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    Magnolia

    Aktiv seit: 05. November 2023
    "Hilfreich"-Bewertungen: 10
    198 Rezensionen
    Wir sehen uns wieder am Meer Trude Teige
    Wir sehen uns wieder am Meer (Buch)
    16.07.2025

    Berührend

    „Ich hatte niemals vor, eine Trilogie zu schreiben“ lässt Trude Teige wissen. Und doch ist es mit diesem hier das dritte Buch, das von wahren Geschehnissen während des Zweiten Weltkrieges erzählt. Schon „Als Großmutter im Regen tanzte“ hat mich tief bewegt und auch den zweiten Roman über ihren Ehemann musste ich danach unbedingt lesen. Ja, „Und Großvater atmete mit den Wellen“ geht unter die Haut, beide Bücher möchte ich nicht missen, genau so ergeht es mir mit diesem letzten Buch „Wir sehen uns wieder am Meer“.
    Die meisten Bücher über die schlimmen Schicksale, die der Zweite Weltkrieg verursacht hat, handeln von Männern. Frauen werden leicht vergessen, obwohl ihre Kriegserlebnisse genauso schrecklich sind. Als Trude Teige die Geschichte einer Frau erfährt, die ursprünglich aus Weißrussland stammt und 1943 von den Deutschen nach Norwegen verschleppt wurde, um dort als Zwangsarbeiterin ihr Dasein zu fristen, hat sie das Thema nicht mehr losgelassen.
    Juni Bjerke erzählt hier von ihrer Großmutter Tekla, die als „Deutschenmädchen“ verachtet wird. Ihre Freundin Birgit geht als Krankenschwester in den Norden, dort begegnet sie der 16jährigen Nadja, die aus der Ukraine zur Zwangsarbeit in einer Fischfabrik verschleppt wird. Wir gehen zurück ins Jahr 1944, die Deutschen haben Norwegen besetzt.
    Birgit will helfen, darum ist sie in diesem Krankenhaus. Bald jedoch gerät sie zwischen die Fronten. Der stramme Nazi Sven Svendsen umwirbt sie, irgendwann dann verfolgt er sie – eine gefährliche Konstellation für Birgit, die in einer Widerstandsgruppe aktiv ist. Dieser Svendsen macht für den Gestapochef Holck die Drecksarbeit, ich bin ganz nah dabei, ich bin entsetzt. Ein mehrstöckiges Haus dient als Hauptquartier und Folterkammer, des Öfteren musste ich ganz tief durchatmen. „Nicht alle Deutschen sind Nazis“ sagt der Lagerarzt. Das glaube ich schon, aber viele, viel zu viele waren es doch. Die einen tragen ihre Gesinnung ganz offen zur Schau, andere eher verkappt und später dann will es keiner gewesen sein.
    Mit Nadja wird gnadenlos umgesprungen. Was der Mensch alles aushalten kann, ist unvorstellbar und noch schlimmer ist es, was diese rechte Gesinnung aus Menschen macht. Wie verroht und gefühlskalt muss man sein, dass sichtlich kranke, extrem geschwächte junge Frauen zur Arbeit gepeitscht werden. Nadjas Freundin Daria hält diesem Druck nicht mehr stand und auch viele andere klappen zusammen, fallen, bleiben liegen.
    Dieses dritte Buch ist in vier Teile gegliedert, bis Juli 1945 sind wir im Zwangsarbeiterlager, in der Fabrik, bei den Gestapo-Leuten und deren menschenverachtenden Methoden. Wir sind im Krankenhaus, treffen einen Kollaborateur, Birgit dolmetscht dank ihrer Russischkenntnisse. Ab August 1947 erfahren wir, wie es mit den Freundinnen weitergeht. Ich möchte nicht detailliert darauf eingehen, aber einmal in diesen Strudel hineingezogen, ist es schier unmöglich, dem jemals zu entkommen. Oder doch?
    Trude Teige ist eine wunderbare Erzählerin, die Geschichten um die drei Frauen sind fiktiv, sie basieren jedoch auf wahren Begebenheiten, sie erzählen von einer Zeit, die nie vergessen werden darf. Ich bin erschüttert, ich bin zutiefst bewegt. Auch dies ist ein Buch, das man lesen sollte.
    Zeit der Pfingstrosen Claudia Romes
    Zeit der Pfingstrosen (Buch)
    11.07.2025

    Das Leben ist nicht immer fair

    Als die Rose ohne Dornen wird Paeonia, die Pfingstrose, gerne bezeichnet. Ihr gebührt in Claudia Romes neuestem Roman „Zeit der Pfingstrosen“ ein ganz besonderer Platz. Sie erzählt eine bittersüße Liebesgeschichte, die ihren Anfang kurz vor dem Zweiten Weltkrieg hat.
    ich lerne den 96jährigen Jeff Craig kennen, der an Demenz erkrankt ist und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung braucht. Sein Großneffe Aiden sucht für ihn eine Betreuerin, die auf Jeffs Farm wohnen kann. Momentan ist Aiden es, der sich liebevoll um seinen Onkel kümmert, denn Jeff hat schon etliche Betreuerinnen vergrault und nun hofft Aiden, dass es mit Katy McConnell besser klappt. Nun, Katy zieht mit ihrer 10jährigen Tochter Mabel ein, beide haben sie auch mit Anfeindungen und Vorurteilen der Leute hier zu kämpfen. Nur gut, dass Aiden immer da ist, wenn er gebraucht wird.
    Die Betreuung eines Demenzkranken ist eine Herausforderung, diese in seinem Zuhause zu organisieren fordert alle Beteiligten. Eine entsprechende Ausbildung, viel Geduld und Verständnis sind Grundvoraussetzung, um sich dieser Aufgabe zu stellen. Auch Katy kommt an ihre Grenzen, denn Jeff ist flink, er entwischt gerne mal. Es zieht ihn immer wieder in einen Blumenladen, dort ist er glücklich, dort ist er in seiner ganz eigenen Welt.
    Zwei Zeitebenen wechseln sich ab. Neben der Jetzt-Zeit begegne ich Jeff im Oktober 1939, als er sich unsterblich in Roslyn verliebt und auch sie erwidert diese Liebe. Der Krieg kommt ihnen dazwischen – wird ihre Liebe diese schlimme Zeit überdauern? Mit seinem besten Freund Hamish erlebt er die Schrecken des Krieges in der Normandie und als er schließlich heimkehrt, ist auch hier alles anders als erwartet.
    Der vielschichtige Roman erzählt von einer Liebe im Heute und von einer, die die Zeit überdauert. Nicht alles ist rosig, Rivalitäten und eine tief empfundene Feindschaft schwingen mit. Ich lese aber auch von ehrlichen Freundschaften, von unbedingtem Zusammenhalt und von den Kriegswirren lese ich auch. Die Charaktere sind fein gezeichnet, sie haben ihre Ecken und Kanten, regen mich extrem auf oder aber ich mag sie gerne – alles ist dabei, so wie das Leben eben ist. Auch wenn dieses Leben nicht immer fair ist, so ist es dies zuweilen doch.
    Beide Zeitstränge sind interessant, beiden bin ich gerne gefolgt, wobei mich der junge Jeff noch einen Ticken mehr gepackt hat. Die Handlung ist logisch, in Teilen aber schon vorhersehbar. Was der Story an sich aber nicht schadet, sie ist in sich schlüssig. Dabei kurzweilig und lebendig erzählt.
    Lost in the Wild Antje Leser
    Lost in the Wild (Buch)
    09.07.2025

    Der Albtraum schlechthin

    Timo ist es, der diese Bergtour ausgearbeitet hat. Sie sind zu fünft, sie sind gute Freunde, sie planen nicht das erste Mal ein gemeinsames Erlebnis. Nicht jeder ist begeistert davon, ein Städtetrip wäre bestimmt angenehmer, aber sei´s drum. Timo, Jasper, Fabio, Khadra und Daria sind gut gerüstet, die Rucksäcke prallvoll, das Wetter jedoch sieht nicht ganz so einladend aus. Sie wandern drauflos, die erste echte Herausforderung bilden Baumstämme, die sie überwinden müssen, lediglich ein starkes Seil ist zu ihrer Sicherung in luftiger Höhe gespannt.
    Schon hier hätte ich mich geweigert, wäre auf der Stelle umgekehrt. Der nicht ganz ungefährliche Weg ist plastisch beschrieben, auch die Wetterverhältnisse geben allen Grund zur Sorge. Den fünf Freunden ist als Kinder der Stadt die Bergwelt nicht vertraut, von abrupten Wetterumschwüngen haben sie noch nie gehört. Sie geraten in einen Bergrutsch – und das zu nachtschlafender Zeit. Ihre Zelte, ihre Ausrüstung und auch einer von ihnen werden mitgerissen. Sie suchen nach ihm, sind ohne Orientierung. Irgendwann dann treffen sie auf Prepper, die hier ihr Intensiv-Survivaltraining abhalten.
    Ja, sie scheinen absolut verloren zu sein in dieser Wildnis. Werden sie von den Preppern Hilfe bekommen? Oder aber in ihr Survivaltraining mit einbezogen? Die Story ist durchgehend spannend, ihre Freundschaft hängt nicht nur einmal am seidenen Faden, Konflikte sind vorprogrammiert. Die komplett unterschiedlichen Charaktere sind gut ausgearbeitet. Khadra etwa, um nur eine herauszugreifen, ist WWF-Mitglied, sie ist ein Musterbeispiel für Klimaschutz, sie ist selbstverständlich Veganerin, sie vertritt auch in dieser schier ausweglosen Situation ihre Ideale. Auch in der Survivalgruppe finden sich die unterschiedlichsten Lebensanschauungen, allen voran ist es Ragnar, der diese Kurse anbietet.
    Bis zuletzt ist nicht klar, ob - und wenn ja wie - sie aus dieser Wildnis herauskommen. Gebangt habe ich um (fast) alle. Und nicht nur das, immer mehr kristallisiert sich eine Ideologie heraus, die nichts Gutes bringt. Die einzelnen Figuren und auch die Story sind zuweilen überzeichnet, was diesen Albtraum jedoch noch zusätzlich unterstreicht. Mich hat das Buch nachdenklich zurückgelassen, die Spannung war durchweg da, ich hab es gerne gelesen.
    Pinguine fliegen nur im Wasser Henriette Krohn
    Pinguine fliegen nur im Wasser (Buch)
    06.07.2025

