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    Magnolia

    Aktiv seit: 05. November 2023
    "Hilfreich"-Bewertungen: 8
    182 Rezensionen
    Das Mädchen und der Templer Nora Berger
    Das Mädchen und der Templer (Buch)
    19.05.2025

    Interessanter Mittelalterroman

    Die junge Wahrsagerin Anne steht im Mittelpunkt dieses historischen Romans, daneben erzählt Nora Berger von einem Kinderkreuzzug. Dem jungen Etienne, der mit seinen zwölf Jahren noch ein Kind ist, ist Jesus erschienen, der ihn auffordert, sich mit Jungen und Mädchen seines Alters als Pilger ohne Waffen ins Heilige Land aufzumachen. Diese unschuldigen Seelen braucht es, um das Heilige Grab in Jerusalem zu befreien und den Heiligen Gral zu finden.
    Bernadette die Erleuchtete und Anne, ihre Tochter, reisen mit einem fahrenden Volk von Ort zu Ort, um dem zahlenden Publikum die Sterne zu deuten. Bernadette wird zu dem Tempelritter Thibaud de la Frontiere gerufen, der sich von ihr die Zukunft voraussagen lässt, da er bald gen Jerusalem unterwegs sein wird. Anne ist bei diesem Termin zugegen, sie verliebt sich in den gutaussehenden jungen Mann, weiß von seinem Vorhaben und lässt sich – verkleidet als Junge – als Pferdeknecht anheuern.
    Es ist ein gefährliches Unterfangen, sowohl für die Kinder um Etienne als auch für die Tempelritter. Nicht nur Wegelagerer, Sklavenhändler und Betrüger kreuzen ihre Wege, auch innerhalb der Gruppe um die Templer kommt es zu manch gefährlicher Situation, Intrigen, Hass und Eifersucht sind an der Tagesordnung, überall lauern Gefahren. Auch sind Giftmischer am Werk, um die Reliquien entbrennt ein Kampf auf Leben und Tod, nicht alles scheint echt zu sein.
    Die Autorin führt in eine finstere Zeit voller Gefahren. Ich bin schon tief im Geschehen, als Etienne die Kinder um sich sammelt. Sie sind tiefgläubig, glauben auch, dass sich das Meer – sobald sie es erreichen – für sie teilt. Sie bekommen einfache Kleidung und Essen, ihr Gottvertrauen ist unerschütterlich. Und dann bange ich mit Anne - und das nicht nur einmal. Sie ist mutig, sie ist unerschrocken und durch ihre Hellsicht kann sie so mancher Gefahr entgegentreten. Liebe ist auch im Spiel, diese ist jedoch eher unterschwellig spürbar, was mir gut gefällt.
    Nora Berger hat mir so einiges über die Kinderkreuzzüge erzählt, von denen ich nichts oder nicht viel wusste. Ihr gut recherchierter Mittelalterroman ist sehr interessant, er bietet viel Wissen um diese Zeit und - er hat mich gut unterhalten.
    Maikäferjahre Sarah Höflich
    Maikäferjahre (Buch)
    19.05.2025

    Schicksalhafte Kriegs- und Nachkriegsjahre

    Annis Maikäfer, wie sie Tristan liebevoll seit Kindertagen nennt, fliegt. Später dann nicht mehr. Er wird mit seiner Junkers JU 188 abgeschossen und gerät in Kriegsgefangenschaft. Vorher jedoch ist er im Lazarett, er wird schwer verletzt geborgen und ist nun in der Obhut von O’Malley, der nicht zwischen Freund und Feind unterscheidet - ein Arzt aus Leidenschaft, der schon auch kritisch beäugt wird. Und da ist die junge, britische Krankenschwester Rosalie, die für Tristans Pflege zuständig ist. Es funkt sofort zwischen den beiden, aus Zuneigung wird Liebe, eine verbotenen Liebe zu dem Feind.
    Gerade hat Anni noch den Feldpostbrief ihres Zwillingsbruders Tristan gelesen, als ihre kleine Clara auf die Welt drängt. Nach der Geburt leben Mutter und Tochter wieder bei Annis Eltern in Dresden. Die Baumgartners sind eine sehr musikalische Familie. Anni spielt Geige, ihr Vater Gottfried ist Violinist an der Semperoper wie auch der Halbjude Adam Loewe, der als Jahrhundertgeiger gilt. Nachdem Adam, der Jude, zu einem auswärtigen Arbeitseinsatz verpflichtet wird und nicht erscheint, stellt die Gestapo die Staatsoper auf den Kopf und auch bei der Familie Baumgartner erfolgt eine Durchsuchung, denn Gottlieb wird beschuldigt, ihn zu verstecken. Er wird verhaftet und später wieder freigelassen und doch ist er ein gebrochener Mann. Bald darauf wird Dresen bombardiert. Anni flieht mit ihrer kleinen Tochter, dabei trifft sie auf Adam. Gemeinsam versuchen sie, dem Inferno zu entkommen.
    In den zwei Handlungssträngen, die wechselseitig aus Annis und aus Tristans Sicht erzählt werden, stellt Sarah Höflich vier junge Leute in den Mittelpunkt – Anni und Adam, Tristan und Rosalie. Es sind die letzten Kriegsmonate und die Jahre danach, in den Köpfen der Menschen ist der Judenhass und die nationalsozialistische Ideologie noch fest verhaftet, Fremdenfeindlichkeit und die Feindseligkeit zwischen den Völkern ist allgegenwärtig. Es sind Schicksale, die so oder so ähnlich viele Familien durchleiden mussten. Und doch gab es auch die anderen, die selbstlos helfen, ohne nach der Nationalität zu fragen.
    Der Roman erzählt von Schuld und Verzweiflung, von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, von Liebe und Zuversicht und auch von der Zeit, die so manche Wunde heilt. Und trotz aller Gefahren und Unzulänglichkeiten ist es auch die Musik, die mit Vaters wertvoller Geige, einer Guarneri del Gesu, immer dabei ist. „Maikäferjahre“ ist ein wundervolles Buch, das mich tief berührt hat, das ich gerne gelesen habe und das ich sehr gerne weiterempfehle.
    Locked in Henri Faber
    Locked in (Buch)
    16.05.2025

    Nichts ist so, wie es den Anschein hat

    Das Locked-in-Syndrom ist eine fast vollständige Lähmung, jedoch sind das Bewusstsein und auch die geistige Funktion nicht beeinträchtigt. Man könnte also mit einem dieser Patienten durchaus kommunizieren, könnte er sich verständlich machen.
    Der Neurologe Dr. Theo Linde hat eine revolutionäre Methode entwickelt, um die Gedanken von Komapatienten lesen zu können. Ein privater Schicksalsschlag hat ihn dazu verstärkt forschen lassen und nun ist es die Heidelberger Polizei, die seine Dienste in Anspruch nimmt. Sie fahndet mit Hochdruck nach einem Entführer, der mittlerweile drei Opfer in seiner Gewalt hat. Ein Erfolg zeichnet sich ab, Kommissar Paul Maertens ist ihm auf den Fersen, es kommt zu einer Festnahme und kurz danach zu einem folgenschweren Unfall, bei dem der Täter schwer verletzt wird und ins Wachkoma fällt. Dr. Theo Linde wird gebeten, seine erprobte Methode auch bei diesem Patienten anzuwenden. Denn die Zeit drängt, da sie keinen Anhaltspunkt über das Versteck eines Entführungsopfers haben.
    Es sind viele lose Fäden, die hier in einem rasanten Tempo erzählt werden. Schon der Prolog ist so furchteinflößend wie rätselhaft. Meine Vermutung, mit wem ich es hier zu tun habe, stellt sich lange danach als vollkommen falsch heraus. Henri Faber versteht es, Verwirrung zu stiften, seine Protagonisten sind schwer zu durchschauen. Mehr noch - sie sind allesamt nicht greifbar. Der Kommissar ist ein Eigenbrötler, er tritt nicht nur einmal ziemlich rüpelhaft auf. Ich mag ihn – nicht wirklich. Auch um die anderen Typen würde ich eher einen weiten Bogen machen, jeder einzelne hat jedoch seine ganz individuelle Ausstrahlung.
    Ich bin ganz nah dabei, bin mit Linde bei seinem privaten Patienten, bin auch im Verlies und durchlebe eine schreckliche, eine verstörende Phase, dann wieder sind es Maertens Ermittlungen und seine Gedanken, in die er zuweilen abdriftet und mich komplett irritieren. Die kurzen Kapitel wechseln sich ab, führen zu den einzelnen Protagonisten und zu diversen Schauplätzen. Es geht rund. Und das nicht zu knapp.
    Was passiert da? Was ist real, was Wahn? Wenn man meint, einige lose Fäden entwirren zu können, so kommt eine nicht vorhersehbare Wendung und alles wird neu gewürfelt - Henri Faber hält mich bis zum Ende in Atem. Schade nur, dass „Locked in“ das Ende einer Reise ist, die letzte Station als Henri Faber, wie der Autor zum Schluss wissen lässt. Aber wer weiß...
    Nacht über Soho Kate Atkinson
    Nacht über Soho (Buch)
    13.05.2025

    London bei Nacht

    Kate Atkinson ist für mich eine Neuentdeckung. Und was für eine! Mit „Nacht über Soho“ hat sie mich beeindruckt. Auch wenn ich mich in den eher gemächlichen Erzählstil erst einfinden musste, so war es doch ein Lesevergnügen. Ein Buch, das Zeit und Muse einfordert, um die Geschichten darin auf sich wirken zu lassen.
    Wir sind im England des vorigen Jahrhunderts, vor fast genau hundert Jahren wird Nellie Coker aus dem Gefängnis entlassen, was zu einem regelrechten Ereignis gerät, denn vor Holloway warten so einige Leute auf sie. So nach und nach lerne ich Nellie besser kennen, verfolge ihren Werdegang, weiß um ihr Schatzkästchen, das ihr mehr oder weniger zufällig in die Hände fällt, um es galant auszudrücken, und auch ihre sechs Kinder kann ich nun so einigermaßen einschätzen.
    Mit Inspektor John Frobisher tritt bald auch Gwendolen Kelling auf den Plan, sie sucht nach Freda und Florence. Es sind zwei ganz junge Mädchen, deren Spur sich in London verliert. Und da immer mehr Mädchen verschwinden und viele davon leblos aus dem Fluss gefischt werden, ist dies schon besorgniserregend. „Es waren nicht die moralischen Vergehen… die Frobisher bestürzten. Es waren die Mädchen. In London verschwanden Mädchen… Wo waren sie? Er vermutete, dass sie durch die Türen der Clubs in Soho gingen und nie wieder herauskamen.“
    Kurz zusammengefasst ist es diese Rahmenhandlung, die hier ohne Hektik erzählt wird. Schon der Schreibstil beamt mich hundert Jahre zurück, Kate Atkinson erzählt ruhig, zuweilen ein wenig entrückt und doch amüsant und durchaus unterhaltsam. So manche Figur kommt eher steif daher, was aber wiederum in sich stimmig ist.
    Wie Kate Atkinson im Nachwort verrät, hat sie sich zu diesem Roman von Kate Meyricks Leben inspirieren lassen. Sie war zu ihrer Zeit die Königin der Clublandschaft von Soho, ihr damals berühmtester Club war der „43“ in der 43 Gerrard Street (heute im Herzen von Chinatown).
    Tief bin ich eingetaucht in das Nachtleben von Soho, bin schillernden und gar finsteren Gestalten gefolgt, hab mich gewundert und amüsiert, musste zuweilen schmunzeln und war auch von den detektivischen Momenten durchaus angetan - ein nicht ganz alltäglicher Blick zurück in die halbseidene Gesellschaft Londons der Goldenen Zwanziger Jahre.
    Der dunkle Sommer Vera Buck
    Der dunkle Sommer (Buch)
    13.05.2025

