank zu ihnen, den Lea im Zug hierher kennengelernt hat. Das Wochenende soll einigermaßen strukturiert ablaufen, sie stellen Regeln auf. Eine davon besagt, dass jeder und jede etwas von sich preisgeben wird, alle müssen ein Geheimnis verraten. Einer jedoch fehlt – Max. Er hat sich vor fünfzehn Jahren das Leben genommen.
    Nicht nur die vier Freunde haben Geheimnisse, auch das Haus scheint ein solches zu haben. Als sie ankommen, ist es eiskalt, es wirkt düster und nicht gerade einladend und heimelig. Diese Aura ist deutlich spürbar, sie überträgt sich auch auf das Miteinander. Sie waren einmal gute Freunde und auch mehr, so dann und wann sind sie sich schon mal über den Weg gelaufen, aber eher zufällig und unverbindlich. Fassaden bröckeln, die Stimmung kippt. Als dann ein Gast plötzlich vor ihnen steht, mit dem keiner gerechnet hat, droht alles in einem nicht beherrschbaren Desaster zu enden.
    Es ist ein leiser Roman, sehr atmosphärisch, mit starken, gut gezeichneten, individuellen Charakteren. Diese so unterschiedlichen Persönlichkeiten sind es, die die Handlung vorwärts treiben. Es gleicht einem Kammerspiel, wie „Haus Waldesruh“ beschrieben wird und ja, es ist ein Bühnenstück mit dem Haus als Bühne und von der Anzahl her überschaubaren Akteuren. Das Stück treibt unweigerlich in die Katastrophe, die erst allmählich sichtbar wird, um dann umso gewaltiger einzuschlagen.
    Von Anfang an hatte ich eine Erwartungshaltung schon allein aufgrund der Regeln und deren Umsetzung, was an sich schon genug Sprengstoff enthält. Die packende Story ist gut nachvollziehbar, sie war dem Ende zu für meine Begriffe ein klein wenig zu illusorisch, was aber angesichts der durchweg fesselnden und spannungsgeladenen Handlung vernachlässigbar ist. Es ist ein Roman, der mich nachdenklich zurücklässt, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
    Im Auftrag der Fugger - Der Burgunderschatz Peter Dempf
    Im Auftrag der Fugger - Der Burgunderschatz (Buch)
    10.03.2025

    Auf gefährlicher Mission

    Augsburg im Jahre 1502. Afra und ihre Mutter sind in einer engen Gasse unterwegs, hinter ihnen ein Reiter, ein Karren – Afra kann sich gerade noch in eine Mauernische retten, für ihre Mutter reicht dazu die Zeit nicht mehr. Der weiße Teufelsreiter scheint Gefallen an dieser Hatz zu finden, er spornt seinen Gaul noch mehr an…
    Einige Zeit später ist Afra mit knurrendem Magen auf dem Markt unterwegs, sie lebt auf der Straße, als Bettlerin ist sie für die meisten unsichtbar. Als sie dann einen Beutel erwischt, ist ihre Enttäuschung zunächst groß, denn außer Zeichnungen findet sich nichts darin. Und doch erkennt sie, dass diese Blätter wertvoll sind, also versucht sie, diese an die höhergestellten Persönlichkeiten Augsburgs zu verkaufen.
    Gleich mal erlebe ich Afra als geschickte Diebin, die mir bald vertraut ist, die ich sehr mag. Sie hat zu Ihresgleichen ein gut funktionierendes Netzwerk gespannt, denn nur so ist ein Überleben einigermaßen gesichert. Afra ist eine der Hauptfiguren, die mit Herwart, dem jungen Meldereiter von Jakob Fugger, den sagenumwobenen Burgunderschatz von Basel nach Augsburg bringen soll - ein von vielen Unwägbarkeiten begleitetes Unterfangen.
    Herwart ist ein erfahrener Bote, der ständig im Auftrag der Fugger unterwegs ist. Afra jedoch ist in dieser Hinsicht eher unerfahren, wenngleich sie sich täglich mit gefährlichen Situationen konfrontiert sieht und sich sehr wohl durchzusetzen weiß. Sie sind ein ziemlich ungleiches Duo, das sich aber zusammenraufen muss, denn Fugger hat es so bestimmt. Die beiden geraten von einer Gefahr in die gefühlt nächste. Auch haben sie es mit einem durchtriebenen Widersacher zu tun, den es gilt, abzuschütteln. Nicht nur einmal habe ich um sie gebangt und doch sind sie – wenn auch so manches Mal schwer lädiert – mehr oder weniger leidlich davon gekommen. Es sind (auch) diese actionreichen Szenen, die dem Roman vorantreiben. Aber nicht nur…
    …denn der Autor gibt Einblick in die damalige Zeit, auch beschreibt er den Burgunderschatz, um den sich die Geschichte rankt, näher. Im informativen Nachwort geht er nochmal detailliert darauf ein und lässt nicht unerwähnt, dass sich die wertvollen Stücke lange im Besitz der Stadt Basel befunden haben. Der Fugger-Faktor Hans Kohler, den wir im Buch begegnen, war real wie so manch andere Personen, die Figuren Afra und Herwart dagegen sind fiktiv, obwohl der Transportes des Burgunderschatzes an sich Jakob Fuggers Idee war.
    Der abenteuerliche historische Roman ist ein kurzweiliges Lesevergnügen, in dem unsere beiden Protagonisten in so manch gefährliche Situation geraten. Und wie nebenbei serviert uns der Autor eine gute Dosis geschichtliches Wissen auf unterhaltsame Weise, die er geschickt in diese unterhaltsame Geschichte verpackt hat.
    Achtzehnter Stock Sara Gmuer
    Achtzehnter Stock (Buch)
    06.03.2025

    Träume...

    Das Leben im 18. Stock, noch dazu in einem Berliner Plattenbau kenne ich überhaupt nicht, umso mehr war ich gespannt auf diesen Roman.
    Wanda lebt mit ihrer 5jährigen Tochter Karlie in einem Hochhaus, in einer Zweizimmerwohnung, die eigentlich renovierungsbedürftig wäre. Ihr Vermieter ist ihr Onkel, der ihre Mietschulden für dieses „Kronjuwel“ nicht mehr allzu lange dulden will. Wanda ist Schauspielerin, gerade aber nicht beschäftigt. Als Alleinerziehende ist es gar nicht so einfach, Kind und Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Nur gut, dass die Mutter von Karlies Freundin Aylin so dann und wann auf beide Mädchen aufpasst.
    Auch in so einem Haus richtet man sich ein oder besser gesagt man akzeptiert, dass der Lift oft kaputt ist und dass schon mal eine schon auf den ersten Blick eklige Matratze in der Liftkabine auf einen neuen Besitzer wartet. Man nimmt es nicht so genau, auch nimmt man hin, dass der Betonbau ein einziges Funkloch ist.
    Doch wie anders sieht die Glitzerwelt des Films aus, denn Wanda kennt auch diese Seite. Nur müsste sie viel Zeit mitbringen und komplett unabhängig sein, was sie nun mal mit Kind nicht ist.
    Sara Gmuer nimmt ihre Leser mit auf beide Seiten. Die Autorin vermittelt beides, ohne ins Klischeehafte abzudriften. Es sind intensive Blicke auf Mutter und Kind mitsamt den Nachbarn. Die Wirklichkeit ist hier herzlich und auch rau, man hilft sich gegenseitig, ist zuweilen auch ganz schön schräg drauf und dann wieder schlägt die Realität hart zu, überlagert von ständiger Geldnot. Ganz anders präsentiert sich die Welt des Films, in der Geld keine Rolle zu spielen scheint. Wanda geht durch Höhen und durch Tiefen und natürlich ist es verlockend, wenn einen plötzlich die Welt offen steht. Sie ist eine junge Frau, die zwar in erster Linie Mutter ist, die aber dennoch den Hunger nach Leben, nach Selbstverwirklichung spürt, nach Liebe und Zweisamkeit. Und da ist die Sorge um das Kind, das krank ist. Kann Wandas ständiger Spagat gelingen?
    Das Ende dann zeigt auf, was im Leben wichtig ist. Wer Wanda wichtig ist. Für mich ein versöhnliches, ein stimmiges, ein fürsorgliches und ja – ein glückliches Ende. Zusammen ist man nie allein, das Glück findet man in den kleinen, in den alltäglichen Dingen.
    Sommervogelflug Eva Floris
    Sommervogelflug (Buch)
    04.03.2025

