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    Magnolia

    Aktiv seit: 05. November 2023
    "Hilfreich"-Bewertungen: 10
    215 Rezensionen
    Halbe Leben Susanne Gregor
    Halbe Leben (Buch)
    28.01.2025

    Zwei Frauen, zwei ganz und gar unterschiedliche Leben

    Von Anfang an ist klar, wohin sich das Schicksal wendet, denn der Roman beginnt mit Klaras Tod. Sie war mit Paulína, der Pflegerin ihrer Mutter Irene, unterwegs auf unwegsamem Gelände. Dabei ist sie an einer mit Moos überdeckten Stelle abgerutscht und fünfzig Meter in die Tiefe gestürzt. Ein ungewöhnlicher Anfang für ein außergewöhnliches Buch, das rückblickend von der Ungleichheit zweier Frauen und deren so unterschiedlicher Leben erzählt.
    Nach Irenes Schlaganfall ist klar, dass sie Rundumbetreuung benötigt und was liegt da näher, als auf Pflegekräfte zurückzugreifen, die direkt im Haus wohnen. In der Slowakin Paulína findet Klara die perfekte Betreuerin, deren Dienst sich vierzehntäglich mit dem Pfleger Radek abwechselt. Vor allem Paulína ist es, die sich nebenbei um die ganze Familie kümmert – sie kocht, sie putzt, sie wäscht. Ihre Dienste werden nur zu gerne angenommen, es kommt immer wieder zu Mehrarbeiten, Tage und Wochenenden soll Paulína dranhängen, obwohl die Familie genau weiß, dass auf Paulína daheim ihre beiden Söhne warten, die während ihrer Abwesenheit von der Schwiegermutter betreut werden. Paulína schafft den Spagat zwischen ihrem Arbeitsverhältnis und ihrer eigenen Familie, aber irgendwann kommt es dazu, dass sie dieses Missverhältnis nicht mehr will.
    „Paulína könntest du… würdest du… ich wäre dir so dankbar, wenn du…“ Es sind diese Suggestivfragen, die sie ständig unter Druck setzen.
    Susanne Gregor zeigt auf, wie kleine Gefälligkeiten überhand nehmen. Die einen fordern immer mehr, bemerken gar nicht, dass sie zu weit gehen, dass sie Grenzen einreißen, dass sie sich keine Gedanken um den anderen machen, sie gar nicht nachdenken wollen, was sie ihrem Gegenüber abverlangen.
    Der Roman stimmt nachdenklich. Vor allem Paulína konnte ich sehr gut verstehen, wenngleich ich ihre Handlungsweise nicht in Gänze nachvollziehen wollte. Sie ist in einer monetär nicht gerade günstigen Lage, ist dadurch – als Alleinverdienerin - gezwungen, eine lukrative Beschäftigung anzunehmen. Klara indes ist karriereorientiert, sie ist eher egoistisch und meint, mit einem gelegentlichen Geldschein ihrer Sorgfaltspflicht als Arbeitgeberin nachzukommen. Dass das Menschliche dabei außer Acht gelassen wird, sieht sie nicht. Diese beiden und auch die anderen Charaktere sind gut beobachtet und überzeugend dargestellt, die Zerrissenheit zwischen dem Beruf, dem Geld-verdienen-müssen und die nagenden, immer stärker werdenden Schuldgefühlte der eigenen Familie gegenüber sind absolut nachvollziehbar. Ein starkes Buch, ein lesenswertes Buch.
    Die Schwestern von Krakau Bettina Storks
    Die Schwestern von Krakau (Buch)
    22.01.2025

    Krakau während der deutschen Besatzung

    Mit „Die Schwestern von Krakau“ hat Bettina Storks einen historischen Roman vorgelegt, der die Jahre 1941 bis 1943 in Krakau während der deutschen Besatzung wiedergibt.
    Der Prolog führt uns ins Jahr 1943, wir gehen direkt hinein nach Krakau zu Gusta Dawidson Draenger in ihre Gefängniszelle. Ihr Tarnname ist Justyna, sie ist aktives Mitglied von Akiba, einer jüdischen Widerstandsgruppe während der deutschen Besatzung.
    Danach führt uns der Weg nach Paris, wir schreiben das Jahr 2017. Bettina Storks verbindet das historische Geschehen mit der fiktiven Geschichte um die deutschstämmige Familie Wagner. Das Schicksal der beiden Schwestern Lilo und Helene steht im Mittelpunkt, erzählt wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen mit Orts- und Zeitangaben, sodass man jederzeit weiß, wo man sich gerade befindet.
    Nun, Édiths Vater Simon lebte in Paris, er erliegt mit 77 einem plötzlichen Herztod. Einige Monate zuvor hat er sie gebeten, zu ihm zu kommen, denn er wollte Wichtiges mit ihr besprechen. Das Gespräch, das zunächst nicht eilig schien, ist nicht mehr zustande gekommen. Nun sieht Édith sich in Simons Arbeitszimmer um und entdeckt dabei Notizen und eine Telefonnummer mit Stuttgarter Vorwahl, die zu einer Apotheke Wagner in Fellbach führt. „Was weiß Adi?“ steht auf einem Zettel. Adi ist Simons ältere Schwester, aber was soll sie wissen? Édiths Neugier ist geweckt und so ruft sie diese Nummer an, Tatjana meldet sich, sie ist bei ihrer Mutter Dora zu Besuch. Wie sich herausstellt, sind Édith und Tatjana miteinander verwandt, ihre Großmütter waren Schwestern. „Meine Großmutter Lilo und ihre Schwester Helene wuchsen als sogenannte Volksdeutsche im polnischen Krakau auf.“ Und so kommt es, dass Tatjana kurzerhand nach Krakau reist mit dem Ziel, mehr über ihre Familie zu erfahren. Édith versucht derweilen, in Paris bei ihrer Tante Adi mehr über die Vergangenheit herauszufinden, was sich allerdings als schier unmöglich erweist, da Adi keinerlei Erinnerungen zu haben scheint.
    Der historische Teil umfasst die Jahre 1941 bis 1943 im von den Deutschen besetzten Krakau. Dabei lesen wir von den Gräueltaten der Nazis und deren Umgang mit den polnischen Bürgern, gehen direkt ins jüdische Ghetto, erfahren von den Widerstandskämpfern und deren mutigen Helfern und von den Deportationen der Juden. Die historischen Figuren findet man nochmal gut beschrieben am Ende des Buches, es sind sowohl Widerstandskämpfer als auch so einige der brutalen SS-Gruppenführer. Auch sind die wichtigsten historischen Ereignisse angeführt, was zusätzlich zum besseren Verständnis beiträgt und die wichtigsten Mitglieder der fiktiven Familie Wagner in Krakau, Fellbach bei Stuttgart und Paris finden sich am Buchanfang.
    Es ist das Schweigen, das die Kriegsgeneration prägt. Auch bei den „Schwestern v on Krakau“ ist es nicht anders. Die junge Lilo bleibt in Krakau, sie war stets die Vernünftige, während ihre jüngere Schwester Helene es daheim nicht mehr aushält und sich klammheimlich nach Paris absetzt. Ihre Spur jedoch verliert sich, denn auch im fernen Frankreich sind es die Nazis, die viel Elend hinterlassen.
    Es war nicht mein erstes Buch von Bettina Storks und wird auch nicht mein letztes sein. Ich schätze ihre hervorragende Recherche, sie ist ganz nah an den geschichtlichen Ereignissen, verknüpft sie geschickt mit den fiktiven Elementen und präsentiert eine homogene, gut lesbare Geschichte, die mich tief berührt hat und mir das Gefühl gibt, ein Stück weit mehr von der leider so unrühmlichen deutschen Geschichte zu wissen. Nie mehr – ich hoffe, dass auch dieser Roman dazu beiträgt, nie zu vergessen.
    Verlassen Eva Björg Ægisdóttir
    Verlassen (Buch)
    17.01.2025

    Zwei Tage im November, die gar mörderisch enden

    Die schwerreiche Familie Snæberg, die sich anlässlich des hundertsten Geburtstages des Großvaters, den allerdings schon vor Jahren das Zeitliche gesegnet hat, in einem abgelegenen Hotel trifft, benimmt sich eher daneben.
    Im Wechsel lese ich davon, was am 3. November 2017 geschehen ist und dann zwei Tage danach, am 5. November. Dem Tag, als die Leiche gefunden wird. Dazwischen erfahre ich von der Arbeit der zuständigen Kriminalpolizei in Akranes. Die Kapitel sind mit Datum und dem Namen derjenigen Person überschrieben, die gerade im Vordergrund steht. Wobei Petra, ihre Tochter Lea und auch Viktor und seine derzeitige Freundin Maja sowie Trygvi, der Außenseiter der Familie nebst der Hotelangestellten Irma viel Raum einnehmen. Natürlich spielen noch andere Familienmitglieder eine Rolle, der Stammbaum der Familie Snæberg benennt sie alle. Er ist der Story vorangestellt, was gerade anfangs sehr hilfreich ist.
    Mein erster und mein bleibender Eindruck - allesamt sind sie Alkoholiker. Dazu so mancher drogen- und tablettensüchtig. Und nicht nur das, auch hat keiner der Figuren Kontur, sie bleiben blass, eher unscheinbar und unsympathisch. Wobei ich nicht jeden Buchcharakter mögen muss, denn oftmals sind es die Fiesen, die Ungeliebten, die eine Story beleben, sie interessant machen, was jedoch auf keinen der hier Agierenden zutrifft.
    Wir wissen, dass jemand verschwindet und dass jemand ums Leben kommt. Jedoch bleibt bis zum Schluss unklar, wer denn hier gemeint sein könnte, denn es hat den Anschein, als ob immer mal wieder einer abgängig ist und noch dazu ist so manche Szene mit sehr vielen Fragezeichen behaftet. Auch gibt die Polizeiarbeit nichts preis - weder, was genau geschehen noch, wer das Opfer ist. Das sollte es auch gar nicht, denn es sollte vorab nichts bekannt sein. Trotzdem bleibt das Buch farblos, die Erzählweise ist eher nüchtern, die Ereignisse muten wie aneinandergereiht an. Und die Polizisten sind eher Statisten, die schnell abgehandelt werden - von Hörður und Sævar ist nicht viel zu spüren und von Elma schon gar nicht, die ich in den Vorgängerbänden als Team sehr geschätzt habe.
    Nun, hier handelt es sich um ein Prequel, dessen Handlung nicht nach sondern vor den bekannten Ereignissen liegt. „Verschwiegen“, „Verlogen“ und „Verborgen“ habe ich sozusagen am Stück verschlungen, diesen Band jedoch musste ich immer wieder weglegen, die Story hat mich so gar nicht ins Buch gezogen. Und doch wollte ich wissen, wer denn nun das Opfer ist und genau dies hat mich dann einigermaßen mit diesem vierten Band der „Mörderischen Island-Reihe“ versöhnt, denn das unvorhersehbare Ende hat so einiges wettgemacht.
    Racheritual Ethan Cross
    Racheritual (Buch)
    10.01.2025

