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    Kerstin1975 Top 25 Rezensent

    Aktiv seit: 08. August 2013
    "Hilfreich"-Bewertungen: 290
    702 Rezensionen
    Die Senfblütensaga - Wege des Schicksals Clara Langenbach
    Die Senfblütensaga - Wege des Schicksals (Buch)
    15.11.2021

    Im Vergleich zu Band 1 langatmig und zäh - erst am Schluss kam Spannung auf. Konnte mich nicht wirklich fesseln...

    Buchinhalt:

    Nach ihrem Studienabschluss und ihrer Hochzeit mit Carl Seidel versucht Emma, auch als Frau in die gemeinsame Senffabrik einzusteigen. Kurze Zeit später bricht der Erste Weltkrieg aus und Lothringen sieht sich selbst zwischen zwei feindlichen Parteien. Während die in Metz beheimateten Franzosen von den Deutschen bedroht und angefeindet werden, versuchen Carl und Emma die Senffabrik konkurrenzfähig zu halten. Doch nach der letztendlichen Niederlage Deutschlands beschlagnahmen die Franzosen Fabrik und Privatvermögen – Emma und ihrer Familie bleib nur die übereilte Flucht….


    Persönlicher Eindruck:

    Nach dem fulminanten Start in Band 1 waren meine Erwartungen an die Fortsetzung von Langenbachs Senfblütensaga sehr hoch. Würde die Fortsetzung mithalten können? Ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich sage: nein, konnte sie nicht.

    Emma als Hauptfigur bemüht sich nach Kräften, aus der damaligen Frauenrolle auszubrechen, beendet mit Bravour ihr Studium an der Universität und versucht, als gleichberechtigte Chefin in Carls Senffabrik Fuß zu fassen. Autorin Langenbach schafft es vortrefflich, die damalige Stellung der Frau und die diesbezüglichen sozialen Umbrüche zu Beginn des 20. Jahrhunderts in ihrem Roman herauszuarbeiten. Auch wenn Emma von allen Seiten Häme und Ablehnung entgegenschlägt, wenn sie versucht, in eine Männerdomäne vorzudringen, ist sie tough und hat im Vergleich zum Beginn der Reihe eine deutliche Entwicklung durchgemacht.

    Leider vernachlässigt diese Entwicklung bei der Romankonzeption die anderen Figuren. In meinen Augen blieben nahezu alle anderen Figuren blass und nichtssagend, ich hatte auch lange Zeit Mühe, wieder in die Geschichte rein zu finden. Ein Namensverzeichnis aller Dramatis Personae fehlt und wer in der Zwischenzeit andere Bücher gelesen hat, hat mit Wege des Schicksals so seine Schwirigkeiten. Einzig Buchhändler Émile empfang ich durchweg positiv und authentisch. Schade, aber die Spritzigkeit und Bildhaftigkeit des ersten Bandes konnte Langenbach nicht erreichen – über weite Strecken empfand ich die Geschichte langatmig und völlig ohne Spannung.

    Für einen Roman, der zur Zeit des Ersten Weltkrieges spielt, gingen die Jahre 1914-1918 in wenigen Kapiteln recht sang- und klanglos vorüber, tut mir leid. Hier verschenke die Autorin weitestgehend Potential: bei einem historischen Roman erwarte ich auch eine authentische Einbettung in den historischen Kontext, nicht nur einige „Kriegsbeschreibungen“ einer einzelnen Figur. Natürlich stand die Geschichte um die Senffabrik im Mittelpunkt des Geschehens, wirkte aber nicht wirklich eingebettet in die politischen Zusammenhänge der damaligen Zeit.

    Erst in den letzten 50 Seiten kam nochmal die erhoffte Spannung auf. Es sind die Passagen, die auf den Cliffhanger hinsichtlich des dritten Bandes hinarbeiteten – schade, dass nicht das ganze Buch so war. Natürlich bin auch ich gespannt, wie die Familiengeschichte weiter und zu Ende geht, dennoch war ich von diesem mehr als schwachen Mittelteil der Trilogie ehrlich gesagt enttäuscht.

    Mein Fazit: eine größtenteils spannungsfreie, dröge Fortführung der Senfblütensaga, die nur ganz am Ende mit etwas Spannung aufwartet. In meinen Augen nicht richtig gelungen – bleibt nur zu hoffen, dass der Abschlussband mich wieder mitreißen kann.
    Geliebter Dietrich Geliebter Dietrich (Buch)
    09.11.2021

    Die bewegende Geschichte Bonhoeffers zwischen Widerstand, Liebe, Glaube und Gewissen.

    Buchinhalt:

    In den Schrecken des Zweiten Weltkrieges lernen sich der Theologe Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer kennen und lieben, doch die Liebe ist überschattet von Hitlers Schreckensherrschaft und den Widerstandsbestrebungen Bonhoeffers. Es ist eine wahre Geschichte voller Brisanz, tiefer Zuneigung und festem Glauben, den Bonhoeffer auch im KZ nicht verliert.


    Persönlicher Eindruck:

    Anhand von Originalbriefen zwischen Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer breitet die Autorin hier eine berührende und packende (Liebes-)Geschichte vor dem Leser aus, die bewegender nicht sein könnte. Die Schrecken des Krieges und der Diktatur von Hitler werden auf keiner Seite ausgeblendet und sorgen beim Leser für mehr als nur Gänsehaut.

    Ich gebe zu: ich musste das Buch öfter beiseitelegen, anders hätte ich die Brisanz des Inhaltes wohl nicht verwunden. Es ist in meinen Augen kein Buch, das man wie einen historischen Roman mal so hinwegliest, nein, es ist an vielen Stellen ein beklemmendes Zeitzeugnis eines Menschenschicksals, das beispielgebend für zahllose andere stehen könnte. Mich hat dabei der Gedanke bewegt, dass es im Grunde nicht nur Bonhoeffers Schicksal beschrieb, sondern auch das von vielen anderen, für uns namenlosen Menschen, die unter der Nazidiktatur zu leiden hatten.

    Barrat vermag es vortrefflich, die politischen und gesellschaftlichen Umstände der damaligen Zeit in ihrem Roman greifbar zu machen, auch das Thema Kirche im Nationalsozialismus kam hier nicht zu kurz. Bonhoeffers Gottvertrauen und sein tiefer Glaube waren greifbar und bewegend, seine tiefe Liebe zu Maria von Wedemeyer gefühlvoll und ergreifend.

    Auch wenn Bonhoeffers letztendliches Schicksal hinreichend bekannt ist, endet das Buch zur Zeit des Hitlerattentats durch die Gruppe rund um Graf Schenk von Stauffenberg und beschließt die Geschichte mit dem großen Thema Widerstand, was reichlich Stoff zum Nachdenken und für weiterführende Gedanken bietet. Widerstand, Glaube und Gewissen sind die drei großen Themen, die den roten Faden dieses Werkes bilden.

    Das Personenverzeichnis am Beginn sowie das reichhaltige Nachwort mit weiterführenden Informationen runden in meinen Augen gekonnt dieses bewegende Buch ab.

    Von mir eine Leseempfehlung an alle, die historische Romane aus der Zeit der beiden Weltkriege lesen und die eine diesbezügliche Lektüre abseits des Mainstreams suchen. Hier werden sowohl historisch wie auch biografisch Interessierte fündig, die Wert legen auf tiefgründige Geschichten mit wahrem Hintergrund. Verdient 5 Sterne!
    Winkelmann, K: Speersohn Winkelmann, K: Speersohn (Buch)
    08.11.2021

    Spannender zweiter Teil der Diolgie aus dem alten Rom.

    Buchinhalt:

    Nachdem Garlef und Mina vom Schicksal brutal getrennt wurden, scheint es keine Hoffnung mehr für die zarte Liebe zu geben, die die beiden einst verband. Garlef wurde in die Sklaverei verschleppt und Mina sieht sich ebenfalls gefangen – gefangen in einer glücklosen Ehe mit dem brutalen Quintus, der ihr das Leben zur Hölle macht. Eines Tages treffen Mina und Garlef im fernen Judäa wieder aufeinander und es gibt für beide nur noch einen Plan: die Flucht. Beseelt von dem, was ein junger Rabbi in Jerusalem predigt, wagen die beiden schließlich einen äußeren wie inneren Neuanfang….


    Persönlicher Eindruck:

    Im zweiten Teil der Dilogie um die Liebe zwischen dem Germanen Garlef und der Römerin Mina macht sich der Leser von Rom auf in die Provinz Judäa. Das Leben der damaligen Zeit beschreibt Autorin Winkelmann authentisch und bildhaft und auch der christliche Aspekt kommt schließlich ins Spiel.

    Mina als weibliche Hauptfigur sieht sich konfrontiert mit einem Leben an der Seite des tyrannischen Quintus, einem ebenso brutalen wie rücksichtslosen Zeitgenossen, der über Leichen geht. Die Hoffnung, ihre große Liebe Garlef wiederzusehen, schwindet von Tag zu Tag und Mina sieht keine Möglichkeit, aus diesem Käfig auszubrechen

    Garlef, seinerseits in die Sklaverei verkauft, leidet ebenfalls. Sein Traum, nach Germanien zurückzukehren, schwindet Stunde für Stunde. Als er mehr oder minder durch Zufall im weit entlegenen Judäa wieder auf Mina trifft, keimt der Hoffnungsfunke schließlich erneut. Hier hat mir gut gefallen, wie die Autorin die Emotionen der beteiligten Figuren einfängt und bildhaft macht: Mina blüht sprichwörtlich auf und beginnt, sich endlich gegen ihren tyrannischen Ehemann aufzulehnen.

    Hinzu kommt, dass neben der Haupthandlung letztendlich doch noch dem christlichen Aspekt eine tragende Rolle in der Handlung eingeräumt wird: Garlef und Mina werden Stück für Stück hineingesogen in die Ereignisse rund um Jesu Einzug in Jerusalem, seine Gefangennahme, Kreuzigung und Auferstehung. Dennoch bleiben die christlichen Passagen leider nur eine Randerscheinung. Schade, hier hätte man noch mehr herausholen können.

    Garlefs und Minas Bekehrung sowie der Missionsauftrag spielen sich mehr oder minder im letzten Viertel ab und waren für meinen Geschmack fast ein bisschen zu überstürzt. Garlefs Rebellion gegen seine beginnende Christianisierung jedoch war glaubhaft und bewegend, seine Erkenntnis, wer der „Waldmann“ war, der ihm damals als Kind den Weg aus den Sümpfen wies, war einerseits ein befriedigender Abschluss, andererseits auch ein bisschen seltsam dahingehend, dass Jesus aus Nazareth zu der Zeit ebenfalls noch ein Kind war und dennoch vor Garlef als Erwachsener erschien. So ganz befriedigt war ich damit jedenfalls nicht. Natürlich „erkennt“ Garlef in dem Rabbi aus Nazareth seinen Waldmann, aber dann doch innerlich, also seine Botschaft! So, wie Frau Winkelmann es beschreibt, will er jedoch Stimme und Gestalt erkannt haben und das mindert die Glaubwürdigkeit dann in meinen Augen wieder erheblich.

    Insgesamt ist es ein spannender Roman aus dem alten Rom mit feinen christlichen Zügen, aber auch an vielen Stellen zu konstruiert und am Ende mit ein paar Zufällen zu viel, das Happy End betreffend. Gerade bei der verwendeten Sprache hätte Frau Winkelmann ein bisschen mehr darauf achten sollen, nicht zu sehr in den heutigen Sprachgebrauch abzudriften. Ausdrücke wie z.B. „ausgeflippt“ passen einfach nicht in einen Antiken-Roman. Die Provinz Judäa hieß zudem zu dieser Zeit noch nicht de facto "Israel", zumindest nannten die Römer das Land nicht so.

    Ansonsten bietet das Buch solide, gute und spannende Unterhaltung, mir hat es gut gefallen.
    Wo kommen wir denn da hin Günter Habicht
    Wo kommen wir denn da hin (Buch)
    01.11.2021

    Auftakt in eine neue Reihe zur Online-Oma-Serie: Hat mir hervorragend gefallen, einfach toll!