    Über den Neuanfang und über das Leben überhaupt

    Schmetterlinge sind so vielfältig, so zart, so wunderschön anzuschauen, wenn sie die Blüten umschwirren. Schon immer genieße ich es, sie ein Weilchen zu beobachten und dabei ein Stück Unbeschwertheit, ja Lebensfreude zu tanken. Ich habe das Glück, dass es sie in meiner Nähe noch zahlreich gibt.
    Eva Floris hat mich mit ihrem „Sommervogelflug“ in eine Welt entführt, die mir nicht ganz fremd ist und doch sehe ich nun diese feingliedrigen Wesen mit ganz anderen Augen, mein Blick auf sie wird sehr viel intensiver sein. Gestaunt habe ich über die Beschreibung dieser grazilen Tiere, von den Puppen und den Raupen bis hin zu ihrer vollen Entfaltung. Schon dieser erste Kontakt und die Vielfalt haben mich für dieses wundervolle Buch eingenommen.
    Aber nicht genug damit. Mit Lilly reise ich nach Elba, in deren Leben nach einer schweren Krankheit nichts mehr so ist, wie es war. Dass sie nicht das Kind ihrer geliebten Eltern ist, macht ihr schwer zu schaffen, denn sie wusste all die Jahre nichts davon, dass sie adoptiert wurde. Eine Spur zu ihrer leiblichen Mutter führt auf die Insel Elba, also macht sie von Hamburg aus auf, sie zu suchen. Dabei stellt sie ihr bisheriges Leben infrage, auch gibt sie ihren Verlobten frei, sie blockiert auch weitgehend den Kontakt zu ihrem Umfeld.
    Auf Elba leitet Valentina einen Schmetterlingspark und da eine Stelle unbesetzt ist, findet Lilly dort Arbeit. Lilly meint, hier ihre Mutter gefunden zu haben – ob sie richtig liegt? Valentinas spröde Art, ihre Distanziertheit nicht nur Lilly gegenüber macht eine Annäherung nicht gerade einfach.
    Es steckt so viel Lebensweisheit in diesem schon auf den ersten Blick so heiter daherkommenden Buch, das Cover lädt direkt ein, für einige Stunden alles andere zu vergessen. Wie das Leben manchmal so spielt, war für Lilly ihre Krankheit ausschlaggebend, dass sie von der Adoption erfahren musste. Schwer enttäuscht von denen, die ihr am nächsten waren, sucht sie einen Neuanfang, den sie auf Elba zu finden glaubt. Dabei führt so mancher Umweg zu Menschen, denen sie sich sehr verbunden fühlt, anderen gegenüber ist sie eher reserviert, Nähe kann sich nicht bei jedem einstellen.
    Der Roman weckt Sehnsucht nach dem sonnigen Süden, Eva Floris beschreibt die Insel so eindrucksstark, dass ich am liebsten sofort gen Italien düsen würde. Die italienische Lebensart, der so herzliche Menschenschlag und auch die Schönheit der Schmetterlinge – all das macht Lust auf einen baldigen Trip. Die Charaktere, allen voran Lilly und Valentina, sind mit viel Leben gefüllt. Sie sind absolut glaubhaft angelegt, sie sind stark und auch schwach, haben Ängste und Sehnsüchte, sind eher leichtlebig, andere wiederum nehmen jede Aussage schwer, sie beziehen vieles auf sich, was der Nächste einfach an sich abprallen lässt. Verlustängste und ein tief empfundener Vertrauensbruch, aber auch Freundschaft und Liebe in allen Facetten sind Thema, um nur einiges herauszugreifen. Ich habe mich wohl gefühlt auf Elba, habe mit ihnen gelitten, gebangt, habe so manches Mal geschmunzelt und mich mit ihnen gefreut. „Ach, das Leben“ schreibt Valentina an Lilly. Ein schöner Halbsatz zum Schluss, der alles umschreibt.
    Für Polina Takis Würger
    Für Polina (Buch)
    26.02.2025

    Eine wundervolle Geschichte voller Musik und Poesie

    „Eine Liebe durchrollte Fritzi, schön und erschütternd, und sie begriff, dass dieser stille Gnom, der sich auf ihrer Brust zu einer kleinen Kugel zusammenigelte, das wunderbarste Missgeschick war, das ihr hatte passieren können.“
    Takis Würger erzählt von Hannes, er erzählt auch von Polina und beginnt mit Fritzi, Hannes Mutter. Seine Worte sind wie Poesie, seine Geschichte berührt, sie geht nahe, sie wühlt auf. Von der Wiege - eigentlich schon ab der Zeugung - bis sehr viele Jahre danach sind die Leser sowas wie Zaungäste im Leben des Hannes Prager.
    Fritzi gibt ihrem Sohn alles, was er braucht, was nicht unbedingt mit Materiellem zu tun haben muss. Auch hat sie es geschafft, sich und Hannes ins Herz des alten Hildebrand zu schleichen - die alte Villa im Moor ist von nun an auch ihr Zuhause. Und die kleine Polina und ihre Mutter, die Fritzi seit der Geburt ihrer Kinder eine Freundin ist, sind oft und gerne da.
    Hannes Leben ist voller Musik, er kann sich am Klavier sehr viel besser ausdrücken als mit Worten. Er ist eine Naturbegabung, der Junge im Moor spürt die Töne, er erweckt Melodien zum Leben. Hannes ist glücklich, seine Kindheit ist geprägt von unbändigem Lebenswillen – bis sein Leben aus dem Takt kommt. Er spielt nicht mehr, er arbeitet von nun an als Klavierträger. Und wie es so ist, bekommt auch Hannes Leben irgendwann wieder eine neue Wendung. Alles fließt, nichts bleibt stehen.
    Es ist eine Liebesgeschichte, die beim Lesen eher durchschimmert. Das Band, das sie schon immer miteinander verbindet, ist sehr dehnbar, es scheint irgendwann zu reißen. Es ist eine Familiengeschichte, die keiner großen Worte bedarf. Das Buch erzählt auch von Freundschaft, von echten Freunden. Denn was wären wir ohne diese wahren Freunde. Hannes, Fritzi, Polina, Hildebrand und noch so einige andere Figuren prägen Hannes Leben, sie sind jeder für sich ziemlich eigen und doch bilden sie eine Einheit - nicht immer ist das Leben fair, jeder bekommt das mehr oder weniger zu spüren.
    „Für Polina“ ist ein wundervoll erzähltes Buch, es ist eine Geschichte der leisen Töne, die doch sehr gewaltig daherkommt.
    Dunkle Momente Elisa Hoven
    Dunkle Momente (Buch)
    26.02.2025