    Odins Geist

    Neues von Ethan Cross – da muss ich dabei sein, eh klar. Von Francis Ackerman jun. kann ich sowieso nie genug bekommen, da will ich natürlich auch seine neuen Charaktere unbedingt kennenlernen.
    Also: Baxter Kincaid jagt den Ravenkiller. Gleich mal werde ich in die Welt des Steinar Hagen eingeführt, der sich als Anführer der Odin Society der nordischen Mythologie verschrieben hat. Seine Berserker - Blutjäger oder auch Raben - ritzen ihren Opfern post mortem Rabensymbole auf die Stirn. Sie verstehen dies als Ehrerweisung Odins. Steinars Gegenspieler Baxter hat einst dazu beigetragen, ihn hinter Schloss und Riegel zu bringen. Den Polizeidienst hat er quittiert, als dabei sein Partner fast ums Leben gekommen wäre. Und nun, neun Jahre danach, beginnt das gefährliche Spiel von vorn.
    Baxter arbeitet mit Corin Campell zusammen. Sie wird leicht unterschätzt, ist sie doch eher klein und schmächtig. Und doch ist sie zäh und schnell, sie beherrscht gefühlt jede Kampfart, sie nimmt es locker mit jedem durchtrainierten Riesen auf. Mit Captain Natalie Ferrara, Chefin des Morddezernats, einer bildhübsche Latina, war Baxter einst liiert. Beruflich kreuzen sich ihre Wege immer mal wieder, sie ist seine bevorzugte Verbindung zur Polizei. Auch mischt Special Agent Isadora Davis vom FBI hier mit und auch begegnen wir Baxters ehemaligen Partner Terry wieder, der nach seiner Nahtoderfahrung als Priester seine Erfüllung gefunden hat.
    In drei Teilen entfaltet Ethan Cross sein „Racheritual“. Gleich mal sind wir den dunklen Verbrechen mit den Ritualmorden sehr nahe. Er führt seine Leser ein in die krude Welt des Ravenkillers, lässt tief in die Gedanken und Taten der „Kulturenthusiasten“ mit ihrem Glauben an den nordischen Spuk blicken. Wilde Gestalten, unterschiedliche Kriegertypen, treiben ihr Unwesen und Baxter ist sich sicher, dass Hagen und seine Berserker hinter den Morden stecken. Dabei ist unerheblich, ob Steinar Hagen inhaftiert ist, denn er ist auch über die Gefängnismauern hinweg mächtig und einflussreich.
    Im Gegensatz zu Ackerman ist Baxter beinahe handzahm, aber nur beinahe. Er ist ein ganz anderer Typ, er weiß seine Gegner zu nehmen, stellt denen so manch unvorhersehbare Falle. Mit Corin an seiner Seite sind die beiden ein unschlagbares Team, sie sind clever, agieren raffiniert und vorausschauend, sie ergänzen sich vortrefflich, auch wenn sie so einiges einstecken müssen. Vor allen die kleine, agile Corin sollte keiner unterschätzen. Dabei geht es hart zur Sache, die Morde ziehen sich durchs Buch, sie sind grausam, sie sind blutig, sie sind nichts für zarte Gemüter. Beide Seiten – die Guten und die Bösen – sind gut beschrieben. Gelegentlich vermischen sie sich, es ist und bleibt durchweg spannend und nervenaufreibend. Die Story hat mich von Anfang an gepackt und mich bis zum Schluss nicht aus ihren Fängen gelassen, erst dann wieder konnte ich durchatmen.
    Und nun heißt es warten, lange warten auf das „Racheblut“. Wer auch immer im nächsten Buch auftaucht, vielleicht sogar jemand, der vermeintlich in den ewigen Jagdgründen weilt – Ethan Cross traue ich alles zu. So viel jedoch weiß ich: „Racheritual“ ist die perfekte Einführung in die Baxter-Kincaid-Reihe – ich lechze nach mehr.
    Wackelkontakt Wolf Haas
    Wackelkontakt (Buch)
    09.01.2025

    Tolles Buch - eine Geschichte, die Funken sprüht

    Wolf Haas erzählt Geschichten. Nicht eine, nein. Er berichtet von Franz Escher, dem Trauerredner, dessen Steckdose einen Wackelkontakt hat. Und er schreibt über Elio Russo, der im Zeugenschutzprogramm eine andere Identität annimmt. Diese beiden Erzählungen werden zu einer einzigen, einer einzigartigen Vision, die ohne Kapitel auskommt, die sich ineinander verschlingen, die eins werden. Wie kommt es dazu?
    Nun, Franz Escher wartet auf den Elektriker und um sich die Zeit bis zu seinem Eintreffen zu vertreiben, liest er ein Buch. Auch Elio Russo liest. Während er von Escher und seinem Warten auf den Elektriker liest, liest Escher von Russo. Vom Gefängnis, von seiner Entlassung und von seiner neuen Identität. Je weiter sie lesen, desto mehr nähern sie sich an.
    Die doch sehr eigenwillige Konstruktion dieses Buches ist so abgefahren wie in sich stimmig, zumindest wird mir dies klar, je weiter ich lese. Gut, ich nehme das Buch nicht ständig zur Hand, um ein paar Seiten zu lesen wie es unsere Protagonisten tun. Nein, mich treibt es voran, ich will mehr wissen, bin gespannt auf das, was zum Schluss wohl kommen mag. Haas platziert jedes Wort, jeden Satz genau, zerfasert dabei alles, vermengt es in- und miteinander. Dies alles ist gut gewürzt mit einer gehörigen Prise Humor, der zuweilen ganz schön schwarz daherkommt. Das Ende dann hat mich nochmal total verblüfft. Wolf Haas´ Erzählkunst sprüht Funken. „Wackelkontakt“ ist meisterhaft in Szene gesetzt - ein Leseabenteuer der ganz besonderen Art.
    Die Insel der Angst Martin Griffin
    Die Insel der Angst (Buch)
    01.01.2025

    Eine einsame Insel?

    „Was hast du mir angetan, Tess? Was hast du getan?“ Schon der Prolog klingt geheimnisvoll, er macht direkt Lust auf die ganze Story, auf diese einsame Insel, auf der fünf Menschen für einige Tage zusammenleben müssen, wäre da nicht ein Mörder unter ihnen. Oder doch nicht?
    Ganz unerwartet erhält die Dokumentarfilmerin Tess den Auftrag, die Meeresbiologen von Seawild filmisch zu begleiten. Zwei Stunden von der Küste Madeiras entfernt liegt die Inselkette Ilhas Desertas. Ihr Ziel ist Navigaceo, die letzte der vier Inseln, auf der außer einer geschützten Population von Mönchsrobben niemand lebt. Sie haben vor, mithilfe eines Peilsenders Daten zu sammeln, die verraten sollen, wo die Tiere jagen, wie lange sie im Wasser bleiben, auch Temperatur und Tiefe sowie ihre Liegeplätze wollen sie ergründen.
    Auf der Insel angekommen, erforscht Tess die Insel und entdeckt dabei ein Skelett. Wie kann das sein, dass ein Mensch hier war, wenn doch seit mehr als fünfzig Jahren keiner mehr diese Insel betreten hat? Hier stimmt etwas ganz und gar nicht, denn die Leiche trägt Kleidung von Seawild. Tess wird neugierig, sie untersucht diesen Toten in einem unbeobachteten Moment näher und entdeckt dabei so einiges, was noch mehr Fragen aufwirft als nur diese, wer denn der Tote sei.
    In einem zweiten Erzählstrang ist Tess mit Gretchen unterwegs, beide sind einem Umweltskandal auf der Spur. Mehr sage ich dazu nicht, denn was es mit den Recherchen der beiden Frauen auf sich hat, dem möchte ich nicht vorgreifen.
    Martin Griffin erzählt ausführlich von Tess und davon, wie sie sich von London über Madeira auf den Weg zu der einsamen Insel Navigaceo macht. Für meine Begriffe etwas zu ausführlich, zu detailverliebt. Gut, die Infos sind schon wichtig für den späteren Verlauf, die Weitschweifigkeit nimmt jedoch der Story das Tempo, es geht eher gemächlich voran. Auf der Insel angekommen dann sieht es so aus, als ob jeder sein eigenes Ding verfolgt. Tess natürlich auch. Und nicht nur einmal wollte ich ihr zurufen, sie soll sich doch besser schützen, sie lebt hier ganz schön gefährlich. Hinzu kommt, dass die Wetterbedingungen sie länger auf der Insel halten, als vorgesehen.
    Die vier Wissenschaftler benehmen sich seltsam, auch Tess gegenüber. Wem ist zu trauen? Meine Meinung diesbezüglich habe ich des Öfteren geändert, denn keiner ist so recht durschaubar. Genau das mag ich, wenn ich lange im Dunkeln tappe. Und was ist mit dem Toten? Die Erklärung von Seawild, wie er denn auf diese Insel kommt, ist für mich nicht schlüssig und der oben angesprochene zweite Erzählstrang will sich für mich so gar nicht in diese Insel-Story einfügen.
    Der Thriller ist nicht schlecht, auch gibt es noch einen rasanten Show-Down, der eher stuntmäßig daherkommt, der schon arg überzogen ist. „Die Insel der Angst“ erzeugt schon sehr viel Angst, sie hat unheimliche Momente, denen man sich nicht aussetzen möchte. Und dann sind es diese Längen, die dem Buch viel nehmen, die mich in meiner Beurteilung dann doch beeinflussen. Es ist ein gut zu lesender Thriller mit starken und doch auch schwachen Szenen – unterhaltsam ist er allemal.
    One Perfect Couple Ruth Ware
    One Perfect Couple (Buch)
    01.01.2025

