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    Magnolia

    Aktiv seit: 05. November 2023
    "Hilfreich"-Bewertungen: 12
    254 Rezensionen
    Das Wesen des Lebens

    Iida Turpeinen
    Das Wesen des Lebens (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    28.08.2024

    Vom Artensterben

    Iida Turpeinen nimmt ihre Leser mit auf eine Reise, die 1741 mit dem deutschen Arzt und Naturforscher Georg Wilhelm Steller ihren Anfang nimmt. Seine Expedition führt ihn ins Nordmeer, dort entdeckt er die gigantische, urzeitliche Seekuh, die danach bald ausgerottet war. Anhand des später gefundenen Skeletts dieser Stellerschen Seekuh führt die Autorin über mehrere Jahrhunderte vor Augen, wie der Mensch die Natur beherrscht.
    Der Roman bietet ein Füllhorn an Wissen über die Artenvielfalt und deren sterben. Er führt vom Nordmeer nach Alaska, das damals russisch war. Dort begegnen wir dem finnischen Gouverneur Johan Hampus Furuhjelm, der nach dem Skelett suchen lässt und sind später dann in Helsinki bei Professor Alexander von Normann, der es schließlich erwirbt, um schlussendlich im Naturkundemuseum der Stadt zu sein, wo es seinen endgültigen Platz findet.
    Dieser interessante, sehr informative Teil wird durch die Protagonisten lebendig. Der Mensch handelt eigennützig, er jagt die Tiere nicht nur der Nahrung wegen, auch die Felle und alles, war verwertbar ist, haben es ihm angetan und das, ohne auf die Erhaltung der Arten zu achten. Die Danksagung zum Schluss macht dies nur zu deutlich, gilt der Dank doch den Arten, die während des Schreibens dieses Buches ausgestorben sind. Fische, tropische Froscharten, unzählige Milbenarten, Beuteltiere und Fledermäuse, auch ein Wildschwein – es waren 374 Lebewesen, die während der sieben Jahre, in denen „Das Wesen des Lebens“ Gestalt annahm, für immer verschwunden sind.
    Den Schreibstil habe ich zeitweise als etwas zu sperrig empfunden, die hier agierenden Personen waren eher so, als ob man sie aus der Ferne betrachtet, eher nüchtern beschrieben. Und doch möchte ich das Buch nicht missen, es bleibt im Gedächtnis und sollte gelesen werden.
    Schwestern im Geiste

    Marie Pierre
    Schwestern im Geiste (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    27.08.2024

    Faszinierender, sehr lesenswerter zweiter Band um das Pensionat an der Mosel

    Pauline Martin, die junge, sehr engagierte Leiterin des „Pensionats an der Mosel“, steht mit ihren Schülerinnen am Diedenhofener Bahnhof, um die neue Lehrkraft willkommen zu heißen – die Irin Rhona O´Meally. Sie wird die Mädchen in Musik und englischer Sprache unterrichten und natürlich wird sie ihnen die irische Kultur näherbringen.
    Wir sind im Jahre 1911 in Diedenhofen, dem heutigen französischen Thionville. Das malerische Städtchen an der Mosel hat eine wechselvolle Geschichte, es gehört in jenen Jahren dem Deutschen Kaiserreich an, der preußische Hauptmann Erich von Pliesnitz sorgt vor Ort für Recht und Ordnung.
    Paulines Erziehungsmethoden sind sehr fortschrittlich. Ihr Ziel ist es, ihre Schützlinge zu selbstbestimmten, selbstbewussten jungen Frauen zu erziehen. Und natürlich kracht es dann und wann mal gewaltig unter den charakterlich so unterschiedlichen Mädchen. Als dann persönliche Anfeindungen, gar Diebstähle, überhand nehmen, bittet Pauline Erich um Unterstützung. Und nicht genug damit, es tauchen auch im Städtchen gut sichtbare Schmähschriften auf. Wie nicht anders zu erwarten, erscheint Wachtmeister Schrotherr in dem ihm verhassten Pensionat, um hier nach den Schuldigen zu suchen.
    „Schwestern in Geiste“ ist das zweite Buch der Trilogie um „Das Pensionat an der Mosel“. Es ist in sich abgeschlossen, es lässt sich also ohne Vorkenntnisse lesen. Empfehlen würde ich trotzdem, mit Band 1 zu beginnen. Ganz einfach deshalb, weil Marie Pierre ihre Leser sofort fesselt - sie zieht einen regelrecht ins Buch. Ihr so lebendiger Schreibstil und ihre durchdachte Geschichte um das Institut sind Garant für faszinierende Lesestunden. Darüber hinaus vermittelt sie viel geschichtlich Interessantes, das auf sehr spannende Weise mit einfließt. Neben der bewegten Geschichte Elsass-Lothringens ist es auch der nie verstummende Judenhass und mit der Irin Rhona ist der Kampf um Irlands Unabhängigkeit Thema. Ihre Figuren sind authentisch, sie sind liebenswürdig und nett, zuweilen sind sie auch ganz schön fies, hinterhältig, intrigant und verlogen. Auch werden zarte Bande geknüpft, natürlich alles im Rahmen der Schicklichkeit. Die so unterschiedlichen Charaktere sind fein gezeichnet, sie alle habe ich kennen- und auch schätzen gelernt und nun warte ich gespannt auf den finalen dritten Band, auch wenn es noch ein Weilchen dauern mag.
    Vielleicht können wir glücklich sein

    Alexa Hennig von Lange
    Vielleicht können wir glücklich sein (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    22.08.2024

    Sehr lesenswert

    Mit „Vielleicht können wir glücklich sein“ hat die Heimkehr-Trilogie ihr Ende gefunden. Es sind beeindruckende Bücher voller Leben, voller Sorgen und doch auch voll Hoffnung, auch wenn diese zeitweise verloren scheint. Die Trilogie beginnt mitten in der Weltwirtschaftskrise 1929 und endet mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Alexa Hennig von Lange hat sich von den Lebenserinnerung ihrer Großmutter inspirieren lassen, die diese auf mehr als 130 Tonbandkassetten gesprochen hat.

    Auch dieser dritte Band wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Los geht es mit Isabell, der Enkelin von Klara, im Jahre 2000. Mit ihrer kleinen Tochter auf dem Schoß liest sie den Brief ihres Großvaters, den er kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges an seine Frau geschickt hat. Er berichtet von Tolla, die Klara damals, als die Juden vor den Nationalsozialisten nicht mehr sicher waren, als ihr Kind ausgegeben hat. Um das Überleben des jüdischen Mädchens zu sichern, hat Klara sie schweren Herzens mit den Kindertransporten nach England gehen lassen, nur ist sie dort nie angekommen. Er hat sie bei einem der Todesmärsche gesehen, schreibt er. Sie alle waren nur noch Haut und Knochen, in Lumpen gewickelt und brach einer zusammen, wurde er von den SS-Wachen erschossen.

    Mit Klara sind wir dann im September des Jahres 1944. Ihre vier kleinen Kinder muss sie alleine großziehen, ihr Mann Georg kämpft wie alle wehrdiensttauglichen Männer für das Vaterland. Der Kinder wegen musste sie die Leitung im Frauenbildungsheim aufgeben, sie hat genug damit zu tun, ihren Alltag und den ihrer Kinder zwischen Fliegeralarm und dem Überleben einigermaßen erträglich zu gestalten. Stramme Nazis im Ort wachen über jedes Wort und sind sofort zur Stelle, wenn dem Regime ihrer Meinung nach nicht genug gehuldigt wird.

    Mit Kriegsende endet auch die Heimkehr-Trilogie. Die fiktive Figur Klara steht im Mittelpunkt dieser Erzählung. Alexa Hennig von Lange hat viel von ihrer Großmutter mit einfließen lassen, die sie beim Hören der Kassetten nochmal ganz neu kennengelernt hat. Sie nimmt ihre Leser direkt mit hinein in Klaras Familie, ich erfahre von den Pflichtschulmädchen, die kinderreiche Familien unterstützen. Das jüngste ihrer Kinder liegt noch im Waschkorb, der älteste ist mit seinen sechs Jahren so vernünftig, wie man es einem Sechsjährigen nicht zutraut. Ich bin direkt dabei, wenn die Sirene feindliche Flieger ankündigt und sie sich schleunigst in Sicherheit bringen müssen. Ich spüre eine tiefe Beklemmung, wenn ich vom täglichen Spagat zwischen der eigenen Überzeugung und dem, was nach außen dringen darf, lese.

