Ches Smith: Clone Row auf LP
Clone Row
Die gute alte Vinyl - Langspielplatte.
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- Label:
- Otherly Love
- Aufnahmejahr ca.:
- 2024
- Artikelnummer:
- 12211566
- UPC/EAN:
- 0199066536766
- Erscheinungstermin:
- 14.11.2025
- Gesamtverkaufsrang: 3405
- Verkaufsrang in LPs: 1164
Ich muss zugeben, dass ich ein Faible für Bands mit zwei Gitarren habe. Okay, Hendrix hat es mit einem Trio geschafft. Aber mir ist egal, was andere sagen: Die Yardbirds waren eine bessere Band als alles, was aus ihnen hervorgegangen ist (Okay, vielleicht nicht Led Zeppelin. Aber Cream?).
Vielleicht greife ich deshalb so weit in meinen Referenzen zurück, weil innerhalb des Zwei-Gitarren-Formats originelle neue Rollen schwierig und selten sind. Da gibt es die klassische (sozial problematische und oft langweilige) „Rhythmus-/Lead“-Lösung. Es gibt die JB's- oder Nile-Rodgers-Lösung mit Chicken Picking vs. Comping (die Akkordkollisionen vermeidet, indem eine der Gitarren die Rolle eines Einzelnoten-Perkussionsinstruments übernimmt). Es gibt Ornettes Prime Time-Aufteilung zwischen Bern Nix' gedämpftem „Jazz“-Ton und Charles Ellerbees höhenlastigem Wah-Sound. Fast alles andere ist eine Variation davon.
Auf Ches Smiths Album „Clone Row“ basiert jedes Stück auf einem anderen Konzept der Gitarreninteraktion. Die reizvolle und begabte Eigenart von Mary Halvorsons Spiel wird mit Liberty Ellmans ebenso erstaunlicher Klangpalette, seinem Können und seiner Fantasie konterkariert, kontrastiert, im Einklang gespielt, gegeneinander ausgespielt und gegenübergestellt (das heißt, es entstehen alle möglichen Beziehungen). Das ist definitiv nicht die Gitarrenband deines Vaters.
Die Gesamtstimmung des Albums – trotz Halvorsons gelegentlicher Lärmausbrüche oder Ellmans verzerrten Gitarrenlinien (siehe „Mixed Fridge“) – ist weder Punk / Funk noch Zorn-mäßiger Metal – und schon gar nicht die lockeren Parameter von Ornettes improvisierter Harmolodik. Smiths Vibraphonspiel, Halvorsons Gitarrenklang (abgesehen von den Whammy-Pedal-Verzerrungen), die brillanten Elektronik-Elemente und (vor allem) die Kompositionen selbst sind auf seltsame Weise West Coast-cool. Es ist, als würde ich ein Jim-Hall-Konzert hören, bei dem einer von uns viele Pilze gegessen hat, oder (wage ich es, das zu schreiben?) ein Post-Punk-Post-Dave-Brubeck-Post-Trip-Hop-Experiment mit klassischer Form.
Bei dieser Aufnahme geht es vor allem um Ches als Komponist. Er hat auf seiner langen, seltsamen Reise der letzten Jahrzehnte viel gelernt. Der haitianische Einfluss in seiner Arbeit mit We All Break ist hörbar – aber tief verborgen, verschlüsselt in den Polyrhythmen (man höre sich „Heart Breakthrough“ an). Auch seine langjährigen Kollaborationen als Sideman mit John Zorn und Tim Berne sind spürbar, hier aber in etwas Neues verwandelt. Nicht, dass Improvisation fehlen würde. Man höre sich die fesselnden kollektiven Statements in „Sustained Nightmare“ und „Ready Beat“ an. Man höre sich das brillante Zusammenspiel und das Bass-Solo in „Abrade With Me“ an (ein Weather Report für das Zeitalter der extremen Wetterereignisse?). Nick Dunston ist mein Lieblingsbassist der neuen Generation, und er spielt durchweg brillant. Und Ches’ Schlagzeugspiel hat hier all den Groove, die Energie und die unglaubliche Bandbreite, die ihn von Samstagabend-Voodoo-Zeremonien bis hin zu Jazz- und New-Music-Aufnahmesessions so gefragt machen (…der Rock-Barbar für Denker?).
Die Sus-Akkorde in „Abrade With Me“ steuern für einen Moment auf einen Fusion-artigen Höhepunkt zu … doch genau in dem Moment, als ich mich innerlich auf ein schreckliches Synthie-Solo vorbereitete, setzen die Drums aus, und wir werden in die Ambient-Lounge des Raves versetzt, und plötzlich verstehen wir, dass wir uns in den Händen eines Komponisten befinden, der die Macht hat, uns so ziemlich überallhin zu entführen.
Dies ist also vor allem ein Komponistenalbum; ein Komponistenalbum, gespielt von Musikern, die zufällig auch großartige Improvisatoren sind. Ches Smith baut hier seinen Ruf als begabte neue Stimme mit einer wichtigen Vision weiter aus und präsentiert gleichzeitig einige der kreativsten Musiker unserer Zeit. (Marc Ribot)
Ches Smith – Schlagzeug, Vibraphon, Elektronik
Mary Halvorson – Gitarre (rechter Kanal)
Liberty Ellman – Gitarre (linker Kanal)
Nick Dunston – Bass, Elektronik