    Der Albtraum schlechthin

    Irgendwann ist Nico bei Lyla eingezogen und auch wenn ihre Beziehung nicht zum Besten steht, so ist doch der Alltag eingekehrt. Sie ist Wissenschaftlerin, jedoch läuft das Projekt, an dem sie arbeitet, bald aus. Wie es beruflich mit ihr weitergeht, steht in den Sternen. Bei Nico sieht es noch schlechter aus, er ist ein eher wenig beschäftigter Schauspieler, der nun seine große Chance wittert. Eine Realityshow steht in den Startlöchern – fünf Paare sollen auf der Insel Ever After im Indischen Ozean gegeneinander antreten. Das Ganze klingt für Nico sehr verlockend und so versucht er, Lyla dafür zu gewinnen. Nun, nach langem hin und her sagt sie zu.
    „One perfect couple“ wird überwiegend aus Lylas Sicht erzählt. Sie ist ein paar Jahre älter als er und kommt mir im Gegensatz zu Nico sehr viel reifer vor. Nachdem sie in Jakarta gelandet sind, warten sie auf das Schiff, das sie und ihre Mitstreiter auf besagte Insel bringen soll. Beim ersten Kennenlernen merkt man, dass der Ton schärfer wird. Baz hat das Projekt auf die Beine gestellt und er macht sofort unmissverständlich klar, wer hier der Boss ist. Handys und sämtliche andere elektronischen Geräte werden eingesammelt. In den zwanzig Stunden, die sie mit dem Boot unterwegs sind, wird klar, dass jeder Schritt, jedes Wort auf der Insel viral geht. Privatsphäre ade.
    Der erste Teil ist mit „Die Stille“ übertitelt, es ist sozusagen die Ruhe vor dem Sturm, was im wörtlichen und im übertragenen Sinne zutrifft. Teil zwei handelt dann von dem „Sturm“, der sie mit voller Wucht erwischt. Die Teilnehmer der Challenge sind auf sich alleine gestellt, das Schiff ist weg, ein Entkommen somit unmöglich. Dass der ein oder andere seine hässlichste Fratze zeigt, bleibt nicht aus. Es gilt das Recht des Stärkeren, zumindest kristallisiert sich dies immer mehr heraus, das vermeintliche Paradies verwandelt sich in einen Ort der Qual.
    Die so unterschiedlichen Charaktere prallen ungebremst aufeinander, wenngleich es schon dauert, bis das Ganze so richtig Fahrt aufnimmt. Was dann, vor allem nach dem Sturm, auf der Insel passiert, ist nicht unbedingt realistisch, selbst bei diesen Unwägbarkeiten – eine Insel, fünf Paare, die sich vorher nicht gekannt haben und ein alles dominierender Charakter, der nach Lust und Laune verfährt. Die Crew ist samt dem Boot weg, es gibt Tote und keinerlei Kommunikationsmöglichkeiten und das mitten im Ozean fern jeglicher Zivilisation. „Die Abrechnung“ benennt sich dann der letzte Teil, zwischendurch lesen wir so etwas wie ein Tagebuch, welches das Geschehen so ganz anders schildert – wer schreibt dies und zu welchem Zweck? Diese Abrechnung und die Auflösung kommen mir eher wie ein Schnelldurchlauf vor, wie ein sich überstürzendes Ende. Man wartet förmlich auf etwas Großes, auf eine raffinierte, eine überraschende Wendung.
    Der Thriller ist gut zu lesen und durchaus unterhaltsam, sieht man von dem nicht ganz stimmigen Ende mal ab. Ich wollte schon wissen, wie sich die hier Gestrandeten aus dieser schier ausweglosen Situation befreien oder befreit werden. Es gibt starke und schwache Momente und es gibt so einige merkwürdige Szenen, die schon auch dieser Ausnahmesituation geschuldet sein können. Ein Thriller, den ich gerne gelesen habe, der den erbitterten Kampf ums Überleben zeigt und der aufzeigt, wie die einzelnen Charaktere damit umgehen.
    Tödlicher Winter Lioba Werrelmann
    Tödlicher Winter (Buch)
    28.12.2024

    Gelungener zweiter Teil der Siebenbürgen-Krimireihe

    Mit Paul Schwartzmüller bin ich wieder in Siebenbürgen gelandet, diesmal jedoch im tiefsten Winter. Schon der Einstieg in die Siebenbürgen-Krimireihe von Lioba Werrelmann „Tod in Siebenbürgen“ hat mich für die Reihe begeistert, „Tödlicher Winter“ steht dem ersten Buch in nichts nach.
    Der Journalist Paul Schwartzmüller kehrt zurück in die alte Heimat in einen kleinen Ort in Siebenbürgen, der direkt im Herzen Rumäniens liegt. Dort hat er bei seiner Tante Zinzi glückliche Tage verbracht, bis er als 14jähriger mit seinem Vater nach Deutschland ging. Nach Zinzis Tod war er das erste Mal nach langer Zeit wieder da, dabei hat er die nicht sehr gesprächige Maia kennen- und liebengelernt, aber irgendwann musste er dann doch wieder zurück nach Deutschland. Und nun freut er sich auf ein Wiedersehen mit Maia, die er sechs Monate und 13 Tage nicht gesehen hat. Schon allein diese exakte Zählweise zeigt seine Sehnsucht nach ihr.
    Der Schock ist groß, als er bei Maia anklopft. Denn nicht sie, sondern ein Kerl öffnet ihm – Petre, Maias Ehemann. Er kommt bei seinem Freund Sorin unter, auch er ist unglücklich verbliebt. Nach einer durchzechten Nacht wird Paul verhaftet, denn Petre ist tot und Paul wird verdächtigt, mit seinem Tod zu tun zu haben. Frau Hatmanu, die Polizistin, sperrt in kurzerhand ins sogenannte Ehegefängnis, einer zugigen Hütte bei der Kirche. Die Lage spitzt sich zu, auch Maia landet dort, es folgen noch etliche Tote, angeblich bei Waldarbeiten verunfallt. Alles sieht eher nach Willkür aus, mithilfe einer Journalistenfreundin aus Deutschland beginnt Paul zu recherchieren.
    Nicht nur Paul wird in diesen bitterkalten Winter mit Schneemassen und Schneestürmen direkt hineingesaugt, auch mich lässt das Geschehen nicht los. Seltsame Dinge geschehen, die Autorin nimmt ihre Leser mit in eine sagenumwobene Welt. Wir begegnen etwa den Sântoaderi, das sind übernatürliche Wesen, das Mystische gehört zu diesem Landstrich ebenso wie viele andere Fabelwesen und Schauergeschichten, die Lioba Werrelmann gekonnt in ihre Geschichte einzuflechten weiß. Es geht auch um knallhartes Business, um illegale Abholzung, die mit kriminellen Methoden vorangetrieben werden, es geht um Schmuggel und um noch so einiges, es geht ums Überleben in dieser kargen und zu dieser Jahreszeit ziemlich unwirtlichen Umgebung.
    Auch dieses zweite Buch um Paul, den etwas tapsigen, stets aber aufrechten, gutmütigen Protagonisten habe ich sozusagen am Stück genossen. Das Buch kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden, es ist in sich abgeschlossen. Es wäre aber so gar nicht verkehrt – so als Tipp am Rande - Paul bei seiner Wiederannäherung an seine alte Heimat kennenzulernen, das erste Buch ist eine spannende Reise ins unbekannte Transsilvanien. Nun zurück zu diesem „Tödlichen Winter“. Auch hier spürt man die Geister Siebenbürgens, das Sagenhafte schwingt immer durch. Daneben lesen wir von skrupellosen Typen, die ohne Rücksicht ausschließlich auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.
    Dieser Krimi im bitterkalten Winter hat mich voll erwischt, ich habe mitgezittert, habe gebibbert und gefroren, die Autorin hat mich ins Geschehen gezogen, ihren Charakteren nehme ich ihre Eigenschaften voll ab – von nett und umgänglich bis hin zu verschlangen, gewissenlos und unberechenbar. Eine eisige, frostklirrende, unheimlich-schaurig-schöne Reise ist nun zu Ende, ich habe sie sehr genossen, war direkt mittendrin und nun hoffe ich, dass ich noch mehr von Paul lesen werde, ich freue mich auf seinen nächsten Aufenthalt in Siebenbürgen, wenn es wieder heißt: Paul Schwartzmüller ermittelt.
    To Die For Lisa Gray
    To Die For (Buch)
    27.12.2024

    Packender Thriller

    „Und auch sie mussten zugeben: Das Haus war zum Sterben schön.“
    Das Maklerbüro Saint Reality bietet für 50 Mio Dollar ein atemberaubendes Strandhaus in bester Lage an. Diese Luxusimmobilie ist das Traumhaus schlechthin, es bietet eine spektakuläre Aussicht über den Strand von Malibu. Haus und Außenanlagen lassen keine Wünsche offen, genau richtig für einen solventen Kunden. Seinen fünf Mitarbeitern stellt David Saint eine Provision von einer Mio Dollar in Aussicht. Für Andi Hart, Hunter Brooks, Myles Goldman, Krystal Tailor und Verona King beginnt ein Konkurrenzkampf, denn keiner will sich dieses lukrative Geschäft entgehen lassen. Die Krallen sind geschärft und angespitzt, sie werden ausgefahren und notfalls auch eingesetzt, es geht einfach um zu viel. Keiner kann es sich leisten, hier zu verlieren.
    Ausgerechnet am Tag der offenen Tür wird eine Leiche gefunden, Detektive Jimmy Aribo und sein Partner Tim Lombardi vom Los Angeles County Sheriff´s Department ermitteln. Ihre Arbeit wird abwechselnd mit dem, was nach dieser Tat geschieht und dem Davor erzählt. Dabei kommt immer mehr zum Vorschein, jeder einzelne hat dunkle bis sehr dunkle Flecken vorzuweisen, eine weiße Weste scheint keiner zu haben. Der äußere Schein trügt auch in der Welt der Makler und auch wenn wir tiefe Einblicke in ihr privates Umfeld und in ihr Seelenleben bekommen, so ist jedoch keineswegs klar, wer denn imstande wäre, für viel Geld zu morden. Auch ist lange nicht sichtbar, wer der Tote ist und ob er wirklich gewaltsam zu Tode kam.
    Lisa Gray erzählt ihre Story in zwei Zeitebenen, sie gibt viele Infos preis und doch hält sie sehr geschickt alle Erzählstränge offen. Dabei kommen ihre Leser jedem ihrer Figuren sehr nahe, sie alle sind sehr individuelle Persönlichkeiten, deren Leben voller Höhen und Tiefen abläuft. So manch fiesem Charakter traut man alles zu. Mehr noch, man hofft, dass diese hinterhältigen Typen bald entlarvt werden – und dann kommt es doch wieder ganz anders.
    TO DIE FOR hält die Spannung durchgehend und bietet am Ende dann doch eine überraschende Wendung an - ein fesselnder Thriller, dem ich mich nicht entziehen konnte, es aber auch gar nicht wollte.
    Finsteres Herz Holger Karsten Schmidt
    Finsteres Herz (Buch)
    20.12.2024

