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    2. Alle Rezensionen von Magnolia bei jpc.de

    Magnolia

    Active since: November 5, 2023
    "Helpful" ratings: 10
    239 reviews
    Die Welt in Meran - Walzerblut

    Angela Marina Reinhardt
    Die Welt in Meran - Walzerblut (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Nov 6, 2025

    Faszinierendes Meran zwischen Kurbetrieb und Maskenbällen

    In Meran kündigt sich der Frühling an, als Helen von Burt, die Tochter eines englischen Squire, in Begleitung von Mrs David und Lady Greville ankommt. Helen hofft auf eine gute Partie, die Maskenbälle eigenen sich ihrer Meinung nach hierfür hervorragend. Zur gleichen Zeit treffen andere Kurgäste ein wie etwa der Korse Jean de Benedetti und auch der Arzt Sigmund Hirsch, dessen Dienste alsbald benötigt werden. Neben dem Erbgrafen Maximilian von Montalban begegnen wir noch so etlichen anderen, auch dem Dienstmädchen Anna und einem Lohnkutscher, werfen einen Blick in eine Spinnerei und in so einige Familien. Bei einer davon lebt das Kostkind Lucia, die achtjährige Waise Rosa schuftet von früh bis spät - die Standesunterschiede sind nicht nur hier deutlich sichtbar.
    Wir sind in Südtirol im Fasching des Jahres 1872. Die so unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten und die damaligen Gepflogenheiten, auch in moralischer Hinsicht, sind hervorragend in die Geschichte eingewoben, die einzelnen Charaktere, deren Lebensentwürfe und deren Mentalität bestens herausgearbeitet. Einmal angefangen, konnte ich das Buch nicht mehr weglegen, wollte es auch gar nicht. Dieser gut recherchierte erste Band, der in und um Meran angesiedelt ist, hat mich sofort begeistert, auch die Beschreibung dieser Gegend weckt so manch Erinnerung.
    Man merkt die Verbundenheit der Autorin mit diesem Landstrich und ihre besondere Faszination mit der Meraner Geschichte der letzten 150 Jahre, wie sie im Nachwort verrät. Ihre „Sardische Hochzeit“, die sie als Grit Landau schreibt, habe ich seinerzeit verschlungen, weitere Bücher folgten und jedes einzelne war ein Lesegenuss. Umso schöner, dass diesem ersten Band „Walzerblut – Die Welt in Meran“ weitere Bücher folgen werden.
    Erwähnen möchte ich noch das hilfreiche Glossar, das vom Affront über so manch Hallodri bis hin zum Vicomte vieles erklärt und auch das Personenverzeichnis, das gerade anfangs eine gute Stütze ist - unterteilt nach den Tirolern und den Kurgästen, den Ärzten, dem Adel und noch etlichen anderen. Bald aber sind sie alle im Gedächtnis, dem genussvollen Lesen steht nichts mehr im Wege.
    Der erste Band dieses so wundervollen, sehr lesenswerten historischen Romans ist ausgelesen, ich freue mich auf die Folgebände, auch wenn es noch ein Weilchen dauern mag.
    Großmutters Geheimnis

    Benjamin Koppel
    Großmutters Geheimnis (Buch)

    3 of 5 stars Active star Active star Active star Inactive star Inactive star
    Nov 5, 2025

    Ruths Geschichte überzeugt, der zweite Erzählstrang dagegen weniger

    In Kopenhagen begegne ich Gry und Alexander und Lillian, seiner Mutter, einer gefeierten Musical-Sängerin. Wir schreiben das Jahr 2015. Lillians Geburtstagsvorstellung zu ihrem Siebzigsten steht an, die Bühne war ihr Metier und dahinter war seit jeher Alexanders Kinderstube. Dort hat er auf sie gewartet. Auf sie, den Star, ihr Kind hatte nur allzu oft das Nachsehen. Auch heute noch wähnt sich Lillian im Mittelpunkt, drängt sich in Alexander und Grys Leben, ist übergriffig und auch hat sie Alexander die vor langer Zeit von ihrer Mutter Ruth besprochenen Kassetten für ihn nie gegeben. Alexander verdient seine Brötchen als Musiker, er und Gry sind schon lange zusammen. Ihr Kinderwunsch hat sich nie erfüllt und nun versuchen sie es schon länger mit der In-vitro-Fertilisation.
    Und da ist Ruth, die ich als junge Frau im Jahre 1943 sehe. Die Musik liegt ihr im Blut, ihre Stimme ist die einer Opernsängerin. Bis zu dem Tag, als sie und ihr Vater nach Theresienstadt deportiert werden, als sie verstummt. Dorthin folge ich ihr, sehe ihr tagtägliches Leid, ihr Elend und das ihrer Mitgefangenen. Benjamin Koppel beschreibt die Herrschaft der Nationalsozialisten und das Dahinvegetieren im Lager sehr eindringlich, die Qualen, deren die Inhaftierten ausgesetzt sind und so manch Martyrien, deren sie sich nicht erwehren können.
    Und da ist die alte Ruth, die schon lange erblindet ist. Sie ist die älteste von vier Geschwistern, es verschlägt sie von Polen nach Dänemark, sehr viel später dann lebt sie in den USA. Dort bespricht sie für ihren Enkel, den sie nicht kennt, diese Kassetten, die er auf dem Dachboden seiner Mutter findet.
    Vor einiger Zeit habe ich „Annas Lied“ von dem Autor gelesen. Auch dieses Buch ist ein Zeugnis einer Zeit, voll politischer Wirren, über eine jüdische Familie, die ihren Glauben hoch hält. Also war ich voller Vorfreude, als ich „Großmutters Geheimnis“ in Händen hielt. Ruths Part hat mir sowohl als junge und auch als sehr alte, 96jährige Frau, gut gefallen. Ich konnte ihr folgen, konnte sie verstehen, habe mit ihr gelitten. Ruths Geschichte hätte wesentlich mehr Raum verdient, denn auch wenn zwei Zeitebenen wechselseitig erzählt werden, so müssen sie beileibe nicht den in etwa gleichen Umfang haben.
    Alexanders und Grys Geschichte mitsamt Lillians Dasein in der Jetztzeit nehmen dem Buch sehr viel. Gefühlt lese ich in dieser Erzählebene nur von der Fertilitätsbehandlung, gespickt mit einigen Nebensächlichkeiten. Schade, denn „Großmutters Geheimnis“ hat mit diesem über den in zu vielen Seiten ausgewalzten Kinderwunsch nichts zu tun.
    Wäre noch das Ende, das zu gewollt geraten ist. Nicht alles muss sich in Wohlgefallen auflösen, nicht alles bis ins kleinste Detail geklärt sein. Von meinen anvisierten vier Sternen bleiben letztendlich drei übrig.
    Die Chemie des Verbrechens - Die Fährte

    Sabine Weiß
    Die Chemie des Verbrechens - Die Fährte (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Nov 5, 2025

    Verräterische DNA-Spuren?

    Sabine Weiss legt mit „Die Chemie des Verbrechens. Die Fährte“ den Auftaktband um die forensische Kriminologin und Rechtsanwältin Dr. May Barven vor. Gemeinsam mit dem Privatdetektiv Tarek beginnt sie zu ermitteln.
    Gleich mal sind wir im Jahre 2007, als Jugendliche einem anderen übel mitspielen, um danach May und ihren beiden kleinen Kindern bei einem DNA-Experiment zuzuschauen.
    May Barven hat sich als Strafverteidigerin selbständig gemacht, Ihre Mandate allerdings sind sehr überschaubar. Als dann der Startup-Millionär Ruben Rickleffs unter Mordverdacht gerät und dieser in U-Haft sitzt, bietet sie ihm ihre Dienste an. Als erfahrene DNA-Forensikerin, die lange im Polizeidienst war, ist sie für diesen Fall geradezu prädestiniert.
    Damals, im Jahre 2007, wurde eine junge Frau ermordet und nun haben deren Eltern auf einem Schal DNA-Spuren sichern lassen, die Ruben Rickleffs zum Verhängnis werden könnten. Der Mordfall Ute Pusch wird neu aufgerollt, für den Verdächtigen sieht es nicht gut aus. Wie vor achtzehn Jahren mischt auch heute Kriminalhauptkommissar Hattentrop wieder mit, unterstützt von seinem jungen Kollegen Jo Mückenhaupt. Der Fall wurde seinerzeit unerledigt zu den Akten gelegt und nun sieht es so aus, als ob sie mit Rickleffs den Schuldigen gefunden haben, was May jedoch anzweifelt. Sie legt Beweise für seine Unschuld vor, Ihr Mandant jedoch bleibt inhaftiert.
    Vorab werfen wir einige Blicke in andere Vorfälle, die dem Anschein nach nichts mit diesem Cold Case zu tun haben, zwischendurch dann treffen wir immer wieder auf die Jugendgruppe im Jahre 2007 und auch, wenn so einiges und einige der damaligen Freunde näher beleuchtet werden, bleibt der Mord an Ute weiterhin nebulös. War Ruben in die Gruppen involviert? Auch dies bleibt unklar.
    Es kommt zum Prozess und hier ist May in ihrem Element. Denn es geht darum, den DNA-Abgleich dem wahren Täter zuzuordnen. Ob ihr das gelingen wird? Sie ihren Mandanten entlasten kann? Der Prozess ist eine Herausforderung, die sie trotz so manch lücken- und lügenhaften Aussagen zu meistern weiß. Wie nebenbei erfahren wir so einiges über die Beweislast der DNA-Spuren, verfolgen gespannt Tarek und seine Ermittlungen, wissen mehr um die Jugendgruppe und auch rückt Rickleffs Familie in den Fokus.
    Sabine Weiss versteht es bestens, trotz der vielen Informationen, die sie uns Lesern gibt, die Spannung hochzuhalten und nichts vorschnell zu verraten. Ihre Charaktere sind allesamt glaubhaft angelegt, angefangen von May und Tarek über die Familie Rickleffs bis hin zu dem Familien- und Freundeskreis des Mordopfers. Verdächtig sind sie mir fast alle, letztendlich kristallisiert sich dann doch der wahre Täter heraus, den ich bis zum Schluss nicht auf dem Schirm hatte. Ein rundum gelungener Auftakt der neuen Reihe, die ich unbedingt weiter verfolgen muss.
    Wir dachten, das Leben kommt noch

    Elisabeth Sandmann
    Wir dachten, das Leben kommt noch (Buch)

    4 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Inactive star
    Nov 2, 2025