    Gut und Böse – es gibt viele Grautöne dazwischen

    Elisa Hoven ist Professorin für Strafrecht, sie ist ganz nah dran an den Opfern und den Tätern, sie macht sich in ihrem Buch „Dunkle Momente“ Gedanken über Schuld und Unschuld, über Recht und Gerechtigkeit.
    Neun Fälle sind es, die Elisa Hoven ihre Protagonistin Eva Herbergen erzählen lässt. Herbergen ist Strafverteidigerin, ihr Beruf ist ihr Berufung. Viele der hier aufgezeigten Geschichten sind echten Fällen nachempfunden, bei denen die Autorin sich gefragt hat, wie es zu diesen Verbrechen kam, was im Leben der Menschen geschehen war und was die Tat mit allen daran Beteiligten letztendlich gemacht hat. „Ein Mensch kann jahrelang das Richtige tun und dann eine falsche Entscheidung treffen, die alles verändert.“
    Gleich der erste Fall eines rumänischen Brüderpaares, der mit „Notwehr“ übertitelt ist, zeigt die Diskrepanz von Gut und Böse deutlich auf. Es geht um Einbruch, um Diebstahl und um die von dem Geschädigten geschilderte Notwehr und die Folgen dessen. Von der Vorbereitung einer Straftat bis hin zum Urteil und darüber hinaus werden die Fälle aufgegliedert und so manches Mal stellt sich im Nachhinein einiges ganz anders dar.
    Eva Herbergen überschreitet auch Grenzen, solange sich diese mit ihrem Gewissen vereinbaren lassen. Sie setzt sich für ihre Mandanten ein, sie unterstützt diese in Ausnahmesituationen, denn jede Tat ist jenseits des normalen Lebens und bedarf Unterstützung. Fall zwei befasst sich mit einer erfolgreichen Schriftstellerin, es folgt die ganze Dramatik eines Kindersoldaten, auch die nachfolgenden Fälle werfen Fragen nach der Moral auf, nach der Fehlbarkeit auch einer Juristin – jede Geschichte, in die ich tiefer eintauche, hat mich mitgenommen, mich aufgewühlt oder mich auch abgestoßen. Kalt gelassen hat mich keine davon, jede einzelne erzählt von einer Tragödie. Nie hätte ich gedacht, wie glaubhaft Lügen sein können, denn nicht alles ist so, wie es zunächst den Anschein hat.
    Ein Fall in der Zeitung, im Urlaub gelesen, hat die Autorin nicht losgelassen. Die Menschen in dieser Geschichte und das Dahinter wollten aufs Papier, so hat alles angefangen. „Dunkle Momente“ erzählt von Menschen in ihren düstersten Stunden. Von menschlichen Abgründen, von Vergewaltigung und Scheingeschäften und von noch so einigem, auch von einer Nachlassgeschichte, die – so hoffe ich – nicht alltäglich ist.
    Das perfekte Verbrechen – gibt es das? Nach der spannenden, sehr kurzweiligen Lektüre und den mitunter durchaus grausamen Momenten stellt sich mir diese Frage schon.
    „Jede Tat hat seine Geschichte.“ Und diese Geschichte dahinter, diese Geschichten der hier beschriebenen neun Straftaten hat Elisa Hoven gut lesbar ins Buch gepackt, das mich derart gefesselt hat, dass ich es bis zum Schluss nicht weglegen konnte und das mich trotz oder gerade wegen all der Gewalttaten nachdenklich zurücklässt.
    Den Bach rauf Robert Habeck
    Den Bach rauf (Buch)
    24.02.2025

    Demokratie leben

    Robert Habeck schreibt so, wie er spricht. Nicht so, wie ein typischer Politiker sich darstellt, nein. Eher so, wie es der Nachbar von nebenan oder ein guter Freund tun würde – offen und auch mal selbstkritisch mit einer gehörigen Portion gesundem Menschenverstand.
    Nun, ich kenne diese Hassbotschaften, denen die Grünen ausgesetzt sind. Warum? Weil diese Hater in ihrer eigenen Blase leben, sie nicht über den Tellerrand hinausschauen wollen oder es vielleicht auch gar nicht können. Haben Teile unserer Gesellschaft verlernt, selbständig zu denken? Sich zu informieren? Haben sie es sich in unserer Demokratie, in der sie angeblich nicht leben, zu bequem gemacht?
    Das Buch enthält nicht wirklich Neues und doch sind es so einige Gedanken, so einige Passagen, die Mut machen, denen ich viel abgewinnen kann. Wer sich für Politik, für Wirtschaft, für die Gesellschaft nicht nur in unserem Land, auch weltweit, interessiert und sich mit – wohlgemerkt seriösen - Informationen versorgt, der kennt vieles von dem, was Habeck anspricht. Ein Buch, das verständlich geschrieben ist und das sich flüssig liest. Er spricht etwa die vergangenen drei Jahre an, das umstrittene Gebäudeenergiegesetz, die überbordende Bürokratie, durchaus selbstkritisch, wie bereits erwähnt. Die Gaspreisbremse und wie alles anfing – ich habe die Nachrichten dazu stets verfolgt und weiß, dass er recht hat mit dem, was er jetzt, im Nachhinein, dazu schreibt. Deutschland ist sicher durch den Winter gekommen, wir wissen es. Alle haben an einem Strang gezogen.
    Viele Themen brennen uns unter den Nägeln, seien es der Klimawandel oder auch die Skrupellosigkeit mancher Politiker, die der Stimmen wegen auch mit einer in Teilen gesichert rechtsextremistischen Partei kungelt und dann alles kleinredet, ja von sich weist und mit dem Finger auf andere zeigt, die er dann auch noch zu erpressen versucht. Der schon viel zu lange dauernde Angriffskrieg und die Autokraten, die Fremdenfeindlichkeit und… und … und… sind eines der vielen Themen, die er anspricht.
    Er nennt sein Buch „Den Bach rauf“, dieses Buch soll den Weg dazu zeigen. Zunächst lässt er Margot Friedländer zu Wort kommen: „Schaut nicht auf das, was euch trennt. Schaut auf das, was euch verbindet.“ Ein schöner Einstieg ins Buch, aber auch ein schönes Schlusswort, wie ich finde.
    Ein Kommentar
    Anonym
    13.07.2025

    meine Worte

    diese Rezension kann ich zu 100 Prozent unterschreiben. quasi,
    "Meine Worte"
    Der große Riss Cristina Henríquez
    Der große Riss (Buch)
    18.02.2025