    Tiefgründig, erschütternd, fesselnd

    „Finsteres Herz“ ist der zweite Fall für Lona Mendt und Frank Elling. Alles beginnt im Zeugenschutzhaus, in dem sich neben den beiden Hauptkommissaren noch andere Polizisten zum Schutz der 12jährigen Sarah aufhalten. Sie bekommen die Nachricht, dass ein gesicherter Fahrdienst zu ihnen unterwegs ist, um sie alle in ein anderes Haus zu verlegen. Bald wird klar, dass dies eine Finte ist, es kommt zum Schusswechsel, nicht alle überleben diesen Überfall, Sarah jedoch entkommt.
    Es geht gleich richtig zur Sache. Man fühlt direkt die Gefahr, der sie ausgesetzt sind. Simon Rost, der zuständige Staatsanwalt, gibt den beiden Sonderermittlern Maja Kaminski und Hagen Dudek den Auftrag, herauszufinden, wie es dazu kommen konnte, dass diese Zeugenschutzmission aufgeflogen ist.
    Es werden mehrere Tote in einem Wald entdeckt, darunter auch Kinder. Wir blicken in die finsteren Machenschaften von Menschenhändlern, nehmen dabei ein Heim in Sofia ins Visier, auch hierzulande betrachten wir ein Waisenhaus näher. Mit Maja Kaminski und Hagen Dudek sind wir nach dem Überfall auf das Safehouse unterwegs, mit Lona Mendt und Frank Elling erfahren wir, was sich davor ereignet hat und wie es dazu kommt, dass Sarah als ihre Hauptzeugin besonderen Schutz benötigt.
    Es sind etliche Erzählstränge, die sich abwechseln. Die Vorfälle und die von Lona und Elling geleiteten Ermittlungen vermengen sich mit denen von Maja und Dudek, die nach dem Überfall beginnen. Dabei wird fieberhaft nach Sarah gesucht. Es mischen auch etliche Gestalten im Hintergrund mit und die Frage nach einem Maulwurf in Polizeikreisen drängt sich förmlich auf. Die Kapitel sind mit Zeit- und Ortsangaben überschrieben, was der besseren Orientierung dient, denn diese komplexe Geschichte fordert schon. Ein genaues Lesen ist unabdingbar, um dabei zu bleiben. Belohnt wird man mit einer Handlung, die – je weiter man liest – immer mehr Menschenverachtendes zutage fördert. Organisierte Kriminalität- von Menschenhandel und Missbrauch bis hin zu Mord ist alles dabei.
    Im Focus stehen die vier Ermittler, die jeder für sich ihr privates Päckchen zu tragen haben. Sie alle kamen mir sehr nahe, allen voran Lona, die zu Sarah eine ganz besondere Bindung aufgebaut hat. Einen dieser Ermittler habe ich sehr kritisch beäugt, aus ihm wurde ich bis zum bitteren Schluss nicht recht schlau. Amtsmissbrauch und Eigennutz sind auch hier nicht gänzlich ausgeschlossen, wenn man die inneren Polizeikreise durchleuchtet. Allen Figuren, auch denen, die mit Menschenhandel zu tun hatten, habe ich ihre Charaktereigenschaften komplett abgenommen.
    Der zweite Fall für Lona Mendt und Frank Elling ist nahe an der Realität, wir lesen leider immer wieder davon. Es ist ein tiefgründiges Buch, es ist eine erschütternde Story mit gekonnten Wendungen und nie nachlassender Spannung. Auf ein weiteres Buch von Holger Karsten Schmidt freue ich jetzt schon.
    Zorn - Der Fall Schröder Stephan Ludwig
    Zorn - Der Fall Schröder (Buch)
    20.12.2024

    Ein sehr persönlicher Fall

    „Der Fall Schröder“ ist der bereits vierzehnte Fall für Zorn und Schröder, der Kult-Thriller-Serie, die jedoch an mir bis dato vorübergegangen ist. Aber einmal ist immer das erste Mal und so steige ich ganz unvoreingenommen mit Buch 14 ein. Ausgerechnet! Dieser Fall ist schon etwas anders angesiedelt, denn hier spielt Schröder die Hauptrolle. Ungewollt zwar, aber doch.
    Ein Suizid wird von der Tochter des Toten gemeldet, daraufhin schickt Schröder den Kollegen Brettschneider vorbei. Kurz danach werden sie zu einem kaltblütigen Mord gerufen, ein weiteres Opfer folgt wenig später.
    Bald übernimmt Zorn notgedrungen die Leitung der Ermittlungen, denn Schröder ist seltsam unbeteiligt, ist meist nicht erreichbar, dann meldet er sich krank, er scheint irgendwie neben sich zu stehen. Zorns Ehefrau Frieda, die sich gerade auf Reha befindet, ist seine Vertraute und ihm auch jetzt eine große Stütze.
    Zorn ist schon ein Unikum, er ist ein wenig schräg, mit seinem Gezetere macht er seinem Nachnamen alle Ehre, seine Nerven liegen mitunter ganz schön blank. Nun, ich lerne ihn aber auch anders kennen - als liebenden Ehemann und Vater. Dieser Zorn gefällt mir schon wesentlich besser. Sei es drum – er ist in einer Ausnahmesituation, denn er macht sich schon Sorgen um Schröder, der ihm auch privat ein Freund ist.
    Neben den Ermittlungen sind es die Rückblenden auf damals, die – je weiter man liest – ganz schön an die Nieren gehen. Diese zweite Erzählebene berichtet von dem Kind Schröder und von seinem Freund.
    Wie gesagt – ich kenne die Vorgängerbände nicht, werde sozusagen in diesem sehr persönlichen Fall ins kalte Wasser bzw. in die Serie geschmissen. Schuldig oder nicht schuldig – das ist hier die Frage. Es geht um Freundschaft und um noch sehr viel mehr. Geht es auch um Rache?
    Die Story ist spannend, die Ermittlungen sind zuweilen schon hart an der Grenze des gerade noch Möglichen. Zorn war mir in seiner Bärbeißigkeit gelegentlich ein Stück drüber, gemocht habe ich dann doch die etwas schrägen Kommentare. Nicht alle, denn er brüllt des Öfteren ganz schön rum. Schröders Erlebnisse als 12jähriger machen mich zunehmend fassungslos. Bei den heutigen Ermittlungen steht er eher neben sich, sein heller Kopf hat hier Pause. Also, werde ich beim nächsten Fall wieder dabei sein. Nicht nur, um Schröder wirklich kennenzulernen, auch wegen Stephan Ludwigs kurzweiligem Schreibstil, denn er hat mich durchgehend ans Buch gefesselt.
    Das Wunder der Tannenbäume Claudia Romes
    Das Wunder der Tannenbäume (Buch)
    17.12.2024

    Wie ein weihnachtlicher Feenstaub

    Die sechzehnjährige Anneliese hat seit jeher ihrem Vater im Wald geholfen. So auch heute, auch ihr jüngerer Bruder Kasper ist dabei, als Vater verunglückt. Die Not war schon immer groß und nun muss die kleine Familie zusehen, wie sie über die Runden kommt. Kasper ist zu jung, um in Vaters Fußstapfen als Holzfäller zu treten und so ist es Anneliese, die sich nach Arbeit umsieht - jedoch vergeblich. Die Dorfbewohner sind der Familie Holl nicht gerade wohlgesonnen, seit Johannes seine Marva geehelicht hat. Dass sie keine Einheimische ist, lassen die Dörfler sie nur zu deutlich spüren.
    Anneliese lässt sich davon nicht unterkriegen, sie sammelt Brennholz, das sie am Markt verkaufen will. Das Geschäft läuft eher schleppend und zu allem Überfluss sind sie auch hoch verschuldet. Mutter wird krank, sie stirbt - und nun sind Anneliese und Kasper auf sich gestellt.
    Wir sind mitten im Winter, die Vorräte gehen langsam zur Neige, Anneliese verwertet alles, auch findet sie im Wald ein Bäumchen, das nicht so recht wachsen will. Kurzerhand nimmt sie es mit, schmückt es mit allem, was der Wald so hergibt, hängt Äpfel und Nüsse dran. Die Krönung sind die kleinen Figuren, die Kasper schnitzt – Engel, kleine Herzen, Pferde und all das, was sich aus Holz formen lässt. Das Bäumchen ist ihr Trost und kurz entschlossen nimmt sie es mit auf den Markt. Frau von Anweil, die Frau des Bürgermeisters, ist davon ganz entzückt. Sie gibt gleich mal etliche dieser geschmückten Tannenbäume in Auftrag und damit nicht genug, wird Anneliese auch den großen Baum für den Freiburger Marktplatz liefern und schmücken. Es scheint aufwärts zu gehen, zumal ihr Finken, der Geldeintreiber, im Nacken sitzt und sie nun den fälligen Betrag zusammenbekommen dürfte. Und - wir werden später auch bei Hofe zugange sein. Der Großherzog plant ein opulentes Fest, bei dem ein riesiger, festlich geschmückter Baum nicht fehlen darf. Anneliese trägt für diesen Weihnachtsbaum die Verantwortung, Kosten spielen keine Rolle. Es bleibt nicht aus, dass sie – die kleine Bauerstochter – Neid und Missgunst erweckt. Sie hat hier genug Widersacher, aber auch einige wenige Freunde, die ihr wohlgesonnen sind.
    „Das Wunder der Tannenbäume“ besticht allein schon durch sein einladendes Äußeres. Aber nicht nur damit, nein. Es ist die Geschichte einer bitterarmen Familie, die trotz ihrer harten Arbeit nicht wirklich vorankommt. Wir sind im Schwarzwald anno 1815. Claudia Romes entführt ihre Leser in eine Zeit, in der jeder Stand unter sich bleibt. Die Eltern sind es, die ihre Kinder standesgemäß verheiraten, Liebe spielt dabei keine Rolle. Ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen wird höchstens als Dienstmagd oder als Gespielin der Herren geduldet, ansonsten bleibt man unter sich.
    Es ist ein warmherziges Buch, es ist eine zauberhafte Geschichte um eine junge, starke Frau, die es nie leicht hatte im Leben, die immer für ihre Lieben da ist und für sie kämpft. Eine bittersüße Liebesgeschichte ist es auch - ob sie auch um ihre Liebe kämpfen wird?
    Im Nachwort geht die Autorin der Entstehungsgeschichte und der Tradition um diesen geschmückten Baum nach. Schon die Germanen holten sich Tannenzweige ins Haus, sie beschreibt die Symbolkraft und noch so einiges mehr – ein runder, ein stimmiger Abschluss dieser zauberhaften Geschichte, die ich gerne gelesen habe und die ich gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit nicht missen möchte.
    Tote Frauen lieben ewig Gunnar Schwarz
    Tote Frauen lieben ewig (Buch)
    08.12.2024

