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    2. Alle Rezensionen von JAW-Records bei jpc.de

    JAW-Records Top 50 Rezensent

    Aktiv seit: 08. März 2011
    "Hilfreich"-Bewertungen: 3403
    271 Rezensionen
    Fritz Busch at Glyndebourne - Mozart-Opernaufnahmen Fritz Busch at Glyndebourne - Mozart-Opernaufnahmen (CD)
    05.08.2017
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    uneingeschränkte Empfehlung

    Sehr gute CD-Transfers, welche allesamt die bisherigen CD-VÖs (Cosi und Don Giovanni EMI, Hochzeit PEARL) übertreffen. Rundes, volles ziemlich störungsfreies und dennoch natürliches Klangbild.
    Umwerfend finde ich besonders die Nozze di Figaro (ohne Dialoge), auch die Cosi fan tutte (ebenfalls ohne Dialoge), eine schöne Ergänzung ist der Cosi- und besonders der Idomeneo-Querschnitt (gute 50 Minuten) von 1951!
    Was hier überall für ein maßstabsetzender Mozart-Gesang und für eine Einheit von Sängern und Orchester zu hören ist!
    Sparsame Warner-Aufmachung, aber optisch nicht billig.
    Eine ganz wichtige Wiederveröffentlichung und zu diesem Preis ein Schnäppchen!
    Uneingeschränkte Kaufempfehlung!
    Andre Cluytens  - The Complete Orchestral & Concerto Recordings Andre Cluytens - The Complete Orchestral & Concerto Recordings (CD)
    05.08.2017
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    einfach nur großartig!

    10 Sterne - denn besser ist das editorisch (womit ich auch hauptsächlich die Transferqualität meine) kaum machbar! Wenn mir auch Cluytens wohlbekannt war, so habe ich ihn erst durch dieses herrliche Kompendium voll schätzen gelernt. Zudem: was für ein attraktives eingespieltes Repertoire!

    Aber wenn es auch nur der Beethoven-Zyklus gewesen wäre: schon dafür gebürt Cluytens, den Berlinern und der Aufnahmetechnik allerhöchste Bewunderung. Als nicht allzugroßer Karajan-Fan schätze ich neben den wunderbaren Philharmonia und manchen WPO Aufnahmen doch sehr den ersten Berliner Beethoven-Zyklus - aber was Cluytens wenige Jahre früher mit dem fast identischen Orchester leistet ist doch mindestens ebenbürtig (und da bin ich sehr zurückhaltend). Hören Sie sich nur mal die Eroica und Pastorale an!
    Übrigens: Diesen Beethoven-Zyklus gibt es in einer fast gleich guten Überspielqualität wie hier auch von EMI France für sehr wenig Geld zu kaufen.

    Französische Orchester klingen in meine Ohren oft sehr problematisch - aber bei Cluytens habe ich auch die Stärken dieser manchmal doch sehr individuellen Klangkultur erfahren. Bei fast allen Dirigenten stellt sich bei mir diesbezüglich ein eher ablehnender Effekt ein - jedoch bei Cluytens (und ein paar anderen wie z.B. Manuel Rosenthal) empfinde ich das Klangereignis stimmig!

    Aufnahmetechnisch klingen viele Aufnahmen sehr gut - egal ob Mono (oft gerade die!) oder Stereo.

    Ein sehr seriöses Textheft mit allen wichtigen Angaben, sehr schöne Präsentation der originalen Cover-Art (in nicht ganz formatfüllender Größe, aber manchmal zusätzlich mit dem Cover der "Auffüll"-Aufnahme).

    Eine ganz wunderbare Box für alle, die neugierig auf unbekanntes Repertoire sind, Frankreichs Orchesterkultur (die meisten Aufnahmen) von der besten Seite kennenlernen und sich von der vielschichtigen vitalen Musikalität von Cluytens mitreißen lassen möchten!

    Eine in jeder Hinsicht uneingeschränkte Kaufempfehlung!
    The Art of Artur Rodzinski The Art of Artur Rodzinski (CD)
    05.08.2017
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Nichs neues und keine neuen Transfers

    Diesmal sehr kurz:

    Eine "zusammengeräuberte" Box der WESTMINSTER, EMI-Portrait und GREAT CONDUCTORS Veröffentlichungen. Eingefleischte Rodzinski Liebhaber werden JEDE dieser Aufnahmen bereits auf CD haben (Die Aussagen des sehr geschätzten John Fowler auf amazon.co.uk sind diesmal nicht vollständig): ALLE hier veröffentlichten Westminster-Aufnahmen sind in der großen Koreanische Westminsterbox vorhanden!

    Die drei Sterne gelten somit als Warnung für die, welche diese drei erwähnten VÖs bereits besitzen.

    Wer Rodzinsky kennenlernen möchte, ist natürlich gut und preiswert bedient. Die Transfers sind quasi von den originalen CD-VÖs kopiert, wobei mir die Originale allesamt minimal besser klingen. Da die Korea-Box mittlerweile sehr teuer geworden ist, ist die Sribendium-Veröffentlichung natürlich höchst interessant.

    Für Hörer, denen diese Platten also unbekannt sind, natürlich vier Sterne für die Scribendium-Box.
    Nathan Milstein - Great DG & EMI Recordings Nathan Milstein - Great DG & EMI Recordings (CD)
    05.08.2017
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    eigentlich 10 Sterne . . .

    Perfekte Überspielungen (von "erfreulich anders" bis "wesentlich besser" als alle bisherigen CD-VÖs)! Die CDs sind ein Traum an Remastering: rund, voll, weich, detailreich und gegenüber den Originalen (als Referenz die LPs) nicht mit Zusatzhall o.ä. verschandelt. Die Aufnahmen klingen zum Großteil auch unverschämt gut. Selbst manche Mono-Aufnahmen (Z.B. Brahms Violinkonzert mit Steinberg) klingen wie gestern aufgenommen . . .

    Immer höchste interpretatorische Stimmigkeit und Individualität (womit ich nicht Willkür oder "anders-sein-wollen" meine), einiges ist aber schlicht sensationell. Für mich persönlich ist es in der Andersartigkeit zu Heifetz eine Erfüllung und Ergänzung - womit ich meine, dass Milstein noch Dinge sagt, die Heifetz nicht erwähnt oder dieser eben ein Werk ganz anders beleuchtet. Es ist einfach herrlich, diese Art des Musizierens zu erleben - z.T mit wenig Vibrato und ungeheuer viel Farben im mezzo und pp.

    Milstein erzählt immer dramatische oder lyrische Geschichten, es wird in Idee und Ausführung des Werks Ungeahntes hörbar.
    Zudem habe ich hier die Qualität des Dirigenten Pinchas Steinberg entdeckt. Herrlich z.B. die schon erwähnte Brahms-Aufnahme mit Pittsburgh.

    Meines Wissens bietet diese Sammlung auch die kompletten EMI und DG - es fehlen natürlich die Columbia Aufnahmen ais den 30er und 40ziger Jahren.

    Sehr gut gelungen und liebevoll die originale Cover-Art mit dem Ehrgeiz, die CD-Rücken lesbar zu gestalten.

    Und da ist der einzige Nachteil der Box: Prinzipiell passen die CDs in die Box, aber die breiten Rücken verursachen eine immense Quetschung. So eng habe ich noch nie eine CD-Box gepackt gesehen.

    MEIN TIPP:
    Jede zweite CD umdrehen!!! (dass also die breiten Rücken gleichmäßig auf links und rechts bzw oben und unten verteilt sind)
    Dann kann man die CD-Nummer an jeder zweiten CD lesen und weiß die umliegenden Nummern - und dennoch passen die CDs grade so in die Box.

    FAZIT:
    Diese CD-Box ist qualitativ unverzichtbar - zuallererst natürlich wegen des unvergleichlichen Milstein, der Orchester und Dirigenten, der Stückeauswahl, oft der Aufnahmetechnik, überall wegen der höchsten Überspielqualität und insgesamt der liebevollen Aufmachung!

    PREIS:
    Wenn JPC tatsächlich diese Box zu diesem Preis (jetzt nochmal um 10 Euro auf 139.- Euro reduziert!) liefern könnte, dann wäre das eine Sensation (ich schreibe im Konjunktiv, da ich nach einem Warten von 3 Wochen bei JPC ohne Nachricht dann doch in den USA bestellt habe). Ansonsten muss man dafür weltweit mindestens 50.- Euro mehr hinlegen!
    Sergio Fiorentino Edition 4 - Early Recordings Sergio Fiorentino Edition 4 - Early Recordings (CD)
    12.05.2016
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Frühe Aufnahmen eine wirklich großen Pianisten und Musikers

    Wie andere Rezensenten hier gebe ich gern zu, dass ich nun erst nach Jahrzehnten der Entdeckungsreise durch die Klavierliteratur, der Beschäftigung mit Pianisten (eine andere Entdeckung war für mich von einem knappen Jahr Guiomar Novaes) und laufenden eigenen Klavier-Aufnahmeprojekten (aktuell 57 CDs JAW-Records) auf den Italiener Sergio Fiorentino (1927-1998) gestoßen bin.

    Fiorentinos "Karriere" weist Brüche und lange Pausen auf, was sich auch an seiner Hinterlassenschaft an Aufnahmen zeigt. Frühe Aufnahmetätigkeit von 1953 bis 1965 mit einigen äußerst hitzigen Aufnahmen mit unglaublichem pianistischem Feuerwerk und die späten digitalen Studioaufnahmen von 1993 bis 1997, welche tendenziell den Schwerpunkt auf das Innere (oder innerlich Erlebte) der Werke legen, ohne wo es nötig ist Virtuosität vermissen zu lassen. Dabei haben einzig die klanglichen Möglichkeiten von den frühen bis zu den späten Aufnahmen minimal nachgelassen.

    EARLY RECORDINGS 1953-1966 (10 CD Box von Piano Classics)

    Sergio Fiorentino (den Horowitz und Michelangeli sehr geschätzt haben) zeigt sich hier von seiner aufregendsten und pianistisch vielseitigsten Seite und ist dennoch immer voll Noblesse.

    CD1
    Die Aufnahmen dieser CD stammen von 1953 bis1955 (ganz frühe "Concert Artist" Aufnahmen), die Aufnahmen der CD2 bis CD10 sind 1959 bis 1966 entstanden.
    Beethovens 32 c-Moll Variationen hochexpressiv und hochvirtuos (leichte Tonhöhenschwankungen, es existiert als Quelle nur eine Testpressung)! Bei Chopins b-Moll Sonate reizt natürlich der Vergleich mit der Stereo-Einspielung aus den 90zigern. Beide haben für mich Stärken und Schwächen. Was in der ersten in klanglicher Beherztheit und Feuer überzeugt, gefällt in der zweiten an ruhiger Gestaltung.
    Mozarts Klavierkonzert Nr.21 C-Dur (vom Masterband) sprudelnd und fast sportlich im Kopfsatz. Auch wenn Fiorentino später nicht so glücklich mit der Einspielung war ("ich hätte doch viel achtsamer sein sollen"), so überzeugt sie doch in ihrer "Spontaneität“, Frische und Vitalität. Ich hätte dem, Pianisten eine manchmal etwas dezentere, weniger ruppige Begleitung gewünscht (mag auch an dem sehr direkten Aufnahmeklang des kleinen Studios liegen).
    Beethovens "Appassionata" (Masterband verloren, Transfer von einer kommerziellen Schallplatte) in großer Linie mit der anmutigen Leichtigkeit Fiorentinos, in die er alle virtuosen Ansprüche packen kann. Aber wie es unter der Understatement-Oberfläche brodelt!

    CD2
    Bach Chromatische Fantasie und Fuge BWV 903 ganz ergreifend in der Intensität und auch Depressivität gegen Ende der Fantasie) und - wie das Italienische Konzert - in hervorragendem Stereoklang! Präludium und Fuge BWV 532 und Chaconne BWV 1004 (beides Bearbeitungen von Busoni) haben ein engeres Klangbild, was den großartigen Interpretationen keinen Abbruch tut. Beethovens "Pathetique" ist wie die "Mondscheinsonate" (CD3) ein sehr guter Transfer von Stereo-LP.

    CD3
    Die Mondscheinsonate und Waldsteinsonate in stärkster Konsistenz. Die Waldstein klingt nicht ganz so gut wie die Mondschein. Schumanns Faschingsschwank sehr direkt und (mittlerweile) meine Lieblingsaufnahme der Kinderszenen – ganz schlicht, aber auch extrem Ausdruckstark in der Aussage. Klang sehr gut.

    CD4
    Schumanns Carnaval, Arabesque und die Sinfonischen Etüden sind in den 1965ziger Aufnahmen einfach einmalig: das fast schamhafte Verstecken der höchsten Virtuositätskünste, die Linie und überzeugende Musikalität, die Klangrede und absolute Natürlichkeit. Die großartigen m.E. konkurrenzlos gespielten Brahms Paganini Variationen sind vom Masterband.
    Außer dem Faschingsschwank sind alle anderen Schumann Aufnahmen von 1965 auch auf der APR CD „Fiorentino - early records Vol.6“ veröffentlicht.

    CD5
    Brahms Händel Variationen mit wenig Konkurrenz, zwei spritzige Mendelssohn, Rachmaninoff acht Etudes Tableaux op.33 mit rhythmischer Grazie, feinem Duft und dennoch reichlich russischer Erde. Klanglich ganz raffiniert und sehr gut aufgenommen (1962). Die „Polka de W.R.“ – sowas kann heute niemand mehr so spielen. Eine klangliche und agogische Raffinesse, die eines Horowitz würdig wäre!

    Die CDs 6 bis 10 sind komplett der Musik Frederick Chopins gewidmet:

    CD6
    Die vier Balladen und die vier Scherzi in zum Teil extremen, rhapsodischen und erfrischend freien unkonventionellen Lesarten – besonders die Scherzi (Nr.1 ist aberwitzig!). Schade, dass er Klang der Aufnahmen nur passabel ist. Dennoch sind Fiorentinos klangliche Möglichkeiten gut zu hören: der farbige singende Ton, die Klangfülle im pianissimo.

    CD7
    Alle 27 Etüden. Op.10 in sehr direktem klarem Klang. Höchste Farbigkeit und Abwechslung. Jede Etüde hat bei Fiorentino ihren ganz eigenen Charakter und ihre eigene „Geschichte“. Bei manchen der schnellen Miniaturen kommt man kaum mit dem Hören der Töne nach, die langsameren ganz unaufgesetzt träumend, subtilste Pianissimokultur. Op.25 klangtechnisch nicht ganz so gelungen wie op.10, aber musikalisch nicht minder aufregend und absolut überzeugend, ebenso wie die sehr gut klingenden Trios Nouvelles Etudes.

    CD8
    19 Walzer und 4 Impromptus. Nicht mit allen Walzers kann ich etwas anfangen (was durchaus an meiner nicht allzu großen Affinität liegen mag), aber ein paar der schwermütigeren sind ganz bezaubernd gelungen. Die rhythmische Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit und dennoch mit großer Raffinesse sind gerade bei den Walzern ein Segen. Wieviele Pianisten drechseln da sonst künstliches Zeug . . . Klanglich unterschiedlich von akzeptabel bis ordentlich - wobei man generell sagen muss, dass die meisten der Aufnahmen in dieser 10CD-Box nicht gerade den Stand der Aufnahmetechnik der Anfang 60ziger Jahre widerspiegeln.

    CD9+10
    18 Polonaisen und die große Fantasie über polnische Themen op.13.b beim Andante spianato glaubt man in der Begleitung eine Harfe und manchmal ein Marimbaphon zu hören. Unglaublich, was Fiorentino besonders im Feinen und Leisen für eine Klangpalette zaubern konnte. Auch hier sprechen mich die vielen Schattierungen und die Tiefe der dunkleren Polonaisen mehr an als die auftrumpfende virtuose Geste der „repräsentativen“. Klanglich sind die Aufnahmen unterschiedlich geraten aber im Schnitt etwas besser als bei den Walzern. Die abschießende Aufnahme mit Orchesterbegleitung (Grand Fantasie) ist sehr gut gelungen.


    EDITION:

    Piano Classics hat sich in dieser Ausgabe sehr seriös um Editorisches bemüht. Der englischsprachige Text ist sehr informativ und wichtig zur Klärung der frühen Aufnahmesituation Fiorentinos, die Digitaltransfers von der teilweise sehr minderen analogen Quellen sehr ordentlich. Insgesamt eine hervorragende Ausgabe, an deren Zustandekommen und qualitativ hohem Anspruch wieder der deutsche Lehrer Ernst A. Lumpe (der auch den englischen Text geschrieben hat) maßgeblich beteiligt war.

    WARNUNG NEBENBEI:

    Unter dem ursprünglichen Labelnamen "Concert Artist" (CACD) werden weitere Fiorentino CDs vertrieben, welche aber mit Vorsicht zu genießen sind. Es ist nicht überall klar, ob wirklich auch Fiorentino spielt, der Klang ist sehr unterschiedlich und es sind CD-Rs (also gebrannte CDs). Auch wenn das Programm reizt (Mozart, Beethoven, Chopin) - unbedingt die Finger davon lassen, falls man auf solch ein Angebot stößt . . .

    FAZIT:

    Wer es zu Beginn des Kennenlernens ganz aufregend haben möchte und wen eine teilweise eingeschränkte Klangqualität (nicht immer, der Bach klingt hervorragend!) nicht stört. der sollte mit dieser 10-CD Box von Piano Classics mit den frühen Aufnahmen 1953-1966 starten. Unbedingt des Kennenlernens wert!
    Wen eine eher verinnerlichen Sicht in guter Klangqualität interessiert, der sollte die Piano Classics 10-CD Box "The Berlin Recordings" mit Aufnahmen von 1994 bis 1997 kaufen.
    Ein Kompromiss aus beiden Boxen sind die 6 CDs von APR "Early Recordings" (pianistisch grandios und sehr ordentliche CD-Transfers der nicht leicht zu remasternden Aufnahmen).
    Alle CDs des Pianisten und Musikers lassen den unvoreingenommenen Hörer die gespielten Werke quasi neu erleben. Die VÖs von APR sind qualitativ optimal, die von Piano Classics sehr ordentlich - alle diese CDs sind ihr Geld wert!

    Ich habe volle 5 Sterne gegeben, obwohl manche Aufnahmen klanglich eher schwach sind. Aber das Spiel Sergio Fiorentinos wischt diese Mankos immer beiseite und ist jederzeit in seiner Aussage klar zu hören und zudem ist das ja vielleicht das Optimum, das die Quellen (die Masterbänder sind oft verloren) hergeben. Zudem ist die VÖ eine Großtat von wenigen Enthusiasten.

    - - - - -

    Über ein Feedback (Kommentare) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner über 300 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Svjatoslav Richter - Eurodisc Recordings Svjatoslav Richter - Eurodisc Recordings (CD)
    11.05.2016
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Sehr gute CD-Transfers!

    VORAB EIN HINWEIS: Die erste Charge der CD-Box war bei 4 CDs fehlerhaft produziert. Der Fehler sollte bei JPC-Auslieferungen aber nicht mehr auftreten, aber VORSICHT BEI KAUF VON PRIVATANBIETERN AUF ANDEREN SEITEN (zumindest den Verkäufer vorher fragen, ob es sich um die fehlerbereinigte Neuauflage handelt), wenn man keine Umtauschumstände haben möchte!

    RICHTERS EURODISC-AUFNAHMEN

    Wieder eine hervorragende Ausgabe durch Sony - diesmal der Sviatoslav Richter Einspielungen für das Label Eurodisc, welches später zur RCA / BMG gehörte und somit nun bei Sony gelandet ist.
    Die Aufnahmen entstanden alle als Studio-Produktionen in Salzburg, Wien und München.

    CD1+2 - Bach WK1

    Oft wird Richter ein romantisches Bach-Bild nachgesagt. Natürlich ist Richter tendenziell kein 'nüchtern distanzierter' Pianist (was ja immer noch mit dem Wort 'modern' bezeichnet wird), natürlich spiel er Bach auf dem modernen Flügel und er achtet auch auf Klangfarben usw.
    Aber Richter verwendet keine extremen Tempi (wie Gould), arbeitet nicht mit einer die Tempi beugender Agogik, ebenso gibt es keine anderen Tempo-Schwankungen. Dass auch für Bach die Musik Ausdruck von Gefühl ist, wird wohl keiner bezweifeln, der die Passionen des Meisters gehört hat.
    Richter achtet auf Klangfarbe und -fülle, 'sein' Bach ist durchaus sehr expressiv, aber auch klar in der Struktur und dem Aufbau und er verliert nicht den Faden und die Kraft für das Ganze. Die Summe dieser Meriten können nicht allzu viele Pianisten aufweisen . . .

    Der Klavierklang kommt im WK1 von natürlich bis leicht belegt rüber, es sind Verstärkungen der Frequenzen im Mittelbereich zu hören, die durch den gut Aufnahmeraum zustande kommen. Aber es handelt sich jedoch nicht um einen unangenehmen Hall, sondern macht den Eindruck eines Konzerts in einem eher kleiner dimensionierten Saal ohne Publikum - was ja auch genau die Aufnahmesituation beschreibt.

    Die CDs 1 und 2 sind die einzigen, die vom Remastering her deutlich eine Spur zu viel des Guten an Rauschunterdrückung erfahren haben. Es sind sogar minimal Artefakte im oberen Frequenzspektum zu hören - aber alles bewegt sich im grade noch akzeptablen Rahmen. Wer WK1 bereits als CD-Box (mit mehr Band-Rauschen) hat - unbedingt vergleichen, was da mehr dem persönlichen Geschmack entspricht.
    Alle anderen CDs sind - das sei vorneweg gesagt - perfekt remastert!

    CD 3+4 - Bach WK2

    Gegenüber dem WK1 ist der Klang präsenter und trockener, obwohl im selben Raum aufgenommen. Dieser fällt als 'akustischer Mantel' völlig weg. Dennoch klingt die Aufnahme nicht stumpf, eher im Forte etwas spitz und hart. Die Struktur und das kammermusikalisch 'Unkonzerthafte' kommt so noch mehr zum Tragen. Für mich ein schlüssiges Konzept, das ich mir auch für WK1 gewünscht hätte.

    CD4 hat übrigens 81:30 min Spielzeit. Da hat man es mit der 12er-Einteilungs sehr genau genommen, denn die CD 3 ist mit knapp 67 min bespielt ist.

    CD 5 - Beethoven (Variationen op.34, 76 und 35)

    Seltsamerweise werde ich nicht ganz warm mit allen den Einspielungen der drei Variationswerke. Irgendwie scheint mir Richter stellenweise etwas 'sediert' . . . Aber angesichts dessen, dass es eh wenig gute Einspielungen dieser Werke gibt (mal von den Erioca-Variationen abgesehen), ist die Einspielung dennoch hörenswert.
    Diese Einspielungen zeigen wieder ein Klangbild mit mehr Raumklang, ähnlich wie das WK1.

    CD 6 - Beethoven (op. 90) + Schumann (Sinfonische Etüden)

    Für meinen Geschmack optimal aufgenommen.
    Sehr direkter Klang und dennoch mit der Blume des Raumklangs.

    CD 7 - Schumann (Bunde Blätter) Brahms (aus op. 118)

    Ein nicht zu versponnener aber sehr sensibler gesunder Schumann, ein unverzärtelter, kraftvoll zupackender Brahms und dennoch mit viel Raum für Feines. Alles ganz eloquent und natürlich.
    Das Klangbild ist der CD 6 sehr ähnlich, also sehr gut und der Musik angemessen.

    CD 8 - Rachmaninoff (Preludes)

    Das Spiel von Richter ist bei dieser Rachmaninoff-Platte ganz grandios!
    Der Klang der Aufnahme selbst ist ausgezeichnet.

    CD 9 - Schubert Sonate c-moll und Impromptu As-Dur

    Ausgezeichnete referenzhafte Einspielung der c-moll Sonate ('konventioneller' wie bei der B-Dur Sonate) und auch des Impromptu As-Dur.
    Klavier ist tiefer im Raum zu hören, also in mittlerer Entfernung, aber noch nicht zu weit entfernt. Der unmittelbare kraftvolle Zugriff der Sonate auf den Hörer geht dadurch etwas verloren. Es treten zwar Raumreflexionen auf, die im Mittelbereich wieder etwas verunklarende Verstärkungen (Interferenzen) geben, aber dennoch ist kein wirklicher Hall zu hören. Vielleicht wurde der Raum ja abgedämpft. Kein optimaler Aufnahmeklang, aber durchaus passabel. Das Impromptu klingt übrigens deutlich präsenter und somit für mein Empfinden besser.

    CD 10 - Schubert B-Dur Sonate

    Wahrscheinlich DER 'Klassiker' der Richter Eurodisc-Aufnahmen, an dem sich immer noch die Geister scheiden. Immerhin benötigt er für den Kopfsatz 24:28 min, hält sich mit den restlichen Sätzen aber durchaus im üblichen Rahmen. Die Gesamtspielzeit beträgt 46: 32 min.
    Die Tontechniker haben anscheinend leider während der Aufnahme mit der Mikro-Positionierung experimentiert. Der dritte Satz klingt deutlich halliger bzw. weiter entfernt als die anderen drei ausgezeichnet aufgenommenen Sätze.

    ALS ANREGUNG:
    Die Einspielung durch Michael Nuber aus meiner Eigenproduktion (JAW-Records) dauert 55:40 min mit einer Dauer des Kopfsatzes von 28:26 min. Es dreht sich dabei aber nicht um das Aufstellen von Langsamkeits-Rekorden, sondern um das Potenzial an Kontemplation und bleierne Zeitlupenstarre der Empfindung, die der Sonate (1ter, 2ter und - anders geartet - auch 4ter Satz) innewohnt. Das hat vor Schubert und auch danach bis in die zweite Hälfte des 20ten Jahrhunderts hinein kein Komponist gewagt.

    CD 11 - Beethoven Sonaten Nr.3+4

    Ein frischer lebendiger Beethoven auf solidem Fundament. Nichts ist übertrieben oder gewollt, alles ist klug disponiert und dennoch nicht 'abgezirkelt' mit großer dynamischer Bandbreite und eher entspannten Tempi. Ehrliches Musizieren ohne Extravaganzas.
    Das Klangbild meinem Geschmack nach minimal zu hallig bzw. das Klavier etwas weit entfernt (aber keineswegs so 'schlimm' wie z.B. beim Beethoven mit Schiff) und erhält durch die Entfernung einen natürlichen, aber fast monauralen Höreindruck. Der Eindruck ist ähnlich dem WK1. Wohlgemerkt: das liegt an der Aufnahme selbst und nicht an dieser Ausgabe oder dem Remastering.

    CD 12 - Chopin 4 Scherzi

    CD 13 - Tschaikowsky (Die Jahreszeiten) Rachmaninoff (Etudes-Tableaux)

    Stimmungsvoller Tschaikowsky (schade, dass Richter nur vier Nummern aus 'die Jahreszeiten' spielt!) und ein phantastischer Rachmaninoff! Wunderbare Stückauswahl und phantastisches Spiel mit Hervorhebung des Modernen (auch Wildem), Expressivem und Impressionistischem. Für Hörer, die Rachmaninoff nur von den Klavierkonzerten oder den paar vielgespielten Klavierstücken her kennen eine echte Entdeckung! In vielem stehe ich Richter nicht ganz so enthusiastisch gegenüber, aber dieser Rachmaninoff hat mich vollkommen überzeugt!
    Natürlicher Aufnahmeklang mit nicht allzu großen Raumklanganteilen, was der Durchsichtigkeit besonders bei Rachmaninoff gut tut.

    CD 14 - Tschaikowsky (Klavierstücke)

    Wie Richter die doch kaum gespielten kleinen Klavierstücke Tschaikowskys adelt! Mir persönlich waren sie alle unbekannt und dennoch erkannte ich eines - aus 'Der Kuss der Fee' von Strawinsky.
    Ein sehr natürliches und Räumliches Klangbild.

    DIGITAL-TRANSFERS

    Die Digitaltransfers sind so gut, dass die Unvollkommenheiten (mag natürlich Geschmackssache sein) mancher Aufnahmen endlich als solche wahrgenommen werden können und nicht dem Klang oder einem Mangel an Balancefähigkeit des Pianisten zugeschrieben werden.
    Der Klang ist eher weich, aber so klar wie möglich, nicht eng, ausgezeichnet in der Farbwiedergabe und nicht verzerrt. Die Aufnahmen klangen nie so gut wie in dieser Ausgabe. Eine ausgezeichnete Arbeit des japanischen Remasterers Yukio Takahashi!

    EDITION

    Eine sehr ansprechende Aufmachung, wie sie mittlerweile bei den Sony-Boxen mit originalen LP-Zusammenstellungen mit originalen Covers und Rückseiten dankenswerterweise Gang und Gäbe ist.
    Die Werke der 14 CDs sind im Textheft (mit 6 Seiten fundiertem Text auf Deutsch von Guido Fischer) ausführlich mit allen relevanten Daten über Aufnahme usw. aufgeführt.

    Die CDs sind leicht aus den eher dünnen (aber dennoch stabilen) Papp-Hüllen zu nehmen, die Drucke der Covers sind perfekt. Die Box ist genügend stabil und eine wunderbare ergänzung zu der vorausgegangenen Sony-Box mit den RCA- und Columbia-Aufnahmen.

    FAZIT:

    Viereinhalb Sterne wäre die genaue Bewertung von mir wegen der kleinen bzw. mittleren Abstriche beim Remastering des WK1.

    - - - - -

    Über ein Feedback (Kommentare) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Erik Satie & Friends - Original Albums Collection Erik Satie & Friends - Original Albums Collection (CD)
    11.05.2016
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    voller Überraschungen!

