Nach 50 Jahren immer noch spannend sowie hörenswert !
Im Dezember 1970 wurde ich 18 Jahre alt und beschenkte mich damals sofort (als P.Green Fan seit Mayall-Zeiten hatte ich eh alles) mit dieser gerade neuerschienenden LP(!) ohne zu ahnen das die darauf enthaltene Musik nun ziemlich wenig mit dem gewohnten bzw. bisher bekannten Gitarrensound/Songs v.Peter Green aka Fleetwood Mac 1968-1970 zu tun haben würde. Es war (und ist) ein reines experimentelles Instrumentallbum das schwer zu katalogisieren ist. Zaghafte Vergleiche könnte man eventuell mit dem Klangmustern/Stücken von Mahavishnu Orchestra/Soft Machine/K.H.Stockhausen gestatten, ansonsten ist es in der Hauptsache das Ergebnis einer einmaligen nächtlichen Jam-Session Mitte 1970 in einem Londoner Studio. Die Akteure neben Peter Green sind hinlänglich bekannt bzw. deren Namen stehen im Booklet/Cover. Interessant ist der Hinweis in der P.Green Biography(1995) v.Martin Celmins das bei dieser Session auch noch John Morshead (v.Aynsley Dunbar Retaliation) als 2ter Gitarrist(?) mitgewirkt haben sollte der zudem später noch festgestellt haben will das einiges von den besseren Sachen gar nicht veröffentlicht wurde(n)!? In den Credits des Albums v.1970 und auch 2020 wird aber schlussendlich eine Mitarbeit v.Morshead nicht erwähnt.Aber nun zu den einzelnen Stücken der neuen 2020 CD:
1.)Bottoms up- Das eingängiste und (für mich) zugleich beste Stück auf d.Album; sich steigernde Wah-Wah Gitarre mit strukuriender wuchtiger Bass/Drums Begleitung, zugleich überwiegend melidiös, möchte man sofort nochmal hören. Mein Favorit! Hab ich seit den 70ern immer mal wieder gehört, und find es irgendwie zeitlos. Wer sich die "Mühe" macht Vinylvorlage und diese re-master CD Version unmittelbar vergleicht hört "sofort" prägnante verbesserte Guit/Bass/Drums Klänge.
2.)Timeless Time- kurze Nummer,relativ ruhig vorgetragene Gitarren Läufe an denen man noch am ehesten den "alten" P.Green raushört bzw. wiedererkennt.Auch sehr schön anzuhören.
3.)Descending Scale- das wohl (jeden) am meisten verstört...Konzeptlose Klänge ohne jede Struktur und Melodie. Obwohl auch digital "rausgeputzt" ...mag ich es leider heute auch nicht besser "schön hören" wollen als 1970.
4.)Burnt Foot - ebenfalls eine recht interessante Nummer indem sich die Instrumente anfangs irgendwie suchen dann aber "finden" und in einem wuchtig unterlegten Schlagzeug-Solo enden.
5.)Hidden Depth- die vielleicht harmonischte Nummer, würde perfekt zu/als Doku-Untermalung eines Naturfilmes über Savannentiere (siehe Cover) passen, vertrackte...aber zugleich schöne Klänge auf der Gitarre.
6.)The End of the Game-hier wollte P.Green wohl allen die bisher weggenickt waren wohl mal zeigen was man so über einem Wah-Wah als Weckruf so rausholen kann?! Da haut er uns fast 4 Minuten harte Klänge/Läufe um die Ohren um es dann leise fast unhörbar bis zu Minute 5:10 ausklingen zu lassen.
7.)Heavy Heart-Single A Seite v.1971 und zugleich das erste Bonusstück; Was war ich damals hinter dieser Single her...hab das Stück 1971 lediglich 1x in irgendeinen Radiosender gehört und wollte es dann 1972 bei einem England-Besuch käuflich erwerben...Aber..Pech,out of stock. Später sah ich nur sporadisch mal Gebraucht-Angebots-Anzeigen, liess aber die Finger weg. "Gnädigerweise" hat Esoteric-Records es nun hier "beigelegt".Ist und bleibt eine tolle Nummer...damals zwar ein gnadenloser Flop aber ungerecht...es ist einfach Instrumental-Musik (ja,die Percussion sind zu dominant)zum am besten ungestörten alleinigen Hinhören! Peter Green spielt hier bewusst unaufdringlich, fast in der Ferne wunderbare Gitarrenklänge.
8.)No Way out-Single B Seite v.1971; kannte ich bislang überhaupt nicht; ein etwas schwer verdaubares Percussion-behaftetes Stück das (wenn man den Credits misstrauen würde) ohne weiteres auch ein Überbleibsel des End of the Game Albums sein könnte!?
9.)Beasts of Burden-Single A Seite v.1972; welch angenehme Wiederentdeckung! Damals ebenfalls ein Flop..trotzdem gute Musik. Hier singt erstmalig Nigel Watson (Weggefährte seit d.70ern bis hin zur Splinter Group 2004) über ausgebeutete Tragetiere in Indien/Afrika(?), und man versuchte nun doch etwas kommerzieller rüberzukommen, indem man einen soliden rhythmischen Klangteppich ausbreitete,mit eingängigen Blues-Refrain und einer "klagenden" Gitarre im Hintergund. Schöne Nummer, aber...etwas zuviel Getrommel!
10.)Uganda Woman-Single B Seite v.1972;ruhiges Stück zum Zurücklehnen...wieder sehr Percussion-lastig, Gitarre leider (wieder) zu sehr im Hintergrund... typisch verzichtbare B-Seite. N.Watson singt über Frauen die Wassertöpfe auf d.Kopf tragen.
Fazit: ein überwiegend sehr gutes Album bei dem es gilt eigentlich "abgehakte" Musik von 1970 eines wahrhaften Gitarren-Held den der 60/70er nach 50 Jahren möglichst wiederzuentdecken und neu zu genießen! Ich bereue den Nachkauf auf CD nach 50 Jahren nicht...im Gegenteil!