5 von 5
Anonym
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Alter:
Über 65
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Geschlecht:
Männlich:
26. Mai 2015
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Sehr beeindruckend
Philippe Jaroussky - Farinelli
Man merkt es schon bald: diese Musik sollte in erster Linie den Star-Kastraten Farinelli ganz groß herausstellen, und natürlich dazu den Komponisten Nicola Porpora, der ihn nach erfolgreicher Ausbildung stolz der ganzen Welt als „seine“ Schöpfung präsentierte.
Die ausgewählten Arien enthalten teils hochdramatische, aber dann auch wieder weiche, empfindsame lyrische Szenen. Aber irgendwie reicht dieses „barocke Belcanto“ dann doch nicht ganz an die kraftvolle Pracht eines Händel heran, um nur einen seiner großen Zeitgenossen zu nennen. Es erklingen viele eher „konventionell“ anmutende musikalische Wendungen, immer wieder werden Melodieteile in zahlreichen parallelen Sequenzen wiederholt, und man merkt besonders bei den Koloraturen, daß manches den Hörer hauptsächlich als „sehr schwer zu singen“ beeindrucken soll. Das war für mich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig.
Natürlich werden wir nie wissen, wie nahe Philippe Jaroussky dem gefeierten Original Farinelli tatsächlich kommt, oder ob er ihn gar übertrifft. Es verblüfft schon sehr, wie hier ein Counter-Tenor Koloratursopran singt! Wir hören in den lyrischen Partien eine in den leisen Passagen weiche, aber immer klangvolle und ausdrucksstarke Stimme in abwechslungsreicher Interpretation, stets sauber intoniert, manchmal fast ohne, großteils aber mit deutlichem Vibrato in unterschiedlicher Intensität. Die kraftvolle Sätze in lebhaftem Tempo sind dramatisch und sauber durchgestaltet.
Der Beitrag der Mezzosopranistin Cecilia Bartoli in zwei Duettnummern darf natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Das Venice Baroque Orchestra unter Andrea Marcon musiziert durchaus selbstbewußt, aber nirgends aufdringlich. In den ersten Tracks dominieren die Streicher, sehr dynamisch und zugleich transparent inszeniert. In den späteren Tracks kommen dann abwechselnd auch Solostimmen von Bläsern hinzu, man hört Flöten, Oboe, Horn und Trompete, die jeweils mit dem Sänger im Duett/Terzett musizieren.
Insgesamt präsentiert die CD einen eindrucksvollen, klangschönen Sänger, der uns die versunkene Gesangskunst der großen Kastraten mehr als nur erahnen läßt.