    Eindrucksvoll

    Der Panamakanal ist eine der wichtigsten Schifffahrtsstraßen weltweit. Die etwa 82 km lange, künstliche Wasserstraße mit Schleusen und einer Scheitelhaltung von 26 m Höhe verbindet den Atlantik mit dem Pazifik. Schon Kaiser Karl V. hatte die Idee, die beiden Ozeane miteinander zu verbinden, um 1900 dann wurden die Arbeiten vorangetrieben, Cristina Henriquez erzählt in ihrem großartigen Roman „Der große Riss“ davon. Schon der erste Blick auf das BuchCover zeigt, mit welch gewaltigem Bau wir es hiermit zu tun haben.
    Sie kommen aus allen Ecken der Welt, aus Barbados, Jamaika, Peru, Argentinien… es sind zu viele Herkunftsländer, um sie alle aufzuzählen. Es sind tausende von Männern, die sich Tag für Tag durch den Matsch schaufeln, durchnässt vom Regen.
    „Sie strömten in Arbeitszügen herbei und kletterten hinunter in den Riss, und wenn die Pfeife ertönte, arbeiteten sie. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang öffneten sie die Erde. Sie standen bis zu den Knien im Schlamm. Sie atmeten den Kohlequalm der Lokomotiven ein, die unentwegt an ihnen vorbeizogen. Ihnen dröhnten die Ohren von den Hämmern der Felsbohrer…“
    La Boca wird der Kanal von ihnen genannt. Ein klaffendes Loch, das alles verschlingt, was sich ihm in den Weg stellt. Es gibt gewaltige Erdrutsche, es gibt viele Opfer. Ganze Ortschaften werden verlegt, Seuchen und Krankheiten bekämpft, sie arbeiten bis zum Umfallen und doch bleibt ihnen nicht viel.
    Anhand von Einzelschicksalen wird der Bau dieses gewaltigen Projekts deutlich. John etwa, der die Malaria ausrotten will, stellt Ada ein, die sich um seine kranke Frau Marian kümmert. Ada wiederum will für ihre schwerkranke Schwester Millicent Geld verdienen, um die Arztkosten bezahlen zu können. Mit Omar, dem Sohn des Fischers Franciscos, stecken wir direkt im Schlamm. Es ist ein Knochenjob, der durch die Willkür des Aufsehers zusätzlich erschwert wird. Auch wird die Umsiedlung Gatúns thematisiert, ein Riss geht nicht nur durch Panama, er geht durch ihrer aller Leben. Und diese Leben bindet Cristina Henriquez in die Arbeiten um den Panamakanal ein. Ihre so unterschiedlichen Leben haben Berührungspunkte, ihre Lebenswege entlang des Kanals kreuzen sich. Die Autorin zeigt auf, was der Riss aus ihnen allen macht. Ein Riss, der sich durch alle Schichten der Gesellschaft zieht, der Arm gegen Reich, Schwarz gegen Weiß anspricht, ohne zu werten. Der auch heute, mehr als ein Jahrhundert später, nachdenklich macht.
    Ganz viel habe ich rund um die Entstehung des Panamakanals mitgenommen. Wer sich eher für die technischen Daten interessiert, wird sie alle im Netz finden. Es ist ein Roman, kein Sachbuch. Das Historische wird mit den interessanten, durchweg authentischen Charakteren gut verständlich aufbereitet, es ist ein lebendiges, sehr lesenswertes Buch, das wie nebenbei viel Wissenswertes vermittelt.
    Frau Hempels Tochter. Roman Alice Berend
    Frau Hempels Tochter. Roman (Buch)
    16.02.2025

    Eine Milieustudie

    Über die vielzitierten „kleinen Leute“ hat die jüdische Schriftstellerin Alice Berend geschrieben, sie selbst kam aus großbürgerlichem Hause, sie hatte schon immer den Drang, zu schreiben. Ihr Roman „Frau Hempels Tochter“ erschien 1913, schon ihre vorherigen Bücher waren erfolgreich, weitere erschienen, sie wurde die meistgelesene Schriftstellerin ihrer Zeit in Deutschland. Ihre Werke wurden von den Nationalsozialisten verboten, sie ging in die Schweiz und später dann nach Italien.
    Nun zum Buch, dem ich hier noch ein wenig nachspüren will: Frau Hempel lebt mit ihrem Mann, einem Schuster, und ihrer Tochter als Portiersfrau in einem Berliner Mietshaus. Laura heiß Frau Hempels Tochter. Sie ist jung, bildschön und will hinaus aus der Kellerwohnung der Eltern, hinaus ins Leben. Zunächst schafft sie es einige Stockwerke höher zu den Brombachs, dort ist sie als Kindermädchen angestellt. Nun, Laura sieht dann und wann von Brombachs Wohnung aus dem Fenster und was oder besser gesagt wen sie sieht, erfüllt sie mit Freude. Es ist Eugen, der junge Graf von Prillberg, der ihr ausgesprochen gut gefällt.
    Frau Hempel ist fleißig und rechtschaffen, ihr großes Ziel ist es, eines Tages im eigenen Häuschen zu wohnen, dafür legt sie jeden entbehrbaren Groschen zur Seite. Sie ist zufrieden mit dem, was sie hat. Ganz anders die Gräfin von Prillberg, deren Gatte als Sektagent von Haus zu Haus tingelt und sie nun verarmt im Hinterhaus wohnen müssen. „Denn die Gräfin war sehr unglücklich, und ihr einziges Vergnügen war, sich über ihr Schicksal beklagen zu dürfen.“
    Auch wenn der Schreibstil gerade anfangs etwas sperrig anmutet, so gewöhnt man sich schnell daran und geht über, die Geschichte im Kleinbürgermilieu zu genießen. Schuster, bleib bei deinem Leisten heißt es so schön, in unserem Falle wäre die Tochter eines Schuhmachers und einer Dienstbotin bei Ihresgleichen gut aufgehoben, sie aber folgt ihrem Herzen, unterstützt von ihrer lebensklugen Mutter. Wir sind in Berlin zur Jahrhundertwende, die Grenzen zwischen der feinen Gesellschaft und den gewöhnlichen, den kleinen Leuten, sind stets spürbar, das Klassendenken nicht zu leugnen. Und natürlich ist es der Frau Gräfin nicht recht, dass sich ihr Grafen-Sohn mit einer Schusterstochter einlässt, geschweige denn, sie ehelicht.
    Alice Berend erzählt klug und gewitzt von „Frau Hempels Tochter“, die Neuauflage wurde moderat dem heutigen Standard angepasst. Unbedingt lesenswert ist auch das von Margret Greiner verfasste Nachwort, das dem soeben Gelesenen nochmal nachspürt und auch den Lebensweg von Alice Berend skizziert. Ein wiederentdeckter Roman, der mir kurzweilige und gar vergnügliche Lesestunden bereitet hat.
    Ginsterburg Arno Frank
    Ginsterburg (Buch)
    15.02.2025

