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    LittleWalter Top 25 Rezensent

    Aktiv seit: 03. September 2010
    "Hilfreich"-Bewertungen: 1112
    472 Rezensionen
    The Year Of The Leopard The Year Of The Leopard (CD)
    15.10.2010
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Sanfte, feingliedrige Musik

    Die Songs auf "The Year of the Leopard" haben eine Empfindsamkeit, der man sich nicht entziehen kann. Keine Chance. Das Cover zeigt einen pastellfarbenen, orange-braunen, geflügelten Leoparden, der von Vögeln fortgetragen wird. Das nimmt ihm die Gefährlichkeit, wirkt friedlich. Wie die Musik. Produziert hat Rustin Man. Das ist Paul Webb, ehemals Bassist von "Talk Talk". Der kann so was. Das hat er schon bei seiner Zusammenarbeit mit Beth Gibbons (ex-"Portishead") auf "Out of season" von 2002 bewiesen. Dies ist ein weiteres Kleinod an feingesponnenem, introvertiertem Liedgut. Die Musik ist oft so sanft, dass man befürchtet, sie könne gar nicht die Lautsprecherbespannung durchdringen. Der Schotte James Yorkston scheint in sich selbst zu ruhen und überträgt diese Haltung auf seine Lieder. Unaufgeregt führt er seine Musik auf. Man erlebt (mit einer Ausnahme) Songs wie aus einem Guss: feingliedrig, nachdenklich und weise. Dabei ist dies erst Yorkston`s 3. Album und er ist zum Zeitpunkt der Aufnahme erst 36 Jahre alt. Dem Folk verbunden führt er den Hörer in eine Welt des Wohlklangs mit Stil und Überraschungen. Seine Begleitband "The Athletes" ist diesmal nicht als Namenszusatz erwähnt, hilft aber trotzdem behutsam bei der Umsetzung. Niemand spielt sich in den Vordergrund, Zurückhaltung macht den besonderen Reiz aus. Weniger ist mehr. Eine getragene Stimmung wird aufgebaut und variiert. Man greift auch nach häufigem Hören immer wieder zu dieser CD, denn unter der unscheinbaren Oberfläche gibt es viel zu entdecken. Und die Musik vermittelt Seelenfrieden und Ausgeglichenheit. Das ist manchmal Gold wert.
    Meine Produktempfehlungen
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    15.10.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Mehr als nur ein Soundtrack

    Manche Musiker erkennt man schon an ihrem spezifischen Sound. Dazu gehört auch Daniel Lanois. Seine Arbeiten als Musiker wie auch seine Produzententätigkeiten zeichnen sich durch eine spezielle Atmosphäre von Weite und flirrender Schwüle aus, der immer eine gewisse geheimnisvolle Stimmung beiwohnt. Ein Trademark-Sound, der z.B. auch schon Bob Dylan`s Oh Mercy veredelte.
    Here is what is ist ein Soundtrack zu einem Dokumentarfilm. Das dominante Instrument in diesem Werk ist die Pedal Steel Guitar. Daniel Lanois bezeichnet sie als sein Lieblingsinstrument, seine Kirche im Koffer, wie er sich ausdrückt.
    Die CD hat 18 Titel, davon 5 instrumentale Stücke und 2 Wortbeiträge. Die Songs sind also in der Überzahl und bilden somit das Herzstück der CD. Hier findet man gefühlvolle Balladen, ausdrucksstarke Gospel-Nummern und kraftvolle Mid-Tempo-Tunes. Gesanglich erinnert Daniel Lanois mal an Leonard Cohen (Not Fighting Anymore), mal an Dylan als Crooner (Harry), mal an Jackie Leven (I Like That). Er hat aber immer genügend Potenzial zu bieten, um nicht beliebig zu wirken. Die Stärke der CD liegt neben der ergreifenden Sensibilität der Aufnahmen auch in ihrer klanglichen Geschlossenheit. Jeder Track ist klar als Produkt von Daniel Lanois erkennbar, atmet seinen Geist und versprüht seine Vibrationen. Die Musik spricht und wirkt für sich - auch ohne die bewegten Bilder, für die sie gemacht ist. Kopfkino der besonderen Art.
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    Stronger Carlene Carter
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    15.10.2010
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Ein starkes Comeback

    Carlene Carter hat schwere Zeiten durchgemacht, die von persönlichen Problemen und Verlusten begleitet waren. Innerhalb weniger Monate starben ihre Mutter June Carter, ihr Stiefvater Johnny Cash, ihre Schwester und ihr ex-Freund und Förderer Howie Epstein (von Tom Petty`s Heartbreakers).
    Aber ihre neue CD klingt nicht etwa verzweifelt und deprimiert, sondern - wie der Titel schon suggeriert - gestärkt, wie durch den Scheuersack gegangen und geläutert, vom Leben durchgeschüttelt und wieder auf die Füße gestellt.

    Man darf nun auch nicht einen musikalischen Richtungswechsel erwarten. Carlene Carter macht das, was sie am besten kann. Hier finden sich die von ihr bekannten Country-Twang-Töne, nur satter produziert, nicht so gezielt auf Mainstream-Trucker-Mucke zugeschnitten, wie bisher. Die Balladen kommen weniger süßlich daher und die flotten Country-Pop-Nummern sind erdiger, weniger schlagerhaft, als zuletzt. Diese gestrafften Arrangements hat ihr John McFee auf den Leib geschneidert, der auch fast alle Instrumente beisteuert. McFee ist ein alter Hase in Sachen countrifizierter Pop. Er hat schon bei Clover (aus denen dann Huey Lewis & The News wurden), den Doobie Brothers und Southern Pacific gespielt, sowie bei Aufnahmen von Elvis Costello, Steve Miller und Emmylou Harris mitgewirkt. Sein Einfühlungsvermögen bei der Produktion führte dazu, dass das Comeback von Carlene Carter kein süßlicher Nashville-Country-Einheitsbrei wurde.
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    13.10.2010
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Eine musikalische Entdeckungsreise

    Die Erwartungen an das neue Album von JOE HENRY waren groß. Hatte ich doch seine letzte CD CIVILIANS zu meinem Album des Jahres 2007 gekürt. Damals war schon seine Metamorphose vom Americana-beeinflussten Storyteller zum eigenständigen, in keine Schublade passenden Autor und Interpreten abgeschlossen. Und so überzeugte er durch vollmundige, charismatische Songs mit Tiefgang. Neben seinen Aktivitäten als Musiker machte er sich auch einen Namen als feinnerviger, einfühlsamer Produzent, der unter anderem DON`T GIVE UP ON ME, das Meisterwerk von SOLOMON BURKE und THE RIVER IN REVERSE, die Kollaboration zwischen ELVIS COSTELLO und ALLEN TOUSSAINT, betreute.

    Auf BLOOD FROM STARS lädt JOE HENRY wieder zur musikalischen Entdeckungsreise ein. Die Platte beginnt mit einer romantischen Piano-Solo-Einleitung, stilistisch zwischen GEORGE WINSTON und KEITH JARRETT angesiedelt. Diese wird in einen Bar-Blues übergeleitet, der einen emotional in die 40er Jahre versetzt. Im Folgenden bewegt sich JOE HENRY in den Koordinaten Jazz-Standard, Kunstlied mit Blues- und Vaudeville Basis und Songwriter-Ästhetik a la RANDY NEWMAN. Ein Terrain, das er vortrefflich beherrscht, auch wenn einem mehr als einmal der Name TOM WAITS als Referenz in den Sinn kommt. Dieser musikalische Rahmen ist auch darauf zugeschnitten, seinen Saxophon spielenden Sohn zu präsentieren. Bei diesen Bemühungen ist ihm leider teilweise seine souveräne Lässigkeit, die die Vorgängeralben trotz eines intellektuellen Anstrichs hatten, verlorengegangen. Manches wirkt kopflastig und überambitioniert, was besonders in dem um Anspruch ringenden Stück STARS zum Tragen kommt.

