4 von 5
agravain
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Alter: 35 bis 44
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Geschlecht: Männlich
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Kunde seit:
2-5 Jahre
29. April 2011
Künstlerische Qualität:
5 von 5
Nicht nur "aus der neuen Welt"...
Antonín Dvo?ák das ist doch der mit der Symphonie aus der neuen Welt. So kann man es sicherlich oft hören und eine solche Aussage ist ein Beweis dafür, wie sehr ein einziges Werk ein ganzes uvre überlagern kann. Hand aufs Herz: Vielleicht kennt man ja noch eine der anderen der neun Symphonien Dvoraks, vielleicht das Requiem, vielleicht die Slawischen Tänze. Aber was ist mit dem ganzen Rest? Wer kann schon auf Kommando die zehn Opern nennen, die aus seiner Feder stammen? Rusalka würde vielleicht genannt werden. Aber was ist mit dem Dimitri, den Jakobinern, was mit Der Bauer ein Schelm oder mit der hier vorliegenden Käthe und der Teufel? Doch was hierzulande eher unbekannt geblieben ist, in Tschechien ist es ein lebendiger Teil des Spielplans der Opernhäuser. Gerade die Teufelskäthe, die zwischen 1898 und 1899 für das Prager Nationaltheater entstand, erfreut sich großer Beliebtheit.
Die klassische Aufnahme unter dem großen tschechischen Dirigenten Zden?k Chalabala aus dem Herbst 1955 kann auch heute noch zeigen, warum das so ist. Um es kurz zu machen: Das ist einfach schöne Musik, sehr volkstümlich, melodisch, den humorig-märchenhaften Charakter der Handlung stilsicher in Töne umformend. Das Werk ist durchkomponiert, es gibt sieht man von der melancholischen Kantilene des Schäfers Jirka im ersten Akt, einigen Chören, zwei Tänzen und der Szene der Fürstin einmal ab keine großen Einzelnummern, dafür viel an charaktervoll (und oft unter Verwendung von Leitmotivik) gestaltetem Dialog zwischen den einzelnen Figuren. Für die Einspielung dieser Oper standen Chalabala die ehedem besten Sänger des Prager Nationaltheaters zur Verfügung. Lubomir Havlák gibt einen überzeugenden Schäfer Jirka, dem man seinen Mut und seinen Listenreichtum durchweg abnimmt. Ludmilla Komancovás Käthe ist angemessen keifend, wobei die Partie ihr wenig Raum gibt, differenziert gestalten zu können, da der Titel in die Irre führt: Käthe ist nicht die Hauptperson, sondern Jirka. Darum hatte das von Adolf Wenig verfasste Libretto auch eben diesen Titel: Der Schäfer. Dementsprechend klein ist Käthes Partie. Wesentlich wichtiger ist neben Jirka der Teufel Marbuel, hier gesungen von dem Bassisten P?emysl Ko?i. Er, der mehrfach überlistete Teufel, hat eine durchweg dankbare Partie, die einiges an Charakterisierungskunst verlangt. Und obschon die Partie ein gefundenes Fressen für einen Darsteller sein kann, gelingt Ko?i nicht durchweg eine mitreißende Darstellung eines Teufels. Manchmal, ja manchmal läuft er schon zu Hochform auf (z.B. im zweiten Akt), aber das ist eher die Ausnahme. Im ersten Akt ist seine Darstellung viel zu bieder (wobei der erste Akt mir kompositorisch wie hier auch interpretatorisch insgesamt am schwächsten erscheint) und seinem an sich grandios gemachter Auftritt als fürchterlicher Bote der Hölle im dritten Akt (Stoj se, kn?o, se mnou p?jde Rüste dich zur Reise, Fürstin) mangelt es an infernalischer Autorität. Die Gestaltung der Fürstin, die nur im dritten Akt auftaucht, liegt bei Marie Steinerová in guten Händen, wenngleich man sich besonders in ihrer Szene Jak smutno v zámku (Wie traurig liegt das Schloss) noch ein wenig mehr an Verzweiflung und Reue wünschen kann. Aber seis drum. Die restlichen Partien sind sehr ordentlich besetzt und sowohl der Chor, der recht häufig in verschiedenen Rollen (Dorfbewohner, Teufel) auftritt, als auch das Orchester des Prager Nationaltheaters machen einen guten Eindruck, sodass ich schon von einer insgesamt guten Aufnahme sprechen kann.
Abstriche sind hingegen beim Klang zu machen. Der Ton ist insgesamt recht flach und es fehlen klanglicher Körper und Tiefe. Man hört der (ehemaligen) Supraphon-Aufnahme schlicht an, dass sie über ein halbes Jahrhundert als ist.