Fundiert recherchiert aber dadurch oft zäh und langatmig. Kein Lesehighlight, leider.
Buchinhalt:
Kiel, 1918: Nathanael ist Matrose auf einem deutschen Kriegsschiff. Die Zustände für die Mannschaften sind katastrophal: das Essen ungenießbar und oft bereits verdorben, die Männer sind den Schikanen der Offiziere ausgesetzt. Eines Tages revoltieren einige Matrosen und setzen dadurch Ereignisse in Gang, die letztendlich in der Spartakusaufstand genannten Revolution münden.
Zeitgleich engagiert sich die junge Ella sozial und politisch, um die Zustände unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg nachhaltig zu verändern. Ella und Nathanael treffen aufeinander, verlieben sich. Doch während Ella gläubig ist, ist Nathanael überzeugter Atheist und das birgt zahlreiche Probleme...
Persönlicher Eindruck:
Novembernächte ist bereits mein zweites Buch der Autorin Barron und erneut nimmt die historisch fundierte Geschichte mich als Leser mit in vergangene Zeiten. Wir schreiben 1918, der Erste Weltkrieg liegt in den letzten Zügen. Der Krieg ist für den Kaiser verloren, eine neue Zeit bricht an.
Man wird Zeuge der Bedingungen von Arbeitern und Soldaten: der Hunger, die Not – und die Willkür der Offiziere treiben die Menschen schließlich auf die Straße. In Kiel und später auch in Berlin kommt es zu Aufständen, die politische Linke strebt einen Umbruch ähnlich der Oktoberrevolution in Russland an und es kommt zum sogenannten Spartakusaufstand, der blutig ist und viele Opfer fordert.
Die Hauptfiguren der Geschichte sind zu einen Nathanael, ein Student, der zur Marine eingezogen wurde und auf der SMS König Dienst tut. Nathanael ist Wissenschaftler und Atheist, an Gott glaubt er nicht – doch dann lernt er Ella kennen. Ella ist messianische Jüdin, das heißt, sie glaubt an Jesus Christus als den Messias, lebt aber weiterhin in jüdischer Tradition. Beider verlieben sich ineinander, was durchaus Probleme birgt. Daneben fühlt sich Ella aber auch zu Orloff hingezogen, sei es nun politisch oder persönlich. Orloff ist der Anführer der Spartakisten und strebt die Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten an, einen totalen Umbau des politischen Systems in Deutschland.
Insgesamt ist das Buch sehr gut und fundiert recherchiert, der historische Teil ist authentisch und geschichtlich eingebettet in die Zeit, in der er spielt. Leider ist das auch das Problem. Auf langen Strecken gestaltet sich die Lektüre trocken und tritt mehr oder minder auf der Stelle. Ich hätte mir mehr Fokus auf den beiden Konflikten gewünscht, die der Geschichte innewohnen: zum einen der Konflikt zwischen der Christin Ella und dem Atheisten Nathanael, zum anderen der Konflikt der christusgläubigen jüdischen Familie innerhalb ihrer jüdischen Gemeinde. Beides kommt in meinen Augen zu kurz, obwohl die Gespräche zwischen Ella und Nathanael durchaus tiefgründig angelegt waren. Barron hat das Potential nicht wirklich genutzt.
Was ich nicht so recht nachvollziehen kann, ist die Liberalität, die die jüdische Gemeinde hinsichtlich von Ellas Familie an den Tag legt. So recht wurde mir nicht klar, ob nun allein Ella an Jesus als den Messias glaubt oder auch ihre Eltern. Wie auch immer: ich kann mir nicht vorstellen, dass die Gemeinde das so einfach hinnimmt – entweder die Familie glaubt an Jesus als den Messias, dann ist sie christlich, oder eben nicht, dann ist sie jüdisch.
Ich bin zwiegespalten in meiner abschließenden Meinung über den Roman. Einerseits ist selten ein historischer Roman so detailliert und gut recherchiert, andererseits fand ich die historischen Passagen oft als zu zäh und langatmig.