    Eine Erik Satie plus anderer französischen Komponisten Box mit 13 CDs? Ist das attraktiv zu kaufen? Hört man denn je mehr als vielleicht 15 Kompositionen des Komponisten? dazu noch mit mehrmals den bekannten Gymnopedies (in Klavier- und Orchesterfassung), heute kaum mehr bekannten Interpreten und anfangs historischen monauralen Aufnahmen?
    Ich für mich gebe (mit Einschränkung) die Antwort: JA - auch wenn ich das VOR dem Kauf wirklich nicht hätte abschätzen können. Die Abwechslung durch immer wieder andere Komponisten, dann das so unterschiedliche Klavierspiel der Pianisten - und somit auch der eigene Wille, Neues bei Satie zu entdecken. In der großen Ciccolini-Box von EMI sind ja auch zwei Zyklen der Klavierwerke Saties enthalten. Da es aber immer der gleiche Interpret ist, hört man die nicht so neugierig an wie bei diesen in vieler Hinsicht abwechslungsreichen Aufnahmen.
    Vier der 13 Scheiben hätten für mich nach den Hören nicht unbedingt dabei sein müssen - und ganz klar: Für "Normal-Hörer" oder nicht Liebhaber des französischen und von Satie muss die Box nicht unbedingt sein.

    Die Platten sind (bis auf die letzte CD) ziemlich genau chronologisch nach den Aufnahmedaten angeordnet.

    CD1 (Columbia mono 1950)
    Poulenc spielt Poulenc und Satie. Eine Platte, die zeigt was der Komponist als Pianist alles drauf hatte! Der Satie ist natürlich nicht romantisch, aber doch mit Herz gespielt. Ein guter Einstieg in die sehr abwechslungsreiche Box! sehr guter Monoklang.

    CD 2 (Columbia mono 1950)
    Pierre Bernac singt Poulenc, Chabrier, Debussy und Satie. Francis Poulenc begleitet am Klavier. Für mich nach längerem Hören wegen Bernacs ganz speziellem Vibrato, in das er die Intonation "hineinschiebt", doch etwas anstrengend. Aber Poulenc hat den Sänger sehr geschätzt!

    CD 3 (Columbia mono 1952/1953)
    Das Klavierduo Gold und Fizdale ist heute kaum mehr bekannt, obwohl es einige ganz tolle Platten mit den beiden gibt. Besonders gefreut habe ich mich auf dieser Platte über Debussys "6 Épigraphes antiques". Wie bei Poulenc und später bei den Casadesus ein sehr klares, alle romantischen Verwaschungen und unbegründeten agogischen Beugungen vermeidendes Klavierspiel.

    CD 4 (Columbia stereo / mono 1959)
    Halb in Stereo, halb in mono - was aber nicht stört. Das Klavierduo Robert und Gaby Casadesus spielen Debussys "Petite Suite" ganz unromantisch klar und kräftig. Saties "Drei Stücke in Form einer Birne" (seine Reaktion auf den Vorwurf der Formlosigkeit seiner Stücke) werden auch als "moderne" Musik gespielt, mit teils mitreißender rhythmischer Prägnanz. Auch bei Chabriers 3 Walzern und Dolly von Fauré erhält das romantische Element zugunsten von Struktur und Rhythmus eher weniger Raum. Sehr klare und direkte Aufnahme mit vollem Klang.

    CD 5 (RCA stereo 1966)
    War für mich ein Grund für den Kauf der Box. Der ersten VÖ (mit Strauss-Oboenkonzert mit Delancie - phantastisch!) fehlte eine der beiden eingespielten Gymnopedie, die japanische VÖ ist sehr gut. Das Remastering dieser Box lässt aber exakt den Dynagroove-Klang der originalen Platte in USA-Pressung erkennen -erstaunlich wie so etwas hinzubekommen ist.
    Eine wunderbar aufgenommene Platte mit einem hervorragenden John Delancie und ausgezeichnetem LSO unter dem jungen Previn.

    CD 6 (RCA stereo 1968)
    Für mich einer der absoluten Höhepunkte der Box! William Masselos spielt die kluge abwechslungsreiche Auswahl in "Sports et Divertissements" und den anderen quirligeren abwechslungsreichen Stücken mit Klangsinn, Klarheit, Witz und Finesse und die 3 Gymnopedie und 3 Gnossiennes zudem noch mit dem rechten Maß an Freiheit und romantischer Empfindung, ohne süßlich oder langweilig zu werden. Die Zitate und Persiflagen (z.B. in "Embryons desséchés") werden lakonisch dargeboten. Für mich eine der allerbesten Klavierplatten mit Musik Saties! das Klangbild ist ganz typisch für die RCA-Klavieraufnahmen der Endsechziger.

    CD 7 (Columbia stereo 1970)
    Entremont dirigiert das RPO ausschließlich mit Satie Werken. "Parade" ist (im Gegensatz zur Aufnahme auf CD 13) in Originalgestalt zu hören, kann für mein Empfinden aber so mancher Konkurrenz (z.B. Abravanel oder Markevitch) nicht ganz standhalten - was aber wiederum Geschmackssache sein mag. Jedenfalls ist eine sehr gute Orchesterleistung mit differenziertem Spiel zu hören. "Relache" ist selten aufgenommen und somit per se erfreulich zu hören. Die Gymnopedie haben hingegen zuviel Konkurrenz - als Studioproduktion ganz vornean die hier enthaltenen Einspielungen mit Previn und Koussevitzky.
    Der Klang der Aufnahme etwas entfernt, aber dennoch ausreichend klar.

    CD 8 (Columbia stereo 1970/1972)
    Entremont spielt Ravel, Debussy, Chabrier und Satie. Sehr elegantes und rhythmisch zupackendes Klavierspiel (Ravel Rigaudon). Der Klavierton ist sehr direkt abgenommen, was wohl im Forte und bei Akzenten einen härteren und eckigeren Klangeindruck beschert, als es im Saal zu hören war und die dynamische Entfaltung des Instruments deutlich einschränkt und so ein eher flaches, komprimiertes, etwas "weißes" Klangbild ergibt.
    Eine Platte mit Meriten, der mir doch etwas (wahrscheinlich wegen der Tontechnik) das Klangliche fehlt.

    CD 9 (Columbia stereo )
    Auf die Platte mit Régine Crespin (Ravel + Satie) hatte ich mich gefreut, da ich sie als LP nicht kennengelernt hatte. Meine Freude wurde aber schnell gedämpft, da die große Sängerin 1979 zum Zeitpunkt der Aufnahme doch schon deutlich über den Zenit ihrer Kunst hinaus war, was sich leider in den höheren Lagen zwar nicht mir unsauberem Singen, aber angeschliffenen Tönen und angestrengtem, nicht mehr klar fokussiertem Klang bemerkbar macht. Der Zauber, den Crespins Bögen und Klangfarben ausmachten ist nur noch zu ahnen. Zu sehr fallen schon die zweigestrichenen f aus der Linie. Musikalisch und von der Stückeauswahl her ist die Einspielung natürlich gelungen.

    CD 10 (Columbia Stereo)
    Daniel Varsano war mir ebenfalls nicht geläufig und diese reine Satie-CD ist auch eine positive Überraschung. Ein ganz anderer, leichterer und heller Klavierton als bei Masselos, der durchaus eher massevoll ist :-). In den 3 Gymnopedie und 5 Gnossiennes mit sicherem Gefühl für das Ein- und Ausschwingen, in den 2 Sarabandes mit nachdenklichem Feingefühl, wie wenn es Musik von Webern wäre. Für mich nicht ganz so spannend wie Masselos, aber dennoch ganz hochkarätig. Ist aber sicher Geschmackssache - vergleichen sie einfach mal die zwei Einspielungen von "Emryons desséchés". Mir gefällt da der aufsässige Biss und das Geistreiche von Masselos besser (z.B. die "falsche" Begleitung im "Zitat" aus dem Mittelteil des Chopin Trauermarschs).
    Sehr angenehm, eher direkt und dennoch nicht erdrückend aufgenommen.

    CD 11 (Columbia stereo)
    Die Soloklavier Satie Platte von Philippe Entremont ist nicht nur im selben Jahr wie Varsano aufgenommen (1979), sondern klingt auch ähnlich (minimal entfernter mit etwas mehr Raumklang). Anfangs wird man mit zwei sehr salonhaften Walzern eingelullt, die drei Gymnopedie halten m.E. allen anderen Interpretationen hier nicht stand, weil einfach nur zu einförmig gespielt. Die "Descriptions automatiques" zünden erst im dritten (letzten) Stück, die "3 Valses distinguées" haben mehr Profil, auch die 3 ausgewählten "Gnossiennes" sind profilierter gespielt.
    Die Platte ist nicht schlecht, aber zündet - zumindest bei mir - nicht recht. Zumindest sind ein paar selten gespielte Stücke zu hören, welche aber manchen Hörer enttäuschen könnten, da sie weder die kontemplative noch die bissig-witzige Seite Saties zeigen - zumindest nicht in der Einspielung von Entremont.

    CD 12 (RCA stereo 1977)
    Charles Gerhardt dirigiert das National Philh. Orch.: Satie Fauré und Ravel
    Sehr ordentlich aufgenommen, in den Streichern minimal belegt (was durch den CD-Transfer kommen kann). Dirigat etwas "gediegen" - das Wort "fade" oder "langweilig" möchte ich nicht gebrauchen, da diese Sicht eben auch möglich, nur halt nicht spannend ist. Die werkauswahl ist mit den zwei orchestrierten Gymnopedie, der Pavane von Fauré und Ravel und dessen "Introduction und Allegro" auf der meditativ oder "kuschligen" Seite. da fügt sich auch "le Tombeau" großteils ein. Somit könnte man sagen: Eine praktisch verwendbare platte (ok - böser Scherz)

    CD 13 (Columbia mono, ursprünglich zwei Platten - alles 1945-1949)
    Ganz hervorragend das 4te Klavierkonzert von Saint-Saens mit Robert Casadesus und dem NYP unter Rodzinski - auch in ausgezeichnetem störungsfreiem Klangbild für 1945! Ebenso der Satie von 1946 mit Gaby und Robert Casadesus, der m.E. die ebenfalls sehr gute Einspielung von 1959 übertrifft.
    Dann die zweite Platte mit zwei kurzen Satie Liedern mit Tourel und Reeves am Klavier, sehr gelungen. Die erste Gymnopedie mit Koussevitzky / BSO (schon damals mit hervorragendem Oboisten!) von 1930 ist der Live-Aufnahme mit Reiner / CSO verblüffend ähnlich - auch im extrem langsamen Tempo (4 min!) - ganz großartig und verzaubernd! Die zweite Einspielung von 1949 (plus der 3ten Gymnopedie) hat nicht mehr ganz den Zauber, stellt aber trotzdem falls alle Konkurrenz in den Schatten. Übrigens weicht die erste von der zweiten Einspielung annähernd einen Halbton ab. Die erste scheint zu hoch, die zweite zu tief beim CD-Transfer abgespielt worden zu sein. Somit wäre die erste Einspielung korrekt abgespielt eigentlich nochmal einige Sekunden länger . . .
    Zudem noch (leider etwas für die Aufnahme bearbeitet bzw. gekürzt) "Parade" mit Efrem Kurtz (kaum mehr bekannter hervorragender Dirigent) und dem Houston S.O. Eine fließende und nicht hölzern starre Einspielung, wie man sie zumeist hört. Alles swingt entspannt - sogar die Schreibmaschine und der (im Schlagzeug nur angedeutete) Revolver :-)

    EDITION

    Erik Satie and Friends" ist wieder eine CD-Box von Sony in ansprechendem Äußeren, im bewährter Original-Cover Aufmachung mit allen Daten und fünfeinhalb seitigem deutschen Text von Caroline Potter. Für Satie-Freunde eigentlich ein muss und auch neugierigen und wagemutigen Musikliebhabern empfohlen! Auch wenn ich für einige Aufnahmen keine Vergleichsmöglichkeit habe: es handelt sich wohl um hervorragende CD-Transfers!

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    Über ein Feedback (Kommentare) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Konzert für Violine,Horn & Orchester Konzert für Violine,Horn & Orchester (CD)
    11.05.2016
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    ganz große Musik - unbedingte Empfehlung für Neugierige!

    Was "Modernität" angeht ist Ethel Smyth (1858-1944) sicherlich nicht der letzte Schrei ihrer Zeit gewesen - dennoch bewegt sie sich durchaus zwischen Romantik und Moderne. Im alten Gewand stecken neue Ideen und auch die Konstruktion des Doppelkonzerts ist interessant. Die Frage wie "modern" (Klemperer sagte: "moDERN klingt für mich nach MOdern") oder "zeitgenössisch" (jeder Komponist schreibt doch letztlich für seine Zeitgenossen) ein Tonsetzer ist, sollte eigentlich müßig sein - besonders bei bereits verstorbenen.
    Ich bemühe mal folgendes Bild:
    Wenn die Wissenschaft morgen herausfände, dass die Sonne 50.000km weiter von der Erde entfernt ist als bisher gedacht - wäre es uns deshalb nun ab morgen kälter?

    Ethel Smyth (Studium in Leipzig beim Komponisten und Brahms-Freund Herzogenberg) komponierte nicht nur (u.a. einige Opern), sondern sie engagierte sich auch politisch in der Frauenrechtsbewegung (Suffragetten). Tatsächlich ist auch eine deutliche Nähe zu Brahms in der Serenade in D von 1889 (Brahms schrieb ja auch eine Serenade in D) spürbar, wenngleich auch ihre Instrumentierung farbiger als die des älteren Kollegen ist. Sie beherrscht die Meisterschaft der Bildung eigenständiger Haupt- und Seitenthemen mit sehr eleganten und organischen Überleitungen und einer kraftvollen klaren Durchführung. Der zweite kleiner instrumentierte Satz zeigt umgehend, das hier kein Epigone am Werk war: Ein brillantes sprühendes Scherzo mit nie erlahmender Kraft, Raffinesse und Witz. Auch der dritte Satz ist kein langsamer, sondern ein ebenfalls bewegtes Allegretto grazioso mit Taktwechseln, das wieder etwas "Brahmsisch" im Flair erscheint .- aber manchmal eher so wie das Klavierquartett in der Orchesterfassung von Schönberg. Das Finale hat wieder die volle Besetzung mit Trompeten - und auch hier gibt es eine Fülle an ganz originellen und eigenständigen Einfällen, die alle meisterlich verarbeitet sind, sowohl was die kompositorisch organische Logik, die Struktur und Proportionen angeht. Die Musik ist so farbig, logisch entwickelt, abwechslungsreich und kraftvoll drängend wie sie nur sein kann samt kompositorischen Finessen wie selbstverständlich daherkommenden Kontrapunkti und alles wissen über Orchestersatz, Instrumentalfarben und Spieltechniken (die dann auch hörbar sind!) rhythmische Vitalität und Entfesselung und eine perfekte Orchesterbalance. Ein Werk, dass einen Staunen macht - besonders angesichts dessen, dass die Komponistin im allgemeinen Musikbewusstsein eigentlich nicht existent ist.

    Das Doppelkonzert für Violine, Horn und Orchester ist 1927 entstanden und scheint fast von einer anderen Komponisten als der Serenade zu stammen. Der immer wieder stark harmonisch schwankende Boden hat immer noch etwas von Brahms, jedoch Komponisten wie Richard Strauss sind zwar nicht hörbar, aber man spürt deutlich, dass sie zur selben Zeit geschrieben haben. Die dreisätzige Komposition erscheint rhapsodischer und freier als die sehr klassisch übersichtlich gehaltene 38 Jahre früher geschriebene Serenade. Die Musik spricht mehr - vielleicht ist da ja der Einfluss ihres Opernschaffens spürbar? Der langsame Satz überrascht wiederum mit ganz anderen harmonischen Einfällen. Etwas Herbes liegt über dieser Elegie, aber auch etwas Visionäres am Höhepunkt und großes sehnsüchtigen Geheimnis gegen Ende. Das Finale ist dann nochmals voller Überraschungen. Beim ersten mal Hören im Radio bangte ich richtig, dass das Finale nicht gegenüber den ersten beiden Sätzen abfallen möge - aber diese Sorge war völlig unbegründet. Es ist der längste der Sätze - und (für mich zumindest) keinen Augenblick ZU lang! Es gibt nochmals eine eigene Entwicklung und natürlich eine (besonders fürs Horn abartige und hier grandios bewältigte) Kadenz. Die Musik efüllt ihren "Sinn" bis ganz zum Ende des Werks . . .

    Nicht genug damit, dass hier zwei phantastische Werkle eingespielt sind. Diese Qualität der Kompositionen wird wohl erst durch die ganz großartige Interpretation mit einem glänzend aufgelegten BBC Philharmonic unter der hervorragenden Leitung von Odaline de la Martinez deutlich. Eine ausgezeichnete Sophie Langdon (Violine) und ein phantastisch traumhafter Richard Watkins (Horn) lassen im Konzert keine Wünsche offen.

    Zum Glück hat zudem Chandos das Ganze äußerst geschickt für CD (63:46 min) eingefangen. Ein überzeugenderes Plädoyer als diese Aufnahme kann es für diese Komponisten wohl kaum geben !!!

    Ganz ganz großartige völlig unbekannte Musik, hervorragend von einem glänzenden Orchester und großen Solisten gespielt, voller Liebe, Feuer und rhythmischer Kraft dirigiert und weit über den Durchschnitt gut aufgenommen. Kurzum: Mehr geht eigentlich nicht - besonders bei Musik die es erst zu entdecken gilt!

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    Über ein Feedback (Kommentare) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Sergio Fiorentino Edition 1 - The Berlin Recordings Sergio Fiorentino Edition 1 - The Berlin Recordings (CD)
    11.05.2016
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Tatsächlich eine Entdeckung

    Wie andere Rezensenten hier gebe ich gern zu, dass ich nun erst nach Jahrzehnten der Entdeckungsreise durch die Klavierliteratur, der Beschäftigung mit Pianisten (eine andere Entdeckung war für mich von einem knappen Jahr Guiomar Novaes) und laufenden eigenen Klavier-Aufnahmeprojekten (aktuell 57 CDs JAW-Records) auf den Italiener Sergio Fiorentino (1927-1998) gestoßen bin.

    Fiorentinos "Karriere" weist Brüche und lange Pausen auf, was sich auch an seiner Hinterlassenschaft an Aufnahmen zeigt. Eine frühe Aufnahmetätigkeit in England von 1953 bis 1966 mit einigen äußerst hitzigen Aufnahmen mit unglaublichem pianistischem Feuerwerk (schon damals alles kontrolliert und traumwandlerisch gestaltet, z.b. die Chopin Scherzi) und einer wunderbaren Einheit von Klarheit des Vortrags des Werks, Klangsinn, Virtuosität (ohne je vordergründig zu wirken) und oft schon stillerer Phantasie. Weitere dieser Studioaufnahmen aus den 60zigern aus England hat das Label APR zum Teil auf 6 einzelnen CDs veröffentlicht hat ("Sergio Fiorentino - the early Recordings" - Vol.1-6).
    Die späten digitalen Studioaufnahmen aus den 90zigern legen tendenziell den Schwerpunkt auf das Innere (oder innerlich Erlebte) der Werke, ohne wo es nötig ist Virtuosität vermissen zu lassen. Einzig die klanglichen Möglichkeiten haben von den frühen zu den späten Aufnahmen minimal nachgelassen.

    Besonders erstaunlich finde ich, dass Sergio Fiorentino (den Horowitz und Michelangeli sehr geschätzt haben) bei allen hier vorgestellten Komponisten und Werken Wesentliches zu sagen hat! Das Fehlen eines pianistisch-selbstherrlichen Stils, das Unaufgeregte und das Vermeiden allen aufgeblähten Effekts in Agogik und Tempi und dennoch die Wärme und Weisheit einer leicht romantischen phantasievollen Spielweise lässt den ganz eigenen Zauber jedes Stücks erleben. Bach, Schubert (besonders D 664 und D 537!), Schumann (C-Dur Phantasie!), aber auch Franck (ganz wichtige Einspielungen! lassen sie sich von der tendenziösen schlechten Rezension zur APR-VÖ nicht abschrecken!), Liszt (wer spielt die h-Moll Sonate schon so zurückhaltend virtuos?), Rachmaninoff (den Fiorentino als Pianist verehrte), Scriabin oder Prokofiev sind Offenbarungen!

    Diese hier vorliegende CD-Box fasst die neun APR CDs (Fiorentino Edition Vol.1-9) in eine Box zusammen plus eine weitere zehnte CD. Alle diese Aufnahmen wären ohne Ernst Lumpe und sein Engagement nicht entstanden - herzlichen dank diesem Deutschen Lehrer. Der Klang der Aufnahmen ist gut, die APR-CDs klingen (obwohl man meint, dass bei einem Digitaltransfer nichts verloren gehen sollte) etwas weicher und runden und auch mehr Stereo. Der Unterschied ist da und im Vergleich klar hörbar, aber diese Einzel-CDs (werden nicht mehr von APR angeboten) sind auch insgesamt gesehen ein Vielfaches teurer. Für den Neugierigen empfehle ich, zu dieser Box hier doch eine APR als Vergleich zu versuchen.
    Wer es zu Beginn des Kennenlernens ganz aufregend haben möchte und wen eine teilweise eingeschränkte Klangqualität (nicht immer, der Bach klingt hervorragend!) nicht stört. der sollte vielleicht mit der anderen 10-CD Box von Piano Classics mit den frühen Aufnahmen starten.

    WARNUNG:

    Das Label "Concert Artist" (CACD) vertreibt ebenfalls Fiorentino CDs - ist aber mit Vorsicht zu genießen. Es ist nicht überall klar, ob wirklich auch Fiorentino spielt, der Klang ist sehr unterschiedlich und es sind CD-Rs (also gebrannte CDs). Auch wenn das Programm reizt (Mozart, Beethoven, Chopin) - unbedingt die Finger davon lassen . . .

    FAZIT:

    Unbedingt Kennenlernens wert! Ob nun in der eher verinnerlichen Sicht dieser Piano Classics 10-CD Box "The Berlin Recordings", oder den 6 CDs von APR "Early Recordings" (pianistisch grandios und sehr ordentlich aufgenommen) oder der Piano Classics 10-CD Box "Early recordings 1953-1966": Alle CDs des Pianisten und Musikers lassen den unvoreingenommenen Hörer die gespielten Werke quasi neu erleben. Die VÖs von APR sind qualitativ optimal, mit minimalen Abstrichen die von Piano Classics auch absolut ihr Geld wert!

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    Über ein Feedback (Kommentare) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner über 300 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Die Legende der Prinzessin Kaguya (Blu-ray) Die Legende der Prinzessin Kaguya (Blu-ray) (BR)
    11.05.2016
    Bild:
    5 von 5
    Extras:
    4 von 5
    Ton:
    5 von 5

    Erschütterndes Meisterwerk!,

    Rezension zur Bluray-Ausgabe von "Die Legende der Prinzessin Karaguya" (ASIN: B00PC0EEE6)

    Nun verlasse ich mal die Sphäre der Klassik-Rezensionen (eigentlich meine Domäne) und bespreche aus großer Bewunderung ein paar japanische Anime-Filme. Das wahrscheinliche Ende von Ghibli beförderte meine Entscheidung, Filme dieses Studios (es gibt dort nur Erstklassiges!), aber auch Filme von Kaze und anderen Studios zu besprechen. Ich behalte in meinen Film-Rezensionen meinen Stil einer Gestalt- und Seelen-Sicht aus den Klassik-Besprechungen bei, da mich das Innere Wesen eines Kunstwerks viel stärker interessiert als dessen äußere Form.

    Über Musik lässt sich problemlos alles schreiben, da es keine Informationen zu 'verraten' gibt. Bei Filmen mit Handlung ist das natürlich anders. Meine Besprechungen sind keine Inhaltsangaben, aber sie thematisieren höchst subjektiv wichtige (scheinbar) kleine oder große Ereignisse und Entwicklungen des Films. Wer auf keinen Fall inhaltlich etwas über den Film erfahren möchte, sollte in meinen Filmrezensionen nur die letzten Abschnitte UMSETZUNG, EDITION und FAZIT lesen und den Abschnitt ZUM FILM meiden. Dort gehe ich auf Punkte ein, die nichts mit dem Filminhalt zu tun haben.

    Im Teil ZUM FILM wende ich mich eindeutig an Leser, welche den Film schon kennen und sich über kontemplative Gedanken dazu freuen, welche über den üblichen Rahmen hinausgehen. WER DEN FILM NOCH NICHT KENNT, SOLLTE DIESEN ABSCHNITT DER REZENSION NICHT LESEN! Und zwar weniger wegen sogenannter "Spoiler" (verratenem Inhalt), sondern mehr weil ich durch meine sehr persönliche Sicht das Ersterleben des Films in der Wahrnehmung doch in eine bestimmte Richtung lenke - was ich nicht möchte. Diese hier entwickelten Gedanken sind nur als Anregung für einen persönlichen inneren Diskurs zu sehen, der natürlich auch gerne hier in Kommentaren usw. öffentlich geführt werden kann. Ich freue mich darüber und nehme gern Stellung dazu :-)

    Übrigens biete ich keine INTERPRETATION des Films - das ist zum Glück bei solch guten Filmen mit vielen Schichten gar nicht möglich und will auch keinesfalls etwas von deren Mysterium, Zauber und Faszination nehmen. Meine Begeisterung für das Unwägbare und Unaussprechliche ist von den assoziativen Gedanken unberührt.

    Hier als erstes der Film, der anscheinend (leider!!!) wohl das drittletzte der vom Studio Ghibli produzierten Meisterwerke ist und bleibt:

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    ZUM FILM: "DIE LEGENDE DER PRINZESSIN KAGUYA" - EINE (MÖGLICHE) SEELISCHE DEUTUNG

    'Kaguya-hime no Monogatari' ist ein äußerst vielschichtiger Film, der auf viele Arten erlebbar ist. Es gibt die erzählerische Ebene der Handlung, die Märchenebene mit all dem geheimnisvollen und nicht logisch Erklärbaren, die faszinierende darstellerische Ebene mit dieser neue Art animierter Zeichnung mit all den optischen Stimmungen, Bildern, Symbolen usw,, eine geschichtlich-japanische Ebene die uns Europäern Großteils fremd ist und natürlich auch eine seelisch-psychologische Ebene und eine gesellschaftskritische Ebene. Bei aller Wichtigkeit und Faszination aller Ebenen möchte ich mich in der sehr umfangreichen Rezension dennoch ausschließlich auf die beiden letztgenannten Ebenen beschränken. Die anderen Aspekte bieten Raum für Leichtes und Positives, was hier leider eher wegfällt.

    Isao Takahatas 'Die Legende der Prinzessin Kaguya' ('Kaguya-hime no Monogatari') ist ein extrem verstörender Film - wie es auch auf ganz andere Weise sein 'Die letzten Glühwürmchen' (die genaue Übersetzung 'Grab der Leuchtkäfer' ist viel passender und genauer). Es ist wie oft bei Ghibli und anderen japanischen Animes ein Film über das Erwachsenwerden (hier des Scheiterns daran) und die Erziehung, bei der im Fall Kaguya die Stiefmutter schwach ist (da sie sich trotz besserer Ahnung immer ihrem Mann fügt - ein Aspekt hier thematisierter rigider Konvention) und der Stiefvater "nur das Beste" für Kaguya will (und dabei nicht wahrnimmt, dass er in erster Linie seine eigenen Wünsche nach gesellschaftlichem Aufstieg auslebt, seine eigene konventionelle Vorstellung vom Glück seiner Tochter aus seiner eigenen Warte pflegt und keineswegs auf die realen Bedürfnisse seiner Stieftochter hört) und die daraus entstehenden fatalen seelischen Folgen für Kaguya: Denn es liegt nahe, den Weg Kaguyas zur emotionslosen "Mondgesellschaft" als unausweichliche endgültige innere Abspaltung der jungen Frau zu sehen, was sich ja schon bei der Freier-Szene (in dem erschreckenden "Schwarzweiß-Rasen" und Wüten in groben Strichen mit schockierender Musik) und der späteren (nur zu ahnenden) Vergewaltigungsszene durch den Kaiser angedeutet hat. Die tatsächlich gezeigte Zurückhaltung und Noblesse des Kaisers kann ich nur als eine rein innere Wahrnehmung der Prinzessin sehen, die die Realität schon nicht mehr wahrnehmen und integrieren kann, weil sie zu schrecklich ist. Das erste schockartig plötzliche Erscheinen des Kaisers und die panische Reaktion Kaguyas zeigen wohl den Anfang dessen, was dann wirklich passiert - so meine subjektive Empfindung ...

