Eine Sommernacht in Schönbrunn
Andris Nelsons dirigiert zum zweiten Mal die Wiener Philharmoniker im Schlossgarten Schönbrunn. Vor zwei Jahren war das Konzert eher durchwachsen. Nelsons dirigierte nicht frei, langatmig und ein wenig fad. Dies Jahr sollte das anders sein. Nelsons war in bessere Form und überzeugte mit seinem Dirigat. „Der Walkürenritt“ ist eigentlich ein Repertoire-Stück der Wiener Philharmoniker, er überzeugte aber nicht ganz. Bei ca. 4:30 gibt es einen Schnitzer, der in der Fernsehübertragung nicht zu hören war. Wahrscheinlich ist er in der Abmischung entstanden. Es folgt die „Hallenarie“ aus „Tannhäuser“. Lise Davidsen sang diese Arie ebenfalls bei der Last Night of the Proms 2023. In London überzeugte Davidsen ein wenig mehr. Ihr Gesang wirkt in Wien ein wenig „gewalttätig“, ihr Gesang neigt zur Schärfe. Wobei das bei Wagner deutlicher war als bei Verdi.
Es folgte ein Block mit Musik von Smetana. Zuerst die „Moldau“, die berühmte Tondichtung. Nelsons dirigiert eine noble Aufführung. Mit der Bildregie zusammen ist das eine große Kunst. Es folgt eine „Polka“ aus den „zwei Witwen“ und der berühmte „Tanz der Komödianten“ aus der „verkauften Braut“. Es folgt die „Ouvertüre“ aus „La forza del Destino“. Kurz vorher dirigierte Riccardo Muti die Ouvertüre in Berlin, ebenfalls mit den Wiener Philharmonikern. Nelsons Interpretation war eine komplett andere. Weniger lyrisch, sondern robuster. Davidsen folgte mit „Pace, pace, mio Dio“. Auffällig ist sicherlich, dass die Wiener Philharmoniker das Cimbasso benutzen. Auch das war nicht immer so.
Zum nächsten Werk schrieb die Wiener Presse, dass das nah an der Melodie von „Dein ist mein ganzes Herz“ ist. Mit sehr viel Fantasie ja, Augusta Holmes „La Nuit et l‘amour“, ein ganz nettes Interludio. Der „Säbeltanz“ ist bekannt, oft gehört. Die Pauken dominieren etwas zu sehr, auch im lyrischen Saxophonsolo. Es folgt der vielleicht ungewöhnlichste Shostakovich, der „Waltz No.2“ aus der „Suite für Varieté-Orchester“. Mit vier Saxophonen, Gitarre und Akkordeon ist das ein melancholischer Walzer, der nicht umsonst immer wieder auf den Spielplänen der großen Orchester steht. Lise Davidsen überrascht nicht mit ihrer Zugabe. Auch in London sang sie schon „Heia in den Bergen“. Nelsons spornt die Philharmoniker zu einer Geschwindigkeit an, das erlebt man selten. Die Philharmoniker haben sichtlich Spaß an Emmerich Kálmán. Es folgt der obligate Walzer „Wiener Blut“. Nelsons Interpretation ist im Vergleich zu 2022 flüssiger, der Walzer erstrahlt. Dieses Sommernachtskonzert ist eines der stimmungsvollsten.