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    2. Alle Rezensionen von LittleWalter bei jpc.de

    LittleWalter Top 25 Reviewer

    Active since: September 3, 2010
    "Helpful" ratings: 1112
    472 reviews
    Fooks Nihil Fooks Nihil (CD)
    Nov 27, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Eine anregende musikalische Zeitreise mit Fooks Nihil.

    Da sage noch jemand, Zeitreisen seien nicht möglich. Fooks Nihil beweisen das Gegenteil. Das Trio aus Frankfurt am Main und Wiesbaden katapultiert die Zuhörer in eine Zeit zurück, in der es noch Schwarz-Weiß-Fernseher und bevorzugt Vinyl-Platten als Tonträger gab. Die Wahrnehmung von Pop-Musik war damals besonders wichtig und wertvoll. Sie hatte beinahe religiöse Züge. So spaltete die Wahl zwischen Beatles und Stones Familien, Klassengemeinschaften und Freundeskreise. Aber noch viel entscheidender war die Bildung einer Jugendkultur, einer sozio-politische Zugehörigkeit und einer Abgrenzung zur erziehenden Generation. Dies wurde durch die Musik entscheidend beeinflusst.

    Diese Zusammenhänge werden durch Fooks Nihil wieder lebendig, ohne dass den Tönen dabei eine Retro-Muffigkeit oder ein bieder-öder Oldie-Geruch anhaftet. "Insight Of Love" atmet den Freiheitsdrang der Westcoast-Hippie-Kultur und verbreitet einen Sound, der direkt aus den Garagen der Vorstädte zu kommen scheint, in denen frustrierte Teenager ihren Vorbildern wie The Seeds oder Jefferson Airplane nacheiferten und huldigten.

    "Down From Where She Comes" versöhnt den Liverpool-Beat mit dem Los Angeles-Folk Rock: Die klanglichen Visionen der Beatles und der Byrds werden locker zu einer homogenen Masse verschmolzen. "Lady From A Small Town" lehnt sich an die Anfänge des Country- & Folk-Rock an: So hätte es sich anhören können, wenn Neil Young & Crazy Horse und die Eagles gemeinsam eine lässige Strand-Party feiern würden. An den Übergang vom Country- zum Soft-Rock erinnert "The Seer" und kommt damit manchmal der Pop-Phase von Fleetwood Mac nahe, hat aber auch eine engagierte Gesangsleistung zu bieten, die an John Lennon erinnert. Zwischen "Exile On Main Street" der Rolling Stones und "Running On Empty" von Jackson Browne pendelt "Long Days" und bewegt sich dabei geschmackvoll unter Einbeziehung einer weinenden Slide-Gitarre zwischen Rock und Pop.

    Die Harmonie von Crosby, Stills & Nash, der knackig-eingehende Rock von Tom Petty und der psychedelische Sound von Quicksilver Messenger Service finden sich als Mix in "What`s Left" wieder. Der erwachsene Pop von Elvis Costello trifft bei "Tales" ungebremst auf den treibend-aufmunternden Power Pop-New Wave der Plimsouls um Peter Case. Mächtige Orgelwände lassen bei "Homeless" an die Zombies ("Time Of The Season") denken und die Melodieführung ist dabei an "Mr. Soul" von Buffalo Springfield angelehnt.

    Die Ballade "Misery" bringt Erinnerungen an "Knockin`On Heavens Door" von Bob Dylan hervor und das bedächtige, ausgeklügelte "Surface Of Things" vereinigt die Ausgeglichenheit der Youngbloods mit der straffen Komponier-Kunst von Creedence Clearwater Revival. Auch wenn jedem Song Referenzen an die 1960er oder 1970er Jahre zugeordnet wurden, so ist dies in erster Linie einer lebhaften Erinnerung geschuldet und soll nicht etwa ein Plagiatsverdacht ausdrücken. Ganz im Gegenteil: Max Ramdohr (Gitarre, Gesang), Max Schneider (Schlagzeug, Gesang) und Florentin Wex (Bass und Gesang) verstehen es, die Vergangenheit lebendig zu halten, ohne bereits verwendete Ideen auszukosten oder unnötig widerzukäuen. "Fooks Nihil" ist kein billiger Aufguss, sondern eine raffiniert-vielseitige Verwertung bewährter Stilmittel, um auf zeitlose Qualitäten aufmerksam zu machen und diese in der Gegenwart neu aufleuchten zu lassen.
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    How Beauty Holds The Hand Of Sorrow How Beauty Holds The Hand Of Sorrow (CD)
    Nov 27, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    4 of 5

    Teil zwei des ursprünglich geplanten Doppel-Albums von Ane Brun.

    Vor vier Wochen erschien mit "After The Great Storm" ein neues Album von Ane Brun, dass es den Hörern nicht unbedingt leicht machte, aber nichtsdestotrotz (oder grade deswegen) lohnend ist. Und nun stellt sich die Frage: Welche Ausdrucksformen wurden für den schnell hinterher geschobenen Nachfolger "How Beauty Holds The Hand Of Sorrow" gewählt, der ja eigentlich der zweite Teil des geplanten Doppel-Albums ist. Werden experimentelle Ausgestaltungen gesucht oder bewährte Folk-Noir-Strukturen angeboten?

    Der Opener "Last Breath" ist offensichtlich noch vom Tod des Vaters beeinflusst worden. Denn was sich zunächst wie die Ankündigung des Sonnenaufgangs anhört, wird rasch in eine Untergangsstimmung überführt. Schwerblütige Streicher erzeugen Trauer und legen sich betrübt und dominant wie ein Leichentuch auf die Seele. Trostlosigkeit macht sich breit und erzeugt einen Soundtrack für den Totensonntag. "Closer" führt weiter durch die Dunkelheit und dient als Diener der verlorenen Seelen und Betrübten, indem es zwischen Diesseits und Jenseits vermittelt.

    "Song For Thrill And Tom" bringt dann die Hoffnung zurück und zeigt, dass es einen Weg ans Licht geben kann. Himmlische Chöre weisen die Richtung und Ane verbreitet in diesem Gospel-Folk wachsende Zuversicht. "Meet You At The Delta" knüpft zarte Banden und ist so filigran, dass man kaum zu atmen wagt, um dieses empfindsame Gebilde nicht zu zerstören. Zur Erzeugung dieser tongewordenen Spinnweben bedarf es nur des mitfühlenden Einsatzes von Stimme, Gitarre und Piano.

    "Trust" ist dann wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Das Lied lässt zwar noch Verbindungen in sphärische Gefilde erkennen, setzt sich aber letztlich durch selbstbewusste Strukturen als lockerer Folk-Rock gegen den Sog der Traumwelten durch. "Gentle Wind Of Gratitude" pendelt mechanisch ablaufende Percussion und romantische Easy-Listening-Färbungen miteinander aus. So verlieren die Klassik-Pop-Elemente ihre Süße und die Rhythmen ihre statische Ausrichtung. Wenn das keine Win-Win-Situation ist...

    Die Kraft der Ruhe und die Ausgeglichenheit der Langsamkeit verhelfen "Breaking The Surface" zu einer meditativen Einkehr. Ganz selbstvergessen gleitet das Stück dahin und nimmt die Hörer mit auf eine Reise, die jenseits von Zeit und Raum stattzufinden scheint. Der amerikanische Pianist Dustin O’Halloran trägt für "Lose My Way" weich gezeichnete Töne bei, die die ruhige Nummer rücksichtsvoll unterstützen. Auf diese Weise fügen sich die flehende Stimme und die dezenten Streicher zu einem zart-anrührenden Gesamtkunstwerk zusammen. Aus dem modern arrangierten "Don’t Run And Hide" von "After The Great Storm" ist hier eine traurig-verzweifelte Piano-Version geworden, die die Schönheit der Komposition ans Tageslicht bringt.

    "How Beauty Holds The Hand Of Sorrow" kann als geläuterte, auf innere Werte komprimierte Schwester von "After The Great Storm" bezeichnet werden. "After The Great Storm" setzt auf das trotzige, nicht akzeptieren wollen von dem, was das Leben so anbietet. "How Beauty Holds The Hand Of Sorrow" lenkt ein und behält sich zumindest die Möglichkeit offen, dass es eine göttliche Fügung gibt, die alles in die richtige Bahnen lenkt. Auch wenn nicht unbedingt sofort erkannt werden kann, dass das so ist. Beide Methoden haben nebeneinander ihre Berechtigung und präsentieren eine Künstlerin, die offen für neue Einflüsse ist und sich nicht scheut, schwierige Wege zu gehen.
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    Idiot Prayer: Nick Cave Alone At Alexandra Palace Nick Cave & The Bad Seeds
    Idiot Prayer: Nick Cave Alone At Alexandra Palace (CD)
    Nov 20, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    "Idiot Prayer" transportiert die Intensität eines speziellen Konzert-Ereignisses.

    Nun also doch! Zunächst hieß es, dass das Livestream-Konzert von Nick Cave, dass am 19. Juni 2020 übertragen wurde, exklusiv den zahlenden Fans zur Verfügung stehe. Jetzt wird es die Show nicht nur auf Tonträgern (Doppel-CD, Vinyl, Download), sondern auch - wenn möglich - im Kino geben. Eine anschließende Vermarktung auf DVD/bluray ist dann wohl auch nicht mehr ausgeschlossen. Vielleicht war es der Druck der Fans, der diese Marketing-Kehrtwende möglich machte. Vielleicht auch die Intensität des speziellen Momentes, die Cave mit der Allgemeinheit teilen wollte. Er spricht im Zuge der Wirkung der Veranstaltung von einem "Gebet ins Nichts". Das mag man schon alleine aufgrund des Standortes nachvollziehen, denn das Alexandra Palace in London, in dem die Solo-Piano-Aufführung stattfand, ist im Grunde genommen nur ein riesiger leerer Raum.

    Bei seiner "Conversation with..."-Tour, die noch bis Anfang 2020 lief, hatte Nick Cave oft reduzierte, auf den Kern zusammengeschmolzene Versionen seiner Songs vorgetragen und sie auf diese Weise neu entdeckt und alternativ interpretiert. Er spielte mit dem Gedanken, diese Sichtweisen im Studio nach und nach festzuhalten. Mit der Pandemie kam die Idee, sich dabei auch filmen zu lassen. Das Ergebnis umfasst nun 22 Songs in 84 Minuten, von denen "Euthanasia" bisher noch unbekannt war.

    Das Repertoire zieht sich fast durch die ganze Karriere mit The Bad Seeds. Von "Your Funeral...My Trial" (1986) über "The Boatman`s Call" (1997, mit 5 Liedern vertreten) bis hin zu "Ghosteen" aus dem Vorjahr, das mit 3 Stücken dabei ist. Vom Projekt Grinderman fanden die Tracks "Man In The Moon" ("Grinderman", 2007) und "Palaces Of Montezuma" ("Grinderman 2", 2010) Einzug in diese intime Darbietung unter Corona-Bedingungen.

    Cave beginnt seine musikalische Andacht mit dem "Spinning Song", einer gesprochenen Hommage an den "King Of Rock & Roll", die die Zeilen "Eine Zeit wird für uns kommen...Frieden wird für uns kommen" enthält. Ein Ausblick auf bessere Tage, die uns hoffentlich bald begegnen werden. Das Piano kommt ab dem zweiten Stück ("Idiot Prayer") zum Einsatz und wird der einzige Begleiter bleiben, der nicht nur tröstet, aufrüttelt und schmeichelt, sondern auch sentimentale Fantasien malt oder aggressive Zwischentöne einstreut.

    Haben wir uns nicht schon lange gewünscht, den Barden ganz pur und unmittelbar erleben zu dürfen? Wie er sein Innerstes nach außen kehrt, sich verletzlich zeigt und dabei aber so stark auftritt, dass sich Ehrfurcht breit macht. Die ganze Bandbreite menschlicher Ausdrucksformen prasselt an die Ohren, regen das Hirn und die Hormone an. 84 Minuten voller Spannung, Leidenschaft, Dynamik, Sinnlichkeit, Wut, Zuneigung, Spiritualität, Liebe und Hingabe. Das muss man erst einmal aushalten - als Musiker, aber auch als Hörer.

    Es gibt keine Ansagen und keine Kommentare auf den "Idiot Prayer"-CDs. Bis auf ein Lachen am Ende von "(Are You) The One That I`ve Been Waiting For" finden keine ungeplanten Emotionen statt. Der konzentrierte Cave fordert ungeteilte Aufmerksamkeit und Durchhaltevermögen, dafür spart er nicht mit Eifer, Wucht und Zärtlichkeit. Der Musiker ist ein Schamane, der auf Seelenfang geht - nicht aus Bosheit, sondern als Prophet und Heiler. Die universelle Kraft der Musik wird beschworen, die zur Reinigung und Energieübertragung eingesetzt wird.

    Der galoppierende Irrsinn der Studio-Version von "The Mercy Seat" wird in zerstörerische Dramatik verwandelt. Es geht um Schuld und Sühne. Das sind schwere Mühlsteine, die dem Leben Sisyphus-Arbeit auferlegen können. Solch eine schwere Bürde verträgt keine leichte Muse. Aber auch dunkle Töne spenden Mut, versprechen Erlösung und zeigen Würde. Die Musik lässt sich bereitwillig auf die Transformation von Leid zu Zuversicht ein: Die Angst einflößende, körperlich bedrohlich wirkende Stimmung, die The Bad Seeds für "Stranger Than Kindness" erzeugen, weicht in der Solo-Fassung einer unglücklichen Ausdrucksweise, die stellenweise sogar Verzweiflung aufflackern lässt. Am Ende siegt dann aber doch der Lebenswille.

    Da kommt "Into My Arms" genau richtig, um Vertrauen und Hoffnung wieder herzustellen. Das ist ein Lied, welches bei den Cave-Fans häufig als Favorit genannt wird. Der Titel entfaltet auch als sparsamer Beitrag seine aufbauende Qualität. "Papa Won`t Leave You, Henry" ist im Original ein getriebener, giftiger Rockabilly-Blues. Nick hat das Tempo aktuell domestiziert, die Eindringlichkeit aber konzentriert, so dass Aussichtslosigkeit hinter jeder Note hervor blickt. Das ursprünglich sphärische, märchenhaft instrumentierte "Galleon Ship" bekommt in der Neuinterpretation eine lieblich-versöhnliche Ausrichtung, die die klare, unschuldige Reinheit der Komposition in den Mittelpunkt stellt.

    Wollten wir nicht immer schon erleben, wie uns Nick Cave in Beugehaft nimmt und wir demütig und verzückt seinen Predigten lauschen können, um danach ein wenig weiser, zufriedener und überzeugter zurück in unser Leben zu gehen? "Idiot Prayer" gibt uns die Gelegenheit dazu. Grade weil der Auftritt ohne Publikum eingespielt wurde, vermittelt er noch mehr den Eindruck, er sei speziell für uns entstanden. Cave steigt mit "Idiot Prayer" endgültig in den Olymp auf, denn nur wer alleine ein ganzes Konzert mit Haltung, Besessenheit und Charisma durchstehen kann, ohne langatmig zu sein, der gehört wirklich zu den ganz Großen. Und dieses Kunststück ist hier eindrucksvoll und überzeugend gelungen.