    Von den beiden Erzählebenen hat mich vor allem Klaras Erzählstrang tief beeindruckt. Man merkt förmlich, welch Gewicht auf ihr lastet. Erst gegen Ende ihres Lebens konnte Klara wenigsten dem Tonband diese Jahre anvertrauen. Ihre Geschichte steht stellvertretend für viele andere Schicksale in einer finsteren Zeit. Eine Zeit, die den Menschen viel abverlangt hat. Die Heimkehr-Trilogie ist ein einfühlsam erzähltes Zeugnis einer Zeit vor dem geschichtlichen Hintergrund voller Entbehrungen und schrecklichen Erlebnissen, aber auch voller Liebe und Fürsorge.
    Mein drittes Leben

    Daniela Krien
    Mein drittes Leben (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    21.08.2024

    Von nun an ist nichts mehr so, wie es war

    Der Tod des eigenen Kindes – was macht das mit einem? Linda und Richard haben ihre siebzehnjährige Tochter verloren. Sie war mit dem Fahrrad unterwegs, als sie ein LKW-Fahrer in einer Rechtskurve übersieht und überrollt. Von nun an ist nichts mehr so, wie es war.
    Die verwaisten Eltern gehen mit diesem Unglück unterschiedlich um. Richard braucht bald wieder Menschen um sich herum, Linda dagegen meidet sie. In einem kleinen Dorf findet sie eine alte Frau, die ihren Hof in guten Händen wissen will. Nach deren Tod zieht Linda hierher, kümmert sich um die Tiere, um das Haus und den Garten, nur um sich selber kümmert sie sich nicht sonderlich. Die Trauer um ihre Tochter lässt dies nicht zu. Richard erklärt sie, dass sie Abstand braucht, denn nur alleine kann sie den immerzu wachen Schmerz besänftigen und vielleicht auch den Erinnerungsfallen entkommen. Ob er denn in ihren Plänen noch vorkäme, will Richard wissen und ja, er kommt schon vor, aber er ist auch Teil des Problems. Sie gibt ihn frei und doch spürt man ihre Verbundenheit, der Kontakt zwischen ihnen reißt nie so ganz ab.
    „Mein drittes Leben“ ist eine innige, ein intensiv erzählte Geschichte um den viel zu frühen Tod des geliebten Kindes. Und Linda lässt die lange Trauerphase zu, sie kann gar nicht anders. Das Schicksal hat ihr alles genommen - ihr Kind, ihre Leichtigkeit, ihren Lebensmut. Es sind dunkle Tage, die sie nur mit sich selbst ausmachen kann. Es sind die Tiere und die Natur, die ihr Auftrieb geben, die sie über den Tag retten.
    Daniela Krien findet trotz der Schwere die richtigen Worte. Das Buch berührt, es ist emotional, es ist ehrlich, man fühlt mit Linda, kann ihre selbstgewählte Zurückgezogenheit verstehen. Und irgendwann, ganz langsam, kann sie wieder Menschen um sich herum ertragen. Da sind etwa Natascha und ihre schwerbehinderte Tochter Nina, die in ihrer Nähe wohnen. Sie nähern sich einander an, unterstützen und schätzen sich. Es sind aber auch andere, aus dem früheren Leben, die einfach nicht mehr dazugehören. Was soll man da Freundschaft heucheln, wo nichts mehr ist, vielleicht auch nie sehr viel war.
    Es ist ein eindringlich erzähltes Buch, eine tieftraurige Geschichte, die doch Mut macht, denn keiner kann seinem Schicksal entrinnen. Ein Buch über das Sterben, aber auch über das Weiterleben. Ein grandios erzähltes Meisterwerk, das zu lesen es sich lohnt.
    Du kennst sie

    Meagan Jennett
    Du kennst sie (Buch)

    2 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    17.08.2024

    Langatmig

    „Der zweite Mann war einfacher.“ Sophie Braam hat es wieder getan, sie hat einen dieser ekligen Kerle beseitigt. Diesem Zweiten werden so einige nachfolgen, noch wissen sie es nicht.
    Sophie ist Barkeeperin und hat es viel zu oft mit aufdringlichen Typen zu tun, also handelt sie. Das erste Mal hat sich gut angefühlt und es war gar nicht so schwer. Auch Männer können Schmeißfliegen sein und wenn sie dann erst tot sind, bedienen sich diese kleinen Tiere ihrer, sie sitzen sozusagen am reichlich gedeckten Tisch, auch Aaskäfer und anderes Getier gesellen sich dazu. So manch anzüglicher, penetrant auftretender Mann hängt in Sophies Bar rum. Sie kennt sich aus mit den Männern, tritt professionell auf, sie ist gut in ihrem Job. Auch weiß sie um das besondere Mischungsverhältnis ihrer Drinks und selbstredend kann sie mit den verschiedenen Gerätschaften, die sie hierzu benötigt, bestens umgehen und genau das macht sie sich zunutze.
    Nora soll in Murphs Fußstapfen treten, aber noch hat er das Sagen. Er ruft sie, die Polizistin, an und erklärt ihr, dass sie heute mit ihm kommen wird. In einer Mülldeponie haben sie eine Leiche gefunden. Vorher erfahre ich von den Schattengeistern, die Nora sieht. Überall, in der Wohnung, in gefühlt jeder Ecke verstecken sie sich, kauern sich zusammen. Hier driftet die Story ins Übersinnliche ab und das nicht nur einmal.
    Irgendwann treffen die beiden Frauen aufeinander, logischerweise in der Bar, in der Sophie arbeitet. Sowohl die Mörderin als auch ihre Jägerin bleiben mir fremd, ich betrachte sie eher aus großer Distanz. Der Erzählstil ist seltsam emotionslos, wie entrückt. Was mich allerdings sehr gestört hat, ist die langatmige, sehr ausschweifende Erzählweise. Viel habe ich von den kleinen Krabbeltierchen und ihren unbändigen Hunger gelesen – zu viel. Zu oft werde ich in diese detaillierten Beschreibungen hineingezogen und zusätzlich gleitet das Ganze ins Mystische ab. Viele Sequenzen sind abscheulich, ja ekelerregend. Gut, wären diese Szenen kurz angesprochen, wären sie nicht ständig wiederholt oder neu interpretiert worden, wären diese auszuhalten gewesen. So aber hab ich das Buch öfter zur Seite gelegt und mich zum Weiterlesen dann schon zwingen müssen.
    Der Thriller bietet so etliche Handlungsstränge. Er wechselt von Sophie zu Nora und zwischendurch ist es neben den Morden ein Konglomerat aus Übersinnlichem und den zu detailliert beschriebenen Verwesungsprozessen. Mag ich das Buch? Würde ich es empfehlen? Eher nicht. Wer allerdings genau dieses oben Beschriebene, den beileibe nicht alltäglichen Thriller sucht, der ist hier gut aufgehoben. Meine 2 ½ Sterne runde ich ab, denn meine Story ist es nicht.
    Freunderlwirtschaft

    Petra Hartlieb
    Freunderlwirtschaft (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    13.08.2024

    Tod eines Politikers

    Max Langwieser, der junge Minister für Tourismus und Landwirtschaft, liegt tot in seiner noblen Wohnung. Was ist passiert? Ist er unglücklich gegen seinen Glastisch gestürzt? War er alleine oder hat da einer nachgeholfen? Und warum ist Jessica, seine Verlobte, so plötzlich verschwunden?
    „Wir haben einen bedenklichen Todesfall.“ Alma Oberkofler ist gerade vier Tage bei der Wiener Mordgruppe, als sie von „der Leiche im Achten“ Stock informiert werden. Alma fährt mit ihren neuen Kollegen Kolonja, der ihr gleich mal das Du anbietet, an den Ort des Geschehens. Ihr junger Kollege Babic, der ihr gegenüber etwas distanzierter auftritt, hat Bürodienst.
    Zunächst gehen wir zurück ins Jahr 1992, da ist Alma zwölf und es drängt sie bald, nach einem schweren Schicksalsschlag, Polizistin zu werden. Auch Jahre später hält sie an ihrem Berufswunsch fest und auch wenn die Eltern dies nicht so gerne sehen, unterstützen sie ihre Tochter dann aber schon. Und nun ist sie in Wien in der Abteilung Leib und Leben angelangt, ihre Vorgängerin hat sie die letzten zwei Wochen eingewiesen. Die Ermittlung um den Tod des jungen, dynamischen Ministers führt sie mitten hinein in die politischen und wirtschaftlichen Ränkespiele. Sie steht einem Machtapparat gegenüber, der es ihr nicht gerade leicht macht, denn zu vieles soll oder darf nicht an die Öffentlichkeit.
    Erzählt wird aus Almas und aus Jessicas Perspektive, die beiden Erzählstränge wechseln sich ab. Alma war mir sofort sympathisch, ihre unbestechliche, geradlinige Art gefällt mir sehr. Die Ermittlungsarbeit vermischt sich immer mal wieder mit halbprivaten Momenten, auch ist sie mit ihrem finnischen Freund mal ganz privat unterwegs.
    Aus Jessica werde ich zunächst nicht so ganz schlau, ihr Part wirft viele Fragen auf und bleibt lange nebulös. Hat sie mit Langwiesers Tod zu tun? Ihre Flucht könnte schon darauf hindeuten – aber wovor hat sie Angst?
    Der Kriminalroman im politischen Umfeld ist durchweg spannend erzählt mit Charakteren, denen man ihre Eigenheiten allesamt abnimmt. Sie sind nett und liebenswert, sind erfrischend normal oder durchtrieben, ja gefährlich. „Freunderlwirtschaft“ ist ein kurzweiliges Lesevergnügen, das Buch gewährt einen tiefen Blick hinter die Kulissen von Politik und Wirtschaft, von Vetternwirtschaft und Korruption, versteckt hinter den weißen Westen so manch aalglatter Akteure. So manches sickert so oder so ähnlich durch, wir hören und lesen es im realen Leben immer mal wieder.
    Und tot bist du (Thriller)

    Gunnar Schwarz
    Und tot bist du (Thriller) (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    08.08.2024