    Stille Heldinnen

    Elisabeth Sandmann erzählt in ihrem historischen Roman „Wir dachten, das Leben kommt noch“ vom Zweiten Weltkrieg, hier ganz besonders von den mutigen Frauen, deren heldenhaftes Wirken nie wirklich an die Öffentlichkeit drang. Ein gut recherchierter Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht.
    Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt, der für mich spannendere Teil spielt während des Zweiten Weltkrieges in den Jahren 1939 bis 1942.
    1998 dann bekommt Pat Conway von der BBC-Redakteurin Gwen einen Anruf. Sie interessiert sich für Pats Vergangenheit, speziell für ihre Arbeit in Frankreich während des Zweiten Weltkrieges. Woher weiß Gwen davon? Nun, Pat ist auch heute nicht bereit, darüber zu sprechen. Gwen indessen reist auf den Spuren ihrer Großmutter Ilsabé nach Paris, denn auch sie scheint involviert gewesen zu sein.
    Die beiden Erzählstränge vermischen sich zuweilen, was mir das Hineinfinden ins Buch schon erschwert hat. Auch die vielen Namen musste ich erst zuordnen, um der Geschichte gespannt folgen zu können. Abgesehen von diesen anfänglichen Hürden ist es eine eindringlich erzählte Geschichte über mutige Frauen im Widerstand, die ich nicht mehr weglegen wollte.
    England hat für den Einsatz in Frankreich Agentinnen für geheime Missionen des SOE (Special Operatons Executive) ausgebildet. Sie wurden etwa als Kurierinnen und Funkerinnen eingesetzt, sie haben nicht nur Sprengstoff geschmuggelt, sie haben auch Explosionen durchgeführt. Ihre Aufgaben waren vielfältig, nach außen hin waren sie ganz normale, möglichst unauffällige junge Frauen. Dafür brauchte es auf französischem Gebiet Muttersprachlerinnen, die eine neue Identität bekamen, die sie voll und ganz verinnerlichen mussten, denn jeder noch so kleine Fehler konnte für sie tödlich enden. Pat war eine von ihnen, die Sprache beherrschte sie dank ihrer französischen Mutter perfekt.
    Viel habe ich über diese und ähnliche Themen gelesen, über diese Frauen der SOE jedoch wusste ich nichts. Gerne wäre ich noch länger in die Vergangenheit abgetaucht, wobei die Gegenwart schon auch interessant, zuweilen jedoch zu ausschweifend, zu ausführlich war. Im Finale werden dann noch die geschichtlichen Fakten präsentiert. Nicht jede dieser mutigen, dieser unangepassten Frauen hat überlebt.
    Sonnenaufgang Nr. 5

    Carsten Sebastian Henn
    Sonnenaufgang Nr. 5 (MP3)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Nov 2, 2025

    Lebensklug, einfühlsam, wundervoll erzählt

    Der 19jährige Jonas Engelbaum hat gerade sein Germanistikstudium geschmissen, er versucht sich nun als Ghostwriter. Seine erste Kundin, die alternde Filmdiva Stella Dor, lebt in einem Strandpavillon an der Küste. Ihre Autobiographie soll ihr schillerndes, ihr glückliches, ihr erfülltes Leben widerspiegeln.
    Ihre Gedanken hat sie im Laufe der Jahre auf vielen Zetteln festgehalten und diese dann in Bücher ihres Regales gesteckt, die sie nun wieder hervorholt, um sie gemeinsam mit Jonas auszuwerten. Darüberhinaus beginnt er, eigene Recherchen anzustellen, was Stella so gar nicht gefällt. Mehr noch, sie bricht die Arbeit ab.
    Noch bevor sich die beiden Hauptakteure kennenlernen, trifft Jonas auf Bentje, die jeden Tag auf ihren Mann wartet. Später dann begegnen wir Paul und Guter Junge, seinem Hund und Geraldo, der immer wieder Sonnenaufgänge malt und Gustav, den ganz besonders - obwohl Stella ein Geheimnis um ihn macht und auch warum sie über ihn nicht sprechen kann, erfahren wir dann doch noch. Da ist auch Nessa, die Jonas sehr gerne sieht und sein Vater, mit dem er endlich reden kann. Denn auch Jonas holt seine nicht unproblematische Vergangenheit ein.
    Zuweilen spielen uns die Erinnerungen einen Streich, wir verklären oder verdrängen so manch Erlebnis, auch um uns selbst zu schützen. Auch Stella und Jonas sind nicht frei davon, die Erkenntnis jedoch ist schmerzhaft. Emotionen kochen hoch, so manch Gespräch endet abrupt. Stella fällt gerne in die Rolle der glamourösen Diva zurück, ihre schillernde Persönlichkeit verdeckt nur zu gerne die verletzliche Stella.
    Oliver Siebeck liest das über 7 Stunden und 21 Minuten dauernde Hörbuch. Er ist für diesen so einfühlsam erzählten Roman der perfekte Sprecher, gibt den so unterschiedlichen Charakteren ihre ganz besondere Note. Sie sind glücklich, sie sind wütend, sie sind unendlich traurig und dazwischen fühlen sie in so vielen unterschiedlichen Nuancen - so, wie das Leben nun mal ist.
    Diese wunderbare Geschichte ist auserzählt, sie lässt mich nachdenklich zurück. Carsten Henns „Sonnenaufgang Nr. 5“ - ein (Hör)Buch voller Wärme, voller weiser Gedanken, das ich sehr gerne empfehle.
    Dunkler Sog

    Leo Born
    Dunkler Sog (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 31, 2025

    Düster, rasant, spannend

    Mara Billinsky, genannt Die Krähe, wird ein neuer Kollege zugeteilt. Tobias Cronberg. Er ist ziemlich gesprächig, was Mara gleich mal im Keim mit ihrer schroffen Art erstickt. Für Animositäten bleibt nicht viel Zeit, denn sie haben es mit einem Todesfall zu tun. Ein ehemaliger Arzt, der im Wohnstift für Senioren qualvoll erstickt ist, ist allem Anschein nach keines natürlichen Todes gestorben. Alles deutet auf ein schwer nachweisbares Gift hin. Maras feine Antennen sind ausgefahren.
    Leo Born erzählt in sieben Episoden Geschichten voller hässlicher Abgründe, die lange zurückreichen, die auch in die ehemalige DDR führen. Bei dem einen Toten bleibt es nicht, es folgen noch etliche, die immer mit dem medizinischen Bereich zu tun hatten. Hängen sie alle zusammen? Haben wir es mit ein und demselben Täter zu tun? Und hautnah erleben wir eine Racheaktion, die grausamer nicht sein könnte. Auch hier stellt sich die Frage, ob diese barbarische Tat den mit Gift Getöteten zugeordnet werden kann.
    Mara Billinsky ist so brillant wie unerbittlich. Das bekommt auch Cronberg zu spüren, den sie am liebsten ganz weit weg wüsste und doch ist er ihr zugeteilt, was ihn letztendlich ins Verderben führen könnte. Immer wieder ist es Jan Rosen, ihr ehemaliger Partner, dem sie von ihren Ermittlungen erzählt. Er weiß sie im Gegensatz zu vielen anderen durchaus so zu nehmen, wie sie nun mal ist. Sie ist schon ein ganz spezieller Charakter. Sie pfeift auf das Urteil ihrer Kollegen, ist sperrig und widerspenstig, eigenbrötlerisch und rechthaberisch, sie ist schlichtweg teamunfähig. Und doch hat sie auch eine coole, trockene Art. Sie kontert zielgenau, ihre Sprüche lassen mich so manches Mal schmunzeln. Sie verbeißt sich regelrecht in ihre Aufgabe, nimmt dabei auf nichts und niemanden Rücksicht, sich selber eingeschlossen. Sie ist unerbittlich, sie gibt nie auf. Hindernisse sind für sie da, um sie zu umschiffen. Meist mag ich sie nicht besonders gut leiden, ihre Erfolgsquote spricht jedoch ihre ganz eigene Sprache.
    Düster und brutal geht es zur Sache, die Ermittlungen führen von Frankfurt in ein kleines Dorf im Schwarzwald, die Schattenwälder hier sind unheimlich und schwer zugänglich, man wird regelrecht von der Schwärze verschluckt. Es gilt, die einzelnen Spuren zu verfolgen. Nichts ist vorhersehbar und doch ist es dann, als sich alles klärt, gut nachvollziehbar. Der rasante Schluss hat es dann nochmal in sich, bis dahin bleibt es spannend. Ein Thriller, nichts für Zartbesaitete, der in sich abgeschlossen ist, für Billinsky ist „Dunkler Sog“ der mittlerweile zehnte Fall, ich werde auch ihren nächsten Fall verfolgen.
    Gift

    Jón Atli Jónasson
    Gift (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 29, 2025

    Island im Drogensumpf

    Nordic Noir vom Feinsten – so habe ich von SCHMERZ, dem ersten Fall für Dora und Rado, geschwärmt. Und nun ist es GIFT, das ich gerade zur Seite gelegt habe. Auch dieser zweite Fall für die beiden Ermittler bei der Kriminalpolizei Reykjavik hat es in sich.
    Dora wurde bei einem früheren Einsatz angeschossen, seitdem funktioniert ihr Gehirn anders als zuvor. Sie spürt intensiver, ein stechender Schmerz in ihrem Kopf, hinter dem Glasauge, verschwindet nie ganz. Sie kämpft mit Bewusstseinsstörungen, hat surreale Wachträume… um von den Schmerzmitteln loszukommen, holt sie sich Hilfe. Seit zwei Monaten ist sie wieder im Dienst, hat aber keine besonders stressigen Fälle. Was sich bald ändern wird.
    Rado ist zur Rauschgiftabteilung gewechselt, er leitet sein Team, das großteils selbständig arbeitet, was für ihn gut passt, da er sich das Sorgerecht für seinen Sohn Jurek mit seiner Ex-Frau teilt.
    Joel, ein junger Sanitäter, findet in einer Raumkapsel, die als Kulisse auf dem Filmgelände steht, ein wenig Privatsphäre. Ein Fehler, wie sich bald darauf herausstellt, denn er ist eingeschlossen. Seine Leiche wird entdeckt, furchtbar zugerichtet. An anderer Stelle ist es ein umgekippter LKW am Straßenrand, der eine lange, rote Spur hinter sich hergezogen hat. Aus Kanistern, teilweise explodiert, fließt ebenfalls diese rote Flüssigkeit, der Fahrer liegt tot daneben. Dora ist an der Unfallstelle, sie sieht eine Motorradstreife, beide Polizisten scheinen eineiige Zwillinge zu sein. Später dann ist sich Dora nicht mehr sicher, sie wirklich gesehen zu haben.
    Elliði, Dora und Rados ehemaliger Chef, hat eine persönliche Verbindung zu einem dieser Fälle. Er ist zu nah dran, also schließen sich Dora und Rado zusammen. Es gibt weitere Todesfälle, ihre Ermittlungen führen sie tief hinein in den Drogenhandel, in den Drogensumpf, in den Missbrauch von Betäubungsmitteln. Bei den Opfern wurde ein Stoff gefunden, der selbst in kleinen Dosen tödlich ist.
    Jón Atli Jónasson hat ein etwas anderes Ermittlerduo erschaffen. Sie sind vielschichtige, sehr individuelle Persönlichkeiten, sie haben es mit hochkriminellen Machenschaften zu tun, bei denen nicht lange gefackelt wird. Die Story um ein tödliches, sich weit verbreitendes Gift ist mitreißend erzählt, die immer mal wieder durchschimmernden privaten Momente passen sich perfekt dem Geschehen an.
    GIFT steht dem Vorgängerband in nichts nach, es ist hart, rau und düster, es ist brutal und voller Gewalt. Jón Atli Jónassons Reihe um das Ermittlerduo Dora und Rado hat Suchtpotenzial - spannend und düster bis zum Ende. Und nun hoffe ich sehr, dass die Reihe weitergeht, ich wäre sofort wieder dabei.
    Mr. Saitos reisendes Kino