    Der Film hat mehrere Schichten und birgt für den Betrachter einiges an Lesarten. Mein Ansatz, den ich jetzt noch weiter ausführe, ist da nur EINE Möglichkeit, sich von dem Meisterwerk gefangen nehmen zu lassen. Ich habe z.B. gar nicht die mythologischen Aspekte berührt, die Symbole in Bildern, die gescheiterte Liebesbeziehung Kaguyas oder deren eigenes Handeln. Im Grunde beschränke ich mich auf drei Punkte, die sich alle in folgender Reihenfolge in grausamer Konsequenz auseinander entwickeln:

    Rigide Umsetzung von Konvention, übergriffiger verschiedenster Missbrauch und seelische Abspaltung

    Man kann der Legende der Prinzessin Kaguya auch jegliches Geheimnisvolle nehmen, was die Geschichte allerdings noch deprimierender und schmerzlicher macht:
    Die (nun also nicht Stief)Eltern zeugen ein Kind, welches wie fast alle Kinder mit allen (himmlischen) Gaben (Gold = menschliche Talente, Kleider = die persönliche Schutzaura) geboren wird. Die ersten Jahre wächst das Kind in der Verbindung mit seiner Umgebung (Natur, Menschen) glücklich auf, während der Vater schon ihre Talente für "bessere Zwecke" planend (denn ihr glückliches im Hier und Jetzt sein be-achtet er nicht) missbraucht.
    Aber nach ein paar Jahren des Kinderglücks hat der Vater den konventionellen Rahmen seiner eigenen Vorstellungen geschaffen und die Tochter muss widerspruchslos gehorchen und sich fügen. Alle gewachsenen Bindungen reißen durch den sozialen Aufstieg (und Umzug) der Familie (auf Kosten der Tochter, deren Talente der Vater missbraucht) ab, ihre sie schützende Aura wird pervertiert (Auslegung von gesunder Individualität und Selbstbestimmtheit als Männer herausfordernde Unbeugsamkeit, die es zu brechen gilt), was der Tochter ihre Unbeschwertheit und einen Großteil ihrer Lebensfreude nimmt.
    Noch ist sie aber ungebrochen und rebelliert immer wieder wie jedes starke Kind gegen Zwänge von außen (die maskenhafte Erzieherin als personifizierte starre Konvention). Auch als sie - wieder der nächsten Konvention folgend - gegen ihren Willen standesgemäß heiraten soll, weiß sie sich durch ihren starken Willen und ihre Intelligenz zu wehren. Aber die Folgen ihrer Abwehr, das Scheitern bzw. der Tod der Bewerber, die letztlich an deren selbst gesteckten Ansprüchen scheitern, empfindet Kaguya als ihre Schuld, mit der sie wieder von den Eltern alleine gelassen wird. Somit schwindet weitere Lebensfreude mit einem großen Schritt in die Depression. Das 'Werben' des Kaisers (wohl eine Vergewaltigung, wenn diese auch nicht gezeigt wird und im seelischen Ausblenden gar nicht passiert) kann sie dann nur noch durch vollkommene innere seelische Abspaltung ertragen.
    Egal ob am Mond oder auf der Erde -' die junge Frau Kaguya (in irdisch lebendiger Natur geboren) hat am Beginn der Blüte ihres Lebens völlig den Bezug zu sich selbst verloren und ist "endlich" (im doppelten Sinne) in der starren Gesellschaft angekommen. Es ist ein starkes Bild, diese tote gefühllose Gesellschaft dem Mond zuzuschreiben - unendlich fern und kalt. Das letzte Aufbäumen ihres gesunden Anteils (Lebensenergie), der einfach leben und lieben möchte, ist zu schwach geworden und verlischt ...
    Ein hoffnungsloser und erschütternder Schluss des Films, der keinen Funken Hoffnung birgt und vielleicht gerade deshalb so niederschmetternd und aufrüttelnd zugleich wirkt.

    Takahatas Film, der die geheimnisvolle ursprüngliche Geschichte (anscheinend ca. um 900 aufgezeichnet, Chinesische Einflüsse, gibt es zudem verschiedenen Varianten gibt) im besten Sinne 'missbraucht' und traumhaft sicher psychologisch erweitert bzw. abwandelt, geißelt alle starren, rigiden Arten von Konvention (von denen es besonders in Japan viel gibt), welche unweigerlich heranwachsende Menschen seelisch verkrüppeln, wenn sie sich nicht wehren können (welches Kind kann sich schon seiner Eltern erwehren?) und sich irgendwann in die 'Mondgesellschaft' fügen.

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    KÜNSTERISCHE UND TECHNISCHE UMSETZUNG

    Hervorragend künstlerisch und liebevoll gezeichnet, wobei ein ganz neuen Zeichenstil zum Tragen kommt, der trotz oberflächlich betrachtet ähnlicher Sparsamkeit nochmal ganz anders als bei "Die Yamadas" ist und traditionelle japanische Sichtweisen und Techniken mit einbezieht. Dabei bleibt es aber nicht, weil kreativ und passend stilistische Abweichungen eingebaut werden, die somit passend zum Inhalt des Films auch in der Form rein tradionell Schematisch-Starres ablehnen. Alles ist ganz einmalig umgesetzt!

    Dazu ein ausgezeichneter Ton mit einer äußerst abwechslungsreichen Musik unterschiedlicher Besetzung, der wie in vielen Ghibli Filmen genial als Ausdrucksmittel eilgesetzt wird (z.B. ganz bewusste Dynamikunterschiede und Höhepunkte).
    Sehr gute deutsche Untertitelung.

    Da ich den Film noch nicht in deutscher Synchronisierung gesehen habe, kann ich leider zur deutschen Tonspur nichts sagen (werde es wohl ergänzen). Ich empfehle aber jedem sich bei asiatischen Filmen in ein OmU einzufügen (hat man sich nach kürzester Zeit dran gewöhnt), da der Sprachfluss im Deutschen länger ist und somit öfters Kompromisse (Kürzungen) bei der Übersetzung gemacht werden müssen oder hektisch schnell gesprochen wird. Zudem ist der Klang der Sprache auch eine Aussage und die Sprecher sind bei Ghibli hervorragend gewählt - wie bei diesem Studio ja auch sonst kein noch so kleines Detail vernachlässigt wurde.

    EDITION UND EXTRAS

    Mir gefällt sehr die einheitlich schlichte einfarbige Hüllengestaltung, in der noch dieses Jahr (2016) alle Ghibli-Filme als Bluray erhältlich sein werden. Die letzten zwei ausstehenden Filme "Die Yamadas" kommen im Mai ("Die Yamadas") und im Sommer oder Herbst ("Flüstern des Meeres"). Allerdings ist im Fall Kaguya auch die DVD wunderschön gestaltet - EIN Bild das schon den ganzen Film in sich trägt ... Hervorragende Bluray-Umsetzung, ich kann keinerlei technische Mängel feststellen.

    Ich kaufe einen Film nicht WEGEN der Extras und bin deshalb auch bei sparsamer Ausstattung nicht wirklich enttäuscht, aber freue mich über solche Boni. Die Pressekonferenz mag wenig, langweilig und japanisch förmlich nichtssagend erscheinen - ist sie aber m.E. keineswegs (wie übrigens häufig Pressekonferenzen und Interviews zu Ghibli oder anderen japanischen Anime-Filmen)! Wenn man nichts erwartet und ganz ruhig sich in die sprechenden Personen einfühlt, dann spürt man stark die Begeisterung und das Lebendige, dass Japaner halt in eine nach außen hin gezügelte Form bringen. Ich schätze immer mehr diese Art der Form - z.B. zuerst vor einem Interview oder Aussagen für alle Raum zu geben, ein persönliches Dankeswort zu sagen. DAS ist in der westlichen Kultur kaum möglich, es sei denn man verquickt diesen Dank mit der Antwort auf eine Frage. So wird es meist gehandhabt und wirkt meist gehetzt und unpassend, weil einfach zwei Dinge zusammengepackt sind und ein Dank somit nicht angemessen wertschätzend sich entfalten kann. Man mag das für ein nichtiges Detail halten, aber als Betrachter von Anime-Filmen lernt man doch über das Beseelte (denn das heißt ja das Wort!) und die Wertschätzung aller kleinen Dinge, die ja schließlich alle liebevoll und zeitaufwendig gezeichnet werden!

    Ach ja - konkret: Interessant ist doch die Rezeption des Films in Japan, die bei der Vorstellung noch nicht abzuschätzen war. "Die Legende der Prinzessin Kaguya" ist in seiner schwächeren Akzeptanz durch die Japaner (hat nur die Hälfte der benötigten Einkünfte gebracht) vielleicht der Film, der letztlich zu der Entscheidung geführt hat, das Ghibli-Studio (zumindest in seiner jetzigen Form) wegen Unrentabilität zu schließen. Jammerschade angesichts des großartigen Kunstwerks und der aufrüttelnden Botschaft - aber vielleicht eben auch gerade WEGEN letzterer. So hart sind nur wenige Filme je mit der Gesellschaft ins Gericht gegangen. Im Westen geht so etwas leichter, da hier die Identifikation mit Staat und Gesellschaft nicht so sehr verankert ist. Jeder Japaner kennt den originalen Stoff zu 'Kaguya-hime no Monogatari' und sieht sofort, dass dieser von Isao Takahata in erster Linie (und verfremdet) benutzt wurde, um Kritisches über Generationenverständnis, Erziehung und generell starre Konvention zu sagen.

    FAZIT

    Ein absolut wichtiger und tief berührender Film, über dessen Vielschichtigkeit und Appell an die Menschlichkeit man sich lange im Gespräch austauschen und eigener Lebenserfahrung nachspüren kann. Dieses Japan ist überall und wohl zu allen Zeiten zu finden ... Für mich gehört dieses Meisterwerk in den Olymp der Filme . . .

    - - - - -

    Über ein Feedback (Kommentare) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner über 300 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Adolf Busch & Busch Quartet Adolf Busch & Busch Quartet (CD)
    17.11.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Musikalische Schätze vergangener Interpretationskultur

    Der größte Teil der Aufnahmen mit Adolph Busch als Dirigent, Violinist und Primarius seines Streichquartetts war seit Jahren nicht mehr und manches auch noch nie vom Aufnahmelabel EMI autorisiert auf CD erschienen - und wenn, dann in eher unzureichenden Überspielungen bzw. Digitalisierungen.

    Fritz und Adolf Busch zählten zu den herausragenden Musikern der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts. Fritz ist heute noch durch großartige Opernaufnahmen aus Glyndebourne im Bewusstsein, Adolf hauptsächlich durch seine Beethoven, Schubert und Brahms Kammermusik Einspielungen. Die drei anderen Brüder waren übrigens ebenso wichtige Musiker, der jüngste früh verstorbene ein hoffungsvoller Komponist.

    Die Aufnahmen mit Adolf Busch stellen interpretatorisch und klanglich eine Verbindung zum 19ten Jahrhundert her und diese Hörerfahrung können wir Dank Schallplatte machen.

    DIE EINZELNEN CDs

    Disc: 1
    Beethoven Streichquartett Nr. 1 F-Dur op.18 Nr.1 - Busch Quartett
    Beethoven Streichquartett Nr. 9 C-Dur op.59 Nr.3 'Rasumowsky' - Busch Quartett
    Beethoven Violinsonate Nr. 3 Es-Dur Op.12 No.3 - Adolf Busch/Rudolf Serkin

    Disc: 2
    Beethoven Streichquartett Nr. 11 f-moll 'Serioso' op. 95 - Busch Quartett
    Beethoven Streichquartett Nr. 13 B-Dur op. 130 - Busch Quartett
    Beethoven Grosse Fuge B-Dur op. 133 - Busch Chamber Players / Adolf Busch

    Disc: 3
    Beethoven Streichquartett Nr. 12 Es-Dur op. 127 - Busch Quartett
    Beethoven Streichquartett Nr. 14 cis-moll op. 131 - Busch Quartett

    Disc: 4
    Beethoven Streichquartett Nr. 15 a-moll op. 132 - Busch Quartett
    Beethoven Streichquartett Nr. 16 F-Dur op. 135 - Busch Quartett

    Was für eine Süße und Wärme im Ton, geschmackvolles Portamento und Legato-Kultur bei dem Beethoven-Spiel des Busch Quartetts! Schon op.18, Nr.1 gewinnt eine großartige Tiefe und feine Melancholie. Die Ensembleleistung ist völlig aus einem Guss. Da weiß jeder genau, wovon er erzählt und was der andere tut. Jeder Satz hat einen überzeugenden Charakter, was sich von dem Versuch mancher Quartette unterscheidet, Stücken etwas an Ausdruck 'geben' zu wollen.
    Die klangliche Beherrschung und auch technische Virtuosität des Quartetts ist maßstabsetzend. Der Ausdruck der Werke ist eine Synthese von romantischer Melancholie, einem Zauber von Stimmung und Seelenempfindung der Musik und dennoch von großer Klarheit in Struktur und Verständnis des Aufbaus. Kein Extrem des Ausdrucks wird gescheut und dennoch herrscht immer klare Konsistenz, nichts ist affektiert oder Willkürlich. Wenn man sich in den alten Portamento-Spielstil eingehört hat, fällt einem wohl immer wieder das Wort NATÜRLICHKEIT des Musizierens ein. Dieses Portamento ermöglicht Ausdrucksmöglichkeiten, die der Musik sonst verschlossen wären, z.B. die Bedeutung der Chromatik im langsamen Satz von op. 127, wo dem Hörer wie bei Gleichgewichtsstörungen der Boden unter den Füßen entzogen wird.
    Die CD-Transfers sind bei Beethoven ziemlich nahe an der älteren Überspielung, aber ein wenig im Klang 'aufgefrischt' und somit durchaus akzeptabel hörbar.

    Disc: 5
    Schubert Streichquartett Nr. 8 B-Dur D112 - Busch Quartett
    Schubert Klaviertrio Nr. 2 Es-Dur D929 - Rudolf Serkin / Adolf Busch / Hermann Busch
    Mendelssohn Cappricio e-moll op. 81, Nr. 3 - Busch Quartett

    Disc: 6
    Schubert Streichquartett Nr. 14 d-moll D810, "Der Tod und das Mädchen" - Busch Quartett
    Schubert Streichquartett Nr. 15 G-Dur D887 - Busch Quartett

    Disc: 7
    Brahms Klavierquintett f-moll op. 34 - Rudolf Serkin / Busch Quartett
    Brahms Streichquartett Nr. 2 A-Dur op.26 - Rudolf Serkin / Adolf Busch / Karl Doktor / Hermann Busch

    Disc: 8
    Brahms Streichquartett op. 67 - Busch Quartett
    Brahms Klavierquartett op. 25 - Busch Quartett

    Disc: 9
    Brahms Klarinettenquintett - Busch Quartett / Reginald Kell, Klarinette
    Brahms Streichquartett Nr. 1 c-moll op. 51, Nr.1 - Busch Quartett

    Disc: 10
    Beethoven Violinsonate Nr. 5 F-Dur, op. 24 "Frühling" - Adolf Busch
    Beethoven Violinsonate Nr. 7 c-moll, op. 30 Nr. 2 - Adolf Busch
    Schubert Fantasia C-Dur D934 - Rudolf Serkin / Adolf Busch

    CD: 11
    Brahms Violinsonate Nr. 1 G-Dur, op. 78 - Adolf Busch / Rudolf Serkin
    Brahms Violinsonate Nr. 2 A-Dur op. 100 - Adolf Busch / Rudolf Serkin
    Horn Trio Es-Dur, op. 40 - Aubrey Brain, Horn / Adolf Busch / Rudolf Serkin

    Diese Einspielung des Horntrios mit dem Hornisten Aubrey Brain, dem Vater der Hornlegende Dennis Brain, ist bezüglich Leidenschaft und Expressivität schon seit vielen Jahren meine Lieblingsaufnahme. Aubrey Brain erreicht im zentralen dritten Satz eine erschütternde Ausdruckstärke, deren Tiefe seinem Sohn durch dessen frühen tragischen Tod in dieser Art nicht vergönnt war zu entwickeln. Ob das Spiel von Aubrey Brain Brahms wohl mit dem Ventilhorn versöhnt hätte? Die Instrumente waren in der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts auch viel ausgereifter als zu Zeiten des Komponisten. Die changierenden Farben der Stopftechnik des Naturhornspiels sind auf den Ventilhorn natürlich nicht zu hören. Aber bei dem Zusammenspiel von Busch, Serkin und Brain dreht es sich auch nicht darum.

    CD: 12
    Bach Partita Nr. 2 d-moll für Violine solo, BWV 1004 - Adolf Busch
    Einzelsätze aus:
    Bach Sonate für Violine und Continuo G-Dur, BWV 1021 (arr. F. Blume & A. Busch) - Adolf Busch
    Bach Sonate für Violinsonate Nr. 3 E-Dur, BWV 1016 - Adolf Busch
    Bach Sonate für Violinsonate Nr. 3 E-Dur, BWV 1016 - Adolf Busch
    Bach Sonate für Violinsonate Nr. 4 c-moll, BWV 1017 - Adolf Busch
    Geminiani Siciliana c-moll arr. Busch - Adolf Busch
    Vivaldi Sonata für Violine und Continuo A-Dur, Op. 2 No. 2, RV 31 ( arr. Busch) - Adolf Busch

    CD: 13
    Mozart Klavierkonzert Nr. 14 Es-Dur, KV 449 - Adolf Busch
    Mozart Serenade D-Dur, KV 239 'Serenata notturna" - Adolf Busch
    Mozart Adagio and Fugue in C minor, KV 546 - Adolf Busch
    Mozart Violinsonate Nr. 25 F-Dur, KV 377 - Adolf Busch
    Schumann Violinsonate Nr. 1 a-moll, Op. 105 - Adolf Busch
    Reger Violinsonate Nr. 5 Fis-Dir, Op. 84, 2.Satz - Adolf Busch

    CD: 14-16
    Brandenburgische Konzerte 1-6 BWV 1046-1051 (1935)
    Orchestersuiten 1-4 BWV 1066-1069 (1936)

    Wunderbar natürliches Bach-Spiel, sowohl bei den Brandenburgischen Konzerten wie auch den Orchestersuiten. Musizieren mit ruhigem, aber nicht breitem nie gestörten Fluss. Die Artikulation ist für heutige Verhältnisse (die sich ja auch wieder ändern können) wohl nicht immer zeitgemäß, aber in sich stimmig und absolut überzeugend. Sogar die deutlich romantischen Relikte (derer nicht allzu viele sind) stören nicht wirklich, da sie wahrhaftig musiziert sind.
    Besonders beachtlich finde ich den Trompeteneinsatz im zweiten Brandenburgischen. Anfang der 50ziger hat Casals dafür noch auf einen Saxophonisten zurückgegriffen (übrigens eine erstaunlich unauffällige und klanglich auf der Aufnahme fast nicht unterscheidbare Variante), da es bis weit in die zweite Hälfte des 20ten Jahrhundert kaum Trompeter für diesen exponierten und hohen Part gab.
    George Eskdale spielt sicher und fein. Die Balance mit Violine (A. Busch) und Flöte (Marcel Moyse) ist schon so perfekt wie bei heutigen Aufnahmen mit Originalinstrumenten (lange F-Trompete, Flute traverse, Violine mit Darmsaiten-Bespannung). Der Flötist ist eine Klasse für sich, was auch im vierten Brandenburgischen und der zweiten Suite deutlich wird.
    Alle Continuo-Parts sind wahrscheinlich von Rudolf Serkin auf Klavier gespielt. Wenn dem so wäre, dann würde das zu dem Umstand passen, dass für die Aufnahme der Brandenburgischen als Gage für alle Musiker zusammen(!) insgesamt lediglich 500 Pfund zur Verfügung standen. Zudem scheint es sich um eine verschworene Gemeinschaft gehandelt zu haben.

    - - - - -

    DIGITALTRANSFER

    Ich besitze nur ein paar Vergleichsveröffentlichungen von Aufnahmen mit Adolf Busch (von EMI, Testament und Pristine Audio). Von den EMI-Transfers habe ich nur zwei getestet und die weiteren VÖs nicht weiter verfolgt, da ich Digitalisierungen für nicht gut genug hielt.
    Als ich nun gelesen habe, dass zum großen Teil ältere Transfers für die VÖ hier verwendet wurden, stellte ich mich schon auf eine Enttäuschung ein. Aber die Überraschung war doch positiv. Es mag sein dass das Mastering von 1991 bis 2008 entstanden ist, aber anscheinend wurde für diese VÖ nochmal nachbearbeitet.

    Das unangenehm harte und 'eingesperrte' der alten Digitalisierungen ist verschwunden. Der Klang ist zwar bei manchen CDs ein wenig blass in den Bässen und betont die hellen Aspekte der Aufnahme (leichtes Granulatzischen), aber dafür ist er auch sehr offen und deutlich weniger scharf als in Vorläuferausgaben. Der Gesamteindruck ist recht natürlich und manchmal sogar angenehm und warm.

    EDITION UND TEXTHEFT

    Die viereinhalb Seiten deutscher Text des Beilageheftes sind lesenswert, es gibt ein paar Schwarzweiß-Fotos und vorn eine Übersicht über die Werke auf den CDs. Genaue Angaben finden sich dann (gut lesbar und verständlich in der Zuordnung) jeweils auf den Rückseiten der unterschiedlich eingefärbten CD-Papphüllen).
    Ich würde vom Eindruck der Aufmachung her die Box zwischen "deluxe" und "normal" ansiedeln, da diese Ausgabe optisch deutlich ansprechender und in der Edition weit mehr durchdacht ist wie viele der ehemaligen EMI-Veröffentlichungen.

    FAZIT

    Empfehlenswert für Kammermusikliebhaber, besonderes solche mit der Neugierde auf 'Wurzeln' und die Entwicklung der Interpretation. Oder einfach für Menschen die keine Berührungsängste mit einem historischen (und dennoch gut aufgenommenen) Klangbild haben und ein sehr persönliches und besonderes Musizieren für Herz und Seele schätzen.

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    2 Kommentare
    Anonym
    12.01.2016

    Busch-Quartett auf Warner (EMI)

    Eine sehr anregende und qualifizierte Rezension! Werde mir die Box kaufen.
    Winfried Raasch
    Anonym
    13.04.2019

    EMI-Referenzen

    Ich habe und kenne zum Vergleich die originalen, bis 2008 remasterten EMI- 'Great Recordings of the Century' bzw 'References'- Editionen der Busch-Beethoven und -Schubert Aufnahmen die hier neu kompiliert mit Einzelaufnahmen sind. Der hohe musikalische Wert liegt weit über dem akustischen, und wenn Warner dies mit farblich veränderter Verpackung suggeriert, wird daraus noch kein neues Remastering, zumal für einen so kleinen, speziellen Kundenkreis. Ich höre jedenfalls im Vergleich zu meinen EMIs keine akustischen Offenbarungen. Und erinnere dabei noch verärgert an die verkorkste Schnabel-Sonaten-Ausgabe, eher eine stumpfsinnige
    Verschlimmbesserung der Warner.
    Elisabeth Schwarzkopf - The Complete Recitals 1952-1974 Elisabeth Schwarzkopf - The Complete Recitals 1952-1974 (CD)
    17.11.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Liebevoll aufgemachte Box mit ausgezeichnetem Klang

    Zu einem uneingeschränkten Verehrer der Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf bin ich zwar auch durch diese wunderbare Ausgabe der EMI-Aufnahmen von 1952 bis 1974 durch Warner nicht geworden, aber vieles ihrer Kunst und Musikalität ist mir nun näher und verständlicher. Mit zunehmendem Alter wird man ja auch gelassener - d.h. ich störe mich nicht mehr so sehr an den 'Besonderheiten' der Diva, die ja allseits bekannt sind: hie und da ein gewisser Manierismus bzw. Künstlichkeit der Farbgebung und der Umgang mit dem Klang der Vokale.

    DIE EINZELNEN CDs

    CD 1 - Schubert: Lieder (Edwin Fischer) (1952) *****
    Eine ganz großartige Aufnahme! Schon bei dieser Aufnahme wird deutlich, wie wichtig die Neuüberspielung der Originalen Bänder war. Die Tonhöhe stimmt besser und es gibt ein stärker sinnliches Klangerlebnis, was als Nebeneffekt bewirkt, dass die verfärbten 'e' und ganz besonders die 'u' nicht mehr so unschön isoliert deutlich klingen.
    Die Schwarzkopf kann mit ihrem Klang, der Ausdruckdichte bei kontrollierter Technik und dem unmittelbaren Treffen des vollen Frequenzspektrums der Töne (Sitz der Stimme) den Hörer unmittelbar in der Seele berühren - wenn Sie sich selbst mit 'Absichtlichkeiten' beim Vortrag zurück hält oder einfach selbst ganz und gar in der Musik ist. Das ist hier der Fall, wozu sicherlich auch die großartige dezente 'Begleitung' durch Edwin Fischer beiträgt.
    Es ist kaum ein Lied hervorzuheben, da jedes für sich absolut hörenswert ist. Vielleicht nur das eine: Die Worte 'und ach, sein Kuss' im Zusammenhang und der Entwicklung in 'Gretchen am Spinnrade' ' Solche abgründige Leidenschaft habe ich bei der Sopranistin noch nie gehört.
    Sehr guter Mono-Klang.

    CD 2 - Mozart: arien (Pritchard) (1952) ***
    In der 'Crudele'-Arie aus 'Don Giovanni' ist Elisabeth Schwarzkopf im Lyrischen der unerreichten Kunst der Kontrolle der Atemführung von Theresa Stich-Randall ganz nah und dann leider am Ende der Arie in den Figuren seltsam vorsichtig. Die von Schwarzkopf bewunderte Ljuba Welitsch (und andere) haben, um nicht Intensität zu verlieren oder den bis zum Schluss reichenden Bogen auszubremsen, hier auf volles Risiko gesungen.
    Die Platte zeigt viel Traumhaftes, aber auch hie und da manche blasse Stelle, an denen ich mir mehr Wagemut gewünscht hätte. Dass sie durchaus 'offensiv' kann, zeigt sie am Ende von Figaros 'Dove sono'.
    Der Mono-Klang ist hervorragend.

    CD 3 - Strauss: Capriccio + Vier letzte Lieder (Ackermann) (1953) ****
    Es ist immer eine Freude, dem Philharmonia Orchestra zuzuhören; Was da in der Schlussszene alles hörbar wird und an phantasievollen Farben aufscheint ' Bei 'Vier letzte Lieder' und Schwarzkopf denkt man natürlich erst mal an die spätere und berühmtere Aufnahme mit Szell. In dem hier vorliegenden Transfer kommt aber die volle Schönheit der frühen Einspielung mit dem Philharmonia Orchestra zum Tragen.
    Die späteren Einspielungen von Capriccio mit Sawallisch und der Lieder mit Szell sind möglicherweise von der Sopranistin noch inniger verstanden, aber der natürliche Klang der Stimme ohne 'Zusätze' ist auf der Platte mit Ackermann für mich bezwingend.
    Guter Mono-Klang.

    CD 4 - Strauss: Szenen aus Arabella (Matacic) (1954) *****
    Ganz großartiges Wiener Ensemblespiel, ein gutes Dirigat und ein superb aufgelegtes Philharmonia Orchestra. Die Rolle der Arabella scheint der Schwarzkopf auf den Leib geschrieben zu sein. Natürlich hat Josef Metternich nicht die männliche Urgewalt von George London, aber diese Konstellation hier ist überzeugend.

    CD 6 Mozart: Lieder Recital (Gieseking) ***
    Nachdem ich nun Edwin Fischer und Wilhelm Furtwängler mit Elisabeth Schwarzkopf gehört habe, überzeugt mich Walter Giesekings Begleitung in der Lebendigkeit nicht so recht. Zudem hebt die Mikrobalance das Klavier zu stark hervor.

    CD 11 - Elisabeth Schwarzkopf sings Operetta **** bis *****
    Freud und (zum Glück wenig) Leid bezüglich der Aufführungen liegen hier nah beieinander: Auf eine unglaublich morbides und raffiniertes 'Im chambre séparée' folgt ein (Gott sei Dank kurzes) wenig gelungenes 'Ich bin die Christel von der Post', das der Schwarzkopf nicht lag. 'Schenkt man sich Tosen in Tirol' ist dagegen glaubhaft. 'Einer wird kommen' ist wieder pure Zauberei mit großartigen Spitzentönen und kann tatsächlich in ihrer Andersartigkeit voll neben der Welitsch-Einspielung bestehen. 'Hoch Evoe' ist sehr gut, ebenso die Nummer aus 'Casanova' von Strauß II. In 'Ich schenk mein Herz' bleibt für mich Ljuba Welitsch unerreicht, wenn auch Elisabeth Schwarzkopf wunderbar singt und das dekadente stimmiger verkörpert. Bei Welitsch ist die ergreifende unabänderliche Unbedingtheit des Gefühls bezwingend. 'Was ich im Leben beginne' ist ein wenig verkünstelt, wenn das auch perfekt. 'Hab ich nur die Liebe' hat eine schöne überzeugende Linie, 'Heut noch werd' ich Ehefrau' hat wohl kaum Konkurrenz. 'Sei nicht bös'', 'Meine Lippen, sie küssen so heiß' und 'Wien, du Stadt meiner Träume' sind die restlichen Stücke.
    Otto Ackermann 'kann' Operette, ebenso das Philharmonia Orchestra, welches er dirigiert. Die frühe Stereoaufnahme von 1957 klingt immer noch besser als viele heutige Produktionen.
    Bei allen kleinen Einschränkungen: Was gibt es sonst schon für Operettenrecital Platten, die so authentisch und überzeugend das melancholische Flair mit höchster Stimmkunst verbinden?

    CD 15 - Schwarzkopf portrays Romantic Heroines *****
    Für mich eine der allerbesten Arien-Platten (stereo 1956, 1958) mit Elisabeth Schwarzkopf. Schon das 'Dich teure Halle' aus Wagners 'Tannhäuser' ist großartig: Mutig und kraftvoll, natürlich in letzterem anders als Birgit Nilsson, Kirsten Flagstad oder Helen Traubel. Das versponnene in 'Allmächtige Jungfrau' aus 'Tannhäuser' und 'Wie nahte mir der Schlummer' aus Webers 'Freischütz' lag der Schwarzkopf vielleicht noch mehr. 'Und ob die Wolke' aus 'Freischütz' ist unglaublich in Technik und Ausdruck, absolut einmalig und ein Höhepunkt der ganzen Edition! Auch 'Einsam in trüben Tagen' aus Wagners 'Lohengrin' hat viel von dieser Qualität. 'Euch Lüften, die mein Klagen', ein 20-minütiger Auszug aus 'Lohengrin' (die große Szene Elsa-Ortrud mit Christa Ludwig), die ebenbürtig der Mezzo-Sopranistin (Christa Ludwig als erschauernde Furie!) gehört.
    Wie der zutiefst empfundene und inbrünstige Gesang der Ludwig die Schwarzkopf zu ebensolchen animiert hat! Hier gerät das Ringen der beiden Frauengestalten ebenso und ganz natürlich zu dem der Protagonistinnen. So etwas ergreifendes kann man nur ganz selten erleben, zudem ein großartiges(!) Dirgat von Heinz Wallberg mit einem grandiosen(!) Philharmonia Orchestra. Dieser lange Auszug wurde 1958 aufgenommen und klingt ganz ausgezeichnet! Diese Platte ist eine absolute Kostbarkeit '

    CD 16 - Favourite Scenes and Arias ****
    Ein weiteres Arien Recital (stereo 1965, 1959) mit berückend schönen Momenten. Puccinis 'O mio babbino caro' (sehr gut), 'Si, mi chiamano Mini' aus Boheme und ganz besonders einem ergreifenden 'Lied der Weide' und 'Ave Maria' aus Verdis Otello. 'Endlich allein' Wie fremd und tot' (in Deutsch) aus Smetanas 'Die verkaufte Braut' ist getroffen (wenn - wen wundert es - vielleicht auch nicht in dem empörten Ton einer jungen getäuschten Frau) und die 'Briefszene' (ebenfalls in Deutsch) aus Tschaikowskys 'Eugen Onegin', in der sie alle Register ihrer Kunst zieht und gegenüber der von Ihr verehrten Welitsch doch etwas zurückbleibt.

