Joe Zawinul: Mauthausen - Vom großen Sterben hören
Mauthausen - Vom großen Sterben hören
CD
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
Derzeit nicht erhältlich.
Lassen Sie sich über unseren eCourier benachrichtigen, falls das Produkt bestellt werden kann.
Lassen Sie sich über unseren eCourier benachrichtigen, falls das Produkt bestellt werden kann.
- Label: ESC, 2000
- Erscheinungstermin: 1.1.2005
Ähnliche Artikel
Am 8. August 1938, nur wenige Monate nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an die Machtsphäre des nationalsozialistischen Deutschlands, wurde in Mauthausen in der Nähe von Linz mit dem Bau eines Konzentrationslagers begonnen. Bis zur Befreiung durch die amerikanischen Truppen am 5.Mai 1945 waren dort schätzungsweise über 200 000 Insassen inhaftiert. Mehr als die Hälfte der Menschen wurde innerhalb dieses Zeitraums von den Schergen der Nationalsozialisten erhängt, erschlagen, erschossen, durch Folter, Gift, Giftgas oder grausamen Arbeitseinsatz im Steinbruch wie in den Stollen der Nebenlager ermordet, zu Tode geschunden. Das KZ Mauthausen galt als Lager der Stufe III, das heißt Häftlinge von dort sollten nicht mehr zurückkehren.
Am 8. August 1998 führte der Keyboarder, Pianist und Komponist Joe Zawinul im Wiener Graben, dem gefürchteten Steinbruch des ehemaligen Konzentrationslagers, ein Mauthausen Memorial auf. Gemeinsam mit dem Rezitator und Burgtheater-Schauspieler Frank Hoffmann gestaltete er im Auftrag der Lagergemeinschaft Mauthausen einen bedrückenden Abend der Erinnerung, subtil und persönlich, direkt und bedrückend. Die Beschäftigung mit dem Thema hatte ihm viel Kraft abverlangt. Denn 1932 in ärmlichen Wiener Verhältnissen geboren, war er zu jung, um sich einzumischen, und doch zu alt, um nicht zu verstehen: "Vergessen gibt es nicht. Ich lebe wie ein Kamel mit dieser Last, die ich seitdem auf meinen Schultern trage. Ich war so enttäuscht, von mir und meiner Familie. Bei uns war es so, dass alles, was daheim gesprochen wurde, nie aus den vier Wänden heraus kam. Es wurde daher oft über die Nazis und gegen sie geredet. Aber Konzentrationslager waren kein Thema. Trotzdem sind immer noch die Erinnerungen an die Zeit lebendig. Da geht nichts mit Vergessen, obwohl es so üblich war, hinterher zu sagen: Ja, das war der Krieg! Das war einfach nur eine Ausrede, mit den Grausamkeiten, wie sie in Mauthausen stattfanden, fertig zu werden. Und die Ideologie ging einfach weiter. Es gibt noch immer zuviele Menschen auf der Welt, die meinen, sie wären etwas besseres. Das möchte ich bekämpfen, denn es ist nicht wahr".
Joe Zawinuls Kindheit und Jugend war vom Krieg bestimmt. In den schwierigen Jahren im Nachkriegsösterreich machte sich Joe Zawinul einen Namen als Musiker. Als sich mit dem Ungarn-aufstand 1956 die nächste Krise in Europa anbahnte, beschloss er, nach Amerika zu gehen. Abgestoßen von der armseeligen Zivilisation der Weißen wurde er zum Teil der Black Community und spielte an der Seite von Dinah Washington, Cannonball Adderley oder Miles Davis mit mehr Soul als die meisten seiner Zeitgenossen. Als Mitbegründer der legendären Band Weather Report avancierte Zawinul von 1971 an zum Superstar der improvisierenden Musik.