    Annette Bjergfeldt
    Mr. Saitos reisendes Kino (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 28, 2025

    Mr. Saitos magisches Wanderkino

    Diese Lebens-, diese Liebesgeschichte in sieben Wellen beginnt im Jahre 1910 mit einem Schuhkarton. Es ist Fabiolas Geburt. Sie wächst heran bei den Nonnen und entdeckt bald ihre Leidenschaft für den Tango. Litas Zeugung dann findet – wie sollte es bei Fabiola anders sein - auf einer Tanzfläche statt. Fabiola ist noch blutjung, als ihre kleine Carmelita das Licht der Welt erblickt, es ist das Jahr 1927. Sie ist Schuhverkäuferin mit Leib und Seele, bei den Nonnen jedoch will sie nicht bleiben und so treibt die zweite Welle sie und ihre Lita auf eine kleine Insel. Auf Upper Puffin gibt es nicht viel, Fabiola will bald wieder weg und doch bleiben sie Jahr für Jahr, bis eines Tages Mr. Saito mit seinem blauen Koffer ankommt, von den Insulanern schon sehnsüchtig erwartet. Lita staunt, als sie zum ersten Mal bewegte Bilder sieht. Sie erschrickt über eine wütende Bisonherde, die auf sie zurast, rennt vor herannahenden Lokomotiven davon und ist ratlos, wo sich in dem weißen Stück Leinen, das an der Wand hängt, all diese Dinge verstecken.
    „Mr. Saitos reisendes Kino“ bietet so viel mehr als „nur“ bewegte Bilder, Filme und Wochenschauen, in den so einiges an Zeitgeschichtlichem mit einfließt, in denen etwa der kleine wütende Mann zu sehen ist, der in Polen einmarschiert ist oder auch König Edward, der wegen der amerikanischen Champagnerdame abgedankt hat.
    Lita und Fabiola bewohnen im Betlehem ein Zimmer und vor allem für Lita ist Upper Puffin nicht abgelegen, sie will unbedingt hier bleiben. Hier hat sie ihre gehörlose Freundin Oona gefunden, der Tierarzt versorgt die gesamten Inselbewohner ganz selbstverständlich mit und auch wenn Fabiola das Reisefieber packt, so muss sie auf ihr an allen möglichen Krankheiten leidenden Kind, was ihr der Tierarzt mit allem gebührenden Ernst bestätigt, Rücksicht nehmen. Lita kennt ihren Vater nicht und so erträumt sie sich ihn, den großen Bugatti. Ihr Sammelalbum ist voller fantasievollen „Erinnerungen“.
    Annete Bjergfeldts Inspiration zu diesem so wunderbaren Roman war tatsächlich ein Schuhkarton, in dem einst die Urgroßmutter eines Freundes, als Frühchen geboren, ihre ersten Tage neben dem warmen Herd überlebt hat.
    Eine wunderbare Reise ist zu Ende, Carlo Gardels Tango Valencio hallt noch lange nach und Mr. Saito hat mit seinem reisenden Kino ihrer aller Leben für immer verändert. Es ist ein warmherziger Roman über den Zusammenhalt und die erste Liebe, über Trennungen und sich neu verlieben, über lebenslange Freundschaften und über noch so vieles mehr. Es sind intensive Momente und auch solche, die verletzend sind, es ist komisch und lustig mit liebenswerten Menschen, die Geschichte macht nachdenklich und bleibt wie die Tattoos, die Maggie, die mit ihrer Familie das Betlehem betreibt, eines Tages auch Lita sticht.
    „Mr. Saitos reisendes Kino“ ist ein wunderbarer, ein so lesenswerter Roman, eine kluge Geschichte auf Mr. Saitos Spuren, die ich nicht missen möchte.
    Fabula Rasa oder Die Königin des Grand Hotels

    Vea Kaiser
    Fabula Rasa oder Die Königin des Grand Hotels (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 26, 2025

    Die Geschichte der Angelika Moser, garniert mit Wiener Schmäh

    Der Prolog verrät gleich mal, was Angelika Moser sich hat zuschulden kommen lassen. Sie ist im Grand Hotel Frohner Buchhalterin und wie es der Zufall so will, rettet sie den Hoteldirektor aus einer für ihn ziemlich misslichen Lage. Ob er sie deswegen um einen Gefallen bittet, der für sie weitreichende Folgen haben wird? Wir wissen es nicht. Fest steht jedoch, dass sie bald eine wertvolle Mitarbeiterin ist, die sich um alles kümmert, die über alles Bescheid weiß.
    Zunächst erleben wir sie mit ihrer besten Freundin Ingi, wie sie die Nacht zum Tage machen. Wir sind im Wien der 1980er Jahre, die beiden jungen Frauen lassen es ganz schön krachen, auch sind sie den männlichen Wesen nicht abgeneigt und als dann Angelika im Frohner den Praktikanten Eugen zugewiesen bekommt, sind sie sich bald sehr vertraut. Er zieht weiter gen New York, sie bleibt.
    Es ist mein erstes Buch von Vea Kaiser, deren Hauptakteurin sich nimmt, was ihr vermeintlich zusteht. Das ist die eine Seite der Angelika Moser, die vaterlos in einem Wiener Gemeindebau aufgewachsen ist, deren Mutter seit jeher Hausbesorgerin war und die nun zunehmend Aussetzer hat. Sie ist andererseits immer diejenige, an die sich alle hängen, die fordern, sogar wildfremde Leute wollen sich in ihr Leben schleichen und in das ihres Sohnes, den sie nach ihrem Gusto formen wollen. Hier erlebe ich eine sehr erwachsene, verantwortungsvolle starke Frau und Mutter, die sich nicht kaufen lässt.
    Das Buch präsentiert ihre Heldin in Akt I bis III. Angelika etwa als Partymaus, garniert mit Ingis Drogenexzessen und selbstredend sind es auch die Männer, die ihr Leben versüßen – aber beileibe nicht immer. Eher ist sie es, die diese schon auch schrägen Typen umsorgt. Der Berti wäre einer gewesen, aber der war dann doch zu bieder, da schon lieber Freddy. Der hat´s so richtig drauf - als Musiker und auch sonst, wobei er sein Talent regelrecht verschleudert und sich an Angelika dranhängt - was das monetäre mit einschließt, da kennt der Freddy nix. Dazwischen gab es noch so einige Mängelexemplare und als dann Angelika Mutter wird, erkennt der Erzeuger die Vaterschaft an. Mehr noch, er freut sich, letztendlich aber hat Angelika nun zwei Kinder, die sie zu versorgen hat.
    „Fabula Rasa“ kommt rasant daher, garniert mit Witz und Wiener Schmäh, der von so manch Filou erzählt, das sehr kleine Wienerisch-Wörterbuch am Ende des Buches erklärt die Begriffe, was bisweilen hilfreich ist. Zwischendurch sind es die Unterhaltungen in der Josefstadt, die den Besuch in der Justizvollzugsanstalt in Etappen wiedergeben. Vea Kaiser nimmt ihre Leser mit ins Wien der einfachen Leute, in die Beisl und Würstlstände, in die Kaffeehäuser und auch in die Wiener Staatsoper zum Wiener Opernball. All das wird mit einer Leichtigkeit erzählt, wobei die Themen Betrug, Demenz, Drogenmissbrauch und all die zwischenmenschlichen Unzulänglichkeiten es beileibe nicht sind.
    Angelika Mosers Geschichte ist die einer starken Frau, aber auch die einer Betrügerin. Eine unterhaltsame Geschichte, die ich gerne gelesen habe, dessen Ausgang mir besonders gut gefällt.
    Dius

    Stefan Hertmans
    Dius (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 23, 2025

    Behutsam erzählt

    „Ich möchte Ihr Freund sein, platzte es aus ihm heraus. Er wurde knallrot und verstummte.“ Das Bild, das ich nach diesem ersten Satz von Dius habe, wird dem, was kommt, wie sich die Freundschaft zwischen ihm und Anton entwickelt, nicht gerecht. Egidius De Blaeser, wie er mit vollem Namen heißt, ist ein begabter Kunststudent, der alle Konventionen über Bord wirft, als er bei Anton klingelt.
    Die Freundschaft, die bald entsteht, ändert sich in Abhängigkeit. Der ältere der beiden fährt zunächst ungern in das Dorfhaus seines jungen Freundes, bald aber weiß er die Ruhe zu schätzen, die ihm dieses Gemäuer bietet. Noch ist Anton verheiratet mit Nouka, sie leben in ihrer Stadtwohnung, an den Wochenenden packt er immer öfter seine Bücher, seine Hefte und Notizen ein, es zieht ihn hinaus aufs Land, er schätzt die stillen Nachmittage und die langen Spaziergänge. Ihr bisheriges Leben, das von Dius und Anton, ändert sich komplett, sie verlieren sich irgendwann aus den Augen, bis sie sich sehr viel später wieder begegnen.
    Es ist ein leiser Roman, untermalt von klassischer Musik. Der Autor verrät zu guter Letzt, in welch außergewöhnlicher Umgebung DIUS entstanden ist und wie diese ihre Spuren hinterlassen hat. Er erzählt von einer ungewöhnlichen Freundschaft, von ihrer tiefen Verbundenheit und von den Jahren danach, von ihren Liebschaften, von schönen und von schmerzhaften Zeiten. Viele Gefühle sind im Spiel, dem Unverständnis folgen Wut und Entrüstung über die sich einschleichenden Lügen, gefolgt von Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit, nach der verlorenen Zeit.
    Mich hat diese Geschichte nicht mehr losgelassen, habe dem soeben Gelesenen noch lange nachgespürt - dieser so ungewöhnlichen Freundschaft, die zwischendrin so einiges offenbart. „Vieles von dem, was wir in anderen Menschen zu erkennen glauben, ist nur der Widerschein unserer Vorurteile.“ DIUS ist ein Roman, der noch lange nachhallt.
    Lügennebel

    Viveca Sten
    Lügennebel (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 19, 2025

    Top!