    Mit BLOOD FROM STARS schafft JOE HENRY es nicht, mich vollständig zu überzeugen. Oder waren einfach nur meine Erwartungen zu hoch?
    Egal, er bleibt ein Songwriter von hohem Niveau, der größere Aufmerksamkeit verdient hat. Jedenfalls für alle seine anderen Platten. Nächstes Mal wird er mich wieder positiv überraschen. Bestimmt.
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    12.10.2010
    Klang:
    3 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Ein perfektes Debutalbum

    Schon kurz nach ihrer Gründung ging Buffalo Springfield mit The Byrds auf Tour in Südkalifornien. Danach erhielten sie ein sechsmonatiges Engagement als Hausband im Whiskey-A-Go-Go. Das ist der Club in Los Angeles, in dem auch The Doors Furore machten. Auf Vermittlung ihres Managements bekamen sie einen Plattenvertrag bei Atco, einem Sub-Label von Atlantic-Records. Im Juni 1966 begannen sie dann mit den Aufnahmen zu ihrem ersten Album. Und das geriet höchst bemerkenswert. Nicht nur deshalb, weil es 12 ausgereifte, detailverliebte, mit Hingabe musizierte Songs enthielt. Sondern auch, weil es trotz der internen Reibereien eine harmonische Atmosphäre ausstrahlte und eine demokratische Vorgehensweise bei der Umsetzung der Ideen suggerierte. So überlassen Stills und Young etliche Male die Lead-Vocals bei ihren Kompositionen ihrem weniger kantig singenden Kollegen Richie Furay. Im Fall von Neil Young soll das Management sogar darauf gedrungen haben, weil sie Neil`s Stimme zu schräg fanden. Die Manager Charles Greene und Brian Stone - die auch Sonny & Cher unter ihren Fittichen hatten - übernahmen auch die Produktion des 1. Albums, schlicht Buffalo Springfield betitelt. Noch heute beklagen sich die Musiker über den Sound der Platte. Sie wollten bei den Studioaufnahmen ihre Live-Energie umsetzen und in eine druckvolle Produktion transferieren, was ihrer Meinung nach aber nicht gelungen ist. Wenn man das Album jetzt hört, kann man diese Kritik nicht unbedingt nachvollziehen. Der Klang bewegt sich technisch im Rahmen des damals möglichen. Die Energie ist ständig spürbar, der Funke springt über. Die Scheibe begann mit dem Byrds-alike-Folk-Rock Baby Don`t Scold Me. Dieses Lied wurde aber bereits bei der Zweitpressung 1967 durch den einzigen Top 10-Hit der Band - den Protest-Song For What It's Worth - ersetzt. Er wurde von Stephen Stills zur Zeit der Unruhen und Straßenkämpfe, die auf Grund von Grundstücksspekulationen am Sunset Strip in L.A. stattfanden, geschrieben. Das Stück war mit seinem aufrührerischen Text die Hymne einer ganzen Generation zwischen Vietnam und Watergate. Aber auch die restlichen 11 Songs der LP hatten es in sich. In Summe bildeten sie nicht weniger als eines der beeindruckensten Debutalben der 60er Jahre. Man hört bei Go And Say Goodbye die Anfänge des Country-Rock, der später in verwässerter Form durch Bands wie The Eagles zu Weltruhm gelangte. Dann mischten sie mehrfach Pop und Folkrock (Sit Down I Think I Love You, Hot Dusty Roads, Everybody`s Wrong, Burned). Oder sie peppten Balladen durch Integration eines Walzerrhythmus (Nowadays Clancy Can`t Even Sing), durch cleveren Tempowechsel (Flying On The Ground Is Wrong) oder durch himmlische Gesangsharmonien (Do I Have To Come Right Out And Say It; Out Of My Mind) auf. Ihre ruppige Seite zeigten sie in einem Hybrid aus Garagenrock und Rhythm & Blues, das sie Leave tauften und im flotten Tanzbodenfeger Pay The Price. Buffalo Springfield überzeugt durch unwiderstehliche Melodien, souveräne Kompositionen und Spaß an instrumentalen Finessen.
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    12.10.2010
    Klang:
    3 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Eines der besten Alben des Summer Of Love

    Mit diesen Aufnahmen gelang Buffalo Springfield der ganz große Wurf. Man verwendete teilweise abenteuerliche Arrangements und erweiterte das Stilspektrum noch um einige Elemente. Der Opener Mr. Soul ist eine der dynamischsten Rock-Nummern aller Zeiten und wird von Neil Young noch heute immer mal wieder im Live-Programm geführt. Nun war auch Richie Furay als Komponist integriert. Seine Country-Folk-Ballade A Child`s Claim To Fame besticht durch beschauliche Lagerfeuerromantik und filigrane Instrumentierung. Stephen Stills setzt bei Everydays auf die Wirkung von verhaltenem Feedback. Ein suggestiver Swing schleicht sich in die Gehörgänge. Widerstand ist zwecklos. Der Aufbau des Tracks ist einzigartig, so als wäre er nicht von dieser Welt. Das gilt auch für Expecting to Fly von Neil Young. Zusammen mit dem Arrangeur Jack Nitzsche - der ihn später unter anderem bei seinem Megaseller Harvest unterstützen wird - hat er den Song wie eine düstere dahinschwebende Wolke konstruiert. Tim Buckleys Goodbye And Hello trifft auf Pet Sounds von den Beach Boys. Unglaublich. Stephen Stills` ausschweifender Folk-Rocker Bluebird reißt einen aus den Träumen. Hier duellieren sich Young und Stills vortrefflich mit ihren Gitarren. Das Spiel mit Tempo und Variationen wird auf die Spitze getrieben. Der Song wird zum Höhepunkt getrieben, fällt zusammen und beginnt mit klapprigem Banjo von vorn. Von diesem Titel existiert auch eine 9-Minuten-Version, die einen exstatischen Mittelteil enthält. Auf gleicher Intensitätsstufe läuft Hung Upside Down ab. Schneidende Gitarren und abwechselnder lodernder Gesang sind die Markenzeichen dieses Liedes. Gemächlich geht es mit der Furay-Komposition Sad Memory weiter. Zeit zum Ausruhen und Entspannen bietet dieser unspektakuläre Beitrag, bevor Drummer Dewey Martin seine Soul-Shouter Qualitäten bei dem ebenfalls von Richie Furay geschriebenen Good Time Boy unter Beweis stellen kann. Eine weitere Facette im Sound von Buffalo Springfield tut sich auf. Rock & Roll Woman ist eine der ausgereiftesten Lieder von Stephen Stills. Eine Hammond-B3-Orgel bringt wuchtige Einschübe in diesen von der Grundstruktur harmonisch fließenden Folk-Song, der sich aber ständig windet und neuen Schwung aufnimmt. Den Abschluss bildet eine psychedelische Collage von Neil Young, für die mehr als 100 Einspielungen benötigt wurden, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Broken Arrow ist eine deprimierende Beschreibung der Schattenseiten des Musiker-Daseins. Einschübe von Live-Aufnahmen, Kirmesorgeln, Trommelwirbel und Herzschläge tragen dazu bei, eine geheimnisvolle Stimmung zu schaffen. Neil`s hohe Stimme holt einen aber immer wieder in die Wirklichkeit zurück und hält alles zusammen. Ein großartiger Schlusspunkt für eines der besten Alben des Summer Of Love.
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    12.10.2010
    Klang:
    3 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Der Schwanengesang von Buffalo Springfield

