Isik Kural: In February auf CD

Auf »In February« arbeitet Isik Kural wie ein Klangfotograf, der das Vergehen und Wiederkehren der Zeit wie materielle Schnappschüsse der Zeitlichkeit des Lebens dokumentiert. In den zwölf Liedern des Albums, die jeweils aus Zufallsschleifen komponiert sind und von Isiks einprägsamer Stimme und seinem Melodienspiel umhüllt werden, wird die Zeit hoffnungsvoll und ewig festgehalten.

Der in Istanbul geborene Isik hat an der Universität von Miami Musikingenieurwesen studiert, ging nach New York City und hat sich schließlich in Glasgow niedergelassen, wo er eine Ausbildung in Sounddesign und audiovisueller Praxis absolvierte.
Während diese Wege ihn zwischen verschiedenen Projekten und Städten hin und her führten, wuchs gleichzeitig eine Stimme im Inneren des Künstlers, die von einer Vision der Welt in ihrer alltäglichen Leuchtkraft geprägt war. Diese Stimme fand ihren Ausdruck in den lyrischen und instrumentalen Wellen von As Flurries aus dem Jahr 2019, einer Kassettensammlung für das italienische Label Almost Halloween Records.

Es war während einer kurzen Heimreise nach Istanbul im Jahr 2019 als die unsichtbaren Details von »In February« erstmalig zum Vorschein kamen. Während er bei einer Session in seinem alten Stammlokal, den Babajim Recording Studios, assistierte, stieß Isik auf ein wunderschönes Klavier, die Art, »bei der man eine Melodie mit dem Anschlag einer einzigen Taste hört.« Ein geloopter Ausschnitt aus einer Aufnahme improvisierter Basteleien auf dem Instrument bildete die Grundlage für »Pillow Of A Thought«, das Isiks neues Album tauft. Ein Bett für einen vorübergehenden Gedanken, ein Bild, einen Moment.
In Anlehnung an diese neuartige Arbeitsweise produzierte Isik zwölf weitere Passagen, die aus Loops von unerwarteten Aufnahmen bestehen und nicht länger als drei Minuten sind. Isik wandte sich sowohl von kompositorischen Plänen als auch von seinen Vorlieben für Live-Performances ab, die seine früheren kreativen Erkundungen geprägt hatten, und suchte nach einer unmittelbaren Wirkung. Winzige Nylonsaiten-Refrains, beschwingtes Synthesizer-Summen und ein Ausschnitt aus einem Kammerkonzert werden mit sympathischen Versen und synästhetischen Details collagiert, die in Glasgow aufgenommen und in den Green Door Studios aktiviert wurden. Literarische Bilder begleiten auch die Sinneseindrücke von »In February« und weben die Symbolik des Fernwehs in diese spiralförmigen Studio- und Felddokumente.

Im Zentrum des Albums stehen »Lo Si Aspetta« und »Che Si Aspetta«, betitelt nach einer vielsagenden Zeile aus Pier Paolo Pasolinis Die lange Straße aus Sand. An dieses Versprechen knüpfen andere Wortwerke an.
Ein Vers des türkischen Dichters Gulten Akin, der das Wetter mit einer verlorenen Freundschaft in Verbindung bringt, trifft auf eine Übersetzung von Sophokles von Anne Carson in »Yeniden«, einer von drei Kollaborationen mit der Sängerin Stephanie Roxanne Ward, pka spefy, die im Februar erscheint. Isik bewegt sich leichtfüßig zwischen den Strömen von Poesie, Sound und Fotografie auf »In February«, die zusammen eine imaginäre Leichtigkeit und Unmittelbarkeit ausstrahlen. Obwohl sie so schnell sind wie das Blinzeln eines Kameraauges oder der Pinselstrich zweier Hände im Vorbeigehen, sollte die Kürze dieser Arbeiten nicht als selbstverständlich angesehen werden: Sie flüstern mit ausgefeilten Details ineinander, die intuitiv über alte und neue Geschichten von Liebe und Sehnsucht geschrieben sind.