Und doch blieb er bis heute Österreicher. Als Zawinul den Auftrag für das Mauthausen Memorial angeboten bekam, sagte er daher sofort zu. Über ein Jahr hinweg sammelte er hunderte von Soundfetzten, durchforstete Archive, las alles, was er zu dem Thema finden konnte. Schließlich fuhr er nach Mauthausen, verbrachte einen Tag bei eisigem Wetter im Wiener Graben, um ein Gefühl für den Raum zu bekommen. Danach reiste er nach Hause, improvisierte zwei Tage lang und schuf die Komposition Vom großen Sterben hören. Es wurde Zawinuls persönlichstes Werk, irritierend für ihn selbst und für die Hörer, die mit verwirrenden Gegensätzen der Emotionen konfrontiert werden: "Die Philosophie der Lager war so, dass jeder Akt der Grausamkeit von Musik begleitet wurde. Ich habe das in meiner Weise nachvollzogen, ein bisschen abstrakt, wie eine moderen Tonmalerei. Mit den ent-sprechenden Soundeffekts, Schlagen, Henken usw. habe ich versucht, das nachzu-empfinden. Samstags zum Beispiel wurde dort früher mit dem Arbeiten aufgehört und man hatte immer noch irgendwelche Festivitäten. In jedem Block, einschließlich der SS-Quartiere, wurde etwas gespielt. Ich bin da musikalisch hineingegangen, das ist Teil des Projektes".
Vom großen Sterben hören ist eine Zusammenschau der Widersprüchlichkeiten persönlichen Empfindens und realer Absurdität. Halb Improvisation, halb Programmmusik erinnert es von Zeitzeugen-Berichten durchzogen aus der Perspektive eines Häftlings an die Entstehung, die Qual, die Unfassbarkeit des KZs Mauthausen. Kleine fröhliche und hoffnungsvolle Melodien, den Liedern der Zigeuner oder der russischen Gefangenen nachempfunden, wirken im Kontrast zu der nüchternen Text-Zitaten aus dem Lageralltag umso erschreckender. Es ist eine Komposition voller Menschlichkeit, die gegen die Barbarei des Ungeistes antritt. Schon aus diesem Grund ist sie aktueller denn je.
Am 8. August 1998 führte der Keyboarder, Pianist und Komponist Joe Zawinul im Wiener Graben, dem gefürchteten Steinbruch des ehemaligen Konzentrationslagers, ein Mauthausen Memorial auf. Gemeinsam mit dem Rezitator und Burgtheater-Schauspieler Frank Hoffmann gestaltete er im Auftrag der Lagergemeinschaft Mauthausen einen bedrückenden Abend der Erinnerung, subtil und persönlich, direkt und bedrückend. Die Beschäftigung mit dem Thema hatte ihm viel Kraft abverlangt. Denn 1932 in ärmlichen Wiener Verhältnissen geboren, war er zu jung, um sich einzumischen, und doch zu alt, um nicht zu verstehen: "Vergessen gibt es nicht. Ich lebe wie ein Kamel mit dieser Last, die ich seitdem auf meinen Schultern trage. Ich war so enttäuscht, von mir und meiner Familie. Bei uns war es so, dass alles, was daheim gesprochen wurde, nie aus den vier Wänden heraus kam. Es wurde daher oft über die Nazis und gegen sie geredet. Aber Konzentrationslager waren kein Thema. Trotzdem sind immer noch die Erinnerungen an die Zeit lebendig. Da geht nichts mit Vergessen, obwohl es so üblich war, hinterher zu sagen: Ja, das war der Krieg! Das war einfach nur eine Ausrede, mit den Grausamkeiten, wie sie in Mauthausen stattfanden, fertig zu werden. Und die Ideologie ging einfach weiter. Es gibt noch immer zuviele Menschen auf der Welt, die meinen, sie wären etwas besseres. Das möchte ich bekämpfen, denn es ist nicht wahr".