    Diese Kompositionen hat Nick Cave für die "Idiot Prayer"-Aufführung ausgewählt (in Klammern der Ursprungs-Fundort der Komposition):

    Disc 1:
    01. "Spinning Song" ("Ghosteen", 2019)
    02. "Idiot Prayer" ("The Boatman`s Call, 1997)
    03. "Sad Waters" ("Your Funeral...My Trial", 1986)
    04. "Brompton Oratory" ("The Boatman`s Call", 1997)
    05. "Palaces Of Montezuma" ("Grinderman 2", 2010)
    06. "Girl In Amber" ("Skeleton Tree", 2016)
    07. "Man In The Moon" ("Grinderman", 2007)
    08. "Nobody`s Baby Now" ("Let Love In", 1994)
    09. "(Are You) The One That I`ve Been Waiting For" ("The Boatman`s Call", 1997)
    10. "Waiting For You" ("Ghosteen", 2019)
    11. "The Mercy Seat" ("Tender Prey", 1988)
    12. "Euthanasia" (previously unreleased, 2020)

    Disc 2:
    01. "Jubilee Street" ("Push The Sky Away", 2013)
    02. "Far From Me" ("The Boatman`s Call", 1997)
    03. "He Wants You" ("Nocturama", 2003)
    04. "Higgs Boson Blues" ("Push The Sky Away", 2013)
    05. "Stranger Than Kindness" ("Your Funeral...My Trial", 1986)
    06. "Into My Arms" ("The Boatman`s Call", 1997)
    07. "The Ship Song" ("The Good Son", 1990)
    08. "Papa Won`t Leave You, Henry" ("Henry`s Dream", 1992)
    09. "Black Hair" ("The Boatman`s Call", 1997)
    10. "Galleon Ship" ("Ghosteen", 2019)
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    Nov 14, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    4 of 5

    Jazz, Chanson und Klassik: Anna.Luca ist überall zuhause.

    Die deutsch-schwedische Musikerin Anna Luca Mohrhenn wurde 1983 in Deutschland geboren, wuchs in Schweden auf und lebt jetzt wieder in Wuppertal. Diese Dualität der Lebensmitten hat mit der Trennung der Eltern zu tun. Ein Thema, das sie - wie auch andere prägende Meilensteine - in ihrer Musik verarbeitet. So geht es bei "Hallonsommar" (= Himbeersommer) um den Tod des schwedischen Großvaters, der der Musikerin den Boden unter den Füßen weg gerissen hat. Die Suche nach Antworten auf existenzielle Fragen und die Forschung nach der eigenen Identität war eine Folge davon.

    Das alles hatte Einfluss auf die musikalische Entwicklung, bei der Kunstlied, Jazz und Pop Eckpfeiler sind. Dabei fing alles mit einer klassischen Klavierausbildung an. Daraus entstand eine innige Liebe zu den Klavierkonzerten von Brahms. Als Heranwachsende flirtete sie dann sogar mit HipHop, was für eine offene Herangehensweise an Musik spricht. Heute arbeitet die vielseitig begabte Künstlerin neben Kompositionen für Fernseh- und Kinofilme auch an eigenen Songs, von denen jetzt eine Sammlung als "Small Friendly Giant" unter dem Künstlernamen Anna.Luca erscheinen. Bei der Realisierung halfen ihr Roman Babik am Klavier, der Bassist Sebastian Räther und Yonga Sun am Schlagzeug mit einfühlsamen Verzierungen.

    Auf diesem dritten Werk verarbeitet Anna.Luca Kindheitserinnerungen und lässt sich von ihrer Sehnsucht nach dem ungezähmten Meer inspirieren. Sie sagt, die Faszination für den Ozean liegt darin, dass der Horizont eine stoische Gleichgültigkeit ausstrahlt, egal wie aufgewühlt das Wasser ist. Die Entstehung von "Hallonsommar" war nicht nur vom Tod des Großvaters, sondern auch von der Geburt des ersten Kindes beeinflusst. Entsprechend taumelt das auf schwedisch vorgetragene Jazz-Chanson zwischen Nachdenklichkeit und Zuversicht. Anna Lucas Stimme besitzt die Gabe, auch unterschwellig Kraft und Hoffnung zu transportieren, so dass bei ihr selbst ernste Momente nicht in Dunkelheit versinken.

    Der Gesang von "Hot Earth" lässt vermuten, dass die Künstlerin sowohl Tim Buckley wie auch John Martyn kennt. Sie moduliert ihre manchmal eingestreuten, kurzen wortlosen Vertonungen zumindest in einer ähnlicher Form wie die legendären Troubadoure. Aber diese Abschnitte sind relativ kurz. Überwiegend gibt es hier starken, klaren Jazz-Gesang zu hören, der sich selbstbewusst und überzeugend in Szene setzt. "Lost City" kombiniert stoische Minimal-Art-Elemente mit quicklebendigen Jazz-Grooves. Ruhende Pole sorgen dafür, dass der Song immer wieder neu aufgebaut werden kann, was der Dynamik zugute kommt.

    "The Giant" frönt dem Cabaret und dem dramatischen Musical. Das Lied besitzt den Eifer eines ernsten Schauspiels und die Sperrigkeit einer Kurt Weill-Komposition, wirkt also streng und bedeutungsschwer. Für "Take Your Armor Off" wird das Tempo erhöht, der Gesang verhält sich aber reserviert und bleibt abwartend. Den Mittelteil des Stückes nimmt eine Improvisation ein, die dafür sorgt, dass der Ablauf stockt. Es kommt danach zu einem Neustart, der den Track auf anderen Wegen als zu Beginn zum Ziel führt.

    Bei "Sea Of Sorrow" kommt die klassische Ausbildung von Anna Luca besonders auffällig zur Geltung. Der Song beginnt romantisch-ausgeglichen, zeigt aber auch aufgewühlt-hektische Seiten. Diese gemischten Gefühle halten den Track lebendig und verlangen den Musikern eine große Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten ab. Holzhäuser verströmen eine besondere, behagliche Atmosphäre. "House Of Wood" steht aber eher für Abwechslung und Spritzigkeit. Die Komposition weist durchaus zeitweise eine Nähe zum Jazz-Rock aus. Aggressivität, intellektuelles Handeln und kontrastreiche Überleitungen stehen im Mittelpunkt des Stückes.

    Wenn Klassik und Jazz in Liedform aufeinander treffen, kann es peinlich kitschig und künstlich werden. Häufig degeneriert solche Musik zu biederer, lustloser Bildungsbürgertum-Unterhaltung. Das mündet dann quasi in pseudointellektuelle Rotweinmusik fürs Feuilleton. Bei dem ähnlich zusammengesetzten "All Long Gone" kommt es allerdings nicht zu solchen Anwandlungen, weil die jeweiligen Strömungen nicht bierernst und akademisch eingesetzt werden. Vielmehr werden die Stärken der Stile herausgearbeitet und diese forsch miteinander verknüpft.

    "Follow The White Rabbit" klingt, als würde skandinavische Folklore in die Komposition eingebunden werden, denn die zur Schau gestellte Fröhlichkeit findet sich selten im Jazz und in der Klassik. Auch in diesem letzten Stück wird klar, dass es Anna.Luca nicht darauf ankommt, das herkömmliche, angesagte, ein großes Publikum ansprechende Konzept von Jazz,- Chanson- und Klassik-Liedern zu reproduzieren. Sie findet eine Nische, in der sie sich ausgezeichnet darstellen kann und ihre Talente optimal einsetzen kann. Genregrenzen ignoriert sie standhaft und erfindet deshalb einen Sound, dessen Bestandteile zwar bekannt sind, in dieser Zusammensetzung aber dennoch frisch und hörenswert klingen.
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    Serpentine Prison Matt Berninger
    Serpentine Prison (CD)
    Nov 14, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Zeitlos schön und künstlerisch wertvoll!

    Früher war mehr Provokation, mehr Kontrast, mehr extrovertierter Aufruhr. Aber in Matt Berningers Kompositionen steckte auch schon immer das Gespür für tiefschürfende Erkenntnisse, ergreifende Emotionen und zeitlos schöne Melodien, die er mit seinem einnehmenden Bariton zu Hymnen aufwertete. Mit den 1999 gegründeten The National reifte er rasch zum eigenständigen, besonderen Songwriter heran, der mit einem Fuß im experimentellen Art-Pop und mit dem anderen in traditionellen Roots-Rock-Bereichen steht.

    Aber warum musste jetzt ein Solo-Album produziert werden, hätten die entwickelten Ideen nicht auch mit The National umgesetzt werden können? Eigentlich war zunächst ein Cover-Versionen-Album geplant. Der Produzent Booker T. Jones (ex-Booker T. & The MG`s, größter Hit: "Green Onions") favorisierte aber die parallel geschriebenen eigenen Songs von Matt und so entstand mit Hilfe von etlichen Gastmusikern der aktuelle Song-Zyklus.

    Auf "Serpentine Prison" singt Matt stets ruhig, gelassen, souverän und anrührend. Er mutiert mehr und mehr zum reifen, keinem Genre direkt zuordenbaren, introvertierten Songwriter und befindet sich dabei in guter Gesellschaft mit z.B. M.C. Taylor von Hiss Golden Messenger, Bill Callahan, Bonnie "Prince" Billy, Sufjan Stevens oder Kurt Wagner von Lambchop.

    Matt Berningers Entwicklung ist grob mit der von Nick Cave zu vergleichen. Der Australier begann musikalisch ungestüm mit The Birthday Party und zelebrierte am Anfang seiner Karriere wilde Anarcho-Punk-Blues-Gemetzel. Nach und nach traten jedoch seine Crooner-Qualitäten zu Tage, die er authentisch, intensiv und subtil, auf jeden Fall aber auch nachhaltig und ausdrucksstark auslebte. Berninger war zwar nie so extrem wild, aber in ihm pochte auch ein Rock & Roll-Herz. "Serpentine Prison" zeigt jetzt einen abgeklärten und kultivierten Musiker. Ihn mit seinen grade mal 49 Jahren altersweise zu nennen, ist nicht despektierlich gemeint, sondern soll ausdrücken, wie durchdacht und souverän seine Musik wirkt. Seine Erfahrung führt jedoch nicht zu erstarrender, lähmender Routine, sondern begleitet den kreativen Prozess mit Übersicht und Intelligenz.

    So erscheint der Opener "My Eyes Are T-Shirts" im zurückhaltenden Erzählstil und wird durch ethnische Trommeln geerdet. Rauschhafter Folk-Jazz bestimmt die instrumentale Begleitung, die den Track beinahe frei fließend, sehnsüchtig und jauchzend begleitet, als würde er sich in dämmrigem Licht zurecht finden müssen.

    Die selbstbewussten Riffs auf der akustischen Gitarre kündigen bei "Distant Axis" dann doch einen gewissen Rock & Roll-Antrieb an. Das Stück enthält üppige Passagen, die es größer erscheinen lassen, als es in Wirklichkeit ist. Im Kern verbirgt sich nämlich ein ruhiger Folk-Song hinter der Fassade, der seine Verletzlichkeit nur notdürftig kaschieren kann.

    Wenn es besonders bedauernswert klingen soll, dann singt Matt für das locker swingende "One More Second" so leidend wie Stuart A. Staples von den Tindersticks. Aber der Song versinkt nicht im Jammertal, sondern lässt miterleben, wie der Sänger allmählich aufblüht, Kraft tankt und sich zu neuen Taten aufschwingt. Das kann überzeugend vermittelt werden, weil Booker T. Jones dem Stück einen erhebenden Southern-Soul-Groove verordnet. Berninger möchte den Song laut eigener Aussage als Antwort auf Dolly Partons "I Will Always Love You" verstanden wissen. Er wollte nämlich einfach ein verzweifeltes Liebeslied schreiben, das gut beim Auto fahren klingt. Das ist der Hit der Platte!

    Wenn Country & Western auf Irish-Folk und Late-Night-Jazz trifft, dann kann kommt dabei sowas wie "Loved So Little" raus. Nämlich ein nachtgrauer Song, der seine Geheimnisse nicht vollständig preis geben möchte, ständig zum Licht strebt und sich dabei erfindungsreich treiben lässt.

    Der nüchterne Duett-Gesang von Gail-Ann Dorsey (aus David Bowies Band) tut "Silver Springs" gut. Dadurch erhält das Lied eine stützende und ablenkende Klangfarbe, die den Eindruck einer konzentrierten Gesamtleistung unterstützt. Und das, obwohl Berninger bei dieser Vielseitigkeitsprüfung die Fäden in der Hand behält. Der Track weckt zahlreiche Assoziationen: Dem Ur-Americana-Sound von The Band wird gehuldigt, Bar-Jazz klingt an, Blues-Wurzeln kommen zum Tragen und Pop-Strukturen werden genutzt, um Harmonie zu etablieren.

    "Oh Dearie" könnte all jenen gefallen, die sich am Folk-Noir von Mark Lanegan nicht satt hören können. Das Stück strahlt trotz aller Melancholie eine tröstende Stimmung aus. Eine gleichförmig gepickte akustische Gitarre sorgt für Ausgeglichenheit und ein unaufdringliches Piano setzt erhellende Duftmarken. Ein zartes Schlagzeug und ein kaum wahrnehmbares, verbindendes Cello bereiten außerdem einen fruchtbaren Nährboden, auf dem sich Matts Bariton attraktiv ausbreiten kann.

    "Take Me Out Of Town" sucht den Schulterschluss zwischen eingängigem Pop und anspruchsvollem Roots-Rock. Hierzu kreieren die Musiker eine sanft rollende Gänsehaut-Ballade, die noch durch exquisite Einzelleistungen der Instrumentalisten aufgewertet wird. Es bleibt introvertiert: Für "Collar Of Your Shirt" wird Matts Stimme prominent in den Vordergrund und die Mitte des Klangbildes gesetzt. Trotzdem wirkt die Erscheinung des Liedes demütig und uneitel. Entsprechend feingliedrig unterstützen die Gäste diesen meditativ ablaufenden, an Kammermusik angelehnten Song.

    Mit "All For Nothing" baut Berninger eine Pop-Sinfonie auf, die das ganze Seelenleid der vorangegangenen Stücke in sich vereint und deshalb absichtlich pathetisch sowie relativ kurz gehalten wird. Alles andere wäre dem bisherigen Verlauf nicht gerecht geworden. Es musste irgendwann eine Konzentration auf die ausgelebten Empfindungen geben. Nun ist alles gesagt und getan, Normalität darf sich wieder einstellen. Deshalb kann das Titelstück auch keine neuen Akzente mehr setzen. Der Track glättet nur die Wogen und lässt das Album unspektakulär ausklingen. Berninger kümmert sich dabei nicht um die Schaffung von Innovationen, sondern sucht lediglich einen homogenen Weg zwischen Pop, Folk und Soul. Auf diesem wird der Hörer zurück in den Alltag begleitet. Der Kreis ist geschlossen.

    Der Solo-Ausflug von Matt Berninger macht Sinn. Hier hat er Gelegenheit, sein Ego zu pflegen, aber auch künstlerisch seinen weiteren Weg auszuloten. Unter welchen Bedingungen kann es mit The National weitergehen? Soll die eigene Karriere nebenbei weiterlaufen oder zum Hauptbetätigungsfeld werden? Das sind weichenstellende Fragen, die sicher nach der Fertigstellung von "Serpentine Prison" klarer zu beantworten sind. Egal wie entschieden wird, wichtig ist, dass uns Matt Berninger auch in Zukunft als Aktivposten erhalten bleibt.
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    Nov 14, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Mit Cover-Versionen zurück zu alter Stärke!