    Von echter Freundschaft und chaotischen Momenten und noch mehr

    „Pinguine fliegen nur im Wasser“ erzählt von zwei Menschen, die gegensätzlicher nicht sein könnten - Greta und Vincent. Ist es Zufall, dass sie an einem entscheidenden Wendepunkt ihres Lebens aufeinandertreffen? Ist es Schicksal, das sie zusammenführt? Noch wissen wir es nicht, aber doch sehr bald. Henriette Krohn lässt ihre Leser ab dem Zeitpunkt ihrer Begegnung am Leben der beiden teilhaben, zwischendurch erzählen Rückblenden von deren Vergangenheit.
    Vom Fitnessstudio direkt ins Büro. Das Team-Meeting hat Vincent für 7.30 h angesetzt und selbstredend ist er eher da, er ist seinen Mitarbeitern stets ein Vorbild. Heute aber läuft alles schief. Sein Mitarbeiterausweis scheint defekt zu sein, er schafft es dann aber doch in sein Büro, aber nicht ins firmeneigene Netz. Seine Vorgesetzte macht ihm unmissverständlich klar, dass er raus ist. Job weg, Wohnung weg – was ist passiert?
    Er landet ausgerechnet in Gretas Taxi, sie kommen ins Reden und da er sowieso seinen Job los ist und sie die alte, von ihren Großeltern geerbte Villa renovieren will, nimmt er ihr Angebot an, in dieser Villa mit anzupacken. Dafür kann er hier für die Zeit der Renovierung mietfrei wohnen.
    Gesagt – getan. Sie beginnen mit der Küche, denn sie ist nun mal das Herzstück eines Hauses. Sie machen Pläne, kaufen ein, sind sich sofort einig oder auch nicht, werkeln von früh bis spät, sie sind ein gutes Team. Ein Nachbar will helfen, auch Gretas Ex steht im Weg rum, außerdem ist da noch eine ältere Dame, eine Gräfin, in der Nachbarschaft und eine Schildkröte gibt es neben so etlichen anderen Mitspielern auch.
    Henriette Krohn ist ein wunderbarer Roman gelungen, der so viel mehr ist als „nur“ ein Wohlfühlbuch. Ihre Charaktere sind liebenswert und nahbar, die meisten zumindest. Andere wiederum sind ganz schön fies, auch diese Typen kennt wohl jeder. Allesamt sind sie echt und glaubwürdig. Das Miteinander steht im Mittelpunkt, ebenso der Zusammenhalt. Echte Freundschaft und Herzlichkeit und auch mal chaotische Momente machen das Buch so authentisch. Was braucht man, um glücklich zu sein, um ein erfülltes Leben zu führen? Man sollte achtsam mit sich und mit den anderen sein, das ist sehr viel mehr wert als all die luxuriösen Dinge. Die so leichtfüßig daherkommende Story macht schon auch nachdenklich, eine feine Prise Humor schwingt immer mit und wenn Greta das gewisse Ümpf in einem Raum noch fehlt, dann sind kreative Ideen gefragt.
    Die Renovierung ist nun abgeschlossen, das warmherzige, tiefgründige Buch ausgelesen, ich war gerne dabei und – ganz nebenbei bemerkt: In diese Villa würde ich (wäre sie noch frei) gerne einziehen.
    Die Rettung Charlotte McConaghy
    Die Rettung (Buch)
    03.07.2025

    Geheimnisse

    Vor acht Jahren ist Dominic mit seinen Kindern auf Shearwater Island angekommen, seitdem bewohnen sie den inseleigenen Leuchtturm. Die Forschungsbasis ist mittlerweile verwaist, das Team hat die Insel verlassen und auch Dominic Salt mit Familie wird bald weg sein. Shaerwater ist dem Untergang geweiht, das Meer holt sich dieses etwa 120 qkm große Eiland zurück.
    Eine Frau im Meer. „Der Sturm spült sie an, drapiert auf ein Gewirr aus Treibholz. Das Mädchen sieht sie von ihrem Platz bei den Robben aus… Sie taucht ab, schwimmt hinaus, greift nach dem wirren Bündel, lenkt es in Richtung Strand…“ Fen heißt das Mädchen, Dad und Raff helfen ihr, die Frau herauszuziehen. Sie säubern ihre Wunden, legen sie in ein Bett, wärmen sie. Sie hat Fieber.
    Der dramatische Beginn, einhergehend mit Kälte und Regen, wirft viele Fragen auf. Wie kommt diese Frau auf die doch sehr abgelegene Insel irgendwo zwischen Australien und der Antarktis? Ist es Zufall oder Absicht? Was sucht sie hier? Erst ziemlich dem Ende zu weiß man über sie und ihre Beweggründe Bescheid. Alles vorher ist eher Spekulation, überhaupt durchziehen Geheimnisse die ganze Story. Auch Dominik ist nicht zu durchschauen, ihn kann ich bis zum Schluss schwer einschätzen. Eher schon seine Kinder, wobei auch die 17jährige Fen, die mit den Walen schwimmt und taucht, die sich eher absondert, erst spät ihr Innerstes preisgibt. Raff (18) öffnet sich so nach und nach und der 9jährige Orly ist der Botaniker schlechthin. Wobei er ziemlich altklug sein profundes Wissen über Flora und Fauna zum Besten gibt. Nun gut, einem Neunjährigen nehme ich diese Ausdrucksweise nicht so ganz ab, aber sei´s drum – durch ihn wird etwa der Mangrovenkeimling super erklärt.
    Überhaupt legt die Autorin neben der Story um die fünf Menschen ihr Augenmerk auf die Natur. Sie nimmt sich Zeit, um die Tier- und Pflanzenwelt zu beschreiben, man spürt beim Lesen direkt den tosenden Wind und den Starkregen, holt Luft und taucht mit den Walen ab, ich bin hautnah dabei. Sie vermittelt eine total schöne, sehr atmosphärische Stimmung und zugleich macht sie die bedrohlichen Folgen des Klimawandels und dessen Einfluss auf die Natur deutlich.
    Die Story um die fünf Menschen ist voller Geheimnisse. Andeutungen, die viel Dramatisches ahnen lassen, führen nicht weiter, man rätselt von Kapitel zu Kapitel, zuweilen nervt dieses Unheilvolle, nicht Greifbare, man tappt bis fast zum Schluss im Dunkeln. Die kurzen Kapitel sind mit der jeweils erzählenden Person übertitelt, man erfährt immer nur so viel, dass man unbedingt weiterlesen muss - um dann doch nochmal ganz fest zu schlucken, denn das Ende hat es in sich und ist so gar nicht vorhersehbar, so auch die entscheidende Wendung zuvor.
    „Die Rettung“ ist spannend, ist düster, ja zeitweise unheimlich, zuweilen musste ich das Buch zur Seite legen und doch wollte ich wissen, was denn nun auf dieser Insel mit diesen fünf Personen geschieht. Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten – oder gibt es für diese unsere Welt noch eine, noch „Die Rettung“?
    Der Weg der Frauen Marie Pierre
    Der Weg der Frauen (Buch)
    27.06.2025

    Faszinierender, spannender Abschluss um das Pensionat an der Mosel

    Nun heißt es Abschied nehmen von Pauline Martin und ihrem Pensionat, das sie einst von ihrer Patentante Adéle übernommen hat. Seitdem führt sie es mit viel Herzblut und Engagement mit dem Ziel, ihre Schützlinge zu selbstbewussten, selbstbestimmten Frauen zu erziehen. Was in jener Zeit, wir schreiben das Jahr 1912, eher unüblich war. Die Männer hatten das alleinige Sagen, Frauen waren meilenweit entfernt von jeglicher Emanzipation.
    Schon der Titel „Der Weg der Frauen“ deutet an, dass der dritte Band der Trilogie „Das Pensionat an der Mosel“ die Lebenswirklichkeit der Frauen in der Zeit der Belle Époque thematisiert.
    Sophie, Paulines Schülerin, habe ich schon in den beiden Vorgängerbänden „Töchter des Aufbruchs“ und „Schwestern im Geiste“ kennengelernt. Sie war ein durchaus lebensfrohes junges Mädchen, das nun in Polizeigewahrsam ist - Wachtmeister Schrotherr hat dies Pauline mitgeteilt, mehr ist noch nicht bekannt. Sie entscheidet, direkt in die Polizeidirektion zu fahren, die sich in der lothringischen Bezirksstadt Metz befindet. „Sie sollten nicht alleine reisen, Mamsell!“ gibt Lisbeth, die Köchin und gute Seele Pensionats, zu bedenken. Dennoch entscheidet Pauline, sich ohne Begleitung auf den Weg zu machen, auch wenn dies ihrem guten Ruf nicht unbedingt zuträglich ist. Dort erfährt sie von Sophies Agitation für das Frauenwahlrecht, ihr wird Unruhestiftung und Vandalismus vorgeworfen. „Das Wahlrecht der Frauen, politische Mitbestimmung. Wenn es eines Tages tatsächlich so weit kommen sollte, steht die Ordnung und Sicherheit des Landes auf der Kippe.“ Schon allein diese Aussage eines Wachtmeisters, dem Pauline nun gegenübersitzt, zeigt deutlich, dass es noch ein weiter Weg ist hin zur Emanzipation. Dies ist eines der Themen, von denen wir lesen. Und doch waren es in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg mutige Vorreiterinnen, die sich für die Rechte der Frauen stark machten. Und ja - natürlich müssen ihre Eltern verständigt werden, Sophies Vater reagiert wie erwartet. Er nimmt sie aus der Schule, gleichzeitig gibt er Pauline mit ihren „verdorbenen Ideen“ die alleinige Schuld. Der Vater ist ein typischer Vertreter seiner Zeit. Sein Wort gilt – für seine Ehefrau, für seine Tochter.
    Paulines Alltag fordert ihr alles ab, auch privat läuft vieles unrund. Nach Jahren taucht ihr ehemaliger Verlobter wieder auf, der sie erneut umwirbt. Ein Dilemma. Denn sollte sie seinem Ansinnen nachgeben, muss sie ihre Lehrtätigkeit aufgeben, zudem ist sie Hauptmann von Priesnitz mehr als freundschaftlich verbunden.
    Das Lehrerinnenzölibat gilt noch lange, überhaupt sind es die Frauen, die gesellschaftlich und politisch im Schatten der Männer stehen. Da ist die junge Camille, die mit der Schande eines unehelichen Kindes lebt und auch die Frau, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann fliehen muss. Das geltende Züchtigungsrecht, das Familien-, Scheidungs- und Sorgerecht, das immer zugunsten des Mannes ausgelegt wird und auch der Missbrauch von Rauschmitteln sind Thema. Dies ist nur ein kurzer Abriss dessen, was uns im und um das Geschehen des Pensionats erwartet.
    Die gut strukturierte Auflistung der hier agierenden Figuren macht den (Wieder)Einstieg in das Pensionat leicht, das hilfreiche Glossar (fachbegrifflich und fremdsprachlich) sowie das informative und sehr interessante Nachwort runden den bestens recherchierten Roman ab.
    Der finale dritte Band rund um das Mädchenpensionat, das im beschaulichen Moselstädtchen Diedenhofen/Thionville liegt, kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Empfehlen würde ich trotzdem, mit Band eins zu beginnen. Ganz einfach deshalb, weil Marie Pierre ihre Leser sofort fesselt - sie zieht einen regelrecht ins Buch. Ihr so lebendiger Schreibstil und ihre durchdachte Geschichte um das Institut sind Garant für faszinierende Lesestunden. Darüber hinaus vermittelt sie viel geschichtlich Interessantes, das auf sehr spannende Weise mit einfließt.
    Aber bitte mit Sonne Angelika Schwarzhuber
    Aber bitte mit Sonne (Buch)
    20.06.2025

