Finnisches Heimspiel
Wenn ein finnischer Dirigent mit einem finnischen Orchester die Musik eines finnischen Komponisten musiziert, dann kann eigentlich nur was Gutes dabei herauskommen. Wenn es sich dann noch um eine besondere Rarität eines (fast) Vergessenen handelt, ist das etwas ganz besonders Gutes. Und so ist es mit dieser ersten Ausgabe der Sinfonien des Erkki Melartin. Wer kannte den schon? So manche großen finnischen Komponisten sind hinter dem großen Schatten des Sibelius verschwunden. Anfangs der 90er Jahre brachte das finnische Edel-Label ONDINE auf drei CDs die wohl bislang einzige GA der sechs Melartin-Sinfonien heraus. Seinerzeit mit den finnischen Philharmonikern aus Tampere und dem ukrainischen Dirigenten Leonid Grin. Ich bin im Besitz dieser drei CDs, die auch heute noch höchsten Ansprüchen (auch im Klang) genügen. Trotzdem ist es eine "besonders gute" Tat, dass sich cpo (wer sonst?) an eine Neuaufnahme wagt. Erschienen sind die beiden letzten Sinfonien, wobei die 6.Sinfonie die mit Abstand "modernste" des Melartin ist. Hat er sich sonst in den Nummern 1 bis 5 dem sog. "Zeitgeist" noch verweigert, gerät er mit der Sechsten in neue musikalische Abenteuer. Nie abstrakt oder atonal, aber mit gewagten, "unerhörten" Wendungen. Ansonsten sind seine Sinfonien schöne romantische Bilder, nicht von Finnland wie es Sibelius vermochte. Da war er doch der mitteleuropäischen Tradition verpflichtet. Und doch findet Melartin seinen eigenen Tonfall, der mit Sibelius jedoch nichts gemein hat. Dirigent Rasilainen hat sich ja schon als Spezialist für skandinavische Sinfonik bewiesen und liefert mit den Philharmonikern aus Turku eine beste Aufnahme ab, die sich hinter den ONDINE-Einspielungen nicht zu verstecken brauchen. Im Gegenteil: In allen Teilen geringfügig überlegen! Auch der Booklettext ist bestens. Also: Wer einen besonderen Komponisten entdecken will, kommt an Melartin nicht vorbei.
Ist zu hoffen, dass cpo mit der Veröffentlichung der restlichen Melartin-Sinfonien nicht zu lange wartet.