Sharon Van Etten: I Don't Want To Let You Down EP auf LP

SHARON VON ETTEN hat noch niemals einen großen Rahmen gebraucht, um ein großes Statement zu formulieren. Mit vier Alben in sechs Jahren hat sie sich zu einer der scharfsinnigsten Kartographinnen des Herzen gemausert, die mit Leichtigkeit emotionale Kämpfe und Triumphe mit einprägsamen Zeilen und einer Stimme, die ohne Verlust Gefühle transportiert, umsetzt. Ihr zweites Album, »Epic«, brauchte nur sieben Songs, um seinem Titel gerecht zu werden. »Tramp« von 2012 und »Are We There« aus dem letzten Jahr waren länger, doch VAN ETTEN schaffte es noch immer, riesengroße Emotionen in besonders kleine Räume zu zwängen.

Von Anfang an hat VAN ETTEN den Einfluss der Wirtschaftlichkeit verstanden. Es ist also keine Überraschung, wenn die fünf Songs umfassende EP »I Don’t Want To Let You Down« das Gefühlskarussell von Aufgabe und Enttäuschung, Aufnahme und Sehnsucht in nur 22 Minuten komplett durchleuchtet. Produziert von VAN ETTEN selbst in Zusammenarbeit mit Stewart Lerman, der sich schon für »Are We There« verantwortlich zeigt. Unterstützt von einem Streicherensemble bei »I Always Fall Apart« schwingt sich ihre Stimme neben dem Klavier in die Höhe. Ihre vielseitigen Harmonien überlagern den Schrecken des zentralen Eingeständnisses des Songs und einen der textlichen Eckpfeiler ihres ganzen Oeuvres: »You know I always fall apart/It's not my fault/It's just my flaw/It's who I am.« Der Titeltrack baut sich über vier Minuten auf und untermauert die Verzweiflung des Titels mit immer lauter anschwellenden Gitarren und immer breiteren Harmonien. Der Refrain ist das Versprechen VAN ETTENS, sich zu erholen. Auf »Pay My Debts« bekommt VAN ETTEN Unterstützung von Adam Granduciel und David Heartley von THE WAR ON DRUGS und von Stuart Bogie, Peter Broderick und Heather Woods-Broderick von ANTIBALAS. Als längster Songs auf der EP ist »Pay My Debts« eine cinematische Nummer, die wie Shoegaze dahinschwelt, bevor sie sich im unentrinnbaren Refrain ergießt. Am Ende der EP steht eine Liveversion von »Tell Me«, einem Demo von »Tramp«, das hier jedoch von ihrer Tourband auf eigene Füße gestellt wird. Der Song markiert die Entwicklung der Sängerin von der akustischen Songwriterin bis zur vollwertigen Bandleaderin; eine nachdrückliche Erinnerung daran, dass ihre Arbeit schon immer Intensität mit Effizienz vereint.