    Die beiden Freundinnen Hanna und Fanny sind spät dran. Kaum sitzen sie im Zug, fährt er schon los. Neun Stunden Fahrt liegen vor ihnen, ihr Ziel ist das schwedische Bergdorf Åre, sie freuen sich auf ihre Skiferien, wohnen werden sie in der Luxushütte von Willes Eltern. Außer ihm sind noch seine Kumpel Amir, Pontus und Emil mit dabei.
    It´s Partytime! Nicht nur der Alkohol fließt in Strömen, auch Drogen gehören dazu. Bald jedoch endet ihre Feierlaune, denn eines Morgens liegt eine junge Frau tot im Schnee. Ein Fall für die Ermittler Hanna Ahlander und Daniel Lindskog.
    Viveca Sten entwirft ein Szenario, das frostiger nicht sein kann. Zunächst gewährt sie einen tiefen Blick in Hannas Privatleben und auch bei Daniel ist ne Menge los. Unterstützt werden die beiden von ihrem Kollegen Anton und auch über ihn gibt es so einiges zu berichten. In erster Line aber gilt es, den Tod der jungen Frau aufzuklären.
    Es herrschen permanent um die Minus zwanzig Grad. Schon allein dieser Umstand zeugt von frostigen Temperaturen, die nun auch im übertragenen Sinne im gut geheizten Ferienhaus herrschen. Jeder macht sich verdächtig, auch untereinander beäugen sie sich zunehmend kritisch. Eine Nachbarsfamilie wird befragt, so auch der für die Hütte zuständige Hausmeister. So lange die Ermittlungen andauern, können sie nicht abreisen, der Ton wird aggressiver, das Vertrauen schwindet.
    Dieser Lügennebel lässt mich nicht los, schon die ersten Seiten ziehen mich unweigerlich ins Buch, fesseln mich regelrecht ins Geschehen, das durchgehend dramatisch und düster ist. Dieser eine Todesfall, der sich als nicht natürlich herausstellt, ist beileibe nicht der einzige Vorfall, es wird zunehmend unheimlich. Den Charakteren kann ich nichts abgewinnen, allesamt sind sie mir suspekt. Wobei ich eine Person davon ausnehmen möchte, aber wer weiß…
    Viveca Sten versteht es, ein Szenario zu erschaffen, das voller Misstrauen ist, Fährten zu setzen, die ins Nichts führen. Man will in diesem Haus nicht sein. Und auch nicht draußen. Nicht alleine und in dieser Gruppe schon gar nicht, man möchte nur weg. Selbst die Auflösung ist nochmals voller Dramatik, es bleibt nervenaufreibend bis zum Schluss. Und erst dann kann man das Buch zuklappen und das soeben Gelesene Revue passieren lassen.
    Die Frau der Stunde

    Heike Specht
    Die Frau der Stunde (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 19, 2025

    Eine Frau im Zentrum der Macht

    „Die Frau der Stunde“ ist so viel mehr als die Politikerin, die eine Führungsposition inne hat. Sie lebt in einer offenen Beziehung, ohne Ehemann, ohne Kind - und sie hat auch nicht die Absicht, dies zu ändern. Ein nicht alltägliches Szenario schon eingedenk der Tatsache, dass diese Frau, Catharina Cornelius, im Jahre 1978 die erste liberale Außenministerin und Vizekanzlerin ist.
    Heike Specht hat schon vor diesem Buch über die ersten Frauen in politischen Spitzenpositionen recherchiert, über „Die ersten ihrer Art“ geschrieben und nun darüber spekuliert, wie es wäre, wenn eine Frau das Außenministerium führt, mit welch Hindernissen sie konfrontiert wird und auch, ob es als Frau gelingt, ein gut funktionierendes Netzwerk um sich aufzubauen. Eine spannende Ausgangssituation mit ganz und gar unterschiedlichen Charakteren, die dennoch zusammen gut funktionieren.
    Wir sind im Bonn der späten 1970er Jahre, als der liberale Außenminister Helmut Busch über eine Affäre stolpert und er sich auch noch so einiges anderes hat zuschulden kommen lassen, er ist als Minister nicht mehr zu halten. Wer steht als liberaler Lückenfüller bereit? Buschs Parteifreundin Catharina Cornelius ist bereit für diese Aufgabe, sehr wohl wissend, dass sie sich in der politischen Männerriege sowohl in den eigenen als auch in den oppositionellen Reihen zu behaupten hat. Catharina weiß nur zu genau, wie Politik funktioniert. Sie ist intelligent, ehrgeizig, zäh und zielorientiert, sie durchschaut auch mithilfe ihres engen Umfeldes so manch Intrige. Als Politikerin ist sie immer im Dienst und doch gibt es auch ihre sehr privaten Momente.
    Die hier agierenden Figuren sind fiktiv, allerdings erkennt man bei so manchem das reale Vorbild. Vordergründig jedoch stellt die Autorin die Spitzenpolitikerin in den Fokus, wohl wissend, dass es noch dauern wird, bis die Zeit dafür reif ist. Auch spinnt sie den Faden weiter, lässt das Geschehen um den Sturz des Schahs und die Wiedererstarkung des Islamischen Staates aufleben. Hier sind es Catharinas iranische Freundin Azadeh, die den Umsturz hautnah erlebt und die Journalistin Suzanne, die darüber vor Ort berichten will. Und sie bietet noch sehr viel mehr an Zeitgeschichtlichem, immer im Kontext der Frau in ihrem politischen Amt.
    Es ist ein beeindruckender Roman aus Sicht einer Frau in Führungsposition, die sich ins politische Haifischbecken begibt, um darin zu bestehen. Garniert mit den unvermeidlichen Drinks in verqualmten Räumen, in denen so manch Intrige geschmiedet wird. Mit einem Ende, das besser nicht sein könnte.
    Lindt & Sprüngli (Lindt & Sprüngli Saga 2)

    Lisa Graf
    Lindt & Sprüngli (Lindt & Sprüngli Saga 2) (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 17, 2025

    Auch Band zwei der Lindt & Sprüngli-Saga ist ein exquisiter Hochgenuss

    Die Lindt & Sprüngli –Saga geht weiter. Im zweiten Band „Zwei Familien, ein Traum“ ist es Rodolphe Lindt, wie Rudolf sich nach seinem Aufenthalt im französisch sprechenden Lausanne am Genfer See nennt, dem wir hier folgen. In Zürich dann ist es die Familie Sprüngli, in deren Fabrik feinste Schokolade hergestellt wird. Der junge Rudolf Sprüngli ist von seiner Wanderschaft zurück, zuletzt war er in Paris und nun arbeitet er in der familieneigenen Schokoladenfabrik in der Werdmühle. Sein Vater weiht ihn in seine Pläne ein, er will neben dem Mühlrad, das mit Wasserkraft betrieben wird, eine Dampfmaschine anschaffen. Rudolf trifft auf Marie, die in der eleganten Confiserie Sprüngli am Paradeplatz angestellt ist. Sie verlieben sich, heiraten, die nächste Generation wächst heran.
    Zunächst aber führt Lisa Graf ihre Leser ins Jahr 1863 zu dem 8jährigen Rudolf Lindt, der mit seinen Geschwistern und dem Kindermädchen unterwegs ist. Das Blumenmädchen Binia ist es, die Rudolf im letzten Augenblick zur Seite reißt, denn beinahe wäre er von einem Pferdefuhrwerk überrannt worden. Diese Begegnung ist der Beginn ihrer Freundschaft, die trotz ihrer unterschiedlichen gesellschaftlichen Zugehörigkeit anhält.
    Nachdem Rodolphe in der Fabrik seines Großonkels Kohler in dessen Schokoladenfabrik gearbeitet hat, treibt es ihn wieder zurück ins heimische Bern. Dort sucht er sich geeignete Räumlichkeiten, um seinem großen Traum von einer zart schmelzenden, cremigen Schokolade, nachzuspüren. 1879 dann gelingt ihm mithilfe seiner von ihm entwickelten Conchiermaschine nach langen, zermürbenden Testreihen diese so unvergleichliche, nie da gewesene Schokolade. Noch heute wird der Prozess des Conchierens von Schokoladenherstellern auf der ganzen Welt angewandt.
    Der Bogen spannt sich von 1863 bis ins Jahr 1880, wir begleiten Rodolphe Lindt nach Paris und Lausanne und weiter nach Bern, um dort seinen revolutionären Durchbruch zu feiern, durchleben mit ihm zuvor seine Plackerei in der Fabrik Kohler und spüren seinem unbedingten Willen nach, sein Ziel zu erreichen. Die Frage nach dem Patentschutz treibt ihn um, der Vertrieb seiner zartschmelzenden Schokolade ist zu regeln, es gilt, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
    Lisa Graf erzählt die Entstehungsgeschichte von Lindt & Sprüngli. In Band zwei liegt der Focus eher auf Rodolphe Lindt, nachdem im ersten Buch „Zwei Familien, eine Leidenschaft“ der Werdegang der Familie Sprüngli im Vordergrund steht. Dabei lässt sie auch die damalige Zeit aufleben, berichtet von den Arbeitsbedingungen in den Fabriken, von Arm und Reich und deren gesellschaftlichem Stand. Dem Herstellungsprozess dieser unvergleichlichen, weltberühmten Lindt-Schokolade widmet sie viel Aufmerksamkeit - beim Lesen meint man, direkt dabei zu sein.
    Die historischen Fakten sind bestens recherchiert, die Personen und ihr jeweiliger Charakter gut eingefangen. Die Geschichte der beiden Familien ist ein unterhaltsames, kurzweiliges Lesevergnügen, die 470 Seiten waren viel zu schnell gelesen. Im Anhang dann sind die Personen in Bern und Zürich mit Kurzbeschreibung nochmal nachzulesen. Einen ganz besonderen Genuss bietet die Mousse au Chocolat – das Rezept dafür ist der so verführerische Einstieg in den zweiten Teil der Lindt & Sprüngli-Saga, das nach dem ersten Aufschlagen des Buches auf seine Leser wartet. Nachdem ich hier in die Kunst des Conchierens eingeweiht wurde, werde ich mir die Wartezeit auf Band drei mit so manch Köstlichkeit aus dem Hause Lindt versüßen. Ein exquisiter Hochgenuss – sowohl die Schokolade als auch Lisa Grafs Saga um die Schweizer Chocolatiersfamilien Lindt & Sprüngli.
    Ungezügelt

