Authentische Familiengeschichte um eine Buchhandlung in der deutschen Nachkriegszeit.
Buchinhalt:
Berlin 1948: während die Stadt in Trümmern liegt und der Westteil über die Luftbrücke von den „Rosinenbombern“ versorgt wird, versuchen die beiden Schwägerinnen Ruth und Rosa die familieneigene Buchhandlung über Wasser zu halten. Bücher sind ein Stück weit Hoffnung, so das Motto von Ruth – doch niemand will den beiden Frauen so recht zutrauen, ohne ihre Männer den Laden zu betreiben. Dann taucht eines Tages Lore auf. Das Mädchen verbindet ein lang gehütetes Familiengeheimnis mit den Klingers – und die hat einige moderne Ideen für den Buchladen….
Persönlicher Eindruck:
Neben zahlreichen mehrbändigen Reihen im historischen Genre gibt es sie noch, die Einzelbände, die für sich allein stehend ein Stück jüngerer deutscher Geschichte lebendig werden lassen. So auch hier: es geht um eine Berliner Buchhandlung und drei Frauen, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit versuchen, ihren Mann zu stehen. Die Männer sind aus dem Krieg nicht zurückgekehrt und die Buchhandlung steht kurz vor dem Bankrott.
Die beiden Hauptfiguren der Geschichte sind Ruth, die Tochter der Buchhändlerfamilie, und Rosa, ihre Schwägerin. Während Ruth pragmatisch veranlagt ist und für den Laden brennt, ist Rosa eher unbeholfen im Buchhändlergewerbe, hat aber ein feines Händchen für die Kundschaft. Zusammen versuchen sie, die drohende Pleite abzuwenden. Nach einer Weile kommt die junge Lore hinzu, in Berlin völlig auf sich gestellt aber mit modernen Ideen, die Klinger‘sche Buchhandlung betreffend. Lore ist auf der Suche nach ihrem Vater und wird von Lore und Rosa freundlich aufgenommen, auch wenn sich beide derzeit keine Ladenhilfe leisten können.
Mir hat das Zusammenspiel der drei völlig unterschiedlichen Frauengestalten sehr gefallen, die Handlung ist authentisch und gut in die geschichtlichen Ereignisse eingebettet. Die Autorin versteht es vortrefflich, das historische Berlin vor dem inneren Auge ihrer Leserschaft lebendig werden zu lassen, nicht zuletzt durch glaubhaft gestaltete Nebenfiguren und -ereignisse wie die Kundin, die täglich Stunden im Buchladen verbringt, ohne je auch nur ein Buch zu kaufen, dem Kohlenklau von fahrenden Güterzügen oder Ruths Recherche um das Schicksal ihrer jüdischen Kindheitsfreundin.
Natürlich spielt in der unmittelbaren Nachkriegszeit auch die Besatzung durch die Amerikaner eine Rolle, der Plot erstreckt sich zwischen den letzten Kriegsjahren bis hin zum DDR-Volksaufstand 1953. Zusammen mit den handelnden Personen wird der Leser Zeuge von großen wie kleinen Ereignissen der jüngeren deutschen Geschichte, seien es politische Zusammenhänge oder kleine familiäre Anekdoten, die beispielhaft für das Leben Tausender in Ost- und Westberlin stehen.
Die Autorin schafft es hervorragend, innerhalb 335 Seiten eine spannende Familiengeschichte vor ihrer Leserschaft auszubreiten, die trotz der Tatsache, dass es sich hier um einen Einzelband handelt, detailgetreu und authentisch ist.
Von meiner Seite eine absolute Leseempfehlung mit eingängigem Schreibstil, sympathischen Charakteren und glaubhafter (Familien-)Geschichte. Volle Punktzahl!