    Nervenkitzel garantiert

    Ihr Privathandy klingelt. „Hallo Tabsi…“ klingt eine verzerrte Stimme an ihr Ohr. Wer ist dieser unbekannte Anrufer? Wer kennt ihren Kosenamen? Denn niemand außer ihrer Mutter und ihrer Schwester nennt sie so. Ein Geschenk hätte er für sie, teilt er ihr noch mit. Es liegt auf den Bahngleisen, leider ist es ihm zerbrochen.
    Frank Schürmann, Ermittler im Morddezernat, wird Tabea Kurz mitsamt seinem Team zur Seite gestellt. Er stellt sich ihr vor, ist ziemlich kurz angebunden, denn was soll er mit einer unerfahrenen Streifenpolizistin? Da dieser Unbekannte aber weiterhin nur mit ihr kommunizieren will, bleibt Frank nichts anderes übrig, als sie in die Ermittlung einzubinden.
    Nun, sie fahren zu den Bahngleisen und finden das Opfer - nackt, komplett blau eingefärbt, zerschmettert – auf den Eisenbahnschienen. So wie es aussieht, wurde sie von der Brücke hinuntergeworfen. „Runde eins.“ Der Zettel an ihrem großen Zeh macht klar, dass dies erst der Anfang einer ganzen Serie sein wird.
    Gunnar Schwarz hat es wieder getan. Er hat mich mit seinem neuesten Thriller dermaßen gefangen genommen, dass ein Weglegen des Buches schier unmöglich war. Und ich hoffe, dass es mit dem Ermittlerduo Schünemann & Kurz weitergeht, dass „Und tot bist du“ der Auftakt einer neuen Thriller-Serie sein wird.
    Schon der Prolog „Du bist mein wunderschönes, blaues Kind… deine letzte Reise treten wir gemeinsam an, es wird kaum wehtun…“ lässt Schlimmes ahnen. Lange wird nicht sichtbar, wer denn dieser Serienkiller ist, wie und warum er diese Gräueltaten regelrecht inszeniert und wieso er ausgerechnet Tabea als seine Ansprechpartnerin wählt. Der raffiniert konstruierte Fall hat es in sich.
    Frank tritt Tabea ziemlich distanziert gegenüber, aber noch mehr lässt der Rechtsmediziner Albert Krause sie spüren, dass sie nicht zu dem erfahrenen Team passt. Tabea hat mich aber gleich – im Gegensatz zu dem arrogant auftretenden Rechtsmediziner - mit ihrer Schlagfertigkeit für sich eingenommen. Dabei bleibt sie höflich, was man von Albert nicht immer sagen kann. Ihre Dialoge laden trotz des todernsten Hintergrundes zum Schmunzeln ein. Wären da noch die IT-Expertin Ella und noch so einige Charaktere, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit ein gutes Team bilden. Auch wird der unterkühlte Ton zwischen Frank und Tabea wärmer, sie beschnuppern sich, sie vertrauen sich, sie arbeiten dann doch vertrauter zusammen.
    Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich schlichtweg begeistert bin. Von der so spannenden wie dramatischen Story, vom einnehmenden Schreibstil und vom Ende, das sich schon ankündigt, das nochmal gute Nerven braucht. Schünemann & Kurz ermitteln hoffentlich bald wieder, ich wäre dabei.
    Seinetwegen

    Zora del Buono
    Seinetwegen (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    02.08.2024

    Intensiv erzählt

    Zora del Buono war acht Monate alt, als ihr Vater 1963 mit 33 Jahren bei einem Autounfall starb. Und nun, 60 Jahre später, sucht sie nach Antworten, sucht nach dem Unfallverursacher, nach E. T. Mehr weiß sie nicht von ihm und doch hofft sie, ihn zu finden. Der Töter – so nennt sie ihn – war mit seinem Chevrolet unterwegs, als er in einer Rechtskurve ein Pferdefuhrwerk überholt und dabei in den VW kracht, in dem ihr Vater als Beifahrer saß. Am Steuer war Zoras Patenonkel, den seitdem Zweifel plagen, auch wenn er den Unfall nicht hätte verhindern können.
    Als erstes sehe ich im Buch ein inniges Vater-Tochter-Foto, es zeigt den stolzen Vater mit seinem Baby. Viel Zeit miteinander war ihnen nicht vergönnt, wir wissen es.
    Schon als Kind fantasiert sie oft, dass sie E. T. finden, ihn zur Rede stellen und damit ihre Mutter rächen will. Sie war damals noch zu jung, der Gedanke verflog und taucht jetzt umso stärker wieder auf. Sie sucht nach ihm, sie sucht nach Antworten. Findet das damalige Urteil, in dem er wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen wird. Zwei Monate Gefängnis und 200 Franken Buße für ein Menschenleben – mehr war da nicht.
    Bei ihrer intensiven Suche nach dem Mann, der ihr den Vater genommen hat, schweift sie immer wieder ab, sie schreibt geradezu nüchtern über berühmte Unfallopfer oder thematisiert den Lokführer, der kapituliert, der die Toten nicht mehr aushält. Ich lese von der letzten Hexe Europas, von Herbie, dem tollen Käfer und von noch so viel anderem. Nicht zu jeder Geschichte finde ich den Bezug zum Vater, zum Unfall, zum Töter.
    Der autofiktionale Roman fordert schon Aufmerksamkeit, vor allem anfangs war ich ob der vielen Einschübe etwas irritiert. Bald aber konnte ich dem Buch viel abgewinnen. Was macht so ein Verlust mit einem? Wie kann einer mit so einer Schuld weiterleben? Kann er weiterleben? Und warum dauerte das Schweigen zwischen Mutter und Tochter so lange? Es ist ein anrührendes Buch, eine sehr persönliche Spurensuche. Ein Buch, das mich sehr nachdenklich zurücklässt.
    Komm tanzen!

    Lucia Jay von Seldeneck
    Komm tanzen! (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    24.07.2024

    Ein schmales Buch, gefüllt mit Leben

    „Komm tanzen!“ ist ein schmales Buch mit viel Inhalt. Es ist ein Buch, dem man sich ganz widmen, dem man Zeit geben sollte. Es ist ein Buch, das nachdenklich macht. Und es ist ein Buch, gefüllt mit Leben.
    Sie sind jung, sie feiern gern und ausgiebig, denn „der Sommer ist ja wohl immer noch der beste Grund, um zu feiern.“ Und so lassen sie sich wegtragen von der Musik, schwelgen in ihren gemeinsamen Erlebnissen, haben ihre Lieblingsorte, ihre Lieblingswitze und ihre Lieblingssongs. Der laue Abend gehört ihnen, sie sind am Wannsee, es gibt genug zu trinken, heute vergessen sie alle Sorgen. Auch Claire ist dabei, auf ihren elfjährigen Sohn passte ein Freund auf, ihre Geschichte ist nicht ganz einfach. Lucia Jay von Seldeneck lässt tief blicken, auch erfahre ich von den anderen der Freundes-Clique - wie sie leben, was sie bewegt.
    Man soll die Feste feiern, wie sie fallen – dieser Satz blitzt beim Lesen immer wieder auf. Denn nicht alles ist eitel Sonnenschein. Und da sind sie jetzt – mit vielen Gesprächen, mit viel Bowle. Sie tanzen sich frei von allen Themen, denn Tanzen ist die eigentlich schönste Form, um loszulassen. So lese ich es sinngemäß und genau so sehe ich es auch, mit dieser Aussage bin ich sehr einverstanden.
    Um mich vollends einzufangen, hat dieser kleine, feine, gerade mal 137 Seiten umfassende Roman einige Seiten gebraucht. Anfangs waren gefühlt alle Personen sofort da, was mich kurz überfordert hat. Aber dann nimmt die Geschichte Fahrt auf. Es ist schon weit nach Mitternacht, als sie es hören – das Sirren der Havelnixe. Und auch wenn ich meine, dieses Mystische eher nüchtern zu betrachten, so lockt auch mich die Nixe…
    Kleine Monster

    Jessica Lind
    Kleine Monster (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    23.07.2024

    Wenn die Vergangenheit dich einholt

    „Frauen muss man glauben – ohne Wenn und Aber.“ Ist das wirklich so? Die Eltern von dem 7jährigen Luca werden in die Schule zitiert, ihr Sohn soll sich einem Mädchen gegenüber ungebührlich verhalten haben. Was genau das war, darüber kann man eher rätseln, denn Lucas „Verfehlung“ wird eher angedeutet und umschrieben. Auch die Aussage „Jungen sind Täter und Mädchen sind Opfer“ empfinde ich als sehr unangenehm, ja direkt übergriffig. So werden Vorurteile gelebt. Nun, Lucas Vater Jakob steht voll hinter ihm, er glaubt keine Sekunde an die Anschuldigung. Bei Pia, seiner Mutter, sieht es da schon anders aus.
    Jessica Lind geht noch sehr viel tiefer, sie lässt Pia zurückblicken, lässt sie von ihrer Herkunftsfamilie erzählen. Von ihren Schwestern Romi und Linda und davon, was damals geschehen ist. Diese Geschichte ist es, die den Großteil des Buches einnimmt und dabei immer wieder Bezug zu den aktuellen Vorwürfen nimmt.
    Die beiden Zeitebenen fließen übergangslos ineinander. Anfangs habe ich diese Erzählweise als sehr sprunghaft und lesehemmend empfunden, ich habe ein wenig gebraucht, um mich ganz auf Pia und ihre Geschichte einlassen zu können. Und auch, wenn ich der Person Pia emotional nicht näher gekommen bin, so konnte ich ihre Gedanken schon irgendwie nachvollziehen, wenngleich ich sie nie gutheißen konnte. Auch die anderen Familienmitglieder sind gut gezeichnet und doch alle irgendwie unnahbar, nicht so recht greifbar.
    So nach und nach erfährt man von einem traumatisierenden Familiendrama. Auch nach vielen Jahren wird klar, dass die Zeit keine Wunden heilt. Es genügt ein beunruhigendes Ereignis und schon sind die Geister der Vergangenheit wieder allgegenwärtig. „Kleine Monster“ zerlegt die Figuren, offenbart schonungslos jede Kleinigkeit. Ein tragischer Verlust zieht sich durch ihre Leben und wirkt auch dann noch nach, wenn die Verhältnisse ganz andere sind - das Kindheitstrauma hallt nach. Es ist ein sehr emotionaler Roman, ein tiefgehendes psychologisches Drama, das schockiert. Das mich trotz und gerade wegen des ernsten Themas sofort ins Geschehen gezogen hat.
    Gefährliches Komplott

    David Baldacci
    Gefährliches Komplott (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    20.07.2024