    Adios, Bahamas

    Lucy hasst Überraschungen, ihre beste Freundin Jacky dagegen liebt sie. Es kommt, wie es kommen muss – zu Lucys 29. Geburtstag lotst Jacky sie zur Garage ihrer Tante, die als Partyraum aufgemotzt ist, sechs Leute warten schon auf sie.
    Nun gut, dieser denkwürdige Tag hat noch mehr zu bieten. Jacky folgt einem heißen Typen nach Hamburg, auch ihre beruflichen Weichen sind dementsprechend gestellt und das Schlimmste überhaupt – Lucy befürchtet, ihren nächsten Geburtstag nicht mehr zu erleben, ihre Sorge ist durchaus berechtigt.
    Nach dem ersten Schock will sie ihr Leben total umkrempeln. Sie will auf den Bahamas mit den Schweinen schwimmen, sie will den ganzen alltäglichen Ballast nicht länger mit sich herumschleppen, also zunächst auf nach Niederbayern zu ihrem Onkel Mike. Blöd nur, dass ein Unfall - kurz bevor ihr Flieger abhebt - sie dazu zwingt, ihren Traum von der Karibik hintanzustellen. Vorerst sitzt sie hier fest.
    Schon der erste Blick aufs Cover macht Laune, dieser Urlaubsroman, der fast einer gewesen wäre, hat viel zu bieten. Denn der Urlaub fällt ins Wasser und Lucy in ein tiefes Loch, stimmt sie doch der Gedanke an die nächste Zeit nicht gerade froh. Was schon verständlich ist, nur versperrt sie sich der Realität in einer Weise, dass ich sie des Öfteren schütteln möchte.
    Da sind Onkel Mike, seine Kneipe und sein neu eingestellter Koch Matteo. Mit den beiden muss Lucy auskommen, was ihr bei Mike nicht sonderlich schwer fällt. Matteo – naja, irgendwann erzählt auch er seine Geschichte, die nicht ohne ist. Und - er zaubert die leckersten Gerichte, die Gäste des Lokals sind begeistert und nicht nur sie, auch ich möchte mich bei der Beschreibung all dieser herrlichen Gaumenfreuden am liebsten zu ihnen an den Tisch setzen. Und als Zuckerl sozusagen sind am Ende des Buches einige dieser Rezepte abgedruckt – mein Magen knurrt schon beim Lesen ganz schön.
    Sommer, Sonne, Romanik und noch mehr - Angelika Schwarzhuber hat einen zauberhaften Roman geschrieben mit durchaus ernstem Hintergrund. Und auch sind es diese wunderbaren, witzig-spritzigen Momente, launig und humorvoll in Szene gesetzt, die mich so manches Mal haben schmunzeln lassen, die mich bestens unterhalten haben. Die Charaktere haben Biss, sie sind jeder für sich einzigartig, sie haben Ecken und Kanten, sind nett und zuweilen ganz schön grantig, wie man in Niederbayern zu sagen pflegt. Aber allesamt sind sie herzlich und füreinander da. Und auch wenn es mit der Karibik nix wird, so ist es doch daheim mindestens genauso schön. Lucy ist bestimmt der gleichen Meinung, dessen bin ich mir ziemlich sicher, denn ich hab sie ganz gut kennenlernen dürfen. Ein wunderbarer Roman ist ausgelesen. Ein Roman, den ich uneingeschränkt empfehlen kann.
    Der Weg - Jeder Schritt könnte dein letzter sein Rebecca Russ
    Der Weg - Jeder Schritt könnte dein letzter sein (Buch)
    18.06.2025

    Abseits der Wanderwege - der Albtraum schlechthin

    Julia und Lars sind mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, als Nicki, Julias Freundin, überraschend mit zwei Flugtickets auftaucht. Mit ihrer Idee, den sagenumwobenen Königsweg in Schweden zu gehen, überrumpelt sie Julia zunächst und doch greift sie sich spontan ihre Wanderausrüstung - der Flieger wartet nun mal nicht. Geplant ist eine Etappe über 78 km des Kungsleden-Wanderweges in Schweden, die sie in sechs Tagen bewältigen wollen.
    Nach einer Nacht im Hotel brechen sie trotz des schlechten Wetters auf. Sie wollen die Hütten umgehen, lieber etwas abseits des Weges ihr Zelt aufschlagen. Schon der erste Zeltplatz auf einem Plateau erweist sich als ungünstig. Als Julia durch Sturm und heftigen Regen erwacht, ist der Reißverschluss des Zeltes halb offen und Nicki verschwunden. Julias Hoffnung, dass sie nur schnell mal in den Büschen war, zerschlägt sich bald. Was tun? Nun, sie hat lange genug gewartet, also macht sie sich auf die Suche nach Nicki. Ihren Trekkingrucksack lässt sie zurück - weit kann ihre Freundin nicht sein, denn auch ihr Rucksack ist noch da. Julias Albtraum beginnt.
    Sie nimmt mich mit auf ihren Horrortrip, sie stolpert über Stock und Stein, sie sieht durch die ungünstigen Witterungsbedingungen so gut wie nichts, sie hat weder Nahrung noch Wasser, ihr Orientierungssinn scheint sie komplett zu verlassen. Zwischendurch lerne ich Lars in den kursiv gehaltenen Kapiteln näher kennen.
    Der Prolog legt den Focus auf eine Person, die ganz allein umherirrt. Schon diese erste Szene erzeugt eine sehr beklemmende Atmosphäre, die sich durchs Buch zieht. Der undurchdringliche, regennasse, düstere Wald mit allem möglichen Getier gibt die unheimliche Kulisse gut wider, ein Herauskommen scheint nahezu unmöglich. Und dieser Schatten – ist dies eine Sinnestäuschung oder schleicht da jemand rum? Die Story hält mich durchweg gefangen, ich bin ganz nah bei Julia. Bei Nicki bin ich mir absolut unsicher, was sie zu diesem Trip motiviert hat. Gut, spät wird so einiges sichtbar…
    Beide Erzählstränge – auch der kursiv gehaltene – sind spannend und bieten so einige Wendungen. Meine Nerven werden arg strapaziert, dem Ende zu bin ich dann nicht zu überrascht, denn so einiges war zu erahnen. Was mir nicht zusagt, ist der endgültige Schluss. Der hat für meine Begriffe nicht gepasst, ansonsten aber war es ein rasanter Thriller, den ich am Stück verschlungen habe.
    Ihr werdet sie nicht finden Andreas Winkelmann
    Ihr werdet sie nicht finden (Buch)
    17.06.2025

    Spannung pur

    „Isabell, Isabell, Isabell“ ruft er immer wieder. Verzweifelt sucht Jonas Waider seine 16jährige Tochter, die von einer Geburtstagsparty nicht wie vereinbart heimgekommen ist. Nicht nur er, Freunde und die ganze Nachbarschaft durchkämmen das Gelände. Es ist weit nach Mitternacht. Als sie dann ihren Rucksack finden, ist Jonas Verzweiflung groß, von seiner Tochter fehlt weiterhin jede Spur.
    Sieben Jahre später engagiert Frau Dr. Frieling die Privatermittlerin Franca Lichtenwalter. Sie soll ihre Enkelin Silvia suchen, von der sie seit einem halben Jahr nichts mehr weiß. Silvia lebt bei ihrer Mutter, zu der Frieling jedoch schon lange keinen Kontakt mehr hat. Franca findet heraus, dass die beiden verschwundenen Mädchen sich gekannt haben. Sie vermutet einen Zusammenhang, stößt bei ihren Recherchen unweigerlich auf Jonas, den ehemaligen Polizisten. Seit dem Verschwinden seiner Tochter ist er ein anderer, er neigt gelegentlich zum Jähzorn, ihr Verschwinden hat er nie verkraftet. Franca dagegen ist eher diplomatisch und einfühlend. Beide sind sie charakterstark und hartnäckig mit einem ausgeprägten Spürsinn. Zusammen sind sie ein gutes Team, auch wenn es gelegentlich ordentlich kracht.
    Andreas Winkelmann ist es wieder mal gelungen, mich nicht loszulassen. Natürlich lockt der neue Thriller, ein Hineinlesen stillt sozusagen den ersten Lesehunger. Aber – er hat seine Krallen nach mir ausgestreckt und mich nicht mehr losgelassen. Bis zum bitteren Ende. Denn erst ganz zum Schluss wird auch der letzte Knoten aufgedröselt, das ganze Buch ist Spannung pur.
    Einige Passagen sind kursiv dargestellt, was zunächst vermuten lässt, dass es sich um den Täter, den Entführer, den Mörder – wie auch immer, man weiß es ja nicht – handelt. Nie hätte ich vermutet, wer denn wirklich dahintersteckt. Das sind diese kleinen Feinheiten, die Winkelmann beherrscht. Und nicht nur dies, die komplette Story, die sich aus den zwei Fällen speist, ist raffiniert in Szene gesetzt. Viel erfahren wir über den privaten Jonas, einiges auch über den ehemaligen Polizisten und warum er heute keiner mehr ist. Auch verfolgen wir Franca, die ziemlich cool auftritt. Und natürlich wird Silvia und ihre Familie auf eine Weise durchleuchtet, dass ich dabei so manches Mal hart schlucken musste. Abgründe tun sich auf.
    „Ihr werdet sie nicht finden“ hat mir wiederum gezeigt, warum ich jeden Winkelmann lesen muss. Eine raffiniert konstruierte, nicht durchschaubare Story, dazu der schnörkellose, gut lesbare Schreibstil, all dies spannend in Szene gesetzt – ein Winkelmann eben.
    Im Finsterwald Marie Hermanson
    Im Finsterwald (Buch)
    16.06.2025

    Wo ist Alice?