    Bekker & Meislow zum Dritten

    Charly Bekker und Stella Meislow von der Ständigen Mordkommission werden zu einem rätselhaften Todesfall gerufen. Kaum angekommen, blicken sie in das bläulich angelaufene Gesicht einer Frau, deren Augen weit aufgerissen sind und deren Zunge dick hervorquillt. Todesursache scheint Erhängen zu sein, was nicht zuletzt das tief in ihren Hals eingegrabene Seil zeigt. Aber nicht genug damit, wurde das Opfer auch gebrandmarkt. Ein scharlachroter Buchstabe auf ihrem Dekolleté - ein acht Zentimeter großes, ins Fleisch eingebrannte „A“ - sticht ihnen geradezu in grotesker Weise ins Auge. Ein absolut verstörender Anblick. Nicht lange danach wird eine weitere, ähnlich zugerichtete Tote, aufgefunden.
    Geht es hier um Rache? Um Eheprobleme? Denn auch das zweite Opfer hatte einen vergleichbaren Hintergrund, sie lebten getrennt von ihren Ehemännern. Und warum wurden die Frauen gebrandmarkt? Sollten sie an den Pranger gestellt werden? Und wenn ja, warum? Die Zeit drängt, denn wie es aussieht, handelt der Täter in Serie und es steht zu befürchten, dass er erneut zuschlagen wird.
    Daneben geht es um Bela Rottenbach, einem verurteilten Mörder, an dessen Schuld sowohl Stella als auch Charly erhebliche Zweifel haben. Auch kommt der unbekannte Täter gelegentlich kurz zu Wort, diese Einschübe werden kursiv dargestellt.
    Charly und Stella sind zwei komplett unterschiedliche Charaktere. Beide sind sie scharfsinnig, beide sind sie gut in ihrem Job, beide lassen sie sich nicht beirren, sie bleiben dran, lassen nicht locker. Stella ist eher zurückhaltend und doch sofort zur Stelle, wenn es die Situation erfordert, an ihr spürt man auch eine Spur von Schüchternheit, während Charly mir hier zu forsch, ja zu barsch, zu direkt ist. In ihrer polternden Art ist sie nicht zu bremsen, sie geht jeden sofort an, auch grundlos. Den herzensguten Menschen, der sie laut Beschreibung sein sollte, versteckt sie gut hinter ihrem Rambo-Getue. War sie mir in den Büchern zuvor durchaus sympathisch, hat sich dies nun ins Gegenteil verkehrt. Gut, sie wird im Laufe der Story ein Stück weit handzahmer, was ihrem Charakter beileibe nicht abträglich ist.
    Gunnar Schwarz zieht seine Leser sofort ins Geschehen, er präsentiert den ersten Mordfall, lässt auch in die abstrusen Gehirnwindungen des Unbekannten blicken, er sorgt für Spannung ab den ersten Zeilen. Ziemlich lange bin ich ratlos, habe so einige Vermutungen und bin am Ende dann doch verblüfft. Kontrollzwang. Dieses Thema zieht sich durchs Buch, die Story ist gut konstruiert und logisch aufgebaut, sie ist durchweg spannend erzählt, sodass ich das Buch erst dann weglegen konnte, nachdem alles aufgeklärt wurde. Lediglich Charly hat mein Lesevergnügen etwas beeinträchtigt, ansonsten hat der Autor wie gewohnt abgeliefert.
    Die Frau des Serienkillers Alice Hunter
    Die Frau des Serienkillers (Buch)
    03.12.2024

    Ist sie die Frau eines Killers in Serie?

    Beth und Tom Hardcastle leben mit ihrer Tochter Poppy in dem kleinen Ort Lower Tew – eine Bilderbuchfamilie schlechthin. Dennoch kommen erste Zweifel auf, denn Tom wird des Mordes beschuldigt. Er kommt in Haft und so nach und nach erfahren wir mehr von ihm. Beth lässt einen Blick hinter die Kulissen zu, sie erwähnt etwa wie nebenbei, dass er klammert. Man weiß nicht so recht, was man davon halten soll. Denn bald wird klar, dass Beth so einiges der Polizei gegenüber verschweigt. Will sie ihm helfen? Ihm beistehen? Ihn schnellstmöglichst aus dem Gefängnis herausholen? Das ach so glückliche Familienleben scheint ein Trugschluss zu sein.
    Ich bin hin- und hergerissen zwischen Beth und Tom. Sie führt ein gutgehendes Keramikcafé, in dem auch die Leute von Lower Tew ein- und ausgehen. Diese scheinen Beth zunehmend kritisch zu beäugen, was angesichts Toms Haft nicht weiter verwundert. In dieser schweren Zeit ist ihr Adam, ein verwitweter Nachbar mit einer Tochter in Poggys Alter, eine große Stütze. Mir jedoch ist er nicht so ganz geheuer und auch wenn ich es nicht direkt benennen kann, so würde ich an Beths Stelle etwas mehr auf Abstand gehen. Tom wird derweilen von seinem Anwalt vertreten, auch von ihm erfahre ich mehr als mir lieb ist.
    Alice Hunter versteht es perfekt, ihren Lesern häppchenweise Infos vorzusetzen, die jedoch mehr für Verwirrung denn für Klarheit sorgen. Zwischendurch bekommen wir noch Szenen vorgesetzt, die zwar hart zur Sache gehen, aus denen aber nicht ersichtlich wird, um welche Personen es sich handelt. Natürlich habe ich eine Vermutung – ob ich richtig liege, erschließt sich mir lange nicht. Auch Toms Gedanken bleiben mir nicht verborgen und auch bei ihm bin ich mir nicht sicher, ob seine Wahrnehmung getrübt ist, denn das, was ihm zur Last gelegt wird, liegt schon etliche Jahre zurück.
    Schon allein der Titel „Die Frau des Serienkillers“ wirft Fragen auf. Wird sie lediglich als die aus allen Wolken fallende Ehefrau dargestellt, die nichts von den Taten ihres Angetrauten wusste? Oder geht es eventuell um sie direkt? Alles könnte möglich sein, lange bin ich ratlos, bin hin- und hergerissen. Die Story ist raffiniert konstruiert, was mir per se schon mal gefällt. Und nicht nur die Story an sich, auch die hier Agierenden, allen voran das Ehepaar Hardcastle, haben in mir überwiegend negative Gefühle ausgelöst.
    Die durchweg rasante Story hatte kurzzeitig einige Längen, die jedoch angesichts der bald wieder anziehenden Spannung vernachlässigbar sind. Letztendlich habe ich doch einiges vorausgesehen, es mir auch so gewünscht - trotzdem oder gerade deshalb war es für mich ein schlüssiges Ende. Und nun bin ich auf „Die Tochter des Serienkillers“ gespannt, das zweite Buch erscheint Ende Januar 2025.
    Cartier. Der Traum von Diamanten Sophie Villard
    Cartier. Der Traum von Diamanten (Buch)
    01.12.2024

    Ein wundervoller Traum voller Glanz und Glamour

    „Cartier. Der Traum von Diamanten.“ Der erste Band der Cartier-Saga weckt in mir den unbedingten Wunsch, noch mehr über das schillernde Leben dieser Juweliersfamilie zu erfahren. Das erste Buch beginnt im Jahre 1910, es ist in drei Teile gegliedert und endet im Sommer 1915, wobei die Zeit mit Beginn des Ersten Weltkrieges eher kurz angerissen ist.
    Wer kennt sie nicht, die glamouröse Marke Cartier - eine glanzvolle Welt, in die nicht jeder Zutritt hat. Auch die junge Näherin Jeanne Toussaint hätte sich nie träumen lassen, eines Tages bei Cartier eine Anstellung zu finden. Nun, sie verdankt ihr erstes Aufeinandertreffen mit Louis Cartier ihrer Tango-Leidenschaft und natürlich unterhält man sich daneben, schon allein die Etikette erfordert einen unverbindlichen Plausch. So ganz unverbindlich jedoch bleibt dies nicht, denn nicht nur ihre außergewöhnlichen Ohrringe sind es, die Louis auffallen, auch bemerkt er ihren stilsicheren Blick und ihr Gespür für das Besondere. An zwei Tagen die Woche entwirft sie ab sofort neue Kreationen, die auch nützliche Kleinigkeiten im Luxussegment beinhalten und sich bestens verkaufen.
    Hier treffen Fiktion und Wirklichkeit aufeinander, der historische Hintergrund bleibt dennoch stets sichtbar. Neben den Brüdern Cartier und der jungen Jeanne Toussaint sind es viele heute noch bekannte Persönlichkeiten wie etwa Coca Chanel, denen wir hier begegnen.
    Sophie Villard nimmt mich zunächst mit nach Paris zu Louis und seinem exklusiven Juweliergeschäft. Diskretion ist alles, die finanzkräftige Klientel fordert Individualität, dafür stehen neben dem Empfangssalon auch der Perlensalon oder etwa auch der Grüne Salon zur Verfügung. Man spürt das exquisite Ambiente, in dem die erlesenen Stücke präsentiert werden. Der Käuferkreis ist international, was selbstverständlich auch für das Haus in London gilt, in dem Jacques die Geschäfte leitet und selbstredend zählt auch das Königshaus zur vornehmen Kundschaft. Das Cartier-Geschäft in den USA wird von Pierre geleitet, es residiert auf der Fifth Avenue in New York.
    Die Anekdote um die erste Fliegeruhr und deren Namensgeber Alberto Santos Dumont erzählt auch von dem ersten lenkbaren Luftschiff, wir reisen nach Russland, tauchen mit Perlenfischern, bestaunen den Panther-Ring und sind dem sagenumwobenen Hope-Diamanten auf der Spur, um nur einiges Wenige zu nennen, das uns hier bestens unterhält und uns in eine glamouröse Zeit zurückversetzt. Unser Weg führt direkt hinein in die Werkstätte der Goldschmiede und auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Neben der zauberhaften Jeanne in Paris sind es Elma in NY und Nelly in London, die für so manch Verwirrung sorgen.
    Jeannes Geschichte geht weiter, sie bleibt erst mal zurück in Paris inmitten der Kriegswirren. Und sie bleibt uns auch im zweiten Band erhalten. Sie habe ich ganz besonders gemocht, aber auch die anderen Charaktere sind mir sehr vertraut, Sophie Villard hat sie mit Leben gefüllt, ihnen Glaubwürdigkeit und Echtheit mitgegeben. Ihr einnehmender Schreibstil verbindet die fiktiven Elemente mit dem historischen Hintergrund aufs Beste, sie hat mich vorzüglich unterhalten mit ihrem „Traum von Diamanten“, den ich nur zu gerne mitgeträumt und direkt miterlebt habe, so tief hat sie mich in diese mitreißende Geschichte voller Glanz und Glamour gezogen.
    Rebellin der Hohen Schule Nora Lynn
    Rebellin der Hohen Schule (Buch)
    01.12.2024