    Ein tiefer Blick in menschliche Abgründe

    Nachdem mich „Wolfskinder“ und „Das Baumhaus“ komplett gefesselt haben, wollte ich mir Vera Bucks neuestes Buch „Der dunkle Sommer“, das ich mir habe vorlesen lassen, nicht entgehen lassen. Und es geht gleich richtig zur Sache, sowohl der Prolog als auch der Anfang dieses beklemmenden Thrillers lassen mir den Atem stocken. Ich bin sofort dabei und bleibe es - die Spannung hält permanent an. Bis zum letzten Satz.
    Es sind zwei Zeitebenen, die mir das Sprecherteam aus verschiedenen Perspektiven nahebringt. Über 10 Stunden und 26 Minuten schaffen sie eine Atmosphäre, die unheimlich und verstörend, die beunruhigend und bewegend ist. Mit jeder einzelnen Figur fiebere ich mit oder aber ich verdamme den ein oder anderen, allesamt sind sie lebendig und nahbar.
    Ein Haus für einen Euro, noch dazu auf Sardinien – wenn das nicht verlockend ist! Natürlich dürfte jedem klar sein, dass an so einem Gebäude noch so einiges zu tun ist, aber für Tilda, die Architektin ist, also beruflich im Bausektor durchaus kompetent sein dürfte, ist dies kein Hindernis. Sie lernt den Journalisten Enzo kennen, auch den verschrobenen Silvio, der als einziger hier noch wohnt, alle anderen scheinen das Dorf verlassen zu haben. Eines schönen Tages taucht Tildas Bruder Nino auf, was ihr so gar nicht gefällt. Nun, sie lässt ihn bei sich wohnen, mit Enzo erforscht sie die Vergangenheit des Dorfes, es geschehen einige seltsame, nicht erklärbare Dinge und dann ist Nino ohne ein Wort verschwunden.
    Und da ist auch Franca, auch von deren tragischer Geschichte, die sich ab 1983 zuträgt, erfahre ich mehr. Was ihr widerfährt ist so schrecklich, so aufwühlend, so verstörend – ich kann es gar nicht fassen, zu was Menschen fähig sind.
    Wie gesagt, mich hat Vera Buck mit jedem ihrer Bücher erreicht. Und auch mit diesem hier. Es ist so eindrücklich geschildert und auch die Sprecher haben einen Superjob gemacht, als ob sie direkt im Geschehen wären, als ob sie all diese nicht fassbaren Grausamkeiten selber erleben würden.
    Im Nachwort erfährt man, das diese Verbrechen den Tatsachen entsprechen, Sardinien war zu jener Zeit das Land der geraubten Menschen. Tragödien, die über Jahrzehnte hinweg in Italien und speziell auf Sardinien unerbittlich durchgezogen wurden. Vera Buck hat sich dieser düsteren Thematik angenommen, hat bestens recherchiert und ihre Geschichten perfekt wiedergegeben. Mich hat sie voll erwischt, ich habe in tiefste menschliche Abgründe geblickt. Ein Thriller vom Allerfeinsten, absolut lesens- und/oder hörenswert.
    Wut und Liebe Martin Suter
    Wut und Liebe (Buch)
    08.05.2025

    Das Verhängnis nimmt seinen Lauf

    Martin Suter berichtet in drei Teilen von „Wut und Liebe“, von Noah, dem erfolglosen Künstler und von Camilla, seiner großen Liebe. Und da ist noch Betty, die Noah in der Blauen Tulpe eher zufällig kennenlernt. Beide scheinen sie eine Schwäche für Mojitos zu haben, denn bald kommen sie darüber ins Gespräch. Die 65jährige Betty ist auf dem Weg zur Herzpraxis kurz in dieses Lokal abgebogen und wie es manchmal so ist, macht der Alkohol die Zungen locker. Sie lässt ihn ein wenig hinter die Kulissen ihres Leben blicken und – macht ihm ein so verlockendes wie unanständiges Angebot.
    Noah und Camilla sind seit drei Jahren ein Paar, sie lieben sich, jedoch beschließt Camilla, ihn nicht weiter finanziell zu unterstützen. Sie trennen sich. Derweilen wird der Kontakt zwischen Noah und Betty intensiver – das Verhängnis nimmt seinen Lauf…
    …und die Erzählung scheint über weite Strecken eher dahinzuplätschern. Wobei es mich schon vorwärts treibt, denn dass Suter am Ende eine nicht vorhersehbare Wendung bereit hält, ahne ich und auch weiß ich dies aus seinen anderen Büchern. Also lasse ich mich auf Noahs Geschichte ein, der von Betty viel über den Geschäftspartner ihres verstorbenen Ehemannes erfährt und noch immer will er Camilla zurückerobern, dafür würde er auch auf nicht ganz legale Methoden zurückgreifen.
    Martin Suter ist ein brillanter Erzähler, er nimmt hier seine Leser mit in eine Unternehmensberatung, deren vermögende Kunden Verschwiegenheit erwarten. Mit Noah ist es der arme Künstler, der fest an seinen Durchbruch und mit Betty seine Mäzenin gefunden zu haben glaubt. Dabei schreibt er unaufgeregt und launig, ich höre ihm, dem Schweizer, direkt zu. Die Story entwickelt sich eher gemächlich, das ganze Buch über erwartet man, dass etwas Entscheidendes passiert. Und ja – die ganze Dramatik offenbart sich, je mehr wir dem Ende zusteuern.
    Auf unterhaltsame Weise werden so manch menschliche Abgründe aufgezeigt, Wut und Liebe sind nah beieinander, auch spielen Rachegelüste in vielerlei Form ebenso mit hinein wie Lug und Betrug. Das Buch macht nachdenklich und auch wenn es nicht an „Melody“ herankommt, so habe ich es doch gerne gelesen.
    Beeren pflücken Amanda Peters
    Beeren pflücken (Buch)
    05.05.2025

    Berührend und bedrückend zugleich

    „Beeren pflücken“ ist Amanda Peters berührendes Debüt, das über Liebe und Verlust und Verrat erzählt. Es handelt von einer Mi'kmaq-Familie, die wie andere auch jeden Hochsommer aus Nova Scotia nach Maine kommt, um für acht bis zwölf Wochen bei der Blaubeer-Ernte zu helfen. Mom und Dad und ihre Kinder Ben, Mae, Charlie, Joe und Ruthie richten sich für diese Zeit in einer Hütte am Rande eines Feldes häuslich ein, andere Erntehelfer müssen sich mit Zelten begnügen und notfalls auf dem harten Boden schlafen.
    Als eines Tages die vierjährige Ruthie spurlos verschwindet, ist nichts mehr so, wie es war. „Sie ist noch nicht lange genug verschwunden, und ihr seid keine richtigen Einwohner von Maine und geltet als Durchreisende“ macht der Polizist ihnen wenig Hoffnung. Sechs Wochen lang suchen sie vergeblich nach Ruthie. Als die Beerenfelder abgeerntet sind, fahren sie noch ein letztes Mal an dem großen Stein vorbei, auf dem Ruthie zuletzt gesehen wurde. Ihr Verschwinden breitet einen Mantel der Trauer über die Familie, die Leichtigkeit ist dahin.
    Der Roman wird zum einen aus Joes Sicht erzählt. Ab dem Jahre 1962 – es ist das Jahr, als Ruthie verschwand – erzählt er von sich, von der Familie, von seinem Leben.
    Im zweiten Erzählstrang ist es Norma, der wir folgen. Sie hat oft seltsame Träume, die begonnen haben, als sie vier oder fünf Jahre alt war. Es waren Träume voller Licht, andere dagegen waren dunkel. Darin hört sie ihren Bruder lachen, was aber nicht sein kann, denn sie ist Einzelkind. Auch sieht sie ihre Mutter, das Gesicht jedoch ist nicht ihres. Noch mehr Unerklärliches ist es, das sie nie zuordnen kann und sehr viel später wird ihr klar, dass es sich immer um ein- und denselben Traum handelt.
    Zwei Lebensgeschichten, die auf den ersten Blick so gar nichts miteinander zu tun haben. Bald weiß man, um wen es sich bei Norma handelt, deren Mutter sie nie alleine lässt und sie ängstlich behütet und auch ihre Tante Jane benimmt sich zuweilen seltsam. Es gibt keine Fotos von ihr als Kleinkind und auf die Frage, warum sie als einzige in der Familie eine so dunkle Haut hat, wird dafür ein italienischer Großvater verantwortlich gemacht.
    Es ist eine Geschichte über eine lebenslange Lüge, über ein Verbrechen, das sprachlos macht. Über ein indianisches Volk, die Mi’kmaq, deren Daseinsberechtigung von den Weißen oftmals mit Füßen getreten wird. Norma spürt, dass ihr etwas Entscheidendes fehlt, sie entdeckt im Laufe der Jahre immer mehr an Ungereimtheiten und ja, sie weiß viel mehr, sie erkennt so manch schreckliches Geheimnis. Und nicht die Schuldigen, nein, sie selber spricht letztendlich klar aus, was ihr ein Leben lang verschwiegen wird. Es ist ein Buch, das betroffen macht und auch ist es ein Buch über Liebe und Vergebung – trotz allem.
    Amanda Peters ist eine Schriftstellerin mit Mi'kmaq- und Siedlerabstammung. Sie weiß also, welches Volk sie in den Mittelpunkt ihrer Erzählung stellt. Ihre Figuren zeigen die ganze Palette menschlicher Verhaltensweisen, sie sind zugänglich und verschlossen, sie handeln eigennützig oder auch nicht. Jeder hat seine eigene Art, mit Verlust umzugehen. Trauer hat viele Facetten, genau so die Liebe. „Beeren pflücken“ ist eine Erzählung voller Intensität, die ich schweren Herzens beendet habe, die mir viel bedeutet, die noch lange nachhallt.
    Code Kill - Ein tödliches Spiel Hendrik Klein
    Code Kill - Ein tödliches Spiel (Buch)
    03.05.2025

