Hoppla, jetzt kommt Carrie
Es sind noch zwölf Tage bis Weihnachten. Carrie sitzt im Flugzeug, da hört sie einen nicht enden wollenden Dialog, der sie nervt und mir das erste Schmunzeln entlockt. Wie sich herausstellt, sind es Stacy und Morris Dormond – ausgerechnet! Aber noch weiß Carrie nicht, wer sie sind und was sie nach Schottland treibt. Bald aber ist klar, dass dieses Paar mit dem Hotelprojekt nahe Luss, Carries Heimatort, zu tun hat. Dieses Luxusressort sollte auf Inchconnachan, einer Binneninsel im Loch Lomond in Schottland, entstehen, auf der die Wallabys vor vielen Jahren ihre Heimat gefunden haben. Sieben davon, einschließlich Tony, leben heute noch da…
…und nun kehrt Carrie zurück, nachdem sie vor sieben Jahren gen Australien regelrecht geflohen ist und seitdem weder von Tony noch seine Artgenossen etwas wissen wollte. Damals war sie ziemlich jung, der Antrag ihres Freundes hat sie dermaßen erschreckt, dass sie einfach weg musste. Seitdem hat sie niemand mehr gesehen, lediglich für ein paar Tage war sie da, zur Taufe der Kinder ihrer Schwester. Und nun erfährt sie, dass ihr Vater im Krankenhaus liegt, ihr Ex-Freund Marc, ein gefragter Architekt, dieses Hotelprojekt geplant hat und – wie sie vermutet, für ihre ehemals heiß geliebten Wallabys kein Platz mehr ist.
Kaum angekommen, holt sie zum Rundumschlag aus, sie organisiert blitzschnell eine wilde Demo, beschimpft ihren Ex, wann immer möglich, ist grundlos sauer auf ihn und auf alle, die vermeintlich ihre Wallabys weghaben wollen. Dabei pfeift sie auf jegliche Info, schnappt ein Wort auf, sieht eine Geste und schon geht’s wieder los. Sie benimmt sich wie die sprichwörtliche Axt im Walde, ist ungehobelt und rücksichtslos. Man meint, einen schwer pubertierenden Teenie vor sich zu haben, obwohl sie die dreißig überschritten hat. Sie ist sowas von drüber, dass man nicht weiß, sollte man über ihr Benehmen lachen oder eher die Augen rollen.
Ich hab ja nichts dagegen, wenn eine Figur überzeichnet ist, hier aber ist es kaum zu ertragen, wie eine erwachsene Frau dargestellt wird. Ein Weihnachtswunder sollte es geben, mit Tony und den anderen Wallabys, dazu etwas Romantik und ein happy end. Nun gut, wenn man großzügig ist, war da irgendwas von alledem, die Story an sich aber hatte weder mit Weihnachten noch mit Tony zu tun. Auch Romantik fand eher nicht statt, dafür gab es genug Schimpftiraden und unüberlegtes Handeln seitens Carrie.
Übrigens gibt es diese Insel und die Wallabys tatsächlich, sie wurden in den 1940er Jahren von Fiona Gore, Countess of Arran, hier angesiedelt. Es ist einer der wenigen Orte außerhalb Australiens mit einer Wallaby-Population. Und auch der Verkauf von Inchsonnachan an eine Familie ist so geschehen, selbst ein verfallener Holzbungalow, der im Roman als Hütte vorkommt, ist real. Einst waren es sechzig Tiere, die sich auf sieben reduziert haben, auch das stimmt. Ebenso die geplante Umsiedelung der Tiere und eine Widerstandbewegung. Stella Lucas hat um diese wahre Geschichte ihren Roman gesponnen, der - wäre weniger Carrie-Action gewesen – schon heimelig hätte werden können. So aber ist er für mich ins sehr Seichte abgerutscht. Hoppla, jetzt kommt Carrie.