Eine zerbrechliche Verzauberung kann einen manchmal auch ganz machen.
A Fragile Enchantment von Allison Saft
Huhu liebe Lesende. Ihr kennt sie: Diese Geschichten, die davon handeln, dass Menschen etwas verbindet, die so auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassen. Doch was bedeutet das überhaupt, dieses Zusammenpassen? Muss man unweigerlich aus derselben Gegend stammen, darf man sich nicht verlieben, wenn man reich ist, und die oder der Auserwählte arm? Passt es zusammen, wenn man berühmt ist, und sich in Jemanden verliebt, der völlig außerhalb der Starbbubble lebt? Passt es zusammen, wenn man eher ruhig und still ist, und sich zu Jemandem hingezogen fühlt, der sehr laut uns extrovertiert ist? Sportlich und unsportlich? Bücher liebend, und mit Literatur nichts anfangen könnend? Ich finde ja. Dinge passen, auch wenn die Welt um einen herum das manchmal nicht anerkennen und sehen möchte. Und wenn just diese Welt dann versucht zusammenzubringen, was nicht zusammengehört, nur, weil sie denkt es passt, dann wird es wirklich schlimm. Weil Gefühle eben doch wichtig sind. Und ja, das alles hat mit vorliegender Geschichte zu tun.
Was uns das die Geschichte im Buch erzählt:
Niamh schneidert Kleidung, und zwar mit Magie. Denn sie kann gute und negative Emotionen und Erinnerungen in Kleidungsstücke einbringen. Als ein Mädchen aus ihrem Heimatland mit einer ihrer Kreationen die Menschen im Nachbarkönigreich Avaland beeindruckt, ist Niamh plötzlich in aller Munde bei Hofe. Denn auf einmal möchte der Herrscher der Avaländer sie als Schneiderin für die Hochzeit seines Bruders Kit, dem Prinzen. Anfangs lehnt er sie ab, doch nach und nach schaut Niamh nicht nur hinter Kits Fassade, und die Maskeraden am Hof, sondern auch hinter den Klatsch und Tratsch der feinen Gesellschaft. Bis sie und Kit selbst zum Gesprächsthema werden.
Titel und Cover:
Das Cover ist traumhaft. Zart und fragil, wie im Titel gesagt mutet es fast wie der Tanz in einer zerbrechlichen Traumszenerie an. Und wer das Buch und seine Geschichte liest wird mehr dahinter erkennen. Der Titel erzählt uns von einer fragilen Verzauberung und auch dahintersteckt so viel mehr, was einem im Laufe der Lektüre klar wird. Denn es geht um Magie, um Verzauberung, und fragile Dinge, in vielerlei Hinsicht.
Fazit und Gedankenallerlei:
Das Rezept des Buches? Ihr bekommt nicht wirklich viel Spice, aber gerade dieses zarte und fragile, das nicht explizit und auf den Punkt und mit allen Einzelheiten erwähnt wird, macht die Geschichte umso schöner. Ihr bekommt viele Geheimnisse, eine kleine Prise Intrigen, dieses Gefühl einer anderen Zeitepoche, die unserer doch so sehr ähnelt, einen Spritzer Weltpolitik und viele Tröpfelchen unausgesprochener Worte, für die euer Kopf und eure eigene Fantasie bei der Lektüre das Ruder übernehmen müssen, weil sie nicht ausgesprochen werden, aber fühlbar sind. Alles mit Liebe zubereitet, denn die übernimmt eine wichtige Rolle im Buch. Und wem das noch zu wenig ist, der bekommt noch eine gute unterschwellige Würzung von Selfcare und Selbstliebe in Zeiten des Regency. Das Buch trifft unterschwellig genau auf einen Nerv bei mir, an dem es zieht, nämlich Gerechtigkeit, bzw. die Ungerechtigkeit an sich: Im sozialen Bereich, im vorverurteilten Bereich, Die Ungerechtigkeit darüber, was andere über dich denken, weil du aus einem bestimmten Land kommst. Die Ungerechtigkeit darüber, weil du kein „adliges“ (oder hier „magisches“) Blut hast, und deshalb etwas Geringeres bist. Die Ungerechtigkeit, dass man Menschen ausnutzen darf, selbst wenn es ihr Leben kosten könnte. Ja, viel Ungerechtigkeit. Und sein wir mal ehrlich: So ganz so