    Faszinierend und gruselig zugleich

    Was ist das denn? Blut. Überall Blut. Sie schießen. Auf ihn. Wo ist er? Gerade aufgewacht, sagen sie, er wäre im Krankenhaus. Seine Familie – alle tot. War er das? Nein, er nicht, denn sie sind alle wohlauf. Er wirkt trotzdem gehetzt, geht auf den Balkon. Springen? Geht nicht, er ist im siebten Stock…
    So verwirrend und unwirklich diese ersten Szenen sind, so „normal“ ist es nun. Es regnet, seit drei Tagen schon. Was nicht schön, aber dennoch unwichtig ist, denn sein Hotel ist endlich fertiggestellt, die ersten Gäste werden erwartet und ausgerechnet heute hat Maximilian Ryf verschlafen. Sobald der Hotelbetrieb angelaufen ist, wird er die meiste Zeit sowieso in seinen privaten Räumlichkeiten innerhalb des Hotels, dessen Manager er ist, nächtigen. Heute aber ist er unterwegs zur Fähre, die ihn zum „Seewind Manor“ bringen wird. Das Hotel liegt auf einer kleinen Insel vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns, es erwartet die ersten fünf Gäste, die zur Eröffnung geladen sind. Ihnen steht das Hotelpersonal rund um die Uhr zur Verfügung, neben Max sind es Emilia und Nala für Empfang und Service sowie Linus, der für ihr leibliches Wohl zuständig ist. Das Haus ist auf dem neuesten technischen Stand, was Segen und Fluch zugleich sein kann.
    Bald schon geschehen seltsame Dinge, auch ist die erste Tote zu beklagen. „Nummer 1“ ist in blutigen Lettern zu lesen – Horror pur. Und noch immer warten sie auf Gast Nummer fünf. Von den anwesenden Gästen wird so einiges bekannt wie etwa von Amy, die von den anderen als Die Durchgeknallte bezeichnet wird. Sie ist Thriller-Autorin, ihr Äußeres entspricht nicht unbedingt dem Mainstream.
    Dazwischen wird von „Früher“ berichtet. Diese kurzen Kapitel werden kursiv dargestellt, es ist von einem Paul die Rede. Was dies alles mit dem Hotel zu tun hat, erschließt sich mir lange nicht.
    Es wird zunehmend drastisch und angsteinflößend. Draußen tobt der Sturm und drinnen scheinen alle Verbindungen gekappt zu sein, Hilfe kann also nicht angefordert werden. Sie sind auf sich alleine gestellt, Abgründe tun sich auf. Eine Figur erscheint – Einbildung oder Realität? Die Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Das Spiel endet nicht, nein - es steigert sich in ungeahnte Dimensionen.
    Es ist mein erster Thriller von Hendrik Klein. Ein Psychothriller, der es in sich hat. Ein tödliches Spiel, das ich lange nicht begreife. Als es dann endlich so weit ist, dass ich – mit Kleins Hilfe wohlgemerkt – hinter dieses tödliche Spiel blicke, bin ich etwas irritiert. Die Story lässt mich ab Seite eins nicht los, es geht gleich in die Vollen. Und wie! „Versteht ihr dieses Spiel?“ Ich zumindest hatte lange keine Ahnung, wohin mich dies führt und jetzt, nachdem ich alles weiß, bin ich entsetzt ob dieser Entwicklung und fasziniert bin ich auch. Ein teuflisch gutes Spiel, das ich zwar gern gelesen, in das ich mich aber nie verwickeln lassen möchte. Mehr kann ich dazu nicht sagen, aber - bitte selber lesen, wer hinter diese raffiniert konstruierten Kulissen schauen will.
    Tage wie Salzwasser Sita Maria Frey
    Tage wie Salzwasser (Buch)
    02.05.2025

    Der Weg ist das Ziel

    Das erste Zusammentreffen war ein Unfall, auch danach geht es eher holprig weiter, irgendwann jedoch wissen sie, was sie voneinander haben. Atlanta und Enza – zwei ganz und gar unterschiedliche Frauen, deren vordergründiges Ziel Noto ist, eine Stadt auf Sizilien. Aber von Anfang an:
    Atlanta, die Mathematikerin durch und durch, lebt in Frankfurt, ihr langjähriger Freund hat seinen Lebensmittelpunkt in München, sie führen eine Wochenendbeziehung, was eigentlich ganz gut klappt. Bis zu dem Zeitpunkt, als Atlanta ungewollt schwanger wird und sie genau jetzt eine starke Schulter zum Anlehnen bräuchte. Eigentlich – denn er verlässt sie stillschweigend.
    Enza ist eine zupackende, taffe Frau, die in Bad Vilbel einen Fahrradladen betreibt. Sie ist gewollt alleinstehend, zu ihrer Mutter hat sie eine enge Bindung und als diese ihr von ihrer schweren Krankheit erzählt, will sie direkt bei ihr einziehen. Mutter allerdings will, dass sie zunächst zu ihrer Tante nach Sizilien fährt, um ihre sizilianische Familie endlich kennenzulernen.
    Da Atlanta und Enza das gleiche Ziel haben (wenngleich aus unterschiedlichen Gründen), machen sich die zwei gen Süden auf, jedoch wählen sie nicht die kürzeste Strecke, sie fahren über Freiburg nach Marseille und Barcelona, um irgendwann dann in Noto anzukommen. Der Weg ist das Ziel – so könnte man ihre Reiseroute umschreiben.
    Das Schicksal treibt manchmal seltsame Blüten und vor allen Dingen ist es nie berechenbar. Gleich mal werde ich ins kalte Wasser geschmissen – zwei Frauen auf einem Motorrad, dazu ein Baby, das unbedingt auf diese Welt will und genau dieses kleine Wesen scheint mir dies zu erzählen. Noch bin ich etwas irritiert, was sich aber ganz schnell legt, denn diese „Tage wie Salzwasser“ sind so einfühlsam erzählt, trotzdem das Leben der beiden Protagonistinnen voller Turbulenzen und unvorhersehbarer Zwischenfälle ist. Die Ausgangssituation beider Frauen ist alles, aber schön ist sie ganz gewiss nicht und doch finden sie einen Weg, der beileibe nicht immer geradlinig verläuft. Eigentlich nie, es sind krumme Wege, die sie beschreiten müssen. Beide wollten das nicht, beide werden sie dazu gezwungen. Und – letztendlich ist es gut so, wie es ist.
    Sita Maria Freys „Tage wie Salzwasser“ ist leicht und beschwingt erzählt und doch ist es eine Geschichte mit Tiefgang. Ein ergreifendes Debüt über Abschiede, über Neuanfänge und Freundschaft. Emotional, traurig und bittersüß, ein ganz besonderer Roadtrip, den ich gerne gelesen habe.
    Tage wie Salzwasser Sita Maria Frey
    Tage wie Salzwasser (Buch)
    02.05.2025

    Der Weg ist das Ziel

    Das erste Zusammentreffen war ein Unfall, auch danach geht es eher holprig weiter, irgendwann jedoch wissen sie, was sie voneinander haben. Atlanta und Enza – zwei ganz und gar unterschiedliche Frauen, deren vordergründiges Ziel Noto ist, eine Stadt auf Sizilien. Aber von Anfang an:
    Atlanta, die Mathematikerin durch und durch, lebt in Frankfurt, ihr langjähriger Freund hat seinen Lebensmittelpunkt in München, sie führen eine Wochenendbeziehung, was eigentlich ganz gut klappt. Bis zu dem Zeitpunkt, als Atlanta ungewollt schwanger wird und sie genau jetzt eine starke Schulter zum Anlehnen bräuchte. Eigentlich – denn er verlässt sie stillschweigend.
    Enza ist eine zupackende, taffe Frau, die in Bad Vilbel einen Fahrradladen betreibt. Sie ist gewollt alleinstehend, zu ihrer Mutter hat sie eine enge Bindung und als diese ihr von ihrer schweren Krankheit erzählt, will sie direkt bei ihr einziehen. Mutter allerdings will, dass sie zunächst zu ihrer Tante nach Sizilien fährt, um ihre sizilianische Familie endlich kennenzulernen.
    Da Atlanta und Enza das gleiche Ziel haben (wenngleich aus unterschiedlichen Gründen), machen sich die zwei gen Süden auf, jedoch wählen sie nicht die kürzeste Strecke, sie fahren über Freiburg nach Marseille und Barcelona, um irgendwann dann in Noto anzukommen. Der Weg ist das Ziel – so könnte man ihre Reiseroute umschreiben.
    Das Schicksal treibt manchmal seltsame Blüten und vor allen Dingen ist es nie berechenbar. Gleich mal werde ich ins kalte Wasser geschmissen – zwei Frauen auf einem Motorrad, dazu ein Baby, das unbedingt auf diese Welt will und genau dieses kleine Wesen scheint mir dies zu erzählen. Noch bin ich etwas irritiert, was sich aber ganz schnell legt, denn diese „Tage wie Salzwasser“ sind so einfühlsam erzählt, trotzdem das Leben der beiden Protagonistinnen voller Turbulenzen und unvorhersehbarer Zwischenfälle ist. Die Ausgangssituation beider Frauen ist alles, aber schön ist sie ganz gewiss nicht und doch finden sie einen Weg, der beileibe nicht immer geradlinig verläuft. Eigentlich nie, es sind krumme Wege, die sie beschreiten müssen. Beide wollten das nicht, beide werden sie dazu gezwungen. Und – letztendlich ist es gut so, wie es ist.
    Sita Maria Freys „Tage wie Salzwasser“ ist leicht und beschwingt erzählt und doch ist es eine Geschichte mit Tiefgang. Ein ergreifendes Debüt über Abschiede, über Neuanfänge und Freundschaft. Emotional, traurig und bittersüß, ein ganz besonderer Roadtrip, den ich gerne gelesen habe.
    Die Erbin Claire Winter
    Die Erbin (Buch)
    25.04.2025