    Um eine Cover-Version interessant zu gestalten, kommt es nicht darauf an, das Original möglichst genau nachzuspielen. Ganz im Gegenteil! Viel wichtiger ist eine eigene Interpretation oder das Herausstellen der Essenz der Vorlage. Mit "TRIP" hat sich Kurt Wagner von Lambchop genau diesen Aufgaben gestellt. Im Herbst 2019 entschied er, statt auf Tournee zu gehen, sich mit den Bandmitgliedern in Nashville zu treffen, um eine Platte aufzunehmen. Das Konzept dafür war, dass jeder eine Fremdkomposition vorschlagen sollte, die dann innerhalb eines Tages fertig gestellt werden sollte. Wagner selbst wollte sich weitmöglichst aus dem Entstehungsprozess heraus halten und nur als beteiligter Musiker teilnehmen, nicht als Band-Leader.

    Schlagzeuger Matthew McCaughan wählte "Reservations" von Wilco aus dem "Yankee Hotel Foxtrot"-Album von 2002 aus. Der Song setzt sich aus psychedelischem Pop und spielerisch-experimentellen Improvisationen zusammen, deren Aneinanderreihung über sieben Minuten lang entwickelt wird. Die Stimmung ist gedrückt, erfährt aber durch den Gesang auch partielle Aufhellungen. Inhaltlich lässt sich darüber streiten, ob es um Depressionen und/oder Beziehungsprobleme geht.

    Lambchop dehnen das Stück auf dreizehn Minuten aus, wobei der lautmalerische Teil den größeren Raum einnimmt. Das lässt jetzt vermuten, das Ergebnis sei recht schwierig zu hören oder chaotisch zusammengesetzt. Schließlich waren die letzten beiden Lambchop-Alben "FLOTUS" (2016) und "This (Is What I Wanted To Tell You)" (2019) ja recht bizarr und seltsam geworden. Aber die Neuinterpretation stellt die Schönheit und Anmut des Liedes heraus, wobei diese Attribute zerbrechlich anmuten. Die integrierten Tondichtungen bilden auch hier einen unüblichen Kontrast, denn sie bewegen sich nahe am Stillstand. Es wird aber klar, dass eine Kombination von Komposition und Improvisation als Ganzes durchaus befruchtend sein kann und beide Bestandteile nebeneinander ihre Berechtigung haben können. Dennoch würde jeder Marketing-Experte, der für die Vermarktung von Musik zuständig ist, diesen Opener als kommerziellen Selbstmord bezeichnen.

    "Where Grass Won`t Grow" ist ein klassischer Country-Song, der sich mit dem entbehrungsreichen Leben der Landbevölkerung auseinander setzt. Er wurde vom Nashville-Songwriter Earl "Peanut" Montgomery 1968 geschrieben und von George Jones 1970 zum Hit gemacht. Jones verleiht dem Titel auf seine unvergleichliche Art und Weise sowohl Demut wie auch Empathie, denn er füllt die Töne aufgrund des zarten Schmelzes in seiner Stimme mit Wärme, Wehmut und Schmerz aus.

    Der Pedal-Steel-Gitarrist Paul Niehaus, der auch bei Calexico und den Silver Jews spielt, hat den Song ausgesucht und spricht davon, dass dieser quasi aus Mitleid, Pech und Erlösung besteht. Die Lambchop-Ausführung fußt auch auf Country-Grundlagen, ist allerdings noch entspannter als die Hit-Version, steht dieser aber hinsichtlich der verführerischen Süße in nichts nach. Wagner und seine Instrumentalisten harmonieren perfekt miteinander und bilden eine verbundene Einheit. Das lässt an die Country-Folk-Ausflüge von The Grateful Dead auf "Workingman`s Dead" (1970) denken.

    Szenenwechsel: "Shirley" von den Mirrors ist ein Power-Pop-Song, der im Velvet Underground-Rhythmus-Gewand steckt. Bassist Matt Swanson entdeckte den Track auf einer Zusammenstellung von lokalen Bands aus Cleveland, die Mitte der 1970er Jahre aufgenommen wurden. "Shirley" besitzt noch eine zweite Komponente, denn nach dem kraftvoll zupackenden Hauptteil wird das Stück behutsam, mit sphärisch-kosmischen Anklängen zu Ende gebracht.

    Die Cover-Version stellt diese Aspekte deutlich heraus: Der Pop-Bereich ist straffer und optimistischer. Der weichgezeichnete Schluss führt hier nicht in den Weltraum, sondern in die Weite der Prärie.

    Stevie Wonder hatte von 1972 bis 1976 seine kreativste und produktivste Phase. In dieser Zeit entstanden mit "Music On My Mind" (1972), "Talking Book" (1972), "Innervisions" (1973), "Fullfillingness` First Finale" (1974) und dem Doppelalbum "Songs In The Key Of Life" (1976) innovative Meisterwerke, die in jede bessere Platten-Sammlung gehören. "Golden Lady" von "Innervisions" wurde vom Schlagzeuger Andy Stack vorgeschlagen. Er wollte ein ernstes Liebeslied bestimmen, um tief empfundene Zärtlichkeit auszudrücken Aber die Erkenntnis war, dass dafür wohl immer auch etwas Melancholie mitschwingen muss. So wie bei "Golden Lady".

    Die Neuauflage schafft mit der Dampflok-artigen Rhythmus-Arbeit zunächst eine kühle, mechanische Basis. Gegen diese distanzierenden Takte lehnen sich die Musiker mit gefühlvollen Piano- und Saiten-Zutaten auf. Kurt Wagner spielt den geheimnisvollen Minnesänger, der seine Stimme leicht, aber nicht atonal verfremdet und so nur seine wahre Identität verschleiert. Anonymität schützt - auch vor nicht unter Kontrolle zu bringende Gefühlsregungen.

    "Love Is Here And Now Is Gone" ist ein Lied aus der Motown-Songschmiede um Holland / Dozier / Holland, das 1967 für die Supremes ein Nummer-1-Hit war und 1972 die B-Seite der Single "Rockin` Robin" von Michael Jackson zierte. Die Komposition besitzt nicht unbedingt die Qualität der ganz großen Songs aus der Detroiter Hit-Fabrik, die damit warb, den Sound des jungen Amerika zu präsentieren.

    Aber der Pianist Tony Crow fand das Stück passend. Die Interpretation von Lambchop macht deutlich, dass man aus einem Durchschnitts-Track nicht unbedingt einen außerordentlich spannenden Song machen kann. Immerhin werten sie den Track durch eine große Portion Ausgelassenheit noch auf.

    Der Musiker James McNew ist nicht nur ein Freund der Gruppe, sondern auch Mitglied der Alternativ-Rocker von Yo La Tengo. Er sendet Kurt Wagner ab und zu neue Ideen, um sich mit ihm auszutauschen. Dazu gehörte auch der "Weather Blues", der bisher unveröffentlicht ist. Wagner hat eine innige Beziehung zu diesem Lied, weil er es mit magischen Momenten verknüpft, die er am Sterbebett seiner Mutter erlebte. Entsprechend eindringlich, innig und ergriffen singt er diese Ballade. Die Pedal-Steel-Gitarre von Paul Niehaus weint dazu bittere Tränen, die akustische Gitarre sondert tröstendes Picking ab, das Piano perlt beinahe zuversichtlich und der Bass grummelt betroffen.

    Mit "TRIP" nehmen Lambchop quasi den Anschluss zu "Mr. M" von 2012 auf, das dem Singer-Songwriter Vic Chesnutt gewidmet war. Er war ein Freund von Kurt Wagner und sein Freitod traf den Lambchop-Chef schwer. "TRIP" zeigt Lambchop wieder intim, versöhnlich und ausgeglichen. Die Experimente mit verstellter Stimme sind nur noch schmückendes Beiwerk und nicht mehr Selbstzweck. Dennoch ist das Werk weit weg vom Americana-Mainstream. Es ist detailreich, fordert Aufmerksamkeit, schärft die Sinne für ungewöhnliche Arrangement-Details und belohnt dafür mit wirkungsvoll nachhallenden Emotionen und ungewöhnlichen Einfällen. Das Werk ist ein Garant für interessante Hörerfahrungen.
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    After The Great Storm After The Great Storm (CD)
    Nov 10, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    4 of 5

    "After The Great Storm" ist eine auf angenehme Weise leicht verstörende Platte geworden, die man sich erarbeiten sollte.

    Ane Brun gehört zu den Personen, bei denen aufgrund ihrer Biographie eine Hinwendung zur Kunst nicht zufällig, sondern beinahe notwendig oder unvermeidbar erscheint. Geprägt durch die Mutter - die Jazzsängerin und Pianistin Inger Johanne Brunvoll - spielte Musik und Kunstverständnis eine große Rolle in der Familie. Aufgrund dieser "schöngeistigen, gestalterischen Vorbelastung" wurde der ältere Bruder Björn womöglich Fotograf und die jüngere Schwester Marie Kvien auch Sängerin.

    Ane wurde 1976 in Molde (Norwegen) geboren und verließ 1995 ihren Heimatort, um zwischen Barcelona, Oslo und Bergen zu pendeln. Während ihres Studiums in Bergen begann sie mit dem Schreiben von eigenen Songs, die sie erstmalig 1999 als Demo-Versionen aufnahm. Danach zog sie nach Schweden, wo etwa ab 2001 das Musizieren einen ernsthafteren Hintergrund bekam. 2003 nahm das Talent das Debütalbum "Spending Time With Morgan" auf und tourte danach intensiv durch ganz Europa. Nach einer erschöpfungsbedingten Pause kam die Karriere mit dem zweiten Album "A Temporary Dive" von 2004 und gemeinsamen Arbeiten mit z.B. Ron Sexsmith oder Teitur, die auf "Duets" 2005 zusammengefasst wurden, so richtig in Fahrt.

    "A Temporary Dive" beinhaltete schon alle Facetten, die die Musik von Ane Brun auszeichnet. Dazu gehört erzählerische Stärke, die dem Folk-Einschlag geschuldet ist und eine klare, überwiegend melancholisch geprägte Stimmlage, die Intimität genauso wie Zuversicht ausdrückt. Dann kommen noch kammermusikalisch-mystische Begleitungen zum Tragen, die das Experimentelle des Folk-Jazz mit den warmen, reifen Tönen des Adult-Pop verschmelzen. Und das alles wird von Melodien umgeben, die verschlungen-düster, aber auch anheimelnd-sanft sein können.

    Bis 2018 erschienen etwa ein Dutzend weitere Studio- sowie Live-Aufnahmen und Zusammenstellungen, die den exzellenten Ruf der vielseitig begabten, sensiblen Musikerin festigten und sie unter anderem im Umfeld von Peter Gabriel auftauchen ließ.

    In 2020 wird es gleich zwei neue Studio-Alben geben, die eigentlich als Doppelalbum erscheinen sollten. Aber durch die Pandemie hatte die Musikerin Zeit, das Konzept zu überdenken und sortierte die Stücke so, dass sie zwei unterschiedliche Ausrichtungen abdecken: Am 27. November 2020 erscheint "How Beauty Holds The Hand Of Sorrow", aber zunächst erblickt "After The Great Storm" am 30. Oktober 2020 das Licht der Öffentlichkeit.

    Diese Werke beinhalten die ersten Eigenkompositionen seit "When I`m Free" aus 2015. Der Grund für die lange Auszeit lag in der Trauer, die nach dem Tod des Vaters im Jahr 2016 bewältigt werden musste. Eigentlich bezieht Ane sonst alle ihre Erlebnisse in den Kompositionsprozess ein, aber in diesem Fall war sie wie gelähmt. Die Zeit musste Wunden heilen und erst im Sommer 2019 gelang es der Künstlerin, diesen Schicksalsschlag in Kreativität umzulenken.

    Die neuen Songs auf "After The Great Storm" scheinen im Prinzip einen Kampf zwischen Rationalität und Emotionalität auszufechten. Die exakt getakteten Drums stehen dabei als Beispiel für das berechenbare Element, während die schwelgenden Streicher oder Keyboards einen Hang zur sphärisch-übersinnlichen Wahrnehmung verkörpern. Ane Brun nimmt sich Zeit dafür, ihre Ideen wirken zu lassen. Die Songs sind jeweils über vier Minuten lang.

    Zwischen der edlen, delikaten Eleganz von "A Temporary Dive" und dem im Vergleich dazu unruhigen, mit Elektronik-Einschlag durchzogenen "After The Great Storm" scheinen Welten zu liegen. Denn die Laufzeit der Lieder wird nicht vorrangig dazu benutzt, um innere Einkehr herzustellen, sondern tendenziell dazu, einen verbindenden Groove zu generieren.

    So wie im Opener "Honey", wo hypnotische Rhythmen über sechs Minuten hinweg generiert werden, um einen Trance-ähnlichen Zustand zu erzeugen. Der flehentlich-durchdringende Gesang sorgt flankierend dazu für emotionale Spannung.

    Nicht so hektisch, stattdessen eher mystisch-verklärt zeigt sich das Titelstück "After The Great Storm". Dramatische Streicher und monotone Synthesizer-Klänge in Dauerschleife erzeugen einen aufgebauschten und suggestiven Sound.

    Belebend swingende Drum-Sounds sorgen bei "Don’t Run And Hide" für einen jugendlichen Pop-Appeal, der sich im Wesentlichen der bekümmerten Grundstimmung unterordnen muss. Das ist ein weiteres typisches Beispiel für die erwähnte innerliche Zerrissenheit, die den Stücken innewohnt. "Crumbs" könnte aus dem Dark-Wave der 1980er Jahre stammen: The Human League, The Cure oder auch This Mortal Coil kommen bei dem verschleierten Chanson in den Sinn.

    Für "Feeling Like I Wanna Cry" experimentiert Ane mit Break-Beats, singt aber trotzig mit dem Mut der Verzweiflung gegen die aufkommende Disharmonie und bedrohliche Dunkelheit an. Dabei stehen ihr wohlwollende Mächte in Form eines brummenden Basses und aufmunternd wehende künstlich erzeugte Schwebe-Klänge bei.

    Treibend-fordernde Elemente der Electronic-Dance-Music, die im Zaume gehalten werden, bestimmen die Stimmung von "Take Hold Of Me". In Verbindung mit dem introvertierten Gesang hört sich das unbequem an. Das ist die angenehme Form des Querdenkens, weil hier wirklich Erwartungen aufgebrochen und neue Horizonte auf Basis von Fakten und Erfahrungen geöffnet werden!

    Die Ballade "Fingerprints" verbindet Kammermusik mit Electro-Pop. Es kommt dem Stück zugute, dass es über sieben Minuten lang ist. Denn es dauert eine Weile, bis der Song sein süßes Gift so zielgerichtet versprüht hat, dass es den Hörer in seinen Bann zieht. Aber dann ist die Wirkung nachhaltig und betört die Sinne. Die hier erzeugte düster-unheimliche Atmosphäre erinnert an Hits von Procol Harum wie "A Salty Dog".

    Bei "The Waiting" fallen weitere selbstbewusste Frauen ein, die auch im Zusammenspiel von kühler Elektronik, emotionalem Gesang und sinnlich-harmonischer Melodik ihre Mitte gefunden haben: Joan As Police Woman und Sophie Hunger. Das mahnende "We Need A Mother" bildet einen künstlerisch schlüssigen Abschluss. Hier begegnen sich anspruchsvolle Art-Pop-Sequenzen sowie rührende Gesangseinlagen, die direkt zu Herzen gehen. Und so manifestiert sich nochmals der Eindruck einer tiefen Sinnkrise, die in Noten gefasst wurde, um verarbeitet werden zu können.