    „Im Naturhistorischen Museum ist ein kleines Mädchen verschwunden“ erfährt der Hauptwachtmeister Nils Gunnarsson, als er gegen Mittag ins Polizeirevier kommt. Gestern, um drei Uhr, als das Museum geschlossen wurde, ward sie zuletzt gesehen und heute gegen halb elf hat sie ihr Vater telefonisch als vermisst gemeldet. Unglückliche Umstände hätten ihn davon abgehalten, ihr Fehlen gestern Abend zu bemerken. Bleibt zu hoffen, dass sie die Nacht nicht im Freien verbracht hat, denn es waren vierzehn Grad unter Null.
    Mai, das Kindermädchen der Familie Guldin, war mit der neunjährigen Alice und ihren Geschwistern Tore, dem Baby Ingmar und den drei- und zweijährigen Mädchen Britt und Marianne wie so oft im Museum. Als sie dann bei Schließung gehen mussten, war Alice nicht mehr da. „Sie hat sich versteckt. Im Laub. Ganz tief im Wald. Bei den Elchen“ bemerkt ihr sechsjähriger Bruder Tore eher nebenbei.
    Nils übernimmt diesen Fall, er durchleuchtet die sehr eigenartige Familie Guldin. Der Vater ist eine verkrachte Existenz, er scheint dem Alkohol verfallen zu sein, kümmert sich weder um seine kranke Frau noch um die Kinder, dafür ist schließlich das 16jährige Kindermädchen da, die daneben auch den Haushalt schmeißt.
    Der Kriminalroman führt uns nach Göteborg ins Jahr 1926. Schon am äußeren Erscheinungsbild merkt man, dass es eine andere Zeit ist und auch der Schreibstil hat mich ins vorige Jahrhundert versetzt. Man merkt sofort, dass es etwas steifer, etwas gediegener zugeht. Die Erzählweise ist eher gemächlich, der Fall an sich scheint streckenweise vergessen zu sein. Wir bewegen uns im Museum, bestaunen die Exponate, bekommen viel von der Arbeitsweise mit, vernehmen seltsame Geräusche im Diorama. Alleine möchte ich nicht unbedingt durch diese Räume schweifen.
    Zuweilen kommen mir allesamt seltsam entrückt vor, keiner in dieser Familie scheint sich für Alice Schicksal zu interessieren. Lange tappen Nils und Ellen, die ihn mit ihrer einfühlsamen Art unterstützt, im Dunkeln und ja – es gibt einen Verdächtigen. Eine weitere Spur führt zu einem mysteriösen Verein, so etliche Ungereimtheiten führen nicht recht weiter, sie stehen gefühlt vor einer Mauer aus Lügen.
    Viel erfahren wir von der Familie und auch von Alice, von dem Kindermädchen und von einigen Angestellten des Museums. Und auch das Private von Nils und Ellen schleicht sich zwischen die Ermittlungsarbeit, die letztendlich die ganze Wahrheit ans Licht bringt.
    „Im Finsterwald“ ist ein Kriminalroman, der vor hundert Jahren angesiedelt ist. Die Arbeitsweise und die Methoden sind logischerweise ganz andere, als wir es von den Krimis gewohnt sind. Marie Hermanson schreibt authentisch, dieser Zeit angepasst, nichts anderes erwarte ich. Dass es streckenweise zu schleppend vorwärts geht, ist auch den Blicken ins Private geschuldet, was mir zuweilen zu langatmig war. Dem Ende zu spitzt sich dann alles zu, es wird nochmal richtig dramatisch und nicht nur der Vermisstenfall an sich klärt sich auf, auch erfahren wir mehr von den hier agierenden Personen. Ein geheimnisvoller Kriminalfall ist gelöst, er hat mich trotz einiger Längen gut unterhalten.
    Umweg zum Sommer Stefan Kuhlmann
    Umweg zum Sommer (Buch)
    07.06.2025

    Eine Reise voller Abenteuer

    Stefan Kuhlmann hat mir mit seinem „Umweg zum Sommer“ wundervolle Lesestunden beschert, untermalt mit Musik von David Bowie, von Fleetwood Mac und auch von Oasis, um nur einige wenige Rockbands ihrer Zeit zu nennen und von Sting, von dem ganz besonders. Denn mit ihm verbindet Martin eine Geschichte, die er nicht müde wird zu erzählen.
    Martin hatte seinen großen Hit. Damals, es war das Jahr 1999, als er mit „You Don´t Know Me“ die Charts stürmte. Das wars dann aber. Und so sieht er seine Karriere erneut aufflammen, als sein Agent ihn anruft. Der Bassist einer Band ist ausgefallen, er sucht für den Auftritt eines Rockfestivals an der Algarve Ersatz. Gut, die Gage ist mickrig, ein Zimmer ist reserviert, die Anreise jedoch wird nicht finanziert. Was solls, er – der Lebenskünstler schlechthin - sagt zu. Blöd nur, dass genau jetzt seine Schwester Nicole für etliche Wochen in eine Reha-Klinik muss und sie Martin dringend für ihren 12jährigen Sohn Karl braucht. Meist ist es Martin, der von seiner Schwester unterstützt wird und so ist er unter Zugzwang. Was tun? Karl muss zu Oma, also machen sich Onkel und Neffe auf nach Konstanz. Karl nörgelt, will mit zum Festival und auch ans Meer und da Martin ihn nicht freiwillig mitnimmt, versteckt Karl sich einfach im Kofferraum. Stunden später fällt Martin aus allen Wolken, als er seinen blinden Passagier entdeckt.
    Das Buch kommt so leicht wie eine Sommerbrise daher, es steckt aber so viel mehr drin als „nur“ eine Sommergeschichte.
    Der Weg ist das Ziel – ja, genau so ist es. Da Martin permanent in Geldnöten steckt, hat er seine Reiseroute geschickt geplant. Als Musiker ist er viel rumgekommen und so hat er überall Freunde und – man ahnt es – auch Freundinnen, bei denen er hofft, übernachten zu können. Dass er nun mit einem Zwölfjährigen auftaucht, ist nun mal nicht zu ändern.
    Martin sieht sich noch immer als Rockstar, sein Song wird schon noch in Oldiesendern gespielt – aber wer kennt ihn noch? Auch sein Musikgeschmack ist aus der Zeit seines Erfolges, Karl hingegen findet HipHop gut. Wie soll man da im Auto eine gemeinsame Musikrichtung finden? Einer ist immer genervt. Und doch entwickeln sich die beiden mehr und mehr zu einem Team, das zusammenhält, auch wenn es gelegentlich mal kracht.
    Schön sind die Beschreibungen ihrer Zwischenstationen, die ich dank der auf der vorderen Buchinnenseite abgedruckten Route gut verfolgen kann. Da bekomme ich direkt Lust, meinen Koffer zu packen, um es ihnen gleichzutun. Auch sind es sie spitzig-witzigen Dialoge zwischen den beiden, die ich schmunzelnd genieße. Ist Martin anfangs noch der doch überhebliche Onkel, der sich für den Allerbesten hält, so taut er auf diesem nicht alltäglichen Trip mehr und mehr auf. Gut, Karls Besserwisserei nervt zuweilen ganz schön, aber er ist gewitzt, er weiß genau, wie er seinen Willen durchsetzen kann - und das nicht nur für ihn, er sieht, wenn andere in Not sind und auch das ist es, was diesen Roman ausmacht.
    Es ist ein Roadtrip voller Abenteuer, mittendrin die beiden Hauptfiguren, die sich annähern, die trotz ihrer Unterschiede ähnlich ticken. Vergangenes loslassen, Neues annehmen, sich weiterentwickeln – so gesehen hat die Reise sich allemal gelohnt, die auch ich sehr genossen habe. Es ist eine wundervoll erzählte Geschichte, ein warmherziges Buch, das ich gerne weiterempfehle.
    Das Erbe der Zigarrenkönigin Ana Galana
    Das Erbe der Zigarrenkönigin (Buch)
    03.06.2025

    Spannende Reise nach Kuba zurück bis ins Jahr 1884

    Schon das erste Buch „Das Geheimnis der Zigarrenkönigin“ hat mich restlos begeistert und nun geht es weiter. Es ist Alana, die Tochter der Zigarrenkönigin, der ich nun folge. Und nicht nur ihr, ich begegne Anna wieder, deren Geschichte im ersten Buch erzählt wird. Auch Luca, ihr Ehemann, spielt eine Rolle und noch so einige mehr sind es, die mich nach Kuba mitnehmen, ins verborgene Tal, in dem der violette Tabak gedeiht. Er wächst nur hier, die klimatischen Bedingungen bieten ihm die besten Voraussetzungen.
    Im Valle leben Anna, ihre siebenjährige Tochter Alana und Mama Lia, ihre Uroma. Die Revolution der Criollos ist in vollem Gange, Luca und Annas Vater Florencio kämpfen irgendwo im Osten Kubas für ihre Freiheit, denn die ehemaligen Sklaven der Zuckerrohrplantagenbesitzer sind lediglich auf dem Papier frei und unabhängig.
    Als eines Tages Alanas Mutter nicht mehr von ihrem mehrtägigen Ritt nach Havanna zurückkommt, macht sich die Siebenjährige auf, sie zu suchen. Eine zwielichtige Gestalt lockt sie in ein Bordell, in dem sie als Magd von früh bis spät schuften muss. Hier lernt sie den um einige Jahre älteren Carlitos kennen, gemeinsam erobern sie sich ihre Welt. Sie schleichen sich aufs Dach, bestaunen Havanna von oben, mit ihm ist ihr Leben plötzlich wieder voller Farbe und Freude. Und er verspricht ihr, sie zurück in ihr Tal zu bringen, dann aber ist er zum vereinbarten Treffpunkt nicht da und schlimmer noch, er bleibt verschwunden. Alana nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand, sie schließt sich einer Zirkustruppe an, dort ist sie glücklich. Bis zu jenem Tag, als sie sich wieder begegnen.
    Und – es geht um das Erbe des Don Carlos, einem reichen Großgrundbesitzer, der offiziell keine Nachkommen hat. Das bringt im fernen Spanien Don Francisco dazu, einen raffinierten Plan zu ersinnen.
    Von 1871 bis ins Jahr 1884 erzählt Ana Galana die faszinierende Geschichte um „Das Erbe der Zigarrenkönigin“. Im Vorwort verrät sie, wie sie vor Jahren an den antiken Koffer gekommen ist, der bis oben hin gefüllt ist mit vergilbten Papieren und Briefen. Vergessene, gelebte Geschichten ihrer Vorfahren über mehrere Generationen hinweg. Sie kennt Kuba, sie spricht neben anderen Sprachen auch spanisch und nicht zuletzt ist es ihr Zigarrensalon „La Galana“, den sie ihr Eigen nennt. „Ein Stück Kuba im Herzen Kölns!“
    Nun heißt es Abschied nehmen von den mir lieb gewonnenen und so vertrauten Personen. Ana Galana hat mich mitgenommen in ihr Kuba. Es war eine fesselnde Reise zurück bis ins Jahr 1884, ins historische Kuba, auch geprägt von dem Drang nach Unabhängigkeit. Die Familiengeschichte voller Geheimnisse, dazu die Gier nach Besitz, notfalls mit unlauteren Methoden ausgefochten und eine bittersüße Liebesgeschichte hat mich tief berührt. All diese Erzählstränge sind gekonnt ineinander verflochten und noch eins muss ich unbedingt erwähnen: Das Buch ist nicht nur äußerlich ein Blickfang, die Bleistiftzeichnungen, die Illustrationen, die den Text begleiten, geben dem Buch die ganz besondere Note.
    Auch „Das Erbe der Zigarrenkönigin“, das zweite Buch, ist eine spannende Zeitreise, eine tiefgründige, eine lohnende Lektüre. Ein historischer Roman, den ich voller Überzeugung nur zu gerne weiterempfehle.
    Wie Blätter im Sturm Anja Lehmann
    Wie Blätter im Sturm (Buch)
    01.06.2025