    Spannend, emotional, erschütternd - ein absoluter Lesegenuss

    Cosima Liefenstein ist „Die Erbin“. Eine junge Frau, die in eine Unternehmerfamilie hineingeboren wurde. Die Industriellenfamilie Liefenstein ist fiktiv, deren Verstrickungen in die Machenschaften des Nationalsozialismus dagegen bittere Realität. Sie waren Profiteure der Arisierung, sie beschäftigten Zwangsarbeiter, sie kungelten mit den Nazigrößen.
    Claire Winter erzählt ihren neuen historischen Roman in zwei sich abwechselnden Zeitebenen. Durch Namen-, Orts- und Zeitangaben sind die Kapitel übersichtlich gestaltet, sodass der Überblick nie verloren geht und auch das vorangestellte Personenverzeichnis ist gerade anfangs hilfreich, bald aber sind mir die einzelnen Familienmitglieder und auch andere, wichtige Figuren, sehr vertraut.
    Cosima will eine Stiftung für bedürftige Frauen und Mütter ins Leben rufen, ihr Onkel Theodor unterstütz t sie dabei und wie er sagt, ist es Tradition bei den Liefensteins, sich für die Schwächeren und Ärmsten der Gesellschaft einzusetzen. Nicht jeder findet ihr Engagement gut, letztendlich aber lässt sich Cosima nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Als sie dann den Journalisten Leo Marktgraf kennenlernt, ist auch er von ihrer Idee überzeugt und trotzdem sein journalistischer Schwerpunkt anders gelagert ist, möchte er gerne über ihre Stiftung berichten. Wir scheiben das Jahr 1957…
    …und gehen zurück ins Berlin der 1929er Jahre. Hier treffen wir auf Elisa, die bei der Familie Liefenstein als Hausmädchen angestellt ist. Wilhelm ist der unangefochtene Patriarch, seine Söhne Theodor und Albert werden eines Tages seine Nachfolge antreten, der jüngste Sohn Edmund ist nach Wilhelms Ansicht dazu nicht geeignet. Als sehr begabter Maler sieht ihn sein Vater eher kritisch, um nicht zu sagen, er verachtet alles, was nicht seiner Norm entspricht. Doch eine standesgemäße Heirat ist auch für Edmund unabdingbar. In der mondänen Rita findet er seine Ehefrau, die ihm ein bezauberndes Mädchen schenkt – Cosima. Bald ist Elisa ihr Kindermädchen und auch wenn Rita sich eher auf dem gesellschaftlichen Parkett tummelt, so kümmert sich ihr Vater liebevoll um die Kleine.
    Um diese beiden Protagonistinnen rankt sich der historische Roman, der so viel mehr ist als eine Familiengeschichte. Als Cosimas Stifung eine große Summe von einem Freund von Theodor zugesagt bekommt, ist es Theo, der die Spende ablehnt. „Diesem Mann will man nichts schulden“ ist seine lapidare Erklärung, was Cosima stutzig macht und sie daraufhin mehr wissen will. Sie stößt auf eine Mauer des Schweigens und doch lässt sie nicht locker.
    Die Geschichte dieser Familie ist turbulent und steckt voller Geheimnisse. Es geht um Liebe in all ihren Facetten, ein Mord wirft viele Fragen auf und auch ein Suizid hängt irgendwie damit zusammen sowie mehrere Einbrüche in Privatwohnungen und Kanzleien. Daneben ist es die beklemmende Zeit des Nationalsozialismus, dessen Profiteure auch Unternehmerfamilien wie die Liefensteins waren, die in ihren Fabriken Zwangsarbeiter beschäftigten, angetrieben von SA und SS. Durch Arisierungen vergrößerten sie ihr Firmenimperium immens, die Schicksale dahinter waren nicht mal zweitrangig, sie waren ihnen schlichtweg egal.
    Claire Winter gibt darüber einen erschreckend realistischen Einblick. Und auch, wenn dieses Thema bekannt ist, so ist es nochmals etwas ganz anderes, hinter die Kulissen zu blicken. Da ist David, ein sehr guter Freund von Edmund, der als Jude sich nach Polen rettet. Sie schreiben sich, bis kein Brief mehr kommt. Edmund hofft, dass David es schafft, sich in Sicherheit zu bringen, aber einige Zeit danach sieht er ihn, schwach und abgemagert, als Zwangsarbeiter, mit blutigen Striemen. Er will ihn retten, ihm zur Flucht verhelfen, was die Aufseher brutalst zu verhindern wissen. Dies ist nur ein kleiner Abriss all der Grausamkeiten, denen die einen ausgesetzt waren und andere sich dadurch bereichert haben. Auch die Liefensteins haben sich den Nazis angebiedert und danach, als all die Verbrechen aufgeklärt werden sollten, wurden ganz schnell sämtliche Beweise vernichtet. In so manchen Unternehmen haben die mit verräterischen Akten gefütterten Feuer lange gebrannt.
    „Die Erbin“ ist ein bestens recherchierter historischer Roman, der mir einen tiefen Blick in unsere gar nicht so lange zurückliegende Vergangenheit gewährt. Eine finstere Zeit, die man nie vergessen darf, die noch lange in die Nachkriegszeit hineinwirkt. Dies alles eingebettet in die Geschichte der fiktiven Familie Liefenstein und deren so unterschiedlichen Mitglieder. Es war eine intensive Reise zurück in die Jahre 1929 bis 1957. Ein unterhaltsamer Roman, spannend, emotional und absolut lesenswert. Mein Tipp: Lesen, einfach lesen. Es lohnt sich. Wer Claire Winters Bücher kennt, wird sowieso unbesehen danach greifen.
    Das Echo der Sommer Elin Anna Labba
    Das Echo der Sommer (Buch)
    23.04.2025

    Das Schicksal dreier sámischer Frauen und deren Zwangsumsiedelung

    Die schwedisch-sámische Journalistin und Autorin Elin Anna Labba greift in ihrem Roman „Das Echo der Sommer“ das Schicksal der Samen auf, deren Dörfer zugunsten der Energieversorgung der Städte geflutet wurden. Dabei bezieht sie sich auf die Erzählungen der Überflutung schwedischer Dörfer, die an den Quellseen des Stora Luleälvs liegen und anderer gefluteter Gegenden in den Jahren 1923, 1939, 1940-1944 und 1972.
    „Wir sind am schönsten und schrecklichsten Ort der Welt gelandet“ sagt Rávdná zu ihrer dreizehnjährigen Tochter Iŋgá , als sie nach dem Winter in ihr Sommerland zurückkehren in ihre Kote hoch oben über dem Stausee, an dessen Hügeln sich sámische Dörfer angesiedelt haben. Dieser Stausee wird über Jahrzehnte hinweg in Etappen geflutet. Dabei ist es den Betreibern des Kraftwerks und letztendlich dem Staat nicht wichtig, dass die Sámi dabei ihr gesamtes Hab und Gut verlieren. Mehr noch, für sie gilt, dass sie als Nomaden kein Land besitzen dürfen und ihre Koten lediglich geduldet sind mit der Auflage, diese ausschließlich räumlich begrenzt in runder Form mit höchstens zwei Fensterluken zu bauen, zudem werden sie nicht an das nahe Elektrizitätswerk angeschlossen. Sie werden permanent ihrer Rechte beraubt.
    Drei Frauen sind es, die dem indigenen Volk der Samen angehören, über deren Lebenswelten und deren Zwangsumsiedelung ich lese. Rávdná, Iŋgá und ihre Tante Anne. Sie sind fest verhaftet in ihrer traditionellen Lebensweise, sie sind kunsthandwerklich geschickt, sie verkaufen ihre Fellschuhe, ihre Brieföffner, Kaffeefilter und noch so einiges mehr an Touristen. Dagegen hapert es mit dem Lesen und Schreiben, lediglich Iŋgá beherrscht dies einigermaßen, was schon auch wichtig ist, auch wenn ein Beschwerdebrief an die zuständige Behörde nichts nützt. Nicht nur hier ist die Diskriminierung der Sámi deutlich zu spüren.
    Obwohl das ganze Dorf mitsamt ihrer Kote im Wasser versinkt, wollen sie sich unter keinen Umständen vertreiben lassen. Es ist nicht das erste Mal, dass der See geflutet wird. Sie wissen es aus Erzählungen der Älteren, als die erste Erhöhung des Staudamms gerade mal so hoch wie ein Haus war und nun erleben Rávdná, Iŋgá und Anne, Rávdnás Schwester, die neuerliche Flutung hautnah. Es wird auch nicht das letzte Mal sein, dass sie ihre Kote dem Wasser opfern müssen. Dabei kommt es mir so vor, als ob sie sich schon lange damit abgefunden haben, dass sie wieder und wieder aufs Neue ihre Behausung ein Stück weit höher den Berg hinauf errichten müssen. Sie leben ganz selbstverständlich im Einklag mit der Natur, sie folgen den Jahreszeiten und wollen es auch weiterhin so halten und nicht zuletzt auch darum kämpfen sie um ihren Lebensraum.
    Elin Anna Labba hat mir eine Welt gezeigt, die mir vollkommen fremd ist. Sie lässt die sámische Sprache immer wieder kurz mit einfließen, was den Lesefluss lediglich anfangs etwas beeinträchtigt, da die Erklärung dazu dann wie nebenbei durchklingt. Das Buch lässt sich nicht einfach mal so weglesen, es fordert für sich ein gewisses Maß an Zeit ein. Die Diskriminierung indigener Völker – hier der Samen – ist hier anschaulich thematisiert, es ist ein lesenswertes Buch, das mich nachdenklich zurücklässt.
    Montmartre - Licht und Schatten Marie Lacrosse
    Montmartre - Licht und Schatten (Buch)
    23.04.2025