    Geschichte hautnah

    In der fiktiven Stadt Ginsterburg hat Arno Frank seinen Roman angesiedelt. Wir treffen so einige Personen, hervorzuheben sind die Buchhändlerin Merle mit ihrem Sohn Lothar, der Redakteur der Lokalzeitung Eugen von Wieland nebst Frau und Tochter – Ursel und Gesine - sowie den Bürgermeister dieser Kleinstadt Otto Gürckel, seines Zeichens Blumenhändler und NSDAP-Kreisleiter mit seinen Söhnen Bruno und Knut. Auch spielen die Architektin Uta und ihr Ehemann Theodor, ein jüdischer Journalist, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit ihnen erleben und erleiden wir das Leben in einer Kleinstadt in den Jahren 1935, 1940 und 1945, also während der Zeit des Zweiten Weltkrieges.
    Das Nazi-Regime mit all seinen Schrecken ist hinlänglich bekannt, auch lese ich aus diversen Perspektiven immer wieder davon. Arno Frank geht direkt in das Leben seiner Protagonisten, er legt den Finger in die Wunde. Der Judenhass, der zu allen Zeiten immer wieder aufgeflammt ist, ist auch hier deutlich spürbar. „Nie wieder…“ – ich hoffe, dass dies nie vergessen wird, unsere Zeit spricht weltweit eine andere Sprache.
    Die jungen Leute werden verführt, auch Lothar meint, in der Hitlerjugend seinen Traum vom Fliegen ausleben zu können. Seine Mutter dagegen spürt hautnah, was mit den nun verbotenen Büchern geschieht. Wer sich fügt, wird belohnt, andere bekommen das unmenschliche System zu spüren. Parteigenossen feiern etwa auf dem Nürburgring, wir begegnen Größen dieser Zeit wie Hans Albers und seiner jüdischen Partnerin Hansi Burg. Wir lesen von unwertem Leben, wie es so zynisch geheißen hat und von Gesetzen zum Schutze des deutschen Blutes, auch lesen wir in Briefen, deren Inhalt aus gutem Grund an der Zensur vorbei den Adressaten erreicht. Und dies ist nur ein kleiner Abriss der Themen, die der Autor verarbeitet. Dies alles vor dem Hintergrund der Kleinstadt und deren Bewohner.
    „Ginsterburg“ ist nicht nebenher zu lesen, es fordert seine Leser schon sehr. Ich habe ein wenig gebraucht, um in das Buch und die Geschichte abzutauchen. Spätestens beim Großen Preis von Deutschland war ich dann voll dabei, es gibt aber auch zwischendurch zu langatmige Sequenzen, mit denen ich schon gehadert habe. Und doch ist es ein Buch, das ich nicht missen möchte, das mir die Jahre der Nazi-Herrschaft während des Krieges nochmal verdeutlicht und mir vor Augen führt, was so ein Unrechtsregime aus Menschen machen kann. Ein Roman, der nachdenklich macht. Ein Roman, der dazu beitragen kann, unsere unrühmliche Geschichte nie zu vergessen.
    Lebensträume. Ärztin einer neuen Zeit Svea Lenz
    Lebensträume. Ärztin einer neuen Zeit (Buch)
    12.02.2025

    Der Lebensweg einer jungen Frau, eine deutsch-deutsche Geschichte

    „Berlin, dein Gesicht hat Sommersprossen…“ Mit Hildegard Knef beginne ich die Reise nach Berlin, ich lese von Vickys „Lebensträumen“. Svea Lenz erzählt davon eindrucksvoll, dieser neue Roman steht ihren „Stewardessen“ in nichts nach.
    Vicky lebt mit ihrer Mutter, die als OP-Schwester an der Charité arbeitet, im Osten von Berlin. Sie studiert an der Freien Universität in Berlin-West Medizin, nebenbei jobbt sie in einer Westberliner Metzgerei, sie pendelt also täglich von Ost nach West und zurück, was ihr bis zum Bau der Mauer im August 1961 keinerlei Probleme macht. Nun aber scheint ihr großer Traum, Ärztin zu werden, zu zerplatzen. Ihr Freund Achim ist in derselben Situation, auch er studiert im Westen. Sie müssen schon allein wegen ihrer Zukunftsaussichten weg, so viel steht fest. Als dann ihre Flucht gelingt, atmet Vicky nur kurz auf, denn Achim geht als Fluchthelfer wieder nach drüben und wird dabei verhaftet. Danach hört sie nichts mehr von ihm. Sie schlägt sich anfangs eher schlecht als recht alleine durch, aber irgendwie schafft sie es doch, eine Anstellung in der Ambulanz im Frankfurter Flughafen zu bekommen. Als einzige Frau unter Männern ist ihr Alltag beileibe kein Zuckerschlecken, aber sie beißt sich durch, diese Chance will sie sich nicht verbauen.
    Die Erzählung beginnt im Sommer 1961, als alles noch unbeschwert war und man auch im Osten gut leben konnte und endet 1972. Mit dem Mauerbau endet ihre Freiheit, diese schier unüberwindbare Barriere ist es, die Vickys Lebensweg in eine von ihr nicht vorgesehene Richtung drängt. Sie ist eine kluge, eine ehrgeizige junge Frau, die ihr Berufsziel stets vor Augen hat und fest entschlossen ist, eines Tages als Chirurgin zu arbeiten.
    Wir alle kennen die deutsch-deutsche Geschichte, sie betrifft Vickys Leben in ganz besonderer Weise. Als Republikflüchtling ist es ihr verwehrt, in die DDR einzureisen, der Kontakt mit ihrer Mutter gestaltet sich dementsprechend schwierig. Ihre fiktive Geschichte bindet die Autorin perfekt und sehr lebendig in die damalige Zeit ein - die Zeit des Wirtschaftsaufschwungs, Adenauer geht, Erhard, Kiesinger und Brandt folgen, der junge US-Präsident Kennedy ist auf Deutschlandbesuch, wir lesen von Martin Luther King, den Demos gegen Rassendiskriminierung in den USA und auch hier von den Ausschreitungen gegen Mohammad Reza Schah Pahlavi etwa, die Studentenproteste wollen nicht abebben. Es ist eine unruhige Zeit, die gut einfangen ist. Contergan, die Schluckimpfung, die Pille und noch so vieles mehr sind mit Vickys Geschichte verwoben und natürlich auch die Songs dieser Zeit, die für mich einen ganz besonderen Reiz darstellen.
    Svea Lenz vermittelt den Zeitgeist jener Jahre, sie versteht es bestens, das Weltgeschehen so wunderbar, so nachvollziehbar in Vickys Leben zu integrieren. Gebannt lese ich von ihrem Klinikalltag, von den Einsätzen im Flughafenbereich und auch von Unglücken und Katastrophen, die ihr alles abverlangen. Sie ist Ärztin aus Leidenschaft, ihr Privatleben muss so manches Mal hintanstehen. Und nicht zuletzt sind es auch die privaten Momente, die das Bild der jungen Ärztin so rund, so authentisch machen.
    „Lebensträume ist ein Roman mit mindestens 47 % Wahrheitsgehalt.“ Der Beipackzettel zum Schluss vermittelt kurz und bündig nochmal sehr viel Hintergrundwissen – ein stimmiger Abschluss. Und doch fällt mir das Abschiednehmen schwer, gerne hätte ich Vicky noch weiter begleitet. Es waren unterhaltsame Lesestunden mit einer liebenswerten Protagonistin. Es ist ein hervorragend recherchiertes Buch, das viel Wissenswertes von damals vermittelt, dazu ein packender Schreibstil mit glaubhaften Charakteren. Kurzum – ein sehr lesenswerter Roman, den ich gerne weiterempfehle.
    Kronsnest Florian Knöppler
    Kronsnest (Buch)
    05.02.2025

