Sehr viel mehr als eine abenteuerliche Geistergeschichte - grandios!
"Whisperling - Die Geister-Detektivin" von Hayley Hoskins ist als Hardcover bei Baumhaus erschienen und bietet allerfeinste Unterhaltung auf 352 Seiten.
England, 1897: Peggy Devona, 12 Jahre alt, ist ein Whisperling - sie hat die besondere Gabe, mit Toten zu kommunizieren, die noch nicht gänzlich auf die andere Seite übergetreten sind. Und das tut sie auch regelmäßig, denn ihre Eltern betreiben ein Bestattungsunternehmen und Peggy überbringt den Hinterbliebenen häufig Nachrichten ihrer Lieben - natürlich heimlich und unerkannt, denn da viele Leute abergläubisch sind, haben sie Angst vor Peggys Gabe und so muss sie diese geheimhalten, soweit möglich.
Die Whisperlinge werden zwar per Dekret geschützt, dennoch gibt es Menschen, die diese akribisch suchen und drangsalieren, beispielsweise Pfarrer Silas Tate - ein grauenvoller Mensch.
Als eines Tages Pegs beste Freundin Sally wegen Mordverdachts in den Kerker geworfen wird, ist Eile geboten, denn die Hinrichtung naht und Peggy will Sally natürlich unbedingt retten...!
Hayley Hoskins hat einen historischen Roman geschrieben, der sehr viel mehr als eine rasante, abenteuerliche Geistergeschichte ist, denn er geht auch deutlich in die Tiefe.
Der Schreibstil ist unterhaltsam und eingängig, das Geschehen spannend und oft düster, der Plot voller Twists und temporeicher Abwechslung, so dass ich permanent mitgefiebert habe!
Desweiteren hat die Autorin sehr gründlich recherchiert und die Atmosphäre der damaligen Zeit wunderbar vermittelt.
Sehr authentisch und nahbar bekommt man Einblicke in das Leben der Menschen auf dem Land und in der Stadt und es ist schrecklich und fesselnd zugleich, das alles mitzuerleben.
Tod, Grubenunglücke, Armut, Hunger, Kinderarbeit, Verlies und Hinrichtungen auch bei Kindern, Aberglaube, Unwissen, Verfolgung der Whisperlinge (was mich sehr an die Hexenverfolgungne erinnert hat!) - all diese ernsten und schwerwiegenden Themen wurden hier aufs Papier gebracht und es erstaunt mich etwas, dass hier ein Lesealter ab 10 Jahren empfohlen wird.
Wenngleich die Geschichte abenteuerlich, packend und einerseits auch sehr humorvoll erzählt wird, hat sie dennoch so viel Tragik und Düsternis, dass ich das Buch erst ab 14 Jahren empfehlen würde, ohne Alpträume zu riskieren...
Peggy ist ein großartiges Mädchen, empathisch, hilfsbereit, selbstlos und auch die weiteren Charaktere sind liebevoll, detailliert und facettenreich angelegt und ausgearbeitet. Ob Sally, Ambrose, Mr. Bletchley, Oti und Cecily oder auch Dotty, ich war einfach immer mittendrin, auch in ihren Gedanken- und Gefühlswelten, klasse!
Das Cover will zum Buch nicht so recht passen - für die tatsächliche Handlung ist es in meinen Augen zu niedlich und kindgerecht.
Ein megatolles Buch, dem man permanent anmerkt, dass hier die ganze Leidenschaft der Autorin drinsteckt - sehr fesselnd und empfehlenswert, auch für Erwachsene - ich konnte es mit meinen 55 Jahren kaum aus der Hand legen...!