Bedauerlicherweise durchweg hölzern und mit einer unglaubwürdigen Protagonistin - hat mich leider enttäuscht.
Buchinhalt:
England im 19. Jahrhundert: Jasmin, Tochter aus wohlhabendem, adligem Hause, ist verlobt mit dem Zeitungsverleger Hubertus Aryle – der sich alsbald als berechnender, skrupelloser Widerling entpuppt. Jasmin löst die Verlobung und flieht in den Norden, wo sie als Dienstmädchen auf einem alten Landsitz untertaucht. Die Freiheit währt jedoch nur kurz...
Persönlicher Eindruck:
Mein erstes Buch von Autorin Nicola Vollkommer – und leider eine bittere Enttäuschung. Da ich gerne historische Romane über das 19. Jahrhundert lese, war ich gespannt auf diesen, der düstere Machenschaften, Skandale und ein spannendes Versteckspiel versprach. Erfüllt wurde dieses Versprechen leider nur zum Teil.
Lady Jasmin betrauert den (angeblichen) Selbstmord ihrer Mutter und stürzt sich in die Verlobung mit dem neureichen Verleger Hubertus, der ihr die große Liebe vorgaukelt, in Wahrheit aber nur scharf ist auf ihren Titel und den Einfluss, den dieser mit sich bringt. Nach einiger Zeit durchschaut Jasmin den Charakter ihres Verlobten und flieht – auf ein heruntergekommenes Anwesen bei Schottland, das einer verschrobenen alten Lady gehört. Kaum kommt sie dort etwas zur Ruhe, überschattet der weitreichende Arm des skrupellosen Hubertus auch dort ihr Leben.
Was sich zunächst spannend und mit viel Potential gespickt anhört, ist eine reichlich hölzerne Erzählung, irgendwo zwischen „Bel Ami“ von Maupassant und „Inspector Barnaby“ von Graham. Neben der eigentlichen Haupthandlung entspinnt die Autorin auch noch einen Kriminalfall, der letztendlich mit der Haupthandlung um Jasmin und Hubertus zusammenhängt, aber gleichzeitig wenig in die Tiefe geht. Später kommen noch Arbeiteraufstände in Nordengland hinzu, Rufmordkampagnen und Erpressung – alles, um die Spannung des Plots hochzuhalten.
Leider schafft es Frau Vollkommer bis zum Schluss nicht, ihren Figuren Tiefe und Authentizität einzuhauchen. Allenfalls die beiden Protagonisten kommen mit einigen Facetten daher.
Jasmin entwickelt sich im Laufe der Handlung von der verwöhnten Adelstochter mit dem sprichwörtlich goldenen Löffel im Mund zu einer patenten jungen Frau, die anpackt und ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Doch gerade hier beginnt ihre unglaubwürdige Wandlung. Jasmin, die noch nie in ihrem Leben einen Finger krumm machen musste, packt auf Mattingley Hall plötzlich Gartenschere und Spaten und beseitigt in einem Nachmittag den Wildwuchs von Jahrzehnten, indem sie Sträucher und Efeu schneidet und allerlei verborgene Brunnen, Treppen und Bänke freilegt. Tut mir leid, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, was für eine harte, körperliche Arbeit das ist und daher ist das für mich absolut unglaubhaft beschrieben. Jasmin kann das nicht – da reicht nämlich nicht, dass sie als Kind dem Gärtner des Vaters zugeguckt hat und dann Gärtnerin sein will. Das ist schlicht und ergreifend Mumpitz.
Beim Schreibstil Ähnliches – an mehreren Stellen verwendet die Autorin flapsig-moderne Ausdrücke wie „Boah“, die sie ihren Figuren in den Mund legt. Leider haben die Menschen des 19. Jahrhunderts so nicht gesprochen, was dem Roman als Ganzes also noch ein Stückchen an Authentizität nimmt.
Die Handlung um Hubertus‘ Intrigen und dunklen Machenschaften war zweifellos prägend für die Geschichte, nach einer gewissen Zeit jedoch absehbar und vorhersehbar. Ob es dazu über 400 Seiten gebraucht hätte, die Geschichte zu erzählen? Ich glaube nicht.
Schade, aber von den christlichen Verlagen bin ich Besseres gewohnt. An eine Jody Hedlund oder Julie Klassen, die ebenfalls christlich geprägte Romane an ähnlichen Schauplätzen des 19. Jahrhunderts abgeliefert haben, kann Frau Vollkommer nicht heranreichen. Für mich eine herbe Enttäuschung.