3 von 5
jommelli
Top 50 Rezensent
21. Februar 2017
Gesamteindruck:
3,0 von 5
Künstlerische Qualität:
3,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Zwei überragende Koloraturstars in mittelmäßigem Umfeld
Fast 13 Jahre nach ihrer Wiederaufnahme an der Scala 2004 kann man nun Salieris 1778 für dasselbe Haus geschriebene Opera seria, von der keine anderweitige Gesamtaufnahme existiert, endlich auf DVD kennenlernen. Es handelt sich um ein merkwürdig hybrides Werk: Zum einen noch fest in der dekorativ-virtuosen Tradition des spätbarocken Dramma per musica verwurzelt, zum anderen schon merklich vom Geiste der gluckschen Opernreform durchdrungen, ist diese Oper weder Fisch noch Fleisch. Diese stilistische Unausgewogenheit und die verworrene Handlung hat schon Zeitgenossen Salieris befremdet und so tut sich ein Hörer des 21. Jahrhunderts erst recht schwer. Trotz vieler schöner Einzelmomente (musikalisch besonders gelungen ist interessanterweise die erstklassige Ballettmusik!) kommt doch recht schnell ziemliche Langeweile auf, was sowohl an der sterilen und teilweise unfreiwillig lächerlichen Inszenierung (L.Ronconi) als auch vor allem an dem uninspirierten, von jeglicher historisch informierten Aufführungspraxis unbeleckten Dirigat R. Mutis liegt. Wieder einmal fragt man sich, wie ein derart biederer Taktschläger zu solch großem internationalen Ruhm gelangen konnte. Sensationell ist allerdings das gemeinsame Auftreten zweier exzellenter Koloratursopranistinnen in den gleichwertigen Rollen der Europa und Semele. Sowohl Diana Damrau als auch die hierzulande weniger bekannte, der Günzburgerin aber in nichts nachstehende Desirée Rancatore machen die ansonsten zutiefst provinzielle Aufführung zu einem Ereignis, das das Herz jedes Opernfreundes höher schlagen lässt. Der Rest ist kaum der Rede wert: Technisch mit Koloraturen und Spitzentönen völlig überfordert und stilistisch ohne jedes Feingefühl agiert Tenor Sabbatini. Die beiden recht kleinen und undankbaren Kastratenrollen werden von D.Barcellona und G.Kühmeier solide, aber ohne nennenswerte Höhepunkte gesungen. Insgesamt ein interessantes operngeschichtliches Dokument, das aber mit den beiden Koloraturstars steht und fällt.