schön ist es ja auch nicht, immer dieses Pflichtgefühl in sich haben zu müssen, sich zu „opfern“, im Sinne davon, dass man all seine eigenen Wünsche über den Haufen wirft, dass man heiratet (ich meine, es ist eine Hochzeit, und die sollte aus Liebe sein), nur um Bündnisse zu schließen. Dass man seine Magie für andere aufopfert, obwohl man damit seine eigene Lebenszeit verkleinert. Ich denke, ihr wisst was ich meine. Das Buch zeigt so viele Facetten von Aufopferung, Ungerechtigkeiten und Dingen die faul im Staat sind, dass es einen unweigerlich nachdenklich macht weil …………. Es solche Dinge ja auch heute auf der Welt gibt, egal wie weit wir gekommen sind, und wie gerecht wir sein wollen. Kommen wir also zu den schönen Dingen: Niamh und Kit. So zart, fast zerbrechlich, seufz. Ich fand schön, dass man bei Kit nicht die vielen Worte gebraucht hat, im Grunde genommen fast gar keine. Man selbst, und Niamh sicher auch, hat trotzdem gemerkt, dass er so eben seine Gefühle ausdrückt. Finde das hat die Autorin sehr schön erschaffen, weil es ja am Anfang das war, was mich etwas irritiert hat. Dieses „Wie soll ich wissen, was er von mir denkt, wenn er mir nicht sagt, was er von mir denkt?“. Man hat durch Gesten und Erröten, und den wenigen ausgesprochenen Worten gefühlt.
Fragil wie im Titel besagt, ist auch die Geschichte in all ihren Einzelteilen: Fragile Beziehungen, fragile Gefühle, fragiles Leben, fragile Familien, fragiles Königreich, fragile Zauberei und Magie. Die Langsamkeit, slow burn, ist erkennbar, aber gar nicht so fragil und zerbrechlich. Ganz in der Langsamkeit geht die Geschichte voran und entwickelt sich, entfaltet sich genauso wie ihre Figuren und ihr Innenleben., und das gar ohne Magie. Es gibt viele Stellen, die sagen so viel mehr aus, als zu viel gesagte Worte, die nicht ehrlich gemeint sind. Gerade Kit als Protagonist betreffend. Er ist ehrlich, wenn auch ohne viele Worte. Man versteht das Buch und die Geschichte, und es bedarf keiner vielen Worte, denn die, die wir lesen sind wahrhaft gemeint, und zeigen uns ihr Inneres. Dies ist der Punkt, der mich veranlasst hat dem Buch nur für diesen Bereich der Buchcharaktere 4,5 Sterne zu geben (dem Rest aber 5). Weil ich jemand bin der Worte braucht um zu verstehen. Und weil ich an einigen Stellen mehr Worte von Kit gebraucht habe. Wie gesagt, weil ich so bin wie ich bin :). Denn ja: Vielleicht erscheint die Geschichte zwischen Niamh und Kit auch gerade so wunderschön fragil, zart und zerbrechlich, weil sie genau so ist wie sie ist. Manchmal gar ohne Hoffnung, und weil man Jeden so nehmen sollte, wie er ist. Ohne Vorurteile. Denn auch die begegnen uns im Buch ja oft genug. Deshalb habe ich die Geschichte nicht weniger geliebt.
Die Einsamkeit von Niamh und Kit, jeder auf seine eigene Art, ist sehr gut nachzuempfinden, und eigentlich geben sich Beide genau das, was der jeweils andere braucht und benötigt. Wäre da nicht die Gesellschaft und der unterschiedliche Stand der beiden in genau dieser. Denn hier geht es um Pflicht und Ansehen, darum den Schein frei von Skandalen zu wahren, sein eigenes Glück für das Leben und Glück anderer zu opfern, sich überhaupt zu opfern, um Ehre, Pflichtgefühl und – bewusstsein, und um gegenseitige Aufopferung. Es geht aber auch darum, sich selbst wichtig zu nehmen und sein eigenes Ich nicht unterdrücken lassen und für andere zu opfern. Darum, den eigenen Platz in der Welt zu finden, die eigenen Wünsche voranzustellen, sich selbst und sein eigenes Ich wichtig zu nehmen und sich nicht unterdrücken zu lassen und zu aufopferungsvoll zu sein. Es geht darum freundlich zu sein, aber sich wegen dieser nicht ausnutzen zu lassen.