    Eine durchaus rebellische junge Frau, die mutig ihren Zielen folgt

    Im Wien des Jahres 1875, also vor hundertfünfzig Jahren, haben die Frauen zu heiraten und neben ihrem Angetrauten ihr anmutiges Äußeres zu präsentieren. Dafür werden sie erzogen, auch Margarete Böhm droht dieses Schicksal. Ihre Mutter hält Ausschau nach einem passenden Heiratskandidaten und wird direkt bei der reichen Familie Hoffmann mit August, ihrem vielversprechenden Spross, fündig. Margaretes rebellischer Charakter jedoch lehnt diesen freiweg ab und auch August scheint von ihr gänzlich abgeneigt zu sein. Nicht die besten Voraussetzung für eine familiäre Verbindung, zumal Mutter sich dadurch noch so einiges mehr verspricht.
    Margarete ist mit ihren zwanzig Jahren eine junge Frau mit ihren ureigenen Vorstellungen und diese gehen eher Richtung Hofreitschule denn in den Ehehafen. Ihr sehnlichster Wunsch ist es seit jeher, einmal hier als Bereiterin tätig zu werden. Die Spanische Hofreitschule zu Wien kennt sie von klein auf, ist doch ihr Vater der Erste Oberbereiter. Sie und ihr Zwillingsbruder Wenzel gehen hier immer noch ein und aus und im Gegensatz zu ihrem Bruder ist Margarete eine Naturbegabung, aber leider bleiben die Türen in beruflicher Hinsicht für sie als Frau verschlossen.
    Nora Lynn erzählt von der Rebellin, die mir sofort sympathisch war. Sie lässt die Zeit anno dazumal aufleben, sie nimmt ihre Leser mit in den Alltag der Hofreitschule, sie klärt wie nebenher etwa über die Namensgebung der Hengste der Kaiserlichen Hofreitschule auf, lässt uns einen tiefen Blick auf die Kaiserin werfen und hat noch viele interessante Geschichten und Anekdoten parat. Und natürlich folgt sie ihrer Hauptakteurin, der fortschrittlichen Margarete, deren Weg auch ins Gestüt Lipica führt. Auch erfahren wir mehr über Wenzel, den ich neben ihr sofort ins Herz geschlossen habe und auch August behalten wir im Auge – eh klar.
    Neben der unterhaltsamen Story und dem aufschlussreichen historischen Bezug ist es auch der einnehmende, fesselnde und kurzweilige Schreibstil, der mich sofort ins Buch gezogen hat. Voller Emotionen, voller Dramatik und Intrigen entspinnt sich eine Geschichte mit einem intensiven Schluss, der sich letztendlich gut in die ganze Geschichte einfügt. „Rebellin der Hohen Schule“ ist ein New-Adult-Liebesroman, der mir sehr gut gefallen hat und den ich sehr gerne weiterempfehle.
    Nachtwald Tríona Walsh
    Nachtwald (Buch)
    27.11.2024

    Düster, geheimnisumwittert, nervenaufreibend

    Nach Tríona Walshs durchweg spannendem Thriller „Schneesturm“ kommt auch „Nachtwald“ fesselnd und geheimnisvoll daher, wenngleich er die Spannung nicht durchgehend hält.
    Claire und George haben geheiratet. Um die Kinder des jeweils anderen kennenzulernen, bietet sich Georges abgelegenes Herrenhaus direkt an. Es steht mitten im Wald, mit Fahrzeugen ist es nicht erreichbar, also machen sie sich auf einen längeren Fußmarsch gefasst.
    Die Story wird überwiegend aus Lizzies Sicht erzählt. Sie ist Claires Tochter, mit dabei sind auch ihr Bruder Liam sowie Freya, Georges Tochter, mit Hudson, ihrem frisch Angetrauten sowie die Köchin Mia.
    Schon der Prolog lässt den „Nachtwald“ düster und unheimlich erscheinen und weckt in mir den Wunsch, nie zu diesem Herrenhaus gehen oder eher stolpern zu wollen. Aber auch der Drang, mehr von dieser kleinen „Wandergruppe“ und ihrem Wochenende zu erfahren, ist da.
    Kaum sind sie angekommen, erscheint ein ungebetener Gast, der ihre Pläne gehörig durchkreuzt. Schon allein das Haus ist mir nicht ganz geheuer, genau so jeder einzelne der überschaubaren Truppe. Seltsame Dinge geschehen, Lizzie forscht nach, sie gräbt in der Vergangenheit und nicht zuletzt durch ihre Umtriebigkeit werden bei mir Zweifel geweckt, um diese dann doch wieder zu verwerfen. Die Story zieht sich eine ganze so Weile dahin, sie dreht sich irgendwie um sich selbst, um dann – endlich - umso gewaltiger anzuziehen. Es geht Schlag auf Schlag, nichts ist so, wie es zunächst den Anschein hat, eine neue Erkenntnis jagt die nächste. Die losen Fäden wollen sich jedoch lange nicht verbinden, bis die Fassaden peu à peu zu bröckeln beginnen und das Ende eingeläutet wird.
    Nach dem starken Anfang war es mir eine ganze Weile zu langatmig, der spannende Schluss hat mich dann wieder abgeholt. Ein durchaus solider Thriller, der gelesen werden will.
    Zwei Federn Rüdiger und Sonja Lehmann
    Zwei Federn (Buch)
    23.11.2024

    Informativer Auftakt der O’Brian-Familien-Trilogie

    „Zwei Federn“ ist der erste Band der O`Brian-Familien-Trilogie. Von dem Autorenpaar Rüdiger und Sonja Lehmann habe ich schon die Sally-Wheeler-Trilogie gelesen, eine weitreichende Familiengeschichte, die fiktive und reale Personen an diversen Schauplätzen mit historischem Hintergrund durchleuchtet.
    Nun zu ihrem neuesten Werk, das von dem titelgebenden Krieger vom Stamm der Choctaws erzählt. Seinen Namen – Two-Feathers – verdankt er zwei Adlerfedern, die bei seiner Geburt 1819 herabschweben und die sein Vater für ihn in seinem Medizinbeutel verwahrt.
    Das Register um die Hauptpersonen mit Familienzugehörigkeit ist dem Roman vorangestellt, was gerade zu Anfang der Geschichte, aber auch immer mal wieder mittendrin, sehr hilfreich ist. Es sind mehrere Familien, die miteinander verflochten sind, erzählt wird in der Vergangenheit von Two Feather, der sich später Gideon nennt. Er wird von seinem Stamm während der großen irischen Hungersnot, deren Auslöser die Kartoffelfäule war, nach Irland geschickt, um das von ihnen gesammelte Geld der notleidenden Bevölkerung zu übergeben. Allerdings wecken diese Gaben auch Begehrlichkeiten in Kreisen, die nicht darauf angewiesen sind. In Irland dann trifft Gideon auf die junge Amy O’Brian, eine talentierte Schriftstellerin. Auch Gideon erweist sich als begnadeter Erzähler, beide gehen dann nach ihrer Eheschließung in seine Heimat.
    In der Gegenwart sind es Bridget O’Brian und Ryan Doyle, die Nachfahren des Autorenpaares Amy und Gideon. Sie spüren ihren Ahnen nach, eine spannende Reise beginnt. Diese beiden Erzählstränge werden im Wechsel erzählt, sie vermischen sich, wenn nötig. Einmal eingelesen, möchte man das Buch gar nicht mehr weglegen, auch wenn dieser erste Teil der O’Brian-Trilogie, wie auch die anderen Bücher der Lehmanns, viel Aufmerksam verlangt. An den Personen war ich bald nahe dran, wobei ich besonders gerne mit Amy und Gideon unterwegs war.
    „Zwei Federn“ erzählt von der oben schon erwähnten Großen irischen Hungersnot, nimmt sich den indigenen Ureinwohnern Amerikas und deren Stellenwert an, berichtet von den politischen und gesellschaftlichen Verflechtungen und den damit einhergehenden Einzelschicksalen hüben wie drüben – in Irland ebenso wie in den Staaten. Die gut recherchierten historischen Hintergründe sind gut lesbar mit den fiktiven Elementen (dies sind die hier beschriebenen Familien) aufbereitet. Wer sich für Geschichte interessiert, ist hier genau richtig.
    BOX - Nimm dich in Acht vor dieser KI Alexa Linell
    BOX - Nimm dich in Acht vor dieser KI (Buch)
    23.11.2024

    Was kann KI?

    „BOX. Nimm dich in Acht vor dieser KI.“ Dieser aktuelle Wirtschaftsthriller über Künstliche Intelligenz ist am Puls der Zeit – an KI kommen wir nicht mehr vorbei bzw. wir sind schon mittendrin.
    Alles beginnt mit Danilos Trauerfeier, bei der auch Veda, seine Ex-Freundin, ihm die letzte Ehre erweist. Hier trifft sie auf ehemalige gemeinsame Kommilitonen, die - wie sie - an Danilos Selbstmord zweifeln. Im Gegensatz zu ihr, die nach dem ersten Staatsexamen in einer Kanzlei ihrem Chef zuarbeitet und dabei glücklich ist, hat es Danilo zum Staatsanwalt gebracht, urplötzlich allerdings hat er seinen lukrativen Job gekündigt. Als sie dann von Ralph, Danilos jüngerem Bruder, der im fernen Australien lebt, eine Mail mit der Bitte um Anruf erhält, erkennt sie, dass ihr Ex-Freund zu alten, ungeklärten Fällen recherchiert und einiges an Material zusammengetragen hat.
    Schon der Prolog mutet direkt surreal an, hier durchlebt einer sein Leben im Schnelldurchlauf. Lange, ganz lange kann ich mir nicht vorstellen, was das Ganze soll, wenngleich ich weiß, um wen es sich handelt.
    Vedas On-Off-Freund Philipp ist ihr eine große Stütze, denn natürlich lassen ihr Danilos Unterlagen, die sie über Ralph erhält, keine Ruhe. Es geht um Mord, auch in Serie, es geht um Selbstmord, um Selbstjustiz, um Gerechtigkeit und um Rache scheint es auch zu gehen. Irgendwann dann trifft Veda sich mit Talli, einer Kommissarin, die ihr zur Seite seht. Zwischendurch jedoch melden sich bei mir immer mal wieder leise Zweifel ob Tallis Integrität. Und nicht nur bei ihr bin ich skeptisch, auch anderen hier agierenden Personen begegne ich mehr oder weniger kritisch. All die Charaktere, angefangen von Veda und Philipp, haben Biss. Ihre Wesenszüge, ihr Verhalten in bestimmten Situationen erwecken meine Sympathie oder auch das Gegenteil davon, allesamt sind sie stimmig und authentisch dargestellt.
    Alexa Linells „BOX“ handelt von etlichen Kriminalfällen, Cold Cases, KI stets im Hintergrund. Künstliche Intelligenz – das durchgehende Thema, das sich gegen Ende zu immer mehr herauskristallisiert, ist erschreckend real. Jeder weiß darum, jeder ist damit konfrontiert. Die Story ist durchgehend spannend, sie fesselt, sie ist lange nicht so ganz durchschaubar. Kurzum – ein gelungener Thriller, der gelesen werden will.
    Verdorbene Saat (Thriller) Gunnar Schwarz
    Verdorbene Saat (Thriller) (Buch)
    19.11.2024

