Dramatische Schicksale im japanisch besetzten Malaya im Zweiten Weltkrieg
„In den vergangenen Jahren hatte Cecily festgestellt, dass ihr Leben von einer ausgeprägten Angst beherrscht wurde, die sie nicht kontrollieren konnte; dem Wissen darum, dass ihr Handeln in der Vergangenheit sie einholen und sich jederzeit rächen könnte.“
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INHALT:
Bintang in Malaya (heute Malaysia), 1945: Die Zivilbevölkerung leidet unter der Besatzung der Japaner, die die britischen Kolonisten aus dem Land geworfen haben.
„In nur drei Jahren töteten die japanischen Besatzer mehr Menschen als die britischen Kolonisten in fünfzig. Die Brutalität schockierte die duldsame Bevölkerung von Malaya (…).“
Die Schulen sind geschlossen, es herrschen Armut und Hunger bei den Menschen.
Junge Mädchen werden eingesammelt, um als „Trostfrauen“ zu dienen.
Plötzlich verschwinden in der Gegend jedoch auch immer wieder Jungen im Teenageralter, die anschließend bei vielen in Vergessenheit geraten.
Von Cecilys 15-jährigem Sohn Abel fehlt eines Tages jede Spur und die Ungewissheit plagt die Mutter dreier Kinder. Ihre jüngste Tochter Jasmin wird derweil im Keller versteckt, damit sie niemand mitnimmt, wohingegen deren Schwester Jujube die Soldaten im Teehaus bedient.
Und während die Japaner weiter wüten und die Familie langsam auseinanderbricht, wird Cecily von ihrer Vergangenheit eingeholt. Sie fühlt sich für all das Leid verantwortlich, das ihnen widerfährt. Denn sie trägt ein Geheimnis mit sich, das niemand wissen darf …
Im britisch besetzten Malaya hat Cecily 1935 noch an ein besseres, freieres Leben durch neue japanische Kolonialherren geglaubt.
Die Rolle als Mutter, Ehefrau und Hausfrau hat sie nicht erfüllt, also war sie gleichzeitig als Spionin tätig und hatte darauf Einfluss, dass die Grausamkeit der Japaner ins Land ziehen konnte …
„Es war geschehen, und sie war schuld. Sie hatte das Ganze verursacht.“
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MEINUNG:
Geschrieben wurde dieses Buch von der malaysischen Schriftstellerin Vanessa Chan, die in Malaysia aufgewachsen ist und sich von den Geschichten ihrer Großmutter zu diesem Buch inspirieren ließ. Laut ihr sprechen die Großeltern nicht gerne über das Leben in Malaysia während des Zweiten Weltkriegs, als die Kaiserlich Japanische Armee einmarschierte. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an all die Grausamkeit und Entbehrung.
Dies war das erste Mal, dass mich ein Buch in das frühere Malaya (heute Malaysia) geführt hat und mir die damalige politische Lage während des Zweiten Weltkriegs vor Augen geführt hat. Ich habe diesen Einblick daher insgesamt als Bereicherung empfunden.
Das Buch fängt direkt spannend mit dem Verschwinden der Jungen an und ich war augenblicklich mitten im Geschehen.
Und auch den Beginn von Cecily als Spionin habe ich mit Interesse verfolgt.
Man fragt sich, was geschehen ist und wie es so weit kommen konnte.
Die Geschichte wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen (ab 1945 und ab 1935) erzählt. Der Gegenwartsstrang beinhaltet dabei die Blickwinkel von Cecily und ihren drei Kindern Abel, Jujube und Jasmin.
Das Buch ist überwiegend melancholisch, bedrückend und häufig sehr dramatisch. Es behandelt zahlreiche sensible und schwere Themen (siehe Content Notes am Ende der Rezension!) und ist keine leichte Lektüre für zwischendurch.
Mich haben manche Szenen durchaus erschüttert.
Deshalb verstehe ich auch das Zitat auf der Rückseite des Buches üüüüüberhaupt nicht! Tracy Chevalier wird dort zitiert mit: „Mutig, humorvoll und zutiefst berührend (…).“
Ich habe das Gefühl, ein anderes Buch gelesen zu haben! Zumindest kann ich mich an keine einzige humorvolle Zeile erinnern, ganz im Gegenteil!
Bewegende Situationen hingegen ereignen sich immer wieder.
Den Rassismus fand ich erschreckend: Je weißer die Haut, desto angesehener waren viele Leute. Manche schrubbten und schrubbten ihre Haut, in der Hoffnung, sie möge noch etwas heller werden.
Abels Schicksal hat mich ebenfalls erschüttert, die Freundschaft zweier Mädchen hat mich am meisten berührt und auch Jujubes besondere Beziehung zu einem Gast im Teehaus fand ich einfühlsam beschrieben.
Leider wurden diese Gefühle und die Nähe zu den Figuren immer recht abrupt bei mir beendet, da die Perspektiven für mich zu kurz andauerten und viel zu oft wechselten.
Mit der Protagonistin Cecily bin ich nicht richtig warmgeworden. Ihr Verhalten hat mich immer wieder geärgert. Dennoch konnte ich nachvollziehen, warum sie von Schuldgefühlen geplagt wird.
Das letzte Drittel hat sich für mich immer wieder etwas gezogen und gleichzeitig fand ich es am Schluss zu überfrachtet.
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FAZIT: Dies ist ein bedrückendes Buch, das einem Malaya während des Zweiten Weltkriegs unter der Herrschaft der Briten und Japaner gut vor Augen führt. Es enthält zahlreiche bewegende Szenen mit verschiedensten sensiblen Themen.
Ich persönlich hätte ich mir weniger Perspektiv- und Zeitenwechsel gewünscht, mehr Nähe zur Protagonistin sowie weniger an Längen und Überfrachtung gegen Ende.
Insgesamt gibt es von mir 3,5/5 Sterne.
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(C. N.: U. a. Krieg, Rassismus, Diskriminierung, sexueller Missbrauch, körperliche Gewalt, Selbstverletzungen, Mord, Tod, Alkoholabhängigkeit, Geburtskomplikationen, Ableismus)