Die Mischung der Geschichte macht’s: Da ist dieser Vibe von Bridgerton, nicht nur zeitmäßig, sondern durch Lovelace als Buchcharakter kommt auch ein Hauch Lady Whistledown ins Buch. Die Zeitepoche scheint auch zu ähneln, die Welt selbst ist eine ausgedachte Fantasywelt mit Magie, deren Idee ich total spannend finde. Manchmal spüre ich Mr. Darcy Vibes aus Stolz und Vorurteil, dann wieder Verschwörungen wie in so mancher Fantasygeschichte. Und dann sind da ja noch die Geheimnisse, und natürlich slow slow ganz slow, was man erst noch nicht als Burn, aber als aufkeimendes Flämmchen erkennen kann. Ja, irgendwie kann man nicht alles miteinander vergleichen, aber es ist so ein Vibe, der durch die Geschichte weht. Und es ist ja definitiv kein schlechter Vibe, weil ich Bridgerton und auch Fantasy liebe. Überhaupt, diese Art der Magie: Es sind alles nur Illusionen, wenn auch schöne, sind Erinnerungen, Gefühle, Schatten dessen, was uns einst glücklich gemacht hat, was wir ersehnen und vermissen. Und trotzdem bringen diese Schatten, diese Magie von Niamh, so viel Glück und andere Emotionen in die Geschichte, dass es Spaß macht diese Art der Magie kennenzulernen.
Ich mag Niamh als Protagonistin und Kit als Person war interessant. Eigentlich mag ich es, wenn es Perspektivwechsel gibt, was hier nicht der Fall war. Bedeutet Kit ist wirklich SEHR undurchsichtig. Und meine Denkweise ist tatsächlich in real ähnlich der von Niamh und, deshalb kann ich verstehen, dass sie Kit manchmal nicht durchschaut, was gleichzeitig den Reiz des Buches ausmacht, mich aber auch total „grrrrr“ zurückgelassen hat. Also ein grrr während des Lesens eben, wie nur wir Buchmenschen es können. Kit ist speziell, kann Gefühle nicht so wirklich zeigen, und zeigt in genau diesen Gefühlen Unsicherheiten, auch wenn er Niamh gegenübertritt, was mich eben dazu veranlasst hat, zu denken, dass er sie toll findet, sie ihn fasziniert, weil sie ganz anders ist, als die Leute am Hof. Und weil sie ihm zuhört, mit ihm redet (was kein anderer tut, weil alle über seine Meinung hinwegsehen). Kit hat eben seine ganz eigene grummelige Art und Weise, die mir immer sympathischer wurde. Nach ein paar Tagen Gedankenherumkreiselei hatte ich akzeptiert, dass Kit wohl total auf Niamh steht, und eben seine Gefühle nicht so ganz ausdrücken kann, und es hinter Wut und Zorn versteckt. Immerhin erkennt er, dass sie die Einzige ist, die wirklich Interesse daran hat, wie es ihm geht, und sowas verbindet ja auch. Und vielleicht sieht er in ihr auch Licht in seiner Dunkelheit, in der Menschen über seine Zukunft bestimmen. Denn natürlich geht es auch um Hochzeiten aus Pflichtgefühl, weil Geld zu Geld muss, ohne Liebe. Für mich ist das Buch nämlich tatsächlich an die Regency Zeit angelehnt, auch von der Sprache her, wo so etwas ja oft vorkam. Kits Art ist symbolisch sozusagen das, was in seinem Kopf vorgeht. So wie im realen Leben, wo wir auch nicht immer erfahren, was in den Köpfen der Leute vorgeht, sondern damit klarkommen müssen, auf welche Art sie es uns sagen möchten (oder eben auch nicht). Ich finde es als Element tatsächlich auch interessant, wie sich in einem Buch etwas entfaltet, was man sonst quasi offen als Gedankenwelt vorgelegt bekommt. Dabei bevorzuge ich das Eine hier mal gar nicht mehr als das andere. Es ist auf alle Fälle neu. Nicht, dass man nicht in den Kopf des andren schauen kann, da gibt es schon auch andere Geschichten. Aber dieses richtige Grumpy, was Kit ausmacht, unter dem man doch den Zug der Sorge um Niamh entdeckt. Wie früher in der Schule, wenn man geärgert wurde, und einem gesagt wurde, dass derjenige total auf einen steht.
