Gute Ansätze, nur nicht gut auf den Punkt gebracht
Überraschenderweise ist SORRY NOT SORRY aus dem Jahr 2021 keine Autobiographie der Schauspielerin Alyssa Milano, sondern eine Sammlung von Essays verschiedenster, vorwiegend US-amerikanisch geprägten Themen. Obwohl es in einem Kapital auch um ihre schwierige Beziehung zu CHARMED-Kollegin Rose McGowan geht, die sie durch Vergleiche zu einem pflegebedürftigen Rosenbusch äußerst metaphernreich, deshalb aber nicht weniger diplomatisch niederschreibt, werden vielleicht einige Fans von Alyssa Milano mit der Erwartungshaltung, mehr von ihrem Leben hinter den Kulissen erfahren zu wollen, enttäuscht sein.
Vielmehr gewinnt man als Leser den Eindruck, SORRY NOT SORRY berichtet von ihrem Leben nach dem offensichtlichen Stardasein. Milano schreibt das Buch größtenteils während der Coronapandemie, in der sich viele von Lifecoaches Ratschläge einholten. Unter anderem handelt sie eingehend Donald Trumps Amtszeit ab, sein Gebashe gegen POC und LGBTQ+, seine zahlreichen Fehltritte. Zudem teilt Milano ihre Meinung über die Benachteiligung von Frauen mit und geht auf deren Sexualisierung ein. Außerdem gibt sie vor, was ein sogenannter "Ally" während seines Aktivismus zu tun hat, auch wenn einen beispielsweise die Bewegung um "Black Life Matters" nicht direkt angeht, weil man selber keinen Alltagsrassismus erleidet.
Natürlich sind Alyssa Milanos Ansätze gut, lesenswert und ein Spiegel der Gesellschaft, der sich nach "MeToo" bilden musste. Ihre Schilderungen kommen direkt von ihrem Herzen als Aktivistin. Das spürt man in jeder Zeile, die sie in gut 260 Seiten bindet. Damit ist sie Rose McGowan, die einige Jahre zuvor mit BRAVE eine aufwühlende Abrechnung mit Hollywood, dessen Besetzungscouch und die an ihr ausgeübten sexuellen Übergriffe vorlegte, eigentlich gar nicht einmal so fern. Wahrscheinlich sind bei Milano und McGowan verletzte Eitelkeiten im Spiel um sich für das Gemeinwohl zu verbünden. Wie geschrieben, die Ansätze sind gut, an der Umsetzung mangelt es beizeiten. Alyssa Milanos Worte sind sehr deutlich und harsch. Sie bemüht sich zwar, nicht alle (Männer) über einen Kamm zu scheren, verliert sich am Ende aber doch in Form von allseits bekannten Pauschalisierungen, die in sehr vielen Essays dieser Art vorkommen. Ab- und Ausgrenzung liegen nahe beieinander. Den schmalen Grad zu finden, auf Probleme aufmerksam zu machen und alle mitzunehmen, ohne sie zu verurteilen oder gar zu beleidigen, ist nicht einfach. Rose McGowan schaffte es leider nicht und Alyssa Milano auch nicht. Ich habe sie gehört, ich habe sie auch verstanden, sehe mich aber nicht wieder. Bin ich dadurch ein schlechter Mensch? Laut Alyssa Milano wohl schon... drei Sterne, tut mir Leid.