    Lesenswerter historischer Roman während des Zweiten Weltkrieges

    „Wie Blätter im Sturm“ erzählt von fünf ganz und gar unterschiedlichen Menschen während des Zweiten Weltkrieges. Wir sind mit Katharina hauptsächlich in England, sie spioniert für das Deutsche Reich, sie nennt sich Cathrin, sie geht buchstäblich über Leichen, sie verschafft sich in England eine neue Identität. Für Viktor beginnt alles fernab seiner Karriere bei der Waffen-SS in dem Eliteinternat Ballenstedt, das er mit Alexander, seinem Freund, besucht. Alina dann ist Viktors Jugendfreundin, sie lebt nach wie vor in Wien. Bleiben noch die Französin Claire und der deutsche Soldat Frank, mit dem wir zunächst in Polen sind und mit ihm die absolute Grausamkeit des Krieges hautnah miterleben. Er wird verwundet und nachdem er wieder einigermaßen einsatzbereit ist, geht es für ihn nach Frankreich, nach Dijon. Hier trifft er auf Claire, die sich der übergriffigen Soldaten mit seiner Hilfe entziehen kann. Sie verlieben sich und doch darf diese Liebe nicht sein, sie wird von beiden Seiten nicht geduldet. Mehr noch, sie ist streng verboten.
    Gleich mal liegt der Fokus auf dem jungen Viktor, der die Gnadenlosigkeit des Hitler-Regimes zu spüren bekommt. Schon der Schulleiter ist ein strammer Nazi, Viktors späterer Förderer, Sturmbandführer Mathis von Hauser, beobachtet ihn und Alexander ganz genau. Er ist es, der den jungen Viktor formt und bald beginnt dieser, ihm blind zu vertrauen. Alexander ist weg und Viktor entwickelt sich in eine Richtung, die seiner Jugendfreundin Alina nicht gefällt. Viktor strebt mit ihr eine Heirat an, mittlerweile gehört er der Waffen-SS an, seine Gesinnung ist nicht ihre. Er ist einer derjenigen, die dem Regime treu dienen und Andersdenkende schlichtweg ausmerzen, ohne mit der Wimper zu zucken. Alina dagegen kämpft gegen die Machenschaften der Nationalsozialisten an, durch ihr Agieren im Verborgenen riskiert sie mehr als einmal ihr Leben.
    Von 1939 bis 1943 werden die Schicksale dieser fünf Menschen und deren Umfeld in kurzen Kapiteln dargelegt. Anja Lehmann schickt ihre Figuren durch die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Ihre so unterschiedlichen Charaktere spiegeln eine ganze Palette der Menschheit während dieser Zeit wider. Hitlers Schergen mit all ihren barbarischen Grausamkeiten, die Judenverfolgung, die Homosexualität, die biologisch Minderwertigen, also die Menschen mit Behinderung, politische Gegner und Andersdenkende, alles Nichtarische wird nicht geduldet, der Polenfeldzug mitsamt der als Untermenschen gesehenen Bevölkerung wird thematisiert, sie werden radikal ausgerottet. Dann gibt es aber auch die anderen, die sich davon abgrenzen. Sie helfen unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Es sind private Initiativen und auch Widerstandsgruppen, nicht jeder kommt davon, auch ihnen drohen Folter und KZ oder die sofortige Exekution.
    Das Glossar skizziert die im Roman eingeflochtenen Operationen, wie etwa Operation Barbarossa, um nur eine zu nennen, außerdem sind die verschiedenen Orte und auch die historischen Personen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Klaus Barbie, der Schlächter von Lyon, ist als erster beschrieben und auch sonstige Begrifflichkeiten wie etwa das Pervitin, ein Amphetamin, welches Müdigkeit und Hunger unterdrückt, sind neben vielem anderen beschrieben.
    Anja Lehmann hat mich hinter so manch Kulisse blicken lassen und auch wenn ich viel über diese Zeit lese, so sind es doch immer wieder andere Perspektiven, denen ich gebannt folge. Ihre Hauptakteure sind vielfältig, jeder einzelne hat seine ganz eigene Geschichte. Anhand von Viktors Werdegang sieht man deutlich, wie er sich ändert, was ausschlaggebend dafür sein kann, um ein krasses Negativbeispiel zu nennen. Nicht nur Kriegszeiten sind brutal, aber doch sind es diese ganz besonders. Folterungen, Szenen im KZ und vieles mehr sind nicht leicht auszuhalten, ich habe so dann und wann tief durchatmen müssen. Und doch finde ich, dass es genau diese Bücher braucht, die unsere düstere Vergangenheit deutlich aufzeigen. Denn auch heute leben wir in nicht immer friedlichen Verhältnissen, darum – bitte lesen. Wehret den Anfängen!
    Wie Blätter im Sturm Anja Lehmann
    Wie Blätter im Sturm (Buch)
    01.06.2025

    Lesenswerter historischer Roman während des Zweiten Weltkrieges

    „Wie Blätter im Sturm“ erzählt von fünf ganz und gar unterschiedlichen Menschen während des Zweiten Weltkrieges. Wir sind mit Katharina hauptsächlich in England, sie spioniert für das Deutsche Reich, sie nennt sich Cathrin, sie geht buchstäblich über Leichen, sie verschafft sich in England eine neue Identität. Für Viktor beginnt alles fernab seiner Karriere bei der Waffen-SS in dem Eliteinternat Ballenstedt, das er mit Alexander, seinem Freund, besucht. Alina dann ist Viktors Jugendfreundin, sie lebt nach wie vor in Wien. Bleiben noch die Französin Claire und der deutsche Soldat Frank, mit dem wir zunächst in Polen sind und mit ihm die absolute Grausamkeit des Krieges hautnah miterleben. Er wird verwundet und nachdem er wieder einigermaßen einsatzbereit ist, geht es für ihn nach Frankreich, nach Dijon. Hier trifft er auf Claire, die sich der übergriffigen Soldaten mit seiner Hilfe entziehen kann. Sie verlieben sich und doch darf diese Liebe nicht sein, sie wird von beiden Seiten nicht geduldet. Mehr noch, sie ist streng verboten.
    Gleich mal liegt der Fokus auf dem jungen Viktor, der die Gnadenlosigkeit des Hitler-Regimes zu spüren bekommt. Schon der Schulleiter ist ein strammer Nazi, Viktors späterer Förderer, Sturmbandführer Mathis von Hauser, beobachtet ihn und Alexander ganz genau. Er ist es, der den jungen Viktor formt und bald beginnt dieser, ihm blind zu vertrauen. Alexander ist weg und Viktor entwickelt sich in eine Richtung, die seiner Jugendfreundin Alina nicht gefällt. Viktor strebt mit ihr eine Heirat an, mittlerweile gehört er der Waffen-SS an, seine Gesinnung ist nicht ihre. Er ist einer derjenigen, die dem Regime treu dienen und Andersdenkende schlichtweg ausmerzen, ohne mit der Wimper zu zucken. Alina dagegen kämpft gegen die Machenschaften der Nationalsozialisten an, durch ihr Agieren im Verborgenen riskiert sie mehr als einmal ihr Leben.
    Von 1939 bis 1943 werden die Schicksale dieser fünf Menschen und deren Umfeld in kurzen Kapiteln dargelegt. Anja Lehmann schickt ihre Figuren durch die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Ihre so unterschiedlichen Charaktere spiegeln eine ganze Palette der Menschheit während dieser Zeit wider. Hitlers Schergen mit all ihren barbarischen Grausamkeiten, die Judenverfolgung, die Homosexualität, die biologisch Minderwertigen, also die Menschen mit Behinderung, politische Gegner und Andersdenkende, alles Nichtarische wird nicht geduldet, der Polenfeldzug mitsamt der als Untermenschen gesehenen Bevölkerung wird thematisiert, sie werden radikal ausgerottet. Dann gibt es aber auch die anderen, die sich davon abgrenzen. Sie helfen unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Es sind private Initiativen und auch Widerstandsgruppen, nicht jeder kommt davon, auch ihnen drohen Folter und KZ oder die sofortige Exekution.
    Das Glossar skizziert die im Roman eingeflochtenen Operationen, wie etwa Operation Barbarossa, um nur eine zu nennen, außerdem sind die verschiedenen Orte und auch die historischen Personen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Klaus Barbie, der Schlächter von Lyon, ist als erster beschrieben und auch sonstige Begrifflichkeiten wie etwa das Pervitin, ein Amphetamin, welches Müdigkeit und Hunger unterdrückt, sind neben vielem anderen beschrieben.
    Anja Lehmann hat mich hinter so manch Kulisse blicken lassen und auch wenn ich viel über diese Zeit lese, so sind es doch immer wieder andere Perspektiven, denen ich gebannt folge. Ihre Hauptakteure sind vielfältig, jeder einzelne hat seine ganz eigene Geschichte. Anhand von Viktors Werdegang sieht man deutlich, wie er sich ändert, was ausschlaggebend dafür sein kann, um ein krasses Negativbeispiel zu nennen. Nicht nur Kriegszeiten sind brutal, aber doch sind es diese ganz besonders. Folterungen, Szenen im KZ und vieles mehr sind nicht leicht auszuhalten, ich habe so dann und wann tief durchatmen müssen. Und doch finde ich, dass es genau diese Bücher braucht, die unsere düstere Vergangenheit deutlich aufzeigen. Denn auch heute leben wir in nicht immer friedlichen Verhältnissen, darum – bitte lesen. Wehret den Anfängen!
    Noch immer Zeit zu lieben Heike Abidi
    Noch immer Zeit zu lieben (Buch)
    26.05.2025

