5 von 5
ConMoltoEspressione
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Alter:
45 bis 54
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Geschlecht:
Männlich:
14. August 2013
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Die zwei Gesichter des Jean Sibelius
Kongenial! - Damit wäre wohl die kürzlich beim schwedischen Label BIS erschienene Neuinterpretation der Symphonien 1+4 durch Osmo Vänskä und dem Minnesota Orchestra ebenso kurz wie treffend umschrieben. "Neu" im doppelten Wortsinne: Man ist nicht nur beim Label BIS auf dem neuesten Stand bezüglich Durchhörbarkeit und klanglicher Präsenz,- sondern auch "neu" ist die interpretatorische Herangehensweise des Dirigenten an diese für die musikalische Laufbahn von Sibelius so wichtigen Werke.
Hierzu ein paar erklärende Worte: Die erste Symphonie wird ja gemeinhin als ein ins nordische Idiom transformierter Tschaikowsky aufgefasst. Die pastosen Töne des nordischen Mittsommers finden dabei ihren direkten Niederschlag in den gängigen spätromantisch verbrämten Interpretationen wie sie zum Beispiel Leonard Bernstein und Leif Segerstam vorgelegt haben. Auch diese Interpretationen schätze ich sehr, bin ich doch im Innersten ein ausgesprochener Romantiker......
Jedoch:-Ganz anders verhält es sich mit Osmo Vänskäs neuer Einspielung. Er gibt diesem Werk dem ihm durchaus gut zu Gesichte stehenden jugendlichen Elan zurück, den man so lange Zeit nicht vernommen hat. Erst nach mehrmaligem Hören wurde aus anfänglicher Verwunderung über das Gehörte echte Bewunderung! Vom energischen Allegro-Teil des Kopfsatzes bis zu den tänzerisch anmutenden Episoden des "Fantasia"-Finale, alles wirkt lebensfroh duchsetzt mit kraftvollen Akzenten,-ein hemdsärmeliger Sibelius tritt hier dem staunenden Hörer entgegen.Auch die verhaltenen Töne kommen hierbei nicht zu kurz, dies zeigen die gesanglichen Themen der Ecksätze sowie ganz besonders der balladeske zweite Satz. Vänskä vermittelt gekonnt zwischen jugendlichem Esprit und nordischer Melancholie.
Die introvertiert-tiefgründige 4.Symphonie bildet dazu den denkbar grössten Gegensatz. Sie steht im Schaffen des Komponisten wohl einzigartig da und ist inzwischen ein allgemein anerkannter Meilenstein in der Symphonik des 20.Jahrhunderts. Als Sibelius-Liebhaber ist mir keine zweite Interpretation geläufig, die die in düsteren Farben auskomponierten Innenwelten dieses Werkes so intensiv-trostlos vor dem Hörer ausbreitet.Es ist bekannt dass dieses aussergewöhnliche Werk in einer der schwierigsten Phasen im Leben von Sibelius niedergeschrieben wurde. Es gibt gewiss viele ernsthafte und eindrucksvolle Interpretationen dieses Werkes, aber das was dem Sibelius-Freund hier dargeboten wird möchte ich einzigartig nennen. Diese CD ist eine echte Bereicherung der (natürlich auch meiner eigenen) Sibelius-Diskographie.
Grosses Lob an die Ausführenden!