    Für "After The Great Storm" besinnt sich Ane Brun manchmal an Begebenheiten aus der Vergangenheit, die schöne Erinnerung hervorrufen. So wie eine Kassette, die im Alter von 18 Jahren für eine Brieffreundin aufgenommen wurde ("Honey") oder Reminiszenzen an die Tanzmusik, die sie in ihrer Jugend hörte ("Take Hold Of Me"). Neben der Nostalgie geht es dann auch wieder um Rationalität, was das Blühen und Vergehen von Blumen im Video zu "Feeling Like I Wanna Cry" symbolisieren.

    Das Werk hinterlässt unter Umständen immer dann zunächst einen zwiespältig-kantigen Eindruck, wenn die Erwartungshaltung an eine akustische, harmonisch überfließende Ane Brun geknüpft ist. Lässt man aber einfach den suchenden, mit sich ringenden Aspekt auf sich wirken, dann offenbart sich eine Künstlerin, die bewusst jeder Festlegung aus dem Weg gehen will und auf ihre Instinkte hört, den Moment auskostet und ihren Ideen freien Lauf lässt.

    Dafür bedarf es einer mutigen Haltung und es erfordert einen freien Geist. "After The Great Storm" ist also eine auf angenehme Weise leicht verstörende Platte geworden, die man sich erarbeiten sollte.
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    Hard Times (CD)
    Nov 8, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Skandinavische Americana in Deluxe-Form!

    Der schwedische Singer-Songwriter Kristofer Åström ist stets gespannt darauf, wie seine Kompositionen interpretiert und ausgelegt werden. Sein zehntes Studioalbum "Hard Times" wird von der Single "Inbetweener" eingeleitet, die im Vorfeld der Veröffentlichung von seiner Tochter Astrid beurteilt werden sollte. Statt in Worten drückte sie ihre Ansicht in einer Zeichnung aus, die das Cover des Werkes ziert. Darauf ist ein schöner, anmutiger, schlanker Hundekopf zu sehen, der aus einem Hemd heraus ragt. Der Hund strahlt Stolz, Eleganz, Wehmut und Freundlichkeit aus.

    Was für eine ausdrucksstarke Skizzierung, die ja sinnbildlich zumindest einen Track charakterisieren soll: "Inbetweener", der über sechsminütige Song zum Bild weist klare Strukturen, locker fließende Folk-Rock-Akkorde und warmherzig-leidenschaftliche Melodie-Linien auf. Die Besetzung aus Bass, Schlagzeug, E-Gitarre und Orgel erzeugt eine gelassene, aber dennoch wache Stimmung mit viel Soul zwischen den Noten. Außerdem gibt es wirkungsvoll eingeschobene, raffinierte instrumentale Delikatessen zu hören, die gezielt zur Aufmerksamkeitssteigerung eingesetzt werden. Kristofers Stimme tariert dabei Leidenschaft und Besinnlichkeit perfekt aus. Ein begeisternder Opener!

    Das sich anschließende "In The Daylight" klingt in etwa so, als würden Nick Cave und The Jayhawks gemeinsam musizieren. Die Essenz einer dunklen Piano-Ballade geht in Verbindung mit einem liebevollen, edlen Country-Rock eine heilige Allianz ein.

    Und mit "Our Thing" scheinen sogar die Country-Rock-Pioniere The Flying Burrito Brothers um Gram Parsons und Chris Hillman wieder auferstanden zu sein. So eindringlich-sinnlich ist dieser romantisch-verträumte Country-Got-Soul-Beitrag geworden.

    Das intim-intensive "Another Love" wird vom verzehrenden, bitter-süßen Duett-Gesang von Kristofer und Britta Persson durchdrungen. Als Begleitung dient lediglich eine akustische Gitarre. Diese Reduzierung auf das Wesentliche sorgt für besonders eindringliche Emotionen. Das Duo ist fokussierter als Nancy Sinatra & Lee Hazlewood, aber ebenso ergreifend. Nicht so düster wie Mark Lanegan & Isobel Campbell, aber genauso intensiv. Sie sind nicht so poppig wie Sonny & Cher, aber mindestens so melodisch. Die Beiden beschwören eigentlich den innigen Geist von Emmylou Harris & Gram Parsons herauf, dem ersten Traumpaar des Country-Rock. Die Luft knistert bei "Another Love" vor erotischer Spannung und die Kompositions- und Arrangierkunst feiert einen Triumph, der auf effektiver Reduktion beruht. Das ist meisterlich und wunderschön!

    "What´s Dangerous" bringt das Kunststück zustande, unglaublich aufbauend und aufmunternd zu klingen, obwohl kein hohes Tempo vorgelegt wird. Das Stück ist eingängig, verliert sich aber nicht in Beliebigkeit. In einer besseren Welt könnte der Titel die Charts aller an anspruchsvollem Pop interessierten Menschen anführen, die ansonsten The Beatles, Tom Petty, Big Star oder Joseph Parsons favorisieren. Wohlfühl-Roots-Pop der Güteklasse A!

    Der Walzer "And Then She Moved On" nimmt die Betrübten warmherzig an die Hand und signalisiert ihnen, dass sie mit ihrer Traurigkeit nicht alleine sind. Bei "Nowhere In Sight" bleibt es gemütlich und harmonisch. Mit ordentlich Hall auf der Stimme croont sich Kristofer durch diesen langsamen, kuscheligen Country-Folk, der bestens zur dunklen Jahreszeit passt. Der kratzige Rocker "Night Owl", der im Geiste von Neil Young epische Weiten und erhabene Coolness demonstriert, schließt die normale Version von "Hard Times" ab.

    Das Bonusvinyl der limitierten LP-Auflage verfügt noch über vier zusätzliche Stücke: "Strength Of Love" hört sich an, als wäre der Titel Ende der 1960er Jahre im Künstlerviertel Laurel Canyon - oberhalb von Los Angeles gelegen - entstanden. So entspannt, sonnendurchflutet und nach individuellen Zutaten suchend, klingt dieser angenehm ins Ohr gehende Country-Rock. "Michelle" ist dagegen ein simpler Singalong-Folk-Pop, der nicht so richtig überzeugen kann, weil Überraschungsmomente fehlen.

    Als richtiger Country-Schmachtfetzen entpuppt sich "My Heart Breaks Again". Wenn die Töne den Gehörgang finden, können sie eventuell spontan dazu führen, dass ein paar Tränen ins Bier fallen, so berührend sind sie. "First Down" lässt phasenweise an das tiefenentspannte "Harvest Moon" von Neil Young denken, rumort aber im Gegensatz dazu manchmal knurrig-unzufrieden im Hintergrund.

    Die Platte verkörpert alle Tugenden, die Kristofers Tochter im Cover-Portrait untergebracht hat: Stolz, Eleganz, Wehmut und Freundlichkeit. Kristofer Åström bleibt hinsichtlich seiner Veröffentlichungs-Politik ein stabiler, anspruchsvoller Partner für seine Fans und die, die es noch werden sollen. Er liefert wieder einmal skandinavische Americana in Deluxe-Form ab!
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    Nov 8, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    BRTHR schaffen die Hürde des schwierigen dritten Albums souverän!

    Das viel zitierte schwierige dritte Album, das häufig Stillstand oder Neuausrichtung einer Karriere anzeigt, heißt bei BRTHR "High Times For Loners" und wurde im März 2020 kurz vor dem ersten Corona-Lockdown fertig gestellt. Es waren also vorwiegend künstlerische Überlegungen in das Konzept des Werkes eingeflossen, auch wenn sich der Titel wie eine böse Vorahnung anhört.

    Der Opener "Speak Loud (When You Speak Love)" verschmilzt charmant Bob Marley mit J.J. Cale und zeichnet das Duo wieder einmal als Meister der leichten, verführerischen Töne aus. Sie können aufgrund ihrer smarten Art und Weise mit solch einem launigen Song nahezu jeden sofort um den Finger wickeln. Und das funktioniert auch noch nach diversen Hördurchgängen.

    Das unterschwellig karibisch angehauchte "Strawberry Love" kommt wesentlich ruhiger daher. Der Song deckt die nachdenklichen Stimmungen kurz nach Sonnenuntergang ab, wenn dem Tag gedanklich nachgehangen wird.

    Der munter pulsierende Folk-Rock "High Times For Loners" bekommt psychedelische und funkige Anstriche und lässt so die Töne in vielen Farben funkeln. "Lonely Night" lebt dagegen von einer starken, schwebend-verzahnten Melodieführung, sich verführerisch-monoton wiederholenden Gitarrenlinien und einer ausgeglichenen Atmosphäre. Diese wird noch durch den sensiblen Gesang begünstigt und ergänzt. Die Ballade "House Of Love" verliert durch ein wie zufällig agierendes, Glanzpunkte setzendes Piano kurzzeitig seine Tristesse, weil der Melancholie dadurch eine mildere Ausrichtung verliehen wird.

    "No Other Thing" lässt sich treiben. Ist es ein Rausch oder ein Fiebertraum, in dem sich die Musiker grade befinden? Trotz der schläfrigen Grundstimmung verlieren die Akteure ihr Ziel nicht aus den Augen, sondern steuern präzise ihren Heimathafen an. Disziplin + Eingebung = Kreativität. "If That`s What You Want Me To" ergötzt sich am psychedelischen Folk-Jazz und punktet mit verschlungenen Tempo- und Lautstärke-Wechseln. Das erinnert an Tim Buckley, John Martyn, Fred Neil oder Ryley Walker. Gefällig und weich lockert "The Way It Is" im Gegensatz dazu die Stimmung unspektakulär und unkompliziert auf.

    Ein zunehmend zwingender Groove macht aus "Right Before Our Eyes" einen aufbegehrend-spannenden West-Coast-Rocker mit schwarzer Seele. Beim lieblich-versponnenen "San Diego" spielt sich dann ein stiller Kampf zwischen mystischen und romantischen Elementen ab, bei dem es keinen Sieger gibt.

    Die Koordinaten von Carole Kings "It`s Too Late" und "Why Can't We Live Together" von Timmy Thomas kreuzen sich bei "What Took You So Long". Dieser Hybrid aus Soul, Rock und Fake-Bossa-Nova ist unerbittlich und gleichmäßig getaktet. Der Song weist deshalb ein stabiles Rhythmus-Geflecht auf, das wie ein Uhrwerk funktioniert und dem Lied ein allgemeingültiges Unterhaltungspotential verleiht.

    Die Schwaben Philipp Eissler (Gesang) und Joscha Brettschneider (Gitarre), die den Kern von BRTHR (= Brother) bilden, wurden bei der Umsetzung vom Produzenten Max Braun am Bass und Johann Polzer am Schlagzeug unterstützt. "High Times For Loners" zeigt gegenüber "A Different Kind Of Light" von 2018 eine künstlerische Weiterentwicklung im Rahmen des bisher abgesteckten musikalischen Territoriums auf.

    Die neuen Lieder bieten unterm Strich mehr beschaulich-introvertierte als beschwingt-ausgelassene Momente. Existenzielle Themen bestimmen die Themen und legen sich oft merklich belastend auf die Klänge. Aber das gerät nicht zum Nachteil, denn am Ende siegt die Liebe. Das Album funktioniert grade deswegen als gut durchhörbares Gesamtwerk mit Tiefe, Ausdruck und Ideenreichtum. Auch mehrere Durchläufe konnten der Attraktivität der anspruchsvollen Songs nichts anhaben und somit ist das dritte Werk nicht zum Stolperstein, sondern zum kreativen Aufbruch in angepasste Ausdrucksformen geworden. Respekt für diesen Mut!
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    Feb 28, 2020
    Sound:
    4 of 5
    Music:
    4 of 5

    Die fragilen Lieder von Julia Biel weisen bei "Black & White, Vol. 1" auf Polarisierungen hin.

    Der Gesang von Julia Biel bevorzugt gerne mal höhere Stimmlagen, die leicht kratzig sowie empathisch eingesetzt werden und forschend ihren individuellen Weg suchen. Er pendelt sich dabei in etwa zwischen den Stimmfärbungen von Rickie Lee Jones und Amy Winehouse ein und lässt an die Ausdruckskraft einer Trompete denken. Das klingt mal gelassen-melancholisch und mal metallisch scharf. Auf diese Weise wird für Aufmerksamkeit gesorgt, wenn die eigentümlichen Klänge ihre unvorhersehbaren Bahnen ziehen. Die in London lebende Sängerin, Komponistin, Gitarristin und Pianistin mit südafrikanischen Wurzeln lässt sich stilistisch zwischen Jazz, Art-Pop und Soul nicht festlegen. Das unterstreicht auch der programmatische Titel „Black And White, Vol. 1“, der für das vierte Album gewählt wurde und auf strikt trennendes, Ungerechtigkeiten hervorrufendes Schubladendenken hinweist. Darüber hinaus sind die schwarzen und weißen Tasten des Pianos ein Bezugspunkt zum Titel, denn das Klavier ist in der jetzigen Konstellation der einzige Begleiter der gefühlsbetonten Lieder.

    Gesang und Tasten bilden dabei eine Zweckgemeinschaft zur Bewältigung der Spannung, die für die Beherrschung der Intimität aufgebaut wird: Das Instrument wird zur Beruhigung von aufgewühlten Situationen eingesetzt, kurbelt eine getragene Stimmung an oder sorgt für phantasievolle Übergänge. Ganz im Sinne der auf das Wesentliche reduzierten Songs, von denen sieben schon in vielfältigeren Instrumentierungen auf den ersten drei Werken der Künstlerin zu finden sind. „License To Be Cruel“ orientiert sich hier z.B. an dem Schwermut klassischer Klavierstücke und weist sowohl expressionistische wie auch romantische Motive auf.

    Die Vorlage von „Love Letters And Other Missiles“ aus 2015 wird im Gegensatz dazu von einer geheimnisvollen Aura umgeben, die als cool swingende, dunkle Mystic-Jazz-Nummer ausgeprägt ist. Die Stücke zeigen also musikalisch relativ breite Unterschiede auf. Die neuen, puren Variationen stehen dabei ganz im Glanz der Persönlichkeit der Musikerin, die eine verletzliche Seele und kreativen Mut bei der Umsetzung offenbaren. Davor war eher eine dynamische Teamplayerin gefragt, die ihre Kompositionen zum Nutzen der Songs unterstützt.

    Julia Biel lädt zur gepflegten und gleichzeitig sensibel anregenden Unterhaltung ein. Dazu bedient sie sich der meditativen Wirkung von poetischen Piano-Tönen und reichert diese durch eine sanft-sperrige Gesangsleistung an. Das führt zu einem kontrastreichen Vortrag, der von auffallender Individualität und ungezwungener Musikalität getragen wird.
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    Jan 17, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Emma Frank macht Musik, die schön und anspruchsvoll zugleich ist.

    Emma Frank wurde in der Nähe von Boston geboren, wo sie auch aufwuchs. Im Jahr 2006 zog sie nach Montreal in Kanada, um Literatur zu studieren. Nebenbei entwickelte sie sich zu einem wichtigen Teil der dortigen Jazz-Szene. In dieser Zeit entstanden auch zwei eigene Alben. 2015 kehrte die Sängerin in die USA zurück und machte New York zu ihrer neuen Heimat. Dort stellte die feingeistige, feinsinnige und vielseitige Künstlerin im Jahr 2019 mit „Come Back“ ihr viertes Solo-Werk fertig. In ihrer künstlerischen Ausrichtung brachte Emma Pop-Entspannung, Folk-Leichtigkeit und R&B-Grundierung in ihre Musik ein und hat nun eine luftige Folk-Jazz-Art-Pop-Dimension erreicht, die eine Einteilung in Genres überflüssig macht. Schon auf „Ocean Av“ aus 2018 arbeitete die nachdenkliche Musikerin mit dem kreativen Jazz-Pianisten Aaron Parks zusammen. Diese Symbiose wurde aktuell noch intensiviert und führte nicht zuletzt durch eine einfühlsame Band- Begleitung zu einer Sammlung von hinreißenden Ton-Gebilden.