    CD 17 - Strauss: Vier letzte Lieder + fünf weitere Lieder ****
    Feiner und ziselierter als die monaurale Ackermann-Einspielung. Szell hat ein magisches Händchen für die 'Vier letzte Lieder', ein ruhig fließendes Tempo mit guter Orchesterbalance, die Schwarzkopf findet noch mehr Inhalt. Ich wollte aber die frühe Aufnahme nicht missen wollen. Schon wegen der Stimme der jungen Schwarzkopf und wegen des Philharmonia Orchestra.
    Offenerer und natürlicherer Klang als bei der 'Great Recordings of the Century'- Ausgabe.

    CD 19 - Mahler: Des Knaben Wunderhorn (Szell) ****
    So berühmt diese Aufnahme ist, so umstritten ist sie auch wegen der Manieriertheiten von Schwarzkopf und Dieskau. Wie viele habe auch ich einen Teil der Lieder eben in dieser Einspielung kennen gelernt und nach der Erfahrung mit anderen Platten, z.B. mit Baker / Evans / Morris, lange Zeit einen Bogen um die Szell-Aufnahme gemacht. Heute schaue ich nur noch auf die Vorteile: das ausgezeichnete Orchester, der trockene, aber sehr respektable Klang der Aufnahme (endlich hört man das hier auch auf CD!), die Stringenz von Szell (der ich manchmal etwas mehr phantasievolles Verweilen wünschen würde), die stimmlichen Möglichkeiten der beiden Sänger und deren Zusammenwirken.
    Deutlich offenerer und natürlicherer Klang als bei der 'Great Recordings of the Century'- Ausgabe!

    CD 29 - Hugo Wolf Recital (Furtwängler, Klavier) (Livemitschnitt 1953) *****
    Nach dem hervorragenden SACD-Transfer von 2011 aus Japan gibt es hier nun endlich eine annähernd gleich gute Überspielung! Das ist ein wichtiges Tondokument, das zu dem hervorragend klingt (was bis jetzt bei den CD-VÖs noch nicht mal zu ahnen war). M.E. eine unverzichtbare CD, auch wegen des Klavierspiels von Furtwängler. Vielleicht kein großer Pianist, aber ein großer Musiker, dem die nötigen pianistischen Mittel (Klang, Technik) zu Gebote standen.

    - - - - -

    DIGITALTRANSFER

    Da ich - wie gesagt - kein ausgewiesener Schwarzkopf-'Fan' bin, konnte ich nur etwa die Hälfte der Aufnahmen mit früheren Überspielungen vergleichen. In allen Fällen war die neue Ausgabe leicht bis deutlich natürlicher und angenehmer und oft auch farbiger und detailreicher. Auffallend ist, dass die aus EMI-Zeiten bekannten leichten Digitalisierungseffekten mit hart-stumpfem Klangbild mit eingeengten Höhen zum Glück nun nicht mehr auftreten.
    Das angegebene neue Remastering hat also eine deutliche Verbesserung gebracht.

    Es ist immer ein runder, weicher und dennoch offen und silbrig erscheinender Klang zu hören. Sollte sich da etwa eine erfreuliche Wende bei der Überspielung älterer EMI-Schätze ankündigen? Schon die Callas-Box ließ stark aufhorchen . . .
    Erwähnenswert ist dabei, dass Warner das Remastering von Simon Gibson (Abbey Road Studios) (3 CD), aber den weitaus größten Anteil "außer Haus" von Christophe Hénault (Art et Son Studio) (15 CDs) und von Allen Ramsey (Old School Mastering) (13 CDs) hat fertigen lassen. Angesichts des klanglichen Ergebnisses kann man nur raten, zukünftig doch alle Remasterings so engagierten Menschen mit guten Ohren zu überlassen... :-)

    EDITION UND TEXTHEFT

    Die Bezeichnung 'Deluxe-Edition' ist nicht übertrieben. Selten sieht man eine CD-Box, die derart passend und stimmig aufgemacht ist. Das Hauptfoto auf der äußerst stabilen Box, die Reduzierung auf Dunkelbau und Beige, der abgeschrägte Innenteil des Schubers '
    Auch Warner setzt jetzt verstärkt auf VÖs im originalen LP-Cover-Design. Bei manchen CDs habe ich aber das Gefühl, dass diese quasi neu 'montiert' wurden. Der Satz sieht bei manchen Exemplaren etwas 'nachgemacht' aus, was aber nicht wirklich stört. Es darf ja anscheinend ja auch nirgends mehr das HMV / EMI Label (Schriftzug und der Hund) auftauchen. Insofern sind die Cover sowieso nicht ganz original abgebildet. Ein großes Lob für die Gestaltung der CD-Rückseiten: Alle wichtigen Daten zu Werk und Produktion (z.B. Namen des Produzenten / Tontechniker, Ort, Zeiten, Datum, Remastering, Matrizennummer) sind vorhanden und gut lesbar (und somit natürlich kein Abdruck der originalen LP-Rückseite).

    Das Textheft ist knapp (sechs Seiten in Deutsch), aber der Text bietet einen subjektiven Einblick durch Thomas Voigt - 'Erinnerungen an Begegnungen mit Elisabeth Schwarzkopf'. Jedenfalls ist es kein austauschbarer Allerweltstext. Der völlig verschiedene englische Text ist von Allan Sanders, der französische von André Tubeuf.
    Es gibt einige schöne SW-Fotos ' einfallsreich aufgemacht.
    Die 31 CDs sind mit kleinen Abbildungen und Kurzinfo aufgelistet. Leider gibt es kein Werkregister (immerhin gibt es ja einige Doubletten) und auch keine weiteren Angaben zu den einzelnen CDs.

    ÜBRIGENS

    Im Textheft ist angekündigt, dass 2016 auch die gesamten EMI 78ziger Aufnahmen veröffentlicht werden.

    - - - - - -

    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Ein Kommentar
    Anonym
    16.12.2015

    schwarzkopf-complete recitals

    ich habe die Rezensionen von "jaw-records" mit größtem Gewinn gelesen. bitte weiter so.einer der viel zu wenigen SERIÖSEN Rezensenten - die ihre Meinung auch begründen .
    Also sprach Zarathustra op.30 Also sprach Zarathustra op.30 (SACD)
    17.11.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    URSTOFF EINER LEGENDE

    REINERS ERSTER ZARATHUSTRA MIT DEM CSO

    Die erste Aufnahme Fritz Reiners in Chicago war diese Einspielung des Zarathustra von Richard Strauss. Völlig zu Recht ist die Platte seit langer Zeit eine Legende. Als erste kommerzielle Stereo-Aufnahme (es gab ja schon seit 1932 stereophone Versuche in Amerika und Deutschland, Ende des zweiten Weltkriegs in Deutschland mit beachtlichen hörenswerten Klangergebnissen!) war und ist der Klang sensationell. Noch heute erreichen viele Schallplattenproduktionen nicht die Klarheit, Räumlichkeit und den natürlichen Eindruck dieser 61 Jahre alten Einspielung. Dann das mitreißende Dirigats Fritz Reiners, das kompromisslos entfesselte Orchesterspiel, die klassisch wirkende geschlossene und vitale Konzeption der Interpretation . . .

    Nebenbei angemerkt: Spannend und aufschlussreich ist übrigens der Vergleich mit der mehr als acht Jahre später entstandenen Einspielung Reiners mit dem CSO. Die (in jeder Hinsicht) noch stimmigeren Holzbläser, die veränderte Orchesteraufstellung, die etwas ruhigere, mehr lyrische und breitere unaufgeregte Lesart des Werks. Einige Schwächen der ersten Aufnahme wurden beherzigt und besser gelöst, z.B. die weiter unten erwähnte Stelle mit Orchester und Orgel. Diese Aufnahme fristet völlig zu Unrecht ihr Dasein im Schatten der 54ziger Einspielung. Vielleicht würde ein neues Remastering (trotz des XRCD-Transfers, der trotz gleicher Quelle deutlich besser klingt als die VÖ in der Reiner-Box!) dem etwas verhalten dezenten Klang auf die Sprünge helfen. Zurück zur vorliegenden Einspielung:

    Die hervorragende SACD-Transfer von Analogue Productions bringt auch wieder die kleinen sympathischen Unvollkommenheiten der 54ziger-Aufnahme stärker hervor: Der im Orchester im ff gestiegene Schlussakkord, der die 'übrigbleibende' Orgel als zu tief erscheinen lässt, ein zwei kleine Intonationsunsauberkeiten im Holz (kurze Zeit später waren ja ein paar neue Orchestermitglieder zu hören) und in ppp-Passagen hört man ganz ganz leise einen Brumm mit Tonhöhe.

    Die Aufnahme entstand am 8ten März 1954 in der Orchestra Hall Chicago. John Pfeiffer war der Produzent, Leslie Case war der Toningenieur. Also ist der Urstoff der Living Stereo-Legende keine Mohr-Layton Produktion. Übrigens war dieser Zarathustra die erste Stereoveröffentlichung, die erste kommerzielle Stereoaufnahme entstand jedoch zwei Tage früher: Strauss Heldenleben mit Reiner und dem CSO.

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    Gedanken für 'Halbkenner' und Hörer, die einfach neugierig auf die 'Living Stereo' Aufnahmen geworden sind:

    Es ist schon erstaunlich, in wie vielen Remasterings einige der Living Stereo Aufnahmen die letzten 30 Jahre erschienen sind. Diese frühen Stereo-Aufnahmen der RCA, besonders die Produktionen mit Reiner / CSO und dem Aufnahmeteam Mohr / Layton sind berühmt und erfreuen sich völlig zu Recht auch in unseren heutigen digitalen Zeiten höchster Beliebtheit und Wertschätzung, und das keineswegs nur aus nostalgischen oder Interpretationshistorischen Gründen.

    Nach wie vor ist die Dichte des Klangerlebens, die Lebendigkeit und natürliche Farbigkeit der 2- und 3-Kanal-Aufnahmen nicht wirklich übertroffen worden. Das liegt auch zu allererst daran, dass hier ein m.E. nicht mehr erreichter synergetischer Glückfall von Dirigent, Orchesterklang, Akustik des Aufnahmeorts und eben Tontechnik eingetreten ist.

    Gern wird immer wieder im Zusammenhang mit dem Chicago Symphony Orchestra das Wort Perfektion bemüht, wobei zumeist die makellose Intonation und das rhythmisch Zusammenspiel gemeint sind. Mir wäre hier das Wort ERFÜLLUNG wesentlich lieber als PERFEKTION oder PRÄZISION.
    Auch wenn letztere Ausdrücke gut zur gängigen Vorstellung von Fritz Reiner als Despoten und Orchestererzieher passen mögen, so geht das musikalische Ergebnis, das Dirigent und Orchester miteinander auf Platte (und noch mehr LIVE) entstehen ließen, weit über solch technische Begriffe hinaus. In der Tat sind die Virtuosität der Musiker, deren Treffsicherheit, Intonation und besonders die Umsetzung der Enharmonik(!) phänomenal. Wer aber pure Lust an metrischer Präzision hat, wird bei Reiner keine Freude haben und sogar hie und da ein 'Klappern' hören (z.B. die zwei Klarinetten im ersten Satz der Rhapsodie Espagnole von Ravel auf der Platte 'The Reiner Sound') . . .

    Das Besondere dieser Aufnahmen ist eine Erfüllung der Musik in jedem Sinne: Die Klanglichkeit der Instrumente zeigt alles, was wohl möglich und erträumbar ist. Dann die Virtuosität, welche sich nicht in schnell hoch laut erschöpft, sondern den Sinn und die gewünschte Stimmung eines virtuosen Effekts begreift und ihm dient. Dann alle Relationen: Das Grundtempo in Bezug zum musikalischen Bogen, das Verhältnis der Themen in Ausdruck und Tempomodifikation zueinander, die Balance der Orchestergruppen zueinander und die von Soli zu den anderen Tuttistimmen.
    Und dann noch die besondere Spezialität von Reiner: divergierender Dinge, die gleichzeitig geschehen, wobei die Rhythmischen dabei am meisten auffallen. Es kann z.B. die Schlussphrase eines Oboen-Solos das Tempo melancholisch verbreitern, während gleichzeitig das Orchester überschneidend schon wieder accelerierenden frischen Schwung schöpft. Das ist die ungemein verfeinerte alte Kunst des 'gebunden Rubato' (eine im Grunde vergessene Kunst eines Orchesterspiels mit tempomodifizierten, also eher freiem Melodiespiel gegenüber einer strengen Begleitung, wie man es auch von manchen 'alten' Pianisten kennt).

    In den Living Stereo Aufnahmen mit Fritz Reiner verbindet sich Tradition im besten Sinne mit einem immer frisch und neu ('modern' ist mir ein zu heikles Wort) wirkenden Musizieren, dessen Phantasie und Klarheit grenzenlos erscheint und so lebendig und natürlich wie möglich aufgezeichnet wurde.

    WARUM DIE AUSGABEN VON ANALOGUE PRODUCTIONS ?

    Wie schon erwähnt: Mittlerweile gibt es viele Ausgabe der mehr als 50 bis 60 Jahre alten Einspielungen, allein von RCA, dann BMG, dann Sony einige. Anfangs klang das meist recht hart, später weicher aber noch nicht richtig gut in Tiefe und Räumlichkeit aufgelöst und in den letzten SACD bei BMG schon sehr beeindruckend. Allerdings zeigt der Vergleich mit den LSC-Platten doch deutliche Bearbeitungen: ein deutlich aufgeblähter Klang und die Höhen etwas belegt und gezähmt.
    Mit den XRCDs von JVC von der Jahrtausendwende wurde erstmals versucht, wieder möglichst getreu den Klang der LPs in den originalen Zusammenstellungen zu präsentieren (in diesem Falle mit einer Spielzeit von 32 Minuten). Die SACDs von Analogue Productions verfolgen ebenso diesen Ansatz samt originalem Cover, originalem Plattentext und 'shaded Dog' als Label der CD-Bedruckung.

    Die SACDs von Analogue Productions gewinnen gegenüber den XRCD nochmal deutlich an natürlicher Brillanz des Klangs. Dabei wird aber nichts 'hochgezogen' oder hörbar obere Frequenzen verstärkt. Auf den ersten Eindruck klingen manche dieser SACD (wie auch der XRCDs von JVC) dumpfer oder belegter, was sich aber schnell als das natürlichere Klangbild mit authentischeren Farben erweist.

    GEADANKEN ZUM UNTERSCHIED ZWISCHEN ANALOGER LP UND SACD

    Die Diskrepanz zwischen Platte und CD/SACD wird immer bleiben, weil bei den Digitalen Medien (zumindest bis jetzt) es nicht möglich ist, das helle Anspringende ohne Schärfe oder Aggressivität zu erzeugen. Ein Beispiel:
    Der Beckenwirbel in Fontane di Roma zeigt auf der SACD schön und natürlich das spritzende Wasser, man wird aber nicht davon überschüttet wie bei der LP. Oder die Kastagnetten auf der 'Spain': sie sind auf der SACD sauber klar und unverfärbt abgebildet, klacken dem Hörer aber nicht direkt am Ohr.

    Vielleicht erfordert die Bewertung dieser subjektiven Unterschiede ein Umdenken: Das, was die LP als Höreindruck an lebendiger Nähe vollbringen kann ist im Grunde auch eine Illusion, welche anscheinend nur analog möglich ist. Bei der Platte können wir das (im Grunde unnatürliche) Umfangensein real erleben, bei den Digitalen Medien müssen wir mehr selbst dazu tun und 'hinein zu begeben'.
    Im Konzert wird uns das durch das Gemeinschaftserlebnis, die realre Raumakustik und das Optische erleichtert. Somit ist die analoge Schallplatte dem KlangERLEBNIS vielleicht näher, der digitale Tonträger aber dem realen KlangGESCHEHEN . . .

    EIN PAAR MÄNGEL DER NEUEN SACD-PRODUKTIONEN

    Allerdings gibt es auch kleine Mängel des Ästhetischen und Editorischen: Die Logoangaben der Firmen und Technik hätte man auf die Rückseite des Jewelcase beschränken können und die originale LP-Rückseite abdrucken, so wie das heute bei den Originaljacket Ausgaben üblich ist. Die Innenseite des Booklets bietet ja immer für einen Größeren Abdruck bzw. Übersetzung ins Deutsche (die es außer bei der Billigreihe von Sony nie gibt) genügend Platz. A propos Booklet: Bei Analogue Productions ist dieses (wie meist) in diesem Fall nur ein Faltblatt mit zwei Innenseiten! Angaben über Aufnahmedaten, Aufnahmeort, Produzent und Tontechniker gibt es ebenso wenig wie ein Wort zum (ungenannten) Remasterer oder dem Verfahren! Ein paar Worte kann man im Internet dazu lesen, aber warum nicht im Booklet? Erfreulicherweise ist der Originaltext von Analogue Productions (nur im originalen Englisch) abgedruckt, aber warum auch nicht die Erwähnung des Autors?
    Das mögen alles Kleinigkeiten sein, aber bei so einer stolzen Ausgabe mit stolzem Preis sollten diese 'Extras' doch selbstverständlich sein! Das hat mich bei der Vergabe von 5 Sternen tatsächlich zögern lassen.
    Erstaunlich ist, dass angesichts der Erfahrungen mit den anderen RCA Analogue Productions Ausgaben diesmal dem Werk mehrere Tracks zugewiesen wurden. Auch gibt es diesmal zumindest eine gute Sekunde Vorlauf und einblenden des minimalen Tapehiss vor dem Einsetzen der Musik.

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Fritz Reiner - Spain Fritz Reiner - Spain (SACD)
    17.11.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    deutlich besser als die BMG/Sony-SACD . . .

    . . . aber leider auch deutlich teurer, zumal wieder 'nur' die originale LP-Zusammenstellung veröffentlicht wurde (also ohne die weiteren halbe Stunde "El Amor brujo" mit Leontyne Price, die im Original ja mit "Les nuits d'ete" von Berlioz gekoppelt war).

    SPAIN - NACH 57 JAHREN IMMER NOCH EIN TRAUM

    Schon das erste glühende Streicher-Unisono des Intermezzo aus 'Goyescas' von Granados eröffnet, was auf dieser Platte zu hören sein wird: Klangkultur und Klangfülle, Raffinesse, Tiefe und Vielfalt de Ausdrucks, aber auch ein sinnliches Klangpanorama: eine wunderbare Übereinstimmung des Geistigen und Sinnlichen des Spanischen, das weit mehr ist als nur Tänze, maurische Melodiebehandlung und Kastagnetten-Geklapper.
    Wer mehr darüber wissen möchte, lese im Internet über Albeniz und das was er zu seinem 12teiligen Zyklus Iberia geäußert hat. Schade, dass Reiner nicht ein paar weitere wichtige spanische Werke eingespielt hat:
    Seine Sicht auf Granados, Albeniz und de Falla ist eine Ganzheitliche und somit erfüllend!

    Granados: Goyescas - Internmezzo
    De Falla: la Vida Breve - Zwischenspiel und tanz
    De Falla: Der Dreispitz - Tänze
    Albeniz: Navarra
    Albeniz: Iberia - Fete-Dieu a Seville
    Albeniz: Iberia - Triana

    Erfreulich, nun wieder den ganzen Text von Vincent Sheean lesen zu können (bei BMG/Sony war er gekürzt), allerdings wie bei allen Analogue Productions nur im originalen Englisch.

    Die Aufnahmen entstanden am 26 April 1958 in der Orchestra Hall Chicago. Richard Mohr war der Produzent, Lewis Layton war der Toningenieur.

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    FEHLER UND UNGEREIMTHEITEN IM AMAZON-ANGEBOT DER SPAIN

    Ach ja - natürlich sind die Detail-Angaben bei Amazon Unsinn (Tomatito Michel Camilo?) und die Besprechung von Thietmar bezieht sich nicht auf Spain mit Reiner / CSO. Warum diese SACD nicht verfügbar sein soll, ist mir ebenso schleierhaft, da diese Ausgabe erst vor wenigen Wochen erschienen ist. Vielleicht ist die SACD erst angelegt und wird die nächste Zeit als verfügbar angezeigt.

    WARUM IMMER WIEDER DIE ALTEN REINER-AUFNAHMEN ?

    Gedanken für 'Halbkenner' und Hörer, die einfach neugierig auf die 'Living Stereo' Aufnahmen geworden sind:

    Es ist schon erstaunlich, in wie vielen Remasterings einige der Living Stereo Aufnahmen die letzten 30 Jahre erschienen sind. Diese frühen Stereo-Aufnahmen der RCA, besonders die Produktionen mit Reiner / CSO und dem Aufnahmeteam Mohr / Layton sind berühmt und erfreuen sich völlig zu Recht auch in unseren heutigen digitalen Zeiten höchster Beliebtheit und Wertschätzung, und das keineswegs nur aus nostalgischen oder Interpretationshistorischen Gründen.

    Nach wie vor ist die Dichte des Klangerlebens, die Lebendigkeit und natürliche Farbigkeit der 2- und 3-Kanal-Aufnahmen nicht wirklich übertroffen worden. Das liegt auch zu allererst daran, dass hier ein m.E. nicht mehr erreichter synergetischer Glückfall von Dirigent, Orchesterklang, Akustik des Aufnahmeorts und eben Tontechnik eingetreten ist.

    Gern wird immer wieder im Zusammenhang mit dem Chicago Symphony Orchestra das Wort Perfektion bemüht, wobei zumeist die makellose Intonation und das rhythmisch Zusammenspiel gemeint sind. Mir wäre hier das Wort ERFÜLLUNG wesentlich lieber als PERFEKTION oder PRÄZISION.
    Auch wenn letztere Ausdrücke gut zur gängigen Vorstellung von Fritz Reiner als Despoten und Orchestererzieher passen mögen, so geht das musikalische Ergebnis, das Dirigent und Orchester miteinander auf Platte (und noch mehr LIVE) entstehen ließen, weit über solch technische Begriffe hinaus. In der Tat sind die Virtuosität der Musiker, deren Treffsicherheit, Intonation und besonders die Umsetzung der Enharmonik(!) phänomenal. Wer aber pure Lust an metrischer Präzision hat, wird bei Reiner keine Freude haben und sogar hie und da ein 'Klappern' hören (z.B. die zwei Klarinetten im ersten Satz der Rhapsodie Espagnole von Ravel auf der Platte 'The Reiner Sound') . . .

    Das Besondere dieser Aufnahmen ist eine Erfüllung der Musik in jedem Sinne: Die Klanglichkeit der Instrumente zeigt alles, was wohl möglich und erträumbar ist. Dann die Virtuosität, welche sich nicht in schnell hoch laut erschöpft, sondern den Sinn und die gewünschte Stimmung eines virtuosen Effekts begreift und ihm dient. Dann alle Relationen: Das Grundtempo in Bezug zum musikalischen Bogen, das Verhältnis der Themen in Ausdruck und Tempomodifikation zueinander, die Balance der Orchestergruppen zueinander und die von Soli zu den anderen Tuttistimmen.
    Und dann noch die besondere Spezialität von Reiner: divergierender Dinge, die gleichzeitig geschehen, wobei die Rhythmischen dabei am meisten auffallen. Es kann z.B. die Schlussphrase eines Oboen-Solos das Tempo melancholisch verbreitern, während gleichzeitig das Orchester überschneidend schon wieder accelerierenden frischen Schwung schöpft. Das ist die ungemein verfeinerte alte Kunst des 'gebunden Rubato' (eine im Grunde vergessene Kunst eines Orchesterspiels mit tempomodifizierten, also eher freiem Melodiespiel gegenüber einer strengen Begleitung, wie man es auch von manchen 'alten' Pianisten kennt).

    In den Living Stereo Aufnahmen mit Fritz Reiner verbindet sich Tradition im besten Sinne mit einem immer frisch und neu ('modern' ist mir ein zu heikles Wort) wirkenden Musizieren, dessen Phantasie und Klarheit grenzenlos erscheint und so lebendig und natürlich wie möglich aufgezeichnet wurde.

    WARUM DIE AUSGABEN VON ANALOGUE PRODUCTIONS ?

    Wie schon erwähnt: Mittlerweile gibt es viele Ausgabe der mehr als 50 bis 60 Jahre alten Einspielungen, allein von RCA, dann BMG, dann Sony einige. Anfangs klang das meist recht hart, später weicher aber noch nicht richtig gut in Tiefe und Räumlichkeit aufgelöst und in den letzten SACD bei BMG schon sehr beeindruckend. Allerdings zeigt der Vergleich mit den LSC-Platten doch deutliche Bearbeitungen: ein deutlich aufgeblähter Klang und die Höhen etwas belegt und gezähmt.
    Mit den XRCDs von JVC von der Jahrtausendwende wurde erstmals versucht, wieder möglichst getreu den Klang der LPs in den originalen Zusammenstellungen zu präsentieren (und somit mit Spielzeiten zwischen 35 und 50 Minuten). Die SACDs von Analogue Productions verfolgen ebenso diesen Ansatz samt originalem Cover, originalem Plattentext und 'shaded Dog' als Label der CD-Bedruckung.

    Die SACDs von Analogue Productions gewinnen gegenüber den XRCD nochmal deutlich an natürlicher Brillanz des Klangs. Dabei wird aber nichts 'hochgezogen' oder hörbar obere Frequenzen verstärkt. Auf den ersten Eindruck klingen manche dieser SACD (wie auch der XRCDs von JVC) dumpfer oder belegter, was sich aber schnell als das natürlichere Klangbild mit authentischeren Farben erweist.

    GEADANKEN ZUM UNTERSCHIED ZWISCHEN ANALOGER LP UND SACD

    Die Diskrepanz zwischen Platte und CD/SACD wird immer bleiben, weil bei den Digitalen Medien (zumindest bis jetzt) es nicht möglich ist, das helle Anspringende ohne Schärfe oder Aggressivität zu erzeugen. Ein Beispiel:
    Der Beckenwirbel in Fontane di Roma zeigt auf der SACD schön und natürlich das spritzende Wasser, man wird aber nicht davon überschüttet wie bei der LP. Oder die Kastagnetten auf der 'Spain': sie sind auf der SACD sauber klar und unverfärbt abgebildet, klacken dem Hörer aber nicht direkt am Ohr.

    Vielleicht erfordert die Bewertung dieser subjektiven Unterschiede ein Umdenken: Das, was die LP als Höreindruck an lebendiger Nähe vollbringen kann ist im Grunde auch eine Illusion, welche anscheinend nur analog möglich ist. Bei der Platte können wir das (im Grunde unnatürliche) Umfangensein real erleben, bei den Digitalen Medien müssen wir mehr selbst dazu tun und 'hinein zu begeben'.
    Im Konzert wird uns das durch das Gemeinschaftserlebnis, die realre Raumakustik und das Optische erleichtert. Somit ist die analoge Schallplatte dem KlangERLEBNIS vielleicht näher, der digitale Tonträger aber dem realen KlangGESCHEHEN . . .

    EIN PAAR MÄNGEL DER NEUEN SACD-PRODUKTIONEN

    Allerdings gibt es auch kleine Mängel des Ästhetischen und Editorischen: Die Logoangaben der Firmen und Technik hätte man auf die Rückseite des Jewelcase beschränken können und die originale LP-Rückseite abdrucken, so wie das heute bei den Originaljacket Ausgaben üblich ist. Die Innenseite des Booklets bietet ja immer für einen Größeren Abdruck bzw. Übersetzung ins Deutsche (die es außer bei der Billigreihe von Sony nie gibt) genügend Platz. A propos Booklet: Bei Analogue Productions ist dieses meist nur ein Faltblatt mit zwei Innenseiten! Angaben über Aufnahmedaten, Aufnahmeort, Produzent und Tontechniker gibt es ebenso wenig wie ein Wort zum (ungenannten) Remasterer oder dem Verfahren! Ein paar Worte kann man im Internet dazu lesen, aber warum nicht im Booklet? Das mögen alles Kleinigkeiten sein, aber bei so einer stolzen Ausgabe mit stolzem Preis sollten diese 'Extras' doch selbstverständlich sein!
    Eine Sache stört mich aber doch stark: Die Pausen zwischen Stücken, die nichts miteinander zu tun haben (also nicht mehrsätzigen Werke, bei denen die Pausen korrekt eingehalten sind) sind extrem kurz, manchmal unter 5 Sekunden. Das hat mich bei der Vergabe von 5 Sternen tatsächlich zögern lassen. Warum kann man auf so etwas Wesentliches wie angemessen lange Pausen nicht Acht geben?

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Igor Strawinsky - The Complete Columbia Album Collection Igor Strawinsky - The Complete Columbia Album Collection (CD)
    27.10.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    großartig und längst überfällig

    Auszug aus der Produktbeschreibung von Sony: Als erster Komponist der Geschichte nahm Strawinsky fast sein gesamtes Werk selbst auf (einen Großteil davon mehr als einmal). Der New Yorker Musikkritiker der Times Anthony Tommasini schrieb im Jahr 1999: "In Bezug auf die Bedeutung der Archivierung ist dies ist diese Diskographie der größte Meilenstein in der Geschichte der Musikaufnahmen der klassischen Tradition' . . .

    Andererseits ' und das wird von Sony in der Werbung nicht erwähnt ' sind Strawinskys 'Wiedergaben' (den Begriff 'Interpretation' lehnte der Komponist und Dirigent strikt ab, er wollte seine Werke nur 'ausgeführt' sehen ohne einen persönlichen Filter subjektiviert) nach wie vor umstritten, einerseits wegen der Dirigiertätigkeit des Komponisten, aber eher Großteils wegen des unterschiedlichen Niveaus der Ausführungen.

