Ambivalenter Erstling
Im Frühsommer 2019 habe ich das Aris Quartett bei einem Konzertnachmittag kennengelernt. Es gab die Streichquartette Nr. 13 von Dvorák, Nr. 78 von Haydn und Nr. 1 - die Kreutzersonate - von Janácek. Das letzte Stück war Anlass dafür, mir die ersten beiden CDs des Ensembles zu kaufen. Das Dramatische, mit den breiten technischen Möglichkeiten der Musik des 20. Jahrhunderts, liegt den vier Musikern und kommt ihrer Interpretationsauffassung entgegen. So ist es auch bei der vorliegenden CD. Sie spielen die Werke losgelöst vom Kontext ihrer Entstehung, dafür mit viel Kraft und Dynamik. Bei den Konzerten kommt dies wunderbar beim Publikum an. Die Bühnenpräsenz aus dem Zusammenwirken von Musik, Gestik und der sympathischen Erscheinung der Künstler ist sehr hoch. Das fehlt allerdings bei den CD-Aufnahmen, die nur auf die Musik begrenzt sind. Haydn schrieb im Stil der Wiener Klassik. Leichte, flotte, meist fröhliche Musik. Reger hatte gerade seine nach eigener Aussage "Sturm- und Trunkzeit" überwunden und seine Jugendliebe wiedergefunden. Seine Musik mäandert stetig durch die Harmonien, mit viel Aufbruchstimmung. Hindemith, für den Musik ein Gebrauchsgegenstand war, hatte gerade das schlimmste Jahr seines Lebens überstanden. Als Leiter einer Militärkapelle in den Elsass zum Krieg eingezogen, erlebte er dessen Ende in Belgien und Nordfrankreich an der Front. In dieser Zeit schrieb er sein f-Moll-Quartett. Viel Militär und Traurigkeit. Davon ist bei allen drei Stücken nichts zu spüren. Die vier Musiker halten sich an die Musik und daran, was sich daraus interpretatorisch machen lässt. Dem Großteil des Publikums wird es gefallen. Für das Verständnis des Begleithefttextes ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium Voraussetzung.