    „I Thought“ ist lieblich und verführerisch schön. Diese Gefühle füllen Zeit und Raum voll aus und lassen keine Lücken für negative Schwingungen zu. Das ist Harmonie in Reinkultur, die die Sinne streichelt. Der Geist darf dabei aufmerksam und wach bleiben und wird sanft gestreichelt. Laura Marling und Bedouine fallen als Bezugsgrößen ein, ohne dass die Eigenständigkeit und Größe dieser ergreifenden Aufnahme in Frage gestellt wird. „Either Way“ von Wilco wird angemessen sowie gefühlvoll mit Wiedererkennungswert interpretiert und findet so seinen eigenen jazzig-romantischen Weg. Das Piano setzt klare Linien: Die Tasten werden verspielt, dabei jedoch deutlich angeschlagen, beinahe wie beim „Köln Concert“ von Keith Jarrett. Dadurch entsteht eine gewisse distanzierte Strenge. „Two Hours“ hat eine sakrale Seele, lässt einen großen, weiten Raum entstehen, der nur wesentliche, wichtige Inhalte enthält. Ein Effekt, der in ähnlicher Weise auch bei „House With No Door“ von Van der Graaf Generator Gestalt annimmt. Emmas Stimme verschmilzt mit den Piano-Klängen, so dass „Sometimes“ wie ein Duett zwischen zwei innig verbundenen Individuen klingt. Ein Zustand, der bei dem komplexeren „Promises“ auch auf die anderen Klangkörper übergreift. „Dream Team“ ist ein kurzes, kunstvolles Intermezzo mit lautmalerischer Stimme, dass den rhythmischen Jazz-Pop „See You“ einleitet, der in dieser melodisch anspruchsvollen Form auch von Norah Jones stammen könnte. „Lilac“ besitzt die Raffinesse vieler Aimee Mann-Kompositionen und die zerbrechliche Merkwürdigkeit der Lieder von Joni Mitchell, die entstanden, als sie noch im Laurel Canyon wohnte. Auch das zarte „Before You Go Away“ verfügt über eine seltsame, seltene Sensibilität, die den Song schutzbedürftig erscheinen lässt, damit er nicht in der rauen Welt beschädigt wird oder verloren geht.

    „Come Back“ lässt einige Referenzen, Einflüsse und Vorlieben erkennen, punktet mit kultivierter Kreativität und weist keinerlei Schwachstellen auf. Souveräne Lieder treffen auf einfühlsame Interpretationen und geschmackvolle Ausgestaltungen. So entsteht ein süßer Genuss ohne Reue. Die Songs transportieren in ihrer Grundform Geduld, Ruhe und Harmonie. Wie Landschaftsgemälde seien sie, so beschreibt Emma selbst ihre Schöpfungen. Die Kompositionen bekamen im Studio stützende Elemente von Streichern, Bläsern oder Keyboards zugewiesen, die ihnen die nötige Gestalt und Dynamik verleihen, um spezifische Aussagen und Gefühle treffend auszudrücken. Emma ist bei ihren Gesangsdarbietungen voll fokussiert. Dazu trägt bei, dass sich ihre Lebensumstände inzwischen gefestigt haben: Die 31jährige Musikerin ist verheiratet und hat ihre depressive, unsichere Phase überwunden. Diese Umstände wirken positiv auf die Lieder und lassen neben Empathie und Souveränität auch ein neues Selbstvertrauen erkennen. Für Emma Frank war es wichtig, ihre Mitte zu finden und irgendwo wirklich anzukommen. „Come Back“ legt Zeugnis darüber ab, dass es ihr gelungen ist.
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    Jan 11, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Einstimmung auf die Tournee: Nach fünf Jahren gibt es neues Material der innovativen neuseeländischen Reggae-Crossover-Formation Fat Freddy`s Drop.

    Zuerst eine gute Nachricht: Fat Freddy`s Drop aus Neuseeland sind ihrem Sound treu geblieben. So kann sich der Fan bei „Special Edition Part 1“ nach „Bays“ aus 2015 endlich auf eine neue Ausgabe mit einnehmenden, cool groovenden Dancefloor-Hits freuen. Die sechs Stücke beinhalten den ersten Teil eines Doppelalbums, dessen zweiter Teil auch noch im Jahr 2020 nach den über 35 angekündigten Shows in Neuseeland, Großbritannien und Europa veröffentlicht wird. Die Stücke „Raleigh Twenty“, „Trickle Down“ und „Six-Eight Instrumental“ wurden im heimischen BAYS-Studio in Wellington geschrieben und aufgenommen. Die restlichen Tracks („Special Edition“, „Kamo Kamo“ und „OneFourteen“) ergaben sich im Rahmen von Live-Jam-Sessions.

    Die Tanzmusik der siebenköpfigen Formation ist subtil und swingt ökonomisch. Es existiert kein halsbrecherisches Tempo und es werden keine effekthaschenden Verrenkungen unternommen, um den Songs den Groove mit der Brechstange einzuimpfen. Der ergibt sich wie von selbst auf leichtfüßige und elegante Weise, sofern der Hörer gewillt ist, dem Flow aufmerksam zu folgen. Fat Freddy`s Drop nutzen dabei bewährte organische Stilmittel aus Funk, Soul, Reggae und Jazz, um den Sound in die Beine gehen zu lassen. Die Musiker fügen modernere Elemente der Genres House oder Techno nur dann ein, wenn dadurch die Intensität gesteigert werden kann. Nicht als Selbstzweck, um jugendlich zu erscheinen.

    Spätestens nach zwanzig Sekunden, wenn Joe Dukies Gesang einsetzt, ist er wieder da, dieser typische, runde, mitreißende, dabei harmonische, vertraute Klang, der unweigerlich graue Wolken vertreibt und ein Fenster ins aktive Leben öffnet. Dabei geht „Kamo Kamo“ mit seiner Einleitung das Risiko ein, ungeduldige Hörer sofort wieder zu verlieren, denn der Titel definiert sich zunächst über Tonfolgen, die wie eine Hintergrundbeschallung für billige Jump & Run-Computerspiele klingen. Aber der nach der Ouvertüre einsetzende, souverän mild swingende Reggae-Rhythmus rettet dann nicht nur das Stück, sondern trägt mit seiner aufhellend optimistischen Stimmung dazu bei, so manchen trüben Tag vor der Bedeutungs- und Trostlosigkeit zu bewahren.

    Auch „OneFourteen“ fällt nicht mit der Tür ins Haus, sondern braucht Zeit, um eine entspannt-entschleunigte Atmosphäre zu schaffen, die die Außenwelt ausblendet und den geneigten Musikfreund auf eine sowohl anregende wie auch exquisit ausgestattete Reise mitnimmt. Der volle Bass, aufmerksam abgeschichtete Percussion, majestätische, selbstbewusste Bläser und gediegen ausschmückende Keyboards sorgen für geschmackvoll-anspruchsvolle Unterhaltung. Eine Computerspiel-Sound-Einleitung findet dann auch bei „Raleigh Twenty“ Anwendung. Das Lied ist vom Raleigh 20 Bike, einem BMX-Fahrrad aus den 1970er- und frühen 1980er-Jahren inspiriert und tummelt sich überwiegend im Big-Band-Fake- Jazz-Bereich. Es werden aber auch Funk-Elemente für die Erzeugung eines treibenden Taktes eingesetzt.

    Der Reggae-Jazz „Special Edition“ kommt leichtfüßig rüber und offenbart einen Hang zum eingängigen Pop, ohne dabei einen straffen Ablauf zu vernachlässigen. Hier werden Erinnerungen an die englische Ska-Band The Beat wach, die die Charts der frühen achtziger Jahre mit Songs wie „Mirror In The Bathroom“ (1980) oder „Save It For Later“ (1982) bereicherten. „Trickle Down“ weist hypnotische Züge auf, wie sie auf „Bays“ in den Stücken „Wheels“, „Fish In The Sea“ oder „Razor“ zu finden waren. Dub-Effekte sorgen hier zusätzlich für psychedelische Eindrücke. Das „Six-Eight-Instrumental“ nutzt ähnliche Konstellationen, kann aber wegen der schwachen Melodie und des uninspirierten Einsatzes von monotonen Synthesizer-Tönen nicht überzeugen. Davon abgesehen machen Fat Freddy`s Drop auch mit ihrer „Special Edition Part 1“ wieder vieles richtig und halten die Vorfreude auf „Part 2“ wach.

    Die Band geht im Frühjahr auf Tournee und macht auch in Deutschland halt. Sie kann auf ein reichhaltiges, abwechslungsreiches Repertoire zurückgreifen und dadurch mit Sicherheit ein pulsierendes Konzertereignis bieten. Es ist stark anzunehmen, dass es dann auch eine Begegnung mit den Tracks von „Special Edition“ geben wird.
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    A Beginner's Guide To Bravery David Keenan
    A Beginner's Guide To Bravery (CD)
    Jan 11, 2020
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    David Keenan ließ sich Zeit für sein erstes Album, überzeugt damit aber jetzt auf ganzer Linie.

    Um die Kunst von David Keenan richtig einordnen zu können, ist es notwendig, etwas über seine Biografie und Motivation zu erfahren. Der Musiker ist nahe der irischen Kleinstadt Dandulk aufgewachsen, die zwischen Dublin und Belfast an der Grenze zu Nordirland liegt. Politische Spannungen gehörten also stets zum alltäglichen Umfeld im Leben des Musikers. Reibungspunkte, Kontroversen und emotionale Ausnahmesituationen spielen wohl deshalb eine gewichtige Rolle in den Kompositionen des außergewöhnlichen Talentes. Dundalk mag nicht der Nabel der Welt sein, aber die Bedürfnisse, Ängste, Wünsche und Leiden der dort lebenden einfachen Leute lösten Assoziationen aus, die neben den Beziehungen zu feingeistigen Literaten wie Samuel Beckett den Weg zu den Song-Ideen ebneten.

    Eine obsessive Leidenschaft für die englische Brit-Pop-Combo The La`s gab schließlich den Anstoß für einen Umzug nach Liverpool, als er 17 war. Geldmangel zwang ihn dazu, dort als Straßenmusiker aufzutreten, was als Konsequenz seine Kommunikationsfähigkeit und sein Selbstvertrauen stärkte. Mit der Erkenntnis, dass eine aufopfernd-anstrengende Art zu musizieren nur mit Disziplin sowie geistiger und körperlicher Gesundheit aufrecht zu erhalten ist, kehrte er vor ein paar Jahren nach Irland zurück, verschickte Demo-Aufnahmen und brachte so seine Karriere allmählich zum Laufen.

    Seitdem entstehen seine mutigen, intensiv-schneidenden Schöpfungen, die von Leidenschaft, Wut, konstruktiver Melancholie und missionarischem Eifer geprägt sind. Und der Wahnsinn lugt auch manchmal um die Ecke. Davids ungebremst durchdringender Gesang lässt dabei Erinnerungen an David Gray, Kevin Coyne, John Martyn, Damien Rice, Jeff Buckley oder David Crosby aufkommen. „Ich möchte riskieren, alles auseinander zu reißen, um vielleicht etwas Neues zu entdecken, und ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen.“, hat er einmal in einem Interview betont und in diesem Sinne wirkt sein erstes Album, das hauptsächlich innerhalb von einer Woche in einer Situation zwischen Chaos und Ruhe in dem Hellfire Studio am Fuß der Dubliner Berge eingespielt wurde, abenteuerlich, drastisch, aufrichtig und bewegend.

    Die Eigenkomposition „James Dean“ wurde bereits 2018 auf der EP „Strip Me Bare, Vol. 2“ veröffentlicht und symbolisiert sowohl Zärtlichkeit wie auch Verwundbarkeit. Es geht inhaltlich um einen Traum, in dem die jung gestorbene Schauspieler-Ikone James Dean gesund und munter einem ruhigen Leben nachgeht: Er arbeitet für die irische Eisenbahn. Der schmerzlich-schroffe Folk-Song, der Solo zur verstärkten Gitarre vorgetragen wird, ist durch ausladende stimmliche Extravaganzen gekennzeichnet. So macht David gleich zu Beginn seines Werkes darauf aufmerksam, dass berechenbarer Mainstream nicht sein Ding ist.

    In voller Band-Besetzung, mit verlässlich aufmunternder Rhythmus-Abteilung und volksnaher, schmückender Geige ausgerüstet, hinterlässt „Unholy Ghosts“, das vollständig während einer Zugfahrt von Amsterdam nach Köln geschrieben wurde, oberflächlich ein schwungvolles Folk-Rock-Bild. Der Wille zum Aufbegehren und eine kritische Beobachtungsgabe lassen sich aber nicht andauernd unterdrücken: Die aggressiven Untertöne, die eine ungestüme Energie aussenden, können nicht zurück gehalten werden und so wird das Lied beinahe zum bersten gebracht.

    Im Video zu „Altar Wine“ geht es laut Regisseur Mark William Logan um die Dämonisierung des Weiblichen durch religiöse Institutionen, den Missbrauch unseres Planeten durch den Kapitalismus und das Trauma, das unsere Ahnen durch Unterdrückung an uns weiter geben. Schwere Kost also, die David dazu gebracht hat, sich quasi in Exorzismus-Manier auszutoben. Er berichtet jedenfalls davon, dass er sich noch nie so weit am Rande des Irrsinns bewegte - aber letztlich auch befreit gefühlt hat - wie beim Dreh zu diesem teils verstörenden Kurzfilm. Die Musik verhält sich dazu sowohl mystisch verhangen und poetisch verhalten wie auch rebellisch auflehnend.

    Die Ballade „Love In A Snug“ verharrt nicht in Sentimentalität, sondern präsentiert einen leidenden Sänger zwischen Tragik und Hoffnung. Diese nahegehende Berg- und Tal-Fahrt wird durch flexible, inspirierte Begleitmusiker in Szene gesetzt. Sie verzieren das Stück mit kunstvollen Tönen, die sowohl traditionelle folkloristische Muster bedienen, wie auch jazz-rockige Klänge zulassen. Für das bitter-süße Piano-Stück „Tin Pan Alley“ bietet Keenan danach die ganze Palette seines ausdrucksstarken Gesanges auf, was dem Stück ehrfurchtsvolle Dramatik verleiht.

    Die verschlungen-introvertierte Art eines Westcoast-Hippie-Songs leitet „Good Old Days“ ein, bevor der Track durch den sich allmählich steigernden Mystic-Folk-Überbau nahrhaft angereichert wird. Das mündet in eine Session, die so klingt, als würden die Dexys Midnight Runners und die Waterboys gemeinsam musizieren. Binnen einer Minute entwickelt sich dann „The Healing“ von einem introvertierten Stück über einen Fake-Walzer zu einem rockigen HipHop-Reggae-Verschnitt. Diese unüblichen Abläufe und Zutaten kommen wechselseitig zum Einsatz, ohne dass dadurch ein zusammengestückelter Eindruck entsteht. Im Gegenteil: Der Track steigert sich zum Schluss noch zu einem entfesselten gemeinschaftlichen Höhepunkt.

