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linusvanpelt
18. November 2020
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Diese Aufnahmen stechen durch nichts Besonderes hervor - und sind für mich doch die empfehlenswertesten unter den Gesamtaufnahmen von Mozarts Klavierkonzerten. Nichts Besonderes, weil hier alles so ist, wie es sein muss.
Kirschnereit spielt in seinen frühen Aufnahmen mit der verblüffenden Selbstverständlichkeit eines alten Klavier-Hasen, der nichts mehr beweisen muss und sich einfach dem Fluss der Musik hingibt - gelassen wie spannend, und sehr lebendig. Hier hat sich ein Pianist sein Musikantentum bewahrt, nur notwendig gezügelt, immer wieder hervorblitzend. Kirschnereits Freude am Spielen spürt man in jedem Konzert. Dabei phrasiert er mit Bedacht nahezu jedes Detail, hält unsere Aufmerksamkeit wach, aber nie klingt es aufgesetzt, wie z.B. Alfred Brendels den Konzerten (unter Marriner) aufgepfropfte ernste (seine Fans behaupten: philosophische) Nachdenklichkeit, die für mich nur eine zunehmend unpassend scheinende Manier ist.
Die Orchesterarbeit Frank Beermanns passt zu Kirschnereits Spiel wie eine Hand, die in einen perfekt angemessenen Handschuh schlüpft. Manchmal sind beide so im Musikfluss aufgehoben, dass sie regelrecht im Groove zu verschmelzen scheinen. Bei aller Wärme des Klangs bewahrt Beermann unbedingt Mozarts kontrastreiche Impulsivität und scheut dabei auch Schroffheit nicht. John Eliot Gardiner hat das (auf zeitgenössischen Instrumenten) zwar noch einen Tick saftiger gespielt, allerdings wurde seine Verve durch das doch sehr blutarme Spiel von Malcolm Bilson auf einem zeitgenössischen Klavier konterkariert.
Im Vergleich zu Kirschnereits/Beermanns belebenden Einspielungen klingen auch die von vielen Hörern als Referenzaufnahmen gehandelten eleganten lyrischen Interpretationen Murray Perahias (unter seinem eigenen Dirigat) nur noch wie polierte Mozartkugeln. (Womit ich allerdings nichts Schlechtes über sie sagen will!)