    Buchinhalt:

    Als der Busfahrer Günter Habicht in den Vorruhestand kommt, weiß er nicht wirklich was mit der vielen freien Zeit anzufangen. Für Hobbys war bislang nie Zeit und genau diese scheinen ihm jetzt zu fehlen: den ganzen Tag unter der Fuchtel von Ehefrau Brigitte, das ist nichts für den Rentner. Der ordnungsliebende Günter fällt schon bald allen Nachbarn durch seine pedantische Art auf die Nerven. Als Zeltplatzwart und auch in der Kleingartenkolonie ist Günter schließlich in seinem Element – und legt den Finger gekonnt auf die wundern Punkte im Zusammenleben seiner Mitmenschen. Humorvoll und stets mit wahrem Kern erzählt er von seinem Familienleben, seinen Bekannten und natürlich auch von Online-Oma Renate Bergmann. Wo die beiden aufeinander treffen, bleibt kein Auge trocken…


    Persönlicher Eindruck:

    Mit „Günter Habicht“ geht Kult-Autor Thorsten Rhode in eine neue Runde und eröffnet einen Serien-Ableger seiner allseits beliebten „Online-Oma“-Reihe. Günter Habichts Erlebnisse spielen sich offline ab, sind aber nicht minder komisch. Der liebenswerte Kauz ist Frührentner, hat das Herz auf dem rechten Fleck und geht allen in seinem Umfeld gehörig auf die Nerven, allen voran seiner resoluten Ehefrau Brigitte. Diese ist selbst Frührentnerin und seit die beiden den ganzen Tag aufeinander hocken, herrscht dicke Luft.

    Natürlich ist Rhodes männliche Hauptfigur überspitzt angelegt – Günter ist ein Pedant und Ordnungsfanatiker, was er seine Mitmenschen auch oft spüren lässt. Dennoch hat er in vielem Recht und legt seinen Finger auf die „Problem-Wunden“ der Gesellschaft, seien es nun Mülltrennung, Fahrrad-Rüpel oder auch die Handysucht der heutigen Jugend. Doch seine Pingeligkeit ist beileibe nicht das Hauptthema dieses kurzweiligen Buches, im Gegenteil. Günter Habicht erzählt in humorvoller, liebenswerter Art und Weise von den kleinen und großen Erlebnissen, Begegnungen und Dingen seines Alltages, von Bekannten, Familie und seinen Mitmenschen und was er mit ihnen so alles erlebt. Natürlich tauchen auch alle Hauptfiguren aus den Renate-Bergmann-Romanen auf, wie die Online-Oma selbst, Inge und Kurt Gläser, Gertrud, Frau Doktor Bürgel und viele weitere Bekannte. Das gibt dem neuen Serienstart Tiefe und Heimeligkeit und es ist beim Lesen wie ein Wiedersehen mit längst lieb gewonnenen Figuren.

    Was mir sehr gut gefiel, ist Günters Blick auf die heutige Gesellschaft: er bringt gekonnt auf den Punkt, wo es hapert und nicht nur einmal blitzte in meinem Kopf der Satz auf „Da hast Du vollkommen recht!“. Für mich ist Günter Habicht ein liebenswerter Zeitgenosse mit Ecken und Kanten und nicht weichgespült – im Grunde ein Kaliber wie Renate Bergmann selbst, die in dieser Geschichte auch gehörig ihr Fett weg kriegt.

    Der Stil ist wie von Rhode gewohnt spritzig-humorvoll und kurzweilig, mit vielen kleinen Anekdoten, die gemeinsam ein großes Ganzes bilden. Kleine Rückblenden in Erlebnisse mit der Online-Oma, wie der Campingurlaub oder der Sommer in der Kleingartenanlage sind genauso enthalten wie viele neue Figuren und Ereignisse.

    Für mich war dieser Einstieg in seine neue Reihe absolut gelungen und ich kann nur sagen: mach weiter so, Günter, denn Du hast ja recht mit vielem, was Du anprangerst. Vielleicht ist dieser kurzweilige Roman auch ein Stück weit Anlass dafür, den eigenen Alltag ein bisschen zu überdenken und mit Humor festzustellen, dass ein kleines Stück Günter Habicht in jedem von uns steckt. Wer das von sich nicht behaupten kann oder will, der gehört dann vielleicht zu der anderen Fraktion, die Günter regelmäßig auf die Palme bringt. Wie auch immer: der Roman ist ein Spiegel der Gesellschaft und gerade deswegen so unterhaltsam und lustig.

    Eine absolute Leseempfehlung, das geht nicht besser! Hoffentlich gibt’s bald die nächsten Abenteuer. Mir hat es sehr gefallen, daher wohlverdiente 5 Sterne!
    Wir träumten von Amerika Petra Grill
    Wir träumten von Amerika (Buch)
    24.10.2021

    Spannende Geschichte aus der Zeit der amerikanischen Besatzung in den 50er Jahren

    Buchinhalt:

    Deutschland in den 1950er Jahren: die Amerikaner haben als Besatzungsmacht eine Kaserne im pfälzischen Kaltenstein errichtet. Die Bevölkerung muss sich wohl oder übel mit der Situation arrangieren, ebenso Amy McCoy, die Ehefrau des Kommandanten. Was sie verschweigt: Amy floh einst als Amelie Werner mit ihren Eltern aus Nazideutschland und wollte nie wieder dorthin zurückkehren. Auf dem Stützpunkt findet sie keinen Anschluss, bis ihr Mann das Bauernmädchen Marie als Haushaltshilfe einstellt. Amy und Marie freunden sich schließlich an und Amy findet in Marie ein Stück weit ihr jüngeres Selbst…


    Persönlicher Eindruck:

    In ihrem neusten Roman nimmt Autorin Grill ihre Leser mit ins ländliche Nachkriegsdeutschland. Die Pfalz ist Teil der amerikanischen Besatzungszone und die Bevölkerung arrangiert sich wohl oder übel mit den „Amis“, die in ihrer kleinen Ortschaft eine Kaserne aus dem Boden stampfen. Das Flair der Fünfziger Jahre, die ersten Kontakte mit den Besatzern und das sachte Aneinander-Herantasten der beiden Völker beschreibt die vorliegende Geschichte authentisch und mitreißend.

    Inmitten des Wandels, den die amerikanischen Streitkräfte zwangsläufig mitbringen, stehen als Hauptfiguren zwei zunächst völlig unterschiedliche Frauen: Amy McCoy, die Ehefrau des Kommandanten der Militärbasis, und Marie, ein Bauernmädchen, das eine Stelle als Haushaltshilfe bei den McCoys antritt.

    Nachvollziehbar und bildhaft beschreibt Grill, wie Amy und Marie, aber auch die anderen Dorfbewohner mit wenig Englisch- bzw. Deutschkenntnissen aber viel Händen und Füßen versuchen, sich miteinander zu verständigen. Natürlich sind die GIs bald nicht mehr von Kaltensteins Straßen wegzudenken und die deutschen „Frolleins“ sind begehrte Flirt-Objekte bei den Soldaten.

    Hinter all dem steckt aber eine noch tiefere Geschichte, die Amy McCoy verschweigt: sie ist deutschstämmig, ihr Vater ein unangepasster Journalist, der mit seiner Familie 1933 aus Deutschland über Paris in die USA emigrierte. Und genau das nagt an Amy, die damals noch Amelie hieß.

    Ich selbst wurde über 500 Seiten nicht warm mit dieser Figur. Amy ist hochnäsig und behandelt ihre Mitmenschen von oben herab. Sie ist fast schon besessen von Malerei, Kunstmuseen und dem Wunsch, nach Frankreich zurückkehren zu dürfen. Ihren Frust ertränkt sie in Alkohol. Was ihr fehlt: Ehrlichkeit bezüglich ihrer Herkunft, sich darauf zurückzubesinnen, wo sie herausstammt.

    Amy erkennt erst recht spät, dass auch die Menschen um sie herum Probleme haben und sich die Welt nicht allein um sie und ihren Kunstfimmel dreht: Maries Beziehung zu Kriegsheimkehrer Siggi ist zerrüttet und ihre Liebe zu dem farbigen GI George hat in Amys Augen keine Zukunft. Ein weiteres Thema des Romans: Kriegstraume und Kampfmüdigkeit – auch die Ehe der McCoys zerbrach einst beinahe daran.

    Mich hat der Roman, der als TV-Miniserie im Dezember 2021 ins Fernsehen kommt, sehr gut unterhalten. Die Figuren sind vielschichtig und mit Profil herausgearbeitet und das Setting authentisch und lebendig. Einzig der Schluss (nach dem eigentlichen erzählerischen Ende bezüglich Marie und George) war in meinen Augen etwas merkwürdig, so, als ob ein Teil dazwischen schlecht gekürzt wurde oder ganz fehlt. Alles in allem aber eine Leseempfehlung und ein authentisches Stück deutscher Nachkriegsgeschichte!
    Der Traumpalast Der Traumpalast (Buch)
    23.10.2021

    Opulente Geschichtsstunde aus der Weimarer Republik – allerdings auch mit einigen unschönen Längen.

    Buchinhalt:

    Berlin in den 1920er Jahren: Nach dem Leid des Großen Krieges bahnt sich ein neues Lebensgefühl bei den Menschen an. Freiheit ist das neue Zauberwort, verwirklicht wird sie in Tanzpalästen, Cabarets und vor allem mit einer neuen Erfindung: dem Kino! Der UFA-Filmpalast ist das neue Großprojekt, daran beteiligt: Tino Reichenbach, Sohn des gleichnamigen Bankhauses. Während sich die glitzernde Kinowelt immer weiter etabliert, will Rahel Rosenberg nur eines: Journalistin werden. Doch als Frau hat sie in der von Männern dominierten Branche so gut wie keine Chance….


    Persönlicher Eindruck:

    Auf 800 Seiten breitet Bestsellerautor Peter Prange die Welt der Goldenen Zwanziger Jahre vor seinem Leser aus, eine Epoche des Umbruchs und Neuaufbruchs. Basis der Erzählung ist die UFA-Traumfabrik - die Welt der bewegten Bilder, von Stummfilmgrößen wie Pola Negri, von riesigen Lichtspielhäusern, vom Traum einer neuen Freiheit.

    Gut und detailreich recherchiert ist der politisch-historische Hintergrund mit zahlreichen historisch belegten Personen, Fakten und Ereignissen. Prange gelingt es vortrefflich, die politischen und gesellschaftlichen Ereignisse und Strömungen zu kanalisieren und bildhaft zu machen, wie den schwärenden Judenhass und die Umtriebe rund um die neu gegründete NSDAP von Adolf Hitler.

    Mittenhinein setzt der Autor seine beiden Hauptfiguren, Tino und Rahel.

    Tino ist ein Lebemann, ein Gigolo, dem alle Frauen zu Füßen liegen. Diese Tatsache nützt er zu Beginn auch aus, ändert sich jedoch weitestgehend, als er Rahel kennenlernt. Über Tino bekommt der Leser auch Einblick in die neu gegründete UFA-Filmgesellschaft und deren Finanzierung. Ein bisschen schrullig (sein Nelken-Tick) aber durchaus authentisch, eine Figur mit Potential: Tino macht eine sichtbare Entwicklung durch währen des Romans.

    Rahel als Tochter eines jüdischen Schneiders, der ursprünglich aus Breslau stammt, repräsentiert das Bürgertum. Die wohlbehütete Tochter strebt eine Zeit lang eine Karriere als Journalistin an, was ihr allerdings nicht gelingt. Rahel ist ein sehr unabhängiger aber auch starrköpfiger Charakter und ich hatte über 800 Seiten mit dieser Figur ein Problem: Rahel war mir leider alles andere als sympathisch. Schon allein ihre Abmachung, die sie mit Tino trifft und die ihr eine (sexuelle) Unabhängigkeit garantieren soll, fand ich ehrlich gesagt daneben. Mit der Treue nimmt sie es nicht so genau und Tino passt auch nur so lange in ihren Lebensentwurf, wie sie einen Vorteil aus der Beziehung zieht. Identifikationspotential bringt Rahel leider nicht mit, zumindest nicht für mich.

    Meine Kritik an diesem wirklich episch-geschichtlichen Werk ist leider in der fulminanten Recherche Pranges begründet. So geschichtsträchtig sein Ausflug in die Zwanziger Jahre auch ist, so wenig schafft er es, die wirklich wichtigen Details auf den Punkt zu bringen. Dadurch wird die Lektüre an vielen Stellen unangenehm in die Länge gezogen und wirkt total überfrachtet. Diese Langatmigkeit stört wiederum die fiktive Romanhandlung, so dass man auf der letzten Buchseite ehrlich gesagt auch ein wenig erleichtert aufatmet.

    Die Passagen über die UFA, das eigentliche Kernstück der Geschichte, präsentieren sich größtenteils trocken und gleichförmig. Es geht so gut wie immer nur um die Finanzierung der Filmprojekte, nie en Detail auch mal um Dreharbeiten, Schauspieler, Filmsets. Das fand ich schade und hatte ehrlich gesagt mehr zum Thema (Stumm-)Film erwartet. Vielleicht erfährt man ja mehr in Band 2.

    Insgesamt war es eine sehr umfangreiche Geschichtsstunde mit authentischem Zwanziger-Jahre-Flair, aber auch mit Längen, die den Lesegenuss wieder schmälern. Das kann Prange durchaus noch besser!
    Feste feiern Ulrich Mack
    Feste feiern (Buch)
    15.10.2021

    Aufschlussreiche und prägnante Informationen über bekannte und unbekanntere Feste des Kirchenjahres - ein gelungenes Sachbuch für jedermann.