    1968 war ein drittes von Buffalo Springfield in Arbeit, welches unter dem Namen Stampede erscheinen sollte. Richie Furay und Jim Messina kümmerten sich darum, dass die letzten Aufnahmen zusammengestellt und von ihnen komplettiert wurden. Das Ergebnis wurde dann unter dem Titel Last Time Around veröffentlicht. Der Schwanengesang von Buffalo Springfield hatte nicht ganz die Qualität der beiden Vorgänger, enthielt aber trotzdem etliche bemerkenswerte Songs. Stephen Stills brilliert mit dem treibenden, dabei locker tänzelnden Questions. Dieser Song bildete später die Basis von Carry On, welches er für Deja Vu von Crosby, Stills, Nash & Young schrieb. Seine Collegezeit verbrachte Stephen in Costa Rica. Hier entwickelte er eine Verwurzelung mit lateinamerikanischen Rhythmen. Eine erste Ausprägung davon hören wir bei Uno Mundo. Mit Four Days Gone ist ihm eine wunderschöne Ballade gelungen. Pretty Girl Why hat einen fast karibischen Rhythmus, über den Stills einen relativ gemächlichen Gesang legt. Ein interessanter Kontrast. Der Mid-Tempo-Shuffle Special Care erhält seinen Reiz durch den massiven Einsatz von Orgelschüben, teilweise im Duett mit E-Gitarre. Ein Kompositionsstil, den Stills bei Crosby, Stills & Nash mit Pre Road Downs fortgesetzt hat. Neil Young steuert nur 3 Titel bei: den Storyteller-Folk-Song I Am A Child, das poppige On The Way Home und das bittersüße mit R. Furay geschriebene It`s So Hard To Wait. Furay ergänzt das Album noch durch den Country-Tränenzieher Kind Woman und das neblige, leicht süßliche In The Hour Of Not Quite Rain. Einzig Jim Messinas Swing-Nummer Carefree Country Day und Richie Furays Pop-Song Merry-Go-Round wirken deplaziert, wie Füllmaterial. War das Debut der Band noch eine konzentrierte Gruppenleistung, so schälten sich auf LP Nr. 2 schon die individuellen Vorlieben der 3 Songwriter heraus. Last Time Around macht den Eindruck, als seien nur Solo-Nummern zusammengetragen worden. Tatsächlich waren auch selten alle Bandmitglieder gemeinsam beim Einspielen der Tracks anwesend.
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    • Box Set Box Set (CD)
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    12.10.2010
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Country-Folk+Southern Soul+Pretenders = Mynabirds

    The Mynabirds? War das nicht eine der ersten Bands von Neil Young, in der auch der spätere Motown-Funk-Star Rick James spielte? Ja schon, aber die Schreibweise war eine etwas andere als bei dieser aktuellen Band aus dem Saddle Creek-Stall von Conor Oberst, dem Chefdenker von BRIGHT EYES. Dennoch beziehen sich diese Mynabirds auf die historische Vorlage. Laura Burhenn, die Sängerin und Songlieferantin wollte eine Platte machen, die klingen sollte, als würde Neil Young bei Motown aufnehmen. Und tatsächlich hat der erste Song WHAT WE GAINED IN THE FIRE diesen verschleppten Rhythmus von OUT ON THE WEEKEND vom HARVEST-Album. Dieser wird mit blue-eyed Southern Soul a la DUSTY (Springfield) IN MEMPHIS verbunden. So inspirierend kann es klingen, wenn Folk auf Soul trifft. Dieser Kombination begegnen wir immer wieder auf dem Album. Laura Burhenn singt mit der Lässigkeit einer Chryssie Hynde. Was ihr an Soul fehlt, ergänzt sie durch Eleganz. Die Songs haben den Pop-Appeal der PRETENDERS oder die Fragilität von COWBOY JUNKIES-Kompositionen. Manchmal werden sie durch einen feinen Gospel-Touch geerdet. Dann kommen entweder Chöre oder Bläsersätze zum Einsatz oder die Orgel wummert wohlig im Hintergrund. Auch Country-Referenzen werden verarbeitet, bei denen Tom Hnakov eine feine, sehnsüchtige Pedal Steel Guitar spielt. Wenn das Tempo mal angezogen wird, sorgt Laura Burhenn`s abgeklärter Gesang für Bodenhaftung. Das Album atmet den Geist großer Vorbilder. Es kann durch innovative Fusionen überzeugen und bietet mit seinen abwechslungsreichen Songs einen hohen Unterhaltungswert.
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    Wrong Control Wrong Control (CD)
    12.10.2010

    Melodischer Gitarrenrock

    Austin Collins ist Texaner. Er wurde musikalisch durch den Country-Folk von Robert Earl Keen jr. und Steve Earle geprägt. Später kamen Einflüsse von Americana Bands wie Son Volt, Jayhawks, Whiskeytown und (frühe) Wilco hinzu. Nicht zu überhören ist auch, dass Neil Young & Crazy Horse zu seinen Favoriten gehören müssen. Auch der Power-Pop eines Matthew Sweet oder Tommy Keene hat Spuren hinterlassen. Austin Collins singt mit kontrollierter, klarer Stimme. Ab und an erinnert er an Jackson Browne. Das hochmelodische Songmaterial ist eingängig, wobei elektrische Gitarren das Klangbild dominieren. Verzerrungen werden dabei ökonomisch eingesetzt. Will heißen, es klingt eher nach gemäßigtem Neil Young als nach Jimi Hendrix. Die Rainbirds sind eine gut eingespielte Backing-Band. Sie bestehen im Kern aus Dylan McDougall (Gitarren und Gesang) und Craig Bagby (Schlagwerk, Bass und Tasten), die auch eigenes Songmaterial eingebracht haben, welches sich homogen in das Gesamtbild einfügt. Und das wird durch Gitarrenrock im mittleren Geschwindigkeitsbereich bestimmt. Die Melodien- und Gitarrenlinien sind fließend und gewinnen mit häufigem Hören an Anziehungskraft. Hier treffen Pop-Hooklines auf wohldosierte Gitarren-Attacken. In einer besseren Welt könnte das der neue Mainstream sein.
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    12.10.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Ein großes Album eines beeindruckenden Musikers

    Joe Henry gehört zweifellos zu den beeindruckendsten, beständigsten und einfallsreichsten Musikern unserer Zeit. Seit seinem Debut von 1986 ("Talk of Heaven") hat er sich kontinuierlich entwickelt. Vom Folk-beeinflussten Geschichtenerzähler, progressiven Americana-Interpreten zum innovativen, kreativen Liederschmied, der Stil- und Konventionsgrenzen einreißt und sich traut, Sounds jenseits kommerzieller Auflagen zu kreieren. Er ist alleine dem guten Geschmack verpflichtet. Gediegene, fein gesponnene, gut durchdachte Songs sind seit jeher sein Markenzeichen. Ab dem Album "Trampoline" von 1996 begann Joe Henry abenteuerliche Strukturen aufzubauen. Die darauf folgenden Veröffentlichungen "Fuse" (1999), "Scar" (2001) und "Tiny Voices" (2003) waren noch spannender, vielschichtiger, unangepasster, komplizierter und schöner. Diese Entwicklung ist nicht verwunderlich, denn schon bei seinen frühen Werken war Joe Henry ein Grenzgänger, der in kein Klischee passte. Er verwendete Klangfarben und Instrumentierungen, die im Country-Folk-Genre nicht üblich waren. Darüber ließ er seine rauchig-zarte, intensive Stimme glitzern, so dass man sich vollständig in einen Klangtaumel gezogen fühlt. Joe Henry hat sich unterdessen auch einen Namen als erstklassigen Produzenten gemacht. Seine Arbeiten für Solomon Burke, Elvis Costello und Allen Toussaint sowie Mary Gauthier sind Meilensteine. Außerdem war er Initiator der hervorragenden Soul-Compilation "I believe to my soul". Für diese Arbeit holte er 2005 die Ikonen Allen Toussaint, Irma Thomas, Mavis Staples, Ann Peebles und Billy Preston ins Studio und nahm mit ihnen herzerwärmende Lieder auf.
    Auf "Civilians" bündelt Joe Henry alle seine Talente: verschachtelte, aber trotzdem zündende Melodien, reiche detaillierte Arrangements, instrumentelle Vielfalt und abwechslungsreiche Stimmungen. Fühlt man sich beim Titelstück noch an die rauchige Klangwelt von Tom Waits erinnert, so wechselt die Stimmung schon im 2. Song in eine weiche, wattige Struktur, ähnlich eines warmen Frühlingsmorgens. Im Folgenden herrschen die milden, getragenen Töne vor. Joe Henry erweist sich dabei als Meister der Variation. Er leuchtet in diesem Bereich die Möglichkeiten von Grabesstimmung bis zu kraftvollen Balladentönen aus. Dabei verzichtet er auf die experimentelleren Schattierungen seiner letzten Alben, bleibt aber ganz und gar der ernst zu nehmende Geschichtenerzähler, ohne allzu intellektuell zu werden. Ein Höhepunkt jagt dabei den nächsten.
    Der Name Joe Henry ist ein Qualitätssiegel. Er wird noch weitere erstaunliche Arbeiten abliefern. Da bin ich sicher.
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    • Tiny Voices Tiny Voices (CD)
    • The River In Reverse (Limited Edition) The River In Reverse (Limited Edition) (LP)
    • Blood From Stars Blood From Stars (CD)
    Trisector Trisector (CD)
    12.10.2010