    Sechs Minuten lang hadert David bei „Origin Of The World“ mit seinen Gefühlen. Das Lied läuft erwartungsvoll, aber gleichförmig ab. Die letzte Minute füllt das Team dann mit gehetzt-unruhigen Klängen auf, die die innere Zerrissenheit des Protagonisten dokumentieren. „Eastern Nights“ ist wieder eine Solo-Nummer mit einer einsamen elektrischen Gitarre als einzigen Verbündeten. Der Track bemüht sich sperrig und unbeholfen darum, eine eindrucksvolle Melodie zu erzeugen, ergeht sich aber letztlich in einem gedankenverlorenen Seelengesang.

    „Evidence Of Living“ lebt lange von der innigen Zwiesprache zwischen Piano und Stimme. Beinahe unmerklich werden schwebende Orgelklänge dazu gesteuert, bevor irrlichternde Streicher, ein schwelgender Chor, ein mächtiges Schlagzeug sowie eine nun präsentere Orgel das anrührende Stück zu Ende bringen. Das epische, achtminütige „Subliminal Dublinia“ arbeitet sich im Anschluss von einem energischen, wortreichen Folk-Song zu einer hypnotischen Beschwörung voran, die durch einen monotonen Chor zwischenzeitlich noch intensiviert wird.

    Der 26jährige poetische Singer-Songwriter kann in der Plattensammlung zwischen Nick Cave und Benjamin Clementine angesiedelt werden, da sein kompromissloser Ausdruck und seine individuelle Klasse zu den Charakteren beider Musiker passt. Seine Songs mögen nicht beim ersten Hören zünden, aber die Energie und Inbrunst des Vortrags sorgen dafür, dass sie mindestens eine zweite Chance verdient haben. Spätestens dann leuchtet die einsame Klasse des kreativen Komponisten und Interpreten, der seine Texte als anspruchsvolle Lyrik formuliert, hell auf. „A Beginner`s Guide To Bravery“ ist nämlich die eindrucksvolle Schöpfung eines ganz großen hingebungsvollen Individualisten.
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    Jul 26, 2019
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Mandolin Orange zelebrieren mit „Tides Of A Teardrop“ herausragende, empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik.

    Mandolin Orange ist das Country-Folk Duo Andrew Marlin (Gesang, Mandoline, Gitarre, Banjo) und Emily Frantz (Gesang, Geige, Gitarre) aus Chapel Hill in North Carolina, das auf der mittlerweile sechsten Platte in zehn Jahren von ihrer Tour-Band (Josh Oliver (Gitarren, Keyboards, Background-Gesang); Clint Mullican (Bass, Bariton-Gitarre); Joe Westerlund (Schlagzeug, Percussion)) begleitet wird. Nichtsdestotrotz ist der Sound fragil und luftig, ländlich-gelassen und ausgewogen geworden. Zentrale Themen der Songs sind Verlust und Einsamkeit, die in sanfte, gefühlvolle, melancholische oder kontrolliert beschwingte Noten verpackt werden. Die Musiker lassen sich nicht hetzen und haben eine Gangart gefunden, die dem Stress und der Hektik entsagen. Musikalisch stützen sie sich auf alte Werte. Das Fundament dafür bilden die Errungenschaften von klassischen Americana-Songwritern wie Hank Williams, The Carter Family oder The Louvin Brothers. So entsteht zeitloses Liedgut von erlesener Qualität mit wechselndem, einfühlsamen Lead-Gesang und betörenden Duett-Stimmen. Was die Intimität der Lieder und deren Intensität und Gefühlstiefe angeht, spielen Mandolin Orange heute in einer Liga mit Gillian Welch & David Rawlings und The Milk Carton Kids.

    „Golden Embers“ mit seinem überraschenden Mittelteil aus der klassischen Romantik und das entspannte „The Wolves“ sind anrührend und entwickeln im Verlauf auch noch einen geschmeidig-milden Groove. Eine stoische Trommel gibt bei den Country-Pop-Balladen „Into The Sun“ und „Like You Used To“ dezent, aber unnachgiebig den Takt an. Emily singt dazu engelsgleich und Andrews Mandoline weint bittere Tränen, spendet aber auch Trost. Andrew trägt beim traurigen „Mother Deer“ die erste Stimme bei, Emily füllt gelegentlich mit ihrem ergänzenden Gesang Lücken aus und sorgt so für harmonischen Beistand. Beim locker schunkelnden „Lonely All The Time“ werden Erinnerungen an Gram Parsons & Emmylou Harris wach und das getragene, sehr langsame „When She's Feeling Blue“ bietet glasklar gepickte akustische Gitarrenklänge an, wie sie auch Willie Nelson gerne verwendet. Die herzzerreißende, aber schmalzfreie Ballade „Late September“ wird locker und gleichzeitig konzentriert vorgetragen und der Country-Walzer „Suspended In Heaven“ ist einer dieser ergreifenden Songs, mit denen Andrew Marlin den Tod seiner Mutter verarbeitet. „Time We Made Time“ weckt die Erinnerung daran, wie wichtig es ist, sich Zeit für die verbindenden und beglückenden Dinge im Leben zu nehmen. Was natürlich musikalisch mit viel Muße, Sanftmut und beruhigender Zärtlichkeit vermittelt wird. „Tides Of A Teardrop“ besitzt eine Ästhetik, die die Musik als im Kern ruhend, wissend, ja schon beinahe erleuchtet ausweist. Empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik wäre ein Etikett, welches die Wurzeln und die Wirkung des Sounds zusammenfasst. Obacht: Die Erstauflage enthält unter dem Namen „Sing And Play Traditionals“ eine EP mit vier historischen Songs, die berührend schön neuinterpretiert werden.
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    Jul 23, 2019
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Mandolin Orange zelebrieren mit „Tides Of A Teardrop“ herausragende, empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik.

    Mandolin Orange ist das Country-Folk Duo Andrew Marlin (Gesang, Mandoline, Gitarre, Banjo) und Emily Frantz (Gesang, Geige, Gitarre) aus Chapel Hill in North Carolina, das auf der mittlerweile sechsten Platte in zehn Jahren von ihrer Tour-Band (Josh Oliver (Gitarren, Keyboards, Background-Gesang); Clint Mullican (Bass, Bariton-Gitarre); Joe Westerlund (Schlagzeug, Percussion)) begleitet wird. Nichtsdestotrotz ist der Sound fragil und luftig, ländlich-gelassen und ausgewogen geworden. Zentrale Themen der Songs sind Verlust und Einsamkeit, die in sanfte, gefühlvolle, melancholische oder kontrolliert beschwingte Noten verpackt werden. Die Musiker lassen sich nicht hetzen und haben eine Gangart gefunden, die dem Stress und der Hektik entsagen. Musikalisch stützen sie sich auf alte Werte. Das Fundament dafür bilden die Errungenschaften von klassischen Americana-Songwritern wie Hank Williams, The Carter Family oder The Louvin Brothers. So entsteht zeitloses Liedgut von erlesener Qualität mit wechselndem, einfühlsamen Lead-Gesang und betörenden Duett-Stimmen. Was die Intimität der Lieder und deren Intensität und Gefühlstiefe angeht, spielen Mandolin Orange heute in einer Liga mit Gillian Welch & David Rawlings und The Milk Carton Kids.

    „Golden Embers“ mit seinem überraschenden Mittelteil aus der klassischen Romantik und das entspannte „The Wolves“ sind anrührend und entwickeln im Verlauf auch noch einen geschmeidig-milden Groove. Eine stoische Trommel gibt bei den Country-Pop-Balladen „Into The Sun“ und „Like You Used To“ dezent, aber unnachgiebig den Takt an. Emily singt dazu engelsgleich und Andrews Mandoline weint bittere Tränen, spendet aber auch Trost. Andrew trägt beim traurigen „Mother Deer“ die erste Stimme bei, Emily füllt gelegentlich mit ihrem ergänzenden Gesang Lücken aus und sorgt so für harmonischen Beistand. Beim locker schunkelnden „Lonely All The Time“ werden Erinnerungen an Gram Parsons & Emmylou Harris wach und das getragene, sehr langsame „When She's Feeling Blue“ bietet glasklar gepickte akustische Gitarrenklänge an, wie sie auch Willie Nelson gerne verwendet. Die herzzerreißende, aber schmalzfreie Ballade „Late September“ wird locker und gleichzeitig konzentriert vorgetragen und der Country-Walzer „Suspended In Heaven“ ist einer dieser ergreifenden Songs, mit denen Andrew Marlin den Tod seiner Mutter verarbeitet. „Time We Made Time“ weckt die Erinnerung daran, wie wichtig es ist, sich Zeit für die verbindenden und beglückenden Dinge im Leben zu nehmen. Was natürlich musikalisch mit viel Muße, Sanftmut und beruhigender Zärtlichkeit vermittelt wird. „Tides Of A Teardrop“ besitzt eine Ästhetik, die die Musik als im Kern ruhend, wissend, ja schon beinahe erleuchtet ausweist. Empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik wäre ein Etikett, welches die Wurzeln und die Wirkung des Sounds zusammenfasst. Obacht: Die Erstauflage enthält unter dem Namen „Sing And Play Traditionals“ eine EP mit vier historischen Songs, die berührend schön neuinterpretiert werden.
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    This Remedy Larry & His Flask
    This Remedy (CD)
    Nov 8, 2018
    Sound:
    4 of 5
    Music:
    4 of 5

    Folk ist nur die Basis für ein Stilgemisch, das Larry & His Flask außergewöhnlich vielseitig erscheinen lässt.

    Das Quintett Larry & His Flask kommt aus Bend in Oregon, aber einen Larry sucht man vergebens unter den Bandmitgliedern. Stattdessen besteht die Gruppe aus Kirk Scatvold (Mandoline, Tompete), Andrew Carew (Banjo, Trompete, Posaune), Jeshua Marshall (Stand-Up Bass, Harmonika, Bariton-Horn) und dem Lead-Sänger und Gitarristen Ian Cook. Dieser besitzt eine flexible Stimme, die stilübergreifend einsetzbar ist. Sie kann verwöhnen, aufbrausen, trösten, zum Tanz auffordern und ernsthaft unterhalten. Diese Allzweckwaffe ist das große Plus der Formation und wird entsprechend prominent hervorgehoben. Die Gruppe bringt unterschiedlich intensiv diverse Folk-Bestandteile in ihre Musik ein, streift aber die reine Lehre nur am Rande.

    Der betrübten Folkie, der einsam zur Begleitung seiner Akustik-Gitarre singt, kommt dabei aber nicht zum Tragen.
    Diese Folklore enthält sowohl ländliche wie auch urbane Bestandteile und funktioniert stets als flexibles Ensemblespiel. Jazz, Blues, Rock & Roll sowie Pop-Wurzeln werden in den Sound eingearbeitet und sorgen für Abwechslung, wobei einige Vorbilder und Einflüsse klar auf der Hand liegen: The Band, Bruce Springsteen, Mumford & Sons, Country Rock und Bluegrass. Übermütig und aufgedreht nimmt der Opener „Atonement“ Fahrt auf und wird nur vom bedächtigen Gesang im Zaum gehalten. Folk-Ska trifft dabei auf Singer-Songwriter-Pop. Das balladeske „Doing Fine“ erreicht durch einen swingenden Dixieland-Rhythmus, dass sich die Melancholie in Grenzen hält.

    „This Remedy“ bedient sich schäumender Banjo-Riffs, um einen hymnischen Eindruck zu erzeugen. Der trabende Rhythmus und der geschmeidige Gesang sorgen dann dafür, dass sich die Mumford & Sons-Ähnlichkeit verflüchtigt. „Ellipsis“ sorgt erneut für Schwung und führt den Country-Folk auf die Tanzfläche. „Never All The Times“ versetzt uns mit behebigem, Bläser betonten Oldtime-Jazz zunächst nach New Orleans. Larry & His Flask wenden dann das Blatt und formen aus dem Song ein engagiertes, erwachsenes Pop-Stück, auf das auch Elvis Costello stolz gewesen wäre.

    „Begin Again“ plätschert zunächst freundlich, aber relativ ereignislos dahin, wird aber im letzten Drittel durch eine scharfe Trompete und eine quengelnde Gitarre befeuert. Der bittersüße Country- und Folk-Rock „Hoping Again“ hält gekonnt die Balance zwischen dunkler Ballade und zuckriger Schnulze. „The Place That It Belongs“ kommt bei ähnlicher Ausrichtung ohne viel Pathos aus, verfügt aber über einen lebhaften Rhythmus, der das Lied aus der Traurigkeit heraus befördert.

    „Dearly Departed“ kann schon beinahe als Hillbilly-Punk bezeichnet werden, so flott ist der Track unterwegs. Wieder ist es der ausgleichende, aber dennoch engagierte Gesang, der ein überkochen verhindert. Für den treibenden Folk-Rock „You Won`t“ zeigt die Band eine etwas aggressivere Seite, ohne allerdings aus der Fassung zu geraten. Für „Behind the Curtain“ wird Flamenco, Gypsy-Swing, Mariachi-Sound, Rock und Polka zu einem abwechslungsreichen Weltmusik-Gebilde mit Pop-Anstrich verarbeitet. Aber das abschließende „Three Manhattans“ ist dann doch zu unspezifisch und phasenweise zu schlagerhaft geraten, um eine nachhaltig positive Wirkung zu erreichen.

    Die Platte ist dennoch sehr abwechslungsreich und unterhaltsam geraten. Manchen eher aufwühlenden Stücken hätte es allerdings gut getan, wenn der hervorragende Sänger etwas mehr aus sich heraus gegangen wäre und seiner natürlichen Aggressivität freien Lauf gelassen hätte.
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    Inside Voice Joey Dosik
    Inside Voice (CD)
    Nov 8, 2018
    Sound:
    4 of 5
    Music:
    3 of 5

    Mit Marvin Gaye im Herzen präsentiert Joey Dosik ein elegantes Soul-Gospel-Gemisch.

    Joey Dosik aus Los Angeles schmachtet wie der große Marvin Gaye und bringt mit „Inside Voice“ nach einer EP sein erstes Album mit 13 Tracks raus. Gekrönt werden die Songs von einer unverfälschten Stimme, die aus einer reinen, unschuldigen Seele zu strömen scheint. In hohen Tönen lässt Joey gleich zu Beginn seine „Inside Voice“ jubilieren. Perlende, flirrende und bedächtige Töne schaffen sich ergänzende Bestandteile, die den Track zu einem romantisch-eleganten Soft-Soul aufblühen lassen. „Get It Right“ könnte einen Marvin Gaye-Gedächtnis-Preis gewinnen. Selbst die Handclaps und Background-Gesänge wurden den Arbeiten des Tamla Motown-Superstars nachempfunden.

    Bei der Bill Withers-Cover-Version „Stories“ regieren die Stimmen. Dosik steht einer Gesangs-Gruppe vor, die eine spirituell inspirierte Pop-Gospel-Darbietung zeigt. Der mild gestimmte Soul-Pop „Take Mine“ vermag aufgrund seiner unverbindlichen Art nicht zu überzeugen und das kurze Instrumentalstück „Down The Middle (VHS Interlude)“ ist auch nur ein Lücken füllendes Fragment. Genau wie „Inside Voice (Reprise)“. Für „Past The Point“ zieht der Sänger dann alle Register, um als gefühlvoller Interpret zu überzeugen. Er schmeichelt, gurrt und seufzt, was das Zeug hält.

