Fantasy vom Feinsten
Ich bin mal wieder auf einen wirklich guten Geschichtenerzähler und liebevollen Illustrator seiner eigenen Bücher gestoßen: Stefan Seitz. Und er hat bisher schon zwei Bücher veröffentlicht, die ich mit großem Vergnügen vorstellen möchte und insgeheim hoffe, dass noch viele, viele schöne Bücher zum Geniessen folgen werden.
Bei meiner Recherche, wer denn dieser Autor überhaupt ist, bin ich auf zwei Seiten im Internet aufmerksam geworden, die man sich unbedingt auch ansehen sollte, wenn man sich für Hintergrundinfos auch interessiert: Zum einen ist da die Seite www.unkrautland.com, die mich schon sehr staunen ließ und auf einer anderen Seite fand ich ein sehr interessantes Interview mit dem Autor selbst, der durch seine Antworten auf die Frage, wie es zu den Büchern kam, sehr sympathisch wirkt.
Aber nun zum Inhalt des ersten Buchs:
Primus heißt unser erster sympathischer Protagonist und er lebt mehr oder weniger allein, stets in Frack und Zylinder gekleidet, in einem sehr skurril aussehenden, windschiefen Häuschen auf einem einsamen Hügel hinter dem Finsterwald im Unkrautland. Er verwandelt sich des Nachts, pünktlich erinnert vom Weckvogelskelett Bucklewhee, der in einer Kuckucksuhr haust, in eine sehr witzig aussehende Fledermaus und klaut den Bewohnern der Konditorei des nahegelegenen Dorfes Klettenheim etwas von ihren Kuchen und Torten und erschreckt sie auch ab und zu gerne mal durch seine Vampirähnliche Gesalt.
Dann gibt es noch die äußerst hübsche und ganz sicher nicht auf den Mund gefallene Hexe Plim, die in der unmittelbaren Nähe von Primus lebt und einen Spiegel besitzt, der ihr andauernd vorlügt und vorgaukelt, sie sei abgrundtief hässlich. Ihr Häuschen hat sie als Spielzeugladen getarnt und ihre oberste Priorität ist es, einen Hexentrank zu brauen, der sie endlich schön machen wird. Zu diesem Zwecke ist sie auf ihrem modern und bequem mit Fahrradlenker ausgestattetem Rennbesen hinter der vermeintlichen Primus-Fledermaus hinterher, den sie als Zutat benötigt.
Die Inhaber der ständig von Primus geplünderten Konditorei haben nun allerdings eine Falle für ihn gebaut. Sie haben gemeinsam mit anderen Dörflern eine Schneeschaufel am Kirchturm befestigt, die dem vermeintlichen Vampir auf den Kopf knallen soll, wenn einer der Dörfler an einem daran befestigten Strick zieht. Diese Falle hat unser pfiffiger Held allerdings längst ausbaldowert und sie leistet ihm daher unschätzbare Dienste, als Plim ihn verfolgt und beinahe gefangen hätte.
Nun ist Primus allerdings sehr neugierig und stellt - wie er meint heimlich und vorsichtig - Nachforschungen an, wo die Hexe Plim wohnt und untersucht ihr Häuschen. Allerdings nicht vorsichtig genug. Plim erwischt ihn mit einer riesigen Fliegenklatsche und fängt ihn ein. Primus kann sich allerdings befreien und so steht nach dem ersten Zusammenraufen weiteren gemeinsam von diesem pfiffigen Gespann zu bestehenden Abenteuern nichts mehr im Wege.
Jetzt erst beginnt nämlich die eigentliche fantastische Abenteuermärchen und man kann schon erahnen, wie stark es von den schier überbordenden Ideen und wohl auch genügend Zeit des zur Zeit noch Teilzeit-Autors Stefan Seitz abhängen wird, wie tief wir als Leser in die Geheimnisse des Unkrautlandes und seiner Bewohner eintauchen dürfen.
"Auf den Spuren der Nebelfee" ist zumindest der absolut genial gelungene erste Teil:
Primus besitzt nämlich zufällig einen winzigen Splitter der künstlich angefertigten Mondsichel, die einst über dem Unkrautland gehangen hatte und einen machtvollen Zauber birgt, nun aber in zahllosen, jeder für sich magisch gebliebenen Einzelteilen übers Land zerstreut ist. Plim und Primus versuchen hinter dieses Geheimnis zu kommen und der Mondsichelteile habhaft zu werden, bevor der böse, machtgierige Herr Rabenstein diese entdeckt und für seine finsteren Zwecke benutzen kann.
Mehr wollen wir natürlich nicht verraten, um den eigenen Lesegenuss nicht zu schmälern. Aber einen solch ideenreichen Autor zu finden, ist schon etwas Besonderes. Es wimmelt nur so von herrlich liebevoll ausgedachten Geschöpfen: eine ewig plaudernde Vogelscheuche, ein obstfutternder Kürbis mit Muskelkater im Allerwertesten, verhexten Fenstern und fiesen Türen.
Kurz: ein Schriftsteller, der nicht nur für alle Altersklassen schreibt, wie ich finde, sondern auch sprüht vor (teilweise vielleicht etwas angelehnten/im Ansatz entliehenen, aber anders umgesetzten), sehr interessanten und humorvollen Ideen. Ich vermute und hoffe mal, von Stefan Seitz werden wir noch einiges Gute lesen.