5 von 5
Kardewski
10. September 2021
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Was lange währt...
Dreieinhalb Jahre zwischen Aufnahme und Veröffentlichung - cpo spannt seine Fans gehörig auf die Folter. Das Ergebnis allerdings versöhnt. Prunkstück dieser Auswahl ist die Bläsersuite 55:D24/44:3, bei der es sich um eine Weltpremiere handelt: Anstelle der sonst üblichen Französischen Ouvertüre beginnt das Werk mit einem fanfarenhaften Allegro, das in seinem konzertanten Schwung an den Eröffnungssatz des bekannten Gruppenkonzerts F-Dur erinnert - brillant und unvergleichlich Telemann, wie auch der originelle "Harlekinspaß" am Ende! Den Open-Air-Charakter unterstreichend, ist das Klangbild leicht distanziert, dabei aber zum Glück nicht so extrem verhallt wie teilweise auf Vol. 1. Stilsicherheit und Beweglichkeit des Ensembles sind eine Freude. Die Continuobesetzung mit Cembalo und Laute wirkt manchmal etwas aufdringlich. Ausgerechnet in der prachtvollen Alster-Ouverture setzt man dagegen auf reinen Bläserklang, was aber durchaus Sinn ergibt, denn offenbar wurde dieses Werk ursprünglich auf Booten zu Gehör gebracht - also eine echte Wassermusik! Wie die Hörner im zweiten Satz die Salutschüsse der Kanonen tonmalerisch nachempfinden, das ist hohe Interpretationskunst. Eine reizvolle und willkommene Alternative zur Orchesterfassung, zumal die beiden später hinzugefügten Sätze ohne Streicher hier nicht wie Fremdkörper wirken. 44:9 ist ein kleines, frisches Werk, vergleiche hier die konservativere Einspielung des Consortium Classicum. -- Systematisch, unermüdlich, arbeitet cpo weiter an der Vervollständigung dieses riesengroßen Puzzles, dem Gesamtwerk meines ewigen Lieblingskomponisten auf CD. Kein Lob dafür zu hoch!