    Van Der Graaf Generator - Energie ohne Ende

    "Na also, geht doch..." möchte man ausrufen, nachdem das 2006er Reunion-Album der alten Art-Rock-Helden eine eher laue Angelegenheit geworden war. "Trisector" erfüllt jedenfalls alle Erwartungen, die man an diese kreative Combo hatte. Zwar ist ihnen der stilbildende Saxophonist David Jackson aufgrund von internen Querelen abhanden gekommen, aber solche Formationsänderungen waren auch in der Vergangenheit nicht unüblich. Es ist beinahe so, als hätte dies neue Kräfte freigesetzt. Ganz nach dem Motto "Jetzt erst recht!". VDGG klingen frischer, jugendlicher, befreiter und inspirierter denn je. Gleich die instrumentale Eröffnungsnummer "The Hurlyburly" bringt neuen Schwung in den angestammten VDGG-Sound. Sie klingen beinahe funky (zumindest so, wie sie diesen Begriff in ihrem Sound-Kosmos umsetzen können) und erstaunen damit selbst eingefleischte Kenner der Band. Auf dem Album sind bis auf einen Titel alle unter sieben Minuten, was relativ kurz ist, wenn man die ausufernden, aber nicht langweiligen Kompositionen aus der Frühzeit der Gruppe im Ohr hat. Dieses straffe Konzept hat dazu geführt, dass die aggressive Seite der Band mehr zu Tage tritt. Peter Hammill spielt seine quengelige, im höchsten Maße eindringliche E-Gitarre so rockig, wie bislang nur auf "Nadir`s Big Chance" oder "Godbluff". Hugh Banton ist versiert genug, die Kompositionen nicht mit überflüssigem Gedaddel zu überladen. Er bringt seine Keyboards organisch, abwechslungsreich und songdienlich ein. Guy Evans hält mit seiner Rhythmik das komplexe Gebilde zusammen (er ist einer der versiertesten Schlagzeuger des Rock !). Zusammen bilden sie ein einzigartiges Art-Rock-Power-Trio. Die CD bietet unterschiedliche, aber stets intensive Ausprägungen der VDGG-Songschmiedekunst. Kommt "Interference Patterns" noch als hektisch-nervöses Stück daher, ist das nachfolgende "The Final Reel" nachdenklich, ohne aber in Schwermut zu verharren. "Lifetime" lebt von dem scheinbaren Gegensatz von jazzig-treibendem Rhythmus und getragenem Gesang und Orgelspiel. "Drop Dead" ist ein knochentrockener, knackiger Rocker mit heavy-Gitarre. Erzählerisch stark wird "Only in a whisper" präsentiert. Leider auf Kosten einer prägnanten Melodie. Es folgt das verschachtelte All that before", das an das "Pawn Hearts"-Album von 1971 erinnert. Es folgt das mit über 12 Minuten längste Stück des Albums. "Over the hill" ist eine ausladende epische, lyrische Nummer mit introvertierten Passagen, die in kontrollierte Ausbrüche münden. Direkt daran schließt sich die letzte Nummer "(We are) not here" an. Albtraumartiger Gesang, harte Keyboardpassagen und ein unbarmherziger Rhythmus verlangen vom Zuhörer noch mal volle Konzentration. Mit einer Sequenz aus monotonem Maschinengeräusch mit unterlegtem Vogelgezwitscher endet diese CD. VDGG bleiben widersprüchlich und provokativ wie eh und je.

    Schön, dass sich die alten Herren noch mal aufgerafft haben. Hätten Sie anonym, unter anderem Namen veröffentlicht, würden sie wahrscheinlich als Sensation gehandelt werden. So frisch und unverbraucht kommen sie daher. Und unangepasst sind sie auch noch immer. Großer Respekt !!!
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    Tarbox Ramblers Tarbox Ramblers (CD)
    09.10.2010

    Reise zur Wiege des Americana-Sounds

    Die Tarbox Ramblers bieten eine Zeitreise in die Ursuppe US-amerikanischer Musiktraditionen an. Hin zur Wiege des "Americana"-Sounds ! Hier werden Elemente aus Blues, Hillbilly-Country, Folk, Rhythm & Blues und früher Rock`n`Roll zelebriert, als hätte die Band sie erfunden. Der Sound ist ursprünglich, Ecken und Kanten wurden belassen. Produktionstechnisch wurden die Aufnahmen aber sauber umgesetzt. Die Tarbox Ramblers stammen aus Boston und bestehen aus Michael Tarbox (Gesang und Gitarre), Jon Cohan (Schlagzeug und Percussion), Daniel Kellar (Violine und Gesang) und Johnny Sciascia (Stand-Bass und Gesang). Man würde aber wetten, sie wären im Süden der U.S.A. zuhause, so vibrierend und traditionsbewusst kommen sie daher. Aber die Tarbox Ramblers sind keine handzahmen Geschichtsverwalter. Vielmehr rebellische Interpreten, die ihr Liedgut mit Spannung und Druck vortragen. Das Repertoire besteht aus Eigenkompositionen und Traditionals. Man kann sie aber nur durch einen Blick in die Liner-Notes voneinander unterscheiden. Zu Gehör kommen beschwingte, alte Country-Titel und vor allem dunkle, taumelnde, kantige bluesgetränkte Songs. Mitunter wird beides miteinander kombiniert. Mittig zwischen den morbiden Moritaten von "Sixteen Horsepower", dem rüpeligen Blues des "Gun Club" und dem altertümlichen Country der "Carter Family" ist die musikalische Welt der Tarbox Ramblers angesiedelt. Dazu singt Michael Tarbox mit leicht raspeliger, whiskeygetränkter Stimme und spielt beseelte Gitarren-Licks, teilweise als Slide.
    Dass sie keine Eintagsfliegen sind und ihr Konzept tragfähig ist, haben sie mit ihrem 2. Album "A Fix Black East" von 2004 bewiesen. Hierfür gelang es ihnen, die Produzentenlegende Jim Dickinson (der schon für die Rolling Stones, Ry Cooder, The Replacements und Green on Red gearbeitet hat) zu engagieren. Ihre Soundvorstellungen hinsichtlich eines schwül-sumpfigen, scheppernd-lässigen, bluesbetonten Memphis-Style-Rockabilly passen optimal zueinander.
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    Brothel To The Cemetery Brothel To The Cemetery (CD)
    09.10.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Bunt schillernde Kleinkunst mit Biss