    Das nicht immer einfache Leben auf dem Land in den 1920er Jahren

    „Kronsnest“, ein holsteinisches Dorf, gibt es wirklich. Florian Knöppler erzählt davon, von den Dörflern und deren Gemeinschaft in den 1920er Jahren, von deren Sorgen, von deren Ängsten und Nöten.
    Hannes lebt hier auf dem elterlichen Hof, seine kleine Welt besteht neben der Schule und den viel stärkeren Jungs aus der Mitarbeit auf dem Bauernhof, er kennt es nicht anders. Von jeher hat er sich viel zu viel gefallen lassen, er steckt lieber ein als dass er sich verteidigt, was seinem Vater so gar nicht gefällt. Der schwächliche Sohn kassiert nicht nur von den Gleichaltrigen Prügel, auch der Vater langt ordentlich hin. Hannes einziger Freund ist Thies, mit ihm will er zum Boxunterricht, was dem Vater zunächst nicht gefällt. Erst nachdem Hannes sich gegen die Brüder Albert und Eggert das gefühlt erste Mal zur Wehr gesetzt hat, darf er dann doch zum Boxen, Hannes verliert aber bald die Lust daran.
    Es ist die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Florian Knöppler erzählt in seinem Erstlingswerk einfühlsam, aber doch sehr kraftvoll vom Leben auf dem Land. Er beobachtet genau, er wertet nicht, er zeichnet das Miteinander ohne erhobenen Zeigefinger nach, auch fließt der beginnende Nationalsozialismus mit hinein.
    Er braucht dazu keine Gewaltszenen, er lässt Bilder entstehen, erzählt seine Geschichte wie nebenbei und doch sehr präzise und man spürt dabei eine Intensität, die aus jedem Wort, aus jeder Zeile spricht. Er beschreibt die Natur, nimmt seine Leser mit zur Feldarbeit, berichtet von so mancher Missernte, nicht immer trägt die Witterung die Hauptschuld. Und wenn wieder einmal ein Tier verletzt ist, spürt man auch da, was los war. „Böltje geht’s besser. Die Beine heilen schon, Vater hat sie wohl gut geschient.“ Der Hund hat einiges abgekriegt. Im Nachhinein wird eher angedeutet denn dies angesprochen, jeder weiß auch so, wer Böltje so zugerichtet hat.
    Es ist der tägliche Kampf ums Dasein und damit das Leben mit den Tieren auf dem Bauernhof, das lebendig und scharfsinnig nachgezeichnet wird. Hannes, Vater, Mutter – es geht um die Familie. Hannes wird erwachsen und natürlich spielen Freundschaften, die ersten zarten Bande und die aufkeimende Liebe mit all ihren Höhen und Tiefen mit hinein. Es ist die NSDAP, die immer mehr Anhänger gewinnt, die die Dorfgemeinschaft mit ihren Reden und ihren Taten vergiftet. Es ist Knöpplers erzählerisches Können, das diesen scharfsinnigen Roman so lebendig, so lesenswert macht.
    Es ist ein starkes Debüt, es ist kein Buch, das man nach dem Lesen schnell wieder vergisst. Nein, es bleibt und es erweckt den Wunsch, mehr von Florian Knöppler zu lesen. „Habichtland“ wird mein nächstes Buch von ihm sein, es erzählt Hannes Geschichte weiter.
    Apartment 5B Lisa Unger
    Apartment 5B (Buch)
    04.02.2025

    Thriller trifft Mystik

    Lisa Unger inszeniert ihr APARTMENT 5B in vier Akten. Zunächst erfahren wir von der „Erbschaft“. Dieses Apartment, über das wir noch eine ganze Menge erfahren werden, hat Chads Onkel Ivan ihm und seiner Frau Rosie hinterlassen. Es ist nicht irgendeine Wohnung, nein. Das luxuriöse Apartment befindet sich im „Windermere“-Gebäude, von dem der zweite Akt mehr preisgibt, danach begegnen uns „Geister und Gargoyles“. Mit „Auferstehung“ wird der vierte Akt eingeleitet und abschließend sehen wir noch einige Monate in die Zukunft.
    Rosie und Chad sind arm, aber glücklich. Sie schreibt Bücher, er ist ein eher unterbeschäftigter Schauspieler. Beide sind überrascht, dass Ivan sie und nicht seine Tochter Dana als seine Erben eingesetzt hat. Nun, sie machen sich schon Gedanken, wie sie die extrem hohen Fixkosten, die ihre derzeitige Miete übersteigen, aufbringen können und doch entschließen sie sich, ins Windermere zu ziehen.
    Lisa Unger versteht es, ihre Leser sofort mitzunehmen. Von Anfang an ist die Atmosphäre bedrückend. Das Windermere hat eine düstere Geschichte, schon früher kam es zu Selbstmorden, die – so meint man zwischen den Zeilen zu lesen - vielleicht Morde waren. Ein Paar, das hier gelebt hat, taucht auf, daneben sind es diese durchscheinenden Gestalten, die Rosie immer mal wieder sieht. Übersinnliches zieht sich durchs Buch, nichts davon ist rational erklärbar. Seltsame Dinge geschehen, das Haus scheint zu leben, mysteriöse Todesfälle werfen Fragen auf, die Nachbarn benehmen sich durchweg befremdlich.
    Die Charaktere sind von bieder, unsicher und gutgläubig bis hin zu durchtrieben, rational, stark, selbstbewusst und manipulativ sehr differenziert dargestellt. Sie sind durchweg glaubhaft angelegt, ich war bei so einigen hin- und hergerissen, wusste nicht so recht, was ich von denen halten sollte. Sie sind undurchschaubar bis zuletzt, genau so, wie ich es von einem Thriller erwarte.
    Das Mystische zwischendurch ist gut integriert, solange es nicht zu sehr ins Übersinnliche abdriftet – was schon auch der Fall ist. Hier war ich raus. Und das zwar überraschende, aber zu süßliche Ende mochte ich gar nicht. Und doch war der Thriller ein spannender Nervenkitzel, den ich - mit den vorgenannten Abstrichen - gerne gelesen habe.
    In einem Zug Daniel Glattauer
    In einem Zug (Buch)
    30.01.2025