    Strawinskys dogmatisch vorgetragener philosophischer Ansatz, dass ein Ausführender sich bei einer Aufführung / Aufnahme selbst völlig 'rauszuhalten' hat, sorgt immer noch für Disput. Natürlich sieht man das fast 45 Jahre nach dem Tod des Komponisten nicht mehr so eng gefasst, weil das Bewusstsein für philosophische Aspekte des Musizierens und der Musik an sich von einer breiteren Hörerschaft erfasst werden können. Zudem haben wir durch diese hier vorliegende Edition auch wieder die Möglichkeit, einige verschiedene Aufnahmen derselben Werke durch den Komponisten hören zu können, die zeigen, dass auch bei Strawinsky selbst ein Wandel bei den 'Ausführungen' zu konstatieren ist. Auch merkt er z.B. selbst an, dass er sich wohl kaum an seine vorgegebenen Metronomangaben hält.

    Viele seine Aussagen sind letztlich auch verkürzt (und somit verfälscht) und missverstanden worden. Seine Vorliebe für den Dirigenten Pierre Monteux im Menschlichen und Robert Craft im (verkürzt gesagt) kooperativ 'Widerspruchslosen' (wenn nicht sogar Gefügigen) sagt ja auch einiges zur Bandbreite dieses Themas aus. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen Ensemble, Dirigent, Aufnahmeraumakustik und auch der Entwicklung des Menschen. Nichts beweist das mehr als die eigenen Aufnahmen des Komponisten.

    Generell kann man als Anhaltspunkt sagen, dass die früheren Einspielungen meist sinnlicher und klanglicher gelungen sind als die meist etwas nüchternen späteren ' manchmal erscheinen sie auch bisweilen trotz Mono besser aufgenommen (setzt aber voraus, dass man gewohnt ist Monaurales zu hören). Diese größere klangliche Befriedigung liegt zu großen Teil sicherlich auch an den zur Verfügung stehenden Ensembles. Das New York Philharmonic, Cleveland oder später auch mal das Chicago Symphony Orchestra haben einfach eine andere orchestrale Klasse als das Columbia Orchester der Westküste. Die Außerordentlichen Fähigkeiten und Phantasie von Orchestermusikern inspirieren auch einen Dirigenten. Die Vergleichsmöglichkeiten der verschiedenen Einspielungen des Sacre und Feuervogels (um nur die zwei bekanntesten zu nehmen) belegen das eindeutig. Strawinsky war Vollblutmusiker und als solcher hat er natürlich auf diese Gegebenheiten reagiert. Diese Erkenntnis gewann man schon aus den Bruno Walter Einspielungen der 40ziger und 50ziger und dann eben der späten aus den 60ziger Jahren.

    REMASTERINGS

    Wie schon erwähnt sind 40 Stücke neu remastert worden bzw. überhaupt zum ersten Mal auf CD erschienen (hier sind untenstehend diese einzeln aufgeführt). Die Transfers sind wie immer letzthin bei SONY bei solchen Veröffentlichungen überdurchschnittlich gut. Auch wenn wohl nicht die gesamte den Quellen innewohnenden Informationen auf CD gebannt wurden (so wie das anscheinend Analogue Produktions mit den Living Stereo Aufnahmen der RCA im SACD-Format fertig bringt ' siehe meine Besprechungen), so lässt Sony eine großen Teil der üblichen vergleichbaren VÖs hinter sich. Das Besondere der frühen Monoaufnahmen der RCA-Victor und Columbia wird auf jeden Fall hörbar.

    Wer bezüglich der anderen bereits in den beiden vorausgegangenen Strawinsky-Editionen erschienen Stereo-Veröffentlichungen radikale klangliche Verbesserungen oder neue Erkenntnisse erwartet, sieht sich vielleicht etwas enttäuscht. Die Unterscheide sind nicht gravierend. Tatsache ist aber, dass jede(!) der hier vorgelegten CDs etwas anders klingt als die bereits erhältlichen. Auch die Tracknummern sind teilweise an anderen Stellen gesetzt. Ich habe die Vergleiche mit meiner schwarzen Edition (welche ja die letzte Veröffentlichung war) angestellt und dabei wieder festgestellt, dass es dort eine Zumutung ist, die Aufnahmedaten aufzufinden. Nur die faszinierenden Probenfotos werde ich etwas vermissen. Auch ein paar Stichproben mit der ersten (eingefärbten) Edition haben ähnliche klangliche Ergebnisse ergeben. In der ersten Edition gab es übrigens mehr Text zum lesen.

    Angesichts der großen Erweiterung der Aufnahmen der neuen Edition würde ich mir über ein '5% anderer Klang' der Remasterings keinen Kopf machen. Die neuen Ausgaben klingen jedenfalls keineswegs schlechter!

    TEXTBUCH und EDITION

    Ganz großartig ist der zwölfseitige Essay von Richard Taruskin 'Strawinsky im Studio' gelungen. Nicht sehr viel Text für so eine große Edition, aber ganz konsequent an dem hier schon angesprochenen Thema orientiert. Es sind umfassende Gedanken, ein Text zum Lernen für den Hörer, welchen die ernsthafte Arbeit und Innensichten von Aufnahmen interessieren.

    Ansonsten bietet das 262seitige Büchlein das übliche (schön, das mal so sagen zu können!) hohe Niveau der Sony-Veröffentlichungen, welche sich die originalen Plattenveröffentlichungen mit Original-Cover widmen: Alle wichtigen Aufnahmedaten, Abbildungen der Schallplatten-Cover. Nichts fehlt, alles ist übersichtlich und gut lesbar! Wenn doch generell Universal (DG, Decca, Philips) und Warner (EMI) sich daran orientieren würden . . .
    Texte zu den Liedern oder den anderen literarischen Werken gibt es nicht.

    Die CD-Hüllen sind gewohnt stabil und die Leichtigkeit der Entnahme der CDs ist akzeptabel (Manche sperren sich ein wenig, ein zwei Klebestellen sind nicht perfekt ausgeführt, eine CD hatte schon eine deutliche kleine Markierung am Rand ' aber alles bewegt sich in marginalem Bereich).

    Die Box selbst ist äußerst stabil (mit rundum weit herunter gezogenem Deckel) und sehr edel und ansprechend in schwarzweiß gestaltet.

    Ach ja ' erwähnenswert der 'Vollständigkeit' halber:
    Die Aufnahmen der 'Serenade', des 'Konzerts für zwei Solo Klaviere' und der 'Piano-Rag Music' mit Strawinsky am Klavier sind im Gegensatz zur ersten 'Gesamtausgabe' nicht mehr enthalten. Es sind ja auch EMI (Pathé-Marconi) Einspielungen von 1934 und 1938.

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    Hier ein Auszug der englischsprachigen Produktbeschreibung, von mir frei übersetzt:

    Igor Strawinsky ' 'The Complete Columbia Album Collection' ist eine beispiellose Wiederveröffentlichung der Gesamtaufnahmen Strawinskys eigener Werke, die er selbst für CBS / American Columbia gemacht hat. Zum ersten Mal sind hier auf CD alle der Mono-Aufnahmen erschienen, also die 1940er und 1950er Jahren neben den bekannteren Stereo-Remakes aus den 1960er Jahren sowie alle vom Komponisten autorisierten Einspielungen, die Strawinskys Assistent Robert Craft durchgeführt. Strawinsky war dabei anwesend, nachdem er sich durch sein Alter und seinen Gesundheitszustand nicht mehr dazu in der Lage sah, die Aufnahmen selbst durchzuführen. Als erster Komponist der Geschichte nahm Strawinsky fast sein gesamtes Werk selbst auf (ein Großteil davon mehr als einmal). Der New Yorker Musikkritiker der Times Anthony Tommasini schrieb im Jahr 1999: "In Bezug auf die Bedeutung der Archivierung ist dies ist diese Diskographie der größte Meilenstein in der Geschichte der Musikaufnahmen der klassischen Tradition'.

    Diese Diskographie bietet eine umfassendere Darstellung als alle bisherigen Wiederveröffentlichungen. Diese neue Ausgabe von 56 CDs plus DVD selbst stellt einen wichtigen Meilenstein in der Musikaufnahmen dar und enthält nicht weniger als 23 Aufführungen, die nie zuvor auf CD veröffentlicht wurden zuzüglich 17 Aufnahmen, welche von der ursprünglichen analogen Platten und Bänder mit 24 Bit / 96 kHz-Technologie neu remastert wurden. Die beiliegenden DVD 'Strawinsky in Hollywood' enthält Szenen aus mehreren großen Studiofilme der 1940er (zum ersten Mal so gezeigt) mit der Musik, die Strawinsky für sie schrieb.

    Das 264 Seiten Hardcover-Buch enthält ein komplettes Werkverzeichnis, eine detaillierte Diskographie und eine Fülle von Session-Fotos, zusammen mit einer großen neuen Essay des Strawinsky-Experten Richard Taruskin, in dem er untersucht, wie das lebenslange Misstrauen Strawinskys den Ausführenden und Live-Aufführungen gegenüber in dazu bewegten, selbst alle seine Werke durch das objektivere Medium der Schallplatte zu bewahren.

    FAZIT

    Eine uneingeschränkt (bis auf die erwähnten Kleinigkeiten) empfehlenswerte erstmalige Gesamtausgabe der Strawinsky-Aufnahmen bei RCA und Columbia auf CD. Wem Strawinsky nicht so wichtig ist und wer im Grunde nur Stereo-Aufnahmen hören möchte, der ist mit der ersten und zweiten Ausgabe gut bedient und muss hier nicht unbedingt zugreifen.
    Wer Strawinsky gern und öfters hört und den Wert der früheren Monoeinspielungen kennt oder wen die Thematik einer sich wandelnden Interpretation (pardon für das Un-Wort) interessiert, für den ist diese schöne Edition das Richtige!

    Der beigefügte Film 'Strawinsky in Hollywood' ist sehr beeindruckend, da er sehr das Geistige und Religiöse in Strawinskys Werk und sein Verhältnis zu Schönberg behandelt - ein durchaus ungewohnter Ansatz eines solchen Filmportraits.

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    Folgende 40 Aufführungen wurden für diese Ausgabe neu von 78ziger Schallplatten bzw. Masterbändern remastert und digitalisiert und 23 von ihnen erscheinen hier das erste Mal:

    Petruschka Ballett Suite [Aufnahme 1940]
    Divertimento (aus Le Baiser de la fée) [Aufnahme 1940]
    Scènes de ballet [Aufnahme 1945]
    Tango (Vitya Vronsky, Victor Babin, Klaviere) [Aufnahme 1945]
    Psalmensinfonie [Aufnahme 1946]
    Sinfonie in 3 Sätzen [Aufnahme 1946]
    Pastorale (Lied ohne Worte für Violine & Holzbläserquartett) [Aufnahme 1946]
    Konzert für 2 Solo Klaviere (Vitya Vronsky, Victor Babin, Klaviere) [Aufnahme 1947]
    Scherzo à la russe für 2 Solo Klaviere (Vronsky, Babin, Klaviere) [Aufnahme 1947]
    Danses concertantes (für Kammerorchester) [Aufnahme 1947]
    Divertimento (aus Le Baiser de la fée) [Aufnahme 1947]
    Scherzo à la russe [Aufnahme 1947]
    Orphée ' Ballett [Aufnahme 1949]
    Messe für gemischten Chor und doppeltes Bläser Quintett [Aufnahme 1949]
    Pater Noster (revidierte 1949 Version) [Aufnahme 1949]
    Ave Maria (revidierte 1949 Version) [Aufnahme 1949]
    Konzert für Klavier und Blasinstrumente [Aufnahme 1950]
    Konzert in D (für Streichorchester) 'Basle Concerto' [Aufnahme 1950]
    Apollon musagète ' Ballett [Aufnahme 1950]
    Oedipus Rex - Opern-Oratorium in 2 Akten nach Sophokles [Aufnahme 1951]
    Cantata [Aufnahme 1952]
    The Rake's Progress [Aufnahme 1953]
    Septett [Aufnahme 1954]
    In memoriam Dylan Thomas [Aufnahme 1954]
    3 Songs from William Shakespeare [Aufnahme 1954]
    4 Lieder für Stimme, Flöte, Harfe und Gitarre [Aufnahme 1955]
    3 Japanese Lyrics [Aufnahme 1955]
    2 Poems of Konstantin Balmont [Aufnahme 1955]
    3 kleine Lieder (Recollections of my Childhood) [Aufnahme 1955]
    4 Russian Peasant Songs ('Saucers') for Female Choir (1914'1917) [Aufnahme 1955]
    Gesualdo-Stravinsky: Illumina nos (Robert Craft, Dirigent) [Aufnahme 1957]
    Perséphone [Aufnahme 1957] Erste STEREO Veröffentlichung
    3 leichte Stücke (Arthur Gold, Robert Fizdale, Klaviere) [Aufnahme 1961]
    5 leichte Stücke (Arthur Gold, Robert Fizdale, Klaviere) [Aufnahme 1961]
    Konzert für 2 Solo Klaviere (Arthur Gold, Robert Fizdale, Klaviere) [Aufnahme 1961]
    Pastorale (für Sopran und Klavier, 1907) (Jennie Tourel, Sopran) [Aufnahme 1965]
    Les Noces (Robert Craft, Dirigent) [Aufnahme 1965]
    Messe für gemischten Chor und doppeltes Bläser Quintett (Robert Craft, Dirigent) [Aufnahme 1966]
    Les Noces (1917) (Robert Craft, Dirigent) [Aufnahme 1973]
    Les Noces (1919) for Pianola, 2 Cimbaloms, Harmonium and Percussion (Robert Craft, Dir.) [Aufnahme 1973]

    - - - - -

    Hier der Inhalt der neuen kompletten Strawinsky Ausgabe:

    DISC 1:
    Stravinsky: The Rite of Spring
    Narration: A propos of Le Sacre - Commentary by Igor Stravinsky

    DISC 2:
    Stravinsky: Petroushka - Ballet Suite
    Stravinsky: Scènes de ballet
    Stravinsky: Le Baiser de la fée: Divertimento

    DISC 3:
    Stravinsky: The Firebird

    DISC 4:
    Stravinsky: Symphony of Psalms
    Stravinsky: Symphony in 3 Movements

    DISC 5:
    Stravinsky: Concerto for 2 Solo Pianos
    Stravinsky: Scherzo à la russe
    Rimsky-Korssakov-Babin: Dance of the Tumblers
    Babin: Russian Village
    Arensky: Suite No. 1 for Two Pianos, Op. 15: Waltz
    Rimsky-Korssakov-Babin: Sadko: Cradle Song
    Stravinsky-Babin: Circus Polka
    Stravinsky: Tango

    DISC 6:
    Stravinsky: Orpheus
    Stravinsky: Mass

    DISC 7:
    Stravinsky: Duo concertant for Violin and Piano
    Bloch: Baal Shem
    Stravinsky: Pastorale, Song without Words for Violin & Woodwind Quartet

    DISC 8:
    Stravinsky: Divertimento from Le Baiser de la fée
    Stravinsky: Danses concertantes for Chamber Orchestra
    Stravinsky: Concerto for Piano and Wind Instruments
    Stravinsky: Scherzo à la russe
    Stravinsky: Pater Noster (Revised 1949 Version)
    Stravinsky: Ave Maria (Revised 1949 Version)

    DISC 9:
    Stravinsky: Apollon musagète
    Stravinsky: Concerto in D "Basle Concerto"

    DISC 10:
    Stravinsky: Fireworks, Op. 4
    Stravinsky: Ode
    Stravinsky: Russian Maiden's Song
    Stravinsky: Ebony Concerto
    Stravinsky: 4 Norwegian Moods
    Stravinsky: Circus Polka

    DISC 11:
    Stravinsky: Oedipus Rex

    DISC 12-13:
    Stravinsky: The Rake's Progress

    DISC 14:
    Stravinsky: Pulcinella

    DISC 15:
    Stravinsky: Symphony in C
    Stravinsky: Cantata

    DISC 16:
    Stravinsky: L'Histoire du Soldat - Suite
    Stravinsky: Octet for Wind Instruments
    Stravinsky: Symphonies of Wind Instruments (Revised 1947 Version)

    DISC 17:
    Stravinsky: In memoriam Dylan Thomas
    Stravinsky: 3 Songs from William Shakespeare
    Stravinsky: Septet
    Stravinsky: Four Russian Songs for Voice, Flute, Harp and Guitar
    Stravinsky: 2 Poems of Constantin Balmont
    Stravinsky: 3 Japanese Lyrics
    Stravinsky: 3 Little Songs 'Recollections of my Childhood'
    Stravinsky: Four Russian Peasant Songs for Female Choir 'Saucers'

    DISC 18:
    Stravinsky: The Fairy's Kiss

    DISC 19:
    Stravinsky: Perséphone

    DISC 20:
    Stravinsky: Agon
    Stravinsky: Canticum sacrum

    DISC 21:
    Stravinsky: Threni

    DISC 22:
    Stravinsky: The Rite of Spring
    Stravinsky: Petrushka (Revised 1947 Version)

    DISC 23:
    Stravinsky: Serenade for Piano in A Major
    Stravinsky: Piano Sonata
    Schoenberg: Piano Piece, Op. 33a
    Schoenberg: Piano Piece, Op. 33b
    Schoenberg: Suite for Piano, Op. 25

    DISC 24:
    Stravinsky: Movements for Piano and Orchestra
    Stravinsky: Double Canon 'Raoul Dufy in Memoriam'
    Stravinsky: Epitaphium
    Stravinsky: Octet for Wind Instruments
    Stravinsky: Histoire du Soldat - Suite

    DISC 25:
    Gesualdo: Madrigals
    Stravinsky: Monumentum pro Gesualdo di Venosa
    Stravinsky: Illumina nos

    DISC 26:
    Stravinsky: Le Rossignol

    DISC 27:
    Stravinsky: The Firebird (Original 1910 Version)

    DISC 28:
    Stravinsky: Concerto in D Major for Violin and Orchestra
    Stravinsky: Symphony in 3 Movements

    DISC 29:
    Stravinsky: Concerto for 2 Solo Pianos
    Stravinsky: 3 Easy Pieces
    Stravinsky: 5 Easy Pieces
    Stravinsky: Sonata for 2 Pianos

    DISC 30:
    Stravinsky: The Flood
    Stravinsky: Mass

    DISC 31:
    Stravinsky: Les Noces (The Wedding)
    Stravinsky: Renard
    Stravinsky: Rag-Time for 11 Instruments

    DISC 32:
    Stravinsky: Oedipus Rex

    DISC 33:
    Stravinsky: Symphony of Psalms (Revised 1948 version)
    Stravinsky: Symphony in C

    DISC 34:
    Stravinsky: Orpheus
    Stravinsky: Apollon musagète

    DISC 35:
    Stravinsky: Greeting Prelude
    Stravinsky: Concerto in E-Flat for Chamber Orchestra "Dumbarton Oaks"
    Stravinsky: 8 Instrumental Miniatures
    Stravinsky: 4 Studies for Orchestra
    Stravinsky: Circus Polka
    Stravinsky: Suite No. 1 for Small Orchestra
    Stravinsky: Suite No. 2 for Small Orchestra

    DISC 36:
    Stravinsky: Jeu de Cartes
    Tchaikovsky: Bluebird - Pas de Deux
    Stravinsky: Scènes de ballet

    DISC 37:
    Stravinsky: Zvezdoliki: The King of Stars
    Stravinsky: Anthem "The dove descending breaks the air"
    Stravinsky: Choral-Variations "Vom Himmel hoch da komm' ich her"
    Stravinsky: Babel
    Stravinsky: A Sermon, a Narrative and a Prayer

    DISC 38-39:
    Stravinsky: The Rake's Progress

    DISC 40:
    Stravinsky: Le Baiser de le fée

    DISC 41:
    Bernstein: Prelude, Fugue and Riffs for Solo Clarinet and Jazz Ensemble
    Copland: Concerto For Clarinet, Strings, Harp And Piano
    Stravinsky: Ebony Concerto
    Gould: Derivations for Clarinet and Band

    DISC 42:
    Stravinsky: Pulcinella

    DISC 43:
    Stravinsky: Perséphone

    DISC 44:
    Stravinsky: Symphony in E-Flat Major, Op.1

    DISC 45:
    Stravinsky: Mavra
    Stravinsky: Les Noces (The Wedding)

    DISC 46:
    Stravinsky: Cantata on Old English Texts
    Stravinsky: Mass
    Stravinsky: In memoriam Dylan Thomas
    Stravinsky: Fanfare for a New Theatre
    Stravinsky: The Owl and the Pussy-Cat
    Stravinsky: Septet
    Stravinsky: Elegy for J.F.K.

    DISC 47:
    Stravinsky: The Firebird - Suite (Revised 1945 Version)
    Stravinsky: Petrushka - Ballet Suite

    DISC 48:
    Stravinsky: Capriccio for Piano and Orchestra (Revised 1949 Version)
    Stravinsky: Concerto for Piano and Wind Instruments (Revised 1950 Version)

    DISC 49:
    Stravinsky: Pulcinella - Suite
    Stravinsky: Scherzo fantastique, op. 3
    Stravinsky: Fireworks, op. 4
    Stravinsky: Scherzo à la russe

    DISC 50:
    Stravinsky: Variations: "Aldous Huxley in memoriam"
    Stravinsky: Abraham and Isaac
    Stravinsky: Introitus: "T. S. Elliot in memoriam"
    Stravinsky: Requiem Canticles

    DISC 51:
    Stravinsky: Faun and Shepherdess, Op. 2
    Stravinsky: 2 Poems of Paul Verlaine, Op. 9
    Stravinsky: 2 Poems of Konstantin Balmont
    Stravinsky: 3 Japanese Lyrics
    Stravinsky: 3 Little Songs 'Recollections of my Childhood'
    Stravinsky: Pribaoutki (Nonsense Songs)
    Stravinsky: Tilim-Bom
    Stravinsky: Cat's Cradle Song
    Stravinsky: 4 Russian Songs for Voice, Flute, Harp and Guitar
    Stravinsky: 3 Songs from William Shakespeare

    DISC 52:
    Stravinsky: Danses concertantes (for chamber orchestra)
    Stravinsky: 4 Norwegian Moods
    Stravinsky: Ode for Orchestra
    Stravinsky: Concerto in D "Basle Concerto"

    DISC 53:
    Stravinsky: Praeludium for Jazz Band
    Stravinsky: Pastorale, Song without words (Transcription, 1933)
    Stravinsky: Tango (New Orchestration, 1953)
    Stravinsky: Concertino for 12 Instruments
    Key-Smith-Stravinsky: The Star-Spangled Banner
    Stravinsky: 4 Russian Peasant Songs 'Saucers' (Revised 1954 version)
    Stravinsky: Ave Maria (Revised 1949 version)
    Stravinsky: Credo (Revised 1964 version)
    Stravinsky: Pater Noster (Revised 1949 Version)
    Stravinsky: Pastorale (for soprano voice and piano, 1907)
    Stravinsky: Portrait of Stravinsky: Stravinsky in Rehearsal
    Stravinsky: Symphony in C: Rehearsal Fragment

    DISC 54:
    Stravinsky: Symphonies of Wind Instruments (Revised 1947 version)
    Stravinsky: Les Noces (The Wedding) (1917)
    Stravinsky: Les Noces (The Wedding) (1919) for pianola, 2 cimbaloms, harmonium and percussion
    Stravinsky: Chant du Rossignol

    DISC 55:
    Stravinsky: L'Histoire du Soldat for Violin, Clarinet and Piano
    Stravinsky: Septet for Clarinet, Bassoon, Horn, Piano, Violin, Viola & Cello
    Stravinsky: Pastorale for Violin and Piano
    Stravinsky: 3 Pieces for Clarinet Solo
    Stravinsky: Suite italienne for Cello and Piano

    DISC 56:
    Stravinsky: L'Histoire du Soldat (Jeremy Irons, narrator)

    DVD:
    Stravinsky in Hollywood ' A Film by Marco Capalbo

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    Über ein Feedback ([...], Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Ein Kommentar
    Anonym
    21.09.2017

    Rezensionen eines "Wahn-sinnlich-en"

    Vielen Dank für Deine trefflichen Rezensionen, auf die ich öfter stoße. Der gemeinsame Musikgeschmack pflastert unseren Weg. Wie Du richtig feststellst ist Strawinsky nicht der aufregendste Interpret seiner Werke. Da es aber seine Aufnahmen gibt, sollte man diese gehört und verinnerlicht haben, dann ist es noch spannender welchen Weg ein anderer Dirigent, ein Orchester geht seine Werke zu "spielen". Ausufern wird das nie, außer wenn Rieu mal das Sacre für ein heimelichem Publikum klatschend aufführt (was auch mal lustig wäre...), denn auch nach Bach's und Monteverdi's romantischen Aufführungen in den 60gern, wurde ab den 80gern mit historischen Instrumenten und erneuten Quellenlesen eine Korrektur gezogen. Auch Stokowsky darf Bach mißbrauchen (wie er sagt, als Ein- und Aufeinander einspielen im Orchester. Ein Kennenlernen. Stokowsky wollte anfangs seine Bearbeitungen nicht veröffentlich sehen. Bevor er aber viel erklärt, verlabert, lässt er einfach ein Orchester ein Heiligtum nachspielen, und jeder weiß ohne Worte was er will... Das nennt man Kunstgriff.) Das hat sich dann verselbständigt, wofür Stokowsky nix kann. Bei Strawinsky ist es toll, dass wenn man die spektaktuelste Aufnahme des Sacre's sucht, wird man anfangs nach den lautesten, schrägsten und eruptivsten Einspielungen sucht, man nach Jahren doch wieder zur seriellen analytischen Aufnahme von Strawinsky selbst zurückkommen. Der beste Weg ist trotzdem einen eigenen Weg zu finden. Vielfalt bereichert das Leben und eine Komposition, ein Baby, von Strawinsky in die Welt "geschissen", das Sacre... ein Erwachsener in der Welt ist ein anderer als zur seiner Geburt, aber er hat seine Kindheit als Erinnerung. Für mich hat Strawinsky seine Werke geboren. Die Kinder, die Werke werden erwachsen. Sobald sie Rieu-Status erreichen werden sich Menschen, die das Original kennen dagegen stemmen und alles wieder auf Anfang zurückstellen. Strawinsky - in einer "Alten Musik"- Edition. Wir schreiben das Jahr 2153. Strawinsky wird beiben. Sein Werk ist so gut dokumentiert, es wird bleiben. Seine Tonaufnahmen bleiben. Interpretationen sind Zeitgeist. Habe mir genau deshalb die Box bestellt, obwohl ich vor 30 Jahren mit Strawinsky als Interpret seiner eigenen Werke echte Probleme hatte. Habe die immer noch. Habe live mit Shelley und den Nürnberger Sinfonikern das Sacre erlebt und es war ein Ereignis. Ein Erlebnis. Auf einer Konserve wäre das wohl nicht so spannend. Life ist Musik wesentlich heftiger. Strawinsky lebt, seine Kinder... obwohl er - der Vater lange tot ist.
    Glenn Gould Remastered - The Complete Columbia Album Collection Glenn Gould Remastered - The Complete Columbia Album Collection (CD)
    13.10.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Eine Glanzleistung der Sony!

    Wie meist bei wirklich guten neuen digitalen Überspielungen, bei denen man auf die originalen Tonbänder zurückgegriffen hat (wie in diesem Falle), fallen auch hier in der neuen Box "Glenn Gould - remastered" erst einmal hie und da (aber nicht allzu oft und natürlich besonders bei älteren Einspielungen) noch stärker als in den bekannten CD-Transfers die Schwächen der damaligen Aufnahmen auf. Ein paar der frühen Einspielungen 'ziert' ein leichtes bis mittelstarkes, tieffrequentes Rumpeln und immer wieder mal ein seltsames Ticken bzw. Knister-Knacksen, das von Goulds Spezialstuhl herrühren könnte.
    Zudem Rauschen wenige Aufnahmen nun wieder mehr, aber z.B. bei den Brahms Intermezzi wird ganz deutlich, wie viel bei dem CD-Transfer aus der Gould Jubilee Edition an Höhen abgeschwächt oder gar weggefiltert wurde, um das Rauschen zu minimieren!

    Wenn man das wohlwollend akzeptiert, dann wird gleich der tiefere Klangraum, die größere Präsenz, die natürliche Nähe der sehr direkten Tonabnahme und die unverfärbte Klarheit und Stabilität des Klangs über das ganze Frequenzspektrum und die gesamte Dynamikbreite deutlich. Man sitzt meist sehr nah am Klavier oder schon halb mit dem Kopf in den geöffneten Flügeldeckel gebeugt. Das erinnert (etwas) an die extremen Brunner-Schwer Aufnahmen (MPS) mit Friedrich Gulda, von denen gerade - endlich hervorragend überspielt! - Bachs Wohltemperiertes Klavier Band I und II wiederaufgelegt worden ist.

    Diese Natürlichkeit des Klangbilds ohne hörbare Filter, Dumpfheit oder zusätzlichen verunklarenden Hall wiegt leicht alle nun stärker hervortretende kleine Mängel der Aufnahmen bei weitem auf! Diese CD-Box trägt mit Recht - und wie selten trifft das zu - den Untertitel "remastered'!

    BACH ' VERGLEICHE MIT DER BLAUEN LEINEN-BOX

    Es ist noch kein Jahr her, da hat Sony die ausgezeichnete blau-leinene CD-Box "Glenn Gould - The complete Bach Collection" veröffentlicht - und nun schon wieder eine Gould-Box mit doch an die 30 Überschneidungen bei Bach?