    Die Herbstzeitlose – eine allzu giftige Pflanze

    Giftpflanzen gibt es so einige in unseren Gärten, die Herbstzeitlose gehört dazu. Ihre Blüten sind rosa- bis lilafarben, sie ist leicht mit dem Krokus, dessen Blüten jedoch kräftigere Farben aufweisen oder auch mit dem Bärlauch zu verwechseln.
    Martina Siekers Leiche wurde im Garten vor ihrem Haus von ihrem Hund ausgebuddelt, der Ehemann hat daraufhin die Polizei verständigt. Schon der Prolog ist heftig, die Beschreibung direkt gruselig.
    Katharina Winkler, kurz Kat genannt, übernimmt den Fall, ihr zur Seite wird der als sehr pedantisch geltende Sebastian Fischer gestellt. Die beiden sind nicht unbedingt ein Dreamteam. Und doch müssen sie zusammenarbeiten, sich auf den anderen verlassen können, was nach anfänglichen Schwierigkeiten dann ganz gut klappt. Kats Eigenart, direkt am Ort des Geschehens Zeichnungen anzufertigen, ist schon oft zugute gekommen. Sie konzentriert sich vollends, versetzt sich in die Täterfigur, um sich den möglichen Vorgang filmisch vor Augen zu führen. Je mehr ich diese beiden Ermittler beobachte, desto näher sind sie mir. Kat sowieso, aber auch Sebastian entpuppt sich als durchaus cooler Typ.
    Bei der einen Toten bleibt es nicht, die nächste wird wiederum in einen Privatgarten gefunden. Dem Opfer wurde der Kiefer ausgerenkt, um für die Herbstzeitlose, die aus ihrem Mund zu wachsen scheint, Platz zu schaffen. Ihr Körper ist mit Schnitten übersät, darin finden sie Samen – welcher Sadist ist hier zugange?
    Es ist durchaus plausibel, dass sie den Täter im botanischen Bereich suchen und so wie es aussieht, haben sie es mit einem Serientäter zu tun. Auch stellt sich die Frage, wie lange er schon mordet. Das nähere Umfeld der Opfer wird durchleuchtet, was durchaus Sinn macht. Gunnar Schwarz geht dabei raffiniert vor, man wähnt die Ermittler des Öfteren kurz vor dem Durchbruch. Dabei legt er geschickt Fährten aus, die dann doch eher im Sande verlaufen. Die Spannung lässt nie nach, auch sind Kat und Sebastian näher dran, als es für sie gut ist. Was sich ihnen letztendlich präsentiert, hätte ich nicht für möglich gehalten und doch ist das ganze Ausmaß dessen, was alles ans Licht kommt, in sich schlüssig.
    Die „Verdorbene Saat“ hat es in sich, es ist ein fesselnder Thriller, wie nicht anders von Gunnar Schwarz zu erwarten. Und nun – am Ende angelangt - hoffe ich, dass ich noch mehr von diesem tollen Ermittlerduo lesen werde.
    Der Ruf des schwimmenden Gartens Tara Haigh
    Der Ruf des schwimmenden Gartens (Buch)
    18.11.2024

    Madeira Anfang des 20. Jahrhunderts

    Madeira ist für mich der Inbegriff einer Blumeninsel, ihren Ruf als schwimmender Garten im Atlantik verdankt sie einer botanikverliebten Engländerin, wie ich nun weiß. Tara Haigh hat mich mit ihrem Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, gedanklich auf diese zauberhafte Insel des ewigen Frühlings gelockt.
    Zunächst sind wir in Bremen, wir schreiben das Jahr 1914. Die junge Sofie ist im dortigen Krankenhaus aus Ärztin tätig. Als Frau und auch als Verfechterin von Hygienestandards ist sie ihren männlichen Kollegen ein Dorn im Auge. Über ihren Vater, einem Anwalt, erfährt sie von einem Krankenhaus mit Sanatorium auf Madeira, das kurz vor der Eröffnung steht. Das Angebot, dort die Tuberkulose-Station zu leiten, kommt genau richtig und da Richard Hauenstein, Vaters Kontakt, der sich um das Investment kümmert, zurück auf die Insel muss, schließt Sofie sich ihm an.
    Kaum angekommen, beobachtet Sofie eine unschöne Szene mit dem kleinen Camilo, einem Waisenjungen, der vom Kloster weggelaufen ist. Sie mischt sich ein, verspricht dem Jungen, dass sie ihn bald besuchen kommt, was sich aber als gar nicht so einfach erweist, denn das Kloster wird mit strenger Hand geführt. Im Verlauf der Geschichte machen wir auch Bekanntschaft mit mehreren Nonnen und mit Schwester Regine, die dem Kloster vorsteht.
    Nun, Sofie kommt bei der Familie Hauenstein unter. Auf dem Gutshof leben Vater und Sohn – Fritz und Richard - bestens versorgt von Rosa, ihrer Haushälterin. Da Fritz Geburtstag ansteht, wird neben vielen anderen Gästen auch Ludwig, der jüngere Sohn, erwartet. Der Globetrotter und Schriftsteller lebt überwiegend in London und wie sich bald abzeichnet, können die beiden Brüder so überhaupt nicht miteinander.
    Charmant und liebenswert sind die einen, aber auch ganz schön fies, intrigant und hinterhältig erweist sich so manch andere Figur. Allesamt sind sie charakterlich gut und lebensnah gezeichnet.
    Neben der fiktiven Familiengeschichte ist es der reale Bau des Krankenhauses, der von einer deutschen Aktiengesellschaft geplant und in die Tat umgesetzt wurde. Die Investoren hatten auch anderes im Sinn, was den Madeirern nicht gefiel. Rund um den Bau des Krankenhauses werden kriminelle Energien freigesetzt, in dessen Strudel auch Sofie gerät. Und nicht nur hier, auch im Kloster geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Das teilweise von den Deutschen gebaute Hospital dos Marmeleiros in Funchal existiert noch heute, wie ich im sehr informativen Nachwort erfahre.
    Es war ein spannender, ein kurzweiliger Aufenthalt auf dieser zauberhaften Insel, den ich sehr genossen habe, in der es auch um Rivalität, um Intrigen und um die Liebe geht - angereichert mit Beschreibungen der Insel, die nicht nur von den Engländern dank ihres ausgeglichenen Klimas als angenehmer Kurort geschätzt wurde und auch heute noch geschätzt wird.
    Mordscoach Lilli Pabst
    Mordscoach (Buch)
    16.11.2024

    Sophie, die mordende Supervisorin

    „Mordscoach.“ Die Kurzbeschreibung klingt interessant, sie verspricht gute Unterhaltung, gespickt mit viel schwarzem Humor. Was liegt also näher, Sophie Stach eingehender in Augenschein zu nehmen. Sie stellt sich als Coachin und Psychoanalytische Supervisorin vor, die genaue Liste dessen, was sie alles ist und kann, ist um einiges länger, sie ist ihrer Meinung nach die eierlegende Wollmilchsau. Einen Ehemann hat sie natürlich auch, besser geht es gar nicht. Wären da nicht so einige ihrer unleidigen Patienten wie etwa Nils Bergmann, die fette Qualle, wie sie ihn insgeheim betitelt.
    Eines schönen Tages schneit Amelie in ihre Praxis. Vordergründig geht es ihr wegen des Todes ihrer Mutter schlecht, aber Sophie wäre nicht sie, würde sie nicht den wahren Grund für Amelies Erscheinen checken. „Sie sind viel hübscher, als Jakob erzählt hat“ meint Amelie lapidar. So ein hinterhältiges Biest aber auch! Sophie muss handeln.
    Handeln heiß bei ihr, unliebsame Gestalten zu beseitigen. Und das mit einer Leichtigkeit, die jeden Kriminalkommissar bloßstellt. Und ja, diesen Kommissar gibt es auch. Natürlich. Denn schließlich sind einige Todesfälle aufzuklären. Alle Spuren führen zu Sophie, diese aber weiß sich zu behaupten. Abwechselnd kommt bei ihr die Therapeutin und die Femme fatale durch - eine hochexplosive Mischung, die sich jedoch für sie als sehr erfolgreich erweist.
    Die Story beginnt amüsant, ich bin gespannt. Bald jedoch driftet sie ins Groteske ab, sie ist zu überzeichnet. Gut, man kann schon mal jemanden versehentlich um die Ecke bringen, um der Lust am Makaberen zu frönen, wir lesen schließlich Cosy Crime. Alles dreht sich um Sophie, der ich nicht zu nahe kommen möchte, selbst wenn ich von ihrem mörderischen Gen nichts weiß. Erfährt sie etwa von häuslicher Gewalt, verfolgt sie ihren ureigenen Therapieansatz und das Problem ist gelöst. Und die Polizei steht doof daneben.
    Lilli Pabst schreibt kurzweilig, das Buch ist unterhaltsam, es ist schnell gelesen. Wenngleich es schon sehr dick aufträgt. Sophie sammelt Leichen so wie andere Bücher, bestimmte Figuren, Steine, Muscheln o(der was auch immer) sammeln. Jeder hat so seine Leidenschaft, Sophies Sammelwut mutet dann doch sehr seltsam an. Gut, sie ist irgendwie hineingeschliddert, es war nicht beabsichtigt und dann hat sie Gefallen an dem „etwas anderen Hobby“ gefunden.
    Die Morde sind komödiantisch in Szene gesetzt, wobei sich diese Mordsgeschichte um Sophie Stach zunehmend im Unglaubwürdigen verfängt. Es ist eine gut zu lesende Zwischendurch-Lektüre, dessen Heldin auf den mörderischen Geschmack gekommen ist. Der schwarzen Witwe gleich – eine Spinne, die ihre Männchen frisst.
    Die Henkerstochter und das Vermächtnis des Henkers (Die Henkerstochter-Saga 10) Oliver Pötzsch
    Die Henkerstochter und das Vermächtnis des Henkers (Die Henkerstochter-Saga 10) (MP3)
    11.11.2024