    Langweilt Sie die herkömmliche Pop-Musik? Alles schon mal gehört? Vermissen Sie Biss und Provokation? Dann sollten Sie sich mal die Tiger Lillies anhören. Die drei Londoner Musiker Martyn Jacques (Falsett-Gesang, Akkordeon, Klavier), Adrian Huge (Schlagzeug und Percussion) und Adrian Stout (Bass, Singende Säge, Gesang) sind musikalische Anarchisten, denen nichts heilig ist. Dabei sind sie auch kluge und versierte Musiker, die es aufs Vortrefflichste verstehen, Emotionen in Musik und Text zu transportieren. Sie bedienen sich bevorzugt dem Kabarett / Zirkus-Musik / Brecht-Weillschem Umfeld, um ihre schrille, kuriose, schockierende, aufrüttelnde und bizarre Weltanschauung zu transportieren. Bunt schillernde Kleinkunst sozusagen. Martyn Jacques singt dabei im Falsett eunuchengleich oder divenhaft, mit schnarrender Stimme oder zuckersüß. Das ist sicher polarisierend, aber bei Gewöhnung höchst faszinierend, ja beinahe suchterzeugend, da sehr eindringlich und überzeugend vorgetragen. Die Themen sind derbe, oft bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Man ist sich nicht sicher: handelt es sich um Satire oder ist es ernst gemeint ? Das spricht für die Überzeugungskraft der Gruppe. Trifft man in der musikalischen Welt von Tom Waits häufig die Gestrauchelten und im Leben zu kurz gekommenen Charaktere, so findet man bei den Tiger Lillies die wirren, chaotischen, skurrilen und perversen Typen. Bei ihren Geschichten und Schilderungen überschreiten sie schon mal die Grenze zum Bitterbösen oder Absurden. Drastisch überzogen, den nackten Wahnsinn darstellend, erzeugen sie eine reiche Bilderwelt, die in die Abgründe der Seelen blickt. Andererseits können sie auch bewegende Momente voller Emotionalität und Mitgefühl hervorrufen. Zentrale Figur ist dabei Martyn Jacques, der passend zum Geschehen seine auffallende Stimme intro- oder extrovertiert erklingen lässt. Bei Balladen setzt er als Verstärkung der Stimmung gerne noch ein moll-lastiges Piano oder ein schluchzendes Akkordeon ein. Bei den schwungvollen Nummern kann sein Gesang auch schon mal irrwitzige Kapriolen drehen. Um Gefühle intensiv auszudrücken, setzt er sich keine Grenzen. Er nutzt alle ihm zur Verfügung stehenden Klangfarben. Und das sind etliche ! Die Tiger Lillies haben einen hohen Unterhaltungswert. Langeweile kommt nicht auf. Sie verbraten auf einer CD mehr Ideen als Andere in ihrer gesamten Karriere. Sie sind eine geniale Truppe von exzentrischen Eigenbrödlern, die mit einer unbändigen Spielfreude und Phantasie ausgestattet sind. "The Brothel to the Cemetery" ist eine ihrer stärksten Platten. Überraschend, provokativ, kreativ, ungewöhnlich.
    Meine Produktempfehlungen
    • Freakshow Freakshow (CD)
    • Gorey End Gorey End (CD)
    • Urine Palace Urine Palace (CD)
    Spacebox Bed
    Spacebox (CD)
    09.10.2010

    Verschmelzung von Jazz und Folk

    Frankreich gilt nicht grade als Mutterland der Pop-Musik. Aber in jüngster Vergangenheit tauchten einige interessante Musiker aus dem Land, welches für seine Chansonniers mal berühmt war, auf. So gibt es auch eine neue kreative Chanson-Szene, deren wichtigste Vertreter wohl Benjamin Biolay, die Serge Gainsbourg-Tochter Charlotte und die in New York lebende Keren Ann sind. Auf der Club/Chillout-Szene brillieren "Air" seit Jahren mit seidigem, lustvollen Elektro-Pop. Auch "Bed" ist ein Produkt aus Frankreich. Dahinter verbirgt sich der Soundtüftler, Komponist, Sänger, Pianist und Gitarrist Benoit Burello. Unter der Bezeichnung "Bed" erschien 2001 das Album "The Newton Plum" und dann 2003 "Spacebox" (2005 kam noch das bisher letzte Lebenszeichen "New Lines" heraus). Die Kompositionen orientieren sich am Minimalismus eines "Steve Reich", tragen die Tiefe des späten "Scott Walker" in sich und haben die anspruchsvolle Pop-Sensibilität von "Talk Talk" `s "Spirit of Eden". Die sich wiederholenden, zurückhaltenden Rhythmen erzeugen eine meditative Stimmung, ohne in Esoterik-Gesäusel zu verfallen. Die Begleitmannschaft bei der Umsetzung dieses Konzeptes bilden Jean Michel Pires (Schlagzeug), Vincent Ferrand (Bass), Olivier Mellano (E-Gitarre) und Daniel Paboeuf (Saxophon und Klarinette). Benoit Burello singt in englisch, nein er haucht fast, als wolle er leise Gute-Nacht-Geschichten erzählen. Dazu passt die ruhige, gelassene, versunkene Athmosphäre. Obwohl die Kompositionen zart und fragil sind, erstarren sie nicht in Wohlklang. Die Lieder haben die Raffinesse des Jazz und die Verspieltheit des Folk. Sie atmen. Ihnen wird Raum und Zeit zur Entfaltung gegeben. Alles geschieht ohne Hektik, wie eine organische Entwicklung. Trotz melancholischer Note wirkt die Musik leicht, die Instrumente wie hingetupft. Die Töne laden zum Schwelgen ein. Ein wohliger, klarer Sound bestimmt die CD. Kein Ausfall auf der ganzen Platte. Seelenbalsam. Wunderwerk.
    Meine Produktempfehlungen
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    • Pocket Symphony Pocket Symphony (CD)
    • Climate Of Hunter Climate Of Hunter (CD)
    Mojo Box Mojo Box (CD)
    09.10.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    American Roots-Cocktail deLuxe

    Wenn man sich eine Kreuzung zwischen den trashigen "The Cramps" und der flippigen Retro-Pop-Band "The B-52`s" vorstellt, hat man eine ungefähre Ahnung davon, was einen hier erwartet. Aber eben nur ungefähr, denn die SCOTS kennen noch ein weitaus größeres Spektrum an archaischen Musikformen, die sie zu einem furiosen, köstlichen, krachenden, schrillen Stil-Mix verarbeiten. Surf, Twist, Rockabilly, Swamp-Blues und Trash-Country sind nur ein paar ihrer Zutaten, die sie mit Energie, Spaß und Verve zu einer höchst unterhaltsamen Verbindung bringen, die durchaus auch partytauglich ist. "Mojo Box" ist schon das 8. volle-Länge-Album der hier wieder zum Trio geschrumpften Band. Sie besteht aus dem Liedlieferanten und Gitarristen Rick Miller, der Bassistin und Sängerin Mary Huff und dem Schlagwerker Dave Hartman. Mit Ausnahme von wenigen Overdubs sind das alle Zutaten ihres elektrisierenden Sounds. Die Songs stammen bis auf zwei Cover-Versionen alle von Rick Miller. Die Fremdkompositionen sind "Biff pang pow" von der englischen Beat-Band "The Creation", die Mitte der 6oer Jahre mit "Making time" und "Painter man" Hits hatte. Außerdem "Fire of love" des Rock`n`Rollers Jody Reynolds aus dem Jahr 1958, dass einigen vielleicht in der Version vom "Gun Club" bekannt ist. Die Eigenkompositionen machen alle den Eindruck, als stammen sie aus längst vergangenen Dekaden, so authentisch werden sie interpretiert. "Moyo Box" hat gegenüber älteren Aufnahmen der Band eine produktionstechnische Aufwertung erfahren. Das Material kommt aber immer noch unverbraucht, rau und knackig aus den Boxen. Killer-Nummern, wie das kriechende, gallige Rockabilly-Titelstück, der hämmernde Surf-Rock von "`69 El Campino", das luftige "Fire of love" oder der stoische Twist "Swamp fox" bilden das Gerüst für eine durch und durch gelungene Achterbahnfahrt durch die Frühgeschichte amerikanischer Rootsmusik, die durch Southern Culture on the Skids im Hier und Jetzt angekommen ist.
    Meine Produktempfehlungen
    • Off The Bone The Cramps
      Off The Bone (CD)
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    Kitty, Daisy & Lewis Kitty, Daisy & Lewis
    Kitty, Daisy & Lewis (CD)
    08.10.2010
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Für die beschwingten Momente im Leben