    Dazu sei gesagt, dass die neuen Transfers (und sie sind tatsächlich neu!) - wie für alle anderen Komponisten - im Vergleich zur vor kurzem erschienenen blauen Bach-Box auch tatsächlich bei den Einspielungen von Goulds
    'Hauptkomponisten' teilweise gravierende Veränderungen bringen. Hier ein paar Beispiele:

    CD 1 Die Goldbergvariationen (Monoausgabe) klingen in diesem neuen Transfer deutlich(!) rauschärmer und somit auch detailreicher. Zudem gibt es das luxuriöse Faltcover.
    CD 32 Die Goldbergvariationen (re-channeled for Stereo) klingen gegenüber der älteren Ausgabe phänomenal. Das Stereo-channeling wurde vollkommen neu vorgenommen und klingt ganz klar, nicht mehr grießelig und verrauscht. Ein ganz großer Gewinn!
    CD 4 mit den Partiten 5 und 6 sind in der blauen Box durchweg in Mono veröffentlicht, in der neuen Box sind manche Nummern in Stereo. Ich persönlich favourisiere hier die ältere Monoausgabe, da ein einheitlicher Klang vorhanden ist.

    Alle Stereo-CD mit Bach sind ebenfalls deutlich hörbar neu remastert, meist mit tatsächlich noch besseren Ergebnissen.

    Das Weggeben der blauen Box fällt somit natürlich schwer, besonders weil zudem so viele Aufnahmen dort enthalten sind, die nicht als offizielle Platte erschienen sind - und zusätzlich 6 DVDs mit Bach. Wer Gould liebt oder spannend findet, wird sich letztlich mit den Dubletten abfinden müssen oder die DVDs extra (doch ziemlich teuer!) kaufen und sich Teile der unveröffentlichten Bachs in der älteren Glenn Gould Edition zulegen - soweit möglich. Wer aber besonders Goulds Haydn, Brahms, Schönberg, Krenek, Hindemith oder Sibelius schätzt, für den stellt sich diese Frage so nicht.

    Goulds CD-Veröffentlichungen hafteten m.E. bis jetzt oft etwas qualitativ Vorläufiges an. Es beschlich einen die Ahnung, dass die Herausgabe der Vermächtnisse des so sehr an Aufnahmen interessierten Pianisten noch besser gelingen könnte. Nun ist dazu möglicherweise das definitive Wort (fürs CD-Format) der remasternden Tontechniker gesprochen.

    PERSÖNLICHE VORLIEBEN - MAL KEIN BACH . . .

    Hier nur ein paar persönliche Vorlieben, denn zu den Einspielungen ist schon viel (für und wider) geschrieben worden:

    CD 7
    Die Berg Sonate, Schönbergs op. 11 (identisch mit der anderen Schönberg-CD mit Solowerken) und Kreneks dritte Sonate sind trotz mittlerweile mancher Konkurrenz (auch bei Krenek) immer noch unverzichtbar. Wunderbar ehrliche und angemessene Interpretationen.

    CD 11
    Die Brahms Intermezzi haben wieder den trockenen Biss und die Herbheit der originalen Platte. Für mich in der klaren klassischen Balance und dennoch zutiefst herzlichen wehmütigen romantischen Stimmung eine der schönsten Gould-Soloplatten ' wenn nicht DIE berührendste.

    CD 22
    Schönberg Solo-Klavierstücke
    Der neue Transfer bringt endlich die den Stücken angemessene Ruhe, Stabilität und Klangfülle. Die alte CBS-CD hatte deutlich weniger Raum und weniger Tiefen.

    CD 47
    Über den Grieg mag man denken was man möchte, aber mit wie viel Liebe und heiligem Ernst, aber auch lächend-schmunzelnd salonhafter Leichtigkeit und absonderlicher Verstiegenheit widmet sich Gould den Variationen von Bizet! Was für ein vielschichtiges Stück. Wer würde da beim Hören je auf den Komponisten der L'Arlesienne und Carmen denken?

    CD 57-58
    Eine meiner liebsten Gould-CDs - besonders und in erster Linie auch wegen der wunderbaren Bläser des Philadelphia Orchestras. Aber auch Gould korrespondiert mit den Instrumentalisten wunderbar stimmig. Es entsteht manchmal große Vision, wie z.B. in der Trompetensonate, die selten jemand so singend, intensiv und geistig inhaltlich erfühlt gespielt hat wie Gilbert Johnson. Endlich klingen die Bläser hier wieder in der Präsenz (das Ansatzgeräusch ist wieder hörbar) und obertonreiche Farbigkeit wie auf der Columbia-Doppelplatte - nur ohne deren Pressungsmängel und Fehler . . .

    CD 63
    Die Sibelius-Platte. Gould schafft eine ebenso querköpfige Interpretation (samt Aufnahmeregie ' mal fern, mal nah) wie es die Stücke selbst sind. Eine ganz und gar überzeugende und faszinierende Platte.

    CD 73-74
    Die letzten sechs Haydn Sonaten sind bei Gould ein Ausbund an Flexibilität und geister Hochspannung. Da ist nichts pauschal, aber m.E. auch nichts manieriert. Ein Haydn, der gefährlich experimentiert, auf falsche Fährten lockt und immer anregend ist. Ein Klavierspiel höchster Klangrede.

    CD 78
    Die Richard Strauss CD ist für mich wegen des Scherzos der Sonate wert gehört zu werden. Diese quirligen knapp drei Minuten mit Horowitz-Flair, wer würde da an Gould denken '? Der Musiker der Überraschungen ' Die Klavierstücke (auf der CD das originale '5 Klavierstücken') finde ich ansonsten interessanter als die Sonate. Seltsam ist allerdings die falsche und eiernde Tonhöhe des zweiten Stücks. Das ist einfach zu grotesk ' fast ist man geneigt, das als Absicht zu sehen' das muss doch jemand gehört haben???

    AUCH OPTISCH EIN SCHMUCKSTÜCK - UND EDITORISCH EIN LIEBEVOLLES MEISTERWERK

    Im Stillen hatte ich befürchtet, dass nun auch die Gould-Box (wie Bernstein und leider auch in einem Monat Horowitz) im abstrusen LP-Format erscheint. Zum Glück ist das nicht der Fall ' eher im quadratischen Format einer 25er-Platte. Diese Box ist äußerst wertig, stabil m.E. optisch extrem schön geraten: Hell mit dem jungen Gould an die hellgraue Wand gelehnt. Natürlich hätte man das Ganze auch länglich und wesentlich schmaler gestalten können, aber hier rechtfertigt das phantastische Buch mal die 'Platzverschwendung' voll und ganz!

    So ein luxuriöses und liebevoll gestaltetes 'Begleitbuch' habe ich bis jetzt noch nicht gesehen ' zumindest nicht mehr seit LP-Zeiten (und da natürlich nicht so dick ' 415 Seiten!). An hochwertigen Abbildungen wurde nicht gespart (Die Cover noch mal schön groß, viele Color- und SW-Fotos von Gould, Repros der 'Mastering-Instructions'), gutes Schriftbild, die originalen Plattentexte (nur auf Englisch, aber platztechnisch wäre das anders auch nicht gegangen). Alles sehr freundlich, ansprechend und die Phantasie anregend. Höchst lesenswert sind natürlich die Texte von Gould selbst. Ein wichtiges Korrelativ zu so viel Mutmaßungen und Unsinn, welche über den Pianisten verbreitet werden. Bei allen Schrulligkeiten oder Extravaganzas: Gould war einfach ein ernsthafter Pianist mit einem sehr persönlichen, tiefen und ernsthaften Verständnis für Werk und Musizieren. Der Geist des Musikers springt einen beim Lesen förmlich an. Allein die Liedtexte hätte man noch abdrucken können und vielleicht ein anderes Papier verwenden. Aber das ist völlig marginal ...
    Besonders erwähnenswert ist das übersichtliche Komponisten-Register zum besseren Auffinden der CDs, das in der blauen Bach-Box (da wärs natürlich ein Werk-Register), den Bernstein-Boxen und den zwei großen Horowitz-Boxen übersehen wurde.

    Es wurde auch bei den CDs selbst auf Kleinigkeiten geachtet, was das Sammlerherz ganz besonders freuen: Prägedruck (wo im Original vorhanden), die richtigen Labelaufdrucke und natürlich die originalen Zusammenstellungen. Ordentlich dicke Papphüllen, die allerdings bei Doppel-CDs die CD manchmal nicht gerne hergeben - besonders die erste der zwei CDs. Gute Farbwiedergabe der originalen Hüllen (keine Selbstverständlichkeit!).

    DAS FAZIT

    Nach dem Hören dieser gesamten offiziellen Gould Platten-Aufnahmen, die ja auch Kammermusik und Orchesteraufnahmen beinhalten, stellt sich bei mir ein ganz großes Gefühl der Erfüllung ein - und eine Wehmut, dass Sony mit solchen Meistern des Remasterns die historischen Schätze von Columbia (und auch RCA?) noch mehr zum Leuchten bringen könnte: u.a. Ormandy in Mono und Stereo, Mitropoulos, Reiner, Bernstein und so viele Solisten ...

    Die Box 'Glenn Gould ' remastered' ist in jeder Hinsicht überzeugend und macht Freude!

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    Hier die Auflistung der CDs mit Inhalt:

    Box Limited Edition 81 CDs:

    DISC 1: ML 5060 BACH: THE GOLDBERG VARIATIONS (1955)
    DISC 2: ML 5130 BEETHOVEN: PIANO SONATAS NOS. 30-32
    DISC 3: ML 5211 BEETHOVEN: PIANO CONCERTO 2 - BACH: KEYBOARD CONCERTO 1 GOULD (BERNSTEIN)
    DISC 4: ML 5186 BACH: PARTITAS NOS. 5 & 6
    DISC 5: ML 5274 HAYDN: PIANO SONATA HOB. XVI: 49
    MOZART: PIANO SONATA NO. 10
    DISC 6: MS 6017 BEETHOVEN: PIANO CONCERTO 1
    BACH: KEYBOARD CONCERTO 5 (GOLSCHMANN)
    DISC 7: ML 5336 BERG: SONATA NO. 1 - KRENEK: SONATA NO. 3 - SCHOENBERG: 3 PIANO PIECES
    DISC 8: MS 6096 BEETHOVEN: PIANO CONCERTO NO. 3 GLENN GOULD (BERNSTEIN)
    DISC 9: MS 6141 BACH: ITALIAN CONCERTO - PARTITAS NOS. 1 & 2
    DISC 10: MS 6178 GOULD: STRING QUARTET OP. 1 (THE SYMPHONIA QUARTET)
    DISC 11: MS 6237 BRAHMS: 10 INTERMEZZI FOR PIANO
    DISC 12: MS 6262 BEETHOVEN: PIANO CONCERTO NO. 4 GLENN GOULD (BERNSTEIN)
    DISC 13: MS 6338 BACH: THE ART OF FUGUE (FUGUES 1-9)
    DISC 14: MS 6339 MOZART: PIANO CONCERTO NO. 24 - SCHOENBERG: PIANO CONCERTO
    DISC 15: MS 6341 R. STRAUSS: ENOCH ARDEN (CLAUDE RAINS, Sprecher)
    DISC 16: MS 6408 BACH: THE WELL-TEMPERED CLAVIER I (PRELUDES & FUGUES 1- 8)
    DISC 17: MS 6498 BACH: PARTITAS NOS. 3 & 4 - TOCCATA BWV 914
    DISC 18: MS 6538 BACH: THE WELL-TEMPERED CLAVIER I (PRELUDES & FUGUES 9-16)
    DISC 19: MS 6622 BACH: THE TWO- AND THREE-PART INVENTIONS
    DISC 20: MS 6686 BEETHOVEN: PIANO SONATAS NOS. 5-7
    DISC 21: MS 6776 BACH: THE WELL-TEMPERED CLAVIER I (PRELUDES & FUGUES 17-24)
    DISC 22-23: M2S 736 THE MUSIC OF ARNOLD SCHOENBERG VOL. 4
    DISC 24: MS 6888 BEETHOVEN: PIANO CONCERTO NO. 5 "EMPEROR" (STOKOWSKI)
    DISC 25-26: M2S 767 THE MUSIC OF ARNOLD SCHOENBERG VOL. 7
    DISC 27: MS 6945 BEETHOVEN: PIANO SONATAS NOS. 8-10
    DISC 28: MS 7001 BACH: KEYBOARD CONCERTOS NOS. 3, 5 & 7 (GOLSCHMANN)
    DISC 29: 32 11 0046 CANADIAN MUSIC IN THE 20TH CENTURY
    DISC 30: MS 7097 MOZART: PIANO SONATAS NOS. 1-5
    DISC 31: MS 7099 BACH: THE WELL-TEMPERED CLAVIER II (PRELUDES & FUGUES 1-8)
    DISC 32: MS 7096 BACH: THE GOLDBERG VARIATIONS (1955, RE-CHANNELED FOR STEREO)
    DISC 33: MS 7095 BEETHOVEN/ LISZT: SYMPHONY NO. 5
    DISC 34: MS 7173 SCRIABIN: PIANO SONATA NO. 3
    PROKOFIEV: PIANO SONATA NO. 7
    DISC 35: MS 7274 MOZART: PIANOS SONATAS NOS. 6, 7 & 9
    DISC 36: MS 7294 BACH: KEYBOARD CONCERTOS NOS. 2 & 4 (GOLSCHMANN)
    DISC 37: D3S 806 SCHUMANN: PIANO QUINTET - PIANO QUARTET (BERNSTEIN, Klavier)
    DISC 38: MS 7413 BEETHOVEN: PIANO SONATAS NOS. 8, 14 & 23
    DISC 39: MS 7409 BACH: THE WELL-TEMPERED CLAVIER II (PRELUDES & FUGUES 9-16)
    DISC 40: M 30080 BEETHOVEN: VARIATIONS WoO 80, OP. 34 & OP. 35 "EROICA"
    DISC 41: M 30537 BACH: THE WELL-TEMPERED CLAVIER II (PRELUDES & FUGUES 17-24)
    DISC 42: M 30825 A CONSORT OF MUSICKE BYE WILLIAM BYRDE AND ORLANDO GIBBONS
    DISC 43: M 31073 MOZART: PIANOS SONATAS NOS. 8, 10, 12 & 13
    DISC 44: S 31333 MUSIC FROM KURT VONNEGUT'S "SLAUGHTERHOUSE-FIVE"
    DISC 45: M 31312 SCHOENBERG: COMPLETE SONGS FOR VOICE AND PIANO, VOL. 2
    DISC 46: M 31512 HANDEL: SUITES FOR HARPSICHORD HWV 426-429
    DISC 47: M 32040 GRIEG: PIANO SONATA - BIZET: NOCTURNE IN D + VARIATIONS CHROMATIQUES
    DISC 48: M 32347 BACH: FRENCH SUITES NOS. 1- 4
    DISC 49: M 32348 MOZART: PIANO SONATAS NOS. 11, 15 & 16 + FANTASIA K 397
    DISC 50: M 32350 HINDEMITH: THE 3 PIANO SONATAS
    DISC 51: M 32351 WAGNER/GOULD: PIANO TRANSCRIPTIONS OF ORCHESTRAL MUSIC
    DISC 52: M 32349 BEETHOVEN: PIANO SONATAS NOS. 16-18
    DISC 53: M 32853 BACH: FRENCH SUITES NOS. 5 & 6 - OVERTURE IN THE FRENCH STYLE
    DISC 54: M 32934 BACH: THE 3 SONATAS FOR HARPSICHORD & VIOLA DA GAMBA
    DISC 55: M 33265 BEETHOVEN: BAGATELLES OPP. 33 & 126
    DISC 56: M 33515 MOZART: PIANO SONATAS NOS. 14, 17 & 18 - FANTASIA K 475
    DISC 57-58: M2 33971 HINDEMITH: COMPLETE SONATAS FOR BRASS AND PIANO (Philadelphia Blechbläser)
    DISC 59-60: M2 34226 BACH: THE 6 SONATAS FOR HARPSICHORD AND VIOLIN (LAREDO, Violine)
    DISC 61-62: M2 34578 BACH: THE 6 ENGLISH SUITES
    DISC 63: M 34555 SIBELIUS: 3 SONATINAS OP. 67 + KYLLIKKI
    DISC 64-65: M2 34597 HINDEMITH: DAS MARIENLEBEN (ROSLAK, Sopran)
    DISC 66: M 35144 BACH: TOCCATAS VOL. I - BWV 910, 912 & 913
    DISC 67: M 35831 BACH: TOCCATAS VOL. II - BWV 911, 914 - 916
    DISC 68: M 35891 BACH: PRELUDES, FUGHETTAS & FUGUES
    DISC 69-70: M2 35911 BEETHOVEN: PIANO SONATAS NOS. 1-3 & 15
    DISC 71-72: M2X 35914 THE GLENN GOULD SILVER JUBILEE ALBUM
    DISC 73-74: I2M 36947 HAYDN: THE 6 LAST SONATAS
    DISC 75: IM 37779 BACH: THE GOLDBERG VARIATIONS (1981)
    DISC 76: IM 37800 BRAHMS: 4 BALLADES OP. 10 + 2 RHAPSODIES OP. 79
    DISC 77: IM 37831 BEETHOVEN: PIANO SONATAS NOS. 12 & 13
    DISC 78: IM 38659 R. STRAUSS: PIANO SONATA + 5 PIANO PIECES
    DISC 79: BS 15 GLENN GOULD: CONCERT DROPOUT - IN CONVERSATION WITH JOHN McCLURE
    DISC 80: M3X 38610 GLENN GOULD ON HIS PERFORMANCES OF THE "GOLDBERG VARIATIONS"
    DISC 81: 77 337 GLENN GOULD ON BACH (IN GERMAN), BEETHOVEN & SERKIN

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Ein Kommentar
    Anonym
    13.10.2015

    Super besprechung

    Hallo
    danke für ihre große mühen bei der Besprechung der Box, ob ich sie kaufen werde weiss ich nicht,
    kenne natürlch Bach und auch Gelen Gould dem Namen nach. Habe eine etwas hochwertigere Back gesammt aufnahme und auch noch mal extra Das Bachklavierwerk, bin kein Kenner daher eher nicht was aber nichts mit ihrer Besprechung zutun hat, die ist super
    Svjatoslav Richter - Complete Decca, Philips & DG Recordings (Limitiert) Svjatoslav Richter - Complete Decca, Philips & DG Recordings (Limitiert) (CD)
    29.09.2015
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    KURZ UND KNAPP . . .

    . . . möchte ich diesmal meine Empfehlung halten und pragmatisch begründen. Zu den anderen beiden großen Richterboxen (Decca und Sony) habe ich schon sehr viel geschrieben. Die klanglichen Aussagen zu Decca-Box sind hier extakt genauso zutreffend.

    Das Richter ein Ausnahmepianist ist steht außer Frage. Zu Recht hat er auch heute noch eine große und sehr treue Anhängerschaft! Meine kurze Rezension bezieht sich auch gar nicht auf Richter, sein Repertoire oder sein Spiel, sondern ausschließlich auf die Ausgabe der umfangreichen CD-Box "Richter - Complete Decca Philps DG". Denn viele der Verehrer seiner Kunst sind bei dieser Besprechung wohl hauptsächlich daran interessiert zu erfahren, ob sich die Abschaffung klanglich und lohnt und sich somit vielelicht auch einige Dubletten aussortieren lassen!

    Meine (natürlich subjektive) Erkenntnis ist leider kurz und knapp gesagt: Für Kenner EHER NEIN !

    Natürlich ist die Box optisch ansprechend und für den, der es nicht gewöhnt ist zu vergleichen oder ganz genau auf den Klang einer Überspielung / Digitaltransfers zu hören, ist auch alles in Ordnung. Ich denke aber eher an die Richter-Fans, die wohl mehr erwarten als nur eine saubere "Oberfläche" (optisch und akustisch) bei solch einer großen Ausgabe.

    Warum nun 'nein'? Ich versuche es pragmatisch zu begründen:

    Wirkliche Liebhaber von Richters Kunst haben schon einige der Vorgängerausgaben. Die letzte von Decca 'Solo Recordings' (von mir ausführlichst besprochen) ist ja noch nicht mal zwei Jahre alt und die allermeisten der Aufnahmen sind ja identisch. Wer konnte damals auch ahnen, dass Universal ein paar Monate später die Gesamtbox (DG Decca Philips) nachschiebt?

    Zusätzlich sind hier natürlich die Konzerte mit Orchester und etwas Kammermusik. Wer aber die wunderbare Britten-Box von 2013 hat, ist bezüglich letzterem schon mit dem Wichtigsten versorgt. Und die Einzelausnahmen der Klavierkonzerte (DG) sind meist eh schon vorhanden.

    Was spricht außer den außerordentlich großen Überschneidungen noch gegen die Anschaffung?

    In allererster Linie die Qualität der Digitaltransfers! DAS war für mich der Grund, in diese Box hier intensiver rein zu hören. Ich war dann doch ziemlich schnell ernüchtert. Alle die von mir in der Decca Box 'Sviatoslav Richter Solo Recordings' angesprochenen Probleme sind hier genauso vorhanden. Gut, vieles lässt sich sicherlich nicht ändern, da die Aufnahmen selbst öfters schon problembelastet sind, aber einigen Aufzeichnungen hätte ein neuer Remastering gut getan und vielleicht Verbesserungen gebracht. man hätte die zum Teil starke Komprimierung (Veränderung der Dynamik, der Klangbalance des Instruments und der Raumgefühls) wieder rückgängig machen können und weniger Filtern, denn jeder Filter verändert und nimmt Informationen weg! Die Freunde der Kunst Richters akzeptieren Saalgeräusche und auch mal ein stärkeres Bandrauschen, auch weil sie wissen, das Richter eine Aversion gegen Mikrophone hatte und somit deren Positionierung oft problematisch war.

    Ehrlich gesagt war das Hörergebnis für mich so enttäuschend, dass ich mich gar nicht mehr groß ums Editorische gekümmert habe. Was nützt die schönste und intelligenteste Aufmachung, wenn der Inhalt genauso (oder sogar schlechter, weil 'bereinigter') klingt als die CD-Ausgaben von vor 20 Jahren?

    Legen Sie ihr Geld lieber in den anderen zum Teil aufregenderen Ausgaben an, z.B. die von RCA / Sony, EMI oder Melodia oder die vielen 'Graupressungen' wie von DoReMi ' wenn das nicht eh schon alles vorhanden ist. Bedenken Sie, dass in der hier vorliegenden Universal-Box sowieso viel Repertoire fehlt, welches Richter eben nicht für DG, Philips oder Decca eingespielt hat.

    Ich kenne das gut:
    Der Reiz des Kaufs einer neuen Ausgabe ist groß ' man sucht Besprechungen, die dafür oder dagegen sprechen. NACH dem Kauf (den man dann unvernünftiger weise meist ja doch getätigt hat) ist man aber ganz allein mit der eigenen Entscheidung und der Katzenjammer oder Frust kann groß sein '

    Vielleicht danken Sie es mir, dass ich zu denen gehöre, die Sie eher abhalten möchten ' *g*

    Und an Universal: gebt euch mit Richter mal Mühe mit EINER liebevollen(!) Ausgabe, so wie es Sony mit Glenn Gould getan hat (OK - eigentlich sind es da ja ZWEI liebevolle Ausgaben) - und produziert keine Massenware im Jahresabstand ...

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Itzhak Perlman - The Complete Warner Recordings Itzhak Perlman - The Complete Warner Recordings (CD)
    25.09.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Überzeugendes Dokument einer großen Musikerpersönlichkeit

    Erinnerungen verklären Musikaufnahmen mal zum absolut Unerreichten oder zeitigen die unangemessene Ablehnung einer Einspielung. Deshalb ist es wichtig, hie und da das Erinnerte mit der aktuellen Wahrnehmung zu konfrontieren. Im Falle Itzhak Perlman gibt die soeben erschienene Gesamtausgabe aller EMI und Teldec/Erato-Einspielungen willkommenen Anlass.

    MEINE PERSÖNLICHE WAHRNEHMUNG PERLMANS

    Perlmans unbedingter Sinn für Klangschönheit und Geschmack ist das, was mir als erstes ins Ohr 'sticht' ' nein: 'schmeichelt'. Ihm stehen unglaublich viel Farben und eine schier unbegrenzte Spieltechnik zur Verfügung. Intonationssicherheit bis in die höchsten Lagen, Doppelgriffe, Flageolett, Flautando, Spiccato, Sautille usw. usw. ... Zudem zeigt er immer und überall Stilsicherheit, Formgefühl und Verständnis der Komposition, egsl ob es sich um ein großes Konzert oder ein kleines Stimmungsbild handelt.

    Geiger erkennt man mit geschultem Ohr an einem persönlichen Ton, einer ganz bestimmte Farbe, vielleicht auch etwas Widerborstigem oder Eigenwilligem. Perlman hat natürlich dieses persönliche der Tongebung und Farbe (klangliche Zerbrechlichkeit ist z.B. nicht so sehr sein Ding, wobei er natürlich auch mal unglaublich fein leise und ätherisch spielen kann), aber widerstrebende irritierende Aspekte wird man bei ihm vergeblich suchen. Vielleicht ist gerade dieses "Fehlen" auch etwas, woran Perlman erkennbar ist ...

    Perlman zeigt in seinem immens breiten Repertoire auch große Neugierde an Abseitigem und wenig Gespieltem. Dankenswert, dass u.a. er sowohl das Korngold als auch das Goldmark Konzert eingespielt hat. Von Letzterem hat sogar der entdeckungsfreudige (und von Perlman verehrte) Heifetz nur einen Satz aufgenommen.
    Ganz mutig und wertvoll finde ich die Platte "Concertos from my childhood" mit sogenannten 'Schülerstücken'. Ein Zeugnis, dass Musik überall steckt und sich ein wirklicher Musiker sich nicht mit der Oberfläche (womit ich nicht nur Virtuosität und Klangschönheit meine) zufrieden geben kann. Zudem hat die Platte als Motivation natürlich auch unschätzbaren pädagogischen Wert!

    Mein Ohr für Geige habe ich an der Generation vor (und der davor) von Perlman gespitzt. Diese wagten immer das Äußerste (was auch mal danebenging), sodass bei manchen das Instrument hie und da schier zu glühen schien. Die Art von äußerster Emphase ist meinem Empfinden nach Perlmans Sache nicht. Somit stellt sich für mich bei seinem romantischen Ton auch ein klassisches Gefühl für Form und Ausdruck ein. Das soll keine Kritik sein '

    Die begleitenden Dirigenten sind ebenso unterschiedlich wie die Aufnahmetechnik. Bei manchen hat man das Gefühl, dass Perlman gut mit ihnen kann (z.B. Previn, mit dem es ja auch ein paar Einspielungen gibt), andere begleiten etwas fahrig oder nehmen nicht ganz Perlmans musikalischen Fluss auf. Das extra erwähnte "Teldec und Erato" bezieht sich übrigens auf die CSO-Aufnahmen (Doppel-CD) mit dem Dirigenten Barenboim, den Perlman wohl zu seinem Lieblingsbegleiter erkoren hat.

    - - - - - - -

    AUFNAHMEN UND REMASTERING

    Bei Perlmans Einspielungen, welche ja über einen sehr langen Zeitraum entstanden sind, lassen sich Aufnahme und Mastering nur zusammen behandeln. Das liegt weniger am Altersunterschied, sondern mehr an den unterschiedlichen Aufnahmekonzepten.

    In manchen Fällen ist der Ton der Geige sehr direkt abgenommen, manchmal so nah, dass sich für meine Ohren der Klang nicht ganz entfalten kann und man nicht so recht weiß, wie das nun real im Raum klingt. Das betrifft auch manche Duo-Aufnahme, bei welchen solch ein 'close up' ja vielleicht nicht zwingend notwendig gewesen wäre. Bei anderen Einspielungen (z.B. den Bach Solo Sonaten und Partiten) wäre mir persönlich ein intimeres Klangbild mit weniger starker Klangreflexion lieber gewesen.
    Manche begleitenden Orchester klingen räumlich präsent und gut aufgefächtert, andere klingen im Stereopanorama nicht ausgereift und wenig glücklich in der Balance mit der Violine.

    Rauschen oder störende Frequenzen sind (außer bei Konzertaufnahmen mit Orchester selten Saalrumpeln) bei den EMI Aufnahmen mit Perlman nie das Problem gewesen. Eher hat bei deutschen Schallplatten der etwas verhangene Klang gestört, bei den CDs dann eine harte oder scharfe glanzlose Digitalisierung der analogen Aufnahmen. Beide Mankos sind in den technisch sehr gut gelungenen Transfers verschwunden.

    Leider bietet das ausgezeichnete Mastering selten auch nicht erwartete Nachteile. Ein Beispiel:

    Das Brahmskonzert mit Guilini und dem CSO klingt als japanische HQCD vielleicht minimal weniger hell aufgelöst, aber das Orchester ist tiefer im Raum gestaffelt, fülliger und besser zu orten. Perlman ist mehr in den Wechselwirkung von Violine und Orchester integriert als in dem neuen Mastering hier. Das hört man eine große Geige vor einem in den Hintergrund verschobenen 'Orchester aus der Kiste'.

    Ich denke, dass die Aufnahme selbst technisch nicht ganz optimal gelöst ist (wie manch andere hier auch) und dass das ehrliche Mastering manche Unvollkommenheiten der Aufnahmebalance eher unterstreicht.
    Bei den allermeisten Einspielungen wirkt sich das aber unbedingt als Vorteil aus, nur bei ein paar wenigen erweist das sehr gute Mastering dem Ergebnis einen 'Bärendienst'.

    Erfreulich, dass manche nur noch schlecht zu bekommende Einspielung hier nun wieder (auch einzeln) veröffentlicht ist, ebenso auch Aufnahmen, die es meines Wissens noch nicht auf CD gab (z.B. J.C.Bach , Stamitz und Vanhal mit dem Oboisten Ray Still).