    Susanne Fröhlich
    Ungezügelt (Buch)

    4 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Inactive star
    Oct 14, 2025

    Unterhaltsam, komisch, zuweilen schräg

    Der dreizehnte Roman um die Kult-Heldin Andrea Schnidt ist tatsächlich der erste für mich, wird aber – so Susanne Fröhlich die Reihe fortsetzt – bestimmt nicht der letze sein. Man kann also ruhig mittendrin einsteigen, was ich an Reihen sehr schätze.
    Nun habe auch ich Bekanntschaft mit Andrea Schnidt mitsamt Familie und ihrem näheren Umfeld gemacht. Es waren launige Lesestunden, zuweilen habe geschmunzelt, an anderer Stelle laut gelacht und auch habe ich mich so manches Mal gewundert. Über diese/n und jene/n, über gar exotisch anmutende Vornamen, über einen 90jährigen, der dem Fitnesswahn erlegen ist. Heutzutage ist das Longevity, also ein ausgetüfteltes Programm, das Langlebigkeit verspricht. All dies und noch so einiges mehr habe ich mir genussvoll - im übertragenen Sinne - auf der Zunge zergehen lassen.
    Ich kenne, wie oben schon erwähnt, die Vorgängerbände nicht, werde aber so nach und nach in ihre Familiengeschichte eingeweiht. Sie ist mit Paul verheiratet, hat mit ihrem Ex zwei erwachsene Kinder und vor allem ihre Tochter Claudia ist es, die zuweilen die Hilfe der Omas gerne mal in Anspruch nimmt. Halvar und Kolbeinn, ihr Nachwuchs, werden mit Sack und Pack angeliefert, garniert mit einer ellenlangen Verhaltensliste, dazu gehört unter anderem zwingend, alles Süße vor den Kindern fernzuhalten (der ältere ist gerade mal fünf, Kolbeinn noch im Babyalter). Nun, Andrea ist eine ganz normale Oma, wie ich finde. Nicht nur die andere Oma bescheinigt dem Baby hohe Intelligenz, was bei ihr in der Familie zu liegen scheint, auch die Eltern des hochbegabten Kindes sind dieser Meinung.
    Es geht heiß her, Andrea versucht sich in einem Job, der ihr so einiges an Recherche abverlangt. Blöd nur, dass nicht alle eingeweiht sind. Ein Wochenendtrip gestaltet sich so ganz anders als erwartet, es ist herrlich schräg, zuweilen überzeichnet, manch Sequenz macht auch nachdenklich. Der witzig-spritzige Schreibstil zieht sich durchs Buch, man findet sich in so manch Situation selber wieder, Susanne Fröhlich beobachtet genau - sie spitzt zu, sie stellt den ganz normalen Alltagswahnsinn überdeutlich dar.
    „Ungezügelt“ ist ein Buch, das sich wegliest wie nix. Unterhaltsam, komisch, dann auch mal ernst. Eine Rivalität der Omas, die um den Titel „Oma des Jahres“ konkurrieren, habe ich allerdings nicht festgestellt. Eher sind es zwei ganz und gar unterschiedliche Persönlichkeiten, die jede für sich ihren ganz eigenen Blick auf die Enkelkinder (und auf sich selber) haben. Wer kurzweile Unterhaltung sucht, einfach mal abschalten will, ist hier richtig.
    Wilder Honig

    Caryl Lewis
    Wilder Honig (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Oct 10, 2025

    Bittersüß, emotional, tiefgründig

    Hannah und John haben ihr gemeinsames Leben in Hannahs Elternhaus in Berllan Dag verbracht. Solange ihre Eltern gelebt haben, waren sie eher geduldet. Später dann war es ihr Nest, ihr Zuhause. Und nun ist John tot. Sein Vermächtnis sind elf Briefe, schon im ersten sagt er ihr, dass ihm zunehmend die Sprache abhanden kommt, ihm die Worte und deren Bedeutung entgleiten. Er fühlt sich zittrig, weiß um seine letzten Wochen. „Verzeih mir, Hannah, dass ich dich enttäuscht habe. Glaub mir, ich hätte dich nicht mehr lieben können.“ So endet sein erster Brief – eine Liebeserklärung, die auf Ungesagtes hindeutet. Hannahs jüngere Schwester Sadie reist zur Beerdigung an, sie will eine oder zwei Wochen bleiben, wenn es denn Hannah recht ist.
    Die walisische Autorin Caryl Lewis hat mich mit ihrem Roman tief beeindruckt und mich nachdenklich zurückgelassen. Obwohl John nicht mehr da ist, ist es er, der Schriftsteller und Imker, der sein großes Geheimnis preisgibt und damit Hannah, Sadie und Megan, die trotz heftigem Schneefall nun auch im Hof angekommen ist, konfrontiert.
    John hat gelernt, seine Welt durch die Sprache der Bienen zu verstehen. Und auch Hannah, die den Obstgarten von ihrem Vater übernommen hat und fachkundig weiterführt, lebt im Einklang mit der Natur. Beide setzen sie auf Nachhaltigkeit und Schonung der Ressourcen, der Erfolg gibt ihnen recht.
    Von den Bienenvölkern und deren Verhalten können wir viel lernen, John erzählt davon. Das Leben verlangt zuweilen Veränderungen, auch den drei Frauen stehen diese bevor. Sie durchleben ein Wechselbad der Gefühle, der Roman spiegelt das ganz normale Leben wider. Johns Briefe sind voller Metapher, man spürt direkt, wie er durch die Bienen spricht.
    Es ist ein leiser Roman, der so viel erzählt. Es sind die zwischenmenschlichen Aspekte, um die es geht. Und um innere Zerrissenheit und um das Verzeihen, um Sprache und Sprachlosigkeit, um den Zusammenhalt und um Heilung all dieser verletzten Gefühle und um die Zeit, die man sich nehmen sollte, um wieder zu genesen. WILDER HONIG - eine so intensive Geschichte, ein so lesenswertes Buch, das mich noch lange beschäftigen wird und das ich sehr gerne weiterempfehle.
    Der Tote im Kamin

    Denzil Meyrick
    Der Tote im Kamin (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Sep 28, 2025

    Very british – ein wendungsreicher, undurchsichtiger Kriminalroman vom Feinsten

    In Admere House wollte er einen diebischen Dienstboten schnappen, dabei lässt er im Eifer des Gefechts die Stalltür auf und siehe da – zwanzig Pferde, Englands wertvollste Vollblüter, sind weg. Noch immer sind sieben davon verschwunden, es reicht! Inspector Frank Grasby wird zu seinem Vorgesetzten zitiert. Der ist außer sich, denn dies ist beileibe nicht sein einziges Missgeschick, Grasbys Versetzung ins beschauliche Elderby in den North York Moors ist beschlossene Sache. Kaum angekommen, wird ihm bewusst, dass sein Ruf ihm auch hierher vorausgeeilt ist.
    Schon die ersten Seiten machen Laune, wenngleich diese Heiterkeit sich eher bei mir als Leser denn bei Grasby einstellt, denn sein Dienstwagen gibt kurz vor Elderby keinen Mucks mehr von sich. Es schneit ununterbrochen, aber was hilft es – das letzte Stück muss er wohl oder übel zu Fuß bewältigen. Kaum hat er sich Sergeant Bleakly in seiner neuen Dienststelle vorgestellt, fällt dieser wegen seiner Narkolepsie in einen tiefen Schlaf. Bald danach trifft er auf die junge, ausgesprochen hübsche Praktikantin Miss Daisy Dean, Deedee genannt. Es sind noch so einige Charaktere mehr, die so nach und nach seine Wege kreuzen. Jeder hat seine ganz eigene Persönlichkeit, allen vor Grasby, der immer ein wenig ungeschickt agiert, der aber trotz allem der liebenswerte, gesetzestreue Inspector bleibt. Er ist es, der von diesen Ereignissen direkt erzählt. Angereichert durch Polizeiberichte gibt er Einblicke in sein abenteuerliches Leben.
    Grasby weilt auf Holly House. Wegen eines Einbruchsversuches wurde er hierher gerufen und nun sitzen sie im Salon, als seine Lordschaft wegen des dichten Qualms von einem Hustenanfall geplagt wird. Pflichtschuldigst untersucht Grasby den Kamin, sieht etwas darin stecken und rumms - landet ein lebloser Mann in den Überresten des Feuers. Dem ersten Toten werden andere folgen, Grasby hat zu tun.
    Ich werde in den Dezember 1952 zurückversetzt, auch die Erzählweise ist diesen Jahren angepasst, es ist aber keineswegs altbacken, eher blitzt der feine britische Humor durch und nicht nur das, der Kriminalroman steckt voller Überraschungen und Wendungen und wenn man meint, nun den Durchblick zu haben, so wird man bald eines Besseren belehrt. Denzil Meyrick sorgt für spannende, kurzweilige Unterhaltung, er präsentiert die gar nicht so vornehme Art des versnobten Adels und man weiß nie, wem man vertrauten kann, das Blatt wendet sich des Öfteren.
    „Eine Komödie zum Wohlfühlen“ hat die Times geurteilt. Ich schließe mich dieser Bewertung voll und ganz an, es ist ein Roman voll schwarzem Humor, der bis in Politikkreise führt. Ein rundum gelungener, sehr lesenswerter Kriminalroman, der bis zum rasanten Schluss fesselt.
    Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code

    Richard Osman
    Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code (Buch)

    3 of 5 stars Active star Active star Active star Inactive star Inactive star
    Sep 25, 2025