    Kitty, Daisy und Lewis Durham sind drei Geschwister im Teenager-Alter, die sich den populären Musikstilen verschrieben haben, die noch lange vor dem Siegeszug der Beatles erfunden wurden. Diese Vorlieben sind schon verwunderlich, wenn man weiß, dass Mutter Durham einst Schlagzeug bei der schrägen Frauen-Punk-Band The Raincoats spielte und der Vater als Toningenieur Produktionen von z.B. Grace Jones, Bob Marley und Sigur Ros betreut hat. Somit verfolgten sie eine gänzlich andere Richtung als es die Rhythm & Blues, Rockabilly, Swing und Rock`n`Roll geprägten Aufnahme ihrer Sprösslinge vermuten lassen. Trotzdem wurden Kitty, Daisy And Lewis von Künstlern wie Johnny Cash, Elvis und Chess Blues geprägt. Sie interpretieren die von ihnen bevorzugten archaischen Musikstile aber gänzlich auf ihre persönliche Weise. Dabei erstarren sie nicht vor Erfurcht vor den alten Meistern und versuchen gar nicht erst, diese zu kopieren. Sie erschaffen quasi eine partytaugliche Version der historischen Vorlagen. Unbekümmertheit, Spaß und Atmosphäre stehen im Vordergrund, nicht ausgefeilte instrumentelle Fähigkeiten und Perfektion. Eine CD für die beschwingten Momente im Leben.

    Eingangs interpretieren sie mit Going Up The Country einen uralten Bukka White Blues-Titel - der in der Version von Canned Heat bekannt geworden ist - als locker swingenden Clapping-Song. Lewis Durhams Buggin`Blues klingt wie die Neuauflage eines Jumpin`Blues aus den 40er Jahren, ist aber eine Eigenkomposition mit einem eingebetteten Rock`n`Roll Gitarren-Solo. Auch bei den nächsten Songs zuckt es in den Beinen, so dass man kaum stillsitzen mag. Nur bei Track 8 (Mohair Sam, im Original von Charlie Rich) wird das Tempo etwas gedrosselt. Insgesamt bekommt man zehn Titel zu hören, 2 Eigen- und 8 Fremdkompositionen. Wobei man schon ein ausgemachter Experte sein muss, um dies zu erkennen.

    Dieser Mix aus mitreißenden tanzbaren Retro-Sounds könnte der nächste große Hype werden. Sofern sind Kitty, Daisy und Lewis vielleicht die Taktgeber für angesagte Partys in 2009. Einziger Nachteil ihrer CD: Sie ist mit einer Spielzeit von unter einer halben Stunde viel zu kurz.
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    Peter And The Murder Of Crows Peter And The Murder Of Crows (CD)
    08.10.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Für die besinnlichen Momente im Leben

    Der charismatische englische Sänger und Songautor Peter Bruntnell ist hierzulande noch weitgehend unbekannt. Und das völlig zu Unrecht. Ein Hauch von Psychedelic umweht die eindringlichen, Folk-basierten Songs seines neuen Albums. Es wurde hauptsächlich in seinem Heim-Studio in Devon eingespielt. Die Songs schrieb er zusammen mit seinem kanadischen Partner Bill Ritchie, wobei sich beide über die Verwendung von Texten und Melodien nicht trafen, sondern über das Telefon austauschten. Das muss sehr gut funktioniert haben, denn das Ergebnis ist ein homogenes Album aus einem Guss: Notorious Byrd Brothers-Eleganz trifft auf Pernice Brothers-Intimität. Fein ziselierte, entspannt-hypnotische und ergreifend-zart dargebotene Lieder sorgen für wohlige Momente. Peter Bruntnell gelingt es vortrefflich, Lagerfeuer-Romantik mit schwelgerischen Klängen zu verbinden. Die Widerbelebung des Cosmic-American-Music-Traums von Gram Parsons, wenn man so will.

    Fans von James Yorkston, The Thorns, American Music Club, Bonnie Prince Billy oder Lambchop sollten mal ein Ohr wagen. Für die besinnlichen Momente im Leben.
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    08.10.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Für die erhabenen Momente im Leben

    Seit Rodney Crowell in den 80er Jahren Teil der Neuen Traditionalisten-Bewegung in der Country-Musik war, hat er eine außergewöhnliche Entwicklung mitgemacht. Sex And Gasoline zeigt ihn als erfahrenen Autor, selbstbewussten Sänger und anspruchsvollen Interpreten hochklassiger eigener Songs. Und zwar völlig ohne Nashville-Trucker-Country-Mief. Als Referenz fallen einem da eher T-Bone Burnett (die Songqualität) oder Steve Earle (die emotionalen und politischen sowie sozialkritischen Texte) ein. Für den Reifeprozess ist auch Produzent Joe Henry - selber ein Garant für Qualität - verantwortlich. Für diese Aufnahmen hat er gleich noch seine Bandkollegen Patrick Warren (Keyboards), David Piltch (Bass), Saiten-As Greg Leisz, Doyle Bramhall III (Gitarre) und Jay Bellerose (Schlagzeug) eingebracht. Sie sorgen für einen warmen, homogenen, mit feinen, von instrumentellen Highlights durchsetzten Country-Folk-Sound. Crowell singt dazu pointiert, messerscharf auf die Inhalte abgestimmt, mit viel Ausdruck und glaubhaften Gefühlen, dass es eine Wonne ist.
    Rodney Crowell hat mit Sex And Gasoline sein reifstes und persönlichstes Album überhaupt zustande gebracht. Man sollte auch keine Stücke besonders herausheben. Vom packenden eröffnenden Titelsong bis zum unter die Haut gehenden abschließenden Closer To Heaven besticht das Album durchgehend durch coole, abgehangene Lieder mit Texten voll von großer Lebenserfahrung. Rodney Crowell präsentiert sich jetzt endgültig als ein Musiker, der seinen Stil und seine Mitte gefunden hat. Für die erhabenen Momente im Leben.
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    • Civilians Civilians (CD)
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    Diana & James Diana & James (CD)
    08.10.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Ein kleines Country-Folk Meisterwerk

    Greg Copeland zählt sicher nicht zu fleißigsten kalifornischen Songpoeten. Seine bisher einzige Veröffentlichung Revenge Will Come reicht in das Jahr 1982 zurück. Dafür gehört er zu den sorgfältigen, detailverliebten, nachdenkenden Könnern seiner Zunft. Auf Diana And James passt nämlich alles nahtlos und harmonisch zusammen. Schon im Jahr 2000 soll er mit dem Komponieren begonnen haben. Und trotz der extrem langen Reifezeit sind die Songs an keiner Stelle überfrachtet. Ein fließender Strom feinster luftiger, pointierter, gemütlicher Country-Folk-Aufnahmen wurde hier zusammengetragen. Produziert hat das Multi-Saiten-Talent Greg Leisz, der auch instrumental viel zum Gelingen beiträgt. Bezahlt wurden die Aufnahmen von Copelands Highschool-Freund und Gönner Jackson Browne. Und mit diesem Namen macht man auch schon einen Eckpfeiler im Sound der CD aus. Mich erinnert das Gesamtbild an Brownes Late For The Sky von 1974. Die Musik hat die gleiche Abgeklärtheit, sie ruht in sich und zeigt sich allen Trends und Moden überlegen. Hinzu kommt, dass Copeland - genau wie Jackson Browne - ein toller Geschichtenerzähler ist. Er singt mit angerauter Stimme im Stile des texanischen Kollegen Guy Clark (Remember: Desperados Waiting For The Train) und vermittelt dadurch zusätzlich Lebenserfahrung. Diana and James ist ein kleines Meisterwerk unter den Singer-Songwriter-Alben US-amerikanischer Prägung geworden. Viele kleine feinnervige Ideen machen Freude, wenn man die CD über Kopfhörer hört und den Lauf der Instrumente verfolgt. Es gibt keinen Durchhänger unter den 13 Songs und sie sind so angeordnet, dass das Tempo leicht variiert wird, was das Durchhören spannend hält. Diana And James macht nicht ohne Grund einen sehr bodenständigen Eindruck und sei allen Fans von Jackson Browne, Townes van Zandt, Guy Clark oder Nanci Griffith wärmstens empfohlen.
    Meine Produktempfehlungen
    • Late For The Sky Late For The Sky (CD)
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    • Our Mother The Mountain Townes Van Zandt
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    Strange Faith And Practise Strange Faith And Practise (CD)
    17.09.2010
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Folk-Jazz mit Tiefgang