    EDITORISCHES

    Eine sehr stabile Box, vergleichbar der Callas-Box, optisch durchaus ansprechend und in der blau-gelben Farbgebung edel. Auch die ansteigende Staffelung in zwei Reihen ist wie bei der Callas Box (Achtung: DEUTLICH höher als eine normale CD-Box!), ebenso die sonst bei keinem Label vollzogene großzügige Regelung mit den Coverhüllen. Sie sind sehr breit auf der schmalen Seite und bieten so sowohl viel Platz für die Beschriftung des Rückens als auch für die CDs selbst (die nochmals jeweils in einer extra Hülle stecken).
    Das Textheft ist gut aufgemacht und schön mit vielen hochwertigen Fotorepros versehen. Leider habe ich in den wenigen Tagen, die ich diesmal nur Zeit hatte, die Box (welche nicht meine ist) unter die Lupe zu nehmen, es versäumt, dieses genauer zu studieren. Ich war zeitlich sehr pressiert, möglichst einen Überblick über die Aufnahmen und den Klang zu bekommen. Das Vergleichen von Aufnahmen kostet viel Zeit und davon leben viele meiner Besprechungen, die auch für Menschen hilfreich sein sollen, die schon das eine oder andere der Box als Einzel-CDs in älteren Überspielungen haben. Ich wollte die Besprechung auch schnell einstellen, da ich weiß, wie begierig mancher Interessierte sein dürfte, möglichst schnell mehr zu erfahren, um den Kauf zu entscheiden.

    WERTSCHÄTZUNG . . . ?

    Vielleicht etwas ganz Nebensächliches, aber dennoch für mich ein 'Symptom' mit schlechtem Beigeschmack:
    Definitiv unangemessen, unwahr und großspurig finde ich die Marktstrategie von Warner, alle Übernahmen der HMV / EMI-Tondokumente nun als 'Warner-Aufnahmen' zu bezeichnen. Ähnlich wie bei der Philips-Übernahme durch Decca (da wird zumindest hie und da noch der Name Philips erwähnt) wird hier versucht, einen wichtigen Teil der Schallplattengeschichte 'umgeschrieben' und die Erinnerung und Wertschätzung von höchst wichtigen Schallplatten-Labels (im Falle HMV / EMI vielleicht des wichtigsten überhaupt) auf Dauer zu tilgen. Aber warum nur?
    Menschen, die z.B. noch ältere Einspielungen als die von Perlman kaufen, verbinden mit den Aufnahmen auch die Namen Fowler, Larter oder Legge u.v.a. und somit untrennbar das auch Label HMV / EMI.
    Im November wird eine 16 CD-Box 'Adolf Busch Busch Quartet' bei Warner mit dem Titel 'the complete Warner recordings' erscheinen ' warum nicht mit dem Warner-Logo und dem Titel 'the complete HMV recordings'?
    Japaner würden so etwas 'Übergriffiges' nicht machen . . .

    FAZIT

    Natürlich kann in einer Box mit 77 CDs nicht für jeden alles Unverzichtbar sein ' es sei denn natürlich, man ist absoluter Perlman-Verehrer. Ohne despektierlich sein zu wollen. Manches ist durch Konkurrenz-Aufnahmen evtl. entbehrlich oder von der Aufnahme her nicht ganz glücklich gelungen. Ich habe offen gesagt länger überlegt, ob ich nun vier oder Fünf Sterne vergeben soll. Den Ausschlag hat die liebevolle Aufbereitung gegeben '

    Mein ganz persönlicher Tipp: Warner scheint bis Ende des Jahres alle CDs der Box im hier vorgelegten Remastering auch einzeln in Jewelcase Ausgaben zu veröffentlichen. Wer also nicht ALLE Perlman-CDs im Schrank stehen haben muss, der kann ja Preis und Platz abschätzen (Einzelausgaben sind natürlich teurer und die CD braucht etwas mehr Platz) und danach seine Entscheidung fällen . . .

    Wie auch immer: Warner hat die Box liebevoll gestaltet und besonders die Aufnahmen durch das neue Mastering zum Teil auch aufgewertet.

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Transkriptionen & Paraphrasen Transkriptionen & Paraphrasen (CD)
    28.09.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    NOCH ANACHRONISTISCHER . . .

    . . . als die Doppel-CD mit Musik von und mit dem Komponisten Pianisten Dirigenten Enguerrand-Friedrich Lühl-Dolgorukiy ist seine hier vorgestellte CD 'Transkriptionen und Paraphrasen für Klavier' (Spielzeit 56 Minuten). Wenn es schon schräg ist, dass ein Komponist heute allen Ernstes im 'Vor-Mahler'schen' romantischen Stil komponiert, so ist es noch befremdlicher, dass im 21ten Jahrhundert quasi Liszt'sche Klavierparaphrasen entstehen. DIE sind aber äußerst überzeugend gelungen! Aber was bringt es, sich den Kopf darüber zu zerbrechen oder gar den Zeigefinger zu erheben. Ich bin der Meinung, dass allein das erzielte Ergebnis (und manchmal sogar nur die Absicht oder Idee dahinter) zählen sollte!

    Ob Enguerrand-Friedrich Lühl-Dolgorukiy als Komponist vor dem Lauf der Geschichte Bestand haben wird, wage ich nicht zu prophezeien. Diese Paraphrasen könnten aber ins Standardrepertoire von Pianisten eingehen, welche gerne das Instrument ausreizen möchten, reine Freude am Pianistischen haben oder die originalen Orchesterwerke Berlioz oder Liszt so sehr schätzen, dass Sie gerne diese pianistischen Schlaglichter darauf spielen.

    SCHUBERT

    Wie oft ist dieser Militärmarsch schon verarbeitet worden, von harmlos bis Strawinsky. Bei Lühl kommen jazzige (oder eher swingige) Elemente dazu. Irgendwie ist das schon amüsant, so in der Art, wenn die Schauspielerin Rutherford alias Miss Marple 'Boogie' (oder was das immer sein soll) tanzt. Will sagen: etwas angestaubt kurios liebeswert.

    BERLIOZ

    Die Paraphrase zu 'Romeo et Juliette' greift die Orchestereinleitung auf, um dann schnell ziemlich ans Ende des Werks zu springen. Dieses Werk ist mir bei aller Freude am Zirzensischen etwas zu sprunghaft.
    Verblüffend ist die gelungene Klangkombination, um den Klang der Glocken im Finale der 'Symphonie Fantastique' real klingen zu lassen. Die fünfeinhalb Minuten Finale erscheinen mir eine überzeugende Berlioz-Beschäftigung mit einem klaren Abbruch. Das Herausgreifen eines musikalischen oder klanglichen Gedankens hat hier wirklich etwas Konsequentes und Modernes.
    Auch die Paraphrase über 'Harold en Italie' ist sehr interessant und kompositorisch noch eigenständiger. Die hat das Zeug, die Zeiten zu überdauern.

    LISZT

    Gedanken über den Kopfsatz der 'Dante-Sinfonie'. Was soll ich sagen: mein Verhältnis zu Liszt ist seit je her zwiegespalten. Ich schätze die Faust-Sinfonie ungemein, aber mit der Dante bin ich noch nicht warm geworden. Jedenfalls ist die Paraphrase im besten Liszt'schen Stil geschrieben. Sehr mutig und gut finde ich die abrupten Schlüsse der Paraphrasen bei Liszt und der Fantastique.

    MAHLER

    Angesichts des Hörens des Kopfsatzes der Mahler Fünften wächst noch meine Faszination an Mahlers eigenem Klavierspiel von 1905 (am besten in der Überspielung 'Gustav Mahler und sein Klavier' ASIN B0038JY8LC hören!). Was Mahler da an unterschiedlichen Empfindungen von Trauer, Wehmut aber auch irrlichternder Hysterie zaubert, ist ganz subtil. Alles ist quasi improvisierend angedeutet, und dennoch ein hoch artifizieller verwaschener Orchesterklang. Noch niemals habe ich eine Pianisten auf solche Weise ein Orchester darstellen gehört. Zudem mit einer seltsamen Disziplin 'nüchterner' Zurückhaltung und dadurch berührt das Werk noch umso stärker. Es ist, wie wenn uns ein Mensch einen schrecklichen persönlichen Schicksalsschlag erzählt und eigentlich nicht fähig ist, wirklich darüber zu sprechen oder das Geschehene nur andeuten kann. Und das Ganze wird noch durch die doch begrenzte Technik der Klavierreproduktion hörbar. Die Einspielung Mahlers ist übrigens eine digitale CD, da die 'Einspielung' Mahlers auf dem Reproduktionsklavier ja jederzeit 'live' wiedergegeben werden kann. Dazu mehr auf meiner Besprechung der CD 'Gustav Mahler und sein Klavier'.

    Da kommt die (vierhändige?) Version auf dieser CD nicht mit ' trotz (oder gerade wegen?) der größeren Fülle an Stimmen. Es ist dennoch eine gute Aufführung, klar und durchsichtig mit stimmigen Proportionen. Ihr fehlt lediglich das ganz besondere Flair der eigenhändigen Aufnahme des Komponisten.

    Das Adagietto überzeugt, auch wenn ich glaube, dass dieses Liebesstück an Alma auf Klavier (sicherlich nicht das geeignetste Instrument für diese Streichermusik) noch intensiver klingen könnte.

    SKRIABIN und DEBUSSY

    Diese letzten vier Werke sind höchst eigenwillig: Schon allein die Idee, diese beiden Komponisten zu paraphrasieren, die doch jenseits der Zeit gelebt haben, in der so etwas üblich war, vielleicht mal von Busoni abgesehen. Skriabin pianistisch 'zu- bzw. aufbereitet', Debussy quasi 'synthetisiert'.

    EDITION UND KLANG

    Das Textheft ist wie bei der Mahler-CD auch hier leider nur auf Französisch und Englisch, was hier ebenso angesichts der vielen Informationen wirklich schade ist.
    Auf der Rückseite ist ja angegeben, welcher der drei Pianisten jeweils welche Stücke spielt. Ich staune ob der Mutanten, die es anscheinend mittlerweile in dieser Zunft gibt ' drei oder vier Arme ' Die ersten musikalischen Erfolge der Genmanipulation? Anders gesagt: Ich denke, dass diese Angaben nicht so recht stimmen, da für meine Ohren da manches drei- oder vierhändig gespielt wird, angeblich aber jedes Stück von einem Pianisten gespielt wird.
    Falsch ist definitiv die Angabe bei Mahler: natürlich erklingt zuerst der Kopfsatz der Fünften und dann das Adagietto.

    Die Aufnahmen klingen natürlich und tendenziell direkt.

    DAS FAZIT

    Eine CD mit Transkriptionen und Paraphrasen ist nicht so eine 'Glaubens- oder Weltanschauungssache' wie das Unterfangen von Lühls (fast) reiner Mahler-Doppel-CD. Die Paraphrasen finde ich überzeugend und die Transkription der zwei Sätze der Fünften Mahler grundsolide und angemessen gelungen. Diese CD ist durchaus etwas für Neugierige und Freunde abseitiger Klavierliteratur.

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Gustav Mahler und sein Klavier Gustav Mahler und sein Klavier (CD)
    28.09.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Magisch

    Ein Klacken, ein seltsames leichtes Rauschen und sanftes Rumpeln . . . und nach ein paar Sekunden beginnt die Musik. Ich bin dem Produzenten von Preiser Records dankbar, dass er als erster auch diesen Zauber des 'Mediums' des Informationsträgers der Reproduktionsklavieraufnahmen mit für die CD eingefangen hat. Jede der Aufnahmen hat sozusagen einen Einschwing- und Ausschwingvorgang, der mit dem Einschalten der Reproduktionsmaschine beginnt und mit deren Ausschalten endet.

    Es wäre nicht richtig, dem Hörer vorzugaukeln, dass bei der CD-Aufnahme Mahler SELBST am Klavier sitzt und HIER UND JETZT die Stücke einspielt. Natürlich sind es digitale Aufnahmen auf dem Stand der Technik von heute und dennoch sind es historische Einspielungen, Reproduktionen, die vor genau 110 Jahren entstanden sind. Das aktive Musizieren, das was da im Moment entstand, was Wechselwirkungen erzeugt hat und die Musik entstehen ließ, ist genauso vergangen wie bei jeder anderen Aufnahme, und sei sie auch heute vor einer Stunde entstanden . . .
    Zu Hören ist natürlich Mahlers Spiel, übrigens an seinem eigenen Flügel wiedergegeben (Blüthner 210 cm, a´ = 335 Hz), was nochmal einen Hauch von zusätzlicher Authentizität verleiht. Im Lextheft steht dazu auch sehr Lesenswertes.

    Die Welte-Mignon Papierrollen, auf denen Tonhöhe, Tonlänge, Anschlagstärke und Pedalgebrauch (also im Grunde alles, was auf einem Klavier möglich ist) aufgezeichnet und wiedergegeben werden konnte, waren noch nicht perfekt. Aber wenn auch nicht alle Feinheiten im Pedalgebrauch oder der Balance und Binnendynamik darstellbar waren, so konnten die Reproduktionen einen ziemlich guten Eindruck von dem vermitteln, was die Pianisten und Komponisten festgehalten haben. Unter akustischen Gesichtspunkten waren diese Wiedergaben an einem echten Instrument natürlich lupenrein und kein Vergleich mit den stark verzerrenden, Klang und dynamikschwachen, im Frequenzspektrum arg begrenzten und rauschenden akustischen Aufnahmen dieser Zeit.
    Leider muss man dazu noch anmerken, dass die genaue Funktion der Technik und besonders manch kryptische Notizen der Aufzeichnung nicht mehr verständlich sind bzw. Stück für Stück enträtselt werden müssen, da das Wissen bzw. die Aufzeichnungen um dieses 'Geheimnis' die Weltkriege nicht überdauert hat.

    Ob Mahler die Bedeutung des Mediums der Schallkonservierung erkannt oder zumindest erahnt hat, oder ob er nur nicht hinter z.B. Richard Strauss (der ebenfalls für Welte eingespielt hat) anstehen wollte, ist leider nicht bekannt. Zumindest ist die Auswahl der Werke doch beachtlich. Er hat in dieser einen Sitzung (9.11.1905 in Leipzig) nicht etwas vier oder sechs Lieder aufgenommen, sondern nur zwei Lieder und dafür zudem zwei ausgewachsene Sinfoniesätze wenige Jahre zuvor entstandener Werke.

    KOPFSATZ DER FÜNFTEN

    Die Fünfte war die erste Sinfonie der rein instrumentalen mittleren Schaffensphase, in der Mahler fernab vom Klavier nur noch im Kopf ersann. Gerade den Kopfsatz seines 'Schmerzenskinds', der Fünften, deren Instrumentation er mehrmals überarbeitete (Schlagwerk), erklingt hier also unter seinen Händen.

    Das Hören dieses Kopfsatzes der Fünften mit dem Komponisten am Klavier ist für mich immer wieder ein (in mehrfacher Hinsicht) unfassbares Ereignis. Was Mahler da an unterschiedlichen Empfindungen von Trauer, Wehmut aber auch irrlichternder Hysterie zaubert, ist ein Wunder. Zudem ist alles quasi improvisierend nur angedeutet, mit einer seltsamen Disziplin 'nüchterner' Zurückhaltung und dadurch berührt das Werk noch umso stärker. Es ist, wie wenn uns ein Mensch etwas ganz Persönliches erzählt und eigentlich nicht fähig ist, wirklich darüber zu sprechen oder das Unsägliche nur andeuten kann.
    In der Interpretation des Trauermarsches tritt deutlich Mahlers magische Fähigkeit zu Tage, einen verwaschenen großen Orchesterklang mit Tiefe und Farben entstehen zu lassen. Manche sehen das als Unfähigkeit des Dirigenten, wirklich konzertreif Klavier spielen zu können. Ich glaube, dass viele der Effekte und klanglichen Phänomene ganz bewusst von Mahler so inszeniert wurden, wie sie zu hören sind.
    Manches mag auch einer ungenauen Reproduktionswiedergabe, also ungenauem Stanzen oder Übertragung von Zeichen oder überhaupt den Grenzen der damaligen Möglichkeit zur klanglichen Differenzierung (Balance, Dynamik, getreuer 'Farbklang' des Anschlags des Interpreten) geschuldet sein.
    Es ist also durchaus 'empathisch' und mit Phantasie aktiv mitzuhören. Dann öffnet sich allerdings eine andere Welt.

    FINALE DER VIERTEN

    Interessant ist, dass Mahlers außer dem Trauermarsch drei Stücke auswählt, die im Original die menschliche Stimme in den Vordergrund stellen. Hat er etwa (trotz Ergänzung der Singstimme im Klaviersatz) an 'Music Minus One' gedacht, also an die Möglichkeit, diese neue Technik der Reproduktion als Begleitung für Sänger einzusetzen? Also quasi die Aufnahme des Komponisten einen Korrepetitoren oder Begleiter ersetzen sollte, der möglicherweise zudem das Stück nicht recht in Ausdruck und Tempo versteht? . . . Das würde ich dem genial kreativen Mahler zutrauen, ist aber wohl eher unwahrscheinlich. Vielleicht liegt die Auswahl der "Gesangsstücke" daran, dass Mahler 1905 als Liedkomponist anerkannter war denn als rein instrumentaler Sinfoniker.

    Die Aufnahme des Finales der Vierten (natürlich ohne Sopranstimme, die vom Klavier ja nicht wiedergegeben hätte werden können 'g') weist manche 'Variante' zum Original auf. Ich habe bei der Einspielung hier nie den Höreindruck, dass da jemand versucht, den Satz einer Sinfonie auf dem Klavier möglichst adäquat umzusetzen. Es klingt für mich viel mehr nach freiem und spontanen 'In-die-Finger-Fließen' einer momentanen Eingebung. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so etwas woanders gehört zu haben. Das klingt für mich auch spontaner als alles, was ich je im Jazz zu hören bekam. Dort spüre ich immer die Muster und eine 'außerklangliche' energetische Anspannung, die hier ganz wegfällt.

    ICH GING MIT LUST

    Das geheimnisvolle Lied bekommt auch hier stark den Charakter einer improvisierten Phantasie samt eingebauter 'falscher' (?) Töne / Harmonien, die nicht im Notentext stehen. Es fallen dankenswerterweise auch alle Peinlichkeiten oder 'Erduldungen' der Singstimme weg, die oftmals mit den Dreiklängen nicht ganz zu Recht kommt (Intonation, Tonumfang!).

    GING HEUT MORGEN

    Auch in diesem Lied verhält es sich wie in der vierten Sinfonie oder dem anderen Lied. Es gibt aber besonders anfangs mehrere Stellen, bei denen ich vermute, dass da etwas nicht so ganz genau aufgezeichnet wurde. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Mahler derart durch die Noten gestolpert ist, auch wenn er sich keine sonderliche Mühe mit dem ganzen gegeben hätte. Die Auswahl der Sinfoniesätze und der raffiniert orchestral gezauberte Klang sprechen gegen eine völlig fehlende Wertschätzung Mahlers seinen Einspielungen gegenüber. Zudem werden wohl alle Künstler etwas auf ihren Ruf gehalten haben, da sie wussten, dass ihre 'Klang-Rollen' jederzeit von jedem gekauft und zuhause im Wohnzimmer abgespielt werden konnten.

    EDITION UND KLANG

    Die Aufnahmen klingen natürlich, wenn auch ein wenig verhangen, wohl um die (kaum wahrnehmbaren) 'Maschinengeräusche' möglichst unhörbar werden zu lassen. Es wurde wohl kein Hall beigegeben. Diese Wirkung, die man manchmal zu vernehmen glaubt, scheint mir ausschließlich vom Gebrauch des Pedals her zu rühren. Ich denke nicht, dass der Einsatz von 'Halbpedal' technisch für die Aufzeichnung schon umsetzbar war. Somit kann es sein, dass manche Stellen zu viel verschwommenen Klang (quasi Hall) mitbekommen haben.

    Andere CD-Aufnahmen dieser Rollen Mahlers (und vieler anderer Komponisten und Pianisten) sind bei weitem nicht so gut geraten. Im Grunde kranken fast alle an einem unnatürlichen Klang (Frequenzweichen), ganz eingeschränkter Dynamik, dem Einsatz von sehr künstlich klingendem Hall und somit dem Verlust der Klarheit der Aufnahmen.

    Preiser hat die (bestimmt nicht einfach zu lösenden) akustischen Probleme bei der Wiedergabe hervorragend gelöst. Das schöne informative Textheft (immerhin sieben Seiten auf Deutsch) bestätigt noch auch hier den ausgezeichneten Eindruck dieser CD!

    DAS FAZIT

    Eine CD für jeden, der sich mit Mahler näher beschäftigt! Und ein Zeugnis dafür, dass es immer wieder mal besonders gelungene und liebevoll gestaltete CD-Produktionen gibt, die fernab des Mainstream etwas mehr Beachtung verdient hätten!

    - - - - -

    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Klavierquintett Klavierquintett (CD)
    27.09.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    faszinierender Anachronismus

    Komponisten, welche im romantischen und zudem hochexpressiven Idiom empfinden und schreiben, verorten wir (wenn die Harmonik nicht allzu gewagt) ist eindeutig im mittleren oder höchstens späten 19te Jahrhundert.

    Ob Enguerrand-Friedrich Lühl-Dolgorukiy ein Komponist ist, der vor dem Lauf der Geschichte Bestand haben wird, wage ich nicht zu prophezeien. Jedenfalls fühlt, schreibt und lebt er anscheinend exakt in diesem oben beschriebenen Idiom. Nun trifft die Ungewissheit des dauerhaften musikalischen Überlebens viele Meister aller Zeiten (manche derer Werke werden sogar gerade erst „exhumiert“), aber keiner der mir bekannten reinsten(!) romantischen Klientel ist im 20ten Jahrhundert geboren – geschweige denn erst 1975 wie E.-F. Lühl! In diesem Jahr starb Dmitri Schostakowitsch, den manche als einen der allerletzten (allerdings schon stark mutierten) Romantiker sehen – wenn er auch harmonisch, vom geistigen Ansatz und den äußeren Einflüssen her durchaus nur in das 20te Jahrhundert gehören kann.

    Lühl geht harmonisch nicht über Brahms hinaus (zumindest nicht in den hier vorgestellten ganz eigenen Kompositionen Klavierquartett Nr. 1 von 2008 und dem Konzertstück von 1994. Die thematische Arbeit ist klar (mancher würde sagen sehr „schlicht“), der Ausdruck ist angesichts des kompositorischen Inhalts ungewöhnlich expressiv, in dem kleinen Bravourstück (Konzertstück) brillant und äußerst effektvoll. So eine Art „Hummelflug“-Variante.

    Wegen dieser zwei Kompositionen (28 min + 2 min) wird „man“ sich aber normalerweise nicht diese Doppel-CD kaufen, sondern wegen des faszinierenden Gedankens eines viersätzigen von Mahler inspirierten Klavierquartetts und der Klavierfassung der sinfonischen Dichtung „Titan“ (Vorstufe zur ersten Sinfonie) von Mahler.

    DAS KLAVIERQUARTETT

    Mahlers Quartettsatz a-moll ist sein einzig erhaltener gebliebener Beitrag zur Kammermusik. Mahler ist hier schon großartig genial und wohl immer noch nicht genug beachtet und erkannt, auch wenn der 11-13 minütige Satz immer häufiger auf Konzertprogrammen steht und in CD-Einspielungen zu hören ist. Die thematische Konzentration, Reduktion und Effizienz ist meisterlich (Mahler war 16, als er das Stück schrieb). Dabei ist der Ausdruck äußerst vielschichtig und der Aufbau nicht nur klar, sondern auch absolut zwingend! Für mich ist das ganz ganz große Kammermusik.

    Auf der Rückseite eines der Notenblätter dieses Quartett-Satzes befinden sich Skizzen zu einem Scherzo, ebenfalls in der gleichen Besetzung. Die Musikwissenschaft ist sich nicht im Klaren, ob das nun ein weiterer Satz zu dieser Komposition geworden wäre oder gar nichts damit zu tun hat. Besetzung und passende Tonart könnten nahe legen, dass Mahler doch ein mehrsätziges Werk geplant hat.

    Schnittke hat den spannenden Versuch unternommen, ein „Erinnern an etwas nicht Vorhandenes“ auszukomponieren. Das ist vom ersten Ton an eindeutig Musik (und eine Idee) des 20ten Jahrhunderts. Mahlers original tauscht folgerichtig auch erst ganz am Schluss der ca. minütigen Komposition auf.

    Enguerrand-Friedrich Lühl (damals wohl noch ohne Dolgorukiy) war wie Mahler ebenfalls 16 Jahre alt, als er aus dem vorhandenen Material plus einer anderen die Urheberschaft betreffend umstrittenen Komposition (Sinfonisches Präludium) ein viersätzigen Quartett komponierte.

    Für das Scherzo ist ja, wie schon erwähnt, zumindest eine thematische Idee skizziert: Thema, Charakter, die unruhige Klavierbegleitung, Harmonik. Lühl gelingt das zu einem Ganzen zu runden, also ein vollständiges Scherzo zu schaffen.
    Jedes Scherzo hat(te zumindest damals) auch ein Trio, was nun damit? Hier taucht das Kindertotenlied „Oft denk ich, sie sind nur ausgegangen“ auf – und da gelingt Lühl für mein Empfinden ein kleines Wunder: er reduziert passend das harmonisch Verfeinerte des eher späten Mahler, deutet nur an, setzt ganz zwingend Bruchstücke zusammen, die sich wunderbar mit der verkürzten Reprise zu einem stimmigen Ganzen fügen. Das ist für mich ein großartig gelungener Satz. Natürlich kein „Mahler“, wie es die „Zehnte“ ja auch nicht ist, aber ebenso wie diese sehr vom Geist des Komponisten erfüllt und in der Empfindungswelt passend. Der Genauigkeit halber: von der „Zehnten“ ist natürlich als Gerüst das vollständige Werk (in dem Stadium) und auch ein großer Teil der Ausarbeitung vorhanden.

    Der dritte Satz „langsam und empfunden“ basiert (wenn ich es recht übersetzt habe) auf dem skizzierten und nur teilweise instrumentierten „sinfonischen Präludium“, das auch schon mal Hans Rott zugeschrieben wurde. Die Autorenschaft ist also nicht zweifelsfrei geklärt bzw. überhaupt unklar. Dieser Satz ist recht eigenständig und man kann ihn, wenn man guten Willens ist, als eine Insel in dem Quartett sehen.
    Der vierte Satz „Finale“ verarbeitet wiederum zwei Skizzenblätter, die vielleicht von Mahler um 1900 geschrieben wurden. Für meine Ohren entfernt sich dieser Satz am meisten von dem ganzen Quartett, aber vielleicht will das öfters gehört werden und motivisch verstanden
    Es muss betont werden, dass Lühl ja nicht Mahler vervollständigen wollte, sondern ein Quartett „a la Mahler“ schreiben wollte. Das Scherzo ist auf jeden Fall eine Bereicherung der Literatur.

    - - - - -

    ANACHRONISMUS ANDERER ART

    Die zweite CD füllt vollständig (62 min!) eine Klavierfassung der fünfsätzigen Sinfonischen Tondichtung „Titan“. Der Begriff „Klavierfassung“ geht mir nicht leicht von der Tastatur, da gerade der auf Klavier unmöglich eins zu eins umzusetzenden ersten Satz auch manchmal als „Phantasie über“ anmutet. Ich finde das sehr gelungen, weil die möglichst notengetreue Umsetzung (wie bei Bruno Walters „Klavierauszug“) etwas von dem Zauber und dem Hauch des Phantastischen dieses ersten eigenständigen und rein sinfonischen Werks nimmt. Auch bei Lühl gibt es „Hakeliges“ und auch mal Dröges, aber dieser Kopfsatz ist erstaunlich stimmungsvoll und im Geiste(!) richtig umgesetzt.

    Dann „Blumine“, die natürlich ohne die raffinierten Orchestereffekte etwas entzaubert wirkt. Aber im reinen klaviersatz wird deutlich, dass dieser Satz durchaus auch strukturelle und eben kompositorischen Substanz und Qualität hat. Für mich sind die Erste Sinfonie und die Tondichtung „Titan“ eigentlich zwei grundsätzlich verschiedene Stücke – nicht nur wegen der Eliminierung des „Blumine“-Satzes.

    Das Scherzo „mit vollen Segeln“ liegt sehr gut fürs Klavier. Ein Satz, den man durchaus auch mal als eigenwillige Zugabe in einem Klavier-Recital spielen könnte!

    Der zweite Teil der Tondichtung „Comedia humana“ (der vierte und fünfte Satz) bildet ja ein Ganzes und öffnet gegenüber den ersten drei leichter gewichtigen Sätzen eine ganz neue, abgründige und erschreckende Welt.
    „Gestrandet“, besonders der Trauermarsch mit „Bruder Jakob“ in moll, wirkt auf dem Klavier im Aufbau des Kanons doch etwas brav, einfach weil die vielen Schichten und klaren Orchesterfarben fehlen. Die schwächeren / blasseren Stellen mögen auch von Lühls Klavierspiel herrühren, das Klarheit und gute Agogik, aber nicht allzu viele Klavierfarben bietet.

    Im Finale „Dall inferno al paradiso“ wechseln gelungene inspirierte Passagen mit Leerlaufstellen. Aber jeder, der das Werk im Original kennt, wird das nach fünf Sekunden Nachspüren einleuchten, dass das bei solch einer Umsetzung von Orchester auf Klavier gar nicht anders sein kann. Mir persönlich ist wieder bewusst geworden, wie großartig Mahlers eigene Einspielungen der Lieder, des Finales der Vierten und ganz besonders des Kopfsatzes der Fünften geraten sind. Unbedingt in der Überspielung „Gustav Mahler und sein Klavier“ (ASIN B0038JY8LC) hören!

    Lühl hat die erste Version der Klavierfassung des „Titan“ im Alter von 14 Jahren(!) geschrieben. Später hat er das ganze nochmal grundlegend überarbeitet. Die Leidenschaft und Begeisterung für Mahlers Musik ist sowohl in der Fassung selbst als auch dem Klavierspiel des Komponisten zu spüren. Manchmal wünschte ich mir dann doch vier Hände oder zwei Klaviere, aber die zweihändige Fassung bieten doch die persönlichste und spontanste musikalische Umsetzung.

    EDITION UND KLANG

    Das Textheft ist leider nur auf Französisch und Englisch, was in diesem Fall angesichts der vielen dort enthaltenen Informationen zu dieser bekannten Musik in so fremder Umsetzung wirklich schade ist.

