Johann Sebastian Bach: Cellosuiten BWV 1007-1012 auf 2 CDs

"Es gibt ein isländisches Sprichwort, 'mergur málsins', das direkt mit 'das Mark der Sache' übersetzt werden kann, und diese Suiten sprechen für mich direkt das Wesen des Menschseins an. Wie für viele Cellisten waren diese Suiten mein ständiger Begleiter durch mein ganzes Leben mit dem Cello, zunächst als Vehikel, um Kontrapunkt, Stil und Harmonie zu lernen, dann als Material, mit dem ich meinen persönlichen Ausdruck und meine Interpretation erforschen konnte, und heute sind sie ein Spiegel, der die tiefere Wahrheit der menschlichen Erfahrung reflektiert und jedes Mal, wenn ich zu ihnen zurückkehre, weitere Bedeutungsschichten offenbart. Soweit wir wissen, wurden diese Suiten nicht für die Kirche geschrieben, und um 1720 wurden sie auch nicht für Menschen geschrieben, die dazu tanzen sollten, sondern eher als Formen mit vertrauten Rhythmen und Stil. Im Gegensatz zu den Violinsonaten und -partiten, die etwa zur gleichen Zeit entstanden, haben die Cellosuiten alle dieselbe Satzstruktur, die ein Präludium und zwei Tanzpaare (Allemande und Courante, Sarabande und Gigue) mit einem zusätzlichen "Joker" von Menuett-, Gavotten- oder Bouréepaaren umfasst. Diese Struktur scheint den Ausdruck nicht zu behindern, sondern vielmehr der Kreativität freien Lauf zu lassen, da Bach mit jeder weiteren Suite die Grenzen der expressiven und technischen Möglichkeiten des Instruments auslotet. Mitten in der Pandemie von 2020 fand ich in diesen Suiten Trost und Zuflucht. Als ich anfing, sie nicht nur einzeln, sondern als Satz zu spielen, begann sich ein Bogen zu spannen, eine wahre Heldenreise: beginnend mit der unschuldigen 1. Suite in G-Dur, dem ersten Vorgeschmack auf die bittere Enttäuschung in der 2. Suite in d-Moll, einem neuen Optimismus in der 3. Ich hoffe, dass ich mit der Präsentation dieser Suiten ohne Wiederholungen diesen Bogen ihrer dargebotenen Reihenfolge deutlicher beleuchten kann, so dass wir dieser universellen Geschichte besser folgen können." (Die Solistin zu den Werken)