    Erinnert sich noch jemand an die FELLOW TRAVELLERS? Jener Formation, die in den 90er Jahren so einzigartig Folk und Country mit Reggae verband? Deren Vordenker, Sänger und Gitarrist war JEB LOY NICHOLS. Nach dem Ende der Band verfolgte Nichols eine Solo-Karriere. Er blieb seinem Crossover-Konzept treu, hat auch Pop- und Soul-Einflüsse verarbeitet und sich einen Namen als Herausgeber der beiden jetzt gestrichenen COUNTRY GOT SOUL Zusammenstellungen gemacht. Darauf versammelte er Aufnahmen von weißen Musikern, die Country Music mit Southern Soul verbanden, wie EDDIE HINTON, BOBBIE GENTRY, JIM FORD oder TONY JOE WHITE.

    STRANGE FAITH AND PRACTICE ist bereits das siebente Solo-Album von JEB LOY NICHOLS und seine zweite Veröffentlichung in 2009 nach PARISH BAR vom Januar. Man hört wieder seine charakteristische näselnde, beruhigende, warme Stimme und ortet ihn stilistisch zwischen dem Folk-Jazz eines TERRY CALLIER oder JOHN MARTYN, der Astral Weeks Phase von VAN MORRISON, dem smoothen Reggae eines BIM SHERMAN, den introvertierten Tönen eines DAVID SYLVIAN und den schwebenden Gebilden von MARK HOLLIS. Das Album wurde mit Londoner Jazz-Musikern und einem Streichquartett eingespielt, was auch prägend ist. Es gibt ihm einen seriösen, erwachsenen Anstrich, nimmt aber auch ein wenig die verführerische Leichtigkeit früherer Aufnahmen.

    Das Album beginnt mit SOMETIME SOMEWHERE SOMEBODY, einem der schönsten Songs, die JEB LOY NICHOLS bisher geschrieben hat. Eine hinreißende Melodie wird von schwerelosen Vibraphon-Klängen, einer sehnsuchtsvollen gestopften Trompete und elegantem Besen-Schlagzeug begleitet. Und Nichols krönt dies durch seine seidenweiche Stimme, die sich um die Noten windet. Majestätisch. LAKE WHITFIELD erinnert in seiner Abgeklärtheit und seinem Aufbau an die ausgeklügelten, mit reichlich Hooklines ausgestatteten Kompositionen von DAVID MUNYON. Ein schöner runder Folk-Jazz-Titel. Mich würde es nicht wundern, wenn NORAH JONES das Lied THE DAY THAT NEVER CAME in ihr Repertoire übernehmen würde. Es klingt nämlich wie eine Auftragskomposition für sie. Die Ballade CAN`T STAY HERE wird durch ein fast 1minütiges Piano-Solo-Intro eingeleitet. Streicher unterstützen später dezent die melancholische Stimmung. Sie leiten auch THIS MORNING ein und aus. Hier fühlte ich mich an die Streicherarrangements von ROBERT KIRBY erinnert, die dieser für NICK DRAKE entworfen hat. Der Song spielt mit unterschiedlichen Tempi. Während die Drums einen relativ flotten Rhythmus vorgeben, wird das Tempo durch die Streicher und den Gesang wieder ausgebremst. Sehr raffiniert. Nahtlos geht es mit PROBABLY NEVER STOP weiter, einer weiteren schönen Ballade. Nach dem Streicherintermezzo INTERLUDE ONE kommt mit dem jazzigen STRANGE FAITH AND PRACTICE ein weiterer Höhepunkt des Albums. Hier wird eine luftige Melodie mit der Improvisierkunst des Jazz verbunden und zu einem Langzeit-Ohrwurm verschmolzen. Der Jazzeinfluss ist auch bei IF I CAN COME HOME TO YOU dominant. Das Saxophon-Solo stört hier jedoch den Fluss, statt die Intensität zu steigern. Das gilt auch für INTERLUDE TWO, dem zweiten Instrumental-Stück. CRUEL WINTER, eine weiteres ruhiges Stück, wirkt relativ eindimensional, da die triste Stimmung kaum variiert wird. HOME WASN`T BUILT IN A DAY hat eine wunderbare Melodieführung. Saxophon und Trompete wechseln sich bei den Solo-Einlagen ab. Mit über 5 Minuten ist es das längste Stück der CD, ohne aber in Langatmigkeit auszuufern. Den Abschluss bildet der simple Absacker NEXT TIME, ein Titel mit Kinderliedcharakter.

    Insgesamt zeigt JEB LOY NICHOLS weiterhin, dass er ein außergewöhnlicher Songwriter mit Mut zur Veränderung und damit auch zum Risiko ist. Er scheut ausgetretene Pfade, traut sich an ungewöhnliche Sounds und Verbindungen. Und man hat das Gefühl, da ist noch mehr drin. Er ist talentiert genug, weiter zu reifen. Große Klasse, der Mann.
    Meine Produktempfehlungen
    • Astral Weeks Van Morrison
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    Back In The USA Back In The USA (CD)
    03.09.2010
    Klang:
    3 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Ein wahrlich prophetisches Rock-Album

    Anfang der siebziger Jahre war der Name der Stadt Detroit ein Synonym für kompromisslosen, dreckigen Rock`n`Roll. Als Vertreter dieser Gattung taten sich unter anderem IGGY POP`s THE STOOGES und MC5 hervor. MC stand dabei für Motor City. Detroit eben, die Stadt der Autobauer und Malocher. Damals Boomtown, heute Zentrum der Automobil- und Wirtschaftskrise in den USA. Und die 5 im Namen gab die Anzahl der Bandmitglieder an: Fred Sonic Smith (der Mann von Patti Smith) und Wayne Kramer an den Gitarren. Rob Tyner, Gesang. Michael Davis am Bass und der Schlagzeuger Dennis Thompson. MC5 sind die einzige Band, die ich kenne, deren Debut ein Live-Album war. KICK OUT THE JAMS von 1969 war laut, direkt und brutal wie ein Schlag auf den Solar-Plexus. BACK IN THE USA, ihr 2. Album von 1970 ist da wesentlich differenzierter. Hier kommen die Wurzeln der Band, wie klassischer Rock`n`Roll und freakiger Beat besser zur Geltung. Außerdem strotzt die Platte nur so vor Innovation, viele später populäre Stile werden hier vorweg genommen. Das Spektakel beginnt mit TUTTI FRUTTI. Hinlänglich bekannt von LITTLE RICHARD und ELVIS. Ich wette, diese Version haben auch die Ramones gekannt und sie half ihnen, ihren Sound zu finden. Kurz (1:28) und knackig wird man von ihr überrollt wie von einem Monster-Truck. TONIGHT ist die perfekte Teenager- Hymne. Dieser Power-Pop Song hätte eigentlich ein Hit werden müssen, genau wie der nachfolgende unkomplizierte Rocker TEENAGE LUST. Mit LET ME TRY folgt eine sich verzehrende Ballade mit tickender Schlagzeug-Begleitung. LOOKING AT YOU hat den Groove von BORN TO BE WILD mit sich in die Höhe schraubendem Gitarrensolo. Treibenden Pop mit Stax-Soul Rhythmus verbindet HIGH SCHOOL, eine weitere Teenager-Hymne auf dem Album. Bei CALL ME ANIMAL nehmen sie im Grunde den Punk-Sound der späten 70er Jahre vorweg, zumindest was die ungestüme Energie angeht. Auch THE AMERICAN RUSE ist Hochgeschwindigkeitsrock, nicht so überdreht wie Speed-Metal, aber geeignet, eine Tanzfläche in einen Hexenkessel zu verwandeln. SHAKIN`STREET nimmt TOM PETTY AND THE HEARTBREAKERS vorweg. Die Gitarrenduelle von Smith und Kramer bringen bei THE HUMAN BEING LAWNMOVER eine weitere Facette der MC5-Soundpalette ein: progressiven Hard-Rock. Den Abschluss bildet noch ein Klassiker: CHUCK BERRY`s BACK IN THE USA. Der Titel bildet den Brückenschlag vom klassischen Rock`n`Roll zu Punk. It`s Only Rock`n`Roll, But I Like It.
    BACK IN THE USA ist ein wahrlich prophetisches Rock-Album, bedenkt man, wie viele Stile hier als Blaupause vorgelegt wurden: Power-Pop, Ramones-Punk, Hard-Rock und Tom Petty-Konsens-Rock. Es dürfte den Verlauf der Entwicklung der Rockmusik nachhaltig beeinflusst haben. 1971 kam mit HIGH TIME das dritte und letzte Album der Band raus. Die Songs waren nun länger und die Bandmitglieder ausgebrannte Drogenwracks. Silvester 1972 hatte die Gruppe ihren letzten Auftritt. Ihr Einfluss ist aber bis heute ungebrochen.
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    03.09.2010
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Der alte Tiger zeigt die Krallen