    Einfach großartig

    Der ehemalige Schongauer Scharfrichter Jakob Kuisl hat von seinem früheren Weggefährten Nepomuk einen Brief erhalten, in dem er ihn bittet, dringend nach Passau zu kommen. Es geht um einen Schatz, den er mit Jakobs Hilfe bergen will. Dies kommt Jakob soweit gelegen, da er seiner Familie das sehr teure Bürgerrecht kaufen will, also macht er sich auf gen Passau. Sofia, seine 12jährige Enkelin, folgt ihm, was ihm zunächst so gar nicht recht ist. Wie sich jedoch später herausstellt, ist sie ihm eine große Hilfe. In Passau angekommen, muss er zu seinem Entsetzten feststellen, dass Nepomuk getötet wurde und er nicht der einzige ist, der nach Passau gelockt wurde.
    Derweilen sind Sofias Eltern Magdalena und Simon bei Hofe unentbehrlich. Die Kaiserin erwartet jeden Augenblick ihr nächstes Kind, Magdalena weicht nicht von ihrer Seite und Simon ist für die Gesundheit des Kaisers mitsamt seinem Gefolge zuständig. Kein leichtes Unterfangen, denn die Türken belagern Wien, auch Magdalena und Simons Söhne Peter und Paul sind involviert. Peter als Feldarzt, Pauls Schicksal indes ist ungeklärt. Keiner weiß, wo er sich aufhält oder ob er überhaupt noch am Leben ist.
    Das Hörbuch wird von Johannes Steck vorgetragen, er ist geradezu prädestiniert für die Henkerstochter-Saga. Er gibt jeder Figur seinen individuellen Charakter, wobei alle männlichen Rollen perfekt gesprochen sind und sie stimmlich gekonnt variieren, so gelingt dies bei den Frauenrollen nicht ganz so gut, was aber angesichts der brillanten Lesung vernachlässigbar ist. Es waren großartige, es waren kurzweilige Hörstunden, die viel zu schnell vorüber waren, trotzdem die gekürzte Version, die ich gehört habe, über 16 Stunden und 18 Minuten geht (das ungekürzte Hörbuch hat eine Spieldauer von knapp 18 Stunden).
    Der Autor, Oliver Pötzsch, hat einmal mehr bewiesen, dass er zur ersten Riege der historischen Erzähler gehört. Nicht nur seine Bücher um den Schongauer Henker und seiner Familie lasse ich mir nicht entgehen, auch seine anderen historischen Bücher sind für mich Pflichtlektüre. Wird es weitergehen? Wird er, der Nachfahr der Henkersfamilie, weiterhin über seine Vorfahren schreiben? Jakob Kuisl ist nicht mehr der Jüngste, gesundheitlich ist er auch ziemlich angeschlagen, aber er ist zäh und noch immer schmeckt so manches Mohnpfeifchen. Gerne würde ich noch mehr über ihn und die Seinen erfahren.
    Vielleicht hat das Leben Besseres vor Anne Gesthuysen
    Vielleicht hat das Leben Besseres vor (Buch)
    11.11.2024

    Zu bemüht, zu klischeehaft

    Anna von Betteray, die evangelische Pastorin in einer kleinen Gemeinde am Niederrhein, ist eine toughe Person, dem Standesdünkel ihrer Familie kann sie so gar nichts abgewinnen, sie mag es eher bodenständig. Sie ist eine der Hauptfiguren neben Heike und ihrer Familie.
    Heike Müller scheint am Ende ihrer Kräfte zu sein, sie ist rund um die Uhr für ihre Tochter da, geplagt von ständigen Schuldgefühlen. Von einer Sekunde auf die nächste war ihr Leben und das ihrer kleinen Tochter Raffaela ein anderes. Mit vierzehn Monaten hatte das Mädchen einen Unfall, dadurch waren ihre geistigen und motorischen Fähigkeiten eingeschränkt. Dank ihrer Mutter konnte sie aber einigermaßen damit leben – bis jetzt. Denn Raffaela – sie ist mittlerweile fünfzehn Jahre alt - wurde mehr tot als lebendig aufgefunden und nun liegt sie im Koma, die Ärzte haben wenig Hoffnung, was ihre Mutter nicht gelten lässt. Anna wird in ihrer Funktion als Notfallseelsorgerin zu ihr gerufen und wie sich herausstellt, kennen sich Anna und Heike von früher, die beiden Frauen kommen ins Gespräch.
    Raffaelas Geschichte zieht sich durchs Buch, unterbrochen von einem Spargelfest, von dem Disput über diskriminierende Liedtexte, auch Gendern wird aufs Korn genommen, ein schwuler Postbote darf nicht fehlen, um dessen „Anderssein“ das ganze Dorf weiß – außer seiner Mutter, bei der er nach wie vor lebt. Me too wird – natürlich - angesprochen und eine Liebesbeziehung unter Vierbeinern mit Folgen, in welche auch Anna mit einbezogen wird, sorgt für ganz schön viel Verwirrung.
    Nun, Raffaelas Unfall muss aufgeklärt werden, dafür ist der Herr Kommissar zuständig, der sich der Tratscherei im Dorf durchaus bewusst ist und sich dies zunutze macht. Sogar ein Beichtgeheimnis wird ausgehöhlt, allesamt sind sie ziemlich meschugge. Arg klischeehaft wird dies und noch so einiges mehr untergebracht, den „hinreißenden Witz“, mit dem das Buch beworben wird, habe ich vergeblich gesucht, mir kam es eher als zu krampfhaft, zu bemüht vor. Schade, denn von Anne Gesthuysen habe ich schon Besseres gelesen. „Vielleicht hat das Leben Besseres vor“ gehört nicht dazu.
    Endlich das ganze Leben Roberta Recchia
    Endlich das ganze Leben (Buch)
    10.11.2024

    Eine schicksalhafte Nacht

    Seit diesem Morgen in ihrem Ferienhaus am Meer ist nichts mehr so, wie es einmal war. Marisa ist schon wach, ihr Blick fällt auf den noch schlafenden Stelvio. Der Alltag hat sich mehr und mehr eingeschlichen, sie denkt zurück an eine Zeit voller Leidenschaft. Und bald weiß sie, dass etwas Schreckliches geschehen ist, das Leben davor gibt es nicht mehr.
    Roberta Recchia erzählt von der Familie Ansaldo, von Marisa und Stelvio und ihren Kindern Elisabetta, genannt Betta und ein wenig blitzt auch Ettore, der Sohn, durch die Erzählung. Wir sind in Rom der 1980er Jahre. Sie führen ein gut gehendes Feinkostgeschäft, das sie einst von Marisas Eltern Ettore und Letizia Balestrieri übernommen hatten, schon sie waren erfolgreich. In den 1950er Jahren war Stelvio bei Ettore angestellt und wie es das Schicksal so wollte, waren Stelvio und Marisa bald ein Paar, wenngleich es einige unschöne Umwege dazu brauchte. Auch von Emma, Marisas Schwester, erfahren wir so einiges, deren Leben eine ganz andere Richtung einschlägt. Unser Hauptaugenmerk jedoch bleibt vorerst bei Marisa, bei Stelvio und Betta.
    Das Davor beschreibt eine glückliche Familie, sie sind am Meer. Das Klima dort ist für Bettas Asthma eine Wohltat. Betta – eine junge, dem Leben zugewandte 16jährige. In diesem Sommer ist ihre gleichaltrige Cousine Miriam bei den Ansaldos zu Gast, ihre Mutter Emma ist als erfolgreiche Geschäftsfrau in der Welt unterwegs. Miriam wirkt im Gegensatz zu Betta eher kindlich, beide jedoch verstehen sich super. Bis eines nachts ein Unglück geschieht - Betta wird tot aufgefunden. Das Danach wirft sie alle aus der Bahn. „Und plötzlich gibt es ein Davor und ein Danach.“
    Auch wenn das Leben weitergeht, irgendwie weitergehen muss, so sollte keiner sein Kind überleben müssen. Die Eltern gehen unterschiedlich mit dem Leid um. Immer tiefer tauchen wir ein in die Familienstruktur, immer besser lernen wir sie alle kennen. Beurteilen, ja verurteilen zuweilen. Der Blick geht zu Miriam, die diese Nacht schwer traumatisiert überlebt hat. In dem Gelegenheitsdealer Leo findet so etwas wie einen Seelenverwandten, aber auch ihm verschließt sie sich. Keiner weiß um ihre seelische Not, keiner scheint etwas davon zu ahnen.
    Wie viel Leid kann ein Einzelner aushalten, wie viel eine Familie? Die Autorin zeigt auf, wie weit es kommen kann, wenn Sprachlosigkeit alles andere übertüncht. Viele Themen werden angesprochen, ausgehend von dem Drama dieser Nacht sind Drogen, Alkohol- und Tablettenmissbrauch im Spiel, die Vertuschung einer Tat und die damit einhergehenden gravierenden Folgen werden durchleuchtet. Es geht um Schuld, um Schuldgefühle und Suizid. Wir lesen von aufkeimender Hoffnung und Hoffnungslosigkeit über weite Strecken, beobachten ein Leben im falschen Körper.
    Mich hat das Buch sehr berührt. Im Danach liegt der Focus weitgehend auf Miriam, die seit jeher von den Eltern emotional im Stich gelassen wurde. Was hilft der finanzielle Hintergrund, wenn die Seele leidet? Auch Bettas Eltern Marisa und Stelvio, deren glückliches Leben abrupt endet, konnte ich in ihrer Trauer, mit der jeder anders umgeht, durchaus verstehen. Marisa war am Boden zerstört, sie konnte Stelvios Nähe nicht mehr ertragen – werden sie je wieder zueinander finden? Sich gegenseitig trösten können? Auch wenn ein Leben danach möglich scheint, so werden die Wunden dieser Nacht nie ganz heilen, sie werden immer schmerzen.
    „Endlich das ganze Leben“ ist ein aufwühlender Roman. Die Autorin nimmt ihre Leser mit in ein Italien wie wir es kennen und schätzen. Lebendig geht es zu, das Miteinander und später dann das Aufarbeiten des unvorstellbaren Unglücks, mit dem sie fertig werden müssen, beschreibt sie echt, ihre Charaktere sind allesamt glaubwürdig, wenngleich die Story zuweilen klischeehafte Züge trägt. Dabei geht sie sehr behutsam vor, sie beobachtet wertfrei. Ein fesselnder, ein sehr lesenswerter Debütroman.
    76 bis 100 von 215 Rezensionen
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