    Das Leben ist wundervoll

    Die Fotografin Isabel Blum sollte nochmal so richtig durchstarten - zumindest sieht ihre Agentin und langjährige Freundin Olivia dies so. Die letzten fünfundzwanzig Jahre hat sie sich eher mit Kalender-, Klassen- und Kindergartenfotos über Wasser gehalten und nun hat Olivia eine lukrative Fotosession an Land gezogen. Der Traumjob schlechthin – drei Wochen in einem Nobelhotel in Södermalm, einem Stadtteil von Stockholm, alles inklusive.
    Wie gesagt – fünfundzwanzig Jahre sind es mittlerweile, die Isabel in Trauer verbracht hat. Seit Oscar, ihr schwedischer Verlobter, ertrunken ist, ebbt der Schmerz um ihn nicht ab und jetzt, nachdem auch ihre Mutter tot ist, bleibt nur noch eine große Leere. Sie will alles, aber nach Schweden will sie nie mehr. Was tun? Der Auftrag ist unterschrieben, Isabel setzt sich widerwillig in den Zug und schon unterwegs kommt sie mit einem netten Fahrgast ins Gespräch. Auch er will nach Stockholm, sie verstehen sich super, sie verquatschen sich regelrecht. An ihrem Ziel angekommen könnten sie sich eigentlich ein Taxi teilen, wie er findet – oder eher doch nicht, denn Isabel fällt gerade noch eine einigermaßen glaubhafte Ausrede ein, will sie doch jede Nähe zu einem netten Menschen - speziell die zu der männliche Spezies – meiden. Wenn sie sich da nicht mal täuscht!
    Heike Abidi hat mich mit ihrem wundervollen Roman regelrecht verzaubert. Ihre Protagonistin Isabel ist Ende vierzig, sie war viele Jahre für ihre demente Mutter da, vom Leben erwartet und will sie nichts Aufregendes mehr und sollte es doch mal funken, blockt sie sofort ab. Mehr noch, seit Oscars Tod hat sie der Liebe abgeschworen. Nur gut, dass Olivia findet, dass es so nicht weitergehen kann. Bald trifft Isabell den sehr attraktiven Lennart, dem sie nicht aus dem Weg gehen kann, denn ausgerechnet er ist der Chef dieses Nobelhotels.
    Mit Isabel reise ich nach Stockholm, der Stadt, die als das Venedig des Nordens bekannt ist. Ich war noch nie da, was ich dringend ändern muss. Schon allein die Beschreibung dieser lebendigen, dieser so charmanten Stadt mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten sind alle so eindringlich geschildert, dass ich am liebsten sofort die Koffer packen würde. Gamla Stan, die Altstadt, all die kulinarischen Köstlichkeiten, der Schärengarten, ABBA natürlich und noch so vieles mehr – ich habe Stockholm mit seinen vielen Inseln lesend erkundet, ich bin begeistert. Und natürlich ist es „Noch immer Zeit zu lieben“, auch wenn in Isabel ein Gefühlschaos herrscht. Ich kann sie schon verstehen und dann wieder nicht, so manches Mal möchte ich ihr dringend empfehlen, auf ihr Herz zu hören. Sie durchlebt bittere Momente, sie zieht ihre nicht immer nachvollziehbaren Schlüsse, und - genießt mit allen Sinnen, was ich ganz besonders an ihr mag. Das Ende dann hätte ich so nie erwartet – aber lesen Sie selbst. Es war eine wundervolle Reise in den hohen Norden, ein Wohlfühl-Roman zum Wegträumen schön.
    Provenzalisches Licht Sophie Bonnet
    Provenzalisches Licht (Buch)
    25.05.2025

    Mode, Mord und mehr…

    Ein Südfrankreich-Krimi voller Spannung ist ausgelesen, es ist der mittlerweile elfte Fall für Pierre Durand, den ehemaligen Pariser Kommissar, der sich schon vor geraumer Zeit nach Sainte-Valérie hat versetzen lassen. Eigentlich wäre er noch in den Flitterwochen, doch die Pflicht ruft.
    Sophie Bonnet entführt mich nicht zum ersten Mal in die Provence, immer auf des Kommissars Spuren und auch in diesem „Provenzalischen Licht“ ist Pierre mit einer Morddrohung gegen einen Designer konfrontiert, deren Ursprung lange zurückzureichen scheint.
    Der exzentrische Modedesigner Cyril Fontanel will für seine Modenschau eine attraktive Kulisse, die er nun endlich hier gefunden hat. Der ganze Ort sollte als Laufsteg dienen, seine Models sieht er schon durch ganz Sainte-Valérie laufen. Schon allein dieses Vorhaben kommt bei so etlichen Dorfbewohnern nicht gut an, andere dagegen freuen sich auf diese ganz besondere Darbietung. Als nun der zweite Drohbrief auftaucht, ist diese Idee vom Tisch, die Show muss abgesagt werden oder aber eine Ausweich-Location muss her. Die Ermittlungen führen in die Vergangenheit und nicht nur ein Blogger mischt kräftig mit. Pierre und seine Kollegen sind so richtig gefordert – bis zum bitteren Ende, das für mich so gar nicht vorhersehbar war. Denn bis zuletzt hatte ich so einige Typen im Visier, es gab etliche Fährten, letztendlich jedoch überschlagen sich die Ereignisse nochmal.
    Der Krimi vor herrlicher Kulisse ist spannend und bis zuletzt undurchschaubar, der Blick hinter die Kulissen der nach außen hin so glamourösen Modewelt mitsamt der Geschichte um die Stoffdruckkunst, die hier angesiedelt ist, ist interessant und sehr aufschlussreich.
    Und natürlich sind es Charlottes Leckereien, die Lust auf ihre kulinarischen Kreationen machen. Ihre „Charlotte des fruits“ zergehen regelrecht auf der Zunge, schon beim Lesen hätte ich am liebsten eines davon (besser gleich mehrere) gekostet. Das Rezept dazu findet sich neben zwei anderen Köstlichkeiten am Ende des Buches.
    Auch dieser elfte Fall für Pierre Durand hat mir spannende Lesestunden beschert, dieser Provence-Krimi war fesselnd und wendungsreich, er hat mich bestens unterhalten und nun wünsche ich Pierre endlich mehr Zeit für seine frisch angetraute Charlotte hat, ich gönne ihnen gerne eine Auszeit.
    Berger, N: Mädchen und der Templer Berger, N: Mädchen und der Templer (Buch)
    19.05.2025

    Interessanter Mittelalterroman

    Die junge Wahrsagerin Anne steht im Mittelpunkt dieses historischen Romans, daneben erzählt Nora Berger von einem Kinderkreuzzug. Dem jungen Etienne, der mit seinen zwölf Jahren noch ein Kind ist, ist Jesus erschienen, der ihn auffordert, sich mit Jungen und Mädchen seines Alters als Pilger ohne Waffen ins Heilige Land aufzumachen. Diese unschuldigen Seelen braucht es, um das Heilige Grab in Jerusalem zu befreien und den Heiligen Gral zu finden.
    Bernadette die Erleuchtete und Anne, ihre Tochter, reisen mit einem fahrenden Volk von Ort zu Ort, um dem zahlenden Publikum die Sterne zu deuten. Bernadette wird zu dem Tempelritter Thibaud de la Frontiere gerufen, der sich von ihr die Zukunft voraussagen lässt, da er bald gen Jerusalem unterwegs sein wird. Anne ist bei diesem Termin zugegen, sie verliebt sich in den gutaussehenden jungen Mann, weiß von seinem Vorhaben und lässt sich – verkleidet als Junge – als Pferdeknecht anheuern.
    Es ist ein gefährliches Unterfangen, sowohl für die Kinder um Etienne als auch für die Tempelritter. Nicht nur Wegelagerer, Sklavenhändler und Betrüger kreuzen ihre Wege, auch innerhalb der Gruppe um die Templer kommt es zu manch gefährlicher Situation, Intrigen, Hass und Eifersucht sind an der Tagesordnung, überall lauern Gefahren. Auch sind Giftmischer am Werk, um die Reliquien entbrennt ein Kampf auf Leben und Tod, nicht alles scheint echt zu sein.
    Die Autorin führt in eine finstere Zeit voller Gefahren. Ich bin schon tief im Geschehen, als Etienne die Kinder um sich sammelt. Sie sind tiefgläubig, glauben auch, dass sich das Meer – sobald sie es erreichen – für sie teilt. Sie bekommen einfache Kleidung und Essen, ihr Gottvertrauen ist unerschütterlich. Und dann bange ich mit Anne - und das nicht nur einmal. Sie ist mutig, sie ist unerschrocken und durch ihre Hellsicht kann sie so mancher Gefahr entgegentreten. Liebe ist auch im Spiel, diese ist jedoch eher unterschwellig spürbar, was mir gut gefällt.
    Nora Berger hat mir so einiges über die Kinderkreuzzüge erzählt, von denen ich nichts oder nicht viel wusste. Ihr gut recherchierter Mittelalterroman ist sehr interessant, er bietet viel Wissen um diese Zeit und - er hat mich gut unterhalten.
    Maikäferjahre Sarah Höflich
    Maikäferjahre (Buch)
    19.05.2025

    Schicksalhafte Kriegs- und Nachkriegsjahre

    Annis Maikäfer, wie sie Tristan liebevoll seit Kindertagen nennt, fliegt. Später dann nicht mehr. Er wird mit seiner Junkers JU 188 abgeschossen und gerät in Kriegsgefangenschaft. Vorher jedoch ist er im Lazarett, er wird schwer verletzt geborgen und ist nun in der Obhut von O’Malley, der nicht zwischen Freund und Feind unterscheidet - ein Arzt aus Leidenschaft, der schon auch kritisch beäugt wird. Und da ist die junge, britische Krankenschwester Rosalie, die für Tristans Pflege zuständig ist. Es funkt sofort zwischen den beiden, aus Zuneigung wird Liebe, eine verbotenen Liebe zu dem Feind.
    Gerade hat Anni noch den Feldpostbrief ihres Zwillingsbruders Tristan gelesen, als ihre kleine Clara auf die Welt drängt. Nach der Geburt leben Mutter und Tochter wieder bei Annis Eltern in Dresden. Die Baumgartners sind eine sehr musikalische Familie. Anni spielt Geige, ihr Vater Gottfried ist Violinist an der Semperoper wie auch der Halbjude Adam Loewe, der als Jahrhundertgeiger gilt. Nachdem Adam, der Jude, zu einem auswärtigen Arbeitseinsatz verpflichtet wird und nicht erscheint, stellt die Gestapo die Staatsoper auf den Kopf und auch bei der Familie Baumgartner erfolgt eine Durchsuchung, denn Gottlieb wird beschuldigt, ihn zu verstecken. Er wird verhaftet und später wieder freigelassen und doch ist er ein gebrochener Mann. Bald darauf wird Dresen bombardiert. Anni flieht mit ihrer kleinen Tochter, dabei trifft sie auf Adam. Gemeinsam versuchen sie, dem Inferno zu entkommen.
    In den zwei Handlungssträngen, die wechselseitig aus Annis und aus Tristans Sicht erzählt werden, stellt Sarah Höflich vier junge Leute in den Mittelpunkt – Anni und Adam, Tristan und Rosalie. Es sind die letzten Kriegsmonate und die Jahre danach, in den Köpfen der Menschen ist der Judenhass und die nationalsozialistische Ideologie noch fest verhaftet, Fremdenfeindlichkeit und die Feindseligkeit zwischen den Völkern ist allgegenwärtig. Es sind Schicksale, die so oder so ähnlich viele Familien durchleiden mussten. Und doch gab es auch die anderen, die selbstlos helfen, ohne nach der Nationalität zu fragen.
    Der Roman erzählt von Schuld und Verzweiflung, von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, von Liebe und Zuversicht und auch von der Zeit, die so manche Wunde heilt. Und trotz aller Gefahren und Unzulänglichkeiten ist es auch die Musik, die mit Vaters wertvoller Geige, einer Guarneri del Gesu, immer dabei ist. „Maikäferjahre“ ist ein wundervolles Buch, das mich tief berührt hat, das ich gerne gelesen habe und das ich sehr gerne weiterempfehle.
    Locked in Henri Faber
    Locked in (Buch)
    16.05.2025