    Wer hätte gedacht, dass der grade 70 Jahre alt gewordene Tiger aus Wales noch mal seine Krallen ausfährt und Fans und Kritiker dermaßen überrascht? Ein Gospel-Album wollte er schon immer machen, lässt er hinsichtlich der Veröffentlichung von PRAISE & BLAME verlauten. Und diesen Wunsch hat er sich jetzt erfüllt. Von kommerziellem Selbstmord ist in einem internen Schreiben der Musikbranche zu diesem 26. Soloalbum die Rede, so ungewöhnlich und untypisch sei es. Egal ob diese Meldung der Wahrheit entspricht oder nur eine geschickt gesetzte Fälschung ist, um Aufmerksamkeit zu erreichen. Fest steht: das Album hat solche Methoden nicht nötig, es besticht allein durch seine schiere Brillanz. Produzent Ethan Johns hat seinem Schützling ein eindringliches, entschlacktes Werk auf den Leib geschneidert. Der Geist der Revitalisierungsstrategie, die Rick Rubin z.B. bei Johnny Cash angewandt hat, ist hier allgegenwärtig. Wobei es Tom Jones im Gegensatz zu Cash auch mal richtig krachen lässt und sich nicht nur im Balladen- und Mid-Tempo-Bereich tummelt. Mit Cash`s American Recordings verbindet PRAISE & BLAME auch die Mischung aus erlesenen Fremd- und inspirierten Eigenkompositionen. So findet man hier auch den Song AIN`T NO GRAVE, der Cash`s letztem posthum veröffentlichten Album den Namen gegeben hat. Und hier kommt auch der bereits angesprochene Gospel-Einfluss ins Spiel, der sich eher textlich als musikalisch äußert. Das Album beschäftigt sich mit der Endlichkeit des Seins, dem Sinn des Lebens sowie mit Schuld und Sühne. Es werden eindringliche Gefühle transportiert, die musikalisch zwischen leise und laut, Demut und Aufbegehren, Melancholie und Frohsinn sowie Trauer und Wut umgesetzt werden. Elemente, die die Musik von Tom Jones schon immer beinhaltet hat, nur nicht in dieser Zusammensetzung und Konzentration. Hier hört man nicht den Showman und Ladykiller der 60er Jahre, der mit DELILAH Frauenherzen zum Schmelzen brachte. Auch nicht den Tanzflächeneroberer, der mit SEXBOMB einen zweiten Frühling feierte. Hier zeigt er Tiefe und Spiritualität und begegnet dem Rock`n`Roll bei seinen Wurzeln im Blues und Rhythm & Blues. Zurückhaltung und Muskelspiel, Kirche und Kneipe halten sich atmosphärisch in etwa die Waage. Tom Jones sucht Wahrheit und Klarheit und er hat es nicht nötig, oberflächliche Erwartungen zu erfüllen.
    Das Album eröffnet mit einer andächtigen Version von Bob Dylans WHAT GOOD AM I und dann wird mit LORD HELP ein gradliniger Rocker nachgeschoben. DID TROUBLE ME beginnt verschleppt und todtraurig. Der spätere Einsatz eines klapprigen Banjos lässt aufhorchen. Das dezent dazugeführte Schlagzeug sorgt dann ebenfalls noch für mehr Konturen. Der Song bleibt aber in der Grundstimmung nachdenklich. Jones versteht es, die Spannung am Köcheln zu halten. Der Boogie-Blues STRANGE THINGS bekommt durch den Backgroundgesang eine Gospelnote. Ein Highlight des Albums ist die Version von John Lee Hooker`s BURNING HELL. Im Original ist das ein rumpeliger, kantiger, unrund laufender Delta-Blues. Tom Jones verwandelt ihn in ein treibendes, stumpf-rockendes Monster mit kochend heißen Gitarrenriffs von Produzent Ethan Johns. Das Wechselbad der Gefühle hält an: Auf heftige Gefühlsausbrüche folgen jetzt wieder besinnliche Töne. IF I GIVE MY SOUL ist intimer Folk mit sakralem Einschlag. Treibender, gehetzter Rock wird bei DON`T KNOCK geboten. Die Aggressivität wird hier durch die schon bei STRANGE THINGS zur Geltung gekommene Hintergrund-Begleitung abgemildert. Der Song klingt nicht nach den Staple Singers, ist aber von ihnen. Bei NOBODY`S FAULT BUT MINE denkt man sofort an die Staple Singers. Nicht nur die Pops Staples Gedächtnis-Gitarre erinnert an die große Gospel-Soul-Institution, sondern auch die lässige, seelenvolle Interpretation lässt wohlige Erinnerungen aufkommen. Dieser Song ist jedoch laut Booklet von Tom Jones und Ethan Johns. Bei DIDN`T IT RAIN spielt der Tiger seine ganze gesangliche Erfahrung aus. Mühelos modelliert er das Tempo von abwartend bis swingend. Tom Jones`Umsetzung von AIN`T NO GRAVE ist natürlich nicht so brüchig wie die von Johnny Cash. Schließlich hat Cash den Song quasi im Angesicht des nahenden Todes aufgenommen, während Tom Jones nach eigenen Angaben noch voll im Saft steht. Dementsprechend wechselt er jetzt wieder von nachdenklich-akustisch zu zupackend-elektrisch und beschließt das Album mit dem locker rollenden Boogie RUN ON.
    Das ganze Album ist wohltuend sparsam und transparent produziert. Den 3 Eigenkompositionen stehen 8 fremde Nummern entgegen. Im Begleitheft ist das Traditional AIN`T NO GRAVE fälschlicherweise als T. Jones/E. Johns-Komposition angegeben. Tom Jones beweist die Fähigkeit, alle Songs zu seinem Eigentum zu machen, indem er durch seinen charakteristischen Gesang persönliche Duftmarken setzt. Die wenigen exzellenten Gäste wie Booker T. Jones an Orgel und Piano und B.J. Cole an der Steel-Guitar spielen sich nicht in den Vordergrund, sondern agieren sehr eindringlich und songdienlich. Nach ca. 38 Minuten ist das Vergnügen vorbei. Man kann nur hoffen, dass Tom Jones auch in Zukunft solch unangepasste, markante Alben veröffentlicht und wie hier mit den richtigen, einfühlsamen Partnern zusammenarbeitet.
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    451 bis 472 von 472 Rezensionen
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