    Zug-Gespräche

    Eduard Brünhofer ist Autor von diversen Liebesromanen, er ist seit einer halben Ewigkeit verheiratet und nun sitzt er „In einem Zug“, ihm schräg gegenüber hat sich eine Frau mittleren Alters dazugesellt, sie stellt sich ihm als Catrin Meyr vor.
    Zwei Menschen, einander völlig fremd, begegnen sich. Sie fahren ab Wien, sitzen im selben Abteil und wie es so ist, kommen sie ins Gespräch, besser gesagt, sie spricht ihn an. Sie meint, in ihm ihren ehemaligen Englischlehrer zu erkennen, was er verneint. Der Anfang ist gemacht, zumindest aus ihrer Sicht. Denn er will seine Ruhe haben, er ist unterwegs nach München, ihm steht ein unangenehmer Termin bevor.
    Daniel Glattauer erzählt unaufgeregt, er lässt diese beiden Fremden aufeinander los, den antreibenden Part übernimmt sie, die sich ihm als Therapeutin vorstellt. Und schon habe ich ein Schema vor Augen. Meine, dass ein Therapeut eher zuhört denn den anderen mit Fragen löchert und ihn dabei immer weiter zurückdrängt. Catrin drängt sich ihm auf, sie drängt sich in sein Leben auf eine geradezu penetrante Art und ich frage mich, warum er, der doch mit Worten umgehen kann, sich dermaßen entblößen lässt. Sie will von seiner Ehe alles wissen, geht ins intimste Detail, zwischendurch dann fließt Alkohol nicht zu knapp, sie redet ohne Luft zu holen, schließt auch Fragen zu seiner monetären Situation nicht aus. Und er – antwortet brav, wenngleich er in seinen Gedanken eine andere, eine starke Rolle einnimmt, die ihr Halt gebietet. Es sind jedoch lediglich gute Vorsätze, die er vergisst, sobald sie ihn wieder geschickt auf ihre Fährte lockt.
    „Ich rede nicht gerne und ich rede auch nicht viel. Normalerweise. Wenn ich etwas zu vermelden habe, dann schreibe ich es nieder, dann lege ich es einer meiner Romanfiguren in den Mund.“
    Nun, diese Zugfahrt beginnt ganz amüsant, driftet aber bald in eine Richtung, die mir so gar nicht gefällt. Am liebsten würde ich Eduard an die Hand nehmen und ihn aus den Fängen dieser Frau befreien wollen. Catrin stellt die Liebe ihres Gegenübers auf die Probe, sie kennt keine Grenzen, ist übergriffig bis unerträglich. Ich bin gespannt, wohin die Reise letztendlich geht, welches Ziel Catrin verfolgt. Ihre Fragen sind zunächst ganz unverfänglich, sie will von dem Autor, der von der Liebe schreibt, mehr darüber wissen. Die Dialoge sind witzig, zuweilen schräg, die Gespräche anregend, verlieren sich aber zwischendrin in Belanglosigkeiten.
    Der tiefere Sinn dahinter – ich ahne es, je mehr sie sich dem Hbf von München nähern. Hier bin ich wieder einigermaßen versöhnt, wenngleich die Figur Catrin meine Nerven über weite Strecken arg strapaziert hat und auch Eduard kommt mit seiner fast schon arglosen Gutmütigkeit nicht sehr lebensnah daher. Und doch war diese Zugfahrt nicht ohne, bis auf einige Längen hat mich das Buch dann doch gut unterhalten.
    Dorn Jan Beck
    Dorn (Buch)
    30.01.2025

    Simon Dorn und Lea Wagner ermitteln

    Der Auftakt zu Jan Becks neuer Thriller-Reihe um den Kriminalpsychologen Simon Dorn ist gelungen. Nichts anderes habe ich erwartet, denn ich kenne doch so einiges von dem Autor und bin noch nie enttäuscht worden. Also, mit „Zimmer 103“ geht es los mit dem doch sehr kauzigen Dorn, der nicht mehr Polizist ist und den doch das Ungewisse um die nicht gelösten Mordfälle nie losgelassen hat.
    Und da ist Karla Hofbauer vom Cold Case Management am Bundeskriminalamt Wien, die seit Jahren auf der Jagd nach einem Teufel in Person ist. Ihre Suche führt sie nach Hamburg. „Ich steige gerade durchs Tor der Welt und bin fallweise verhindert“ hört Dorn ihre Mailbox ab. Eine durchaus kryptische Nachricht, auch Karlas Hinweis auf eine Krone, die ihr auf der Stirn steht, ist so gar nicht zu verstehen. Die letzten Takte ihres Lebens bestimmt jedoch dieser Teufel - aus, vorbei.
    Dorn und Karla haben seit Jahren im Verborgenen zusammengearbeitet. Wie sie sich genau gefunden haben, erschließt sich mir nicht, hier hätte ich mir schon mehr Aufklärung gewünscht. Ich vermute, dass sie beide im BK Wien Kollegen waren. Nun, Karla ist regelmäßig zu ihm nach Bad Gastein ins Dornwald gefahren - ein altes, nicht mehr betriebenes Hotel, in das Dorn sich zurückgezogen hat. Nach privaten Schicksalsschlägen hat er den Polizeidient quittiert und verlässt seitdem diesen heruntergekommenen Koloss nicht mehr. Die beiden haben sich alter, ungelöster Fälle angenommen. Ganz vorne dabei waren es mehrere Opfer, die mit immer gleichen Symbolen gekennzeichnet aufgefunden wurden. Hier war und ist ein Serientäter am Werk, so viel steht fest. Einer, der stets unerkannt entkommt.
    Und nun ist es die junge, sehr eigenwillige Wiener Ermittlerin Lea Wagner, die sich auf Karlas Spuren begibt und die so auch auf Dorn stößt, der ihr Engagement jedoch nicht so gerne sieht. Lea lässt nicht locker, sie ist der quirlige Gegenpol zu Dorn, der nicht nur Cold Cases bearbeitet, der auch im Ort mit mächtigen Widersachern zu kämpfen hat. Lea ist zielstrebig und wagemutig, sie lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten. Was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat, zieht sie durch, das muss auch Dorn irgendwann einsehen. Ihm merkt man sein gelebtes Leben schon an, nicht umsonst zieht er sich komplett zurück in seine Welt. Das Dornwald bietet ihm Schutz, zugleich jedoch bietet seine Lebensweise genug Platz für Spekulationen und diversen Anschuldigungen.
    Und natürlich muss der Serienmörder gestoppt werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund des einstigen Grandhotels, beim Lesen entstehen viele Bilder im Kopf. Da das Abgründige des Täters und dort das Unheimliche, das Verfallene des Dornwald, das auch das „Zimmer 103“ beherbergt. Dieser Schauplatz ist in vielerlei Hinsicht perfekt für das Morbide, für den Verfall.
    Bleibt Karlas Tod ungesühnt? Wird der Serientäter je gefunden? Lange sieht es nicht gut aus, trotzdem Lea alles gibt. Dabei geht sie nicht nur über ihre Grenzen, nein, auch bleibt sie Dorn gegenüber ganz schön hartnäckig. Was treibt diesen Unbekannten an, nach welchen Kriterien sucht er seine Opfer aus? Es geht um Schuld, um Rache, um Vergeltung. Gefühlt sind es eher Rückschläge, die sie jedoch nicht aufhalten können. Mysteriös und düster geht es zu, die Spannung wird durchweg gehalten, das Ende dann zeigt das überraschende, lange nicht sichtbare Warum der Morde auf.
    Der Auftakt der neuen Thriller-Reihe ist gelungen und hat mich neugierig gemacht auf DORN und sein Dornwald, in dem es bestimmt noch so mach Unheilvolles zu entdecken gibt.
    Die Wächterin von Köln Petra Schier
    Die Wächterin von Köln (Buch)
    28.01.2025

