Spannender, mitreißender Roman um den Analphabetismus in Kentucky zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Buchinhalt:
Kentucky, 1911: nachdem ihr Vater zum zweiten Mal heiratet, nimmt die 19jährige Lucy eine Stellung als Stenografin bei ihrer Cousine Cora an, die in Kentucky für die Schulbehörde arbeitet. Lucy soll Briefe schreiben für die Bergbevölkerung, von der die meisten selber weder lesen noch schreiben können. Bald beteiligt sich Lucy an Coras Projekt, die Schulhäuser in Mondscheinnächten für die erwachsene Bergbevölkerung zu öffnen, um mittels Abendschule den Menschen ein Minimum an Schulbildung zukommen zu lassen. Ihre Arbeit öffnet schließlich Lucys Augen und ihr Herz für die armen Menschen in Kentucky....
Persönlicher Eindruck:
Nach einer wahren Begebenheit erzählt Auton Woods Fisher von der Armut und Abgeschiedenheit der Bergbevölkerung Kentuckys zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Während technische Errungenschaften wie das Automobil Einzug halten im Leben der amerikanischen Großstädte sind die Hochtäler von Kentucky weitgehend abgeschnitten von der Zivilisation. Die Bergbevölkerung ist als hinterwäldlerisch verschrieben, ihr Aberglaube und ihre Bräuche tief verwurzelt in ihrer Vergangenheit. Mehr als zwei Drittel der Menschen kann weder Lesen noch schreiben und wird daher von skrupellosen Geschäftemachern gnadenlos ausgenutzt.
In diese Welt wird die Junge Lucy aus der Großstadt quasi hineingeworfen, als sie eines Tages eine Stellung bei ihrer Cousine Cora. Die Schulinspektorin in Kentucky ist, annimmt. Zunächst stellt sich Lucy mehr als tollpatschig an, kann nicht reiten und ist auch sonst nicht wirklich gerüstet für das, was sie in den Appalachen erwartet. Doch sagenhaft ist ihr Wandel im Verlauf des Buches. Lucy macht einen erstaunlichen Reifeprozess durch und wird schließlich die rechte Hand ihrer Cousine, die mit den Mondscheinschulen ein Abendschulprojekt für erwachsene Analphabeten aus dem Boden stampft.
Cora Wilson Stewart gab es wirklich, es ist ihre Geschichte, die der Roman erzählt. Das Mondscheinschulprojekt ist eine Tatsache, ebenso, wie der Erfolg desselben. Viele Menschen lernten in kurzer Zeit, was ihnen als Kinder versagt blieb: das harte Leben in den Bergen forderte alles von den Menschen und so verbrachten Jung und Alt mehr Zeit beim Arbeiten als beim Lernen. Erst durch die Abendschule kamen die Menschen aus den Bergen des Rowan County zu Bildung und Alphabetisierung.
Gut gefallen haben mir auch die zahlreichen fiktiven Passagen, die die wahre Erzählung ausschmücken und vervollständigen. Besonders gefiel mir die Beziehung Finley / Angie sowie der Wanderprediger und Singschulmeister Wyatt, der den christlichen Aspekt in die Romanhandlung bringt.
Es geht um Gottvertrauen und bäuerliche Frömmigkeit, um den unumstößlichen Glauben daran, dass das Vertrauen auf den Herrn alles zum Guten wendet, die christliche Komponente ist dabei dezent und nachvollziehbar in die Handlung und das Leben der Figuren eingewoben.
Im Nachwort geht die Autorin am Ende ein auf die Hintergrundrecherche über die wahre Cora Wilson Stewart und ihre Arbeit, was ich sehr interessant fand.
Insgesamt hat mich die Geschichte sehr mitgerissen, so dass ich sie an einem Tag gelesen hatte. Man kann das Buch nur schwer wieder beiseite legen, hat man einmal mit dem Lesen angefangen.
Eine absolute Leseempfehlung, eine Geschichte mit wahrem historischen Kontext und sympathischen, authentischen Figuren. Lesenswert!