    Nichts ist so, wie es den Anschein hat

    Das Locked-in-Syndrom ist eine fast vollständige Lähmung, jedoch sind das Bewusstsein und auch die geistige Funktion nicht beeinträchtigt. Man könnte also mit einem dieser Patienten durchaus kommunizieren, könnte er sich verständlich machen.
    Der Neurologe Dr. Theo Linde hat eine revolutionäre Methode entwickelt, um die Gedanken von Komapatienten lesen zu können. Ein privater Schicksalsschlag hat ihn dazu verstärkt forschen lassen und nun ist es die Heidelberger Polizei, die seine Dienste in Anspruch nimmt. Sie fahndet mit Hochdruck nach einem Entführer, der mittlerweile drei Opfer in seiner Gewalt hat. Ein Erfolg zeichnet sich ab, Kommissar Paul Maertens ist ihm auf den Fersen, es kommt zu einer Festnahme und kurz danach zu einem folgenschweren Unfall, bei dem der Täter schwer verletzt wird und ins Wachkoma fällt. Dr. Theo Linde wird gebeten, seine erprobte Methode auch bei diesem Patienten anzuwenden. Denn die Zeit drängt, da sie keinen Anhaltspunkt über das Versteck eines Entführungsopfers haben.
    Es sind viele lose Fäden, die hier in einem rasanten Tempo erzählt werden. Schon der Prolog ist so furchteinflößend wie rätselhaft. Meine Vermutung, mit wem ich es hier zu tun habe, stellt sich lange danach als vollkommen falsch heraus. Henri Faber versteht es, Verwirrung zu stiften, seine Protagonisten sind schwer zu durchschauen. Mehr noch - sie sind allesamt nicht greifbar. Der Kommissar ist ein Eigenbrötler, er tritt nicht nur einmal ziemlich rüpelhaft auf. Ich mag ihn – nicht wirklich. Auch um die anderen Typen würde ich eher einen weiten Bogen machen, jeder einzelne hat jedoch seine ganz individuelle Ausstrahlung.
    Ich bin ganz nah dabei, bin mit Linde bei seinem privaten Patienten, bin auch im Verlies und durchlebe eine schreckliche, eine verstörende Phase, dann wieder sind es Maertens Ermittlungen und seine Gedanken, in die er zuweilen abdriftet und mich komplett irritieren. Die kurzen Kapitel wechseln sich ab, führen zu den einzelnen Protagonisten und zu diversen Schauplätzen. Es geht rund. Und das nicht zu knapp.
    Was passiert da? Was ist real, was Wahn? Wenn man meint, einige lose Fäden entwirren zu können, so kommt eine nicht vorhersehbare Wendung und alles wird neu gewürfelt - Henri Faber hält mich bis zum Ende in Atem. Schade nur, dass „Locked in“ das Ende einer Reise ist, die letzte Station als Henri Faber, wie der Autor zum Schluss wissen lässt. Aber wer weiß...
    Nacht über Soho Kate Atkinson
    Nacht über Soho (Buch)
    13.05.2025

    London bei Nacht

    Kate Atkinson ist für mich eine Neuentdeckung. Und was für eine! Mit „Nacht über Soho“ hat sie mich beeindruckt. Auch wenn ich mich in den eher gemächlichen Erzählstil erst einfinden musste, so war es doch ein Lesevergnügen. Ein Buch, das Zeit und Muse einfordert, um die Geschichten darin auf sich wirken zu lassen.
    Wir sind im England des vorigen Jahrhunderts, vor fast genau hundert Jahren wird Nellie Coker aus dem Gefängnis entlassen, was zu einem regelrechten Ereignis gerät, denn vor Holloway warten so einige Leute auf sie. So nach und nach lerne ich Nellie besser kennen, verfolge ihren Werdegang, weiß um ihr Schatzkästchen, das ihr mehr oder weniger zufällig in die Hände fällt, um es galant auszudrücken, und auch ihre sechs Kinder kann ich nun so einigermaßen einschätzen.
    Mit Inspektor John Frobisher tritt bald auch Gwendolen Kelling auf den Plan, sie sucht nach Freda und Florence. Es sind zwei ganz junge Mädchen, deren Spur sich in London verliert. Und da immer mehr Mädchen verschwinden und viele davon leblos aus dem Fluss gefischt werden, ist dies schon besorgniserregend. „Es waren nicht die moralischen Vergehen… die Frobisher bestürzten. Es waren die Mädchen. In London verschwanden Mädchen… Wo waren sie? Er vermutete, dass sie durch die Türen der Clubs in Soho gingen und nie wieder herauskamen.“
    Kurz zusammengefasst ist es diese Rahmenhandlung, die hier ohne Hektik erzählt wird. Schon der Schreibstil beamt mich hundert Jahre zurück, Kate Atkinson erzählt ruhig, zuweilen ein wenig entrückt und doch amüsant und durchaus unterhaltsam. So manche Figur kommt eher steif daher, was aber wiederum in sich stimmig ist.
    Wie Kate Atkinson im Nachwort verrät, hat sie sich zu diesem Roman von Kate Meyricks Leben inspirieren lassen. Sie war zu ihrer Zeit die Königin der Clublandschaft von Soho, ihr damals berühmtester Club war der „43“ in der 43 Gerrard Street (heute im Herzen von Chinatown).
    Tief bin ich eingetaucht in das Nachtleben von Soho, bin schillernden und gar finsteren Gestalten gefolgt, hab mich gewundert und amüsiert, musste zuweilen schmunzeln und war auch von den detektivischen Momenten durchaus angetan - ein nicht ganz alltäglicher Blick zurück in die halbseidene Gesellschaft Londons der Goldenen Zwanziger Jahre.
    Der dunkle Sommer Vera Buck
    Der dunkle Sommer (Buch)
    13.05.2025

    Ein tiefer Blick in menschliche Abgründe

    Nachdem mich „Wolfskinder“ und „Das Baumhaus“ komplett gefesselt haben, wollte ich mir Vera Bucks neuestes Buch „Der dunkle Sommer“, das ich mir habe vorlesen lassen, nicht entgehen lassen. Und es geht gleich richtig zur Sache, sowohl der Prolog als auch der Anfang dieses beklemmenden Thrillers lassen mir den Atem stocken. Ich bin sofort dabei und bleibe es - die Spannung hält permanent an. Bis zum letzten Satz.
    Es sind zwei Zeitebenen, die mir das Sprecherteam aus verschiedenen Perspektiven nahebringt. Über 10 Stunden und 26 Minuten schaffen sie eine Atmosphäre, die unheimlich und verstörend, die beunruhigend und bewegend ist. Mit jeder einzelnen Figur fiebere ich mit oder aber ich verdamme den ein oder anderen, allesamt sind sie lebendig und nahbar.
    Ein Haus für einen Euro, noch dazu auf Sardinien – wenn das nicht verlockend ist! Natürlich dürfte jedem klar sein, dass an so einem Gebäude noch so einiges zu tun ist, aber für Tilda, die Architektin ist, also beruflich im Bausektor durchaus kompetent sein dürfte, ist dies kein Hindernis. Sie lernt den Journalisten Enzo kennen, auch den verschrobenen Silvio, der als einziger hier noch wohnt, alle anderen scheinen das Dorf verlassen zu haben. Eines schönen Tages taucht Tildas Bruder Nino auf, was ihr so gar nicht gefällt. Nun, sie lässt ihn bei sich wohnen, mit Enzo erforscht sie die Vergangenheit des Dorfes, es geschehen einige seltsame, nicht erklärbare Dinge und dann ist Nino ohne ein Wort verschwunden.
    Und da ist auch Franca, auch von deren tragischer Geschichte, die sich ab 1983 zuträgt, erfahre ich mehr. Was ihr widerfährt ist so schrecklich, so aufwühlend, so verstörend – ich kann es gar nicht fassen, zu was Menschen fähig sind.
    Wie gesagt, mich hat Vera Buck mit jedem ihrer Bücher erreicht. Und auch mit diesem hier. Es ist so eindrücklich geschildert und auch die Sprecher haben einen Superjob gemacht, als ob sie direkt im Geschehen wären, als ob sie all diese nicht fassbaren Grausamkeiten selber erleben würden.
    Im Nachwort erfährt man, das diese Verbrechen den Tatsachen entsprechen, Sardinien war zu jener Zeit das Land der geraubten Menschen. Tragödien, die über Jahrzehnte hinweg in Italien und speziell auf Sardinien unerbittlich durchgezogen wurden. Vera Buck hat sich dieser düsteren Thematik angenommen, hat bestens recherchiert und ihre Geschichten perfekt wiedergegeben. Mich hat sie voll erwischt, ich habe in tiefste menschliche Abgründe geblickt. Ein Thriller vom Allerfeinsten, absolut lesens- und/oder hörenswert.
    Wut und Liebe Martin Suter
    Wut und Liebe (Buch)
    08.05.2025

    Das Verhängnis nimmt seinen Lauf

    Martin Suter berichtet in drei Teilen von „Wut und Liebe“, von Noah, dem erfolglosen Künstler und von Camilla, seiner großen Liebe. Und da ist noch Betty, die Noah in der Blauen Tulpe eher zufällig kennenlernt. Beide scheinen sie eine Schwäche für Mojitos zu haben, denn bald kommen sie darüber ins Gespräch. Die 65jährige Betty ist auf dem Weg zur Herzpraxis kurz in dieses Lokal abgebogen und wie es manchmal so ist, macht der Alkohol die Zungen locker. Sie lässt ihn ein wenig hinter die Kulissen ihres Leben blicken und – macht ihm ein so verlockendes wie unanständiges Angebot.
    Noah und Camilla sind seit drei Jahren ein Paar, sie lieben sich, jedoch beschließt Camilla, ihn nicht weiter finanziell zu unterstützen. Sie trennen sich. Derweilen wird der Kontakt zwischen Noah und Betty intensiver – das Verhängnis nimmt seinen Lauf…
    …und die Erzählung scheint über weite Strecken eher dahinzuplätschern. Wobei es mich schon vorwärts treibt, denn dass Suter am Ende eine nicht vorhersehbare Wendung bereit hält, ahne ich und auch weiß ich dies aus seinen anderen Büchern. Also lasse ich mich auf Noahs Geschichte ein, der von Betty viel über den Geschäftspartner ihres verstorbenen Ehemannes erfährt und noch immer will er Camilla zurückerobern, dafür würde er auch auf nicht ganz legale Methoden zurückgreifen.
    Martin Suter ist ein brillanter Erzähler, er nimmt hier seine Leser mit in eine Unternehmensberatung, deren vermögende Kunden Verschwiegenheit erwarten. Mit Noah ist es der arme Künstler, der fest an seinen Durchbruch und mit Betty seine Mäzenin gefunden zu haben glaubt. Dabei schreibt er unaufgeregt und launig, ich höre ihm, dem Schweizer, direkt zu. Die Story entwickelt sich eher gemächlich, das ganze Buch über erwartet man, dass etwas Entscheidendes passiert. Und ja – die ganze Dramatik offenbart sich, je mehr wir dem Ende zusteuern.
    Auf unterhaltsame Weise werden so manch menschliche Abgründe aufgezeigt, Wut und Liebe sind nah beieinander, auch spielen Rachegelüste in vielerlei Form ebenso mit hinein wie Lug und Betrug. Das Buch macht nachdenklich und auch wenn es nicht an „Melody“ herankommt, so habe ich es doch gerne gelesen.
    Beeren pflücken Amanda Peters
    Beeren pflücken (Buch)
    05.05.2025

