Trotz veralteter Erzählstränge wieder aktueller denn je
Der US-Ableger des britischen QUEER AS FOLK aus den Jahren 2000 - 2005 zählt zu einem der wichtigsten Vertreter, wenn es darum geht, Serien zu nennen, die das Leben von Schwulen, Lesben, trans Frauen und weiteren Menschen mit einem Lebenstil entgegen der Heteronormativität darstellen sollen. Von alltäglichen Problemen, die mit der fehlenden Akzeptanz für die eben nicht frei gewählten Sexualität der vielschichtigen Charaktere einhergehen, bis hin zu schweren Hassverbrechen wird so ziemlich alles Negative angesprochen. Gute 25 Jahre nach Ausstrahlung der 1. Folge von QAF ist die Gesellschaft durch ihren krassen Rechtsruck leider wieder intoleranter geworden, wodurch das zentrale Element um das Werben für die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe wieder aktueller - und wichtiger - denn je ist. Es liegt in der Natur der Dinge, dass nach mehr als 2 Dekaden einige Erzählstränge der Show nicht gut gealtert bzw. als regelrecht problematisch anzusehen sind. Die eine große Liebesgeschichte in QAF zwischen Brian und Justin beginnt, als Letzterer erst 17 ist. Zudem wird in der Pilotfolge behauptet, dass es beim ersten Mal unter Männern völlig normal ist, wenn einer der beiden genau genommen noch gar keiner ist und darüber hinaus der andere im gesetzten Erwachsenenalter ist, also genau weiß, was er tut. Der als Hauptfigur gemünzte Brian Kinney tritt als die Übertreibung des übersexten schwulen Mannes mit gesundem Sextrieb auf. Einer, der immer ein extra Handtuch im Auto für spontane "Zwischenfälle" hat. Man mag ähnliche Szenemänner vielleicht aus Berlin kennen, aber Brian lebt in so ziemlich jeder alltäglichen Situation seinen Trieb aus, sodass sich mancher Zuschauer fragt, wann er einmal eine Pause einlegt. Trotzdem macht sich der clevere PR-Profi für seine Rechte als schwuler Mann stark und lehnt lukrative Werbedeals ab, wenn sie gegen seine Prinzipien sprechen. Dadurch wird Brian Kinney sowas wie Menschlichkeit und Integrität gegenüber der Gemeinde der LGBTQ+ verliehen. Die Darstellung durch Gale Harold, welcher wenig später noch einige denkwürdige Gastauftritte in DESPERATE HOUSEWIVES absolvieren wird, tut ihr Übriges, um selbst mit dem noch so unsympathischsten Charakter mitfiebern zu können.
In seiner Gesamtheit mit etwa 80 Folgen in 5 Staffeln setzt QUEER AS FOLK allein schon durch seine bloße Anwesenheit und die Beschäftigung mit den Problemen queerer Leute ein Zeichen für die Sichtbarkeit von gleichgeschlechtlicher Liebe. An einem Punkt sagt Brians bester Freund Michael in einer denkwürdigen Rede, dass wir Menschen doch nicht alle gleich sind - was auch gut ist, denn diejenigen, die alternative Lebensstile pflegen, sorgen für die Vielfalt, die uns so unterschiedlich und interessant macht - wie die Farben eines Regenbogens.
Die DVD-Komplettbox bietet die Gelegenheit, QAF mit der Originalmusik zu sehen. Die hat es in sich. Während die Serie im TV lief, wurden fleißig CD-Soundtracks veröffentlicht, die unabhängig von QAF einen eigenen Kultstatus genießen. Streamt man die Show heutzutage, könnten wichtige Musikstücke, welche die Handlung indirekt weiter vorantreiben, aufgrund ausgelaufener Lizenzrechte fehlen. Allein das ist schon Grund genug, sich eine Komplettbox zu gönnen, die darüber hinaus auch noch sehr fair ausgepreist wurde (wenn man einmal bedenkt, was die 5 Einzelstaffeln in den 2000ern gekostet haben). Eine exklusive Bonus-DVD mit Extras, die einen Abend füllen können und u. a. ein Wiedersehen mit großen Teilen der Stammbesetzung bereitstellen, gibt es auch noch dazu.