    Buchinhalt:

    Auf 120 Seiten begleitet dieses Buch den Leser durch die Feste des Kirchenjahres. Neben den großen Festen wie Weihnachten und Ostern werden auch eher unbekanntere Feste und Gedenktage wie Quasimodogeniti, der Andreastag oder auch Trinitatis und Michaelis erklärt und erläutert. Anhand der zugehörigen Bibelstellen und Hinweisen auf das Brauchtum entsteht ein interessanter Begleiter durch das gesamte Kirchenjahr – untermalt von modernen, ansprechenden Farbfotos und einem Jahreskreisdiagramm in der vorderen Innenklappe.


    Persönlicher Eindruck:

    Wer kennt sich nicht aus mit den großen christlichen Festen wie Weihnachten oder Ostern? Wahrscheinlich wissen die meisten, was da gefeiert wird und welche Bibeltexte dazugehören – aber wie sieht es aus mit Lichtmess, Johannistag oder dem Ewigkeitssonntag? Dieses schöne und ansprechend gestaltete Buch gibt Aufschluss über alle Feste des Kirchenjahres und nimmt dabei Bezug aus evangelische und katholische Feiertage im Jahreskreis.

    Zusammen mit dem Kreisdiagramm im Innendeckel kann ich der Leser auf den Weg durch ein Kirchenjahr machen und die kleinen und großen Geheimnisse der einzelnen Feste ergründen.

    Farblich abgesetzt findet man zu jedem Fest die passenden Bibelbezüge, die aus drei verschiedenen Bibelübersetzungen (Lutherbibel, Gute Nachricht Bibel und Basis Bibel) herangezogen werden. So erhält der Leser neben einem kurzen aber fundierten Überblick über das Brauchtum und die Tradition der einzelnen Feste auch gleich den biblischen Bezug mit Hilfe von eingängigen Texten und des jeweiligen Textverweisen.

    Abgerundet wird das Buch durch moderne, ansprechende und schön ausgewählte Farbabbildungen, mal kleiner, mal ganzsseitig – ein aufschlussreiches und biblisch fundiertes Sachbuch für jedermann.

    Für mich war es eine gelungene Zusammenstellung der christlichen Feste im Kirchenjahr, das Buch eignet sich in meinen Augen auch wunderbar für Konfirmanden- und Religionsunterricht. Nicht überladen sondern auf den Punkt gebracht bringt es auf kleinem Raum alles Wissen, das man als Laie über die christlichen Feiertage wissen muss.
    Lecoat, J: Die Übersetzerin Lecoat, J: Die Übersetzerin (Buch)
    14.10.2021

    Berührende und spannende Geschichte nach einer wahren Begebenheit. Eine Leseempfehlung, 5 Sterne!

    Buchinhalt:

    Auf der 1940 von Deutschen besetzten Kanalinsel Jersey nimmt die junge Hedy aus einer Not heraus eine Stelle als Übersetzerin im Lager der Nazis an. Was niemand weiß: Hedy ist Jüdin, sie lebt ein Leben ständig in Angst, entdeckt zu werden. Im Lager lernt sie den Wehrmachtsoffizier Kurt kennen, die beiden kommen sich schließlich auch näher. Trotzdem ist es eine verbotene Beziehung – doch Kurt hält auch in Zeiten der Not zu Hedy. Gemeinsam mit Dorothea, einer gemeinsamen Freundin, versuchen sie schließlich, Hedy vor den Suchtrupps der Geheimpolizei zu verstecken...


    Persönlicher Eindruck:

    Mit „Die Übersetzerin“ ist Autorin Jenny Lecoat ein bewegender Schicksalsroman aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gelungen, der historische Begebenheiten, packende Spannung und ergreifende Liebesgeschichte in sich vereint. Der Roman beruht auf einer wahren Geschichte, besagte Hedy Le Brocq gab es wirklich. Es ist eine eindringliche Geschichte um Menschlichkeit in einer unmenschlichen Zeit, in der Werte wie Mitgefühl und Nächstenliebe nicht mehr zu zählen scheinen, um dann viel leuchtender in Erscheinung zu treten.

    Hauptfigur ist unumstritten die 24jährige Jüdin Hedy, die aus Österreich nach England bzw. auf die Kanalinsel Jersey emigriert ist und sich 1940 vom Regen in die Traufe gespült vorfindet. Hedy ist trotz ihrer Jugend eine toughe und starke Frau, die sich ihrem Schicksal und dem, was ihren Eltern widerfahren ist, nicht beugt. Sie hat als Protagonistin Identifikationspotential für den Leser und ihre Handlungsweisen sind nachvollziehbar und authentisch.

    Kurt, der Wehrmachtsoffizier und männliche Hauptfigur ist anders, als das Gros der Deutschen, die auf Jersey anlanden. Trotz seines Dienstes im deutschen Heer und entgegen eigener Widrigkeiten hält er immer zu Hedy und stellt sein eigenes Wohl hintenan. Für mich war er beim Lesen ein Paradebeispiel an Courage und Menschlichkeit, ein Beispiel dafür, dass es auch solche gab in der unendlichen Masse an Nationalsozialisten der damaligen Zeit.

    Wer mir auch unglaublich gut gefiel, war Dorothea (Dory), die im Laufe der Geschichte zu Hedys bester Freundin wurde. Zunächst erschien sie mir reichlich naiv und auch ein bisschen einfältig, doch in Dory steckte mehr, als man auf den ersten Blick glauben würde. Diese Figur hat in meinen Augen die größte Entwicklung durchgemacht und war maßgeblich für den Weg, den die Geschichte letztendlich einschlug.

    Die Beschreibung des Settings und der historischen Zusammenhänge war sehr gut und tiefgründig recherchiert, ich hatte beim Lesen sofort ein Bild vor Augen und konnte mich immer und überall in der Geschichte einfinden. Natürlich hätte mich das weitere Fortgehen der Personen nach dem Cliffhanger-Schluss noch interessiert, leider ist nach etwas mehr als 300 Seiten schon Schluss.

    Alles in allem ein berührender Historienroman aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs mit einer Liebesgeschichte gegen alle Konventionen der damaligen Zeit – mich hat das Buch sehr bewegt und ich kann es jedem nur empfehlen. Der Roman hatte alles, was ich mir erhofft hatte – dafür gibt’s volle 5 Sterne!
    Simple & Clever Cooking Stevan Paul
    Simple & Clever Cooking (Buch)
    11.10.2021

    Umfangreiches Veggie-Kochbuch. Für "Simple" aber mit zu viel Zeug, das man normalerweise nicht im Haus hat. Das hat mich leider enttäuscht.

    Buchinhalt:

    Vegetarische Gemüseküche, die von sich behauptet, besonders einfach zu sein und mit wenigen Zutaten auszukommen: zahlreiche abwandelbare Gemüserezepte auch für unerfahrene Küchen-Neulinge, dazu Warenkunde und Küchentipps bezüglich Ausstattung und Werkzeugen.


    Persönlicher Eindruck:

    Als das Buch zu mir kam, dachte ich als allererstes: Wow, was für ein Wälzer! Das Buch kommt rein optisch als großer Bildband, hochwertig, schwer und nicht 08/15. Sein Versprechen: einfache Rezepte mit wenigen Zutaten, eben „simple und clever“.

    Autor und Koch Stevan Paul will den Leser dazu bringen, seine Küche in ihrer Einfachheit wiederzuentdecken. Wenige, aber hochwertige Zutaten, alle vegetarisch und teilweise sogar vegan, bilden die Grundlage für eine wirklich große Zahl unterschiedlicher kalter und warmer Rezeptideen: vom Salat über Hauptspeisen bis hin zu kalten Snacks für unterwegs ist hier (fast) alles vertreten, was man sich aus der Veggie-Ecke so vorstellen kann. Die Basis für fast alle der vorgestellten Gerichte ist in irgendeiner Form gekochtes Gemüse – und genau da beginnt meine Kritik.

    Weder für Salate (egal wie bunt) noch für Kochgemüse brauche ich ein Rezept. Die hier gezeigten Speisen sind ohne Frage appetitlich und lecker anzusehen – allerdings frage ich mich bei vielem, ob hier ein Kochbuch-Preis von 30 € wirklich gerechtfertigt ist. Wer braucht ein Rezept, um eine Scheibe Brot mit kaltem Kartoffelpüree zu bestreichen oder um Kartoffeln mit Butter oder Kräuterquark zuzubereiten? Da erwarte ich schon ein bisschen mehr, Herr Paul!

    Ein zweiter Kritikpunkt sind die Zutaten in den etwas anspruchsvolleren Rezepten. Das Buch wirbt mit „simple und einfach“, verwendet aber eine Menge Zeug, das ich zumindest nicht im Hause habe. Kochen mit Aonori-Algenpulver, künstlichem Kaviar, Estragon-Essig oder Ahornsirup ist in meinen Augen keine „einfache Küche“.

    Der Hammer kommt dann aber beim Fried Rice: hier sieht Pauls Rezept tatsächlich Glutamat vor. Bitte nicht! Wenn man frisch kocht und das Rezept gut ist, hat doch keiner so einen Geschmacksverstärker nötig!

    Abgerundet wird das Kochbuch durch Rezepte für Übriggebliebenes, Würzpasten und einige wenige Desserts.

    Ich gebe offen zu: ich habe mir mehr versprochen und war sehr enttäuscht ob der doch recht gleichförmigen Gemüsespeisen. Als Vegetarier hat man dann doch noch ein paar höhere Ansprüche – für das meiste aus dem Buch bräuchte ich kein Rezept, das bekäme ich auch so hin.

    Ein Lichtblick: Stevan Paul kocht nur in wenigen Rezepten mit der Körnchenfraktion rund um Bulgur & Co. (zum Glück) und nur einmal mit Tofu (das mag hier gar keiner). Immerhin.

    Alles in allem überzeugt mich dieses „weniger ist mehr“ nicht wirklich, das Buch ist in meinen Augen viel zu teuer für den Inhalt, den es bietet. Zudem zu viele exotische Zutaten, die man nicht in jeder Küche findet – zumindest nicht in meiner.
    Das Lichtenstein Marlene Averbeck
    Das Lichtenstein (Buch)
    10.10.2021

    Spannender, vielschichtiger zweiter Teil der Kaufhausdynastie - hat mich wunderbar unterhalten!

    Buchinhalt:

    Berlin, Ende der 1920er Jahre: das Kaufhaus Lichtenstein steht in der Blüte seiner Jahre, die Freundschaftsbande zwischen Hedi, Thea und Ella sind stetig gewachsen. Doch mit der Weltwirtschaftskrise gerät das Warenhaus in Schieflage und auch privat kriselt es in so mancher Beziehung. Als dann noch Ludwig Lichtenstein aus München wiederkehrt und die Geschäftsleitung aus den Händen von Jacob und an sich reißen will, steht die Familie vor einer wichtigen Entscheidung, denn Ludwig ist ein glühender Verehrer von Adolf Hitler und will im Lichtenstein die Braunhemden der Nazis nähen lassen. Ein Großteil der jüdischen Mitarbeiter kündigt und das Warenhaus steht vor einer schwerwiegenden Zäsur…


    Persönlicher Eindruck:

    Im zweiten Teil ihrer Lichtenstein-Trilogie nimmt Autorin Averbeck ihre Leser mit in die schillernden 20er Jahre in Berlin, einer Zeit der Auf- und Umbruchs, der Ausschweifung und eines neu aufkommenden Lebensgefühls. Zentrum der Geschichte ist erneut das Warenhaus Lichtenstein, in dem alle einzelnen Fäden zusammenlaufen, die die Figuren untereinander verbinden.

    Die drei Hauptpersonen, das ehemalige Ladenmädchen und jetzige Vorführdame Hedi, die Näherin Thea und die Schauspielerin Ella, stehen im Mittelpunkt der Handlung: alle drei haben eine große Entwicklung durchlaufen und sehen sich mit Höhen und Tiefen in ihrem Leben konfrontiert. Während Hedis Ehe mit Konfektionär Hannes auf der Kippe steht und Ella sehr unter ihrem kontrollsüchtigen Ehemann Gustav leidet, versucht Thea zwischen den Beteiligten zu vermitteln und fungiert als eine Art emotionaler Kitt für die Freundinnen. Doch auch Thea hat Probleme: ihr Sohn Carl, einst unfreiwillig gezeugt von Juniorchef Ludwig, gerät bedauerlicherweise zunehmend in dessen Fokus.

    Die Spannungen zwischen den beiden ungleichen Brüdern Jacob und Ludwig erzeugen eine spannende Grundstimmung, die für den weiteren Verlauf der Geschichte wichtig und einnehmend wird. Der Spannungsbogen steigert sich bis zu einem fulminanten (Zwischen-)Schluss, in dem die eine, schwerwiegende Frage beantwortet wird: wird das Lichtenstein auf Ludwigs Pakt mit der NSDAP einsteigen und fortan Braunhemden für die SA produzieren und verkaufen? Dabei ist bis kurz vor dem Ende dieses zweiten Bandes nicht klar, wie dieser Konflikt wohl entschieden wird und man mag gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören.

