4 von 5
Musaion
Top 100 Rezensent
02. August 2021
Künstlerische Qualität:
4 von 5
Aus dem Schatzkästlein der Vergangenheit 3
Hier soll kurz eine weitere Aufnahme gewürdigt werden, die Walhall dankenswerterweise veröffentlicht hat:
Star der Aufnahme ist die zu unrecht sehr in Vergessenheit geratene Gertrud Grob-Prandl, die außergewöhnliche Hochdramatische der 40er bis 60er Jahre, die das Pech hatte, dass ihr Karrierebeginn durch den Weltkrieg überschattet wurde, dann in den ersten Nachkriegsjahren im Wagnerfach noch im Schatten der alternden Flagstad zu stehen, um dann ab Mitte der 50er von den "jüngeren" Sängerinnen wie der Varnay oder der Nilsson und deren besseren Beziehungen zu den Labels oder Dirigenten etc. in Mitteleuropa aus dem Fokus der Aufmerksamkeit zu geraten. Dabei ist sie ihren Zeitgenössinnen stimmlich mindestens ebenbürtig, meist sogar überlegen gewesen und ihre Wagner-Aufnahmen stellen immer noch Glanzpunkte der Sangeskunst dar (man denke an ihre Isolde unter De Sabata).
Hier verkörpert sie die Turandot und beweist auch in dieser Rolle ihre Qualitäten: mühelose Strahlkraft in der Höhe, enorme Atemreserven für Legato-Bögen und die Fähigkeit für lyrisches Piano. Ihre Turandot klingt dabei nicht wie eine Kolossalfigur bei der Nilsson oder Schreikönigin in vielen späteren Aufnahmen, sondern nach einer jugendlichen Prinzessin, die sowohl verletzlich als auch herrisch und verletzend sein kann. Selten besser gesungen.
Antonio Spruzzola-Zola gestaltet ein guten Kalaf - heute wäre er damit ein Weltstar, damals nur unter ferner liefen und heutzutage (zumindest mir) praktisch unbekannt.
Renata Ferrari-Ongaro singt eine entzückend naiv-unschuldige und gefühlsintensive Liu.
Capuana dirigiert schwungvoll und leidenschaftlich.
Insgesamt eine schöne Produktion, die Freunde der Gesangskunst (besonders des hochdramatischen Fachs) nicht verpassen sollten.