    Very british-cosy-crime

    Der Donnerstagsmordclub ermittelt zum nunmehr fünften Mal, hier geht es um einen unlösbaren Code. Was sich zunächst als ziemlich diffizil anhört, ist es auch. Denn wie soll man einen mehrfach gesicherten Code knacken? Noch dazu, wenn es mehr als einer Person bedarf, diesen nicht nur zu entschlüsseln, sondern auch die hierfür vorgesehene Eingangstür zu öffnen. Hört sich kompliziert an? Ja, es ist auch. Eine ganz schön anspruchsvolle Aufgabe steht dem Mordclub bevor, allen voran Elizabeth – natürlich.
    Nachdem ich bisher einmal die Ehre hatte, dem Ermittlerquartett nahe zu sein, so war ich doch neugierig, wie sich Elizabeth, Joyce, Ron und Ibrahim so machen. Gleich mal bin ich Hochzeitsgast, Joyce Tochter Joanna, die ihren Paul übers Internet kennengelernt hat, will eine kleine Hochzeit, ihre Mutter dagegen findet dies geradezu jammerschade.
    Nun, Nick Silver, der Trauzeuge, verschwindet spurlos, nachdem klar ist, dass jemand ihn ermorden will. Aus verschiedenen Gründen wollte er nicht zur Polizei gehen und nun ist es an Elizabeth, Licht ins Dunkle zu bringen. Licht heißt in dem Fall, den Code zu finden, ihn zu entschlüsseln, denn es hängt ne Menge Kohle dran. Und nicht nur auf ihn hat es jemand abgesehen…
    Der sehr spezielle Humor ist es, der mich bis jetzt davon abgehalten hat, nach diesen Büchern zu greifen. Man soll aber niemals so ganz nie sagen – wer weiß, was einen entgeht.
    Gleich mal hab ich mich über Elizabeths Art geärgert, sie macht Donna, die Polizistin, ganz schön nieder. Auch wenn es Cozy Crime ist, so sollte es doch einigermaßen im Rahmen sein. Eine unterwürfige Polizistin, die sich einer selbsternannten Detektivin nicht zu wehren weiß – wo gibt es denn sowas! Gut, dass sich dieses devote Verhalten nicht durchs Buch zieht, denn abgesehen davon ist es ganz unterhaltsam. Wenn etwa Joanna ihrem frisch Angetrauten unbedingt gefallen will und er augenzwinkernd mitspielt, das hat schon was. Ich hab geschmunzelt, hab gelacht und mich amüsiert. Und ja – auch hab ich um Nick gebangt. Und nicht nur um ihn. Die Story flaut zwischendurch ab, erholt sich dann aber wieder – ich vergebe 3 Sterne.
    Herrliche Zeiten - Dem Himmel so nah

    Peter Prange
    Herrliche Zeiten - Dem Himmel so nah (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Sep 24, 2025

    Liebe und Freundschaft über Grenzen hinweg

    Nicht immer waren es „Herrliche Zeiten“, von denen Peter Prange erzählt. Nachdem ich „Die Himmelsstürmer“, das erste Buch der Dilogie, vor nunmehr einem Jahr gelesen habe, ist auch der Nachfolgeband „Dem Himmel so nah“ zugeklappt, es waren wiederum sehr intensive Lesestunden. Prange zeigt ein Europa zwischen Glanz und Abgrund, zwischen Traum und Albtraum.
    Von der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 bis nach dem Ersten Weltkrieg sind die herrlichen Zeiten angesiedelt, der zweite Band beginnt im Jahre 1900.
    Während der erste Band den Focus auf Vichy, Paul und Auguste legt, die sich in Karlsbad begegnen und nie mehr aus den Augen verlieren, sind es nun auch ihre Kinder und noch einige mehr, deren Wege wir verfolgen.
    Claire ehelicht den Unternehmersohn Friwi, der zunächst in China und bald danach in den deutsch-südwestafrikanischen Kolonien gegen die Ureinwohner kämpft. Ein blutiger Kampf gegen die Herero, alles um Deutschland als kommende Weltmacht zu etablieren. Nachdem die Ehe gescheitert ist, geht Claire zurück nach England, dort schließt sie sich den Suffragetten an, während es Kaspar, ihre einstige große Liebe, nach Russland verschlägt. In St. Petersburg gerät er immer tiefer hinein in die politischen Unruhen, die Revoluzzer werden zunehmend radikal, was ihm dann doch nicht mehr behagt.
    Drei Handlungsstränge – in Berlin, London und Paris – sind ineinander verwoben. Über Ländergrenzen hinweg verstehen sie sich, sowohl menschlich als auch kulturell funktioniert das Zusammenleben, was auf der politischen Ebene allmählich verloren geht. Der wiedererstarkte Antisemitismus etwa ist es, der mit dem Nationalsozialismus einhergeht und auf den Ersten Weltkrieg zusteuert. Ein Szenario, das aufzeigt, wie unfähig die Menschheit ist, in Frieden zu leben.
    Zuvor aber wird investiert, es ist die Zeit der großen Erfindungen, die Untertunnelung des Ärmelkanals ist wieder im Gespräch. Auch Paul, der inzwischen mit Vicky verheiratet ist, hat große Pläne, die Auguste Escoffier, der Koch aus Leidenschaft, seit jeher umtreiben. Er pendelt zwischen Frankreich und England, vergisst dabei auch seinen deutschen Freund Paul nicht, viele seiner Kreationen sind weltberühmt – man denke nur an Crêpe Suzette.
    Eingebettet in den historischen Hintergrund sind es die Charaktere, die den herrlichen Zeiten Struktur geben und die Geschichte lebendig werden lassen. Durch die kurzen Kapitel, die wechselseitig von den Hauptakteuren und deren weit verzweigter Familie, von deren Wünsche und Träume und ihrem unbedingten Durchhaltewillen erzählen, zuweilen aber auch von ihrem verbissenen Kampf und ihren Irrwegen, verliert man nie den Überblick. Die Personen sind überwiegend fiktiv, dem gut gegliederten Personenverzeichnis am Ende des Buches kann man die historischen Persönlichkeiten entnehmen, zu denen auch Auguste, der König der Köche oder auch der Koch der Könige gehört.
    „Herrliche Zeiten – Dem Himmel so nah“ ist eine Geschichte von Liebe und Freundschaft in einem von Fortschritt geprägten Europa fern jeglicher Grenzen – auch wenn dieser schöne Traum nicht von Bestand ist. „Auf die herrlichen Zeiten, in denen wir leben“ und die wir uns hoffentlich nicht selbst zerstören.
    Dass es uns überhaupt gegeben hat

    Marco Wanda
    Dass es uns überhaupt gegeben hat (Buch)

    4 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Inactive star
    Sep 17, 2025

    Marco Wanda – der Mensch hinter der Band

    „Eine bestechend ehrliche Geschichte über das Leben“ will er präsentieren. Ich bin mal gespannt. Marco Wanda berichtet über die Entstehungsgeschichte seiner Band. Ein Wiener, den es auch in die Welt hinaus treibt. Ich mag Wien, ich mag die Wiener und ich mag ihre Lieder. Aber …
    …Marco Wanda? Nie gehört. Und plötzlich liegt das Buch vor mir. Ganz schön leichtsinnig, denke ich mir, als ich das Cover betrachte, das zugegebenermaßen seinen Anteil an meiner Neugier hat. Bevor ich zu lesen beginne, höre ich mir so einiges an und das, was ich höre, gefällt mir. Die erste Hürde ist genommen, auf geht´s – direkt ins Buch. Und das hat es in sich.
    Musik ist das, was ihn antreibt. Er probiert sich aus, nimmt Drogen, verfällt dem Alkohol. Und dies alles exzessiv, bis zur Schmerzgrenze. Passt eigentlich ganz gut, denken wir nur an all die Rockstars und deren zertrümmerte Hotelzimmer. Gelegentlich schweift er ab, hat direkt ein nostalgisches Heimatgefühl. Er erzählt vom italienischen Teil seiner Familie, die in Bologna lebt. Geht weit zurück zu seinem Urgroßvater, den es nach Rumänien verschlägt. Und von seiner Mutter, die schließlich über Umwege in Wien landet. Und dann natürlich ist es die Musik, sind es seine Freunde, die nicht bleiben. Gar zerstörerisch ist er zuweilen unterwegs. Kaputte Bilder auf der Bühne, damit kokettiert er. Kaputt aber glücklich fühlt er sich nach einem Konzert. Er steht zu seiner Glatze, will keinen Hut wie Udo, er hat sein Innerstes nach außen gekehrt, beschönigt nichts. Das muss man mögen oder eben nicht, ich bin hin- und hergerissen, mag die Musik, das Buch etwas weniger, um dann doch wieder ganz gebannt weiterzulesen.
    Es ist ein tiefer Einblick, den Marco Wanda gewährt. In seinen Schreibstil musste ich mich wie gesagt erst einfinden, nicht jede Passage ist gleich flüssig zu lesen. Er wollte eigentlich Autor werden, wie er verlauten lässt. Als Musiker ist er vielleicht besser dran. Nun, dass es sie überhaupt gegeben hat, hat er teils kurzweilig und dann doch wieder ziemlich langatmig ausgeführt. Neben dem Lesen hab ich immer wieder in die gerade angesprochenen Titel hineingehört, was für mich unbedingt dazugehört, was auch dafür verantwortlich ist, dass ich lange mit Wanda und seinem Buch zu tun hatte. Er schreibt von seinem Leben, von der Band, von Drogen und Alkoholexzessen, von Freundschaft, von Verlust und Tod und wird daneben erwachsen. Irgendwie.
    Bodenfrost

    Andreas Föhr
    Bodenfrost (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Sep 17, 2025