    Gut gefallen hat mir, dass ich trotz großer Personenzahl nie Schwierigkeiten hatte, die einzelnen Figuren und ihre Beziehungen untereinander zu verorten und einzuordnen. Ein Personenregister am Beginn erleichtert nach längerer Lesepause seit Band 1 den Wiedereinstieg – außerdem verfügt der Roman über ein umfangreiches Glossar mit wichtigen Begriffen aus der Kaufhaus- und Modewelt.

    Der historische Kontext ist hervorragend recherchiert, historische und politische Umbrüche und Begebenheiten sowie eine Verflechtung von realen und fiktiven Personen und Institutionen machen den Roman zu einem ausgezeichneten Lesegenuss.

    Ein wahrer Pageturner, den man gelesen haben muss – ich kann es kaum erwarten, im nächsten Jahr endlich in Band drei einsteigen zu können!
    Bevor ich mein Herz in deine Hände lege Jody Hedlund
    Bevor ich mein Herz in deine Hände lege (Buch)
    04.10.2021

    Zweiter Teil der Reihe mit liebevoll gestalteter Geschichte und spannender Handlung. Absolut verdiente Leseempfehlung!

    Buchinhalt:

    Mit einem sogenannten Brautschiff kommt die junge Arabella im 19. Jahrhundert von England nach Kanada, auf der Flucht vor einer Zwangsheirat in der Alten Welt. In British Columbia hat sie sofort zwei Verehrer: den selbstgefälligen Marineleutnant Drummond und den hart arbeitenden Bäcker Pete. Von diesem ist Arabella zunächst wenig angetan, bewegte sie sich doch bislang in betuchten Kreisen. Als sie dann aber ein vom Stamm zurückgelassenes, krankes Indianerkind findet, kommen sie und Pete sich bei dessen Pflege näher und Arabella lernt, dass innere Werte und ein guter Charakter mehr zählen, als sozialer Status…


    Persönlicher Eindruck:

    Jody Hedlund ist immer ein Garant für spannende, warmherzige Geschichten mit christlichen Grundtönen, ich kenne schon viele ihrer Romane. Im zweiten Teil ihrer Brautschiff-Saga lernt der Leser diesmal die betuchtere Gruppe der Frauen kennen, die in der Neuen Welt eine Zukunft und einen Ehemann suchen.

    Hauptfigur ist Arabella, eine junge Frau aus wohlhabenden Verhältnissen, die vor einer erzwungenen Ehe mit einem brutalen Mann aus England flieht. Die Narben an ihrem Körper erinnern sie täglich an die schlimmen Erlebnisse, dennoch sucht sie ihrem Zukünftigen zunächst unter den wohlhabenden Männern von Victoria und unter den Offizieren. Eine Beziehung mit einem Mann aus einem niederen Stand kann sie sich zunächst nicht vorstellen.

    Die beiden Männer in der Dreiecksgeschichte sind zum einen der Marineleutnant Drummond und der Bäcker Pete, zwei völlig unterschiedliche Charaktere. Drummond ist selbstgefällig und rücksichtslos, er trägt Schuld daran, dass zahlreiche Indianerstämme in der Pockenepidemie ausgerottet wurden und entwickelt sich im Laufe der Handlung zum Bösewicht schlechthin. Bäcker Pete hingegen ist warmherzig, schwer arbeitend und hat einen guten Charakter. Er lebt Arabella christliche Tugenden wie Nächstenliebe, Gottvertrauen und das Zurückstellen des eigenen Wohls vor und gerät dabei unter Drummonds Vorherrschaft mächtig unter Druck.

    Arabella ist lange schwer von Begriff, was ihre Beziehung zu den beiden Verehrern anbelangt: ich hätte sie an manchen Stellen am liebsten geschüttelt. Wie sie das Indianerkind pflegt und nach und nach selbständig wird und aus ihrem Standesdünkel herauswächst, war authentisch und berührend erzählt, mir hat ihre Entwicklung über die Handlung hinweg sehr gefallen.

    Der Schreibstil ist eingängig, liebevoll und berührend, ich habe das ganze Buch tatsächlich in einem Rutsch gelesen und würde am liebsten beim dritten Band weiter machen. Von der Handlung her gesehen kann das Buch gut für sich alleine stehen und ohne Vorkenntnisse gelesen werden, es tauchen aber viele Figuren, die die Leser bereits aus Band 1 kennen, wieder auf und machen das Leseerlebnis dadurch zu einem Wiedersehen mit lieb gewonnenen Figuren.

    Ein wirklich herzerwärmender, spannender Roman mit christlichen Werten und liebevoll gezeichneten Figuren, den ich wärmstens weiter empfehle. Hervorragende Literatur, für mich ein Meisterwerk!
    The Chosen Staffel 1 Dallas Jenkins
    The Chosen Staffel 1 (DVD)
    04.10.2021
    Bild:
    5 von 5
    Extras:
    5 von 5
    Ton:
    5 von 5

    Berührender Auftakt in die Serien-Verfilmung der Botschaft Jesu – mit toller historischer Recherche und sympathischen Charakteren

    Inhalt:

    Lebendig, bildhaft und unglaublich authentisch erzählt die erste Serien-Verfilmung vom Leben Jesu, doch nicht so, wie zahlreiche Bibelverfilmungen vorher. „The Chosen“ erzählt die Evangeliumsgeschichte aus dem Blickwinkel derer, denen Jesus begegnet und die mit ihm unterwegs sind. Die Doppel-DVD enthält die 8 Episoden der ersten Staffel der als ein Medienphänomen durchgestarteten Serie und trägt den prägenden Satz: „Gewöhn Dich an anders!“. Ein Zitat, das Programm ist: das Leben derer, die Jesus in ihr Leben lassen, wird sich grundlegend verändern.

    Persönlicher Eindruck:

    Diese grundlegende Veränderung des „Gewöhn Dich an anders!“ merken in dieser ersten Staffel nicht nur Simon, ein Fischer vom See Genezareth, der unter seinen Steuerschulden fast vor dem Ruin steht sondern auch Maria aus Magdala, eine junge Frau, die von ihren ganz eigenen Dämonen getrieben wird, genauso, wie der Pharisäer Nikodemus, dessen ganzes Weltbild in Frage gestellt wird und der Steuereintreiber Matthäus, ein Mann, der unter seinen Zwängen und seiner Ausgestoßenheit aus der Gesellschaft leidet. Das Leben von ihnen und all den anderen, die dem Mann aus Nazareth begegnen, steht vor einem alles verändernden Wandel.

    Mir hat sehr gut gefallen, wie der Film das damalige Leben, den Alltag der Menschen und ihre Werte und Überzeugungen einfängt. In den einzelnen Episoden taucht man als Zuschauer sofort ein in die Welt, in der Jesus gelebt und gewirkt hat, sie vermitteln eine warmherzige, einladende Botschaft. Das Konzept ist stimmig und zeigt keinen verklärten Gottessohn, der unerreichbar auf einem Sockel steht sondern Jesu menschliche, humorvolle, verletzliche Seite. Und genau das macht diesen Film so besonders: Jesus ist hier ein Mensch unter Menschen und gerade das macht es dem Zuschauer so einfach, sich mit ihm und dem, was er verkörpert, zu identifizieren.

    „The Chosen“ ist insgesamt auf mehrere Staffeln ausgelegt und besticht durch hervorragende historische Recherche, sympathische Darsteller, packende Spannung und einen engen Bibelbezug. Bekannte Geschichten wie das Fischwunder, die Hochzeit zu Kana oder auch die Heilung des Gelähmten, der nach der Begegnung mit Jesus aufsteht und wieder gehen kann sind genauso Teil dieser ersten Staffel, wie auch viele kleine, alltägliche Zwischentöne, die die Geschichte so lebendig und wunderbar bildhaft machen.

    Für mich ist diese wahrhaft gelungene Mischung aus historischen Details, biblischem Inhalt und berührenden Charakteren ein absoluter Genuss, den ich auf jeden Fall weiter empfehlen möchte. Ich hoffe, dass es bis zur zweiten Staffel nicht mehr so lange dauert – ich kann es kaum erwarten!

    Das Haus der Düfte Das Haus der Düfte (Buch)
    03.10.2021

    Spannende Familiensaga rund um die Parfümherstellung im Frankreich, vielschichtig und mitreißend. Hat mir sehr gefallen!

    Buchinhalt:

    Seit frühester Jugend hat Anouk nur einen Wunsch: Parfumeurin zu werden. Als sie in den 50er Jahren mit ihrer Mutter in Paris ankommt, umweht das Mädchen ein verführerischer Duft und sie kann nicht sagen, woher er kommt. Das unbekannte Parfüm begleitet Anouk fortan, auch als sie mit 20 Jahren nach Grasse reist, um bei der berühmten Parfümdynastie Girard eine Ausbildung zu beginne. Dort gerät Anouk zwischen die Fronten einer jahrzehntealten Familienfehde zwischen den Girards und den Bonnets – und ahnt nicht, dass ihr eigenes Leben damit enger verbunden ist, als sie sich vorstellen kann….


    Persönlicher Eindruck:

    Pauline Lamberts Buch „Das Haus der Düfte“ entführt den Leser nach Frankreich, in die berühmte Parfümstadt Grasse, zwischen Lavendel- und Rosenfelder. Man hat förmlich all die Wohlgerüche in der Nase, die Hauptfigur Anouk riecht, ein Mädchen mit dem sogenannten absoluten Geruchssinn. Jeder Duft, jedes Parfüm, das Anouks Nase einmal gestreift hat, bleibt mit allen Einzelbestandteilen für immer in Anouks Gedächtnis – also die beste Voraussetzung für die junge Frau, als Parfumeurin groß heraus zu kommen.

    Die Autorin schafft es vortrefflich, ihre Leser mitzureißen und mitzunehmen in eine Familiengeschichte, die über mehrere Generationen reicht und Grundlage für eine vielschichtige Handlung bietet. Der Plot erstreckt sich über vier Generationen und auch ohne Stammbaum oder Personenregister hatte ich keinerlei Probleme, dem Geschehen immer und überall zu folgen.

    Anouk als Hauptfigur hat Identifikationspotential, sie weiß, was sie will und hat einen guten Charakter; der Leser begleitet sie und andere Hauptpersonen in angenehmer Art und Weise. Ich mochte das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen, als ich einmal mit dem Lesen begonnen hatte: die Geschichte nimmt einen dermaßen gefangen, so dass man immer weiter und weiter lesen möchte.

    Zwei Familien bestimmen das Geschehen rund um die Parfümstadt Grasse in Südfrankreich: zum einen die Girards, eine große und weit über die Grenzen Frankreich hinaus bekannte Parfüm-Manufaktur, aus der die edelsten Düfte sogar die russische Zarin einst beglückten. Gegründet von Florence und Horace Girard erwarb sich die einst kleine Firma im Laufe der Zeit Weltruf.

    Zum anderen die Familie Bonnet, ihrerseits Lavendelbauern und Destilleure, von denen Girard zu Beginn ihre Ingredienzen beziehen. Durch einen Streit der beiden Patriarchen entsteht fortan eine Familienfehde, die Jahrzehnte dauern sollte.

    Diese Zusammenhänge und Anouks Verstrickungen und Vergangenheit (von der sie nichts weiß) steiger den Spannungsbogen kontinuierlich und sorgen für zahlreiche in sich stimmige Aha-Effekte.

    Ich wusste vorher wenig über die Parfümherstellung, über all die Öle und Stoffe, die einen Duft so einzigartig machen. Durch die hervorragende Recherche der Autorin, sowohl Fachliches als auch die Örtlichkeiten betreffend, rollte sich vor mir eine Familiensaga auf, die mich absolut begeistert hat.

    Mein Fazit: ein Buch, das an keiner Stelle enttäuscht und das man wirklich gelesen haben muss: eine absolute Leseempfehlung, 5 Sterne!
    Die Mädchenbibel Martina Steinkühler
    Die Mädchenbibel (Buch)
    30.09.2021

    Nacherzählung vieler Bibelgeschichten aus Frauensicht – mit Schwerpunkt Altes Testament. Spannend und mit fiktiven Bestandteilen. Lesenswert

    Buchinhalt:

    Aus der Sicht der weiblichen (Neben-)Figuren erzählt Autorin Steinkühler hier zahlreiche biblische Geschichten des Alten und Neuen Testaments neu – und aus Frauensicht. Wer waren die Mütter, Schwestern, Ehefrauen und Mägde der biblischen Helden? Was dachten sie und welchen Einfluss hatten sie auf Abraham, Isaak, Jakob, Moses, Johannes den Täufer und schließlich Jesus selbst? Ein spannender Einblick in die Welt der Bibel!


