4 von 5
blackbird
Top 50 Rezensent
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Alter: 45 bis 54
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Geschlecht: Männlich
16. August 2016
Künstlerische Qualität:
4 von 5
Donizetti-Rarität
Das Booklet nennt den 20. Mai 1990 als Aufführungstermin dieser selten gespielten Donizetti-Oper, die auch vom Tonträgermarkt geflissentlich übersehen wurde. Nicht ganz zu Unrecht, würde ich sagen... Handelt es sich doch um ein Werk, in dem sich nicht gerade Höhepunkt an Höhepunkt reiht, insofern überhaupt nicht vergleichbar mit LUCIA, ANNA BOLENA, MARIA STUARDA etc. Der Komponist scheint nicht sonderlich inspiriert gewesen zu sein, zu routiniert kommt die Musik daher, spannungsarm und teilweise zäh fließt sie dahin, als sei Donizetti lustlos oder sehr in Eile gewesen. Dieser Eindruck vermittelt sich mir trotz der großartigen Leistung des Orchesters der Maifestspiele in Florenz unter der versierten und umsichtigen Leitung des immer präsenten Bruno Bartoletti - und trotz eines Chores, der in dieser Donizetti-Oper alles andere als unterbeschäftigt ist. Das Solisten-Ensemble ist hochkarätig und nach Kräften bemüht, dem etwas farblosen Werk etwas Schwung und Ausdruck zu verleihen - allen voran Giorgio Zancanaro als Azzo, aber auch die fantastisch disponierte Mariella Devia in der Titelpartie, bei der ich aber immer den Eindruck habe, dass sehr viel mehr leisten könnte, wenn sie denn die Gelegenheit dazu hätte... Dimitri Kavrakos gefällt als Ernesto, und auch der Tenor Dalmacio Gonzales, von dem ich bislang noch nie etwas gehört hatte, interpretiert den Ugo virtuos und klanglich akzeptabel, obwohl die Stimme in der Höhe eng wird und an Klang einbüßt. Insgesamt eine hörenswerte Bekanntschaft mit dieser Belcanto-Rarität - allerdings übertroffen vom Mitschnitt aus der Carnegie Hall aus dem Jahr 1974 mit Montserrat Caballé in der Titelpartie (derzeit auf dem Tonträgermarkt offenbar leider nicht verfügbar).