Joe Zawinuls Kindheit und Jugend war vom Krieg bestimmt. In den schwierigen Jahren im Nachkriegsösterreich machte sich Joe Zawinul einen Namen als Musiker. Als sich mit dem Ungarn-aufstand 1956 die nächste Krise in Europa anbahnte, beschloss er, nach Amerika zu gehen. Abgestoßen von der armseeligen Zivilisation der Weißen wurde er zum Teil der Black Community und spielte an der Seite von Dinah Washington, Cannonball Adderley oder Miles Davis mit mehr Soul als die meisten seiner Zeitgenossen. Als Mitbegründer der legendären Band Weather Report avancierte Zawinul von 1971 an zum Superstar der improvisierenden Musik.
Und doch blieb er bis heute Österreicher. Als Zawinul den Auftrag für das Mauthausen Memorial angeboten bekam, sagte er daher sofort zu. Über ein Jahr hinweg sammelte er hunderte von Soundfetzten, durchforstete Archive, las alles, was er zu dem Thema finden konnte. Schließlich fuhr er nach Mauthausen, verbrachte einen Tag bei eisigem Wetter im Wiener Graben, um ein Gefühl für den Raum zu bekommen. Danach reiste er nach Hause, improvisierte zwei Tage lang und schuf die Komposition Vom großen Sterben hören. Es wurde Zawinuls persönlichstes Werk, irritierend für ihn selbst und für die Hörer, die mit verwirrenden Gegensätzen der Emotionen konfrontiert werden: "Die Philosophie der Lager war so, dass jeder Akt der Grausamkeit von Musik begleitet wurde. Ich habe das in meiner Weise nachvollzogen, ein bisschen abstrakt, wie eine moderen Tonmalerei. Mit den ent-sprechenden Soundeffekts, Schlagen, Henken usw. habe ich versucht, das nachzu-empfinden. Samstags zum Beispiel wurde dort früher mit dem Arbeiten aufgehört und man hatte immer noch irgendwelche Festivitäten. In jedem Block, einschließlich der SS-Quartiere, wurde etwas gespielt. Ich bin da musikalisch hineingegangen, das ist Teil des Projektes".
Vom großen Sterben hören ist eine Zusammenschau der Widersprüchlichkeiten persönlichen Empfindens und realer Absurdität. Halb Improvisation, halb Programmmusik erinnert es von Zeitzeugen-Berichten durchzogen aus der Perspektive eines Häftlings an die Entstehung, die Qual, die Unfassbarkeit des KZs Mauthausen. Kleine fröhliche und hoffnungsvolle Melodien, den Liedern der Zigeuner oder der russischen Gefangenen nachempfunden, wirken im Kontrast zu der nüchternen Text-Zitaten aus dem Lageralltag umso erschreckender. Es ist eine Komposition voller Menschlichkeit, die gegen die Barbarei des Ungeistes antritt. Schon aus diesem Grund ist sie aktueller denn je.
Rezensionen
H. Sterner in stereoplay 5/00: "Wie sollte eine Gedenk- musik für die Opfer in den Konzentrationslagern klingen? Gerade durch den Kontrast zwischen dem aufwühlenden In- halt und dem Vertrauten von Zawinuls Melodiefiguren geht dieses mutige Werk unter die Haut."- Tracklisting
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
- 1 Einleitung Zu Einer Wahren Geschichte
- 2 Der Weg Nach Mauthausen(The Tragedy)
- 3 Das Lagerleben (Life In The Concentration Camp)
- 4 Das Orchester (The Orchestra)
- 5 Interludium (Interlude)
- 6 Die Folter (Torture)
- 7 Die Nacht (The Night)
- 8 Die Vollstrecker (The Executioners)
- 9 Das Gebet (The Prayer)
- 10 Samstagnacht Im Lager (Saturday Night In The Camp)
- 11 Wey Doo
- 12 Sonntags Im Lager (Sunday In The Camp)
- 13 Weihnachten 1944 (Christmas 1944)
- 14 Der Fluchtversuch (Break Out)
- 15 No More, No More
- 16 Mauthausen: In Memoriam