    Bei der Ballade „Grandma Song“ gibt es eine innige Zwiesprache zwischen Piano und Stimme. In Coco O. hat der Retro-Soul-Musiker seine Tammi Terrell gefunden. Genau wie Marvin Gaye mit seiner Partnerin rhythmischen Motown-Soul produzierte, versucht jetzt auch Joey bei „Don`t Want It To Be Over“ mit solch einem Sound zu punkten. „Emergency Landing“ ist der innigste, ergreifendste und raffinierteste Song der Platte. Das ist kunstvoller Pop, wie er auch auf Elvis Costellos „Imperial Bedroom“ (1982) zu hören ist. Leichter, lockerer Soft-Rock mit Gospel-Background-Gesang wird für „In Heaven“ zubereitet. „One More Time“ ist nur ein kurzes Zwischenspiel, das noch einmal den Geist von Marvin Gaye heraufbeschwört. Der zarte Schmelz von Smokey Robinson hat zum Abschluss bei der Soul-Ballade „Game Winner (Stadium Version)“ Pate gestanden.

    Joey Dosik ist ein talentierter, sauberer Sänger, der den klassischen Soul der 1960er und 1970er Jahre aufleben lässt. Das passiert sehr authentisch, häufig so sehr an den Originalen angelehnt, dass eine etwas distanziertere Sicht wünschenswert gewesen wäre, damit nicht der Eindruck eines Plagiats entstehen kann. Die Kompositionen sind alle sehr solide, aber es ragen keine Smash-Hits heraus, so dass der Ablauf relativ gleichförmig ist. Nichtsdestotrotz sollten Soul-Liebhaber ein Ohr riskieren. Auch wenn sich Joey wahrscheinlich noch unter Wert verkauft, kann er aber bei Fokussierung seiner Ausrichtung auf Groove-betonte Songs der kommende Soul-Superstar vom Schlage eines John Legend werden.
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    Tearing At The Seams Nathaniel Rateliff
    Tearing At The Seams (CD)
    Apr 22, 2018
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    4 of 5

    Americana, Soul und Rhythm & Blues: Nathaniel Rateliff fühlt sich überall zuhause.

    „The Night Sweats“ unterstützen Nathaniel Rateliff bei der Umsetzung seiner Version eines authentischen Retro-Sounds. Diese groovende Einheit versetzt ihn in die Lage, den Klang des Südens der USA nachzuempfinden und seine Americana-Erfahrungen dabei schonend einzubringen. Die Songs katapultieren uns in die Welt des Soul, Gospel, Blues und Rhythm & Blues und beweisen, wie zeitlos diese Einflüsse sind. Nicht nur die Blues Brothers revitalisierten 1980 ehrwürdige Songs aus den 60er und 70er Jahren, auch Rateliff schafft heute mühelos den Spagat zwischen Nachlassverwaltung und Frischzellenkur.

    Der schwüle Rhythm & Blues „Shoe Boot“ kämpft sich mit satten Bläsern und einer lebhaften Orgel ausgestattet aus einem imaginären Sumpf hervor. Die selbstbewussten Soul-Nummern „Be There“ und „A Little Honey“ stampfen bockig, werden aber von der ausgleichenden Stimme im Zaum gehalten. Die kraftvolle Ballade „Say It Louder“ verbreitet gleichzeitig Optimismus wie auch Nachdenklichkeit. „Hey Mama“ und „Baby I Know“ zeigen Nathaniel als Country-Folk-Troubadour mit Soul-Herz. Eine mächtig grollende Orgel sorgt für die Einleitung des straffen Beats von „Intro“ und auch der swingende Soul von „Coolin`Out“ eignet sich grundsätzlich für die Tanzfläche. Zwischen den Noten von „Baby I Lost My Way, (But I'm Going Home)“ hört man sowohl „Time Of The Season“ von The Zombies wie auch die neuesten Schöpfungen von Nick Waterhouse raus. Der kompositorisch stärkste Song ist allerdings „You Worry Me“. Der Band gelingt es hier, eine unglaubliche innere Spannung aufzubauen, die ständig für Rückenwind sorgt. Würde „Sweet Jane“ von Velvet Underground mit „Devils & Dust“ von Bruce Springsteen vereint werden, könnte als Ergebnis so was wie „Still Out There Running“ entstehen. Und „Tearing At The Seams“ klingt dann zum krönenden Abschluss nach dem jungen, wild auftrumpfenden Rhythm & Blues-Fanatiker Van Morrison.

    Die aktuelle Inkarnation von Nathaniel Rateliff präsentiert mit dem Album „Tearing At The Seams“ ihre bisher größte stilistische Bandbreite. Gefühlvoller Soul, kraftvoller R&B und melancholischer Country-Folk eröffnen dem Musiker ein weites Feld von Ausdrucksmöglichkeiten, welche er authentisch und mit Herzblut auslebt.
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    Apr 22, 2018
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    The Low Anthem haben sich von fragilen Folk-Musikern zu phantasievollen Art-Pop-Künstlern entwickelt.

    Die Freunde Ben Knox Miller und Jeffrey Prystowsky aus Providence im US-Bundesstaat Rhode Island brachten 2006 ihre ersten Aufnahmen als Köpfe der aus wechselnden Mitgliedern bestehenden Formation The Low Anthem heraus. Zart gesponnener, intimer Folk wurde ihr Markenzeichen, es kamen aber auch Einflüsse aus psychedelischer Musik, Gospel, Country und Blues zum Zuge. Diesen Stil vervollkommneten die Musiker 2008 mit ihrem dritten Studio-Album „Oh My God, Charlie Darwin“. Dem puren, akustischen Americana-Sound fügten sie dann 2016 auf „Eyeland“ atmosphärische, elektronische Verzierungen hinzu. Diese Kombination spielt nun auf dem neuen Werk eine zentrale Rolle.

    „Bone Of Sailor, Bone Of Bird“ und „Drowsy Dowsing Dolls“ könnten auch als Kompositionen des schwedischen Songwriters José González durchgehen, der mit seiner Gruppe Junip einen ähnlich betörenden, dunklen, elektronischen Dream-Pop entwarf. Das akustische Folk-Stück „River Brine“ wird im Falsett-Gesang vorgetragen, so dass eine feminine Ausrichtung entsteht. Ein klickender Takt gibt dann bei „Give My Body Back“ das Tempo vor und sorgt dafür, dass die Lagerfeuer-Folk-Referenzen zurückgedrängt werden. Die Synthesizer funken für „The Krill Whistle Their Fight Song“ schillernde Signale. Trotz dieser Maschinenklänge ist das Lied wegen des hintergründigen Gesangs ein intimer Entwurf menschlicher Kommunikationsbereitschaft geworden. Die Verletzlichkeit von Elliott Smith findet in „Toowee Toowee“ eine Wiedergeburt, während das verträumte „Coral Crescent“ durch eine einsame Trompete in wehmütige Sphären versetzt wird. „Dotwav“ kann dann lediglich als eine leicht schräge Spielerei aus dem synthetischen Baukasten identifiziert werden. Bei „Cy Twombly By Campfire“ ist die Verschmelzung von sachlichem Singer-Songwriter-Handwerk mit künstlich erzeugten Tönen auf einer songdienlichen Ebene weit fortgeschritten und das an Weltmusik angelegte „Gondwanaland“ vereint Exotik und Sensibilität. Der Minimal-Art-Acoustic-Folk „To Get Over Only One Side“ verliert allerdings in der Gleichförmigkeit beinahe sein Feingefühl. James Blake trifft bei „Final Transmission From The Diving Umbrella“ auf die Fleet Foxes. Durch diese Kombination erschaffen The Low Anthem ein sperriges Mini-Drama.

    Der Titel des Albums bezieht sich auf eine buddhistische Fabel, bei der eine Salzpuppe einen Teil ihres Körpers ins Wasser steckt, um den Ozean besser verstehen zu lernen. Dabei verliert sie nach und nach immer mehr von sich selbst und wird so Teil eines großen Ganzen. Das Thema Wiedergeburt rankt sich also als Gedanke um das Album. Nach dem Unfall, den die Band 2016 hatte, sind solche existenziellen Fragen wohl vermehrt ins Bewusstsein der Musiker getreten. Musikalisch hat die Ausweitung auf elektronische Klänge dazu beigetragen, dass der Americana-Anteil in der Musik zurückgedrängt wurde und stattdessen ein künstlerischer Ansatz Raum gefunden hat. Manche Songs sind schon nahe an den grazilen Art-Pop-Konstruktionen eines David Sylvian dran. Die besondere Attraktivität von The Low Anthem macht aber nach wie vor auch ihre Americana-Sensibilität aus. Es bleibt spannend, in welche Richtung sich die Musiker weiter entwickeln werden. Der einzige Nachteil des Albums liegt in seiner geringen Spieldauer: Die zwölf Stücke verteilen sich auf knapp 32 Minuten Laufzeit. Nur drei Tracks sind über drei Minuten lang. Hier gilt wohl: In der Kürze liegt die Würze.
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    Songs For Somewhere Else (CD)
    Mar 12, 2018
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Mit „Songs For Somewhere Else“ zeigen sich The Hanging Stars auf einem variablen Weg zu ihrer Cosmic-Americana-Bestimmung.

    Das zweite Album der Formation The Hanging Stars aus London pflegt im Kern den psychedelischen Country und Folk der ausgehenden 1960er Jahren. Die Aufnahmen fanden noch vor Veröffentlichung des Debüts „Over The Silvery Lake“ von 2016 statt und fangen den sich stabilisierenden Weg zur Schaffung eines gruppendynamischen, einheitlichen Sounds ein.

    So majestätisch, körperlos schwebend und unbekümmert klang im Cosmic-Americana-Umfeld vor „On A Sweet Summer's Day“ wahrscheinlich nur „Wasn't Born To Follow“ von The Byrds. Ein Titel, der zur atmosphärischen Untermalung des Gefühls von Freiheit in unbegrenzten Landschaften im Road-Movie „Easy Rider“ eingesetzt wurde. „Too Many Wired Hours“ entführt dann ansatzweise in die Welt des Oldtime-Jazz. Eine Klarinette setzt dabei feinfühlige musikalische Duftmarken. Friedvoll und unspektakulär zieht der Harmonie-Folk „How I Got This Way“ seine Bahnen und darf seine Weitläufigkeit noch in einer kurzen Wiederholung unter Beweis stellen. Spaghetti-Western-Atmosphäre mit Assoziationen an verlassene, staubige Orte durchzieht „Mean Old Man“. Der flirrende, bewegende Folk-Rock „Pick Up The Pieces“ ist wiederum prädestiniert für die Fahrt in einem Cabrio und „Djupsjön“ sorgt als instrumentales Zwischenspiel dafür, dass wieder ausgedehnte Gegenden vor dem geistigen Auge erscheinen. Die herzzerreißenden Steel-Guitar-getränkten Songs „Honeywater“ und „For You (My Blue Eyed Son)“ lassen die goldenen Zeiten des bodenständigen Country-Rocks, die etwa Anfang der 1970er Jahre ihren Höhepunkt erlangten, wieder aufleben. Der Country-Folk von „Hold Out Your Hand“ drängt sich nicht durch plumpe Posen auf, sondern stellt das Unaufgeregte in den Mittelpunkt des Geschehens. „Dig A Hole“ verbindet die ländliche Unbekümmertheit der Nitty Gritty Dirt Band mit dem Fernweh des milden Southern-Rock der Marshall Tucker Band und auch der „Water Song“ verbreitet eine friedvolle, ausgeglichene Stimmung.

    Den Hanging Stars ist zugute zu halten, dass sie sich um eine Ausweitung ihres Klangkosmos bemühen. Am überzeugendsten sind sie jedoch, wenn sie im klassischen kalifornischen Country-Rock-Gefilde bezaubernd schillernde Kompositionen entwickeln und dabei in der Tradition der legendären Cosmic-American-Music von The Byrds und Gram Parsons verankert sind.
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    Mar 12, 2018
    Sound:
    4 of 5
    Music:
    4 of 5

    Der ehemalige Straßenmusiker Michael Brinkworth findet für sich ein breites Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten im Folk-Rock-Umfeld.

    Michael Brinkworth scheint ein ruheloser Geist zu sein. Der gebürtige Australier bereiste zwischen 2010 und 2013 etwa 40 Länder, in denen er seine Songs als Gelegenheitsmusiker auf der Straße und in Bars erprobte. Jetzt lebt der Sänger, Gitarrist und Mundharmonika-Spieler schon eine geraume Zeit in Berlin und hat sich dort durch zahlreiche Aktivitäten und Projekte einen soliden Insider-Status erarbeitet. Bei seiner ersten ausgedehnteren Veröffentlichung nach der EP „Stranger“ aus 2016 wird er von einem festen Trio an Bass, Schlagzeug und Piano begleitet. Außerdem sorgen Gäste für zusätzliche Gitarreneinlagen und Gesangsunterstützungen. „Somewhere To Run From“ ist mit seinen 33 Minuten zwar recht kurz geraten, steckt aber das Spektrum des Singer-Songwriters recht deutlich ab.

    Vermittelt der zuversichtliche Folk-Rock von „Country Town“ noch die zupackende Aufbruchsstimmung solcher Akteure wie Bruce Springsteen oder John Mellencamp, so zeigt sich „Grown“ als überwiegend nachdenklich angelegtes, aber auch druckvoll instrumentiertes akustisches Stück mit starken Dynamikwechseln. Die sehnsüchtige Ballade „Lucy“ setzt auf die Vermittlung von maximaler Ergriffenheit bei intimer Ausrichtung und „Fading Light“ bringt Pop-Schwung ins Geschehen. Naturgeräusche leiten das traurige „Please Come Back Home Again“ ein. Der Song versinkt jedoch nicht in Melancholie, sondern lässt Raum für Licht am Ende des Tunnels. „Dreams I've Never Tasted“ verbreitet eine optimistische Sicht, was durch eine energische Darbietung unterstrichen wird. Das intensive „How You Gonna Love“ überzeugt dann durch die Reibungsenergie, die durch die Korrespondenz zwischen den akustischen und elektrischen Tönen entsteht.

    Durch seine Erfahrung mit dem unmittelbaren Kontakt mit dem Publikum hat Michael Brinkworth gelernt und verinnerlicht, wie ein Song aufgebaut werden muss, damit das Interesse schnell geweckt wird und sich die Zuhörer spontan auf die Vorführung einlassen. Von Melancholie über Dramatik bis hin zu Lebensfreude spielt Michael eine Palette von Emotionen aus, mit der sich viele Menschen sofort identifizieren können. Diese kleidet er in ein bekömmliches Folk und Folk-Rock-Gewand und fügt ab und zu noch ein paar persönliche musikalische Vorlieben und Erfahrungen hinzu. Und fertig sind handgemachte Klänge, die nicht miefig oder ausgelutscht, sondern frisch und engagiert klingen. Die Laufzeit des Albums hätte gerne länger sein dürfen, denn der Künstler befindet sich auf dem richtigen Weg zur speziellen Ausgestaltung seines Stils und macht deshalb Appetit auf mehr.
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    Mar 12, 2018
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Jim White kultiviert seinen verschrobenen Americana-Sound zu einem persönlichen Markenzeichen mit Qualitätssiegel.