Man spürt die Intrigen und Ungerechtigkeiten die unterschwellig im Buch sind, und uns auch Probleme in unserer Welt erkennen lassen. Dieses „Adlige und Reiche sind besser als „Gewöhnliche“, „Reich beutet Arm aus“, „Bloß nicht zu viel Politik für das adlige Volk, weil Klatsch und Tratsch der gehobenen Klasse besser gefällt“. Manchmal gab es „Vorurteile incoming …..“, es gab Schlechtmachen, so als ob manche Menschen weniger wert sind als andere, weil sie zum Beispiel aus einem anderen Land kommen, und das schon zum Verurteilen reicht. Das fand ich als Spiegel gut, der zwischen den Textzeilen uns Lesern vorgehalten wurde. Denn im Buch wird man verurteilt für WAS man ist, WER man ist, Woher man ist, WIE man ist. In einer geschaffenen Welt aus Schein und Sein, sollte man immer hinter die Fassaden schauen, weil nicht immer alles so ist, wie es oberflächlich aussieht. Vielleicht will die Person Lovelace auch den Menschen die Augen öffnen, für das, was sie nicht sehen wollen, und tut es auf eine Art, nämlich Klatsch und Tratsch, den die Menschen lieben. Tatsache ist, dass die Autorin es so hingebogen hat, dass jeder suspekt ist, und damit Lovelace sein könnte. Und trotzdem: Das Zusammenspiel der Gruppe der Charaktere im Buch aus Niamh, Kit, Sinclair, Rosa und Miriam hat mir super gut gefallen, obwohl, oder gerade weil alle auf ihre eigene Art verschieden waren. Tatsächlich hat es die Geschichte geschafft, mich emotional mitzunehmen, nachzudenken, und mit den Figuren mitzufühlen. Und zwar allen.
Und sonst sei noch gesagt, dass mir das Buch richtig gut gefallen hat. Gerade diese Mischung aus Historie, Fantasy und Romance mit Slow Burn, mit Magie und politisch angesprochenen Welt-Themen, die tatsächlich hochaktuell scheinen, wenn man die Weltpolitik verfolgt. Und dann wären da noch die Figuren, denen ich mich erst annähern musste, gerade zum Beispiel bei Kit, den ich am Ende aber ganz hinreißend fand. Da sind die Bridgerton Vibes. Und da sind Charaktere, die ich alle sehr gut nachempfinden konnte, und von es niemanden gab, den ich wirklich nicht mochte. Tatsächlich habe ich das am Ende nicht mal bei Jack, Kits Bruder, getan.
Ihr bekommt mächtige gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Gesellschaftskritik in Form von Klatsch und Tratsch, Kritik an einem Arbeitssystem ohne gute Bezahlung für Leute, die wertvolle Arbeit tun. Ihr bekommt Beleidigungen, weil Menschen sich ein Urteil geschaffen haben, ohne jemanden zu kennen. Ihr bekommt Menschen, die ihre Augen vor der Wahrheit verschließen, weil sie unangenehm sein könnte. Ihr bekommt die Denkweise, nicht gut genug zu sein, sich für alles entschuldigen zu wollen, für andere da zu sein und an alle anderen mehr zu denken, als an sich selbst. Es geht darum, was die Familie von einem verlangt, was man selbst will und was man vom Leben erwartet. Dass man nicht immer das bekommt, was man möchte, obwohl es so sein sollte, weil es ja um das eigene Leben geht. Denn im Buch ist auch Sehnsucht an das Leben, bevor die Pflichten kamen, die uns zwingen, Dinge zu tun, die jenseits des eigenen Glückes liegen. Und ihr bekommt zu sehen, wohin Stress und Überbelastung führen kann, wenn man darüber hinaus es allen recht machen zu wollen, sich selbst verliert. Ihr bekommt soziale Ungerechtigkeit, und Standesunterschiede. Ich finde sehr viele Fantasygeschichten (und andere) tragen Realität und politische Ereignisse in sich, überdeckt vom Mantel der Fantasy, aber doch immer auch deutlich erkennbar. Deswegen gibt es ja auch immer wieder Bücher, die in anderen Ländern verboten werden, weil sich manche machtgierigen Kerle wohl darin zu gut erkennen, und die Leute nach der Lektüre ja darüber nachdenken könnten, und das den Typen dann gefährlich werden könnte. Gut so, denn solche Geschichten mag ich immer wieder gerne :).
Heutiges Rezensionslied? Finde ich passend, weil es diese Hoffnungslosigkeit beschreibt, wenn man nicht zusammen sein kann, obwohl man doch will:
„You know I want you. It's not a secret I try to hide.
But I can't have you. We're bound to break and my hands are tied.“