    Spannende, wendungsreiche Story

    Neues von David Baldacci – aber immer doch, den Thrillern aus seiner Feder kann und mag ich nicht widerstehen. Sein „Gefährliches Komplott“ ist ein gar bedrohliches Unterfangen, zumindest für Mickey Gibson, der alleinerziehenden Mutter zweier Kleinkinder. Die ehemalige Polizistin arbeitet nun hauptsächlich von daheim aus, sie macht vermögende Steuer- und Kreditbetrüger ausfindig und ist damit sehr erfolgreich. Ihr Leben hat sie einigermaßen im Griff, bis es das Telefonat mit Arlene Robinson komplett auf den Kopf stellt. Diese Frau, die sich ihr als Kollegin von ProEye, einer global agierenden Privatdetektei, vorstellt, bittet sie um einen Auswärtstermin. Die Inventarisierung für ein altes Herrenhaus in Mickeys Nähe soll entgegen der sonst üblichen Internetrecherche direkt vor Ort mitsamt der Inneneinrichtung vorgenommen werden. Arlene zerstreut Mickeys Bedenken hinsichtlich dieser unüblichen Vorgehensweise, da sie über genug Insiderwissen verfügt. Also bittet sie ihre Eltern, auf die Kinder aufzupassen und macht sich auf den Weg.
    Am Zielort angekommen, findet sie die Leiche eines Mannes. Mickey erkennt, dass diese Anruferin sie regelrecht hierhergelockt hat, denn hier stimmt so einiges nicht. Die Frage, ob der Tatort arrangiert war, drängt sich auf. Im Haus gab es bei Mickeys Ankunft keinen Strom, die Tür zu einem geheimen Zimmer stand einen Spalt offen, sodass sie direkt auf den Toten treffen musste. Sie ruft die Staatspolizei von Virginia, der Kriminalbeamte Wilson Sullivan hört sich ihre Story an und es kommt, wie es kommen muss, Sullivan verdächtigt Mickey. Für sie beginnt ein gar gefährliches Spiel, aus dem sie sich nicht mehr herauswinden kann. Und wieder ruft Arlene bei Mickey an, sie nennt sich von nun an Clarisse, sie gibt Anweisungen, drängt sie immer weiter und Mickey lässt sich darauf ein.
    Gebannt folge ich dem Geschehen und nicht nur einmal frage ich mich, warum Mickey nicht aussteigt. Der Einfachheit halber nenne ich diese geheimnisumwitterte Frau nun Clarisse, von der ich so einiges erfahre und doch ist es nicht genug, um den Grund ihrer Kontaktaufnahme zu Mickey herauszulesen. Sie scheint eine schillernde, zudem eine sehr selbstbewusste, ja eine äußerst manipulative Persönlichkeit zu sein. Dabei bin ich mir keineswegs sicher, ob mich mein Empfinden nicht doch trügt.
    In dem vielschichtig angelegten Thriller spielen mächtige Gegner eine nicht zu unterschätzende Rolle, die beiden Hauptakteure Mickey und Clarisse sind interessante Persönlichkeiten, die – jede für sich – gut dargestellt sind. Lange tappe ich im Dunkeln, die Story drängt rasant vorwärts, es bleibt spannend bis – ja, bis zum Schluss, dem ich so gar nichts abgewinnen kann. Dieses Ende passt einfach nicht zum Rest der Geschichte, als ob das Ende eines ganz anderen Buches hier hineingerutscht wäre. Dies einmal ausgeblendet ist es ein Thriller, den ich gerne gelesen habe, der mich ansonsten gut unterhalten und mich neugierig hat immer weiterlesen lassen.
    In den Farben des Dunkels

    Chris Whitaker
    In den Farben des Dunkels (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    20.07.2024

    Grace

    Chris Whitaker erzählt „In den Farben des Dunkels“ von tief empfundener Freundschaft, von Familie und Liebe, von Schmerz und Ruhelosigkeit und von noch so viel mehr. Der Roman beginnt mit einem Verbrechen, mit der Entführung von Patch, er ist aber sehr viel mehr als nur ein Krimi. Das Leben ist nicht fair, mit Patch war es das sowieso nicht, er war bedingt durch sein fehlendes Auge und seiner Augenklappe von jeher Außenseiter.
    Patch wird mit dreizehn entführt. Als er dann nach fast einem Jahr wieder auftaucht, erzählt er von Grace, die während der Gefangenschaft seine Stütze war. Ihm ist die Flucht gelungen, Grace jedoch wähnt er noch immer in diesem dunklen Raum. Sie war sein Rettungsanker, sie hat ihm von draußen erzählt, hat ihn mit ihren Geschichten in ihre Welt voller Leben mitgenommen. Zwischendurch war sie immer mal wieder verschwunden, sie ist aber stets zurückgekehrt in seine Finsternis und nun muss er sie finden. Unbedingt. Die Suche nach ihr bestimmt von nun an sein Leben. Ihn treibt es durch ganz Amerika und dabei ist ihm jedes Mittel recht. Lediglich Saint, seine Freundin aus Kindertagen, glaubt an ihn und sie ist es, die ihn auch jetzt unterstützt.
    Patch wird vom Jungen zum Mann, über dreißig Jahre dauert nicht nur seine Suche nach Grace, auch Saint lässt nicht locker. Während Patch davon regelrecht besessen ist, geht Saint besonnener vor. Sie ist mittlerweile Polizistin, die für Recht und Ordnung sorgt und doch so manches Mal ein Auge zudrückt.
    Ist die geheimnisvolle Grace Patchs Fantasie entsprungen? Oder gibt/gab es sie wirklich? Dies frage ich mich des Öfteren während des Hörens.
    Siebzehn Stunden lang habe ich dem Hörbuchsprecher Richard Barenberg gebannt zugehört, seine tiefe Stimmlage passt sich hervorragend dem Geschehen und den einzelnen Charakteren an, sodass ich mich voll auf die vielschichtige Story einlassen konnte. Es waren aufwühlende Stunden voller Zweifel, es waren berührende Stunden voller Mitgefühl und voller Emotionen. Der kurzweilige Erzählstil und die gut ausgearbeiteten, facettenreichen Figuren haben mir ein intensives Hörerlebnis beschert, das gefühlt viel zu schnell vorüber war und doch lange nachhallt.
    Der 1. Patient

    Michael Tsokos
    Der 1. Patient (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    15.07.2024

    Justiz-Krimi

    Welchen praktischen Nutzen hat KI in der Medizin? Die Chefärztin der Chirurgie im Klinikum Spreehöhe, Sasha Müller, diskutiert diese brandaktuelle Frage in einer Gesprächsrunde als Talkgast, zu der auch Professor Gunther Sonnenberg, Neurochirurg an der Berliner Charité, geladen ist. Das Für und Wider wird lebhaft diskutiert, wobei Müller eher die Vorteile sieht, wohingegen Sonnenberg die Fehler aufzeigt.
    Dieser Justiz-Krimi ist in drei Teile gegliedert. Los geht es mit dem Tod eines Patienten, der bei einem Routineeingriff auf dem OP-Tisch verstirbt. Diese von KI unterstützte Operation wird unter Leitung von Doktor Sasha Müller durchgeführt und nun ist sie als verantwortliche Chirurgin angeklagt, den Tod des Patienten fahrlässig herbeigeführt zu haben.
    Sasha Müller wendet sich an den Strafverteidiger Rocco Eberhardt, der sich in diese noch ziemlich neue Materie gründlich einarbeitet, unterstützt wird er neben seiner Bürochefin Klara Schubert von seinem guten Freund Tobi Baumann, auch mischt der Facharzt für Rechtsmedizin, Doktor Justus Jarmer, wieder mit. Daneben ist es die schwedische Firma Augmentum, die KI immer mehr alltagstauglich macht. Sie erstellt hier einen speziell auf jeden einzelnen Patienten zugeschnittenen Behandlungsplan, nachdem alle relevanten Vorerkrankungen, Allergien, Unverträglichkeiten und dergleichen im Vorfeld erfasst sind. Das Klinikum Spreehöhe arbeitet schon länger erfolgreich damit.
    Der zweite Teil dann gibt Einblick in den Prozess und Teil drei gipfelt in den wendungsreichen Showdown. Der Prozess wird natürlich auch von den Medien verfolgt. Neben all den anklagenden Kommentaren macht auch die Boulevardpresse mit ihren in dicken Lettern verfassten Schlagzeilen ordentlich Stimmung. Rocco Eberhardt lässt sich davon nicht beeinflussen, er legt Gutachten vor, die Staatsanwältin hält dagegen.
    Künstliche Intelligenz hat unseren Alltag schon lange erobert, sie ist Arbeitserleichterung, sie ist schlichtweg nicht mehr wegzudenken. Schwiecker und Tsokos haben sich dieses aktuellen Themas angenommen. Unsere Smartphones etwa werden immer intelligenter, sie lernen aus den Nutzerdaten und auch diese hier beschriebene schwedische Firma bedient sich dieser Methodik im medizinischen Bereich. Wer ist für Fehler verantwortlich? Ist es die hier eingesetzte KI? Ist es der behandelnde Arzt? Eine spannende Frage.
    Es ist er mittlerweile vierte Justiz-Krimi, natürlich habe ich auch die Vorgängerbände gelesen. Beide Autoren wissen, wovon sie schreiben. Florian Schwiecker hat viele Jahre als Strafverteidiger gearbeitet und Michael Tsokos, der Professor für Rechtsmedizin, ist mir als Autor vieler Bücher ein Begriff. „Der 1. Patient“ ist ein sehr unterhaltsamer, kurzweiliger Krimi, den ich – einmal angefangen – nicht weglegen mochte. Die einzelnen Handlungsstränge waren allesamt gut geschildert und nachvollziehbar, die hier agierenden Personen glaubhaft dargestellt. Meine ansonsten sehr gute Bewertung schmälert letztendlich das nicht nachvollziehbare Motiv, das zum Tode des Patienten führt.
    Suddenly a Murder - Mord auf Ashwood Manor