    Spannend, launig und ein wenig schlitzohrig

    Das fängt ja gut an! Polizeihauptmeister Leonhardt Kreuthner wird sozusagen zwangsverpflichtet, den Kindernachmittag zu gestalten und zu leiten. Leo wäre nicht er, hätte er sich nicht ganz besondere Attraktionen ausgedacht wie etwa die, den Kindern die Funktion der Floriansschaukel anschaulich zu demonstrieren. Seine Warnung, dies nicht nachzumachen, folgt schon auch. Eh klar.
    Neugierig, wie Kinder nun mal sind, hat sich die kleine Martha, die Tochter des Polizeipräsidenten, klammheimlich ins angrenzende, leer stehende Bauernhaus geschlichen. Dass da einer auf dem Boden liegt, gehört nicht zu den vorbereiteten Szenen, denn der ist wirklich tot. So endet der Kindernachmittag in einem Mordfall, denn es ist nicht davon auszugehen, dass der Brauereibesitzer Vitus Zander, der da mit verrenkten Gliedmaßen in der Stube liegt, eines natürlichen Todes gestorben ist. Zumal ein auf seine Haut skizziertes Mal an einen Serienkiller, der vor Jahren sein Unwesen getrieben hat, erinnert. Geht der Harpunier wieder um?
    „Bodenfrost“ ist der mittlerweile zwölfte Fall, dem Kreuthner und sein Kollege Clemens Wallner von der Miesbacher Polizei nachgehen müssen. Der Autor gewährt uns Lesern Einblicke in Vitus Ehe, wir lernen seine Angetraute Isabell näher kennen und auch ihre Freundin Emmy, die Vitus ein gewaltiger Dorn im Auge ist. Wir springen zurück, 31 Tage vor dem Leichenfund.
    Für Kreuthner und Wallner gibt es jede Menge zu tun, beide sind sie in sich gefestigte, unverwechselbare Typen, wobei Kreuthner mit seinen schon sehr eigenwilligen (Ermittlungs)Methoden zuweilen den sprichwörtlichen Vogel abschießt. Pippa, seine Angebetete, ist allein schon von ihrem Wesen her die genau Richtige für ihn. Es kann durchaus vorkommen, dass sie gemeinsam haarscharf am Legalen vorbeischrammen. Und auch wenn Wallner (eigentlich) das genaue Gegenteil von Kreuthner ist, so halten seine Nerven nicht unbedingt einen überkorrekten Kollegen aus, der die Münchner Umweltzone verteidigt, ohne Rücksicht auf seinen Polizeieinsatz. Da kann auch Wallner ganz schön grantig werden und aufs Gas drücken.
    „Bodenfrost“ kommt mit viel Lokalkolorit daher mit sympathischen Figuren und zwielichtigen Gestalten mit viel krimineller Energie, um deren Charakter mal nett zu umschreiben. Eigenwillig sind sie allesamt, auch knorrig und kauzig, wie es im Leben eben so ist. Ja, auch schlitzohrig, dabei fällt mir Wallners Opa Manfred ein, der hier natürlich nicht fehlen darf. Die vielschichtige Story entwickelt sich, die Ermittlung führt sie auch fernab der bayerischen Grenzen hinauf in den Norden, es bleibt spannend bis zum Schluss.
    Andras Föhr weiß, seine Leser zu fesseln. Seine Regio-Krimis sind Kult, man kann mittendrin einsteigen, man muss sie nicht alle gelesen haben. Was mich besonders freut, denn ich mag zwar Reihen an sich, aber die einzelnen Bände sollen in sich abgeschlossen sein. Der spannende „Bodenfrost“ ist ein wiederum rundum gelungener Krimi mit viel Lokalkolorit und launigen Dialogen, der mit Charme und witzig-spritzigen Szenen zu punkten weiß.
    Die Toten von nebenan

    Olivia Monti
    Die Toten von nebenan (Buch)

    4 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Inactive star
    Sep 14, 2025

    Die Geister der Toten

    Frau Löfflers Großmutter erzählt ihr, dass sie sich durch die Welt der Lebenden frei bewegen kann. Sie kann durch Dächer und Wände schweben, kann ihr Alter frei wählen - eine durchaus verlockende Welt, wenn man nicht tot wäre. Denn das ist sie nun, nach dem Fahrradunfall…
    …und sie staunt nicht schlecht, als ihr hier, in ihrem Viertel, die schon lange toten Nachbarn begegnen. Mehr noch, sie alle wohnen wie zu ihren Lebzeiten in ihren Häusern - egal, ob diese nun leer stehen oder wieder bewohnt werden. Die Lebenden nehmen sie nicht wahr, sie haben sich nach dem Ableben der früheren Bewohner neu eingerichtet, ein Haus wurde sogar abgerissen und neu aufgebaut, was die Parallelwelt der Toten nicht zu stören scheint, denn diese wohnen nach wie vor mit ihren alten Möbeln, ihrem Geschirr und all ihrem Besitz - nur die Toten sehen sich gegenseitig.
    Kaum hat sich Frau Löffler mit ihrer neuen Situation vertraut gemacht, kommt Herr Tober ins Spiel. Seine Anhänger sind Feuer und Flamme, als er ihnen das „Paradies auf Erden“ – wie er sein Projekt nennt – verspricht. Sie wollen die Lebenden aus ihren angestammten Häuser und Wohnungen vertreiben, sie wollen sie regelrecht vergraulen.
    Ein so faszinierendes wie schwer greifbares Szenario stellt Olivia Monti in den Raum, ihre Parallelwelt hat gar satanische Züge. Herr Tober ist die Verführung in (Geister)Person, der ihnen Wünsche abverlangt, um diese dann zu ihrer mehr oder weniger Zufriedenheit einzulösen. Es kommt wie im richtigen Leben zu Rivalitäten, zu Eifersucht und Missgunst, all die schlechten Gefühle drängen sich mehr und mehr in den Vordergrund.
    „Die Toten von Nebenan“ haben mich sofort in ihr Universum gezogen, ich kenne und schätze Olivia Montis Stil seit „Sterbewohl“. Ein nachdenklich machendes Buch über eine erzwungene Sterbehilfe, eine Mischung aus Krimi und Dystopie. Und hier, bei den „… Toten von Nebenan“, hat sie neben anderem auch paranormale Studien mit einfließen lassen. Ihre Figuren werden stets mit Frau oder Herr angesprochen, was schon allein deshalb für eine gewisse Distanz sorgt, dem Thema der Toten durchaus angemessen.
    Was wäre wenn… man dem Bösen folgt, der den Hass und die Gier weiter schürt um des eigenen Vorteils willen? Natürlich sollte jedem klar sein, dass nichts umsonst ist. Ist dieses angebliche Paradies wirklich erstrebenswert? Ein schaurig-schönes Lesevergnügen über die Kunst der Verführung, ohne Weiteres auf die Lebenden und unsere gar nicht so heile Welt übertragbar.
    Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104

    Susanne Abel
    Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104 (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Sep 11, 2025

    Das Schicksal zweier Heimkinder, das tief berührt

    Susanne Abel erzählt die Geschichte zweier Heimkinder, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nichts mehr haben außer sich selbst. Der Junge ist 1942 geboren, mehr geben seine Ausweispapiere nicht her. Auch der Familienname ist bis auf die ersten Buchstaben unleserlich, also wird er ab sofort als Willeiski geführt. Die Liste mit den Vornamen steht bei Hartmut, seine neue Identität steht somit fest. Wir schreiben das Jahr 1945. Zu dem Zeitpunkt ist Margret Tucke elf Jahre alt, ihre Eltern sind im Krieg umgekommen. Beide wachsen in einem Kinderheim auf, in dem Nonnen für Zucht und Ordnung sorgen.
    Die Handlung und die Personen – bis auf wenige Ausnahmen – sind fiktiv, die Schicksale jedoch sind es nicht. Die Autorin hat viel Zeit in die Recherche investiert, viele Zeitzeugenberichte fließen mit ein. Alles, was sie schreibt, was sie beschreibt, entspricht den Tatsachen. Wenn man bedenkt, dass beim Suchdienst des DRK in den Nachkriegsjahren 1945 bis 1950 14 Mio Suchanfragen eingingen und davon 300.000 Kinder betrafen, die von ihren Eltern gesucht wurden oder selbst gesucht haben, wird erst das ganze Ausmaß dieser verlorenen Kinder sichtbar. Das Nachwort gibt darüber Auskunft.
    Es sind zwei Zeitebenen, die im Wechsel erzählt werden. Von 2006 bis 2017 ist es Emily, die bei ihren Urgroßeltern Margret und Hardy aufwächst wie zuvor schon ihre Oma Sabine und ihre Mama Julia. Die beiden Letztgenannten sind sehr jung Mutter geworden, beide waren sie überfordert, beide haben sie ihr Kind an Margret und Hardy abgeschoben. Emilys Nachfrage nach ihrem Vater beantwortet Julia nicht, dabei wäre dies für ihre Tochter so wichtig. Das Schweigen, das Verschweigen, zieht sich wie ein unsichtbares Band durch die Generationen.
    Die Zustände in den Heimen waren alles andere als christlich, die Kinder werden körperlich und seelisch grausam misshandelt. Von Nächstenliebe keine Spur. An den wehrlosen Kindern werden Medikamententests durchgeführt, sie werden als Nummern geführt und auch so angesprochen, jede kleinste Verfehlung wird mit Schlägen und Einsperren geahndet. Mit dem kleinen Hardy durchlebe ich seine Odyssee, es verschlägt ihm regelrecht die Sprache. Was den Nonnen einen weitern Grund gibt, ihn zu bestrafen. Die etwas ältere Margret ist es, die sich seiner annimmt und auch sie ist es, die ihn fest an der Hand hält, wann immer es ihr möglich ist. Aber auch sie durchlebt ihre persönliche Hölle, auch sie erlebt Missbrauch, geglaubt wird ihr jedoch nicht. Die Nachwirkungen dieser schrecklichen Jahre ziehen sich durch ihrer beider Leben.
    „Manchmal hilft es, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, damit die alten Wunden heilen können“ meint eine Ärztin, die Margret wegen eines Rezeptes aufsucht. Hört sich gut an, ist aber nicht einfach. Sollen all diese schrecklichen Jahre wieder präsent sein? Da ist Verdrängen oft der einzige Ausweg.
    Das Buch hat mich tief berührt und es hat mich erschüttert ob dieser unfassbaren Härte, die Heimkinder ertragen mussten, die sie für ihr weiteres Leben gezeichnet haben. Die Figuren sind feinfühlig gezeichnet, man spürt ihre innere Zerrissenheit und auch die Liebe und die Fürsorge, die sie verbindet. Ein wiederum sehr lesenswertes Buch von Susanne Abel, das ich jedem ans Herz legen möchte.
    Der Italiener

    Arturo Pérez-Reverte
    Der Italiener (Buch)

    4 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Inactive star
    Sep 5, 2025

