4 von 5
blackbird
Top 50 Rezensent
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Alter: 45 bis 54
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Geschlecht: Männlich
04. Oktober 2016
Künstlerische Qualität:
4 von 5
Sternstunde in Modena
Auf dem Tonträgermarkt sind (oder waren) einige hervorragende Aufnahmen bzw. Mitschnitte dieses letzten Werkes von Vincenzo Bellini vorhanden. Dazu zählen für mich die Studioproduktion von 1953 mit Callas / Serafin, die erste Einspielung mit Joan Sutherland von 1963 aus Florenz mit dem hervorragenden Pierre Duval in der Rolle des Arturo, den Mitschnitt aus Philadelphia von 1967 mit Moffo / Duval sowie die beiden Aufführungen aus Barcelona (2001) mit Gruberovà / Haider und aus New York (2007) mit Anna Netrebko. Und - nicht zu vergessen! - den Mitschnitt aus Modena vom 26.12.1962 in einer unvergleichlichen Besetzung, die man wirklich gehört haben muss, andernfalls würde man das gar nicht glauben. Vor Jahren war der Mitschnitt der gesamten Aufführung bei Legato Classics erschienen, derzeit ist leider nur ein Querschnitt verfügbar. Nino Verchi dirigiert (leider) eine gekürzte Fassung des Werkes, was den Hörer besonders im Finale des 2. Aktes überrascht und etwas erschrecken lässt. Aber auch sonst sind Wiederholungen grundsätzlich gestrichen. Das ist aber fast schon das einzige Manko dieser Aufführung. Die Rolle des Arturo ist mit dem jungen Alfredo Kraus hochkarätig besetzt - stilvoller und eleganter als er singt kaum einer diesen Bellini. Mirella Freni scheint an diesem Weihnachtsabend die Vorstellung ihres Lebens singen zu wollen. Zugegeben: ich bin absolut nie ein Fan dieser Sängerin gewesen, aber hier wächst sie wirklich über sich hinaus. Außer am Ende von "Vien diletto" singt sie die gesamte Partie ohne Abstriche und darüber hinaus auch ohne hörbare Mühe. Nachdem ist das gehört hatte, ist mir klargeworden, warum sie von Herbert von Karajan 1964 eingeladen wurde, an der Mailänder Scala die Traviata zu singen (ein Experiment, das dann aber letztlich doch gescheitert ist...). Auch die übrige Besetzung singt auf hohem Niveau: Attilio D'Orazi mit etwas kantigem Bariton den Riccardo und Raffaele Arie erstaunlich flexibel den Giorgio. Eine Aufnahme, die man gehört haben sollte!