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HRF
28. Januar 2023
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Homogenität, Natürlichkeit und eine Spur von sanfter Melancholie
Vollständige Aufnahmen von Mozarts Streichquartetten sind nicht so häufig. Derzeit werden StrQu 1-23 angeboten vom Leipziger Streichquartett, vom Amadeus- Quartett, vom Armida-Quartett, vom Quartetto Italiano und vom Hagen-Quartett.
Das Amadeus-Quartett und das Hagen-Quartett spielen auch die drei Divertimenti KV 136-138 und nur die Hagens das Adagio & Fuge KV 546, die Quartettfassung der "Kleinen Nachtmusik" und die raren Mozartischen Transkriptionen von 5 Fugen aus Bachs "Wohltemperiertem Klavier II". Die Hagensche 7 CDs-Box ist also die vollständigste.
Alle "Gesamteinspielungen" werden in höchsten Tönen gelobt. Die Einspielungen des Armida-Quartetts kenne ich noch nicht. Die Amadeus-Einspielung war jahrzehntelang die Referenzeinspielung, aber auch das Quartetto Italiano galt manchen als der Goldstandard. Die Einspielung der Leipziger befriedigt jedoch nicht minder, wobei der Klang ihres audiophilen und hochverdienten Labels Dabringhaus & Grimm von keiner anderen Aufnahme in ihrer Natürlichkeit übertroffen wird. So fällt auch die Abmischung der Deutschen Grammophon beim Hagen-Quartett etwas spitz aus. Dennoch, vergleicht man die Hagens zum Beispiel mit den Leipzigern, dann spielen die Hagens manche der Streichquartette spürbar (!) langsamer als diese und bieten so einen äußerst intimen Mozart, mit gelegentlich melancholischen Untertönen. Das ist durchaus eine Entdeckung, ein ungewöhnlicher und spannender Zugang zu Mozart. Das Ensemblespiel ist von maßstabssetzender Homogenität und berückender Natürlichkeit.
Leider ist das Booklet nicht ganz auf dem Niveau dieser enzyklopädischen Gesamtausgabe des HagenSStreichquartetts und fällt etwas dürr aus.
Alle genannten und gehörten Gesamtaufnahmen sind meisterhaft. Dass es darüber hinaus von diversen Quartetten noch wunderbare Einzelaufnahmen gibt (z.B. vom Alban-Berg-Quartett, vom Vegh-Quartett (!) usw.), ist für den entdeckungsfreudigen Mozart-Liebhaber ein reines Vergnügen, denn wenn man wirklich hören will, was Mozart da geschaffen hat, dann hört man am besten im Vergleich - ehe man sich selbst zu viert an die Instrumente setzt ...