    Persönlicher Eindruck:

    Es ist ein interessanter Ansatz, den die Autorin hier verwirklicht: aus der Sicht der Frauen, die untrennbar zu den biblischen Männerfiguren gehörten, aber nur spärlich oder gar nicht genannt wurden, erzählt sie bekannte und unbekanntere Bibelgeschichten nach, mit ganz eigenen Schwerpunkten und Überlegungen. Wer waren die Frauen und Mädchen, die Mütter, Schwestern, Mägde und Gefährtinnen von Abraham, Moses & Co? Wie erlebten sie die Ereignisse, von denen Altes und Neues Testament erzählen?

    Spannend und tiefgängig erzählen teils fiktive Frauengestalten von den Anfängen des Volkes Israel, von Abrahams Aufbruch in das Land der Verheißung, von Moses‘ Auszug aus der Knechtschaft Ägyptens aber auch von eher unbekannteren Geschichten rund um Simson, dessen Stärke in seinem Haar gelegen war, von der Richterzeit oder den Tagen von Midian.

    Der Schwerpunkt der einzelnen Geschichten liegt hier eindeutig auf dem Alten Testament, das Neue Testament kam in meinen Augen leider etwas zu kurz. Die Geschichte Jesu ist nur eine Momentaufnahme, das gefiel mir jetzt nicht so gut. Auch hatte ich etwas Probleme mit der Vorstellung, dass Jesus in dieser Nacherzählung mehrere Schwestern gehabt haben soll – vieles ist trotz großem und recht genauem Bibelbezug dann eben doch schriftstellerische Freiheit und Fiktion der Autorin.

    Andererseits: gerade die weitergehenden Gedanken, wie man als Frau das Ganze in der damaligen Zeit wohl sah, macht das Buch zu einem spannenden und interessanten Werk, das man nur schwer wieder aus der Hand legen kann, hat man einmal mit dem Lesen begonnen. Die Beschreibung der Lebensverhältnisse der biblischen Zeit wurde authentisch und tiefgängig vermittelt, das tägliche Leben der Menschen und die Stellung der Frau deutlich und anschaulich.

    Textverweise zu den zugrunde liegenden Bibelstellen wurden an vielen Stellen vorgenommen, im Glossar des Anhangs sind alle Bibelbezüge zum Nachlesen genannt.

    Schön fand ich die wenigen aber sehr ansprechenden Illustrationen und die moderne Textgestaltung, die die einzelnen Kapitel mit Hilfe von fettgedruckten zentralen Sätzen der Botschaft nochmal in kleinere Abschnitte gliedert. So eignet sich das Buch prima zum selber lesen, für Lesekreise und Jugendarbeit – wobei ich eindeutig betone, dass es (obwohl für eine Zielgruppe ab 12 Jahren geschrieben) sich auch wunderbar für den erwachsenen Leser eignet und nie langweilig wird.

    Mein Fazit: eine spannende und interessante Nacherzählung bekannter Bibelstellen, angereichert mit fiktionalen Bestandteilen aus der Feder der Autorin – mit viel Stoff für anschließende Gespräche, zum Reflektieren und als Anstoß, das Buch der Bücher mal wieder ausführlicher zur Hand zu nehmen. Eine Leseempfehlung für alle Altersgruppen!
    Besser machen Sven Plöger
    Besser machen (Buch)
    26.09.2021

    Dialog zur Klimakrise, leider ohne neue Erkenntnisse und nur wenig Ausführliches zu Wetter und Klima. Ich hatte etwas anders erwartet.

    Buchinhalt:

    In einem lockeren Dialog beleuchten Diplom-Meteorologe Sven Plöger und World-Vision-Chef Waffenschmidt die Probleme des Klimawandels, dessen Auswirkungen auf die Welt und das Thema Entwicklungshilfe. Die alles umspannende Frage lautet: Wie lässt sich die Welt und somit die Zukunft aller besser machen?


    Persönlicher Eindruck:

    Sven Plöger ist mir (und sicher vielen anderen Lesern) bestens bekannt als Diplom-Meteorologe und ARD-Wetterfrosch. Sein Wissen über Wetterphänomene und Klimawandel ist allseits bekannt, als Wetter-Zugpferd ist Plöger gerne gesehener Gast in Talkshows und Wissensmagazinen. Daher war ich gespannt auf seinen Blick auf die Wetterphänomene, die mit dem nicht mehr zu leugnenden Klimawandel einhergehen und erhoffte mir tiefergehende Einblicke in das Thema Meteorologie und das, was wir als Einzelne tun können.

    Weit gefehlt! Zusammen mit Christoph Waffenschmidt, dem Deutschland-Chef der Hilfsorganisation World Vision entfaltet dieses Buch einen Dialog mit Schwerpunkt Entwicklungshilfe und Dritte Welt, die heute ja „Eine Welt“ genannt wird und die hier als primär Betroffene des Klimawandels präsentiert wird. Erst ziemlich gegen Ende kommt die westliche Welt zur Betrachtung hinzu.

    Plöger ist dabei nur mehr oder weniger das prominente Zugpferd, da dessen Gesicht der breiten Masse bekannt ist – leider ist der Wettermann in meinen Augen hier nur ein schmückendes Beiwerk. Schade, aber als zukünftiger Leser sollte man das wissen beim Kauf der vorliegenden Debatte zweier Herren, die eigentlich nur den einen wirklich zu Wort kommen lässt.

    Der Dialog zwischen Plöger und Waffenschmidt ist recht locker, er liest sich leicht und ohne große Schwierigkeiten. Themen sind dabei die Situation mehrerer afrikanischer Länder, die globalen Flüchtlingsströme, weltweite Ernährung, Corona-Pandemie und Nachhaltigkeit. In separaten Infoboxen vermittelt das Buch interessante Fakten zu im Text genannten Fachausdrücken, Organisationen und Schlagwörtern.

    So weit, so gut. Doch es gibt auch Kritik von meiner Seite:

    Punkt 1) Wozu das viele Larifari? Was interessieren mich die Sitzsäcke der beiden Gesprächspartner, ihre Schokobonbons, ihr gemeinsamer Grillabend? Natürlich versucht das Buch, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, bei der der Leser das Gefühl haben soll, dabei zu sein. Für mich war diese Pseudo-Coolness aber eher deplatziert und zu konstruiert-bemüht. Ein solches Buch muss mit Fachwissen glänzen, um überzeigend zu wirken!

    Punkt 2): Ein Kapitel des Buches zur Nachhaltigkeit und energetischer Gebäudesanierung geht so weit, dass es Kaltfallenlassen von Häusern in der Abwesenheit der Bewohner als energetisch sinnvoll beschreibt. Das ist nicht richtig. Gerade bei älteren Häusern ist der Energieaufwand, ein kalt gefallenes Haus wieder warm zu kriegen, deutlich höher, als durchgehendes Heizen.

    Punkt 3): Die viel gelobte Wärmepumpe. Sie ist eben nicht überall sinnvoll. Energetisch und finanziell lohnt sie sich nur bei Neubauten mit dementsprechend konzipierter Isolierung, die Isolierung älterer Häuser funktioniert anders, Wärmepumpen können hier energetisch und finanziell nicht sinnvoll betrieben werden. Davon kein Wort in vorliegendem Buch.

    Punkt 4): Letztendlich fehlt mir ein Stück weit auch eine kritische, differenzierte Betrachtungsweise. Ja, der Klimawandel findet statt, und ja, wir alle müssen unsere Gewohnheiten ändern. Aber kein Kleinprojekt, kein Land kann die Welt im Alleingang retten. Wenn die großen Industrienationen und die Schwellenländer nicht zusammen an einem Strang ziehen, ist jedes noch so gut gemeinte und durchaus löbliche Kleinprojekt nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

    Mein Fazit: Im Grunde bietet das Buch viele Allgemeinplätze, aber keine wirklich neuen Erkenntnisse. Der Wegweiser in eine lebenswerte Zukunft bot für mich zu wenig konkrete Maßnahmen für mich als Individuum. Dass Plöger letztendlich mehr oder weniger nur als Sprachrohr für Waffenschmidts Organisation fungierte, hat mich ehrlich gesagt enttäuscht.
    Das Lied der Grünen Insel Das Lied der Grünen Insel (Buch)
    25.09.2021

    Relativ zäher Roman mit 3 Zeitlinien, die sich mit Irland und der Unabhängigkeit dreier Frauen beschäftigt. Bin nicht so begeistert...

    Buchinhalt:

    Drei Frauengeschichten – drei Schicksale: Während in der Gegenwart Laine Forrester einen Neuanfang in ihrem Leben wagt und mit ihrer besten Freundin Ellie nach Irland aufbricht, um deren Vergangenheit aufzurollen, strebt die junge Issy im Jahre 1916 nach Unabhängigkeit von vorhandenen Konventionen. Issys Leidenschaft ist die Fotografie, obwohl es als Frau in dem Metier mehr als schwer ist, Fuß zu fassen, zumal der Erste Weltkrieg seine Schatten auch auf Irland wirft. Maeve hingegen findet sich mitten in der irischen Rebellion von 1798 wieder. Einer Zeit, in der Irland mehr als je zuvor und danach nach Unabhängigkeit strebte….


    Persönlicher Eindruck:

    Auf drei Zeitebenen erzählt Autorin Cambron von drei ganz unterschiedlichen Frauenfiguren, die eine Tatsache vereinen, trotz der Jahrhunderte, die die drei trennen: alle streben nach Unabhängigkeit, einem Neuanfang und sind konfrontiert mit ihrem eigenen Schicksal, als auch mit dem der Gegend, in der sie sich befinden.

    Allgegenwärtiger Schauplatz ist Irland, die „Grüne Insel“, die über die Jahrhunderte mehr als einmal nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung strebte. Ein kleiner Ort innerhalb der drei zunächst getrennten Handlungen, der immer wieder auftaucht, ist ein Pub, der die Zeiten scheinbar überdauert und von seinen Besitzern seit 300 Jahren weiter geführt wurde. Interessant fand ich die Beschreibung, dass Frauen früher nicht in Pubs gehen durften und es sogenannte Klausen gab, abgegrenzte Bereiche, die Männern vorbehalten waren und in denen nicht nur Bier getrunken sondern auch Geschäfte abgewickelt wurden. Scheinbar trennt in einem echten irischen Pub diese Tradition auch heute noch die Geschlechter.

    Gerade in der ältesten der drei Geschichten erfährt man als Leser viel über den Unabhängigkeitskampf der Iren, die irische Freiheitsarmee ist Dreh- und Angelpunkt des Plots. Mittendrin steckt Eoin, den Protagonistin Maeve in ihrem Schloss versteckt und der mehr zu sein scheint, als er vorgibt.

    Die mittlere Geschichte rund um Issy fand ich nicht ganz so interessant, aus dem Plot im Ersten Weltkrieg hätte man mehr machen können und ich glaube auch nicht, dass man als weibliche Fotografin (heute würde man vielleicht Fotojournalistin sagen) solch ein Exot war, wie hier beschrieben. Frauen hatten damals schon mehr Rechte, als noch im 18. Jahrhundert – allerdings weiß ich nicht, ob Irland dem Kontinent da eventuell noch hinterherhinkt.

    Die Gegenwartsgeschichte gibt meiner Meinung nach am meisten her, Laine und ihre krebskranke Freundin Ellie sowie die mysteriöse Erbschaft der Familie in Irland hätten für sich allein gestellt schon einen spannenden Roman geben können.

    Wo wir dann auch beim Problem wären: der Roman liest sich trotz aller interessanten historischen Details sehr zäh und aufgrund der vielen fremd klingenden Namen und Familienclans bleiben die Figuren weitestgehend blass und eindimensional. Ich hatte vielfach nicht das Gefühl, zu wissen, wie die alle zusammengehören – ein dickes Minus für eine Geschichte, die mit zwei oder nur einer Zeitlinie in meinen Augen wesentlich besser gefahren wäre. Ich finde nicht, dass es dem Roman guttut, so viele Epochen zu beleuchten, dafür sind die 400 Seiten einfach zu kurz, um drei Geschichten mit Tiefgang auszustatten, so dass sie auch länger im Gedächtnis bleiben.

    Der christliche Aspekt des Romans war so gut wie nicht vorhanden, für einen Roman aus einem christlichen Verlag empfand ich den Glaubendbezug hier als zu gering.