    Elise und Valérié – gelungener Auftakt der Montmartre-Dilogie

    Elise Lambert wird als Tochter einer einfachen Wäscherin am 28. Juni 1866 geboren. Sie wächst in Armut auf den Hügeln von Montmartre auf. Am gleichen Tag, wenig später, erblickt Valérie Dumas das Licht der Welt. Sie ist die Tochter eines wohlhabenden Kunsthändlers am Boulevard de Clichy, dementsprechend behütet ist ihre Kindheit. Der Lebensweg der beiden scheint vorgezeichnet, denn im ausgehenden 19. Jahrhundert hat eine Frau zu heiraten und ihrem Manne zu dienen - was weder für Elise noch für Valérie erstrebenswert ist.
    Eine frühreife Freundin nimmt Elise heimlich mit, um sich in einem Variété unter die Tanzenden zu mischen. Sie ist begeistert vom Cancan, Jacques Offenbachs Galop infernal, der Höllen-Cancan, hat es ihr besonders angetan und spätestens da reift in ihr der Wunsch, diesen schnellen Tanz zu erlernen und zu vervollkommnen.
    Valérie ist zeichnerisch überaus begabt, viele Stunden verbringt sie malend in Vaters Galerie. Über ihr Ansinnen jedoch, eine Malakademie, die ausschließlich männlichen Schüler offen steht, zu besuchen, ist er nicht erfreut. Dennoch macht er es ihr möglich, als einzige Frau dort aufgenommen zu werden, allerdings muss sie so einige Einschränkungen in Kauf nehmen.
    Das Buch ist in fünf Teile gegliedert, angefangen von der späten Kindheit der beiden im Jahre 1878 über ihre mehr oder weniger wilde Jugend bis hin zu den darauf folgenden stürmischen Jahren. Weiter geht es dann auf den Weg zum Erfolg, Licht und Schatten endet mit ihren nunmehr dreiundzwanzig Jahren 1889.
    Dabei begegnen ihnen viele heute weltberühmte Künstler. Henri Toulouse-Lautrec spielt eine große Rolle, auch Suzanne Valadon, Vincent van Gogh, Camille Pissarro, Edouard Manet und Claude Monet, um nur einige wenige zu nennen. Louise Weber, die als La Goulue als laszive Tänzerin Berühmtheit erlangte, ist in Elises Geschichte eingewoben. Eine schillernde Persönlichkeit, die mir bis dato unbekannt war. Ihr Charakter passt sich perfekt der anzüglichen, ja unzüchtigen, der frivolen Atmosphäre einschlägiger Nachtlokale – in ihrem Fall Tanzlokale - an. Die Autorin klärt zum Schluss über Wahrheit und Fiktion auf. Dabei wird klar, dass sie sich zwar künstlerische Freiheiten gegönnt, aber doch sehr viel an Wahrem wiedergegeben hat, wenngleich so einiges im fiktiven Bereich angesiedelt ist.
    Der erste Teil der Montmartre-Dilogie hat mich sofort ins Buch gezogen. Die gegensätzlichen Lebenswege der beiden Frauen, die sich irgendwann begegnen, sind interessant und spannend erzählt, auch das Who’s Who der Kunstszene gibt sich die Ehre, was mir besonders gut gefällt. Beide Erzählstränge sind reizvoll, wobei mich Elises erste Lebensjahre noch mehr bewegt haben, was sich aber dann im Laufe der Geschichte ausgleicht. Vom Dorf Montmartre, in dem die armen Leute ihr Dasein fristeten bis hin zur Eröffnung des Moulin Rouge und der Pariser Weltausstellung und vielem mehr erstreckt sich der Roman, der von viel Licht, aber auch von noch mehr Schatten erzählt. Viel ist die Rede von den Stilrichtungen der damals aktuellen Malerei – eine kurze Erklärung dazu findet man am Ende des Buches, ebenso eine Liste der erwähnten Kunstwerke. Marie Lacrosse vermittelt Interessantes über eine Zeit, in der Frauen nicht viel zu melden hatten, einzelne es aber dennoch mit viel Durchhaltevermögen nach oben geschafft haben.
    Die Summe unserer Teile Paola Lopez
    Die Summe unserer Teile (Buch)
    19.04.2025

    Sie reden nicht dieselbe Sprache

    „Wir sind mehr als die Summe unserer Teile“ hat einst Lyudmila zu ihrer kleinen Tochter Daria gesagt. Als Kind konnte sie damit nichts anfangen. Ihre Mutter war nie nur eine Person, sie war schon immer mehrere gewesen – so denkt Daria im Nachhinein über sie.
    Mit „Die Summe unserer Teile“ hat die Österreicherin Paola Lopez, die in Berlin lebt, ihren Debütroman vorgelegt. Es ist ein Roman über Mütter und Töchter und deren mehr als konfliktbeladenes Verhältnis zueinander.
    Die 23jährige Lucy ist Informatikstudentin. Sie lebt seit drei Jahren in Berlin und nun wird sie direkt mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. In ihrem WG-Zimmer steht der Steinway ihrer Kindheit, ihr WG-Mitbewohner hat ihn für sie angenommen und nun schäumt sie vor Wut über ihre Mutter, die ihr dieses Ding nachgeschickt hat, nachdem sie endlich ihre Adresse herausgefunden hat. Nach drei Jahren Funkstille. Denn Lucy ist ohne ein Wort einfach weg, keiner wusste, wo sie war.
    Nach diesem geschickt gemachten Anfang möchte ich schon wissen, was es mit diesem Steinway auf sich hat, allerdings muss ich mich gedulden, denn nun schwenkt die Erzählung ins Jahr 1976 zurück zur Medizinstudentin Daria, die später dann eine Kinderarztpraxis eröffnet. Sie ist Lucys Mutter und möchte alles besser machen. Besser als ihre Mutter Lyudmila, die im Alter von achtzehn Jahren ihre Familie in Polen verließ. Eigentlich aber floh sie vor den Nazis und sie landete schließlich in Beirut, wo sie Chemie studierte und ihren Professor Haddad ehelichte. Sie war mit Leib und Seele Chemikerin, sie eiferte ihrem großen Vorbild Marie Curie nach, für ihre Tochter Daria blieb da nicht viel Zeit. Eine Nanny war ihr Mutterersatz, was für Daria später dann, als sie selber Mutter war, nie infrage kam.
    Von 1942 bis 2014 wird von den drei Frauen und deren Leben erzählt. Nicht chronologisch, aber doch übersichtlich dank der den Kapiteln vorangestellten Orts- und Zeitangaben. Lucy steht im Zentrum. Sie sucht nach ihren Wurzeln. Sie ist der Auslöser dieser Erzählung, die die Geheimnisse zwischen den Frauen zutage fördert.
    Sie reden nicht dieselbe Sprache, sowohl im wörtlichen und auch im übertragenen Sinne. Und genau dieses Nicht-Gesagte und Falsch-Verstandene schwebt über ihnen, es nimmt immer mehr Raum ein. Lucy, Daria, Lyudmila – es sind drei ganz eigenwillige Persönlichkeiten, die mir im Laufe der Erzählung nicht nahe kommen. Es gibt schockierende Szenen wie etwa jene, als Lyudmila nach Lucys Geburt nach München kommt und ganz anders reagiert, als man es erwarten würde. Gut, Lyudmilas Schicksal wird mehr durchleuchtet – ist sie deshalb so hart geworden? Irgendwann dann wandelt Lucy auf Lyudmilas Spuren, sie fährt nach Sopot, was ihr allerdings in punkto Großmutter nicht recht weiterhilft. Überhaupt ist es die Figur Lucy, die sehr eigennützig handelt. Nicht nur ihrer Mutter gegenüber ist sie anklagend, obwohl sie es war, die schon in ganz jungen Jahren ihr ureigenstes Ding durchgezogen und den Kontakt zu ihren Eltern rigoros gekappt hat. Sie benimmt sich auch ihren Freunden gegenüber ziemlich übergriffig, was diese jedoch ganz entspannt übersehen.
    Die 250 Seiten lassen sich gut lesen. Die sehr unterschiedlichen Lebensweisen sind spürbar, ebenso die generationenübergreifende Sprachlosigkeit. Und auch wenn mich das Buch etwas verloren zurücklässt, so wird es den doch sehr nüchternen, vernunftorientierten Frauen durchaus gerecht, was zumindest die beiden Mütter beschreibt.
    Night Road - Der Sommer unseres Lebens Kristin Hannah
    Night Road - Der Sommer unseres Lebens (Buch)
    17.04.2025

    Das Leben ist nicht fair

    Kristin Hannah hat mir schon viele intensive Lesestunden beschert. Sie ist eine erstklassige Erzählerin, was sie mit „Night Road. Der Sommer unseres Lebens“ wiederum beweist.
    Lexi Baill wurde seit jeher von einer Pflegefamilie in die nächste gegeben, nachdem ihre Mutter wieder mal im Gefängnis gelandet ist. Nach deren Tod nimmt sich eine Tante ihrer an und auch wenn das Geld knapp ist, so spürt Lexi das erste Mal in ihrem Leben, wie viel Geborgenheit und Liebe wert sind.
    In der neuen Schule geht Lexi auf die schüchterne Mia zu, beide Mädchen sind bald unzertrennlich, auch Mias Zwillingsbruder Zach ist von Lexi sehr angetan und auch ist sie in der Familie der Zwillinge stets willkommen. Die drei verbringen einen herrlichen letzten Sommer, denn bald werden Mia und Zach auf ein College wechseln, das nur die Besten der Besten annimmt und zudem nur für die Kinder vermögender Familien erschwinglich ist. Die drei kosten jeden Moment aus, sie sind jung, sie feiern das Leben.
    Bis dann das Unfassbare geschieht und die Nacht auf der Night Road ihr bis dahin unbeschwertes Leben auf den Kopf stellt. Es ist eine falsche Entscheidung, die ihren Schwur, für immer zusammenzustehen, sich nie aus den Augen zu verlieren, zunichte macht.
    Dieser Sommer wird mir großteils aus Lexis Perspektive nähergebracht und dann ist es noch Jude Farraday, deren Fürsorge ihren Kindern gegenüber ich mit eher gemischten Gefühlen sehe. Alles ist leicht und unbeschwert, Kristin Hannah fängt diese so lebensbejahenden Teenager gut ein, auch Jude als überfürsorgliche Mutter kann ich mir bestens vorstellen. Und dann ist es diese eine Fehlentscheidung, die zur Katastrophe führt. Es folgen Schuldzuweisungen und Schuldgefühle, jeder ist betroffen und jeder geht anders mit dieser Tragödie um. Und wenn man meint, alles ist schlimm genug, dann wird es noch härter, so manch Reaktion macht mich fassungslos. Gibt es Gerechtigkeit? Und wenn ja – für wen? Gelingt es, zu vergeben?
    Night Road macht mich unendlich traurig, aber doch weiß ich, dass diese Schicksalsschläge zum Leben gehören. Kristin Hannah greift ein Thema auf, das man am liebsten verdrängen würde. Alles beginnt in dieser einen Nacht, ein Verlust wiegt schwer. Und doch ist es damit nicht getan, denn nachfolgende Entscheidungen führen noch tiefer ins Verderben.
    Es sind aufwühlende Themen, derer sich die Autorin annimmt. Man spürt in jeder Figur ihr ureigenes Empfinden, die einen sind geprägt von Hass und Rachegedanken, andere wiederum zerfrisst ihre tief empfundene Schuld, die direkt in Selbstaufgabe ausartet. Dieses und noch vieles mehr ist emotional, aber nie geschmacklos wiedergegeben. Auch hier zeigt sich der meisterhafte und so ergreifende Erzählstil der brillanten Autorin, deren Bücher ist allesamt verschlungen habe und auch in Zukunft will ich mir keines entgehen lassen.
    Wer auch nur eines von Kristin Hannahs Büchern kennt, weiß um ihren charakteristischen Schreibstil. Es ist ein absolut lesenswertes, ein so ergreifendes Buch, das ich unbedingt weiterempfehlen will.
    Stars Katja Kullmann
    Stars (Buch)
    15.04.2025