    Die Aufnahmen klingen natürlich und sehr direkt, besonders Mahlers “Titan“. Das bietet bei Letzterem zwar Intimität und Klarheit, nimmt aber etwas von den „Raumfarben“ (Klangentwicklung) und der orchestralen Wirkung.

    DAS FAZIT

    Eine CD durchaus für Neugierige und Mahlers Kenner und Verehrer. Klavierliebhabern würde ich sie nicht unbedingt ans Herz legen und auch nicht als Mahler zum Kennenlernen. Das Hören bietet Anregung für die eigene Erinnerung an die originale Orchestrierung des „Titan“, eine gewisse Askese und bezüglich des Quartetts eine Fülle von Eindrücken und auch glücklichen Momenten.

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering!
    Symphonie Nr.9 Symphonie Nr.9 (CD)
    21.09.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Bruckners Neunte mit Finale, vervollständigt von N.S. Josephson

    Die Neunte gespielt vom Aarhus Symphony Orchestra unter der Leitung von John Gibbons ist eine solide Aufnahme, sowohl von der Gestaltung des Dirigenten, dem Spiel des Orchesters als auch der Aufnahmetechnik (Danacord) her.
    Die Tempi liegen ebenso wie die Ausführung der Dynamik oder das eingesetzte Espressivo im „mittleren Bereich“ und dennoch hat man den Eindruck, dass das Stück vom Dirigenten und en Musikern verinnerlicht ist. Es gibt also durchaus uninspiriertere Einspielungen der Neunten… Natürlich klingt meine Einleitung zu dieser Aufnahme zugegebenermaßen nicht übermäßig begeistert. Das liegt hauptsächlich daran, weil ich das Gefühl habe, dass da mehr drin gewesen wäre, wenn man mehr gewagt hätte, Extreme auszuloten. Aber auf diese Dinge (es gibt wahrlich schon einige wunderbare Einspielungen der Neunten) richtet sich hier nicht das Hauptaugenmerk, denn:

    Das besondere dieser Einspielung ist selbstverständlich die auf dem Plattenmarkt (und wohl auch sonst) unbekannte Vervollständigung des Finale-Fragments durch Nors S. Josephson. Der 1942 in Ohio geborene „Professor of Music“ ist ein äußerst vielseitiger Mensch mit starkem Interesse an Grenzwertigem. Er hat neben der Bruckner Neunten auch Khovantchina von Modest Mussorgsky vervollständigt, komponiert selbst (z.B. eine Messe von 2011), schrieb aber auch ein Buch über den Einfluss der archaisch-griechischen Kultur auf die alte Kultur der Osterinseln (!). Das Spekulative und Phantastische scheint diesem kreativen Menschen zu liegen …

    Die Auseinandersetzung mit dem Finale trägt seit etwa einer Generation reiche Früchte und seit den 80ziger Jahren sind auch eine Wachsende Zahl von Einspielungen des Finales erschienen:

    - Aufnahmen der Fragmente, (ganz oder fast) ohne jegliche Zusätze.
    - Die verschiedenen Versionen der Vervollständigung von Samale und mazuca, später mit weiteren Mitarbeitern (Phillips, Cors), deren weitere Ausgaben kurz mit SPCM benannt werden.
    - Die Versionen von William Carragan
    - Die letzthin vorgelegte Version von Sebastien Letocart
    - Kreative „Einarbeitungen“ durch Gottfried von Einem und Peter Jan Marthe

    VERVOLLSTÄNDIGUNG VON NORS S. JOSEPHSON

    - EIN DETAIL – PARS PRO TOTO

    Nun also eine weitere „Vervollständigung“ des Finales durch Josephson in dieser Ersteinspielung. Das hier einiges anders ist als in den „gewohnten“ beiden am meisten gespielten Versionen von „SPCM“ und Carragan, wird schon in der doch scheinbar durch Bruckner gesicherten („fertiggestellten“) Exposition offensichtlich. Wer die letzten SPCM-Versionen kennt, dem fällt auf, dass das absteigend sequenzierte Motiv nicht nur jeweils einmal, sondern zweimal erscheint samt einem Halteakkord. Dem Kenner der Carragan-Version ist das so vertraut. Dieses Beispiel berührt etwas Wesentliches der Vervollständigungsversuche der Musikwissenschaftler und Musiker:

    Bruckners fragmentarisches Finale ist in weiten Teilen in mehreren quasi „archäologischen Schichten“ erhalten. Skizzen, Particells und Partiturausführungen in zwei Stufen. Je weiter der Satz voranschreitet, umso dünner scheint das Material zu werden. „Scheint“ deshalb, weil nicht klar ist wie viel Bruckner außer dem vorhandenen Material noch geschrieben hat. Das manche (leider besonders) Partiturbögen fehlen ist offensichtlich, da Bruckners sorgfältige Nummerierungen das belegen. Das System war anfangs nicht leicht zu durchschauen (auch wegen Veränderung der Nummerierung), ist nun aber wohl eindeutig geklärt. Gerade in der Exposition gibt es also drei vier Ebenen, die sich übereinander legen lassen und durch selbstverständlich vorhandene Unterschiede oft eine kluge Entscheidung der Bearbeiter erfordern, welche auch individuell unterschiedlich ausfallen kann – siehe eben diese ersten 12 Takte (früher „Bogen 1eE“ bei SPCM) bzw 20 Takte („Bogen 1dC1“ bei Carragan und Josephson).
    Das nur als ein Beispiel, dass für die gesamte Arbeit an dem Finale und die Voraussetzungen dafür stehen soll.

    - JOSEPHSONS ARBEIT

    Josephson hält sich in großen Teilen bis zur Reprise an die Ausgabe der Bögen, so wie sie 1994 von John A. Phillips beim Musikwissenschaftlichen Verlag der Internationalen Brucknergesellschaft erschienen sind. Das erscheint nur logisch, da die viele Jahre dauernde Arbeit an dem Finale Josephson 1992 abgeschlossen hatte und der Stand der Quellen für beide Arbeiten (von Phillips und Johnson) wohl ziemlich gleich war.
    Johnson übernimmt an manchen Stellen mehr aus der Partitur Bruckners, als die Realisierung von SPCM es tut – z.B. die Nebenstimme auf Bogen „3“E Takt 3 bis 8 (bei 1:20 min). Diese Abwärtslinie ist keine „Zutat“ Josephsons, sondern Bruckner. Das ist vielleicht nicht unwichtig zu bemerken, da man das so noch nie gehört hat und nicht jeder die Partiturskizzen kennt und lesen kann … Bei dem kleinen Holzbläsersatz bei 2:42 min, der als Entsprechung zum folgenden Flötensatz gedacht ist, verhält sich das anders: das ist stammt vom Bearbeiter.
    Auffällig ist das Mezzopiano im Bläserchoral (5:00 min), das man sonst immer nur als ff-Abschnitt kennt.
    Der Beginn der Durchführung bei 6:45 ist ungewohnt. Hier hat Josephson anders auf dem Streichersatz aufgebaut als die anderen Autoren. Ebenso in der Fuge auffällig etwa bei etwa 9:50 min.
    Schön ist für den Interessierten, dass mit jeder neuen Bearbeitung immer klarer wird, was Bruckners Anteil ist und was Bearbeiter, vorausgesetzt das Musikalische Gedächtnis funktioniert halbwegs.

    Die notwendigen Ergänzungen in der Durchführung gelingen bei Josephson vielleicht weniger spektakulär als bei den anderen beiden bekannten Ergänzungsansätzen (so wird z.B. die von Harnoncourt so betonte Trompetendissonanz entfernt und der starke abreißende Hornruf verhalten genommen), aber die Komposition wirkt so sehr schlüssig. Allein gegen Ende der Durchführung (so ab 14:10 min) gerät doch etwas spannungsarm und passt stilistisch eher ins Umfeld der Vierten Sinfonie. Der Choral (bei 15:14 min) findet in der bekannten Solo-Trompeten-Gestaltung zwar Entsprechung statt, der aber durch das andersartige vormalige erste Erscheinen einen anderen Effekt hat. In der Coda nimmt direkt den Schluss des ersten Satzes auf und baut nochmals den Choral der Finales mit ein. Ein schöner inspirierter Ansatz. Mal keine chaotische Übereinanderschichtung von vielen Themen, wie Bruckner der ersten Teil der Coda angedacht oder vielleicht sogar realisiert hatte. Bei Josephson ein sehr fließender harmonischer Übergang von der Durchführung in die Coda und zum Ende.
    Dieser Schluss steht für die ganze höchst respektable Arbeit: Inspiriert, mit guten weiteren Ansätzen und Gedanken zu weiteren Möglichkeiten, kein Zeigefinger, nicht „Absichtsvolles“ – und ein klein wenig harmlos.

    „VERWENDUNG“

    Ich persönlich bin froh, dass ich diese Version hören mich mit beschäftigen kann. Mich stört dabei auch nicht so sehr, dass das Orchester nicht so stark ist und das etwas brave vielleicht auch mehr vom Dirigenten als der Bearbeitung ausgeht. Was das Finale Bruckners angeht, wird auch nie eine annähernde Authentizität (wie Bruckner es WIRKLICH gemeint haben könnte) hergestellt werden können, es sei denn es tut sich wirklich noch etwas Entscheidendes im Auffinden der geklauten Partitur- oder Particell-Bögen.

    Ich sehe die neu zu hörende Finalfassung als weitere Arbeitsversion auf einem wohl endlosen Weg …

    Das nicht allzu umfangreiche Textheft ist leider nur in Englisch. Gern hätte ich die interessanten Gedanken auch auf Deutsch gelesen.

    Wenn es mal eine noch erfülltere Aufführung auf CD geben sollte, freue ich mich auch fünf Sterne vergeben zu können!

    KAUFEMPFEHLUNG

    Ja… für … auf jeden Fall Menschen, die wirklich sich mit diesem Finale auseinandersetzen möchten und nicht nur Musik konsumieren. Und natürlich für alle, die auch die verschiedenen anderen Ausgaben kennen. Und für solche, die in den Notenausgaben mitlesen möchten. Für Menschen, denen ein Eindruck reicht, um mal einen Einblick in Bruckners Welt des Finales der Neunten zu bekommen, sei das Werkstattkonzert mit Harnoncourt empfohlen und Wunsch auf satten Klang – mit kleinen Abstrichen bis mittleren – die CD-Aufnahme der SPCM-Version mit Rattle/BPO bei Warner/EMI, etwas „Geistiger“ (aber dünner) bei Wildner oder auch Eichhorn.

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering
    Sonate für Violine & Klavier Nr.1 Sonate für Violine & Klavier Nr.1 (CD)
    21.09.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Auch das ist große Musik des 20ten Jahrhunderts

    Die erste Violinsonate von Furtwängler ist ein komplexes, eine knappe Stunde langes und sehr vielschichtiges viersätziges Werk. Die Themen sind - bei Furtwängler nicht selbstverständlich - divergierend angelegt. Im Gegensatz zur zweiten Sonate ist hier mehr Rhapsodisches spürbar, nicht alles offensichtlich auf Zusammenhang ausgerichtet. Die Herausforderungen an die Interpreten sind aber die gleichen:
    Kondition, Intonationssicherheit (Violine), Balance (Violine zu Klavier - und der Klaviersatz IN sich), Das Zusammenspiel, wer führt, zieht oder bremst (was ist wirklich Begleitwerk, was Struktur), der Überblick, der lange Atem für das Musikalische usw. usw.

    Es gibt mittlerweile mehrere Aufführungen / Einspielungen dieser sehr gelungenen komplexen Komposition: Wollong, Boller, Unger, Kang, Porta (Download), Abel (Rundfunk) ...

    All diese Aufführungen sind achtenswert, schon aus folgendem Grund: Wer dieses Stück macht, hat eine besondere Leidenschaft für diese Musik. Sonst tut man sich die Mühe des Einstudierens nicht an.

    Ich schätze (und da meine ich immer das Duo):

    1. an Wollong/ Wollweber die Souveränität und Kraft, die Sonate wird "einfach" ganz selbstverständlich
    2. an Unger/Prossnitz den großen Atem und das Gespür für das Romantische und
    3. an Boller (mein Seelenfavorit) das tiefe Eindringen in unbeschreibliche Bereiche durch eine fantasievolle mutige Klanglichkeit bis zur schier sich auflösender Zerbrechlichkeit.

    Sophie Moser und Katja Huhn verhalten sich "klassischer". Aber sie haben Souveränität, Überblick und rechte Empfindung für die Welt Furtwänglers, Klangsinn und Durchstehvermögen. Das Werk lässt so viele Möglichkeiten der Interpretation - und die beiden haben etwas zu sagen ...

    Die beiden Interpretinnen wählen auch diesmal tendenziell eher zügige Tempi (deutlich schneller als Wollong/Wollweber, Boller/Prossnitz oder gar Unger/Webersinke) und ein strukturbestimmtes, vitales Musikzieren. Diese Punkte helfen (dem Hörer und den Spielerinnen) auch hier, sich nicht in den Weiten der Komposition zu verlieren, einen Überblick zu wahren und die Substanz des Werks zu zeigen. Furtwänglers Sonate erklingt ein Musikstück des 20ten Jahrhunderts. Hören sie sich dazu mal den dritten Satz an. irgendwie fremd und dennoch gar nicht mehr aus dem Ohr zu bekommen ...

    Die Geigerin verlässt sich auf eine eher konventionelle Tongebung, was zum Furtwängler der 30iger Jahre natürlich passt. Dass die Musik allerdings in noch mutigeren Schattierungen (bis hin zur geräuschhaften Tonlosigkeit) nochmals an Tiefendimension gewinnt, hat Die Geigerin Boller (Label Guild) gezeigt.
    Furtwänglers Musik LEBT ja auch stark aus einem meditativen Ansatz heraus... Stellenweise könnte durch völliges Weglassen des Vibrato auch ein mehr leuchtender Geigenklang (Obertöne!) erreicht werden '

    Sophie Moser und Katja Huhn zeigen Souveränität, Überblick und rechte Empfindung für die Welt Furtwänglers, Klangsinn und Durchstehvermögen. Das Werk lässt viele Möglichkeiten der Interpretation offen - und die beiden Interpretinnen haben etwas zu sagen ...

    Der Klang der Aufnahme ist sehr gut (also besser als bei der zweiten Sonate), Allerdings habe ich nur das SACD-Format gehört.

    Eine gute Einspielung!

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering
    Sonate für Violine & Klavier Nr.1 Sonate für Violine & Klavier Nr.1 (SACD)
    21.09.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Auch das ist große Musik des 20ten Jahrhunderts

    Die erste Violinsonate von Furtwängler ist ein komplexes, eine knappe Stunde langes und sehr vielschichtiges viersätziges Werk. Die Themen sind - bei Furtwängler nicht selbstverständlich - divergierend angelegt. Im Gegensatz zur zweiten Sonate ist hier mehr Rhapsodisches spürbar, nicht alles offensichtlich auf Zusammenhang ausgerichtet. Die Herausforderungen an die Interpreten sind aber die gleichen:
    Kondition, Intonationssicherheit (Violine), Balance (Violine zu Klavier - und der Klaviersatz IN sich), Das Zusammenspiel, wer führt, zieht oder bremst (was ist wirklich Begleitwerk, was Struktur), der Überblick, der lange Atem für das Musikalische usw. usw.

    Es gibt mittlerweile mehrere Aufführungen / Einspielungen dieser sehr gelungenen komplexen Komposition: Wollong, Boller, Unger, Kang, Porta (Download), Abel (Rundfunk) ...

    All diese Aufführungen sind achtenswert, schon aus folgendem Grund: Wer dieses Stück macht, hat eine besondere Leidenschaft für diese Musik. Sonst tut man sich die Mühe des Einstudierens nicht an.

    Ich schätze (und da meine ich immer das Duo):

    1. an Wollong/ Wollweber die Souveränität und Kraft, die Sonate wird "einfach" ganz selbstverständlich
    2. an Unger/Prossnitz den großen Atem und das Gespür für das Romantische und
    3. an Boller (mein Seelenfavorit) das tiefe Eindringen in unbeschreibliche Bereiche durch eine fantasievolle mutige Klanglichkeit bis zur schier sich auflösender Zerbrechlichkeit.

    Sophie Moser und Katja Huhn verhalten sich "klassischer". Aber sie haben Souveränität, Überblick und rechte Empfindung für die Welt Furtwänglers, Klangsinn und Durchstehvermögen. Das Werk lässt so viele Möglichkeiten der Interpretation - und die beiden haben etwas zu sagen ...

    Die beiden Interpretinnen wählen auch diesmal tendenziell eher zügige Tempi (deutlich schneller als Wollong/Wollweber, Boller/Prossnitz oder gar Unger/Webersinke) und ein strukturbestimmtes, vitales Musikzieren. Diese Punkte helfen (dem Hörer und den Spielerinnen) auch hier, sich nicht in den Weiten der Komposition zu verlieren, einen Überblick zu wahren und die Substanz des Werks zu zeigen. Furtwänglers Sonate erklingt ein Musikstück des 20ten Jahrhunderts. Hören sie sich dazu mal den dritten Satz an. irgendwie fremd und dennoch gar nicht mehr aus dem Ohr zu bekommen ...

    Die Geigerin verlässt sich auf eine eher konventionelle Tongebung, was zum Furtwängler der 30iger Jahre natürlich passt. Dass die Musik allerdings in noch mutigeren Schattierungen (bis hin zur geräuschhaften Tonlosigkeit) nochmals an Tiefendimension gewinnt, hat Die Geigerin Boller (Label Guild) gezeigt.
    Furtwänglers Musik LEBT ja auch stark aus einem meditativen Ansatz heraus... Stellenweise könnte durch völliges Weglassen des Vibrato auch ein mehr leuchtender Geigenklang (Obertöne!) erreicht werden '

    Sophie Moser und Katja Huhn zeigen Souveränität, Überblick und rechte Empfindung für die Welt Furtwänglers, Klangsinn und Durchstehvermögen. Das Werk lässt viele Möglichkeiten der Interpretation offen - und die beiden Interpretinnen haben etwas zu sagen ...

    Der Klang der Aufnahme ist sehr gut (also besser als bei der zweiten Sonate), was auch am SACD-Format liegen mag.

    Eine gute Einspielung!

    - - - - -

    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering
    Symphonie Nr.10 (Fassung nach Cooke) Symphonie Nr.10 (Fassung nach Cooke) (CD)
    21.09.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Referenzverdächtig!

    Gerade die letzten Tage habe ich ein Videointerview mit Kent Nagano gesehen, in dem er sich über das Finale der Bruckner Neunten und die Aufführungsversion der Mahler Zehnten (kritisch, aber nicht völlig ablehnend) äußert. Ich habe daraus wieder meine Vermutung bestätigt bekommen, dass, wenn nicht so groß MAHLER über dem Werk stehen würde, durchaus mehr bekannte Dirigenten sich der Gemeinschaftskomposition von Deryck Cooke zuwenden würden.
    Hier rächt vielleicht sich Cookes große Bescheidenheit. Er nennt seine großartige Arbeit ja ausdrücklich „Performing Version“ (Aufführungsversion) und es scheint im fast peinlich gewesen, dass sein Name überhaupt erscheint. Seine Absicht war klar zu machen, dass es sich nicht um ein fertiggestelltes oder gar „vollendetes“ Werk Mahler handeln kann. Das haben anscheinend noch nicht mal Dirigenten wie Nagano WIRKLICH begriffen. Die sehen ihre Verantwortung dem Namen Mahler gegenüber, auch wenn sie zunehmend an den Gehalt der Komposition glauben. Was wäre, wenn die Autorenschaft ganz und gar anonym wäre?
    DIE ZEHNTE sollte stolz die Autorenschaft der Namen „Mahler, Cooke und Goldschmidt“ tragen!

    DIE VORLIEGENDE EINSPIELUNG

    Yannick Nezet-Seguin dirigiert in diese Mitschnitt einer Liveaufführung (wohl mehrerer!) das ausgezeichnete kanadische Orchestre Metropolitain (aus Montreal). Die Spielzeiten der Sätze bewegen sich moderat im Rahmen des mittlerweile Gewohnten: 26:28 – 12:02 – 4:15 – 12:03 – 24:18. Die Notengrundlage des ja unvollendet gebliebenen Werks Gustav Mahlers bildet die zweite revidierte Fassung von Cooke / Goldschmidt / Matthews in der Druckausgabe von Faber (ISBN-13: 978-0571510948).

    Beim Mitlesen mit Partitur kann ich glücklicherweise exakt auf die hier verwendete Notenausgabe zurückgreifen. Übrigens wunderbar liebevoll herausgegeben mit sehr lesenswerten umfangreichen Texten (auch Deutsch übersetzt!) von Goldschmidt / den beiden Matthews und Cooke, samt kleinem revisionsbericht und den zusätzlich kenntlich gemachten bzw. abgedruckten Particell-Angaben Mahlers.

    DIE SÄTZE

    1. SATZ: Gleich zu Beginn in dem langen unisono Bratschen-Monolog auffällt das langsam Fließende auf. Wo andere eine deutliche Artikulation (als Sprache) dieser langen Phrase betonen, dominiert hier das Melos. Der Gedanke „so hätte vielleicht Karajan das Adagio dirigiert“ kam mir. Schön wie nach dem zweiten Anlauf der Bratschen dann das Hauptthema sich in großer Fülle und Klangschönheit mächtig entfaltet – mit aller Ruhe ohne zähl zu werden. Der Übergang zu dem „fließend“ des Seitengedankens ist weich und das neue Tempo nur leicht beschleunigt.

    Der Ausbruch bei Takt 194 ist folglich nicht marcato-brutal (es steht da auch keines!) und in Streichern und Blech exakt im angegebenen ff, nicht dem oft gehörten fff. Nur das Holz spielt wie angegeben fff. Sehr aufhören lässt die Lesweise von Seguin beim Einsatz der Streicher zu diesem Takt. Er nimmt den ersten Achtel-Akkord der Streicher tatsächlich als abgesetzten Vorschlag, also quasi Auftakt. Und das finde ich wirklich schockierend, da nicht nur der unheimliche Akkord einsetzt, sondern es davor einen Schreckmoment gibt, der das harmonische Chaos noch entsetzlicher erscheinen lässt. Es klingt wie ein Fehlschnitt oder man fällt genau da wo man es nicht erwartet im Bruchteil einer Sekunde durch eine sich blitzschnell öffnende Falltür, die sich ins Nichts oder das Chaos öffnet…
    So zeigt sich schnell, dass die Einspielung nicht auf Effekt oder Kontraste, sondern auf das Feine und Klangsinnliche der Musik setzt - und das bei genauer Umsetzung der Partiturangaben. Bei Seguin liegt hier das Berührende und Tiefe in der SCHÖNHEIT der Musik. Er hat mit dem Orchestre Metropolitian auch einen Klangkörper, der das wunderbar umsetzten kann. Alle Register sich ausgezeichnet besetzt: Streicher, Holz, Blech. Es gibt keine Schwachstellen. Allein der hohen Streicher scheinen nicht allzu viele zu sein, was aber eher an der sehr plastischen und ehrlich direkten Aufnahme liegen mag.

    2. SATZ: Das erste Scherzo kommt in einem geschäftigen „tempo giusto“ daher. Alles ganz gut ausgespielt werden, nichts ist getrieben oder verhetzt, aber auch nichts behäbig breit. Die Trios sind durch den etwas flackernden Klang (mit Drückern und Schwellern) der ersten Violinen per se nicht sehr ruhig, was aber von Seguin wohl auch gar nicht beabsichtigt war. Die nötige Entspannung stellt sich aber zentrales Stellen dennoch ein. Am Schluss gibt es ein mäßiges accelerando.

    3. SATZ: Das Purgaturio erklingt ohne Absicht, einfach nur den Bedürfnissen der geheimnisvollen Musik folgend. Sehr große Klarheit alles Stimmen – bis zum Solo der Kontrabassgruppe. Nicht so sehr „huschend“, aber ungemein farbig.

    4. SATZ: Das zweite Scherzo ist mir persönlich stellenweise etwas zu wenig in der Tonregie gestaltet. Das mag auch an der Noblesse des Dirigats und der Wirkungsabsichten Seguins für den Tonträger liegen. Dieser ist sehr darauf bedacht, alle billigen Effekte oder eine Kaleidoskop-Artigen Flickenteppich mit vielen erregenden kleinen Einzelereignissen zu vermeiden. So wirk das zweite Trio (ab Takt 291) z.B. wirkt nicht schmalzig oder süßlich. Dieser Satz HAT allerdings etwas sehr grelles, und das Orchester kann das auch wunderbar spielen. Das ist durchaus zu hören. Wirklich unerwartet brutal kommt allerdings der Schluss-“Schuss“ der großen Militärtrommel, der bei Mahler (oder besser: Cooke?) nur mit f angegeben ist. Natürlich sind viele Angaben immer wieder des Überdenkens wert, weil wenig davon von Mahler selbst stammt.

    5. SATZ: Die Härte der Schläge setzt sich im Finalsatz unvermindert fort. Das Flötensolo in ungemein inniglich mir ganz weichem zurückgenommenem Ton ohne jedes nach außen gerichtete Espressivo. Der Aufbau der wunderbaren Gesangslinie (deren halber wohl Alma Mahler doch die endgültige Zustimmung zu Aufführungen der Cooke-Version gab) vollzieht sich bis zum Takt 72 langsam und stetig. Das allegro moderato (ab Takt 84) hat keinen Bruch zum ersten Teil des Satzes, zeigt viele Farben und Polyphonie. Diese Stelle ist in vielen Aufführungen und Einspielungen nicht so gut gelungen. Auch das letztmalige Eintauchen in eine „Wunderhornwelt“ von dem letzten Ausbruch, der den im ersten Satz aufnimmt ist absolut stimmig. Der Ausbruch selbst bekommt durch die Beachtung der Dynamik eine ganz andere Farbe. Mir ist bewusst, dass diese Dinge alle von Cooke und Goldschmidt stammen, aber das Werk IST nun mal eine Gemeinschaftskomposition von mehreren Menschen und als solche genauso ernst zu nehmen, wie wenn nur der Name Mahler als Autor stehen würde.
    Den großen Abgesang beginnt Seguin verhalten und dennoch klar. Die Ruhige Stelle von dem letzen großen Aussingen gerät fast zu verhalten, aber die Musik bekommt eben durch die folgende Emphase noch gut „die Kurve“. Am Ende können nochmals Horn, Klarinette, Flöte und Bassklarinette alles an Klangmöglichkeiten zeigen. Und die wenigen Streicher. Interessant, dass Mahler die letzte Minute da keine Oboe mehr einsetzt … Als ob alles Klagen und die Qual des Individuums nun vergangen sei … Bis zum letzten großen Ein- und Ausatmen (wunderbare Streicherfarben!) ein ganz großartige Aufführung !!!

    YANNICK NEZET-SEGUIN

    Dass der „Shootingstar“ Seguin oft als „oberflächlich“ dargestellt wird, kann ich – zumindest hier – nicht nachvollziehen. Ich fand schon manche Kritik an den Schumann-Sinfonien unverständlich oder überzogen. Natürlich werden Dirigenten, die so eine steile Karriere wie Segiun machen (durchaus auch mit Unterstützung der Marktmechanismen) besonders kritisch beäugt und „behört“. Aber es ist zu unterscheiden zwischen persönlichem Geschmack und wirklichen Mankos. Bei dieser Einspielung wird seriös musiziert, alles hat Plan und Proportion, es sind die Struktur und viele Details zu hören. Man spürt deutlich, dass sehr intensiv am sehr diffizilen Werk gearbeitet worden ist, denn allzu oft wird das Orchestre Metropolitain die Zehnte noch nicht gespielt haben …

    AUFNAHMEKLANG UND EDITORISCHES

    Den Klang der Aufnahme (Oktober 2014) haben die Tontechniker des Labels „Atma classique“ gut eingefangen. Die ersten Violinen klingen tendenziell etwas nah, was manchmal den Eindruck von (zu) wenig Spielern hervorruft und hie und da minimal das Gefühl von Inhomogenität erzeugt und somit ansatzweise Unruhe schafft. Dieser Punkt bewegt sich aber schon eher im Bereich subjektiven Empfindens. Die Darstellung des Orchesters ist räumlich (mit angenehmer und klarer Akustik), die Ortbarkeit der Instrumente möglich und die Abbildung der Klänge füllig und farbig. In den Tiefen oder Höhen gibt es keine Beschneidungen. Im fünften Satz ist übrigens bei 16:50 ist übrigens deutlich en schnitt zu hören – angesichts der technischen Glanzleistung der Veröffentlichung ein zu vernachlässigendes Manko.

    Die Aufmachung der CD optisch ansprechend. Text nur auf Französisch und Englisch, was aber vielleicht so schlimm ist. Beim Querlesen ist mir gleich aufgefallen „90% der Komposition hat Mahler vollendet“. Da scheint jemand nicht allzu differenziert zu schreiben … Die Musiker sind alle namentlich aufgeführt, was mir persönlich immer sehr gefällt. Wenn ich etwas musikalisch und klanglich Besonderes im Orchester höre, behalte ich mir gern die Namen der Spieler.

    KAUFEMPFEHLUNG

    Eine unbedingte Kaufempfehlung. Als Exemplar einer klaren, sorgfältigen und ausgewogenen Interpretation der „Zehnten“ durchaus Referenz! Ich wollte diese Einspielung nicht mehr missen wollen – trotz der Aufnahmen von Goldschmidt, Cooke und Martinon (die mit den CSO).

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    Über ein Feedback (Bewertung JA oder NEIN, Kommentar - wie und welcher Art entscheiden natürlich SIE!) zu meinen Bemühungen des Rezensierens würde ich mich freuen! Lesen Sie gern auch andere meiner weit über 200 Klassik-Besprechungen mit Schwerpunkt "romantische Orchestermusik" (viel Bruckner und Mahler), "wenig bekannte nationale Komponisten" (z.B. aus Skandinavien), "historische Aufnahmen" und immer wieder Interpretationsvergleiche und für den Kenner bzw. Interessierten meist Anmerkungen zum Remastering
    51 bis 75 von 271 Rezensionen
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