    Alles in allem ein Roman, den man lesen kann, wenn man sich für die Geschichte Irlands interessiert, der aber nicht lange im Gedächtnis nachhallt und sich während es Lesens leider zieht und zieht. Wirklich begeistert war ich ehrlich gesagt nicht.
    Der schwarze Winter Der schwarze Winter (Buch)
    20.09.2021

    Zwei Schwestern im kriegszerstörten Hamburg der Nachkriegszeit: authentische Erzählung aus dem Hungerwinter 1946

    Buchinhalt:

    Deutschland im Hungerwinter 1946: die beiden aus Danzig vertriebenen Schwestern Silke und Rosemarie fliehen von dem Bauernhof, dem sie zugeteilt wurden und den prekären Lebensumständen dort, geprägt von den Übergriffen des Bauern und dem allgegenwärtigen Hunger. Die beiden Mädchen verschlägt es in das zerbombte Hamburg, wo sie Fuß fassen und sich über den Schwarzmarkt am Leben erhalten. Zusammen mit dem „schiefen Hannes“, einem Friseur und Schwarzmarkthändler, eröffnen sie schließlich eine Bar für die englischen Besatzer….


    Persönlicher Eindruck:

    Mit „Der schwarze Winter“ gelingt Autorin Lindemann ein bildgewaltiger Einblick ins kriegszerstörte Nachkriegsdeutschland, in jenen Winter 1946, der als Hungerwinter in die Geschichte einging und zahllosen Menschen das Leben kostete.

    Die beiden Hauptfiguren dabei sind die Schwestern Silke und Rosemarie, zwei aus Danzig vertriebene junge Frauen, die beispielhaft für so viele Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten stehen. Von den Einheimischen als „elendes Flüchtlingspack“ beschimpft arbeiten die beiden Frauen unter katastrophalen Lebensbedingungen auf einem Bauernhof.

    Silke und Rosemarie bringen allein durch ihre Lebensgeschichte ein authentisches Stück deutscher Geschichte in diesen Roman mit. Besonders durch ihre übereilte Flucht von dem Hof und ihren Neuanfang im zerstörten Hamburg entsteht ein Spannungsbogen, der den Leser nur so durch die Seiten des Romans fliegen lässt. Hier fand ich besonders packend, wie die Autorin das Leben zwischen Notunterkunft und Schwarzmarkt beschreibt. Auch die männlichen Hauptfiguren wie der Friseur Hans oder der Schwarzhändler Tönnes empfand ich als authentisch und lebensecht.

    Ein bisschen gefehlt hat mir allerdings im Lauf der Handlung die Tiefe bezüglich des historischen Kontextes. Nach einer Weile geht einem beim Lesen nämlich das Thema Weltkrieg und Kriegselend weitgehend ab, die Kulisse des Nachkriegs-Hamburg wurde zunehmend nur noch eine Randerscheinung. Einige Fragen bleiben auch nach dem Lesen: warum muss Tönnes überhaupt aufs Land zum „hamstern“, wenn er in seiner Unterkunft ein so reichhaltiges Warenlager und anscheinend alles hat, was man braucht?

    Die Geschichte um die Bar, die die beiden Schwestern im Auftrag ihres Freundes Hans führen, fand ich spannend, ebenso das mehr als packende Drama um Rosemarie zwischen Ehrbarkeit und Rotlichtviertel. Besonders spannend wird es im letzten Drittel, in dem ein Kriminalfall die Handlung dominiert und für Gänsehaumomente sorgt.

    Mich hat das Buch auf jeden Fall gut unterhalten und sorgte mehr als einmal für packende Spannung, auch wenn ich mir an einigen Stellen noch mehr historischen Bezug und Tiefgang gewünscht hätte. Alles in allem ein lesenswerter historischer Roman mit sympathischen Protagonisten, den ich gerne weiter empfehle.
    Die Wunderfrauen - Freiheit im Angebot Stephanie Schuster
    Die Wunderfrauen - Freiheit im Angebot (Buch)
    18.09.2021

    Dritter Band der Geschichte um die vier Freundinnen und ihre Familien. Hat mich super unterhalten!

    Buchinhalt:

    Die Geschichte um die vier Freundinnen Luise, Helga, Marie und Annabell ist inzwischen in den 70er Jahren angekommen. Längst ist von vielen Träumen der Lack abgeplatzt – so zum Beispiel bei Luises Tante-Emma-Laden. Die Supermarktkonkurrenz ist der Todesstoß für das kleine Lädchen, doch auch ihre Ehe mit Hans liegt in Trümmern. Helga ist inzwischen Frauenärztin mit eigener Praxis, aber auch ihr Leben ist in einer Sackgasse angekommen. Als Annabell in der Familiengeschichte der Knaups und von Thalers forscht und die Wahrheit über das jüdische Ehepaar Kleemann ans Licht bringt, machen sich die Freundinnen auf einen Roadtrip über Paris ins geteilte Berlin….


    Persönlicher Eindruck:

    Auch nach nunmehr drei Bänden besticht die Frauen- und Familiengeschichte noch immer durch die Natürlichkeit und Heimeligkeit, die die Autorin gekonnt einsetzt, um den Leser zum Teil ihrer Romanfamilie zu machen.

    Dreh- und Angelpunkt ist auch diesmal der Gemischtwarenladen von Luise Dahlmann in Starnberg, wenn auch der Zahn der Zeit an den alten Träumen nagt. Nicht nur Luise hat so einige familiäre Kämpfe auszufechten, auch Marie, die nach Martins Tod den Hof in einen Reiterhof umgebaut hat, hat mit der neuen Zeit zu kämpfen. Helga hat sich inzwischen selbständig gemacht und eine eigene Frauenarztpraxis eröffnet, doch noch immer schwebt über ihrem Leben die (Liebes-)Geschichte um den ehemaligen GI Jack, dem Vater ihres Sohnes. Und den will Jack jetzt unbedingt finden und kennen lernen.

    Den spannendsten Part hat jedoch Annabel inne, die nach dem Tod des Schwiegervaters die Familiengeschichte der von Thalers aufrollt. Was ist die Wahrheit über die mysteriöse Familie Kleemann, denen die Villa vor den von Thalers gehörte? Annabells Recherchen decken schließlich eine Verbindung auf zwischen Helgas Familie und ihrer und man erfährt als Leser, dass die vier Frauen und ihre Familien mehr miteinander verwoben sind, als bislang gedacht.

    Da der dritte Band in den 1970er Jahren spielt, ist das Olympia-Attentat von 1972 eines der historischen Themen, die die fiktive Geschichte gekonnt in eine historische Romanhandlung einbetten. Zusammen mit allerlei Musiktiteln, Fernsehsendungen und bekannten Produkten schafft die Autorin ein authentisches und mitreißendes Flair dieses Jahrzehnts. Ich fand es jedenfalls mehr als spannend, auch in scheinbar alltäglichen Kleinigkeiten in diese Epoche einzutauchen und eine vergangene Zeit bildhaft zu erleben.

    Themen wie Emanzipation und Selbständigkeit der Frau im Laufe der Zeit sind ebenso ein Thema wie Familiensinn und Freundschaft, Ehekrise und Neuanfang. Die Freundschaft der vier Frauen hält nun schon Jahrzehnte und man durfte als Leser dabei sein bei Höhen, Tiefen, der Geburt der Kinder und deren Heranwachsen. Das Ende des Romans ist in sich stimmig, aber offen genug, um eine weitere Fortsetzung möglich zu machen. Ich jedenfalls würde es mir wünschen – denn die einzelnen Familiengeschichten sind noch lange nicht zu Ende erzählt.

    Der spektakuläre Roadtrip der Frauen und die Erlebnisse auf demselben waren für mich eher Cliffhanger denn Schluss und so unterhielten mich der Roman und die gesamte Reihe vorzüglich. Eine absolute Leseempfehlung, das ist eine Jahrhundertreihe!
    Sturm in die Freiheit Sturm in die Freiheit (Buch)
    16.09.2021

    Packender und mitreißender Kriegsroman mit Nervenkitzel und viel Detailgetreue: Spannung pur, hat mich absolut begeistert!

    Buchinhalt:

    Deutschland 1943: U-Boot-Kommandant Wolf Littke wird in der britischen Kriegsgefangenschaft vor die Wahl gestellt: entweder das Todesurteil oder Teilnahme an einem Himmelfahrtskommando. Zusammen mit drei anderen Männern soll Wolf über Ostpreußen mit dem Fallschirm abspringen und dort ein Attentat auf Hitler in der berüchtigten „Wolfsschanze“ in die Wege leiten. Wolf bleibt nichts anderes übrig, als sich darauf einzulassen – auch wenn ihm seine neuen Kameraden zunächst mehr als suspekt sind. Trotz aller Widrigkeiten hält Wolf an dem Plan fest und befindet sich bald erneut auf der Flucht. Das Problem: er kann niemandem trauen….


    Persönlicher Eindruck:

    Mit „Sturm in die Freiheit“ ist Autor Jürgen Ehlers eine packende Mischung aus Weltkriegsroman und historischem Krimi gelungen, die ihresgleichen sucht. Bereits auf den ersten Seiten wird man als Leser in eine fesselnde, authentische und nervenaufreibende Handlung hinein gesogen, so dass man das Buch kaum mehr aus der Hand legen kann, hat man einmal mit dem Lesen begonnen.

    Im Vergleich zu anderen Romanen aus der derzeit so gefragten Epoche der beiden Weltkriege habe ich es als sehr angenehm und interessant empfunden, einmal einen Roman aus der Feder eines männlichen Autors zu lesen. Anders als die vielen Autorinnen im Historiengenre setzt Ehlers hier ganz andere Schwerpunkte: militärische Zusammenhänge und eine wirklich erstklassige Recherche verleihen dem Roman eine ungeahnte Brisanz und Spritzigkeit.

    Real existierende Personen und fiktive Charaktere werden zu einem packenden Plot verwoben, der durchgängige Spannung und Nervenkitzel für die Leser bereithält. Hauptfigur ist Wolf Littke, ein junger U-Boot-Kommandant und später mehr oder minder freiwilliger Anführer einer kleinen Gruppe von Agenten, die von den Engländern nach Ostpreußen geschickt werden, um ein Attentat auf Hitler durchzuführen.

    Wolf Littke ist pflichtbewusst und eine Heldenfigur, sein Gewissen ist für ihn das oberste Entscheidungskriterium. Er hat kein Scheuklappendenken, seine Mitmenschen sind ihm nicht gleichgültig: ein gutes Beispiel ist die Bergung Schiffbrüchiger gleich zu Beginn oder die Rettung der Jüdin Rahel aus dem KZ Auschwitz unter Einsatz des eigenen Lebens. Bei jeder dieser Aktionen stellt er seine Befehle und sein eigenes Schicksal hintenan, was ihm viele Sympathiepunkte und auch Identifikationspotential beim Leser einbringt. Andererseits erschien mir Wolf an vielen Stellen aber auch unglaublich naiv und gutdenkend. Genau das zeichnet ihn meines Erachtens als normalen Menschen aus Fleisch und Blut aus: Littke ist kein glorifizierter Held, er ist ein Mensch, der auch Fehler machen darf.

    Die Recherche für den Roman ist außergewöhnlich präzise und tiefgreifend. Im Nachwort steht der Autor Rede und Antwort bezüglich seiner Quellen, seine Fachkenntnis ist überzeugend. Gut gefallen haben mir die Beschreibung der damaligen Welt, des Lebens der Menschen, die Kriegsgeschehnisse und auch die militärischen Zusammenhänge, die wiederum in vielen anderen Romanen dieser Art etwas zu kurz kommen. Im Grunde ist „Sturm in die Freiheit“ wie ein Kriegsfilm, wobei der Plot wesentlich differenzierter und vielschichtiger aufgebaut ist.

    Das Ende präsentiert dem Leser die Auflösung vieler offener Handlungsfäden, lässt aber Raum für eigene Gedanken, Mutmaßungen und eine eventuelle Fortsetzung.

    Für mich ist das Buch absolut gelungen, ich habe im historischen Genre selten so eine gelungene Geschichte gelesen. Absolute Empfehlung, dieses Buch muss man gelesen haben!
    Das Grandhotel an der Alster Susanne Rubin
    Das Grandhotel an der Alster (Buch)
    10.09.2021

    Leichte, unaufgeregte Lektüre in zwei Zeitebenen. Plätschert so dahin ohne große Überraschungen.

    Buchinhalt:

    Der schottische Buchautor Ryan Maclane staunt nicht schlecht, als er eines Tages ein Schreiben von einem deutschen Notar erhält: Maclane soll ein Nobelhotel in Hamburg geerbt haben – er kann sich aber nicht erklären, wieso. Maclane ist nicht verwandt mit dem Verstorbenen und auch so kann er keine Verbindung zur Familie Jacoby herstellen. Gemeinsam mit der Geschäftsführerin Emily Magnussen versucht er schließlich, Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei kommen sich Ryan und Emily auch privat näher...


    Persönlicher Eindruck:

    Mit ihrem neusten Roman präsentiert Autorin Rubin eine Geschichte auf zwei zunächst getrennten Zeitebenen, die sich im Laufe der Handlung annähern und schließlich verbinden. Zentraler Schauplatz ist das Nobelhotel Jacoby am Hamburger Alsterufer, das seit Generationen von der Gründerfamilie geführt wird und weit über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt ist.