    Lauren Muñoz
    Suddenly a Murder - Mord auf Ashwood Manor (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    07.07.2024

    Das jähe Ende einer Mottoparty im Stile der 1920er Jahre

    Sieben Freunde sind sie. Alle (bis auf Izzy, Kassidys beste Freundin) sind Töchter und Söhne aus wohlhabendem Hause und nun soll der Schulabschluss gebührend gefeiert werden. Kassidy hat sich etwas ganz besonderes ausgedacht, sie lädt zu einer Mottoparty in ein Herrenhaus auf eine abgelegene Insel. Gut gelaunt kommen sie an, eine glamouröse Woche wartet auf sie. Neben den Bediensteten sind es die sieben jungen Leute, die im Stile der 1920er Jahre dieses Schuljahr ausklingen lassen wollen. Gleich mal werden Handys und die eigenen Kleider eingesammelt, denn vor hundert Jahren war anderes angesagt. Natürlich wartet für jeden einzelnen ein Schrank voller Kleider und Accessoires aus jener Zeit, dem Spaß steht somit nichts mehr im Wege.
    Bald jedoch findet das unbeschwerte Feiern ein jähes Ende, denn Blaine, Kassidys Freund, wird tot aufgefunden. Es ist geradezu grotesk, die geplante einwöchige Mottoparty ist endgültig vorüber und doch können sie nicht in den Alltag zurück, denn Ermittler kommen auf die Insel, sie durchleuchten jeden einzelnen, stellen immer wieder Fragen, es ist schlichtweg zermürbend.
    In Rückblenden erfahre ich mehr von ihnen. Von ihren Freundschaften und von so manchen Verbindungen, die man vereinzelt eher als Feindschaften ansehen könnte. Auch wird so einiges vom Opfer sichtbar, nicht immer gerät dieser Blick auf ihn zu seinem Vorteil. Je mehr von ihnen allen bekannt wird, desto eher scheint es, als ob jeder ein Motiv hätte haben können.
    Meist vermeide ich Krimis und Thriller im Highschool-Milieu, dieser hier hat mich aber dennoch aufgrund der Beschreibung angesprochen. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, sie entsprechen dem Bild der gerade mal 18jährigen. Bis auf Izzy haben sie alle einen schwerreichen Hintergrund, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung spielen in ihrer Freundesgruppe keine Rolle. Sie wollen das Leben in vollen Zügen genießen, feiern bis zum Abwinken mit Alkohol und Drogen und natürlich gehören auch Liebeleien und Eifersucht dazu. Das Mondäne, das Exklusive, schimmert trotz des beklemmenden Szenarios schon auch durch und nicht immer haben sie ihre Emotionen im Griff.
    Es ist ein kurzweiliger, wendungsreicher Locked-Room-Krimi, dessen Ende mich dann doch verblüfft hat. Nicht nur die jugendliche Zielgruppe dürfte auf ihre Kosten kommen, auch Erwachsene Krimi-Fans werden ihre Freude daran haben.
    Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null

    Theresia Graw
    Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    03.07.2024

    Bad Oeynhausen während der Nachkriegsjahre 1945 bis 1947

    Bad Oeynhausen hat sich ergeben. Die Panzer rollen. Die Briten besetzen die Stadt. Und nicht nur das, die Bevölkerung wird aus ihren Häusern vertrieben, sie muss sich am Rande der Stadt irgendwie einrichten, denn die Innenstadt ist verbotene Zone, sie wird mit einem Stacheldrahtzaun abgeriegelt und strengstens bewacht.
    Anne muss mit ihrer Mutter und ihrer Schwester mit Familie ihr Hotel verlassen und auch Rosalie, deren Freundschaft mit Anne schon vor etlicher Zeit einen tiefen Riss bekam, verliert ihr Zuhause. Beide Frauen trauern um ihre Lieben, bei Anne sind es ihr Vater, ihr Bruder und ihr Verlobter, die im Krieg ihr Leben lassen mussten, Rosalies Mutter und ihr Bruder wurden bei einem Bombenanschlag getötet. Und nun müssen sie irgendwie überleben, es ist die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, Deutschland liegt in Trümmern.
    Theresia Graw erzählt von den Nachkriegsjahren 1945 bis 1947. Stellvertretend für die vielen Schicksale lässt sie ihre Figuren diese Jahre erleben und bindet die fiktive Handlung in die historisch verbürgten Tatsachen ein. Die Menschen hatten damals neben dem stets nagenden Hunger mit einem schlimmen Hochwasser zu kämpfen, ein Dürresommer und ein strenger Winter waren eine Herausforderung, die nicht jeder überlebte. Das wenige, das sie noch hatten, wurde gegen ein Stück Brot getauscht, der Schwarzhandel blühte trotz des strengen Verbotes. Wer einen Arbeitsplatz in der Besatzungszone bei den Briten ergattern konnte, war fein heraus. Hier gab es alles – Zigaretten, Kaffee und viele unerschwingliche Luxusartikel, die wiederum begehrte Tauschobjekte waren.
    Auch Rosalie, die bei einem Bauern und seinem Sohn Unterschlupf findet, kellnert am Wochenende bei den Briten, sie träumt davon, eines Tages mit einem schmucken Soldaten nach England zu gehen. Anne dagegen will lange nichts von den Tommys wissen, haben sie doch ihren Margarethenhof, ihr geliebtes Hotel, besetzt, während sie in einer zugigen Baracke haust. Die Umstände zwingen sie dann doch, als Dolmetscherin für die Besatzer zu arbeiten.
    „Don´t kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde null“ erzählt von der Zeit danach. Der Krieg ist verloren, die Briten führen ein strenges Regiment. Und sie leben gut, ihnen mangelt es an nichts, im Gegensatz zur deutschen Bevölkerung. Ist der Kontakt zwischen den Deutschen und den Briten anfangs noch strengstens verboten, wird es zunehmend lockerer.
    Das Buch hat mich tief berührt. Die Autorin beleuchtet diese Zeit durchaus kritisch, sie erzählt im Wechsel von Anne und von Rosalie und bindet diese fiktiven Elemente in die bestens recherchierte Historie ein. Gewaltsame Übergriffe gehören ebenso dazu wie eine Liebe, die aber weit entfernt von jeglicher Romantisierung ist. Dieser historische Roman ist ein beeindruckendes, ein rundum gelungenes Stück Zeitgeschichte, einfühlsam erzählt.
    Der nächste Redner ist eine Dame

    Der nächste Redner ist eine Dame (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    30.06.2024

    Absolut lesenswert

    „Der nächste Redner ist eine Dame.“ Heute mutet diese Ankündigung befremdlich an, damals jedoch, als der Bundestagspräsident Erich Köhler die Theologin und CDU-Abgeordnete Anne Marie Heiler am 12. Mai 1950 als Rednerin ankündigt, war es keine Selbstverständlichkeit, eine Frau ans Rednerpult zu lassen. Fünf Minuten Redezeit steht jedem zu, ihre Fraktionskollegen haben diese weidlich ausgenutzt und überschritten, sodass für sie noch magere drei Minuten übrig bleiben. Großzügig erhöht Köhler um eine Minute auf stolze vier Minuten. Ganze 64 Sitzungen hat Heiler abwarten müssen, bis ihr erstmals das Wort erteilt wird. Dies ist eine der kleinen Anekdoten, die auch dazu gehören, die von den Pionierinnen des Deutschen Bundestages erzählen. Das Buch ist aber sehr viel mehr, es stellt wegweisende Pionierinnen unserer parlamentarischen Demokratie vor, zeichnet ihren Lebensweg und ihr politisches Wirken nach.
    Bärbel Bas, die Präsidentin des Deutschen Bundestages, hat das ausführliche, sehr lesenswerte Vorwort verfasst, die Schriftstellerinnen Helene Bukowski, Julia Franck, Shelly Kupferberg, Terézia Mora und Juli Zeh stellen je eine Abgeordnete vor, alle Porträts berichten von starken, unerschrockenen Frauen, die an ihre Sache geglaubt und dafür gekämpft haben. 38 Kurzbiographien schließen sich an.
    Da die Frauen durchweg hintere Listenplätze innehaben, rücken sie erst dann nach, wenn ein Abgeordneter stirbt oder aus anderen Gründen ausscheidet. Diese Nachrückerinnen werden wenig despektierlich Sarghüpfer genannt. Auch diese Episode verdeutlicht den Stellenwert der Frauen, die sich gegen die nicht nur zahlenmäßig überlegenen männlichen Abgeordneten behaupten mussten. So einige davon sind mir schon ein Begriff, viele jedoch sind heute vergessen, dieses Buch setzt ihnen ein Denkmal und sollte unbedingt gelesen werden. Neben ihrem unermüdlichen Einsatz und ihrem politischen Wirken ist es ein informatives, interessantes und dazu gut zu lesendes Zeugnis einer Zeit, in der unsere Demokratie fest verankert wurde.
    Graceland - Die Geschichte eines Sommers

    Kristen Mei Chase
    Graceland - Die Geschichte eines Sommers (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    28.06.2024