    Astro-Business

    Am Anfang war ein Stein. Ein Pflasterstein, der durch Carlas Fenster flog. Und viele Dollars, in einem müffeligen Karton. Sowohl Stein als auch Geld geben Rätsel auf, beides verwahrt sie erst mal sicher.
    Katja Kullmann, die Autorin von „Stars“, glaubt nicht an die Sterne, wie sie verrät - und ihre Heldin glaubt auch nicht daran. Carla Mittmann, eine ehemalige Philosophiestudentin, verdient ihre Brötchen als Sachbearbeiterin in einer Möbelfirma. Von ihren einstigen Plänen und ihrem Forschungsprojekt „Der Aberglaube im Spätkapitalismus“ ist nichts geblieben, zumindest hat explizit sie davon nicht profitiert und das, obwohl das Geschäft mit der Astrologie boomt. Man wird täglich damit konfrontiert und wie es das Schicksal so will – oder sind es die Sterne, die ihren weiteren Weg befördern?- ist Carla plötzlich mittendrin in diesem Metier. Ihre Horoskop-Website ist der Anfang ihrer Erfolgsgeschichte, sie steigt groß ein ins Astro-Business.
    Obwohl auch ich nicht an die Sterne glaube, ich früher mal diese Zeitungshoroskope gelesen und dann gleich wieder vergessen habe, war ich auf diese „Stars“ dann doch neugierig, „der ultimative Hochstaplerinnenroman“ hat mich direkt angezogen.
    In den 1970er Jahren war es Madame Teissier und ihre Astro-Show, die die Astrologie in die Wohnzimmer brachte und nun ist dies Carla Mittmann, die sich vor Aufträgen kaum retten kann.
    Carlas Geschichte lese ich mit einem Augenzwinkern, ihr schier kometenhafter Aufstieg wird launig erzählt, so manch Konkurrenz entlarvt sich durch plumpe Plagiate selber, Zeitschriften, VHS-Kurse, Funk und Fernsehen springen auf den lukrativen Zug der Astrologie auf, Zulauf bekommen sie aus allen gesellschaftlichen Schichten und dafür wird so manch erkleckliches Sümmchen hingelegt. Wollen wir nicht alle dem Schicksal ein wenig in die Karten schauen und von dem vermeintlich schicksalhaften Einfluss der Gestirne auf uns Menschen nur das Positive glauben? Und sind diese Voraussagen auch und gerade in Lebenskrisen ein Stück weit tröstlich?
    Alles steht in den Sternen – diese Aussage lässt sich beliebig interpretieren. Ich lass das mal, Carla, die Astrophilosophin, kann das viel besser. In diesem Sinne wünsche ich viel Freude mit diesem unterhaltsamen Roman.
    CHER. Die Autobiografie, Teil eins Cher
    CHER. Die Autobiografie, Teil eins (Buch)
    13.04.2025

    CHER – außergewöhnlich, in jeder Beziehung

    CHER - was für ein außergewöhnliches Buch, was für eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Schon immer hat sie mich mit ihrer charakteristischen Alt-Stimme fasziniert. In Teil eins ihrer Autobiographie erzählt sie von ihrer Kindheit, von ihrer Familie und später dann von Sonny, von ihrem Weg hin zur Weltkarriere. Dieser erste Band reicht bis ins Jahr 1981.
    Mit ihrer Großmutter Lynda, 1926 geboren, die schon mit dreizehn Jahren Mutter wurde, beginnt sie ihre Erzählung, es war die Zeit der Großen Depression. „Sucht ist ein großes Thema in meiner Familie und hat immer wieder Leid gebracht.“ Von Großvaters Trunksucht und seinem unsoliden Lebenswandel ist zu lesen. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, ist erschreckend offen. Und das nicht nur bei ihren Vorfahren, auch bei sich selber ist sie schonungslos ehrlich.
    Ihre Mutter Georgia war Sängerin und Schauspielerin. Sie sah umwerfend aus, was Fotos, die im Buch zu finden sind, hinlänglich beweisen. Sie war mehrmals verheiratet, für sie gab es „nur Extreme. Sekt oder Selters.“ Ihr ganzes Leben war ein Auf und Ab, sie umgab sich mit schillernden Künstlern und ihre Kinder waren mittendrin, wechselnde „Väter“ waren für Cher nichts Ungewöhnliches. So lernte sie schon früh, sich in dieser Welt zu bewegen.
    Und dann kam Sonny. Zunächst war sie Backgroundsängerin, sie beschreibt den Weg hin zu Sonny & Cher mit vielen Hochs und nicht gerade wenigen Tiefs. Ganz abgesehen von ihrer signifikanten Stimme ist es ihr unverwechselbarer Stil, der sich auch in ihrer Kleidung zeigt.
    Das Buch lebt von den vielen Anekdoten, an die sie sich erinnert, die sie sehr unterhaltsam, mit Witz und Charme und einer Prise Selbstironie zu Besten gibt. Sie kennt sie alle, die Größen ihrer Zeit, seien es die Rolling Stones in ihren Anfängen, Tina Turner, Elton John und wie sie alle heißen. Sie bewegt sich in dieser glamourösen Glitzerwelt, aber immer gibt Sonny die Richtung vor. Er ist es, der ihre Finanzen verwaltet, der sie nicht nur einmal an den finanziellen Abgrund bringt und später dann, als die Ehe zerbricht, muss Cher feststellen, dass er sehr eigennützig agiert hat. Mit sechzehn hat sie ihn getroffen, sie gibt einen ungeschönten Einblick in ihre Beziehung, die leicht und wunderbar war, die aber auch ihre dunklen Seiten offenbart.
    Cher ist ein Mulittalent, eine faszinierende Frau, deren facettenreicher Blick zurück bestens unterhält. Sie war dafür bekannt, sich und ihre Musik kontinuierlich neu zu erfinden - the Goodess of Pop, die Göttin der Popmusik.
    The Surf House Lucy Clarke
    The Surf House (Buch)
    04.04.2025

    So gar nicht paradiesisch

    Bea als Aussteigerin zu bezeichnen, trifft es nicht. Sie hat spontan, im wahrsten Sinne des Wortes von jetzt auf gleich, ihre Modelkarriere beendet. In Marokko steht sie vor der Kamera und trotzdem sie so gut wie nichts zu sich nimmt, ist das sündteure Kleid so eng, dass sie damit nicht sitzen kann. Sie hat dieses Leben so satt, sie steigt aus und findet sich in den Gassen Marrakeschs wieder. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, sie wird überfallen, Rucksack und Papiere sind weg.
    Eine schicksalhafte Begegnung führt sie direkt hinein in ein Surfparadies. War es Zufall? War es Schicksal? Bea lernt die Besitzer des Surf House kennen, sie findet hier Arbeit, sie lernt surfen – hat das Leben genau diesen magischen Ort für sie vorgesehen? Das Leben kann so leicht sein, es hat ihr viel zu bieten, wäre da nicht der Überfall zuvor, denn sie wird erpresst.
    Der Thriller beginnt direkt gemächlich, je weiter ich dann lese, desto mehr offenbart sich mir. Die anfangs eher oberflächlich wirkende, austauschbare Story, die ich so immer wieder lese, wird intensiver, es wird beklemmend, es wird zunehmend gefährlich. Ich lese von Savannah, deren Bruder Seth sich im Surf House einmietet. Er sucht seit geraumer Zeit nach ihr, ihre Spur verliert sich in dieser Gegend. Da sind Marnie und Ped, die sich hier ihren Lebenstraum erfüllt haben. Aiden scheint hier auch fest verwurzelt zu sein und da ist noch Momo, ein Polizist, der so gar nicht durchschaubar ist. Die so vielschichtigen Charaktere lernt Bea besser kennen, nicht zu jedem findet sie Zugang. Mehr noch, sie ist dem ein oder anderen regelrecht ein Dorn im Auge, andere dagegen vermitteln ihr das Gefühl der Zugehörigkeit.
    Lucy Clarke versteht es, die Spannung kontinuierlich zu steigern, sie vermittelt von allen hier, die sich in und um dieses Surf House bewegen, ein durchaus schlüssiges Bild, das sich mir einprägt. So bin ich schon mal voreingenommen gewissen Personen gegenüber, andere sehe ich sehr wohlwollend. Mit Seths Auftauchen dann spürt man eine Bedrohung, die sich nicht mehr aufhalten lässt, die Stimmung kippt. Nicht nur am Haus sind Risse zu sehen, auch die Idylle scheint am Bröckeln zu sein. Die Story entwickelt sich mehr und mehr zu einem Sog, den ich mich nicht entziehen konnte und es auch nicht wollte. Geheimnisse, Lügen, falsche Entscheidungen sind es, die letztendlich die ganze Dramatik offenbaren, das drastische Ende dann habe so nicht vermutet. Ein Thriller, der es in sich hat, den ich gerne gelesen habe.
    Die tausend Farben von Paris Catherine Durand
    Die tausend Farben von Paris (Buch)
    30.03.2025

    Das Paris der 1950er Jahre in all seiner Vielfalt

    Catherine Durand entführt mich ins Frankreich der 1950er Jahre, direkt hinein ins Künstlerviertel von Paris. Hier begegne ich dem ehemaligen US-Soldaten Jack, der für seine Bilder lebt, auch wenn er mehr schlecht als recht davon leben kann - er ist Maler aus Leidenschaft. Frank ist ebenfalls US-Amerikaner, wenngleich er nie gedient hat. Er ist ein großartiger Sänger, Karten zu seinen Shows im Lido sind heißbegehrt. Der Zufall führt ihn zu der bezaubernden Amelie in ihr Blumengeschäft, er ist sofort von ihr angetan, sie jedoch zeigt ihm eher die kühle Schulter. Wäre noch Rose, die stets mit ihrem Fotoapparat unterwegs ist, um genau die Momente einzufangen, die ihre Bilder so besonders machen. Gerade hat sie Jack im Visier – ihre Blicke treffen sich, es ist der Beginn von etwas Wunderbarem. Die Autorin erzählt von einem Paris, wie man es sich vorstellt, ihre Protagonisten haben sich, jeder auf seine ureigene Weise, der Kunst verschrieben, aber ihre „tausend Farben von Paris“ sind noch sehr viel mehr als Liebe, Kunst und Leidenschaft.
    Bis hierher spürt man die Leichtigkeit des Seins. Vier junge Leute in der Stadt der Liebe, die jeden Moment genießen. Sie verlieben sich – was braucht man mehr? Nun, diese Nachkriegsjahre sind nicht nur unbeschwert, man spürt schon auch, dass hier noch mehr im Gange ist.
    Gleich mal wird es mysteriös. Ein Toter wird aus dem Wasser gezogen, er liegt nun am Ufer der Seine. Der herbeigerufene Polizist scheint etwas gefunden zu haben, er führt ein Telefonat…
    Dunkle Kräfte treiben im Verborgenen ihr anrüchiges Handwerk. Von Spionage ist die Rede und wenn es sein muss, schrecken finstere Gestalten auch vor Mord nicht zurück. Jack kommt durch das G.I.-Bill-Programm für ein Jahr nach Paris, will jedoch verständlicherweise hier nicht mehr weg. Von diesem Programm, das den US-Soldaten den Start in ihr neues Leben erleichtern soll, habe ich noch nie gehört. Auch vieles andere, das die Autorin gekonnt in ihre …tausend Farben… verwoben hat, war mir unbekannt, obwohl es den Tatsachen entspricht. Sie hat ihre Figuren gut getroffen, Jack etwa ist der Inbegriff des armen Malers, der jeden Moment voll auskostet und auch wenn der Erfolg ausbleibt, so schlängelt er sich gut gelaunt sich durch seine Tage.
    Die politischen Verhältnisse von damals sind mit dem kulturellen Leben bestens verflochten, Orte werden beschrieben, alles ist historisch verbürgt und gut recherchiert, das Buch ist so viel mehr als „nur“ ein Roman, in dem die Liebe eine Rolle spielt, das Buch vermittelt viel Wissen – und das auf sehr unterhaltsame Weise.
    Das Nachwort dann klärt nochmal über die Fakten auf, Kriegsverbrecher und Geheimdienste, die sich durch unsere Geschichte ziehen, werden hier beim Namen genannt, die letzten Seiten bilden den informativen Abschluss zu diesem so lesenswerten Buch, das in den „…tausend Farben von Paris“ erstrahlt.
    Elbnächte. Die Lichter über St. Pauli Henrike Engel
    Elbnächte. Die Lichter über St. Pauli (Buch)
    30.03.2025

