Trilogie: LONESOME AND BLUE, CONFES-SIN' THE BLUES und CHICAGO PLAYS THE STONES
Trilogie: LONESOME AND BLUE, CONFESSIN' THE BLUES und CHICAGO PLAYS THE STONES
Mit dem Album LONESOME AND BLUE von 2016 kehren die Rolling Stones zu den Anfängen Ihrer Karriere zurück und huldigen dem Chicago Blues mit Songs von Little Walter, Howlin' Wolf, Magic Sam, Jimmy Reed, Otis Rush u.a. Auf dem Album CONFESSIN' THE BLUES, 2018 auf Doppel-CD bzw. 2 Doppel-LPs erschienen, haben die Stones 42 Originalaufnahmen von Blues-Klassikern zusammengestellt, die sie im Laufe der Jahre auf Alben oder auf der Bühne gecovert haben. Das Album CHICAGO PLAYS THE STONES (2018 offiziell erschienen, die CD bereits im Dezember 2017 bei einem Konzert von John Primer gekauft) ist ein Dankeschön der zweiten und dritten Generation von Musikern des Chicago Blues an die Rolling Stones "for keeping the blues alive".
In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts haben bleichgesichtige junge Engländer mit ihren Bands, wie The Animals ("I'm Mad Again", "Dimples", "Boom Boom"), The Pretty Things ("Mama Keep Your Big Mouth Shut", "The Moon Is Rising"), Van Morrisons Them ("Bright Light Big City", "Don't Look Back") und The Rolling Stones ("I Just Wanna Make Love To You", "Honest I Do", "I'm A King Bee", "Mona", "Little Red Rooster", "I Can't Be Satisfied", u.a.) den in den USA wenig beachteten und vergessenen Blues für sich entdeckt und ihn den Amerikanern mit der "British Invasion" zurückgebracht. Dafür ist ihnen die Chicago Blues-Gemeinde dankbar. Jim Hynes vom glidemagazine.com legt Buddy Guy in seiner Kritik zu CHICAGO PLAYS THE STONES das Folgende in den Mund: "Without those guys we'd still be, I guess, less unknown than what we are today. We owe them a lot of thanks because they didn't come back here say this is news, we got it. They said, oh, no, you had it all the time and they woke America up to who we were."
CHICAGO PLAYS THE STONES ist keine unmittelbare Antwort auf das Album LONESOME AND BLUE der Rolling Stones. Vielmehr wurde die Idee für das Album durch die Ausstellung "Exhibitionism", die die Geschichte der Rolling Stones darstellt und nach ihrer Premiere in London, am 15. April 2017 in Chicago eröffnet wurde, geboren.
Bereits 1997 gab es ein Blues-Tribute-Album an die Stones: PAINT IT BLUE - THE SONGS OF THE ROLLING STONES, erschienen bei "Ruf Records". Das Line-up dieses Albums: Luther Allison, Taj Mahal, Johnny Copeland, Junior Wells, Lucky Peterson, Otis Clay, Bobby Womack, Clarence "Gatemouth" Brown und Joe Louis Walker, viele sind schon verstorben, liest sich wie ein "Who Is Who" des Blues.
CHICAGO PLAYS THE STONES unterscheidet sich von diesem Album dadurch, dass Mick Jagger und Keith Richards auf dem aktuellen Tribut-Album jeweils bei einem Song mitwirken. Der Hauptunterschied besteht jedoch darin, dass die Stones-Songs auf CHICAGO PLAYS THE STONES nicht einfach gecovert, sondern im Chicago-Stil, wie ihn Muddy Waters, Howlin' Wolf, Little Walter, Jimmy Reed und alle die anderen gespielt haben, dargeboten werden. Dieses nicht einfache Unterfangen, die Stones Songs mit ihren oft unterschiedlichen Akkordstrukturen und Melodien, in den Chicago Blues zu verwandeln, ist sehr gut gelungen. Für den reinen Stones-Fan ist diese "Verfremdung" allerdings gewöhnungsbedürftig.
Begleitet werden die Hauptdarsteller auf CHICAGO PLAYS THE STONES von der Living History Band, bestehend aus Vincent Bucher (harm), Muddy Waters' Sideman Bob Margolin (g), Johnny Iguana (keyb), Felton Crews (bg) und Kenny "Beedy Eyes" Smith (dr). Die Songs auf CHICAGO PLAYS THE STONES, die sich sämtlich im Midtempo- und Uptempo-Bereich bewegen, werden neben dem Gesang von Gitarre und Bluesharp dieser Musiker dominiert.
Der zum Zeitpunkt der Aufnahmen 71-jährige John Primer, ein Weggefährte von Willie Dixon, Muddy Waters und Magic Slim, transformiert die Country-Ballade "Let It Bleed" in waschechten Chicago Blues. Den Kuschelrocker "Angie" serviert er "down'n'dirty.
Der während der Aufnahmesessions 82-jährige Billy Boy Arnold (Bo Diddleys Sideman) folgt mit einer "mean and low-down"-Version des Stones-Songs mit viktorianischem Touch, "Play With Fire".
"Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker)", featuring Mick Jagger (voc, harm), ist von den Lyrics heute noch hochaktuell. Bluesfans halten die Version des über 80-järigen Altmeisters Buddy Guy möglicherweise für besser als das Original von 1973.
"Jungspund" Ronnie Baker Brooks, zum Aufnahmezeitpunkt 50 Jahre alt, Sohn von Jimmy Reeds Sideman Lonnie Brooks, interpretiert "Satisfaction" im "Good Morning Little School Girl"-Style.
Mundharmonika-Ass Billy Branch, auch schon Mitte 60, verwandelt den Samba-Groove des Originals von "Sympathy For The Devil" in den Blues, wie er in den 50ern in Chicago gespielt wurde. Das Teufel-Thema hat Tradition im Blues (siehe "Standin' At The Cross Road", "Me And The Devil Blues" und "Hellhound On My Trail" von Robert Johnson).
Die Interpretation von "Gimme Shelter" der Gospelsängern Leanne Faine verliert den Vergleich mit der Gesangsperformance von Merry Clayton im Original von 1969 klar nach Punkten.
Jimmy Burns, ein über 80 Jahre alter Blueser mit starkem Delta-Einfluss interpretiert "Beast Of Burden", wobei Keith Richards Gitarren-Licks beisteuert. Er ist auch der Blues-Transformator bei der Schlussnummer "Dead Flowers, das die Stones 1971 für STICKY FINGERS im Honky Tonk-Stil aufgenommen haben.
Es folgen zwei aufstrebende Musiker. Mike Avery, "the City's best-kept soulful secret", widmet sich "Miss You", nach Meinung von Keith Richards "Disco Scheiße", vornehmer ausgedrückt "eine Allianz zwischen Blues und Disco", bei der im Original Sugar Blue die Bluesharp bedient. Den Riff-Rocker "I Go Wild" nimmt sich der "out-standing harmonica-player" Omar Coleman vor. Er ist mit Mitte 40 einer der jüngeren Vertreter des Chicago Blues.
Der bei Entstehung des Albums fast 70 Jahre alte Carlos Johnson, war über 40 Jahre überwiegend als Gitarre spielender Sideman, u.a. bei Otis Rush im Blues-Geschäft. Seine Version von "Out Of Control" ist einer der besten Songs, die in dieser Sammlung zu finden sind.
Bewertung: * * * * * vom Blues-Fan, * * * * vom Stones-Fan = * * * * ½