    Warmherzig

    „Die Geschichte eines Sommers“ ist so viel mehr als „nur“ eine Reise nach „Graceland“. Diese tausend Meilen von El Paso bis hin nach Memphis sind voller Leben und so ganz anders, als ich es erwartet habe. Loralynn ist siebzig und noch immer hat sie sich ihren großen Traum, einmal Elvis ganz nahe zu sein, nicht erfüllt. Jetzt endlich will sie es wagen, ihre Tochter Grace soll sie begleiten. Nun, die beiden sind schon in Kontakt, monatliche Pflichtanrufe und alle zwei Jahre ein Besuch bei der Mutter müssen genügen. Da Grace Ehe am Ende scheint, braucht sie einen Ortswechsel, die Reise kommt ihr ganz gelegen.
    Alles beginnt so, wie ich es erwartet habe. Loralynn ist nicht nur ein Elvis-Fan durch und durch, sie lebt ihre Leidenschaft direkt und zeigt dies auch nach außen hin. Ihre Klamotten sind schrill, momentan trägt sie Schwarz, Priscilla lässt schön grüßen. Die ersten Seiten lesen sich amüsant, Loralynn ist im Gegensatz zu ihrer direkt bieder erscheinenden Tochter eine exzentrische Persönlichkeit. „Lass dich einfach treiben, Grace. Ausnahmsweise mal“ ist nicht das Schlechteste, was Loralynn ihrer Tochter rät. Und so machen sie Station bei Madame Arabella, einer Hellseherin, besuchen eine Elvis-Show irgendwo auf dem Weg nach Graceland, Line Dance und Karaoke sind willkommene Abwechslungen, sie machen Zwischenstation in Odessa bei Mamas alter Freundin Dottie und ihren Sohn Wyatt. Und dann reist ein unsichtbarer Geselle mit, der sie immer wieder zum Innehalten zwingt.
    So ein Mutter-Tochter-Ding, wie man es sich vorstellt, ist „Graceland“ allemal. Die beiden grundverschiedenen Charaktere sind dabei, sich einander wieder anzunähern und dazu gehört auch, sich der Vergangenheit zu stellen. Der locker-flockige, zuweilen schnoddrige Ton ändert sich, wenngleich er nie ganz verschwindet, er wird tiefgründiger, ohne an Leichtigkeit zu verlieren. Es ist eine warmherzige, eine humorvolle Geschichte voller Leben und witzigen Dialogen mit schon auch bedrückenden Momenten, die trotzdem lehrt, nie aufzugeben. Kristen Mei Chase Debütroman macht Mut, diese Reise ist Versöhnung und Neuanfang zugleich, begleitet von Elvis und seinen Songs.
    Anna O.

    Matthew Blake
    Anna O. (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    26.06.2024

    Anna Ogilvy – eine Mörderin?

    Was für ein Szenario! Anna Ogilvy hat seit vier Jahren ihre Augen nicht mehr geöffnet. Sie liegt da und nichts scheint ihren Schlaf zu stören. Harriet, ihre Krankenpflegerin, versorgt die Schlafende rund um die Uhr. Davor ist Schreckliches passiert. Anna wurde blutverschmiert, mit einem Küchenmesser in der Hand, neben den Leichen ihrer Freunde aufgefunden. Schon da war sie nicht mehr ansprechbar und ist seitdem aus ihrem Tiefschlaf nicht mehr erwacht.
    Der Experte für Schlafmedizin, Dr. Benedict Prince, hat schon vieles gesehen. Patienten, die im Schlaf das Haus verlassen, sogar Auto fahren, sind ihm nichts Neues und man möchte es nicht glauben, manche töten sogar. Was diese Personen geträumt haben, wissen sie beim Aufwachen meist nicht. Auch nicht, was sie während ihres Schlafwandelns getan haben. Nun wird Ben in die Schlafklinik The Abbey gerufen, um sich der gerade hier eingelieferten Anna Ogilvy anzunehmen. Neben der Frage nach Annas Schuld macht Ben sich daran, sie aufzuwecken. Ob ihm dies gelingen wird? Neben Ben sind es noch etliche Personen, die ihn und seine Nachforschungen um Anna interessiert beobachten.
    Zunächst ist es die Person Ben, die immer wieder zu Wort kommt. Allerdings waren mir diese Passagen zu steril, nicht recht greifbar. Private Momente mit seinem Kind und seiner Ex-Frau, die als Kommissarin damals direkt vor Ort war, wechseln sich ab mit seinem Klinikalltag, in dem er mit der schlafenden Anna arbeitet mit dem Ziel, sie wach zu bekommen. Dabei ist u. a. von einem Resignationssyndrom die Rede, einer Krankheit, bei der sich die Betroffenen nach einem traumatischen Erlebnis in sich selbst zurückziehen und so sich der schwer auszuhaltenden Belastung entziehen.
    Die Erzählperspektiven wechseln, man erfährt mehr vom Leben der Anna O. und deren Umfeld inklusive der Tat. Parallelen zu einer früheren, ähnlichen Tat, werden sichtbar - dem Sally-Turner-Fall, der durch alle Medien ging. Sally Turner hat – exakt zwanzig Jahre vor Annas Tat – schlafwandelnd ihre Stiefkinder erstochen.
    Es ist eine ganze Menge an Stoff, der hier verarbeitet wird. Das doch etwas schwierige Hineinfinden ins Buch war vor allem Bens teils irrationalem Verhalten geschuldet, seinem Charakter musste ich mich annähern, ihn mir erst „erlesen“. Seine Herangehensweise an Anna O. habe ich mit Spannung verfolgt, dann jedoch kam er mir wieder unnahbar, ja fremd, vor. Nicht nur er hat seine ganz besondere Art, auch die anderen Charaktere sind facettenreich ausgearbeitet. Die Erzählweise ist fesselnd, dann wieder finden sich viel zu lange, sich wiederholende Passagen, welche die Story zäh dahinfließen lassen. Das Ende zeichnet sich ab, ist jedoch für mich zu gewollt, zu aufgesetzt.
    „Anna O.“ ist ein Buch mit Höhen und Tiefen, es thematisiert ein spannendes Phänomen, die schon erwähnten Längen haben dem Lesefluss geschadet.
    Die Zeit der Zikaden

    Moritz Heger
    Die Zeit der Zikaden (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    26.06.2024

    Neuanfang

    „Die eine Naturgewalt, vor der hat uns keiner gewarnt, und dabei ist es die natürlichste, die, die ausnahmslos alle betrifft. Sie heißt einfach – Altern.“
    So lese ich es gleich mal. Altern – darum geht es. Es geht um Alex, die ihren Ruhestand damit beginnt, dass sie allen Ballast abwirft. Ihre Wohnung tauscht sie gegen ein Tinyhouse auf Rädern ein, all das Angesammelte verkauft oder verschenkt sie. Und um Johann geht es auch, dem das geerbte Steinhaus in Ligurien gerade recht kommt, um aus seinem bisherigen Leben auszubrechen. Auf der Hochzeit von Johanns Sohn begegnen sich die beiden, erzählen sich ihre Zukunftspläne und wie es manchmal so kommt, landet Alex mitsamt ihrem schmalen Tinyhouse in Johanns weitläufigem Grundstück in Ligurien. Jeder hat hier sozusagen seinen eigenen Rückzugsort, beide Eingangstüren zu ihrem Heim liegen auf gleicher Höhe. Alex und Johann nähern sich einander an. Er beginnt, sie zu malen. Sie, die schon als Lehrerin eine Theater AG geleitet hat, sieht ihre Chance, sich auch hier in dieser Richtung etwas aufzubauen. Dazwischen liegen viele Momente voller Leben und Neugier.
    Moritz Heger schreibt auch hier über das Leben. Schon „Aus der Mitte des Sees“ hat er tiefe Empfindungen und ehrliche Gedanken zugelassen, seine Protagonisten dort waren jünger als hier. Und doch sind es auch hier zwei Menschen, die einen Neuanfang wagen. Sich noch einmal spüren wollen, sich der Fülle des Lebens mit allen Sinnen annähern.
    „Die Zeit der Zikaden“ wird in zwei Teilen erzählt, wobei der erste so einiges aus deren beider Leben berichtet und die Hälfte des Buches einnimmt. Davon hätte ich nicht unbedingt so viel gebraucht, eine kürzere Charakterisierung dessen wäre mir zugunsten des zweiten Teiles lieber gewesen. Dieser zweite Teil dann ist mit „Ankern“ überschrieben. Hier geht es um Alex und Johann, um ihre Pläne, um ihre Träume, um Freundschaft und Liebe und es geht auch darum, dass man nie zu alt ist, Altes loszulassen zugunsten von Neuem, von Unbekanntem, das man einfach zulassen sollte. „Je älter ich werde, umso mehr denke ich: Letztendlich kommt es immer aufs Hier und Jetzt an.“ Man ist nie zu alt, um neugierig zu sein und es zu bleiben, um sich auszuprobieren.
    Moritz Heger schreibt sehr klug über das Alter und über das, was einen nach einem arbeitsreichen Leben noch alles erwartet. Alex und Johann bin ich gerne gefolgt, in Ligurien waren sie mir jedoch sehr viel näher, ihre Vorleben hatte für mich jedoch unnötige Längen.
    Die Sommer mit ihm

    Emma Cowell
    Die Sommer mit ihm (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    25.06.2024