    Die historische Zeitlinie spielt in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, in dem Lina Jacoby das Hotel leitet und ihm nach dem Weltkrieg zu neuem Glanz verhilft. Linas Ehe mit Bruno ist zerrüttet, als Kriegsveteran trägt Bruno schwer an seinem Trauma und hat auch körperliche Einschränkungen. Nach Brunos Tod kümmert sich Lina aufopferungsvoll um ihren Sohn Max, hat aber eine zunächst heimliche Liebschaft mit ihrem Chefkoch Martin, einem verheirateten Mann.

    Die Hauptfiguren der Gegenwartsgeschichte sind Ryan Maclane und Emily Magnussen; ziemlich schnell zeichnet sich auch hier eine sich anbahnende Liebesgeschichte ab und natürlich nimmt Ryan die merkwürdige Erbschaft an, was zum Zerwürfnis mit den beiden leiblichen Kindern des Erblassers Max Jacobsen führt.

    Die Geschichte liest sich relativ unspektakulär und unaufgeregt. Die Beschreibung des Hotelgeschäfts, der täglichen Abläufe und der beteiligten Personen ist recht bildhaft, allerdings plätschert die Handlung auf weiten Strecken einfach so dahin, ohne dass etwas wesentlich Interessantes passiert.

    Mich hat gewundert, wie schnell sich Ryan in seine neue Funktion als Hotelchef einfügt und von jetzt auf gleich alle Zelte in Schottland abbricht. Wirklich authentisch ist für mich anders – ich glaube auch nicht, dass er als Autor sehr viel Ahnung von den wirtschaftlichen Zusammenhängen eines solchen Großunternehmens hat – da hilft ihm in meinen Augen auch nicht, dass ihm Emily als ehemalige Assistentin des verstorbenen Jacobsen hilfreich unter die Arme greift. Sei’s drum – interessanter war in meinen Augen sowieso die Vergangenheitsgeschichte.

    Das eigentliche Familiengeheimnis kommt erst relativ gegen Ende, natürlich löst sich einiges an offenen Fragen sowohl für Ryan als auch für den Leser. Trotzdem empfand ich die Geschichte eher wie sonntagabendliche TV-Unterhaltung á la Rosamunde Pilcher und insgesamt wenig spannend: es ist einfach ein leichter Roman für zwischendurch, den man aber durchaus lesen kann. Man hat allerdings auch nichts verpasst, wenn man es nicht tut.

    Alles in allem eine leichte Lektüre ohne sehr viel Anspruch, man hätte in meinen Augen wirklich mehr daraus machen können. Der Hit war’s jetzt nicht...
    Schwestern fürs Leben Sybille Schrödter
    Schwestern fürs Leben (Buch)
    05.09.2021

    Verwirrendes Tohuwabohu, das nicht lange im Gedächtnis haften bleibt. In meinen Augen nicht gelungen.

    Buchinhalt:

    Flensburg, kurz nach dem Ersten Weltkrieg: Das Rumhaus Danneberg, ein Familienbetrieb, leidet unter dem Mangel eines Nachfolgers. Der alte Danneberg hat lediglich vier Töchter, der Sohn ist im Krieg gefallen und es stellt sich nun die Frage: wer wird die Familientradition fortführen? Während Helene seit Kindesbeinen für das Rumhaus brennt, hat Vater Danneberg ganz eigene Vorstellungen von seinem Nachfolger. Auch die anderen Töchter streben nach ihrer eigenen Freiheit – und nach der Abkehr von einem inzwischen überholten Frauenbild….


    Persönlicher Eindruck:

    Ein Rumhaus in Norddeutschland, eine Familie mit vier Töchtern – schon allein das verspricht eine interessante und abwechslungsreiche Familiengeschichte. Zudem spielt der Roman in der Kriegs- und Zwischenkriegszeit, im Genre der historischen Romane eine derzeit sehr gefragte Epoche. Die beiden Faktoren waren es, die mich veranlasst haben, zu diesem Buch zu greifen.

    Wird die Geschichte meine Erwartungen erfüllen können oder wird sie kläglich scheitern? Diese Frage beschäftigte mich beim Lesen lange. Ich liebe historische Familiengeschichten zur Zeit der beiden Weltkriege, „Schwestern fürs Leben“ schien daher gut in meinen Lesegeschmack zu passen. Mir imponierten Setting und Schauplatz, denn über Rumhäuser in Flensburg wusste ich bis dato so gut wie nichts.

    Ein Personenregister im vorderen Buchteil gibt gleich zu Beginn Aufschluss, dass es sich um einen recht opulenten Roman mit vielen Personen und Verflechtungen handeln sollte – genau das ist aber auch die Achillesferse der Geschichte. Hauptfiguren sind die vier Danneberg-Schwestern Käthe, Helene, Elisabeth und Henriette. Dazu noch eine Cousine (Freya), die wie eine fünfte Schwester in der Familie aufwächst. Das Problem: jede der Frauen hat noch einen Spitznamen, die Autorin wechselt immer wieder zwischen beidem. Das war nicht gelungen, so schafft man höchstens heillose Verwirrung.

    Ich gebe offen zu: ich wusste oft nicht, wer gemeint war und wer zu wem gehörte, auch das Register war nur bedingt hilfreich. Schade, dass die Figuren bis zum Ende keine Tiefe erfuhren und für mich blass, austauschbar und ohne jedwedes Identifikationspotential blieben.

    Da die Handlung sich über insgesamt 25 Jahre erstreckt, kamen im Laufe der Geschichte noch jede Menge Ehemänner und Liebschaften hinzu, die Männer wurden teilweise durchgewechselt und dann kamen die Kinder. Das Gesamtkonzept mag für die Autorin stimmig und stringent sein – für mich war die Geschichte ein verwirrendes Tohuwabohu, das zuerst weit über 100 Seiten zäh und langatmig dahin plätscherte. Danach waren die Zeitsprünge zu groß, so dass es nahezu unmöglich wurde, der Handlung genussvoll zu folgen.

    Was den Schauplatz anbelangt, war ich etwas enttäuscht – denn das Rumhaus war im Grunde nur eine Randerscheinung. Das Hauptaugenmerk lag auf dem Leben der Schwestern, ihrem Wunsch nach Emanzipation und Selbstbestimmung, frei von Zwängen und alten Zöpfen. Die geschichtlichen Hintergründe waren zwar vorhanden, aber erzeugten keinen Spannungsbogen, so dass ich letztendlich enttäuscht war, mich fast 500 Seiten durchgearbeitet zu haben ohne am Schluss etwas aus dem Roman mitzunehmen.

    Schade, in meinen Augen ist die Geschichte trotz guter Idee nicht gelungen und blieb nach dem Lesen nicht lange im Gedächtnis. Mich hat der Roman jedenfalls nicht angesprochen, geschweige denn begeistert, daher kann ich leider auch keine Leseempfehlung aussprechen.

    The Chosen: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen Jerry B. Jenkins
    The Chosen: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen (Buch)
    30.08.2021

    Wunderbare, berührende und bildgewaltige Interpretation des Lebens Jesu in erzählender Form. Hervorragend!

    Buchinhalt:

    Die größte Geschichte aller Zeiten durch die Augen derjenigen erleben, die Jesus persönlich begegnen und mit eigenen Augen sehen, dass überall dort, wo er auftaucht, alles anders wird: das gilt für den einfachen Fischer genauso, wie für den Gelehrten. Fischer Simon, Maria aus Magdala, Pharisäer Nikodemus und Zolleintreiber Matthäus… in enger biblischer Anlehnung erzählt dieses Buch von ihrer Geschichte und dem Wirken von Jesus Christus in ihrer Mitte.


    Persönlicher Eindruck:

    Was für ein großartiges Buch, ich bin absolut begeistert!

    Dieser Roman basiert auf der ersten Staffel der TV-Serie „The Chosen“, die das Leben und Wirken Jesu in ganz neuer Art und Weise beleuchtet und erlebbar macht. Dabei beschreibt es die Evangeliumsgeschichte in erzählender Form und gibt dem Leser auf jeder Seite das Gefühl, selbst Teil davon und hautnah dabei zu sein.

    „Gewöhn Dich an Anders!“ Dieses Zitat ist Programm… denn auch wenn der uneingeschränkte Mittelpunkt der Geschichte Jesus ist, erzählt es die größte Geschichte aller Zeiten aus der Perspektive der Menschen, die ihm begegnen. Es sind die Menschen, die sich Jesus anschließen, die begreifen, wer er ist und die ihm fortan folgen wollen.

    Zum einen ist da Simon, ein Fischer vom See Genezareth. Durch die Steuern, die die römischen Besatzer der Provinz Judäa aufgedrückt haben, ist er hoch verschuldet. Doch wie soll er die Schulden abtragen, wenn er seit Tagen keinen Fisch mehr fängt? Nicht nur Simon steckt in großen Schwierigkeiten. Auch Maria, die mit ihren ganz persönlichen Dämonen zu kämpfen hat oder Nikodemus, ein hoher jüdischer Gelehrter, der plötzlich alles, an was er bislang glaubte, auf dem Prüfstand sieht.

    Es sind aber auch die kleinen, alltäglichen Begegnungen, die einen Blick geben auf den Mann, der alles neu machen will. Besonders gefallen hat mir die Episode mit der kleinen Abigail und ihren Freunden, die am Ufer auf jenen seltsamen Fremden treffen. Ist er ein Handwerker? Warum ist er hier? Fragen um Fragen stellen die Kinder und kommen täglich. Sie sind seine ersten Schüler. Zusammen mit den Kleinsten in der Gesellschaft erfährt man als Leser den zentralen Satz dieses Buches: „Ich bin nicht nur für die Reichen gekommen.“.

    Anders als so vieles andere auf dem christlichen Buchmarkt zeigt dieser Roman nicht nur den Gottessohn, sondern auch die menschliche Seite Jesu, die humorvolle, verletzliche. Er ist hier nicht entrückt, kein Messias auf Distanz. Er ist vor allem auch ein Mensch unter Menschen, was es dem Leser leicht macht, sich mit ihm und dem, was er sagt und tut, zu identifizieren.

    Egal, ob man die erfolgreiche TV-Serie The Chosen schon gesehen hat oder nicht, es wird nach wenigen Zeilen klar, welches Charisma und welche Botschaft Jesus ausstrahlt und vermittelt. Beides hallt noch lange nach dem Lesen nach und macht die biblische Geschichte erlebbar und lebendig.

    Neben der christlichen Komponente des Romans vermag es Jenkins vortrefflich, die damalige Welt in all ihren Facetten vor dem Auge des Lesers lebendig werden zu lassen. Dabei nimmt die Handlung immer wieder Rückbezüge zu alttestamentlichen Geschichten und ermöglicht einen direkten Bezug zwischen den biblischen Personen und Textstellen, die zitiert werden. Die Welt, in der Jesus aufwuchs und lebte, die jüdischen Traditionen, Bräuche und Feste, aber auch das Alltagsleben und die Art der Menschen wird in diesem Buch auf wunderbare Weise deutlich und lebendig.

    Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen und ich konnte es kaum beiseitelegen, als ich einmal mit Lesen begonnen hatte. „The Chosen“ vereint in noch nie dagewesener Weise Spannung, historische Details und biblischen Inhalt mit einer eingängigen, berührenden Art der Erzählung. Für mich ein absolutes Highlight, das man gelesen haben muss!

    Hervorragend in allen Punkten, ich kann es kaum erwarten, den nächsten Band in den Händen zu halten. Absolute Leseempfehlung mit voller Punktzahl!
    Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe Ulrike Renk
    Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe (Buch)
    28.08.2021

    Berliner Großbürgertum des 19. Jahrhunderts – für mich leider ohne jedwede Spannung und Gefühl. Eine Enttäuschung.

    Buchinhalt:

    Berlin gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Paula wächst auf als älteste Tochter der jüdischen Familie Oppenheimer. Das Leben im Großbürgertum der damaligen Zeit sieht für das Mädchen klare Grenzen vor, was ihre Zukunft betrifft. Als sie 16 Jahre alt ist, nimmt ihre Tante Auguste das Mädchen unter ihre Fittiche, von ihr erhält sie höhere Bildung und die Chance, etwas aus ihrem Leben zu machen. Über den jüngeren Bruder Franz kommt Paula eines Tages in Kontakt mit dem jungen Dichter Richard Dehmel. Wird sie mit ihm das Glück erfahren, nach dem sie sich in ihren Jungmädchenträumen immer gesehnt hat?


    Persönlicher Eindruck:

    Schauplatz des neuen Romans von Ulrike Renk ist Berlin im ausgehenden 19. Jahrhundert, das Großbürgertum, die Familie des Rabbiners Oppenheimer. Bildhaft beschrieben nimmt die Geschichte ihren Leser mit in eine Zeit, in der Standesgrenzen noch genau unterschieden wurden, jeder Haushalt, der was auf sich hielt, eine Köchin und Dienstmädchen hatte. Das Leben der Epoche wird mehr als deutlich, der reformiert-jüdische Haushalt der Oppenheimers zum zentralen Schauplatz.