    Spionage und mehr in Kriegszeiten

    Elena Arbués findet einen schwer verletzten Mann am Strand. „Er trug einen Gürtel mit einem Messer, am linken Handgelenk zwei seltsame große Uhren und am rechten eine dritte. Die Zeiger einer von ihnen standen auf 7.43Uhr.“ Einen Moment lang dachte sie, es könnte sich um einen Matrosen handeln, denn sie erinnert sich an die nächtliche Explosion und das brennende Schiff. Sie schleppt ihn kurzerhand zu ihrem nahe gelegenen Haus, sie ruft nicht die Guardia Civil. Kurz darauf wird er von Unbekannten abgeholt.
    Was sie zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß ist, dass er – Teseo - als Kampftaucher einer italienischen Spezialeinheit mit Stützpunkt in Algeciras angehört, die mit ihren maiale (das sind mit jeweils zwei Tauchern bemannte Torpedos) sich direkt an die britischen Schiffe heranpirschen, um diese mit Sprengsätzen zu versehen mit den Ziel, sie zu versenken. Es waren sehr effiziente Kriegswaffen und sollten sie wider Erwarten doch entdeckt werden, sind sie entsprechend ausgerüstet, um ihr Gerät zu zerstören und sich selbst dem verräterischen Tauchanzug zu entledigen.
    Elena Arbués entscheidet sich, für die Italiener die Lage auszukundschaften. Sie als Spanierin kann ohne größere Probleme auf die britische Seite wechseln, auch hat sie in einem befreundeten Buchhändler eine Tarnadresse und doch kann sie als Spionin jederzeit auffliegen. Ein gefährliches, ja ein durchaus tödliches Spiel beginnt.
    Arturo Perez-Revertes Roman basiert auf realen Ereignissen. Lediglich die hier agierenden Personen sind fiktiv, auch einige Situationen sind der Handlung angepasst. 1942 und 1943 - während des Zweiten Weltkrieges - versenkten oder beschädigten italienische Kampftaucher in Gibraltar und in der Bucht von Algeciras insgesamt vierzehn Schiffe der Alliierten. Diese Info lese ich, bevor ich mit der Gruppe Orsa Maggiore, wie sie sich nannten, abtauche.
    Diese Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Zum einen sind es die Protagonisten - die Tauchgruppe und auch Elena - mit denen ich hautnah am gefährlichen Geschehen bin. Und dann führt der Autor Jahrzehnte später mit einigen der damaligen Helden Gespräche. In diese Art der Erzählung musste ich mich erst einfinden, da lediglich ein neuer Absatz die unterschiedlichen Zeiten und Sichtweisen voneinander trennt. Bald aber war ich tief drin, sodass ich mich auf diese gefährlichen Szenarien ganz einlassen konnte.
    „Liebe und Sabotage in Zeiten des Krieges“ ist eher Sabotage in vielen Facetten denn Liebe, die eher angedeutet wird. Was mir sehr zupass kommt, denn ein Zuviel davon wäre diesem Kriegs- und Spionageroman abträglich gewesen. So aber stimmt die Balance, diese unglaubliche und dicht erzählte Geschichte ist für jeden historisch Interessierten sehr zu empfehlen.
    Verschworen

    Eva Björg Ægisdóttir
    Verschworen (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Sep 5, 2025

    Absoluter Lesegenuss

    Den Wiedereinstieg nach der Babypause hat sich Polizeikommissarin Elma etwas weniger stressig vorgestellt. In Akranes, einer isländischen Hafenstadt in der Region Vesturland, nördlich von Reykjavík, wird die Leiche des vierzigjährigen Þorgeir gefunden. Dem ersten Anschein nach ist er mit sieben Messerstichen ermordet worden. Hat die Botschaft über seinem Bett, mit Blut geschrieben, etwas mit seinem Tod zu tun? Bald ist klar, dass es sich um den Auszug eines Kirchenliedes handelt, der Sinn dahinter jedoch erschließt sich weder Elma noch ihrem Vorgesetzten Hörður.
    Der mittlerweile fünfte Island-Krimi führt zwischendurch fünfundzwanzig Jahre zurück in ein Ferienlager, in dem Þorgeir mit seinen Jugendfreuden die Ferien verbrachte. Damals kam es zu einem Unfall mit Todesfolge, die Ermittlungsakte jedoch, die Elma anfordert, gibt nicht viel her. Aber Elma lässt nicht locker, sie ahnt einen Zusammenhang mit ihrem heutigen Fall.
    Da ich die Vorgängerbände aus der Reihe „Mörderisches Island“ verschlungen habe, war ich auf Band fünf sehr neugierig, der mich letztendlich eine schlaflose Nacht gekostet hat.
    Als erstes war es das Personenregister, das ich als hilfreich empfand, denn gerade die isländischen Namen sind mir nicht geläufig. Es ist in Personengruppen unterteilt, der Lesefluss ist schon allein deshalb gegeben. Die Story ist raffiniert aufgebaut, ich erlebe ein und dieselbe Szene aus verschiedenen Blickwinkeln, die ich zeitversetzt lese. Daneben und dazwischen sind es viele, die mir verdächtig erscheinen, jedoch scheint bei jedem mehr als ein entscheidendes Detail zu fehlen. Ein ziemlich großer, alter Blutfleck, der mit einem Teppich abgedeckt ist, gibt Rätsel auf. Warum wird der erwähnt? Und das nicht nur einmal? Hat er eine Bedeutung? Elma nimmt Þorgeirs Umfeld, sein heutiges und sein damaliges Leben, auseinander.
    Und dazwischen sind es die privaten Momente mit Sævar und ihrer kleinen Tochter Adda, die nun er in Elternzeit betreut, welche die Ermittlungsarbeit auflockern. Hörður wiederum hat an ganz anderer Front zu kämpfen, ein Sturz setzt ihm ziemlich zu. Die Aufklärung steht aber dennoch stets im Vordergrund. Elma ist auf der richtigen Spur, was nicht jedem gefällt, sie aber nicht davon abhält, sowohl den Vorkommnisse im Ferienlager vor langer Zeit als auch den heutigen Verbrechen nachzugehen.
    Eva Björg Ægisdóttir bietet eine wendungsreiche Story, die sich ziemlich vielschichtig präsentiert, um auf verschlungenen Pfaden dann doch gelöst zu werden. Ihre charakterlich starken Figuren sind allesamt glaubhaft, allen voran natürlich Elma und Hörður neben Sævar, der – so wie es den Anschein hat – schwer an einem Geheimnis trägt, das sich vielleicht im nächsten Band offenbart. Und natürlich werde ich wieder dabei sein, im „Mörderischen Island“.
    Das Lied des Vogelhändlers

    Ralf H. Dorweiler
    Das Lied des Vogelhändlers (Buch)

    5 of 5 stars Active star Active star Active star Active star Active star
    Sep 2, 2025

    Historischer Roman über Kreuzritter, dem deutschen Thronstreit und noch mehr

    Ralf H. Dorweiler führt in seinem historischen Roman „Das Lied des Vogelhändlers“ in die Zeit des deutschen Thronstreits, als die Adelshäuser der Staufer und der Welfen um die Krone des Heiligen Römischen Reiches streiten.
    Vor diesem geschichtlichen Hintergrund lese ich von dem Dritten Kreuzzug ins Heilige Land, den Barbarossa anführt, wir schreiben das Jahr 1190. Nachdem sie ihren Onkel verloren hat, schließt sich Franziska von Hellenau den Ordensschwestern an, die für den mitreisenden Bader arbeiten. Sie erwirbt viel Wissen und bald wird sie zu dem schwer verletzten Markgrafen Hermann IV. von Baden gerufen, der Falkner Rupert ist stets an seiner Seite. Als Alleinreisende inmitten des Kreuzzuges ist sie sich bewusst, dass sie von einer ganz bestimmten Sorte Mann als Freiwild angesehen wird, nicht jeder ist ein Ehrenmann und so manch bieder auftretende Gestalt entpuppt sich als Lügner und Intrigant, der sich aber dennoch ob seines miesen Charakters lange durchschlängeln kann.
    Der Roman wird in zwei Zeitebenen erzählt, einmal 1190 während des Kreuzzuges und dann auf Burg Hachberg, zehn Jahre später. Jedes Kapitel ist einem Vogel gewidmet, angefangen vom Wanderfalken bis hin zur Krähe. Durch die den Kapiteln vorangestellten Zeit- und Ortsangaben weiß man stets, welchem Erzählstrang man folgt und vorneweg findet man das gut strukturierte Personenverzeichnis, das vor allem anfangs sehr hilfreich ist.
    Es ist zwei Tage vor Beginn des großen Turniers, das auf Burg Hachberg im Schwarzwald stattfinden wird. Am Donnerstag, den 11. Mai 1200 beobachte ich Wigbert, den Vogelhändler, als er sich dem Nest des Wanderfalken-Paares nähert. Zwei Küken sind geschlüpft, nur eins davon raubt Wigbert, denn für eine Nachbrut ist es in diesem Jahr schon zu spät. Diese Klettertour ist nicht ungefährlich, der Felsen ist rutschig, die Falken verteidigen ihre Brut, das ist nichts für schwache Nerven. Wigbert, der Vogler, sorgt auch so für Nachschub, er wird mit seinem Mündel Almut am Rande des Turniers seine Vögel den feinen Herrschaften anbieten.
    Ralf H. Dorweiler zeigt eine längst vergangene Zeit auf, voller Intrigen und Machtkämpfe. Mittendrin ist auch Walther von der Vogelweide, dessen Ruhm bis in unsere Tage anhält. Der Thronstreit zwischen dem Staufer Philipp von Schwaben und dem Welfen Otto von Braunschweig, in den sich Papst Innozenz III. einmischt und letztendlich entscheidet, ist in die Handlung gut eingeflochten. Die beiden Handlungsstränge nähern sich an, ich erfahre am Rande auch so einige damals übliche Gepflogenheiten wie etwa das Mitnehmen eines Vogels im Käfig als Sensor der Luftqualität eines Stollens, erlebe die Schlacht gegen die Rum-Seldschuken. Im direkten Gefolge des Kaisers waren Media, Wundärzte, Feldschere und Bader dabei und zehn Jahre später dann staune ich über das üppige Gelage auf Burg Hachberg, bei dem nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Ein Anschlag – wem galt er? Ich habe hier nur einige wenige Sequenzen herausgezogen, der Roman bietet sehr viel mehr.
    Jedes Detail, jede einzelne Charakter ist in sich stimmig, die Handlung logisch aufgebaut, alle Szenen sind lebendig beschrieben, ich hatte stets das Gefühl, direkt dabei zu sein, ich war tief drin in der Erzählung.
    Von Ralf H. Dorweiler habe ich bis dato noch nichts gelesen, werde dies jedoch nach „Das Lied des Vogelhändlers“, diesem absolut lesenswerten Buch, bald ändern. Er versteht es bestens, das Historische mit den fiktiven Elementen zu einer unterhaltsamen, gut lesbaren Geschichte zu verbinden - ein empfehlenswerter Roman, nicht nur für geschichtlich interessierte Leser.
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