    Bittersüße Romanze vor herrlicher Kulisse

    Ab und zu muss es auch ein Roman sein, der die Seele wärmt. „Die Sommer mit ihm“ ist nicht nur eine bittersüße Romanze vor herrlicher Kulisse, nein - diese Sommer sind sehr viel mehr, sie erzählen von einer großen Liebe…
    Sophies Mutter hat den Kampf gegen ihre Krankheit verloren und nun steht sie da, voller Trauer um ihre viel zu früh verstorbene Mutter Lyndsey, sie war eine bekannte und erfolgreiche Malerin. Sophie findet eine zusammengefaltete Kopie eines Bildes. Nach Rücksprache mit Mutters Agentin wird klar, dass es hier um das verschollene fünfte Gemälde einer Serie handeln muss. Kurzerhand fliegt Sophie nach Griechenland mit dem Ziel, in dem kleinen Küstenort Methoni danach zu suchen.
    Kaum angekommen tritt sie in einen Seeigel und wie es der Zufall so will, ist ein Fischer in der Nähe. Dieser entfernt den Stachel und versorgt die schmerzhafte Wunde, sie kommen ins Gespräch, finden sich sympathisch und verabreden sich. Wie sich später herausstellt, hat jeder der beiden sein Päckchen zu tragen, das Leben ist weder an Sophie noch an Theo, wie der Fischer heißt, spurlos vorübergegangen.
    Neben der Suche nach dem vermissten Methoni-Bild spielt natürlich die Liebe eine Rolle, wenngleich es zu so manchem Missverständnis kommt. Emma Cowell hat mir nicht nur all dieses Zwischenmenschliche vermittelt, sie hat mir auch die zauberhafte Landschaft in all ihren Facetten so schmackhaft gemacht, wie es auch das griechische Essen war. Denn am liebsten hätte ich mich sofort mit ihnen allen an den reichlich gedeckten Tisch gesetzt, mit ihnen gelacht, getanzt, gesungen – und dies mit allen Sinnen genossen.
    Beim Lesen spüre ich direkt die Sonnenstrahlen, spüre die Lebensfreude, aber auch eine Liebe, die mit so manchen Hindernissen zu kämpfen hat. Und da ist auch noch die Vergangenheit, die eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Das Buch ist perfekt, um sich wegzuträumen.
    Long Island

    Colm Tóibín
    Long Island (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    24.06.2024

    Geschichten, die das Leben schreibt

    „Long Island“ knüpft an „Brooklyn“ an, in dem es die Irin Eilis in jungen Jahren der Arbeit wegen nach New York verschlägt. Familiär bedingt kehrt sie für einige Wochen nach Irland zurück, dies alles geschieht in den 1950er Jahren.
    Nachdem ich „Long Island“ vor mir liegen hatte, habe ich beschlossen, den Vorgängerband zu lesen, was sich als sehr gute Entscheidung herausgestellt hat. Hatte ich doch besseren Zugang zu dem Personenkreis, allen voran zu Eilis und Jim, den sie nach zwanzig Jahren in den USA nun in ihrer alten Heimat wiedertrifft. Damals waren sie ein Liebespaar, das durch Eilis Abreise jäh getrennt wurde. Und nun sehen sie sich wieder, die alte Leidenschaft erwacht neu.
    Vordergründig ist Eilis zum achtzigsten Geburtstag ihrer Mutter herübergeflogen, der eigentliche, der schwerwiegendere Grund dürfte jedoch an Tony liegen, mit dem sie seit zwanzig Jahren verheiratet ist und mit ihm und den beiden gemeinsamen Kindern in einem der vier Häuser lebt, die von seiner italienischen Familie auf Long Island erbaut wurden. Soweit, so in Ordnung. Wäre da nicht das Baby, das Tony mit einer anderen, einer ebenfalls verheirateten Frau, gezeugt hat und deren Ehemann dieses Kind, sobald es auf der Welt ist, vor Tonys Tür legen wird. Nicht nur dieser gehörnte Ehemann weigert sich, das Kind bei sich zu haben, auch Eilis sträubt sich dagegen und lässt dies sowohl Tony als auch dessen Familie wissen, was diese jedoch nicht zu stören scheint. Allen voran ist Eilis Schwiegermutter fest entschlossen, Tonys außereheliches Baby in die Arme der Großfamilie zu schließen, der werdende Vater verweigert jegliche Aussprache mit seiner Frau und verkriecht viel lieber hinter seiner dominanten Mutter.
    Eilis Welt bricht entzwei, der Flug nach Irland und der geplante, mehrwöchige Aufenthalt dort verhelfen ihr zu dem so dringend nötigen Abstand. Hier trifft sie auf Jim, die beiden verband vor zwanzig Jahren eine kurze, heftige Liebe, sie nähern sich wieder an, die alte Leidenschaft scheint neu entflammt. Dass Jim anderweitig liiert ist, weiß sie nicht.
    Colm Tóibín schreibt unaufgeregt, es scheint nicht viel zu passieren und doch geschieht eine ganze Menge. Die Liebe zu Jim in Irland flammt erneut auf, sie genießen diese gestohlenen Stunden, denn die beiden wollen ihre neu gewonnene Zweisamkeit ganz für sich alleine. Jim, der ewige Junggeselle, hat schon länger eine ebenfalls heimliche Affäre mit Nancy, einer Jugendfreundin von Eilis, die jung verwitwet ist. Nancy hat ihre Träume und Ziele, genau so wie Jim, der zwischen den beiden Frauen steht, ohne dass die eine von der anderen weiß.
    Aus Sicht dieser drei Protagonisten erfahren Tóibíns Leser so einiges. Eilis ist eine zupackende, lebenserfahrene Frau. In ihre Ehe mit Tony hat sich der Alltag eingeschlichen. In „Booklyn“ habe ich Tony als wunderbaren, sehr einfühlsamen jungen Mann kennengelernt, von dem aber nicht mehr allzu viel vorhanden ist. Er entpuppt sich als Muttersöhnchen, der jegliche Verantwortung von sich schiebt.
    Der Ire Jim ist noch immer Junggeselle, er ist eher der Geheimniskrämer, der auch die Liaison zu Nancy im Verborgenen lebt. Natürlich gehören dazu immer zwei, Nancy kann sich damit gut arrangieren.
    Colm Tóibín zeichnet ein nuanciertes Bild einer Familie, deren Idylle einen Riss bekommt. Das noch nicht geborene Baby fördert Gefühle und entschlossene Handlungsweisen zutage, die bis vor kurzen gut unter Verschluss gehalten werden konnten. Da ist die betrogene Ehefrau, die plötzlich vor den Scherben ihrer Ehe steht und nicht nur das, auch ihre Schwiegerfamilie wendet sich gegen sie. Auch wenn ich nicht alles gutheißen mag, was Eilis in dieser für sie sehr verletzenden Situation macht, so ist es doch sie, die mit ihrem Ehemann mehrfach das Gespräch sucht, er jedoch darauf abweisend reagiert.
    „Long Island“ ist direkt aus dem Leben gegriffen, geht es doch wie so oft um diese Sprachlosigkeit, um Heimlichkeiten und um viele verpasste Chancen. Hätte man besser kommuniziert, dem anderen zugehört, die Liebe und die Zweisamkeit besser gepflegt, dann hätte man so einiges verhindern können. Colm Tóibín gelingt es meisterlich, all diese menschlichen Unzulänglichkeiten einzufangen, sie in eine gut lesbare Form zu bringen. Er beobachtet genau, ohne zu werten. Gewertet werden seine Figuren von uns, den Lesern. Und wenn das geschieht, wenn man sich mit den einzelnen Protagonisten auseinandersetzt, sie mag oder sie verdammt, dann hat der Autor alles richtig gemacht, wie ich finde.
    Ein großartiger Roman ist ausgelesen, ich habe mich mit ihnen allen ausgesöhnt, bin froh, vorab „Brooklyn“ gelesen zu haben und kann „Long Island“ all jenen empfehlen, die nicht nur von einer heilen Welt lesen wollen. „Long Island“ erzählt Geschichten, die das Leben schreibt. Leise und dennoch kraftvoll vorgetragen.
    Tod auf der Unterbühne

    Konstanze Breitebner
    Tod auf der Unterbühne (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    22.06.2024

    Der Tod stand nicht im Drehbuch

    Vorhang auf, der „Tod auf der Unterbühne“ stand zwar nicht im Drehbuch, aufgeklärt sollte er dennoch werden. Und dafür ist die junge Kriminalpolizistin Antonia Ranik zuständig.
    „Bald ist er weg, der Tyrann“ denkt da ein Ensemblemitglied, als es am Regiepult vorbeischaut. Als dann der Tote entdeckt wird, stellt sich für so manchen die Frage, ob denn dieser Tod inszeniert ist, er zum Stück gehört. Denn dieser Sommernachtstraum reloaded, dessen Generalprobe gerade ansteht, hat es in vielerlei Hinsicht in sich. Voller technischer Raffinessen hebt es sich von den „normalen“ Inszenierungen aufs Erfreulichste ab.
    Ach ja, der Tote ist kein geringerer als Mateo Ander, der egomanische Spielleiter. Da liegt er nun auf der Unterbühne und alle sind sie mehr oder weniger geschockt. Antonia und ihr nicht sehr ehrgeiziger Kollege, mit dem sie aber dennoch gut zusammenarbeitet, tauchen ein in eine für sie vollkommen fremde Welt. Von den Schauspielern bis hin zu den Kulissenschiebern müssen alle vernommen werden, ein Kaleidoskop an Persönlichkeiten offenbart sich den Ermittlern. Es ist schon ein buntes Völkchen, auch Mateos Witwe, die stets an seiner Seite war, mischt kräftig mit. Wie sich bald herausstellt, war der Herr Theaterregisseur ein selbstgefälliger, aufgeblasener Widerling, der sich gerne einen herausgepickt und den so richtiggehend gequält hat. So einer dürfte genug Feinde haben, so viel steht fest.
    Konstanze Breitebner weiß, wovon sie schreibt. Dabei meine ich beileibe nicht den Mord, eher schon die Zauberwelt des Theaters und das ganze Drumherum. Sie lässt ihre Leser Theaterluft schnuppern, geht ein auf die Schauspieler und deren gar nicht immer so schillerndes Leben, gewährt so manchen Blick in die Trickkiste mitsamt dem enormen Aufwand, welcher letztendlich für spektakuläre Aha-Momente sorgt.
    Und natürlich ist es der Mord und dessen Aufklärung, der im Zentrum ihres Krimis mit viel Theaterflair steht. Ihre Charaktere sind nahbar und nett wie etwa Antonia, die nicht viel Aufhebens um ihre Person macht. Andere wiederum haben es faustdick hinter den Ohren, sie sind schwer zu durchschauen. Daneben bekommt man auch Einblick in die Existenznöte der eher kleineren Provinzbühnen. Um erfolgreich zu sein, müssen sie investieren und dabei brauchen sie stets ein volles Haus. Ein nicht immer leichtes Unterfangen.
    Das Stück spielt in einem kleinen Ort in Niederösterreich. Durch die österreichisch angehauchten Dialoge gelingt es der Autorin bestens, den Ort des Geschehens stets mit einfließen zu lassen. Während des Lesens habe ich mich dort sehr wohl gefühlt, zumal ich die Ausdrücke und Redensarten alle gut verstehe. Mein Ausflug in die Welt des Theaters war gar amüsant, die Tragödie um den Tod des Regisseurs hat mir gut gefallen.
    Das falsche Blut

