4 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
21. Januar 2019
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
3,0 von 5
Brahms und Dvorak als spätes Komponistenpaar
Beide späten Sinfonien in der Beethovenschen Nachfolge sind sattsam bekannt - diesbezüglich von Ereignissen reden kann man nur, wenn die sinfonische Darstellung den musikalischen Horizont durch unerhört Neues erweitert - und, nun ja, die Interpretationen des Tchechen Jacub Hrusa in Bamberg klingen eher wie versierte Solidität vom Dirigier-Katheder.
Saftig und gediegen durchgezeichnet hören wir Brahms und Dvorak in opulenter Akustik, auch mit stellenweise betont hörbaren und recht schön phrasierten Streicherpassagen, die den durchweg stetigen Verlauf dieses eher quadratischen Interpretationsrasters nicht stören, nicht tangieren oder auch nur ein wenig differenzierend erweitern.
Man hört profunde dirigentische Versiertheit ohne individuell vernehmbare, passionierte Akzente. Alles vollzieht sich recht gut gespielt nach überschau- und vorherseh-bar gewohnter Rezeptionserfahrung in einem gediegen-moderaten Interpretationsspektrum, leider nur zu wenig inspiriert oder neugierig erforscht.
Dabei haben besonders diese Sinfonien schon unzählbar namhafte Dirigenten längst zuvor eingespielt, und z.T. auch mit ebensolch eher moderaten, allerdings mehr detailfreudig akzentuierten und pointierteren Phrasierungen.
Man muss bei Brahms'4ter nicht sogleich an Carlos Kleiber denken, dessen grandios-akribisch ausgehörte Einspielungen mit den Wienern und Münchnern wohl unvergleichbar bleiben, Kempe oder Wand genügen schon, um subtil-differenziertere Gestaltungseinsichten zu belegen, und Dvoraks 9te liegt von Ancerl, Szell und besonders Fricsays höchst eloquenter Berliner und neuerlich Andris Nelsons lebendiger Münchner Darbietung in jeweils distinktiv eigenständigen und überragend prägnanten Versionen vor, die musikalisch wie auch z.T. orchestral diese Bamberger-Hrusa-Produktion künstlerisch überschatten, wenn auch nicht oder weniger klangtechnisch.
Rein musikalisch ist diese Bamberger Produktion allemal ein recht akzeptables, wenn auch weniger aufregendes oder gar neues, rein klanglich immerhin sehr überzeugendes Abbild beider grossen und so populären Sinfonien.