    Berührend und bedrückend zugleich

    „Beeren pflücken“ ist Amanda Peters berührendes Debüt, das über Liebe und Verlust und Verrat erzählt. Es handelt von einer Mi'kmaq-Familie, die wie andere auch jeden Hochsommer aus Nova Scotia nach Maine kommt, um für acht bis zwölf Wochen bei der Blaubeer-Ernte zu helfen. Mom und Dad und ihre Kinder Ben, Mae, Charlie, Joe und Ruthie richten sich für diese Zeit in einer Hütte am Rande eines Feldes häuslich ein, andere Erntehelfer müssen sich mit Zelten begnügen und notfalls auf dem harten Boden schlafen.
    Als eines Tages die vierjährige Ruthie spurlos verschwindet, ist nichts mehr so, wie es war. „Sie ist noch nicht lange genug verschwunden, und ihr seid keine richtigen Einwohner von Maine und geltet als Durchreisende“ macht der Polizist ihnen wenig Hoffnung. Sechs Wochen lang suchen sie vergeblich nach Ruthie. Als die Beerenfelder abgeerntet sind, fahren sie noch ein letztes Mal an dem großen Stein vorbei, auf dem Ruthie zuletzt gesehen wurde. Ihr Verschwinden breitet einen Mantel der Trauer über die Familie, die Leichtigkeit ist dahin.
    Der Roman wird zum einen aus Joes Sicht erzählt. Ab dem Jahre 1962 – es ist das Jahr, als Ruthie verschwand – erzählt er von sich, von der Familie, von seinem Leben.
    Im zweiten Erzählstrang ist es Norma, der wir folgen. Sie hat oft seltsame Träume, die begonnen haben, als sie vier oder fünf Jahre alt war. Es waren Träume voller Licht, andere dagegen waren dunkel. Darin hört sie ihren Bruder lachen, was aber nicht sein kann, denn sie ist Einzelkind. Auch sieht sie ihre Mutter, das Gesicht jedoch ist nicht ihres. Noch mehr Unerklärliches ist es, das sie nie zuordnen kann und sehr viel später wird ihr klar, dass es sich immer um ein- und denselben Traum handelt.
    Zwei Lebensgeschichten, die auf den ersten Blick so gar nichts miteinander zu tun haben. Bald weiß man, um wen es sich bei Norma handelt, deren Mutter sie nie alleine lässt und sie ängstlich behütet und auch ihre Tante Jane benimmt sich zuweilen seltsam. Es gibt keine Fotos von ihr als Kleinkind und auf die Frage, warum sie als einzige in der Familie eine so dunkle Haut hat, wird dafür ein italienischer Großvater verantwortlich gemacht.
    Es ist eine Geschichte über eine lebenslange Lüge, über ein Verbrechen, das sprachlos macht. Über ein indianisches Volk, die Mi’kmaq, deren Daseinsberechtigung von den Weißen oftmals mit Füßen getreten wird. Norma spürt, dass ihr etwas Entscheidendes fehlt, sie entdeckt im Laufe der Jahre immer mehr an Ungereimtheiten und ja, sie weiß viel mehr, sie erkennt so manch schreckliches Geheimnis. Und nicht die Schuldigen, nein, sie selber spricht letztendlich klar aus, was ihr ein Leben lang verschwiegen wird. Es ist ein Buch, das betroffen macht und auch ist es ein Buch über Liebe und Vergebung – trotz allem.
    Amanda Peters ist eine Schriftstellerin mit Mi'kmaq- und Siedlerabstammung. Sie weiß also, welches Volk sie in den Mittelpunkt ihrer Erzählung stellt. Ihre Figuren zeigen die ganze Palette menschlicher Verhaltensweisen, sie sind zugänglich und verschlossen, sie handeln eigennützig oder auch nicht. Jeder hat seine eigene Art, mit Verlust umzugehen. Trauer hat viele Facetten, genau so die Liebe. „Beeren pflücken“ ist eine Erzählung voller Intensität, die ich schweren Herzens beendet habe, die mir viel bedeutet, die noch lange nachhallt.
    Code Kill - Ein tödliches Spiel Hendrik Klein
    Code Kill - Ein tödliches Spiel (Buch)
    03.05.2025

    Faszinierend und gruselig zugleich

    Was ist das denn? Blut. Überall Blut. Sie schießen. Auf ihn. Wo ist er? Gerade aufgewacht, sagen sie, er wäre im Krankenhaus. Seine Familie – alle tot. War er das? Nein, er nicht, denn sie sind alle wohlauf. Er wirkt trotzdem gehetzt, geht auf den Balkon. Springen? Geht nicht, er ist im siebten Stock…
    So verwirrend und unwirklich diese ersten Szenen sind, so „normal“ ist es nun. Es regnet, seit drei Tagen schon. Was nicht schön, aber dennoch unwichtig ist, denn sein Hotel ist endlich fertiggestellt, die ersten Gäste werden erwartet und ausgerechnet heute hat Maximilian Ryf verschlafen. Sobald der Hotelbetrieb angelaufen ist, wird er die meiste Zeit sowieso in seinen privaten Räumlichkeiten innerhalb des Hotels, dessen Manager er ist, nächtigen. Heute aber ist er unterwegs zur Fähre, die ihn zum „Seewind Manor“ bringen wird. Das Hotel liegt auf einer kleinen Insel vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns, es erwartet die ersten fünf Gäste, die zur Eröffnung geladen sind. Ihnen steht das Hotelpersonal rund um die Uhr zur Verfügung, neben Max sind es Emilia und Nala für Empfang und Service sowie Linus, der für ihr leibliches Wohl zuständig ist. Das Haus ist auf dem neuesten technischen Stand, was Segen und Fluch zugleich sein kann.
    Bald schon geschehen seltsame Dinge, auch ist die erste Tote zu beklagen. „Nummer 1“ ist in blutigen Lettern zu lesen – Horror pur. Und noch immer warten sie auf Gast Nummer fünf. Von den anwesenden Gästen wird so einiges bekannt wie etwa von Amy, die von den anderen als Die Durchgeknallte bezeichnet wird. Sie ist Thriller-Autorin, ihr Äußeres entspricht nicht unbedingt dem Mainstream.
    Dazwischen wird von „Früher“ berichtet. Diese kurzen Kapitel werden kursiv dargestellt, es ist von einem Paul die Rede. Was dies alles mit dem Hotel zu tun hat, erschließt sich mir lange nicht.
    Es wird zunehmend drastisch und angsteinflößend. Draußen tobt der Sturm und drinnen scheinen alle Verbindungen gekappt zu sein, Hilfe kann also nicht angefordert werden. Sie sind auf sich alleine gestellt, Abgründe tun sich auf. Eine Figur erscheint – Einbildung oder Realität? Die Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Das Spiel endet nicht, nein - es steigert sich in ungeahnte Dimensionen.
    Es ist mein erster Thriller von Hendrik Klein. Ein Psychothriller, der es in sich hat. Ein tödliches Spiel, das ich lange nicht begreife. Als es dann endlich so weit ist, dass ich – mit Kleins Hilfe wohlgemerkt – hinter dieses tödliche Spiel blicke, bin ich etwas irritiert. Die Story lässt mich ab Seite eins nicht los, es geht gleich in die Vollen. Und wie! „Versteht ihr dieses Spiel?“ Ich zumindest hatte lange keine Ahnung, wohin mich dies führt und jetzt, nachdem ich alles weiß, bin ich entsetzt ob dieser Entwicklung und fasziniert bin ich auch. Ein teuflisch gutes Spiel, das ich zwar gern gelesen, in das ich mich aber nie verwickeln lassen möchte. Mehr kann ich dazu nicht sagen, aber - bitte selber lesen, wer hinter diese raffiniert konstruierten Kulissen schauen will.
    Tage wie Salzwasser Sita Maria Frey
    Tage wie Salzwasser (Buch)
    02.05.2025

    Der Weg ist das Ziel

    Das erste Zusammentreffen war ein Unfall, auch danach geht es eher holprig weiter, irgendwann jedoch wissen sie, was sie voneinander haben. Atlanta und Enza – zwei ganz und gar unterschiedliche Frauen, deren vordergründiges Ziel Noto ist, eine Stadt auf Sizilien. Aber von Anfang an:
    Atlanta, die Mathematikerin durch und durch, lebt in Frankfurt, ihr langjähriger Freund hat seinen Lebensmittelpunkt in München, sie führen eine Wochenendbeziehung, was eigentlich ganz gut klappt. Bis zu dem Zeitpunkt, als Atlanta ungewollt schwanger wird und sie genau jetzt eine starke Schulter zum Anlehnen bräuchte. Eigentlich – denn er verlässt sie stillschweigend.
    Enza ist eine zupackende, taffe Frau, die in Bad Vilbel einen Fahrradladen betreibt. Sie ist gewollt alleinstehend, zu ihrer Mutter hat sie eine enge Bindung und als diese ihr von ihrer schweren Krankheit erzählt, will sie direkt bei ihr einziehen. Mutter allerdings will, dass sie zunächst zu ihrer Tante nach Sizilien fährt, um ihre sizilianische Familie endlich kennenzulernen.
    Da Atlanta und Enza das gleiche Ziel haben (wenngleich aus unterschiedlichen Gründen), machen sich die zwei gen Süden auf, jedoch wählen sie nicht die kürzeste Strecke, sie fahren über Freiburg nach Marseille und Barcelona, um irgendwann dann in Noto anzukommen. Der Weg ist das Ziel – so könnte man ihre Reiseroute umschreiben.
    Das Schicksal treibt manchmal seltsame Blüten und vor allen Dingen ist es nie berechenbar. Gleich mal werde ich ins kalte Wasser geschmissen – zwei Frauen auf einem Motorrad, dazu ein Baby, das unbedingt auf diese Welt will und genau dieses kleine Wesen scheint mir dies zu erzählen. Noch bin ich etwas irritiert, was sich aber ganz schnell legt, denn diese „Tage wie Salzwasser“ sind so einfühlsam erzählt, trotzdem das Leben der beiden Protagonistinnen voller Turbulenzen und unvorhersehbarer Zwischenfälle ist. Die Ausgangssituation beider Frauen ist alles, aber schön ist sie ganz gewiss nicht und doch finden sie einen Weg, der beileibe nicht immer geradlinig verläuft. Eigentlich nie, es sind krumme Wege, die sie beschreiten müssen. Beide wollten das nicht, beide werden sie dazu gezwungen. Und – letztendlich ist es gut so, wie es ist.
    Sita Maria Freys „Tage wie Salzwasser“ ist leicht und beschwingt erzählt und doch ist es eine Geschichte mit Tiefgang. Ein ergreifendes Debüt über Abschiede, über Neuanfänge und Freundschaft. Emotional, traurig und bittersüß, ein ganz besonderer Roadtrip, den ich gerne gelesen habe.
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