    Spannend, nervenaufreibend, lesenswert

    Der erste Band der „Elbnächte“ erzählt von drei Menschen, deren Leben komplett unterschiedlich verlaufen ist und wenn da nicht für sie alle ein entscheidendes Momentum gewesen wäre, hätten sie sich nie getroffen. So aber hat das Schicksal sie auf verschlungenen Pfaden zusammengeführt.
    Louise, die mit ihrem Ehemann ein luxuriöses Leben führt, steht von jetzt auf gleich vor den Scherben ihrer Ehe. Ihr Mann ist verschwunden, Geld scheint keines mehr da zu sein und Louise wird aus der Suite, in der sie bis soeben feudal residiert hat, hinauskomplimentiert.
    Ella entstammt einer kinderreichen Familie, sie wurde vor nunmehr sieben Jahren regelrecht verkauft und fristet seitdem ihr deprimierendes Leben als Prostituierte. Heimlich hat sie etwas Geld beiseite gelegt und nun will sie nur noch weg.
    Wäre da noch Paul. Er war Polizist, er war gut in seinem Job, aber seit er während eines Einsatzes einen Arm verloren hat, ist er zum Innendienst verdammt, was ihm so gar nicht behagt. Er quittiert den Polizeidienst und hält sich mit Arbeiten auf dem Schlachthof über Wasser.
    Es ist Sommer auf St. Pauli, wir schreiben das Jahr 1913. Ein Juwelier wird ermordet aufgefunden, ein Straßenjunge wird als sein Mörder gejagt, ein zufällig gefundenes Papier lenkt ihre Schritte in eine heruntergekommene Bar, eine Kinderbande treibt ihr Unwesen, es ist was los auf St. Pauli.
    „Elbnächte“ ist eines dieser Bücher, die mich eher zufällig gefunden, die mich aber dann nicht mehr losgelassen haben. Kaum hatte ich die ersten Seiten gelesen, war ich von den umtriebigen Protagonisten und deren Leben gefangen. Ella etwa, die Protagonistin mit Herz, wie sie beschrieben wird, hat mich gleich für sich eingenommen. Sie nimmt kurzerhand den Mops mit, der im Hurenhaus ein eintöniges Dasein fristet und auf den so schönen Namen Pincipessa hört. Er ist von nun an Ellas ständiger Begleiter und erobert mit seinen kurzen Stummelbeinchen jedes Herz im Sturm. Auch Louise konnte ich viel abgewinnen, ihr mondänes Leben ist vorbei, sie lässt sich jedoch nicht unterkriegen und krempelt die Ärmel hoch. Die Barbesitzerin wider Willen hat einen gefährlichen Weg vor sich, bevor sie hinter dem Tresen stehen kann. Und Paul, der bei dem Unfall beinahe draufgegangen wäre, jagt seitdem den Kopf hinter der Kinderbande.
    Bald werden sie mit Hamburgs Unterwelt konfrontiert, in der es auch mal etwas mehr an krimineller Energie bedarf. Sie kämpfen für Gerechtigkeit auch mal mit nicht ganz sauberen Methoden, sie werden mit nicht nur einem Mord konfrontiert, auch Erpressung, Vertuschung und Beschattung ist Thema, es geht ganz schön zur Sache. Die Story ist durchweg spannend, ja nervenaufreibend. Ich fiebere mit, jede einzelne Figur hat ihre Stärken und auch so manche Schwäche, allesamt sind sie glaubhaft angelegt.
    Der Auftaktband der „Elbnächte“ war ein großes, ein spannendes und sehr kurzweiliges Lesevergnügen und natürlich möchte ich wissen, wie es mit Louise, Ella und Paul weitergeht, ich freu mich schon auf Band zwei.
    Vor hundert Sommern Katharina Fuchs
    Vor hundert Sommern (Buch)
    26.03.2025

    Claras Geschichte

    Ihre Großtante Clara hat Katharina Fuchs zu ihrem Generationenroman „Vor hundert Sommern“ inspiriert. Dies verrät die Autorin zum Schluss dieses lesenswerten Buches ihren Lesern. Clara war die Schwägerin ihrer Großmutter Anna, beide sind sie reale Personen, andere Figuren dagegen sind fiktiv.
    Wir sind im Berlin der 1920er Jahre, die vielzitierten Goldenen Zwanziger Jahre gingen an Clara und den ihren eher spurlos vorüber. Sie lebt beengt mit ihren Eltern und Geschwistern, sie trägt mit Flaschenspülen für eine Brauerei zum Lebensunterhalt der Familie bei. Eine Arbeit, die schlecht bezahlt wird und wenn die Frauen, die diesen Knochenjob tagein, tagaus erledigen, nicht spuren, werden sie kurzerhand entlassen, die nächsten Arbeiterinnen warten schon.
    Hundert Jahre später sind es Lena und ihre Mutter Anja, die die Wohnung von Elisabeth, Anjas Mutter, in Berlin Charlottenburg ausräumen. Elisabeth hat sich entschlossen, die Wohnung aufzugeben, da sie mit ihren 94 Jahren zwar geistig fit, körperlich aber doch angeschlagen ist. Sie lebt nun in Hamburg in einem Pflegeheim in Anjas Nähe. Bei der Wohnungsauflösung entdecken sie alte Briefe und Fotos, auch eine Schusswaffe fischen sie aus ihrem Versteck. Weiß Elisabeth etwas darüber? Es muss wohl zu Claras Nachlass gehören, denn diese Wohnung war einst ihre.
    Elisabeth erinnert sich, erzählt von Clara, um dann im nächsten Kapitel nahtlos in ihre Zeit überzugehen. Die beiden Zeitebenen verbinden sich hier aufs Beste. Das Buch ist spannend erzählt, es ist unterhaltsam, die kurzen Kapitel sind mit Orts- und Zeitangabe und mit Namen übertitelt. So hat man stets den Überblick. Vom Gestern zum Heute wechseln sich die Erzählstränge ab, jeder für sich ist interessant. Tief tauche ich ein in die Geschichte, durchlebe die gesellschaftlichen, die wirtschaftlichen und die politischen Verhältnisse sowohl in unserer als auch zu Claras Zeit. Bald haben die Nationalsozialisten das Sagen, ihre Schreckensherrschaft macht vor keiner Familie halt. Der Antisemitismus greift auch heute wieder um sich, Katharina Fuchs thematisiert dies neben der Familiengeschichte wie viele andere Themen, die uns auf den Nägeln brennen wie etwa den Nahost-Konflikt, die Erstarkung Rechter Parteien, Mobbing und den Klimawandel, Social Media und veganes Leben, um nur einiges zu benennen. Es sind Themen, die uns beschäftigen, die gut in die Geschichte eingebunden sind, jedoch überfrachten sie die Erzählung doch sehr. Hier wäre weniger mehr gewesen.
    Nun, Elisabeth ist es, die ihr Schweigen bricht, die von der Vergangenheit erzählt. Man merkt, wie schwer es ihr fällt, sich nochmal alles zu vergegenwärtigen, die Erinnerungen sind zu schmerzlich. Lena fordert von ihrer Oma alles ein, nachdem sie Briefe gefunden und gelesen hat. Sie drängt sie regelrecht, meint an Anrecht auf ihre Vergangenheit zu haben. Und assoziiert dabei ihre Ängste mit ihrer Unkenntnis über ihre jüdischen Vorfahren. Gerade diese Sequenzen sind es, die das Anspruchsdenken der jungen Generation – auch wenn es einige wenige sind - widerspiegeln. Hier musste ich mit dem Lesen pausieren, um ein wenig Abstand zu der ansonsten lesenswerten Geschichte zu bekommen.
    Claras Geschichte hat mich komplett abgeholt, auch zolle ich Elisabeth Respekt, dass sie trotz qualvoller Rückblicke dem Wunsch ihrer Familie entsprochen hat. Schlussendlich bewerte ich mit 3 ½ Sternen, die ich aufrunden werde.
    Stromlinien Rebekka Frank
    Stromlinien (Buch)
    26.03.2025

