5 von 5
Anonym
11. Juli 2018
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Edler "moderner" Schwanengesang im damals größten Opernhaus
Also mit 42 Aufführungen muß Schürmanns Oper "Die getreue Alceste" "der Erfolg" gewesen sein, denn die damalige Hamburger "Oper am Gänsemarkt" war mit 2000 (!) Sitzplätzen das damals größte Opernhaus! Es muß sich damals also gelohnt haben, dieses Riesenhaus mit Aufführungen dieses Werks zu engagieren....
Und das ist bei dieser liebenswürdigen und echt spannenden Oper tatsächlich auch kein Wunder.
Ich war jedenfalls total überrascht über das, was ich da eine Stunde lang hörte. Das klingt in dieser Aufführung mit Ira Hochmann wie zeitgenössische lebensnahe Oper, als sei sie gerade eben von einem Erfolgsautor des frühen 20. Jahrhunderts geschrieben worden, und das mit den historischen stilistischen Mitteln des barockwerk hamburg.
Die Handlung: es geht eigentlich um eine Art gedankenspielerische Fortsetzung von Lachners Oper "Catharina Cornaro". Dort geht es um einen König, der zu seinem späteren Bedauern eine junge Frau zwangsehelicht, weil sie ihm gehorchen muß und er ja eigentlich ein "königlicher" Retter ist und ganz auf seinen "erlöserhaften" Charme gutgläubig setzen könne. Ein Unterfangen, das daran scheitert, dass die junge Frau insgeheim ihrem wahren Geliebten treu bleibt und dem König lediglich höflichen aber immerhin ehrlichen Respekt zollt.
Bei Schürmann geht es nun darum, dass der erlöserhafte Herkules, der schon etliche befreite (u.a. Prometheus) in eine ähnliche Situation gerät. Herkules, der von der edlen Hyppolite geliebt wird, hat sich leider in die junge Alceste verliebt, die sich ihrerseits für ihren geliebten Admetus opfert. Herkules rettet sie heldenmutig aus dem Tod und hofft nun auf ihre Hand, muß aber in einem zu Herzen gehenden Duett des Paares einsehen, dass sie ihm nur anstandshalber in die Ehe folgen wird. Er bewahrt seine Würde und gibt dem Admetus mit großmütigen Worten seine Alceste wieder. Gleichzeitig gewinnt Herkules damit die Liede der Hyppolite, die ihn die ganze Zeit aus Inreresse verfolgte.
Er ist also ein "König", der als "Geber des Lebens" auf die Versklavung seiner Untertanen verzichtet. Schürmann lässt auch ein Lied der Cephise erscheinen, dass von dem Wunsch aus der Befreiung der "Versklavung durch Liebe" handelt (Track 4 "Weg Sclaverey..."), wunderschön gesungen von Katherina Müller. Vielleicht war dies eines der Stücke, das der Aufklärung den Weg ebnete und später ganz anders von Mozart mit "Figaros Hochzeit" und Beethovens "Fidelio" fortgesetzt wurde
Und hier sind wir bei der herrlichen Interpretation: Die Aufnahme dieser hübschen und spannenden kleinen Oper ist fantastisch!!! Ein echter Glücksgriff. Das Stück gibt bei aller Kürze von knapp über einer Stunde wegen den vielen interessanten und übersichtlichen Beziehungsverhältnissen den Sängern Gelegenheit, ihren Charme reichlich spielen zu lassen. Echt süß ist die Rolle der Hyppolite durch Santa Karnite, die gleichzeitig auch noch von Cephise lieblich verehrt wird, wobei Katherina Müller diese wichtige Nebenrolle mit viel Herzlichkeit attraktiv macht. Ganz würdig und großzügig der stolze Herkules mit Ralf Grobe, und Hanna Zumsande als Alceste bietet eine gut charakterisierte kämpferische Geliebte, deren Liebe durch ein ständiges "feindliches Verhängnis" an Reife gewinnt. Alon Harai verwirklicht als leidender Admetus die ernsthafte Klage eines jungen Mannes mit geschmackvollen "Alto", der den Rahmen einer ernsthaften Tragödie edel und ohne falsche Übertreibung einhält.
Ich würde mich nicht wundern, wenn diese echt interessante "kleine große" Oper echt Furore macht. Das Stück ist - vor allem so gesungen und gespielt - echt eine erfrischende Quelle und kann als "Drama" wirklich neben sehr Bedeutendem aus dem 19. und 20. Jahrhundert qualitativ mithalten.
Hoffentlich bringt dieses Ensemble noch einige Stücke vergleichbarer Art.
Hat mich jedenfalls sehr gefreut!
Denn dieses charakterliche "Stimmwunder" der Sänger ist zweifellos die tragende Säule dieser Komposition.
Der Klang der CD ist wie immer bei CPO ausgezeichnet farbig satt natürlich, das Booklet ist informativ und enthält das gesamte Libretto in Deutsch und Englisch mit den Regiehinweisen.
Eigentlich 10 Punkte!