    Philipp Gravenbach
    Das falsche Blut (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    18.06.2024

    Mitreißender Thriller

    Das zweite Buch der Ishikli-Caner-Serie hat es in sich. Auch wenn ich das Vorgängerbuch „Der 8. Kreis“ (noch) nicht kenne, so war ich auch ohne Vorkenntnisse bald mittendrin im Geschehen.
    Hauptkommissar Thierry Meissner, Leiter der Abteilung für Terrorabwehr des MAD, wird mit einer übel zugerichteten weiblichen Leiche konfrontiert. Der Auffindeort, eine verlassene Autowerkstatt in einem Pariser Hinterhof, ist komplett schallschutzisoliert und auch die Inneneinrichtung hat so gar nichts mit der ehemaligen Werkstatt zu tun. Und da ist ein Mädchen, das nicht spricht. Außer einem Foto, das es bei sich trägt, deutet nichts auf dessen Identität hin. Bald steht fest, dass das Kind durch seine bloße Existenz und seine besonderen Fähigkeiten eine zentrale Rolle in einem hochkriminellen, tödlichen Spiel innehat.
    Im Rahmen illegaler Medikamentenstudien eines erfolgreichen Pharmakonzerns werden deren Machenschaften zunehmend sichtbar. „Ware … sichergestellt“ heißt es lapidar, der monetäre Erfolg steht über jedweder Ethik, ein Menschenleben bedeutet nichts.
    Das Buch beginnt rasant und hält sein Tempo bis zum Schluss. Da ich, wie schon erwähnt, den „…8. Kreis“ nicht kenne, waren es zunächst die Figuren, die ich zuordnen musste. Neben Meissner und seiner Kollegin Yvonne Cassél ist es Ishikli Caner, die bis vor Kurzem als Auftragskillerin der türkischen Mafia unterwegs war und nun als Agentin des deutschen MAD nicht minder gefordert ist.
    Die Ermittler dürfen beileibe nicht zimperlich sein, ihre Gegner sind in allen Gesellschaftsschichten zu finden. Und sie sind hart im Nehmen, können sich dank ihrer herausragenden Ausbildung jedoch ganz gut zur Wehr setzen. Neben den illegalen Medikamentenstudien gilt es, einen bestens organisierten Menschenhandel aufzudecken. Dass dabei angesehene, jedoch äußerst korrupte Persönlichkeiten mitmischen, dürfte jedem klar sein.
    Actionreiche Szenen wechseln sich ab mit Tiefgründigem. Dabei geht es hart zur Sache, mitunter wird (muss) die Legalität zugunsten des anvisierten Zieles etwas legerer ausgelegt werden. Philipp Gravenbach verliert jedoch nie den roten Faden, seine Figuren haben Biss, sie sind charakterstark und unverwechselbar. Jede einzelne verdient das Prädikat „brillant“. Gravenbach hat mit seinem zweiten Buch um Ishikli Caner einen fesselnden, mitreißenden Thriller vorgelegt, der am Stück konsumiert werden muss.
    Der Totenarzt

    Chris Carter
    Der Totenarzt (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    07.06.2024

    Der Mörder unter uns

    Ein Mörder, der seit Jahren tötet und doch nicht entdeckt wird, muss ein Genie sein. Dass viele Morde für immer im Verborgenen bleiben, ist bittere Realität, Chris Carter weiß dies nur zu gut. Bei ihm greife ich blind zu, er hat mich noch nie enttäuscht. „Der Totenarzt“ ist das mittlerweile dreizehnte Buch mit dem Ermittlerduo Robert Hunter und seinem Partner Carlos Garcia. Carter weiß, wovon er schreibt, als ehemaliger Kriminalpsychologe hat er tief in menschliche Abgründe geblickt.
    Der Autopsiebericht lässt zunächst auf einen Verkehrsunfall schließen, die Todesursache soll jedoch Hypothermie, also Unterkühlung sein – ziemlich ungewöhnlich für die örtlichen Verhältnisse. Zudem lassen noch etliche andere Ungereimtheiten an dem Unfall erhebliche Zweifel zu. Hunter und Carlos wird je eine Kopie der Obduktion ausgehändigt mit der Bitte, sich diese Akte genauer anzusehen. Während sie noch an diesem Fall zu knabbern haben, macht sich andernorts einer auf, sein Werk transportfähig zu machen.
    Schon die ersten Seiten sind so einnehmend, dass ich nicht anders kann, als weiterzulesen, auch wenn ich bei dem, was ich lese, hart schlucken muss. Es bleibt beileibe nicht bei diesem oben erwähnten Verunfallten, dem ersten Toten folgt ein zweiter hinterher. Eine Studentin der Gerichtsmedizinerin Dr. Hove bekommt einen vermeintlichen Selbstmörder auf den Tisch, bei ihm entdeckt sie allzu Auffälliges. Die LAPD wird informiert, Hunter und Carlos stehen vor einem erneut mysteriösen Fall. Aber Hunter wäre nicht er, wenn er keinen Zusammenhang erkennen würde. Nur, was nützt ihm diese Erkenntnis? Denn lange laufen er und Carlos einem Phantom hinterher.
    Das ganze Konstrukt um einen Serientäter ist komplex und dennoch gut nachvollziehbar, der äußerst intelligente Täter agiert im Verborgenen, seine Motivation ist nicht erkennbar. Hunter und Garcia bleiben dran, denn sie befürchten, dass hier ein Serientäter am Werk ist. Die Opfer, soweit bekannt, waren Einzelgänger, die keiner vermisst.
    Der Thriller à la Carter hat, wie schon erwähnt, einen realen Hintergrund. Viele Morde werden nicht aufgedeckt, viele Mörder leben als brave Bürger unter uns. Das Ermittlerteam ist mir mittlerweile sehr vertraut, ich möchte noch viel von ihnen lesen, noch ganz viele Fälle mit ihnen lösen. Sie sind ein eingespieltes Team, sie können sich aufeinander verlassen, ihre Dialoge haben Biss. „Jetzt schlägt´s 13!“ ist vorbei, ich warte auf den nächsten Band.
    Tote Augen weinen nicht (Thriller)

    Gunnar Schwarz
    Tote Augen weinen nicht (Thriller) (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    07.06.2024

    Bekker & Meislow zum Zweiten

    Der zweite Fall für Charlie Bekker und Stella Meislow erschüttert nicht nur die beiden Spezialermittlerinnen, das gesamte Team ist fassungslos ob solcher Grausamkeiten. Eine Frauenleiche wird gefunden, der Stich ins Herz war tödlich. Aber nicht genug damit, steckt auch noch in jedem Auge ein Nagel. Sollte diese rigoros vollzogene Tötung eine Botschaft sein? Zumindest das Messer gibt bei näherer Betrachtung Anlass zu dieser Vermutung.
    Bekker & Meislow, zum Zweiten, ist in sich abgeschlossen, kann also ohne das Vorgängerbuch zu kennen gelesen werden. Charlotte, die auf Charlie hört, strahlt eine natürliche Autorität aus, Stella kann sie für ihre zuweilen burschikose Art nur bewundern. Aber auch Stella ist gut in ihrem Job, wenngleich dies ihr so einige nicht zutrauen. Ihr Vater, ein einflussreicher Politiker, lässt sie nicht aus den Augen, was für sie eher einengend denn beschützend ist.
    Nun, den beiden Ermittlerinnen wird bald klar, dass es sich hier um keine Einzeltat handelt. Eine zweite Leiche wird gefunden, ein Stich ins Herz und je ein Nagel in den Augen lassen einen Serientäter vermuten. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt für die Ständige Mordkommission, alle arbeiten fieberhaft und als der nächste Tote gefunden wird, werden Gemeinsamkeiten sichtbar.
    Als hätten sie nicht genug zu tun, taucht ein seit einem Jahr auf der Flucht befindliche Mörder auf, der seine Unschuld beteuert, sich aber versteckt halten muss. Er wird per Haftbefehl gesucht und nimmt nun Kontakt zu Charlie auf. Sie hat seinen Fall damals bearbeitet und meint, sein Ergreifen vermasselt zu haben, als hört sie ihn an. Dieser Nebenstrang ist nicht minder interessant, auch kommt der Mörder des aktuellen Falles mehrmals zu Wort.
    Gunnar Schwarz hat es auch hier wieder geschafft, mich bis zum Schluss miträtseln zu lassen. Neben seinen beiden Hauptakteurinnen Charlie und Stella, die ich direkt vor Augen sehe, sind auch die anderen Charaktere lebensnah dargeboten. Der komplexe Fall mit mehreren Leichen ist lange nicht durchschaubar, der Täter und sein Motiv trotz der losen Fäden, die sich mehr und mehr verknüpfen, erst spät sichtbar. Die Spannung ist sofort da und hält bis zur Aufklärung an, wenngleich das Ende ein wenig abrupt daherkommt.
    176 bis 200 von 254 Rezensionen
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