    Religiosität, Heimatverbundenheit, Schuld und Sühne, Liebe und Beziehungskrisen sowie der Umgang mit den eigenen Unzulänglichkeiten. Diese Themen treiben Jim White, den geheimnisvollen Southern-Gothik-Songwriter um und er bettet sie in ein ländliches Soundgeflecht ein, welches ihm die Möglichkeit bietet, dunkle Stimmungen, Ausgelassenheit und psychische Ausnahmezustände zu skizzieren. Seine Songs gehen dabei oft über den konventionellen Rahmen eines Country-, Folk- oder Pop-Schemas hinaus. Er arbeitet mit visionären Motiven und bietet Klänge an, die bildhafte Vorstellungen auslösen. Das Vehikel dafür bildet oft ein Einstieg mit vertrauten Tönen und Abfolgen. Diese werden dann individuell verdreht und geschickt umgelenkt.

    Ein Gefühl der totalen Unabhängigkeit wird nach diesem Muster vom mystischen, teils schwebenden, teils ländlich bodenständigen „Drift Away“ eingefangen. Das recht lebhafte „Long Long Day“ taumelt am Ende dem Irrsinn entgegen und hat seine Wurzeln in der irischen Folklore, während „Playing Guitars“ dem Schunkel-Trieb des Hillbilly erlegen ist. Die Ballade „Far Beyond The Spoken World“ drückt nun durch eine weinende Steel-Guitar stilvoll auf die Tränendrüse und zeigt Betroffenheit durch leidenden Falsett-Gesang. Der Country-Rock von „Silver Threads“ bekommt durch variierende Tempi und den aufmunternden Instrumenteneinsatz immer wieder frischen Wind unter die Flügel, so dass die fast sieben Minuten wie im Fluge vergehen. Mit exotischen Beigaben und Jazz-Einschüben ausgestattet, wird „Prisoner's Dilemma“ zu einem pulsierenden Mini-Hörspiel aufgebaut. Der Gothik-Country-Gospel „Reason To Cry“ deckt nebeneinander nachdenkliche und lebensfrohe Gefühlslagen ab, während der Country-Folk-Jazz „Wash Away A World“ undurchsichtige und verheißungsvoll anziehende Klänge miteinander fusioniert. „E.T. Bass At Last Finds The Woman Of His Dreams“ nimmt Bezug auf traditionelle, gutmütige Country & Western-Hits, bekommt aber durch den Duett-Gesang mit der extravaganten Rockabilly-Queen Holly Golightly einen subversiv-erotischen Anstrich verliehen. Formal ist das Springen zwischen Folk und leichten Jazz-Anspielungen bei „Here I Am“ sehr reizvoll. Der Titel verliert sich allerdings etwas zu sehr in Gleichförmigkeit. Die sinfonische Dichtung „Sweet Bird Of Mystery“ hält dann zum Schluss genau die Balance zwischen Ergriffenheit und Kunstprodukt. Das wird durch asiatische und kammermusikalisch anmutende Töne erreicht, was sehr anregend ausgefallen ist.

    Jim White demonstriert erneut seine besondere Fähigkeit, als Sonderling sehr unterhaltsam zu sein. Er kombiniert bekannte Roots-Music-Muster mit schmückenden und verblüffenden Zutaten aus Jazz und Avantgarde so ergreifend und ungewöhnlich, dass sich diese Verbindungen im Ergebnis wie neu erfundene Musikstile anhören. Deshalb gehört Jim White zu den kreativen Individualisten des Americana, die immer wieder für Überraschungen gut sind.
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    Modern Pressure Daniel Romano
    Modern Pressure (CD)
    Sep 23, 2017
    Sound:
    5 of 5
    Music:
    5 of 5

    Teil 2 der Metamorphose vom Country-Troubadour zum universellen Pop-Musiker ist vollzogen.

    Der Kanadier Daniel Romano ist ein Schlitzohr, er schlägt Haken, täuscht Musikstile an, wechselt die Richtung, fügt Zitate ein, wechselt das Tempo, spielt mit Erwartungen und experimentiert mit vielversprechenden Kombinationen. In Einleitungen und Ausleitungen von Songs werden Hippie-Zitate wie Sitar-Klänge oder rückwärts laufende Bandschleifen benutzt, so dass eine rauschhafte, stimulierende Wirkung erzielt wird. Bei allen diesen Winkelzügen bleiben die Songs verführerisch, hochmelodisch, anregend und delikat. Bei allen Vergleichen und Assoziationsketten entsteht nie der Eindruck von aufgewärmter Kost. Stets vermittelt der Sound eine abenteuerliche, verwegene sowie spannende Komponente. Der Klang zapft die Vergangenheit an, die Emotionen schlagen in der Gegenwart Wurzeln und die stilistischen Verstrickungen sind zukunftsweisend.

    Als singender Bruder im Geiste von Jake Bugg verblüfft Daniel auf Modern Pressure mit „Ugly Human Heart Pt. I und Pt. II“ den womöglich verdutzten Hörer. Diese quäkend-nasale, nörgelnde Stimme ist aber nur eine Facette in der sprudelnd vielfältigen musikalischen Welt des Ausnahmemusikers. Beim Song „Modern Pressure“ zeigt er sich in einem anderen Licht und erinnert an Bob Dylan aus der „Street Legal“ Phase. Die großen Fußspuren von Dylan verfolgen uns auf Schritt und Tritt: Orgelklänge, Gesangsstrukturen und Kompositionsmuster werden immer wieder kreativ vom Übervater entliehen. „Roya“ lässt verwinkelt-detaillierten Folk-Rock in schillernden Farben erblühen und bei „The Pride Of Queens“ wird offenbart und herausgearbeitet, dass Bob Dylan sogar mit den Ramones eine gemeinsame musikalische Basis hat. Klassischer Pop der Beatles oder von deren Schützlingen Badfinger bildet die Grundlage von „When I Learned Your Name“. Dieser wird für „Sucking The Old World Dry“ mit Country-Rock Figuren verziert.

    Nach einleitenden Sitar-Tönen wechselt „Impossible Green“ von den Weltmusik-Abstechern zu wärmender Folk-Pop-Herrlichkeit. „Jennifer Castle“ bohrt sich dann als Ohrwurm unverfroren, dreist und raffiniert ins Hirn und lässt nicht mehr los. Schon jetzt ein Anwärter auf den Song des Jahres. Daniels Liebe zum schmachtenden Country kommt beim gemütlich und manchmal forsch ablaufenden „Dancing With The Lady In The Moon“ voll zum Tragen. Lee Hazlewoods langer Schatten legt sich auf dass teils exotisch rockende, teils im Walzertakt schunkelnde „I Tried To Hold The World In My Mouth“. Bei der Ballade „What`s To Become Of The Meaning Of Love“ kann sowohl Dylan als Einfluss registriert werden, wie auch eine Nähe zum engagierten Country-Folk bescheinigt werden.

    War „If I`m Only One Time Askin`“ aus 2015 der perfekte Country-Traum und „Mosey“ aus dem letzten Jahr ein 1960er Jahre-Pop-Spektakel, so bezeichnet Daniel Romano „Modern Pressure“ als Sammlung von spirituellen Songs. In seiner gewohnt abstrakten Interpretation könnten damit entspannte, verträumte, den Intellekt und das Gemüt anregende Songs gemeint sein, die ihre Inspiration aus den 1960er Jahre ziehen, jedoch diese Kraft in die Gegenwart retten und für die Zukunft vorbereiten. Romano ist der Magier, der die Töne zeitlos aufbereitet, bewährte Mechanismen nutzt und kreative Freiräume nutzt, um auch neue Hörerschaften an bewusstseinserweiternde Klänge heranzuführen, ohne den melodischen Faden zu verlieren.

    Der kreative Überschwang von Daniel Romano ist beeindruckend. Der vielseitige Künstler, der auch handwerklich tätig ist, erstaunt durch eine geschmackssichere Plünderung der Pop-Geschichte. Dabei besitzt er die Fähigkeit, die verwendeten Versatzstücke durch das Hinzufügen eigener Ideen so individuell aufzubereiten, dass sich seine melodisch aufreizenden Kreationen wie frische Spontanentwürfe anhören. Und das Schöne ist: Durch die reife, intelligente, geschmackvolle Gestaltung erschließen sich bei jedem Hördurchgang neue Details, Schattierungen und Erkenntnisse. „Modern Pressure“ bietet zutiefst befriedigendes und anregendes Futter für Seele und Hirn.
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    Sep 23, 2017
    Sound:
    4 of 5
    Music:
    3 of 5

    Joan Osborne interpretiert Bob Dylan mit unterschiedlichem Erfolg.

    Joan Osborne auf ihren Hit „One Of Us“ aus dem Jahr 1995 zu reduzieren, würde ihr bei weitem nicht gerecht werden. Das bewahrheitete sich bereits beim Longplayer „Relish“, das die erfolgreiche Single und mit „Man In The Long Black Coat“ auch eine Bob Dylan-Komposition enthielt. Es präsentiert nämlich eine engagierte, kreative Künstlerin, die nicht so richtig in eine Schublade passen wollte. Vielleicht verschwand sie deshalb auch wieder aus dem Bewusstsein der Allgemeinheit, obwohl weiterhin erstklassige Arbeiten von ihr abgeliefert wurden. So z.B. mit „How Sweet It Is“ von 2002 eine sehr originelle Platte mit Soul-Cover-Versionen. Und nun wagt sich die im Jahr 1962 in Anchorage, Kentucky, geborene Singer-Songwriterin mit einem ganzen Album an das Werk von Bob Dylan. Die Künstlerin geht dabei das Risiko ein, an eindeutig besetzten Songs eines Giganten zu scheitern. Denn das Vorgehen birgt die Gefahr, entweder in Ehrfurcht zu erstarren oder an der Neuinterpretation zu scheitern, da den Originalen keine neue Sicht vermittelt werden konnte. Beide Fallen umgeht Joan weitestgehend, aber ist das Ergebnis trotzdem befriedigend ausgefallen? Die Lady eröffnet ihre Hommage mit „Tangled Up In Blue“, einem Song, dem Dylan so viel Persönlichkeit eingehaucht hat, dass eine Neudeutung schon deshalb zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Aber Joan passt die Tonlage an ihren Gesangsstil an und kleidet die Melodie in einen geschmeidigen Folk-Jazz, der ein Eigenleben annimmt, ohne sich anzubiedern.

    „Rainy Day Women #12 & 35“ wird dann zum nachtgrauen Blues umfunktioniert und ist zunächst nur am Text zu erkennen. „Buckets Of Rain“ bekommt sowohl Folk- wie auch Ragtime-Zutaten verordnet, was den Titel älter erscheinen lässt, als er ist. „Highway 61 Revisited“ kommt ohne den Wahnsinn des Originals aus und läuft jetzt als zischelnder Folk-Rock-Normalo ab. „Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)“ erhält eine Tönung, die den Song auf FM-Radio-Format zuschneidet, was ihn blass erscheinen lässt. Bei „Tryin To Get To Heaven“, „Dark Eyes“ und „You're Gonna Make Me Lonesome When You Go“ werden die schönen Melodie fein herausgearbeitet und zum Glänzen gebracht. Eine fauchende Orgel verleiht „Spanish Harlem Incident“ einen würdevollen The Band-Sound-Anteil und „High Water“ wird so aufbereitet, dass das Lied wie ein Outtake aus „Relish“ klingt. Es herrscht hier nämlich die gleiche schwüle, geheimnisumwitterte Atmosphäre. Dylans eindringlichstem Protest-Song „Masters Of War“ fehlt leider die Portion Wut, die zur Vertonung des Themas unbedingt dazu gehört. Demgegenüber wird die ländliche Stimmung von „You Ain`t Goin` Nowhere“ bewahrt. Zum Abschluss gibt es ein feierliches „Ring Them Bells“, das zum Piano zelebriert wird, da kann nichts schief gehen.

    Joan Osborne ist eine hochgeschätzte Musikerin mit großem schöpferischem Potential. Bei ihren Dylan-Interpretationen hat sie sich jedoch insgesamt unter Wert verkauft, weil die Bearbeitungen manchmal zu berechenbar und zahm geraten sind. Etwas mehr Mut zur Individualität hätte diesen neuen Versionen sicher besser gestanden.
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    Sep 23, 2017
    Sound:
    4 of 5
    Music:
    4 of 5

    Sugaray Rayford ist eine Entdeckung, seine Songauswahl bedarf aber noch einer Feinjustierung.

    Zum Glück ist seit einiger Zeit Saison für mächtige, wirkungsvolle, altgediente Stimmen im Soul-Umfeld. Dieser Trend hat uns immerhin solche immensen Talente wie Sharon Jones, Lee Fields und Charles Bradley nahe gebracht. Diese Künstler wurden lange übersehen, haben sich aber trotz erheblicher Rückschläge nicht entmutigen lassen ihren Weg zu gehen und wurden erst, nachdem sie die Mitte ihres Lebens schon erreicht hatten, einem größeren Publikum bekannt. Gut, dass das noch geklappt hat, uns wären sonst etliche Perlen entgangen! Mit Caron „Sugaray“ Rayford ist jetzt ein ähnlicher übersehener Kandidat am Start. Zwar ist Rayford erst Jahrgang 1969, aber er konnte sein erstes selbstproduziertes Album auch erst auf den Markt bringen, als er bereits 41 Jahre alt war. Der schwergewichtige, 195 Zentimeter große Texaner hat sich nach einem Abstecher Im Funk-Bereich zunächst dem elektrischen Blues gewidmet und legt jetzt mit „The World That We Live In“ sein viertes Werk vor, für das er seine kräftige Stimme in den Dienst des Soul und Rhythm & Blues stellt.

    „Take Me Back“ groovt wie Hölle und beschwört den Geist von Wilson Pickett („Mustang Sally“). Der Song „The World That We Live In“ schaltet einen Gang zurück, brodelt anfangs noch unter der Oberfläche, wird zwischendurch aber in eine blumig-sanfte Ballade überführt. „Don`t Regret A Mile“ übernimmt den Balladenteil des Vorgängers, so dass sich die Nummer im Smooth-Soul zwischen Barry White und Luther Vandross einpendelt. Auch „Keep Moving“ kann dann als schmusige Nummer die gesanglichen Qualitäten von Sugaray nicht wirklich in den Vordergrund rücken. „Dig A Little Deeper“ ist in diesem Zusammenhang wesentlich effektiver, da sich die Leidenschaft in temperamentvollem Gesang ausdrückt und die Melodie attraktiver geraten ist. „What Do We Own“ kommt dann wieder handfester rüber, offenbart einen milden Funk-Rhythmus und profitiert von der effektvollen Bläser-Begleitung. Der langsame Rhythm & Blues „Home Again“ wird durch den teilweise aufgebracht-emotionalen Gesang aus der Reserve gelockt. „Ain`t Got No Business To Die“ wächst mit jedem Hören und versprüht erst allmählich seine Ohrwurmqualitäten. Das ist ein Schleicher vor dem Herrn, der seine manipulative Wirkung auf das Hirn letztlich nicht verfehlt. „The Boogey Man“ zeigt Ähnlichkeiten zu „Living In America“ von James Brown, dem Stück fehlt aber die Durchschlagskraft des Vorbildes. „Troubles“ beginnt als Begräbnis-Song, wandelt sich dann jedoch in einen coolen, reizvollen R&B für langsame Tänzer.

    Sugaray Rayford punktet immer dann, wenn er seine eindrucksvolle Stimme so einsetzen kann, dass er jeden Widerstand im Keim erstickt. Dazu muss er nicht toben oder schreien, sondern nur seine Emotionen ausdrucksstark zur Geltung bringen können. Das gelingt immer dann, wenn die Songs nicht zu soft gespielt werden. Sugaray braucht nämlich Reibung sowie die Auseinandersetzung mit seiner Band und deren druckvolle Untermalung, um seine Möglichkeiten voll abrufen zu können.
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