    Uneingeschränkte Hauptfigur der Geschichte ist Paula, die Älteste von vier Kindern. Das innigste Verhältnis unterhält sie zu Franz, dem jüngeren Bruder, ansonsten weiß das Mädchen nicht wirklich, was die Zukunft mit ihr vorhat oder was sie vom Leben erwartet – bis eines Tages ihre Tante Auguste sich ihrer annimmt. Bei Tante Guste ist Paula angehalten, über sich und ihre Wünsche zu reflektieren, ja nahezu philosophisch alles, was sie denkt, fühlt und tut, zu hinterfragen.

    Klingt alles erst mal recht gut und vielversprechend. Dennoch ist der Funke nicht übergesprungen, die Geschichte konnte mich nicht mitreißen. Den Ausschlag gaben folgende drei Punkte der Handlung:

    Punkt 1: Das befremdlich innige Verhältnis von Bruder und Schwester, also von Fritz und Paula. Ständig ist die Rede von „Seelenbruder / Seelenschwester / herzallerliebstes Paulalein / allerliebster Fritz“. Ich empfand diese Nähe absolut nicht normal, auch nicht im 19. Jahrhundert. Schlimmer jedoch war die endlose Wiederholung dieser Floskeln. Irgendwann hat es jeder Leser begriffen. Danach nervt es einfach nur noch.

    Punkt 2: Die fehlende Vermittlung von Gefühlen. Die Geschichte vermochte es nicht, mir auf 500 Seiten irgendeine Emotion zu vermitteln. Erst recht nicht bei der eigentlichen Liebesgeschichte zwischen Paula und Richard in der zweiten Hälfte. Das fand ich jammerschade: ich hätte gerne teilgehabt in ihrer Liebe, die ich beim Lesen aber überhaupt nicht fühlen, nicht erspüren konnte.

    Punkt 3: Die ewige Wiederkehr des Gleichen. Der Roman beschreibt durchaus überzeugend das Leben der Menschen der damaligen Epoche. Das hat mir ohne Frage gut gefallen – aber es passiert leider immer wieder dasselbe, die Handlung dreht sich weite Strecken immer und immer im Kreis. Wer hier quer liest, hätte sicher nichts verpasst – ich tat es nicht, auf der Suche nach Raffinesse und Spannung, die aber leider nicht kam.

    Insgesamt sollte man erwähnen, dass es sich bei dem Plot um eine Mischung aus historisch verbürgten Personen und Tatsachen und einer (halb-)fiktiven Romanhandlung handelt. Ein durchaus spannender Ansatz mit Potential. Die Oppenheimers waren real, auch Dehmel und viele Weggefährten, die im Buch Erwähnung finden. Ein ausführliches Nachwort gibt Informationen zur Recherche der Autorin.

    Leider schafft es Ulrike Renk in meinen Augen nicht, richtige Spannung zu erzeugen, geschweige denn 500 Seiten lang aufrecht zu erhalten. Wenn ich ehrlich bin, hätte man das Ganze in der Hälfte auch erzählen können.

    Ich hatte wirklich große Erwartungen an diesen Roman, die leider so nicht erfüllt wurden. Es lag jedenfalls nicht an der Art, wie sich die Kreise rund um Literaten des 19. Jahrhunderts gaben oder ausdrückten. Vieles war für meinen Geschmack einfach zu hölzern.

    Trauriges Fazit: Mein Genre, aber nicht mein Buch. Ich war enttäuscht.

    Ein Koffer voller Schönheit Kristina Engel
    Ein Koffer voller Schönheit (Buch)
    26.08.2021

    Authentische Familiengeschichte der deutschen Wirtschaftswunderzeit – hat mir sehr gefallen!

    Buchinhalt:

    Lüneburg in den 50er Jahren: Annes und Bennos Ehe steckt in der Krise, die Kinder werden langsam flügge und ein neuer Wandel hält Einzug in der Bundesrepublik Deutschland. Während Benno sich von einem Schulfreund zur Gründung eines Möbelhauses überreden lässt, ist Anne alles andere als zufrieden mit einem Leben zwischen Küche und Kirche. Dann entdeckt sie bei ihrer Schwiegermutter einen kleinen roten Koffer: den Präsentierkoffer der Kosmetikfirma Avon. Anne würde zukünftig gerne die vielen Produkte daraus an die Frau bringen – doch für diese Freiheit bräuchte sie das Einverständnis ihres Ehemannes. Und der ist alles andere als begeistert….


    Persönlicher Eindruck:

    Die 50er Jahre haben die Wirtschaftswunderzeit eingeläutet und das Volk strebt nach Wohlstand und Neubeginn. Hier sind es die „kleinen Leute“, anhand derer der Leser Zeuge wird von dieser neuen Aufbruchsstimmung – diesmal nicht Fabrikanten, Hotelerben oder eben die Reichen. Die Familie, um die es in diesem Roman geht, das sind Vater Benno, einem Schreiner, seine Ehefrau Anna und die Zwillingen Lili und Leo. Beheimatet in kleinen Häuschen in Lüneburg und beispielgebend für zahllose andere Familien der deutschen Nachkriegszeit.

    Anna ist dabei die Hauptfigur, ihr Denken und ihr Leben prägt die Geschichte. Die Ehe des Paars steckt in der Krise, nicht zuletzt durch die Kriegstraumata, die Benno immer noch mit sich herumschleppt. Aber auch Bennos Streben nach Höherem steht der kleinen Familie im Weg – er ist eben ein Handwerker und nicht wirklich zum Geschäftsmann im neu gegründeten Möbelhaus gemacht.

    Geschäftsfrau – das ist das, was Annas Schwiegermutter Margarethe, eine recht unangepasste, moderne Frau und Friseurin des Ortes, für Anna im Sinn hat. Und so kommt Anna zum ersten Mal in Berührung mit Avon, jener amerikanischen Kosmetikfirma, deren Geschäftskonzept im Direktvertrieb im Haushalt der Kunden liegt. Margarethe entspricht übrigens so rein gar nicht dem üblichen „Schwiegermutter-Klischee“ und nimmt Anna schließlich unter ihre Fittiche.

    Zum Glück dreht sich in diesem spannenden Familienroman nicht alles um das Thema Kosmetik – das fand ich nämlich sehr angenehm. Annas Avon-Beraterinnen-Thema ist sachte in die Handlung mit eingeflochten, dominiert diese aber nicht und stellt die Familiengeschichte in den Mittelpunkt des Plots. Ehekrise, Vertrauensverlust und Kriegstrauma sind ebenso Thema wie Neuanfang, Versöhnung und die Emanzipation der Frau. Dadurch wird der Roman zum authentischen Sittengemälde derjenigen Generation, die den Zweiten Weltkrieg erlebt und nun eine neue Ära vor sich hat.

    Die Figuren sind liebevoll und mit Profil angelegt, gegensätzlich und doch wunderbar zueinander passend. Natürlich ist Schwiegermutter Margarethe unkonventionell und auch oft übergriffig, aber auf eine nette Art. Was mir nicht ganz so gut gefiel, war der schnelle Wandel im Denken bei Annas Eltern. An der Stelle sah man, dass so eine Geschichte und das Schicksal der einzelnen Figuren nicht so gut in nur einem Band erzählt werden kann und vieles dann eben nur an der Oberfläche kratzt.

    Alles in allem habe ich es sehr genossen, diesen Nachkriegsroman zu lesen – ein eingängiger Schreibstil und bildhafte Beschreibung der Lebensumstände, Träume und Wünsche der im Buch begleiteten Familie taten das Ihrige, den Spannungsbogen bis zum Schluss hoch zu halten.

    Fazit: eine Wirtschaftswundergeschichte ohne zwanghaftes Kleben an dem Avon-Beraterinnen-Thema, den ich guten Gewissens weiter empfehlen kann. Gelungen aus ganzer Linie!

    Das Auktionshaus Amelia Martin
    Das Auktionshaus (Buch)
    22.08.2021

    Für mich eine Enttäuschung, ich hatte mir wirklich mehr erhofft. Kein Meisterwerk, tut mir leid.

    Buchinhalt:

    Die 17jährige Sarah entstammt einer kinderreichen Arbeiterfamilie aus Londons Armenviertel Soho. Als Hilfskraft bei der Näherin Weaver, bei der auch Sarahs Mutter arbeitet, kommt sie in Kontakt mit Lady Sudbury, die das Mädchen schließlich als Gesellschafterin engagiert und unter ihre Fittiche nimmt. Unter ihrer Protektion entwickelt sich das ungelernte Mädchen ohne Schulbildung schnell zu einer klugen jungen Frau. Sarah tritt ein in die Welt der mondänen Londoner Auktionshäuser…


    Persönlicher Eindruck:

    Neben all den Landgütern, Hotels, Kaffee- und Teekontoren, die im Genre des historischen Romans gerade so „in“ sind, ist die Kulisse diesmal die Welt der Auktionshäuser. Dem Grundprinzip „Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen baut sich ein Leben jenseits des Armenviertels auf“ folgt auch diese Geschichte: ein durchaus eingängiges Konzept, aus dem schon zahlreiche spannende Romane erwuchsen.

    Hauptfigur ist Sarah, eine Paradeheldin, die aus einer kinderreichen Arbeiterfamilie entstammt und alle möglichen positiven Eigenschaften in sich vereinigt: Sarah ist wissbegierig, ehrlich, höflich, arbeitsam und sympathisch, sie hilft bei der Erziehung ihrer jüngeren Geschwister und stellt ihr eigenes Wohl stets hinten an. Als sie die Brosche einer reichen Dame, die diese bei Sarahs Arbeitgeberin vergessen hatte, zurückbringt, kommt sie in Kontakt mit Lady Sudbury, die fortan ihre Mentorin werden soll. Sarah tritt in deren Dienste und bekommt von der Lady fortan Bildung und eine Perspektive.

    Das klingt alles sehr schön und das ist es auch, leider mangelt es vielerorts an der Glaubwürdigkeit. Denn entweder ist Sarah ein Wunderkind oder die Geschichte einfach zu rosarot erzählt: Sarah lernt in drei Jahren mehrere Sprachen, lernt, sich in gehobener Gesellschaft zu bewegen und steigt im Nu vom Proletarierkind zur Sekretärin und später Expertin in einem Londoner Auktionshaus auf. All das nur mit ein paar Büchern und der Lady als „Lehrer“ – für mich war das ziemlich an den Haaren herbei gezogen.

    Der Einblick in die Welt der Kunst und des Auktionshandels war recht plastisch, auch die Beschreibung des prekären Zustände der Arbeiterschicht, in der Kinderreichtum und Armut, Perspektivlosigkeit und Alkoholismus oft Hand in Hand gingen, empfand ich als sehr bildhaft. Leider ließ genau diese Bildhaftigkeit nach etwa der Hälfte der Erzählung spürbar nach, was ich sehr bedauere.

    Mir fehlte zum einen die Tiefe in den Figuren, welche mit fortschreitender Handlung zunehmend austauschbar und blass wurden. Zum anderen fehlte mir die Authentizität. Dadurch, dass fast alles, was mit der Protagonistin Sarah und ihrer Entwicklung zusammenhängt, so unglaublich glatt und reibungslos, so vollkommen ohne Drama oder persönliche Rückschläge über die Bühne ging, wurde viel Potential einfach verschenkt. Wenn ich hier mit Romanen mit ähnlicher Ausgangslage für die Hauptfigur, wie z.B. der Helgoland-Saga von Anna Jessen vergleiche, blieb für mich „Das Auktionshaus“ leider nur ein seichter Historienroman, der mich nicht vom Hocker gerissen hat.

    Nebenfiguren mit Zündstoff und Dynamik für die Handlung starben entweder recht schnell durch Unfälle oder zogen heiratsbedingt weg, das gab mir beim Lesen das Gefühl, dass die Autorin nach kurzer Zeit nichts mehr mit ihren Charakteren anzufangen wusste und das Potential ihres Handlungskonzeptes nur hinter dem Thema Auktionshandel suchte. Dort ging die Luft aber sehr schnell aus und die Farblosigkeit und Austauschbarkeit der Nebenfiguren taten das ihrige. Gegen Ende hin dominierte einfach die Langeweile.

    Eine Frage bleibt: warum hetzt die Geschichte gerade zum Ende hin merkwürdig schnell durch die Handlung? Warum die Eile, musste das Buch schnell fertig werden? Für meinen Geschmack überhaupt nicht gelungen und eine Enttäuschung.

    Alles in allem war mir die Handlung für ein Buch dieser Länge einfach zu seicht, um wirklich zu begeistern. In meinen Augen ist „Das Auktionshaus“ lediglich ein flacher Unterhaltungsroman, der nicht lange im Gedächtnis haften bleibt.
    301 bis 325 von 702 Rezensionen
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