    Vergangenheitsbewältigungen

    Das erste Mal, als Enna und Jale mit ihrer Oma Ehmi auf die Gefängnisinsel Hahnöfersand gekommen sind, waren sie fünf Jahre alt. Zwölf Jahre sind seitdem vergangen und nun zählen sie die Tage, die Stunden und auch die Minuten, denn bald ist es so weit. Ihre Mutter Alea wird aus der Haft entlassen. Enna wartet auf sie, aber niemand kommt. Und als ob dies nicht schon schlimm genug wäre, ist Jale schon in der Nacht aus dem Haus gegangen, auch sie ist nirgendwo zu sehen. Ihr Handy ist aus, Ennas Nachrichten an sie gehen ins Leere.
    Enna und Jale, die beiden so unterschiedlichen Zwillingsmädchen, leben im Einklang mit der Natur. „Schon früh waren wir wie Ebbe und Flut. Jale wusste immer, wann wir uns zurückziehen, wann wir leise, still und ruhig sein sollten. Ich hingegen konnte gut vorpreschen…“ denkt Enna. Und genau diese Eigenschaft hilft ihr, nicht locker zu lassen. Sie ist mit der Sturmhöhe, dem alten Boot der Familie, unterwegs auf der Suche nach Mutter und Schwester, streift durch das Alte Land, die Gegend hier mit ihren Apfelbäumen, das Obstanbaugebiet, das anschaulich beschrieben ist.
    Rebekka Frank erzählt auf drei Zeitebenen eine Familiengeschichte, von 1923 über 1984 bis heute, bis zu Jahr 2023. Für die jetzt 17jährigen Zwillinge Enna und Jale wäre es wichtig gewesen zu wissen, was damals geschah, warum ihre Mutter seit 38 Jahren im Gefängnis sitzt. Ihre Oma Ehmi schweigt beharrlich, sie ist überhaupt sehr wortkarg. Als dann Alea und Jale an dem Tag, der eigentlich ein freudiger sein sollte, spurlos verschwinden, stößt Enna bei ihren Nachforschungen auf Geheimnisse, die über Generationen schlummern, die all die Jahre verschwiegen wurden und deren Ausmaße sich erst nach und nach offenbaren.
    Das Nachwort gibt Aufschluss auf die Fakten und die fiktiven Anteile dieses sehr lesenswerten Buches. Enna und Jale sind fiktiv wie auch Alea, Oma Ehmi und deren Zwillingsschwester Greetje. Sie sind sie gut getroffen und auch den Nebenfiguren nehme ich ihre Charaktereigenschaften ab. Schiffsunglücke aus vergangenen Zeiten werden in das Geschehen gut eingebunden, was das Drama um die Familie, das bis heute nachwirkt, nochmal versinnbildlichen.
    „Stromlinien“ hat mich innehalten lassen, sowohl die Handlung und der so intensive Erzählstil als auch die hier agierenden Personen, allen voran Enna, haben mich ans Buch gefesselt. Die einzelnen Erzählstränge bewegen sich aufeinander zu, bis alles klar wird, bis alles sichtbar ist. Ein starkes Buch, ein lesenswertes Buch.
    Die Hausboot-Detektei - Tödliche Blüten Amy Achterop
    Die Hausboot-Detektei - Tödliche Blüten (Buch)
    26.03.2025

    Die Fahndung nach den Tulpenmördern

    Miss Universe ist tot. Und nicht nur sie, mindestens sechshundert weitere ihrer Art hat es erwischt. Sie liegen leblos am Boden - eine Katastrophe! Dieses Schlachtfeld hat nur eine einzige überlebt. Der kleine Mann mit dem kugeligen Bäuchlein – Zacharias Muis – ist am Boden zerstört. Zwanzig Jahre hat es gedauert, bis er Miss Universe offiziell vorstellen konnte. Tiefschwarz ist sie, eine Schönheit mit goldenen Streifen. Dieses tiefe Schwarz ist zuvor noch keinem Züchter gelungen und nun ruft er nach der Polizei. Sehr ärgerlich, dass der Polizist, dem er diese Metzelei gerade meldet, nur mühsam einen Lachanfall zurückhalten kann.
    Zum nunmehr fünften Mal bin ich sozusagen Zaungast, als die Detektive der Hausboot-Detektei wiederum ermitteln. Da die Polizei nichts tun will, bleibt Zacharias gar nichts anderes übrig, als die Aufklärung des Massakers in private Hände zu geben. Was liegt da näher, als die vier mittlerweile etablierten Privatdetektive mit dem Fall zu beauftragen, die ihren Sitz auf der Lakshmi, ihrem Hausboot, haben.
    Viel ist los auf dem Keukenhof, in dessen Beeten sich das Drama um die zerstörten Tulpen abgespielt hat. Waren es mutwillig ausgesetzte Wühlmäuse, war es ein Anschlag eines Konkurrenten oder spielt ein verlorener Ehering eine Rolle? Lange tappen sie im Dunkeln, auch wird ein weißer Kastenwagen und zu allem Überfluss auch noch ein buntbemalter Bus gesichtet. Als dann auch noch eine Gärtnerin verschwindet, muss dringend Undercover ermittelt werden. Kommissar Zufall dann ist es, der irgendwann in diesem verzwickten Fall Licht ins Dunkle bringt.
    Auch dieser fünfte Fall sorgt für viel Aufregung, dazwischen hat natürlich der Neufundländer, der schlichtweg „Hund“ gerufen wird und zum Hausboot einfach dazugehört, seinen Auftritt. Auch die Sorge um Fru Gunilla, Jans Eichhörnchen, setzt den Detektiven gewaltig zu. Nur gut, dass sie seit neustem im Besitz der Kusche sind – ein leicht verbeulter Multivan, den sie von einem Nachbarn als Honorar erhalten haben. Die „Tödlichen Blüten“ sind – wie schon die Vorgängerbände – ein wiederum witzig-spritziges Lesevergnügen. Ein Wohlfühl-Krimi, der so dann und wann zum Schmunzeln einlädt.
    Peggy Rebecca Godfrey
    Peggy (Buch)
    26.03.2025

    Roman-Biographie mit Höhen und Tiefen

    „Ich bin dir Tochter zweier Dynastien, ich gelte als reicher als der Rest der Stadt, übertroffen nur von unserem Nachbarn Rockefeller.“ Schon die ersten Zeilen offenbaren die Welt, in der sie hineingeboren wurde. Peggy Guggenheim. Ihr Name steht für Glamour. Die Kunstsammlerin entstammt einer der wohlhabendsten Industriellenfamilie Amerikas, ihr Vater kam beim Untergang der Titanic ums Leben, zu ihren beiden Schwestern hatte sie immer Kontakt. Bei ihrer Volljährigkeit im Jahre 1919 erhielt sie eine für damalige Verhältnisse stattliche Summe, die sie unabhängig machte. Schon zwei Jahre später ging sie nach Paris, sie bewegte sich in Künstlerkreisen, heiratete Laurence Vail, bekam mit ihm zwei Kinder, ließ sich scheiden, heiratete ein zweites Mal.
    Die Roman-Biographie wird aus Peggys Perspektive präsentiert. Sie muss viele Schicksalsschläge verkraften, schon der Tod ihres Vaters setzt ihr schwer zu. Als Jugendliche ist sie eine Rebellin, viel Raum wird der Ehe mit dem gewalttätigen Laurence eingeräumt, ihre Begegnungen mit den Berühmtheiten ihrer Zeit sind eher wie nebenbei erwähnt, hier hätte ich mir mehr Einblick und mehr Tiefe gewünscht. Sie gilt als Sammlerin und Mäzenin der Kunstwelt, ihre schillernde Persönlichkeit habe ich weitgehend vermisst.
    Unterteilt ist das Buch in Alte Meister, Surrealismus und Modernismus, die Nachbemerkung von Leslie Jamison klärt darüber auf, dass Rebecca Godfrey ihre „Peggy“ nicht mehr vollenden konnte, sie mit ihrer Freundin Leslie viele Gespräche geführt und viel Material hinterlassen hat, um das Buch beenden zu können.
    Ich bin etwas zwiegespalten, habe Peggy dank des einnehmenden Schreibstils gerne gelesen, bin aber dennoch der Person Peggy Guggenheim nicht nahe gekommen. Vaters Untergang mit der Titanic und das Familienleben sind gut eingefangen, der Ehe mit Laurence konnte ich zwar nichts abgewinnen, sie war dennoch lebendig und fassbar geschildert, wenngleich diese acht Jahre kürzer hätten erzählt werden können. Die Kunstsammlerin dagegen war eher oberflächlich gehalten, was ich sehr schade finde. Denn neben der privaten Peggy hätte ich von der Kunstmäzenin und ihrem schillerndem Umfeld mehr wissen wollen. Zunächst hat mich das Buch direkt eingesaugt, ich war fasziniert von der ganz jungen Peggy, auch war ich auf ihre Jahre in Paris neugierig. Es war dann zu viel Nebensächliches, die große weite Kunstwelt mit all ihren heute noch bekannten Persönlichkeiten war eher eine uninspirierte Aneinanderreihung dessen.
    Der Wolf im dunklen Wald Sia Piontek
    Der Wolf im dunklen Wald (Buch)
    19.03.2025

    Fesselnde Story

    Der zweite Carla-Seidel-Krimi ist für mich der erste, was aber nicht weiter schlimm ist, denn auch ohne Vorkenntnisse bin ich gut in die Story gestartet. Dieser Kriminalroman enthält sehr viel Privates von Carla und ihrer Tochter Lana, es sind sozusagen zwei Geschichten, die sich ineinander vermengen.
    Um gleich mal beim privaten Teil zu bleiben: Lanas achtzehnter Geburtstag steht an, was zur Folge hat, dass sie nun entscheiden kann, ob sie ihren Vater wieder in ihr Leben lässt. Denn seit geraumer Zeit hat Carla ein Kontaktverbot für sie und Lana erwirkt. Die Vorgeschichte möchte ich nicht vorwegnehmen, sie wird im Buch sichtbar.
    Und nun zum Mordfall. Am Rande einer Jagdgesellschaft wird ein mit mehreren Messerstichen ermordeter Mann aufgefunden. Wie sich herausstellt, muss da jemand mit sehr viel Aggressivität vorgegangen sein, denn schon der erste Stich war tödlich.
    Ausgerechnet die Nacht zuvor haben Lana und Fabian von Boenning auf einem Hochsitz verbracht. War es Zufall, dass danach die männliche Leiche gefunden wurde? Weiß Fabian, für den Lana schwärmt, mehr? Carla nimmt die Ermittlungen auf, ihrer Tochter bleibt dies natürlich nicht verborgen. Ein zweiter Mord geschieht und wie es aussieht, haben diese beiden Fälle miteinander zu tun.
    Das Buch lebt von den beiden Hauptfiguren Carla und Lana, ihre privaten Momente sind durchwirkt von Carlas Arbeit. Nun, beide sind sie in die Ermittlungen involviert, Carla sowieso und Lana schon allein wegen Fabian, um den sie sich sorgt. Die kriminalistischen Anteile überwiegen schon, wenngleich sehr viel Privates mit hineinschwingt.
    Carla ist eine exzellente Ermittlerin mit Weitblick, die gelernt hat, auf ihr Bauchgefühl zu hören und die zuweilen haarscharf am üblichen polizeilichen Prozedere vorbeischrammt. Sie ist eine starke Frau mit durchaus schwachen Momenten, die oftmals mit sich selber hadert, die auch mal über die Stränge schlägt, dabei aber nie ihre Tochter vernachlässigt, auch wenn dies die hochsensible Lana es gelegentlich anders sieht.
    Die so unterschiedlichen Charaktere sind gut herausgearbeitet, das ganze Szenario, die Stimmung und die Örtlichkeiten sind schlüssig, das Motiv für all die Taten habe ich lange nicht gesehen und war mir dann doch ein Stück weit zu abgefahren. Die Ereignisse überschlagen sich zum Schluss regelrecht, die Story davor mitsamt der Aufklärungsarbeit wird im Vergleich dazu direkt gemächlich aufgebaut, wobei die Spannung und der Unterhaltungswert schon da waren. Kurzum - ich habe den „Wolf im dunklen Wald“ gerne und innerhalb kürzester Zeit gelesen, bin auch soweit zufrieden, das Ende dann war Action pur.
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