    Lesenswerter historischer Roman um die Hübschlerin Elsbeth

    Petra Schier entführt mich mit ihrem neuen historischen Roman „Die Wächterin von Köln“ wie schon einige Male zuvor ins Mittelalter, sie ist bekannt für ihre gut recherchierten Romane in dieser Zeit. Viel Hintergrundwissen rankt sich um ihre Protagonisten, die sie mir lebensnah und sehr unterhaltsam näher bringt, was ich sehr zu schätzen weiß.
    Hier steht die Hübschlerin Elsbeth im Mittelpunkt. Eine Dirne, deren Beruf als unehrlich, als nicht ehrbar, gilt. Im Nachwort, das ich vorab erwähnen möchte, veranschaulicht sie diesen und viele andere Berufe und Begriffe. Schon allein diese Ausführungen sind interessant, die Autorin hält sich dabei an die neuesten Forschungsergebnisse und bringt diese gut lesbar und kurzweilig uns Lesern näher.
    Elsbeth ist 43 Jahre alt, als ich ihr das erste Mal begegne, wir schreiben das Jahr 1423. Sie beobachtet eine Szene mit der 14jährigen Britti, die ihr so gar nicht gefällt und wie es ihr Naturell verlangt, schreitet sie ein. Das Mädchen ist zu jung, um den grobschlächtigen Kerlen zu Diensten zu sein, also bietet sie ihr an, bei ihr zu arbeiten. Elsbeth betreibt das Bordell „Zur schönen Frau“, es gibt aber auch hier genug andere Arbeiten jenseits des Bordellbetriebes. Sie betreibt ein Badehaus, bietet Speisen und Getränke an, auch ihre Schwitzkammer wird gut angenommen, daneben gibt es noch so einige Dienstleister wie etwa die Bartscherer. Elsbeth achtet stets auf Hygiene und Reinlichkeit und Knechte achten darauf, dass ein Akt nicht in Gewalt ausartet, was nicht in jedem Hurenhaus selbstverständlich ist. Sie kümmert sich um die Ihren und auch sie lebt ihr Leben, auch davon erfahren wir so einiges. Sie ist sechzehn, als ihre Mutter stirbt und sie ihren Körper anbietet. Schon da ist sie eine in vielerlei Hinsicht faszinierende Frau, auch wenn sie noch naiv und unerfahren ist, so hat sie ihr Schicksal als Hübschlerin doch angenommen.
    Elsbeth folgen wir vom jungen Mädchen zur gereiften Frau, dabei blicken wir in Kölns Unterwelt, dringen tiefer vor in ihre familiären Verhältnisse, vom Bordellbetrieb mit den so unterschiedlichen Kunden und deren mehr oder weniger ausgefallenen Wünsche und Forderungen erfahren wir so einiges, auch Pikantes. Und nicht nur ein Mord überschattet Köln, wir sind hautnah dabei.
    Der Geschichte vorangestellt ist eine Karte von Köln Anno Domini 1423 und gleich danach ist das gerade am Anfang sehr hilfreiche, in Rubriken unterteilte Personenverzeichnis abgedruckt, das mir auch zwischendurch gute Dienste geleistet hat. Sehr reizvoll sind die zwei Zeitebenen, die wechselseitig erzählt werden. Den Überblick verliert man dabei nicht, denn die einzelnen Kapitel sind mit Datum versehen. Mit der jungen Elsbeth bekommen wir so einiges von der früheren Vorsteherin des Dirnenhauses mit, die eher ihren Verdienst im Auge hatte. Das Haus und seine Bewohner sind dem Scharfrichter zu Köln unterstellt, auch von diesem Beruf erfahre ich mehr, meine Vorstellungen waren nicht nur hier ganz andere.
    Petra Schier hat einmal mehr bewiesen, dass sie nicht nur schreiben kann, sie bringt zudem ihr fundiertes Wissen auch in dieses Buch mit hinein. Sie versteht ihr Metier, ihre Figuren leben, sie sind stark, andere schwach, sie sind schlau oder auch einfältig, wieder andere grobschlächtig, gar hinterhältig. Der bildgewaltige Schreibstil hat mir das Gefühl gegeben, direkt mittendrin zu sein. Ich habe viel mitgenommen aus dieser Zeit rund um die Hübschlerin Elsbeth und - ich habe diese Zeit des Lesens sehr genossen. „Die Wächterin von Köln“ ist ein Roman, den ich jedem historisch Interessierten empfehlen kann.
    Dunkle Asche Jona Thomsen
    Dunkle Asche (Buch)
    28.01.2025

    Wenn die Vergangenheit dich einholt

    „Die Haustür wurde geöffnet. Jemand kam herein. Schritte, die sich näherten, dann wurde der Lichtschalter umgelegt. Eine Gestalt stand in der Tür. Was machst du den hier?“ Es ist der 15. Juli 1992, eine halbe Stunde nach Mitternacht.
    Es geht um den Mord an Sanna, eine 18jährige, die damals im Ferienhaus ihrer Eltern mit zwölf Messerstichen getötet wurde und wie sich herausstellte, wurde das Haus anschließend in Brand gesteckt. Schon der Prolog legt klar, dass da jemand etwas entdeckt hat, was nie an die Öffentlichkeit dringen darf. Wer das war und auch dessen Motiv bleiben sehr lange im Unklaren.
    Der Fall wird von der Cold Case Unit der Kripo Kiel neu aufgerollt, nachdem ein Anruf eingeht - ein Schwerkranker will eine Aussage bezüglich dieses dreißig Jahre zurückliegenden Falles machen. Das Ermittlerduo Möller/Engster werden darauf angesetzt, die alten Akten werden als Grundlage für ihre erneuten Ermittlungen herangezogen. Die beiden erhoffen sich neue Hinweise, da sie heute bezüglich der alten Spuren wesentlich mehr Möglichkeiten haben, daraus ihre Schlüsse zu ziehen. Zunächst stoßen sie auf eine Mauer des Schweigens, auch spüren sie instinktiv, dass es eher Lügen denn Erinnerungslücken sind, die ihnen aufgetischt werden.
    Gudrun Möller und ihre neue Kollegin Judith Engster könnten unterschiedlicher nicht sein. Die eine ist impulsiv und durchaus trinkfest, während die andere eher die kühle Methodikerin ist, beide sind sie in den Fünfzigern. Dass Gudrun in diesem Sommer in die Clique um die ermordete Sanna involviert war, ist schon heikel. Die damaligen Freunde werden nun erneut verhört, dabei macht sich so mancher verdächtig. Und zwischendurch sind es die Gedanken des wahren Täters, die kurz aufblitzen - er scheint die Ermittlungen genau zu beobachten.
    Die beiden Ermittlerinnen haben auf den ersten Blick so gar nichts gemeinsam und doch wachsen sie zusammen – irgendwie. Beide sind sie ehrgeizig, wobei ihr privater Hintergrund unterschiedlicher nicht sein kann. Gudruns damaliges Umfeld ist in Visier ihrer Polizeiarbeit, dabei stellt sich schon heraus, dass der Fall vor dreißig Jahren zu schnell abgehandelt und abgehakt wurde. Jona Thomsen gibt Einblicke in den damaligen Freundeskreis, wir erleben sie auch im Heute und nicht nur einer macht sich verdächtig. Es sind ganz und gar unterschiedliche Charaktere, nicht jedem gelingt ein Leben auf der Überholspur.
    Mich hat „Dunkle Asche“ von Anfang an abgeholt, ich wollte wissen, wer denn dieser Unbekannte ist, der seelenruhig auf sein späteres Opfer zu warten scheint, um seine verräterischen Spuren dann gewissenhaft in Flammen aufgehen zu lassen. So einige hatte in Verdacht, der wahre Schuldige war lange nicht dabei. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann ist die Tatsache, dass Gudrun, trotzdem sie damals in Sannas Nähe war und so gut wie alle kannte, den Fall bearbeiten konnte. Davon abgesehen ist Jona Thomsen ein durchweg spannender Krimi mit interessanten Protagonistinnen und auch ansonsten authentischen Charakteren gelungen.
    51 bis 75 von 215 Rezensionen
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